L 1 KR 441/12

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 9 KR 105/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 441/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 33/15 B
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 26. September 2012 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Juli 1999 bis 31. Oktober 2002 in Höhe von 234.805,56 EUR (incl. Säumniszuschlägen in Höhe von 105.260,55 EUR) zu entrichten hat.

Der Kläger ist 1959 im ehemaligen Jugoslawien geboren, hat dort nach dem Abitur ein Technologiestudium begonnen und lebt seit 1990 in Deutschland. Zunächst arbeitete er bei seinem als selbstständig tätigen Vater. Seit 1999 betreibt er ein Einzelunternehmen. Am 3. März 1999 meldete der Kläger ein Gewerbe für die Tätigkeiten "Eisenflechter, Betonbohrer u. Schneider, Bautrockner, Fuger (Hochbau) u. Bauhilfsarbeiter mit Subunternehmereigenschaft ohne vollhandwerkliche Tätigkeiten" an. Am 28. Februar 2001 meldete er das Gewerbe im Sinne einer Erweiterung um "Forstbetrieb/Holzfällerarbeiten" um.

Der Kläger schloss wiederholt Subunternehmerverträge mit der C. GmbH (C-Bau GmbH – diese handelnd durch D.) ab. Mit Vertrag vom 1. Oktober 1999 wurde an den Kläger ein Teil der mit Vertrag vom 1. Oktober 1999 der C-Bau GmbH von der E.AG, BS-E-Stadt hinsichtlich des Netzbezirks F-Stadt, G-Stadt und E-Stadt übertragenen Arbeiten (Vegetationsrückschnitt, Grünschnitt im Stundenlohn) vergeben. Hierbei handelte es sich um "Baumfällarbeiten im Gleisbereich der E. AG sämtl. Grünpflegearbeiten im Bahnbereich gemäß Leitbild ‚Grün der Bahn‘ ". Gemäß § 13 des Vertrages werden Stundenlohnarbeiten vergütet, wenn sie vor Beginn ausdrücklich vereinbart werden. Die Vorlage der Stundenzettel erfolgt am folgenden Arbeitstag zu Händen der Bauleitung. In einer Anlage zu diesem Vertrag zwischen dem Kläger und der C-Bau GmbH vom 1. Oktober 1999 wurden die Arbeitszeiten detailliert geregelt, der Stundenlohn für Vorarbeiter, Forstarbeiter, Forsthelfer sowie Kosten für Motorsäge festgelegt und die Verantwortlichen auf der Baustelle, die über die Eisenbahnbetriebsgefahren belehrt worden sind, benannt (H. H., I. I., J. J. und K. K.). Den Akten ist ein weiterer Subunternehmervertrag zwischen dem Kläger und der C-Bau GmbH vom 28. Juni 1999 zu entnehmen, in welchem ferner vereinbart wurde: "Stundenzettel und Aufmaße sind wöchentlich von der Bauleitung bzw. dem Verantwortlichen abzuzeichnen bzw. zu unterschreiben!" (§ 5 des Vertrages). Nach § 7 dieser Verträge hatte der Kläger die übernommenen Aufgaben im eigenen Betrieb auszuführen. Eine Weitergabe war nur mit schriftlicher Zustimmung der C-Bau GmbH gestattet. Mit der Nachunternehmererklärung zwischen dem Kläger und der C-Bau GmbH vom 5. Januar 2000 verpflichtete sich der Kläger (für das Bauvorhaben L. L-Stadt E. M-Stadt), dass alle von ihm eingesetzten Arbeitnehmer ordnungsgemäß sozialversichert sind und er vor Arbeitsaufnahme auf der Baustelle der C-Bau GmbH eine Liste aller Arbeitnehmer, die voraussichtlich dort beschäftigt werden, einreicht. Diese Aufstellung muss die Beitragsnummer, die Krankenkasse, Namen und Vornamen sowie das Geburtsdatum der Arbeitnehmer enthalten. Eine Nachmeldung ist unverzüglich vorzunehmen. In den Akten befindet sich ferner der am 2. Januar 2001 zwischen dem Kläger und der C-Bau GmbH geschlossene Subunternehmervertrag (Laufzeit bis 31. Dezember 2002, § 10 Vertragsbedingungen). Danach vergab die C-Bau GmbH die ihr von der E. Netz AG übertragene Durchführung von Baumfäll- und Gehölzrückschnittarbeiten an E-Strecken an den Kläger. In § 13 des Vertrages ist geregelt, dass die Vorlage der Stundenzettel am folgenden Arbeitstag erfolgt. Die Übertragung des Leistungsauftrages oder Teile daraus an Dritte (insbesondere Subunternehmer) ist nicht zulässig (§ 7 der ebenfalls am 2. Januar 2001 unterzeichneten "Vertragsbedingungen"). Ferner wurde eine Nachunternehmererklärung (wie oben beschrieben) unterzeichnet.

