S 32 U 34/14

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
32
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 32 U 34/14
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 U 23/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.

Die 1962 geborene Klägerin ist als Briefzustellerin bei der C. AG beschäftigt.

Am 15. Juli 2013 nahm die Klägerin an einem Volleyballturnier des jährlichen Sommerfestes des Zustellstützpunktes der C. teil. Dabei stürzte sie und zog sich einen Innenmeniskusriss sowie eine Teilruptur des vorderen Kreuzbandes des rechten Knies zu. Am 13. August 2013 wurde die Klägerin operiert.

Die Beklagte holte im Rahmen des Verwaltungsverfahrens Informationen hinsichtlich der Veranstaltung bei dem Arbeitgeber der Klägerin ein. Der Arbeitgeber gab hierbei an, dass es sich nicht um Betriebssport gehandelt habe. Veranstalter sei die C. AG gewesen. Es habe sich um ein Sommerfest gehandelt, zu welchem alle Beschäftigten des Unternehmens eingeladen worden seien. Das Unternehmen bestehe aus ca. 400 Mitarbeitern. Etwa 150 – 200 Beschäftigte hätten tatsächlich an dem Sommerfest teilgenommen. Die Veranstaltung habe von 12:00 Uhr bis 19:00 Uhr gedauert. Die Stellenleitung des Zustellstützpunktes mit Leitungsfunktion sei durchgehend anwesend gewesen. Ein Programm sowie eine Teilnehmerliste seien nicht vorhanden.

Die vom Arbeitgeber vorgelegte Einladung enthielt u.a. folgenden Einladungstext:

"Der ZSPL xxx1 veranstaltet in diesem Jahr ein Beach-Volleyballturnier zu dem alle Beschäftigten mit ihrer Familie recht herzlich eingeladen sind. Wir würden uns freuen wenn möglichst viele Beschäftigte diese sportliche Herausforderung annehmen!!!!!! ( ...) Auch in diesem Jahr bieten wir ein Beach-Volleyballturnier an. Dabei geht es um Geschicklichkeit, Teamverständnis – vor allem ganz viel Spaß. Wir benötigen pro ZSP 4 Teilnehmer. (evtl. Ersatz) Wäre schön wenn jeder ZSP (oder 2 zusammen) eine Mannschaft stellen würden. Natürlich sind außer Spielern auch Fans, Besucher und Zuseher herzlich Willkommen. Wir hoffen auf rege Beteiligung aller Kollegen."

Mit Bescheid vom 27. November 2013 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Anerkennung des Ereignisses vom 15. Juli 2013 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, dass das Volleyballturnier Wettkampfcharakter gehabt und der Freizeit und Erholung sowie dem geselligen Beisammensein mit Kollegen gedient habe. Diese Aktivitäten seien grundsätzlich der Privatsphäre zuzuordnen, auch wenn sie im Rahmen einer Veranstaltung vom Arbeitgeber mitgetragen würden. Im Vordergrund stünden hier die Freizeit- und Erholungsaktivitäten.

Den am 23. Dezember 2013 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2014 zurück. Das Volleyballturnier habe nicht wesentlich den betrieblichen Belangen gedient. Vielmehr sei dieses als Freizeitgestaltung und somit dem privaten Lebensbereich zuzuordnen. Die Teilnahme an dem Turnier sei auch noch nicht deshalb versichert, weil es vom Unternehmen organisiert oder finanziert worden sei. Stünden Freizeit, Erholung und Unterhaltung im Vordergrund, fehle es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang.

Mit der am 12. März 2014 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel fort. Sie ist der Ansicht, dass das Volleyballturnier als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung unter Versicherungsschutz gestanden habe. Es habe sich bei dem Turnier um eine dienstliche Veranstaltung gehandelt, die alle Betriebsangehörigen – auch die nicht sportinteressierten – einbezogen habe. Sie sei vom zuständigen Dienstvorgesetzten ausdrücklich gebilligt worden. Das Volleyballturnier sei ein Projekt der C. AG, welches ausschlaggebend dem dienstlichen Interesse der Motivation der Mitarbeiter diene. Dadurch solle den Mitarbeitern die Möglichkeit eingeräumt werden, gemeinschaftlich im Sinne der Marke das Teamverständnis, den Zusammenhalt, die Motivation und die Identifikation mit dem Unternehmen zu leben. Zudem hätten dadurch berufliche Belastungen ausgeglichen werden können. Der konkrete Veranstaltungszweck sei ausdrücklich darin begründet, die Mitarbeiter als ein Team mit der Marke C. AG zu identifizieren. Bei der Sportart Volleyball handele es sich um eine Teamsportart, die gerade vom gemeinschaftlichen Geist lebe, diesen vermittele und fördere. Die Sportart könne nur in einer funktionierenden Gruppe ausgeübt werden und sei geprägt von einem gemeinschaftlichen Gefüge. So sei es bei Volleyballturnieren gerade typisch, dass eine hohe Kommunikation im Team während des Spiels stattfinde. Darüber hinaus sei das Volleyballturnier auch aufgrund des spielerischen Charakters versichert, denn es solle den Gemeinsinn bzw. das Zusammengehörigkeitsgefühl aller Beschäftigten fördern. Sport und Spiel seien gerade das Mittel um die Gemeinschaft zu stärken. Spielsportarten würden traditionell dazu verwandt ein Gemeinschaftsgefühl zu initiieren oder zu verstärken. Zudem sei die Teilnahme von dem Arbeitgeber finanziert worden, sodass die Teilnahme am Spiel und der erlittene Unfall insgesamt dem dienstlichen und nicht dem privaten Lebensbereich der Klägerin zuzurechnen sei. Dass die Veranstaltung auch Unternehmensfremden offen gestanden habe, stärke die Bindung zum Unternehmen.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 27. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, das Ereignis vom 15. Juli 2013 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass es sich bei dem Volleyballturnier nicht um eine unfallversicherte Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt habe. Das Turnier sei von seiner Ausrichtung her nicht geeignet gewesen zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens des Personals beizutragen. Ausweislich der Einladung habe es sich bei dem Volleyballturnier hauptsächlich um ein Spiel mit Wettkampfcharakter ohne weiteres Rahmenprogramm gehandelt. Dies zeige, dass das Turnier im Vordergrund gestanden habe. Auch wenn alle Beschäftigten eingeladen worden seien, habe die Veranstaltung nur einen Teil der Mitarbeiter angesprochen bzw. einbezogen. Ein sportlicher Wettkampf sei gerade nicht charakteristisch für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Weitere Programmpunkte seien nicht vorgesehen gewesen. Die Veranstaltung sei daher dem persönlichen und eigenwirtschaftlichen Bereich der Klägerin zuzuordnen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Teilnahme durch den Arbeitgeber organisiert und finanziert worden sei. Stünden Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund, fehle es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang. Darüber hinaus scheide die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung bereits wegen der Teilnahme unternehmensfremder Personen aus. Die Einladung habe sich ausdrücklich an alle Beschäftigten mit ihrer Familie gerichtet. Zudem seien außer den Spielern auch Fans, Besucher und Zuseher herzlich willkommen gewesen. Von einer versicherten Gemeinschaftsveranstaltung sei unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 15. November 2016 daher nicht auszugehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte in der mündlichen Verhandlung vom 20. November 2017 auch in Abwesenheit der Beklagten über den Rechtsstreit entscheiden, da die Beklagte mit Empfangsbekenntnis vom 25. Oktober 2017 über den Termin zur mündlichen Verhandlung informiert und in der Ladung darauf hingewiesen worden waren, dass auch im Falle eines Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 15. Juli 2013 als Arbeitsunfall. Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass es sich bei dem Volleyballturnier nicht um eine unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt hat.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (st. Rspr., vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 15. November 2016 – B 2 U 12/15 R; Urteil vom 05. Juli 2016 – B 2 U 19/14 R; Urteil vom 26. Juni 2014 – B 2 U 7/13 R).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

Zwar war die Klägerin als Beschäftigte kraft Gesetzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versichert. Ihre Verrichtung zur Zeit des geltend gemachten Unfallereignisses – das Volleyballspielen – stand aber nicht in einem sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit. Das Volleyballturnier war nicht Bestandteil einer von der Beschäftigtenversicherung umfassten betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung.

Die Klägerin ist während des Volleyballspiels nicht ihrer Beschäftigung bei der C. AG nachgegangen.

Eine nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als Beschäftigter liegt vor, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines mit ihm begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl. § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse der Verrichtung dem Unternehmen und nicht dem Verletzten selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl. § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll. Eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird daher ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt (BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 2 U 5/14 R m.w.N.; Urteil vom 26. Juni 2014 – B 2 U 7/13 R; Urteil vom 15. Mai 2012 – B 2 U 8/11 R). Die Klägerin ist mit ihrer Teilnahme an dem Volleyballturnier keiner Verpflichtung aus ihrem Beschäftigungsverhältnis nachgekommen und hat dieses auch nicht gewollt. Sie hat zudem kein unternehmensbezogenes Recht wahrgenommen.

Das Volleyballspielen der Klägerin stand auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung unter Versicherungsschutz.

Unter Versicherungsschutz steht eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die Kammer schließt sich hierbei insbesondere den Ausführungen des BSG in der Entscheidung vom 15. November 2016 (B 2 U 12/15 R) an.

Eine Verrichtung, die nicht der Erfüllung einer Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis dient oder dienen soll, kann nur dann im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen, wenn der Beschäftigte sie wegen des Beschäftigungsverhältnisses vornimmt, um durch sie zumindest auch dem Unternehmen in nicht offensichtlich untauglicher Weise zu dienen. Diese Zurechnung kann bei der freiwilligen, das heißt rechtlich nicht geschuldeten und vom Unternehmen nicht abverlangten Teilnahme an einer so genannten betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung in Betracht kommen, weil der Beschäftigte wegen seiner Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV) durch seine freiwillige, aber vom Unternehmer erbetene Teilnahme das erklärte Unternehmensinteresse unterstützt, durch die Gemeinschaftsveranstaltung den Zusammenhalt in der Belegschaft zu fördern (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 2 U 4/08 R). Die in die Arbeitsorganisation des Unternehmens eingegliederten Beschäftigten unterstützen durch ihre von der Unternehmensleitung gewünschte Teilnahme das Unternehmensinteresse, die betriebliche Verbundenheit zu stärken. Dieses unternehmensdienliche Verhalten rechtfertigt es, die Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung als Bestandteil der aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses geschuldeten versicherten Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII zu betrachten (st. Rspr., vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 15. November 2016 – B 2 U 12/15 R; Urteil vom 05. Juli 2016 – B 2 U 19/14 R).

Eine Teilnahme an Betriebsfesten, Betriebsausflügen oder ähnlichen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen kann der versicherten Beschäftigung aber nur unter bestimmten Voraussetzungen zugerechnet werden. Das BSG verlangt in ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt Urteil vom 15. November 2016 – B 2 U 12/15 R), dass der Arbeitgeber die Veranstaltung als eigene betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung durchführt oder durchführen lässt. Er hat zu ihr alle Betriebsangehörigen oder bei Gemeinschaftsveranstaltungen für organisatorisch abgegrenzte Abteilungen des Betriebs alle Angehörigen dieser Abteilung einzuladen oder einladen zu lassen. Bei einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung in einzelnen organisatorischen Einheiten des Unternehmens, insbesondere wenn das Unternehmen über mehrere Betriebsstätten oder Dienststellen verfügt, genügt es, dass die Leitung der jeweiligen organisatorischen Einheit als Veranstalter auftritt. Mit der Einladung muss der Wunsch des Arbeitgebers deutlich werden, dass möglichst alle Beschäftigten sich freiwillig zu einer Teilnahme entschließen. Die Teilnahme muss daher vorab erkennbar grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens oder der betroffenen Abteilung offenstehen und objektiv möglich sein. Es reicht nicht aus, dass nur den Beschäftigten einer ausgewählten Gruppe die Teilnahme angeboten wird oder zugänglich ist. Nur in Ausnahmefällen, in denen Beschäftigte von vornherein nicht teilnehmen können, weil etwa aus Gründen der Daseinsvorsorge der Betrieb aufrechterhalten werden muss oder wegen der Größe der Belegschaft aus organisatorisch-technischen Gründen eine gemeinsame Betriebsveranstaltung ausscheidet, muss die umfassende Teilnahmemöglichkeit nicht für alle Mitarbeiter bestehen. Betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen müssen weiter im Interesse des Arbeitgebers liegen und einen betrieblichen Zweck verfolgen. Die von der Unternehmensleitung getragene, im Einvernehmen mit ihr durchgeführte Veranstaltung muss darauf abzielen, die Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander zu fördern. An diesem betrieblichen Zusammenhang fehlt es, wenn stattdessen Freizeit, Unterhaltung, Erholung oder die Befriedigung sportlicher oder kultureller Interessen im Vordergrund steht. Für die Beurteilung, ob eine Veranstaltung die genannten Voraussetzungen erfüllt, ist eine Gesamtbetrachtung aller tatsächlichen Umstände erforderlich (BSG, Urteil vom 15. November 2016 – B 2 U 12/15 R; Urteil vom 05. Juli 2016 – B 2 U 19/14 R; Urteil vom 22. September 2009 – B 2 U 4/08 R; Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 5/04 R; Urteil vom 07. Dezember 2004 – B 2 U 47/03 R).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat es sich bei dem Volleyballturnier nicht um eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt.

Die Kammer ist bereits der Ansicht, dass das Volleyballturnier nicht allen Betriebsangehörigen in diesem Sinn offenstand. Zwar wurde die Teilnahme an dem Volleyballturnier grundsätzlich allen Beschäftigten im Bereich des Zustellstützpunktes B Stadt angeboten. Dies genügt aber für die Annahme einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung nicht. Gleichzeitig ergibt sich aus der Einladung zu dem Turnier selbst, dass es sich um eine rein sportliche Veranstaltung handelte, die Wettkampfcharakter hatte und darauf abzielte, volleyballinteressierte Belegschaftsmitglieder zu einer Teilnahme zu motivieren. Es liegt insoweit auf der Hand, dass im Hinblick auf den sportlichen Charakter der Veranstaltung jedenfalls ein nennenswerter Teil der Beschäftigten von vorn herein ausgeschlossen sein würde. Zudem war eine Teilnahme selbst für sportinteressierte Mitarbeiter insoweit beschränkt, als pro Zustellstützpunkt maximal 4 – 6 Mitarbeiter eine Mannschaft stellen und damit aktiv an dem Turnier teilnehmen konnten. Wörtlich heißt es in der Einladung: "Wir benötigen pro ZSP 4 Teilnehmer. (evtl. Ersatz) Wäre schön wenn jeder ZSP (oder 2 zusammen) eine Mannschaft stellen würden." Ausgehend davon, dass der organisierende Zustellstützpunkt mit Leitungsfunktion B-Stadt über 14 Zustellstützpunkte verfügt, wobei die einzelnen Zustellstützpunkte aus 7 bis 70 Mitarbeitern bestehen, wird bereits hieraus die Beschränkung des Teilnehmerkreises deutlich. Insbesondere für die in den mittleren Zustellstützpunkten (ca. 30 Mitarbeiter) sowie dem größten Zustellstützpunkt (ca. 70 Mitarbeiter) tätigen Beschäftigten war eine Teilnahme an dem Turnier bei der Stellung nur eines Teams pro Zustellstützpunkt eher unwahrscheinlich. Selbst wenn es den einzelnen Zustellstützpunkten möglich gewesen wäre, weitere Teams zu dem Turnier anzumelden, so ist die Kammer dennoch davon überzeugt, dass eine Teilnahme aller ca. 400 Mitarbeiter an dem Turnier objektiv nicht möglich gewesen wäre. Daraus ergibt sich nach Auffassung der Kammer, dass es sich um eine Veranstaltung handelte, die von vornherein so geplant war, dass aufgrund ihrer Eigenart und der Einladung ein nennenswerter Teil der Belegschaft nicht teilnehmen konnte.

Zwar ist es grundsätzlich nicht unüblich, dass an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung nicht alle Betriebsangehörigen teilnehmen. Eine in den Schutzbereich der gesetzlichen Unfallversicherung fallende betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung scheidet nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 15. November 2016 – B 2 U 12/15 R) aber auch deshalb aus, weil die Veranstaltung von vornherein auch nicht dem Unternehmen angehörenden Personen offenstand. Eine Ausdehnung des Unfallversicherungsschutzes auf Veranstaltungen, an denen im Wesentlichen nicht nur Beschäftigte, sondern auch externe Personen teilnehmen (dürfen), ist nicht mit der Zielsetzung des für Beschäftigte während der Teilnahme an einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung eingeräumten Versicherungsschutzes zu vereinbaren.

Voraussetzung für die Annahme einer vom Arbeitgeber getragenen betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung ist nach der Rechtsprechung des BSG dessen objektivierte Zielsetzung, mit der Veranstaltung jedenfalls die Verbundenheit aller Betriebsangehörigen untereinander zu fördern und zu pflegen (BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 2 U 4/08 R; Urteil vom 05. Juli 2016 – B 2 U 19/14 R). Um diese den Unfallversicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen begründende wesentliche betriebliche Zielsetzung zu erreichen, genügt es nicht, dass die Veranstaltung grundsätzlich allen Beschäftigten des Unternehmens offensteht, was hier wie oben ausgeführt – wegen ihres Charakters als sportliche Wettkampfveranstaltung bereits zweifelhaft war. Erforderlich ist darüber hinaus, dass die Veranstaltung im Wesentlichen allein für die Beschäftigten angeboten wird. Dem Zweck, durch die Zusammenkunft die Verbundenheit zwischen den Beschäftigten untereinander zu pflegen, wird nicht angemessen Rechnung getragen, wenn die Veranstaltung so geplant ist, dass zu einem nennenswerten Teil nicht der Belegschaft angehörende Personen teilnehmen dürfen. Eine Veranstaltung, an der im Grunde jedes Familienmitglied teilnehmen kann, stellt den Gemeinschaftscharakter der Betriebsangehörigen, der gerade gestärkt werden soll, infrage. Sie ist in diesem Fall nur eingeschränkt dem Gemeinsinn und dem Zusammengehörigkeitsgefühl der Beschäftigten dienlich.

Die vorliegende Veranstaltung zielte aber konzeptionell auf eine Beteiligung sowohl von Betriebsangehörigen als auch von externen Personen ab. So heißt es in dem Einladungsschreiben ausdrücklich, dass "alle Beschäftigten mit ihrer Familie recht herzlich eingeladen" seien. Damit stand eine Teilnahme an der Veranstaltung grundsätzlich jedem offen, der mit einem Beschäftigten des Betriebs familiär verbunden war.

Die Stärkung und Pflege der Verbundenheit unter den Betriebsangehörigen ist auch heute noch ein notwendiges Anliegen der Unternehmen. Sie hat Auswirkungen auf das Betriebsklima, das Verantwortungsbewusstsein des einzelnen Betriebsangehörigen und damit auf die vom arbeitsteiligen Zusammenwirken der Beschäftigten abhängige Leistungsfähigkeit des Betriebs (vgl. schon BSG, Urteil vom 22. August 1955 – 2 RU 49/54). Um eine Gemeinschaftsveranstaltung wegen dieses Zwecks dem Betrieb zurechnen und die Teilnahme daran einer Betriebstätigkeit gleichsetzen zu können, ist es daher notwendig, dass es sich um eine "echte" Gemeinschaftsveranstaltung handelt, die im Wesentlichen auf eine Teilnahme möglichst vieler Beschäftigter, auf deren Mitwirkung am Veranstaltungsprogramm, auf Kommunikation miteinander und damit auf eine Förderung des Gemeinschaftsgedankens und eine Stärkung des "Wir-Gefühls" innerhalb der Belegschaft abzielt. An diesem betrieblichen Zweck fehlt es hingegen bei Veranstaltungen, die nahezu jedermann offenstehen und für die Teilnehmenden kein verbindliches (und damit das "Wir-Gefühl" stärkendes) Programm vorsehen. Zwar mag auch die Teilnahme externer Personen im Einzelfall betriebsdienlich und gemeinschaftsfördernd sein. Allerdings steht nicht jede betriebliche Veranstaltung, auch wenn sie wegen der daran teilnehmenden Personen für das Unternehmen insgesamt wertvoll ist, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, Urteil vom 15. November 2016 – B 2 U 12/15 R; BSG, Urteil vom 07. Dezember 2004 – B 2 U 47/03 R).

So liegen die Verhältnisse im vorliegenden Fall. Die Einladung zu dem Volleyballturnier lässt erkennen, dass die Veranstaltung nicht darauf beschränkt war, Familienangehörige mitzubringen, sondern neben den ausdrücklich erwähnten Familienmitgliedern auch weitere externe Teilnehmer an der Veranstaltung teilnehmen konnten. So formuliert das Einladungsschreiben ausdrücklich, dass neben "Spielern auch Fans, Besucher, Zuseher" herzlichen Willkommen waren. Weiter hat die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben, dass die Einladung zu dem Volleyballturnier sich auch an die Servicepartner des Arbeitgebers der Klägerin richtete, wobei es sich hier um private Subunternehmen handelt, die als Zuarbeiter für die C. AG tätig werden. Hierdurch wurde der Kreis der zur Anmeldung berechtigten Personen in einem nicht mehr abgrenzbaren Maß erweitert, wodurch der Veranstaltung im Ergebnis der für eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung erforderliche betriebliche Zweck fehlt.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass das Volleyballturnier nicht in ein Veranstaltungsprogramm integriert war. Eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung muss von ihrer Programmgestaltung her geeignet sein, dadurch zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens im Unternehmen beizutragen, dass sie die Gesamtheit der Belegschaft und nicht nur einen begrenzten Teil anspricht. Ein Sportturnier steht daher nur dann als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung unter Versicherungsschutz, wenn es im Rahmen einer Veranstaltung stattfindet, die alle Betriebsangehörigen, auch die nicht sportinteressierten, einbezieht. Hingegen ist die Teilnahme an reinen Freizeit- und Erholungsveranstaltungen selbst dann nicht versichert, wenn diese vom Unternehmen organisiert und finanziert werden. Stehen Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund, fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang (BSG, Urteil vom 07. Dezember 2004 – B 2 U 47/03 R). Die Veranstaltung sah für die nicht als Volleyballspieler teilnehmenden Personen keine weiteren Programmpunkte außerhalb des Volleyballturniers vor. Auch wenn das Programm betrieblicher Gemeinschaftsveranstaltungen nicht eng begrenzt ist und die verschiedensten Aktivitäten dazu gehören können, so sind die Durchführung einer Tombola und die Bereitstellung von Essen und Getränken für die Teilnehmer der Veranstaltung nicht als solche Aktivitäten anzusehen, die einen eigenen Programmpunkt neben dem Programm "Volleyballturnier" darstellen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es zudem gerade nicht zutreffend, dass von dem Zustellstützpunkt mit Leitungsfunktion B-Stadt ein Sommerfest organisiert wurde, in dessen Rahmen auch eine Sportveranstaltung angeboten wurde. Dieser Annahme widerspricht bereits der Text der an die Mitarbeiter gerichteten Einladung. Dort heißt es: "Der ZSPL xxx1 veranstaltet in diesem Jahr ein Beach-Volleyballturnier ( ...)" und weiter "Auch in diesem Jahr bieten wir ein Beach-Volleyball-Turnier an". Die gesamte Veranstaltung bestand daher vielmehr maßgeblich aus der Durchführung des Volleyballturniers. Die reine Möglichkeit der nicht volleyballinteressierten Mitarbeiter als Zuschauer an dem Turnier teilzunehmen, lässt zweifelhaft erscheinen, dass die Veranstaltung insgesamt zur Förderung des Gemeinschaftsgedankens im Unternehmen beitragen konnte.

Im Übrigen haben es weder Unternehmen noch die Beschäftigten in der Hand, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung auf Tatbestände auszuweiten, die außerhalb der individuell getroffenen Vereinbarungen über den Inhalt des jeweiligen Beschäftigungsverhältnisses liegen und damit grundsätzlich unversichert sind. Welche Verrichtungen in sachlichem Zusammenhang mit der geschützten Beschäftigung stehen, ist vielmehr objektiv auf der Grundlage des konkret zustande gekommenen Beschäftigungsverhältnisses, des tatsächlichen Geschehens und nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils die Unfallversicherung begründenden Norm zu beurteilen. Eine rechtlich unzutreffende Auffassung von Unternehmen und Beschäftigten, eine bestimmte Verrichtung stehe im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, vermag keinen Versicherungsschutz zu begründen (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 2005 – B 2 U 29/04 R).

Nach alledem waren die Voraussetzungen für die Feststellung eines Arbeitsunfalles nicht erfüllt. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren der Klägerin erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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