Der Kläger hat im Jahr 1999 drei Arbeitnehmer jeweils bis zu vier Monate, im Jahr 2000 einen Arbeitnehmer zwei Monate, im Jahr 2001 acht Arbeitnehmer zwischen einem und neun Monate und im Jahr 2002 sieben Arbeitnehmer jeweils zwischen zwei und zehn Monate sozialversicherungspflichtig angemeldet (laut Meldebescheinigungen: J. J. - 15.9. bis 30.11.1999, N. N. - 30.8. bis 31.10.1999, O. O. - 6.9. bis 30.11.1999, H. H. - 1.2. bis 31.3.2000, P. P. - 1.9. bis 31.12.2001, Q. Q. - 1.12.2001 bis 31.12.2001, R. R. - 1.9. bis 20.12.2001 und 1.2. bis 31.5.2001, S. S. - 1.12.2001 bis 20.12.2001, T. T. - 1.6. bis 30.11.2001 und 1.2. bis 13.3.2001, N. U. - 18.6. bis 16.11.2001, N. N. - 1.2. bis 30.9.2001 und O. O. - 1.5. bis 31.5.2001).

Am 13. März 2002 fand bei dem Kläger eine Durchsuchung wegen des Verdachts der Erstellung von sogenannten "Abdeckrechnungen" durch die Steuerfahndung V-Stadt statt. Hierbei wurde festgestellt, dass in der Buchhaltung des Klägers für die Jahre 1999 bis 2002 Rechnungen der W., X. Bau GmbH, Y. GmbH und Z. GmbH in Höhe von insgesamt 422.000,00 EUR eingestellt waren. Neben den Rechnungen wurden umfangreiche Stundenzettel sichergestellt, auf denen hinsichtlich der Personen lediglich Vornamen verzeichnet sind. Am 7. Oktober 2005 sowie in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis 9. April 2008 führte das Hauptzollamt AA-Stadt bei dem Kläger eine Betriebsprüfung durch. Unter dem 25. August 2006 stellte das Hauptzollamt fest, dass die Auswertung der Stundenzettel für die Jahre 1999 bis 2002 eine Gesamtstundenzahl von 32.832 ergebe. Die Steuerfahndung Frankfurt bzw. das Hauptzollamt AA-Stadt (Finanzkontrolle Schwarzarbeit) vernahm den Kläger sowie B1. S., N. N., K. P., C1. J., D1. D1., H. H., O. O., W., Y., E1. E1., Z. und D.

Nach dem Prüfbericht vom 2. April 2008 beschäftigte der Kläger jährlich bis zu 98 Arbeitnehmer, ohne diese zur gesetzlichen Sozialversicherung anzumelden. Zudem habe er zeitweise angemeldete Arbeitnehmer auch in Zeiten, in denen diese nicht zur Sozialversicherung angemeldet gewesen seien, beschäftigt. Um die Bezahlung der großen Anzahl "schwarz" beschäftigter Arbeitnehmer in die Buchhaltung einstellen, zugleich aber auch verschleiern zu können, habe er sich im Zeitraum 1999 bis 2002 Rechnungen verschiedener Firmen (W., X. Bau GmbH, Y. GmbH und Z. GmbH) in Höhe von 422.000,00 EUR beschafft. Mittels dieser Rechnungen habe der Kläger die Weitergabe von Aufträgen an diese Firmen vorgetäuscht. Er habe die Rechnungsbeträge als Betriebsausgaben abgesetzt und die erhaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt geltend gemacht. Mittels Verbuchung dieser fingierten Rechnungen und Zahlungen hätten dem Kläger die notwendigen finanziellen Mittel für Schwarzlohnzahlungen zur Verfügung gestanden. Bei den als Fremdleistungen verbuchten Rechnungen handele es sich um Abdeckrechnungen, denen keine tatsächlich erbrachte Leistung dieser Firmen zugrunde gelegen habe. Der Zeuge W. habe ausgesagt, dass er dem Kläger Blanko-Rechnungen und –Quittungen übergeben habe. Transferierte Geldbeträge habe er dem Kläger zurückgeben müssen. Dafür habe er Provisionen erhalten. So habe er 200.000,00 EUR bis 250.000,00 EUR "gewaschen".

Der Jahresabschluss 1999 des Klägers weist Umsatzerlöse in Höhe von 589.661,88 DM, Fremdleistungen in Höhe von 450.000,00 DM und Personalkosten in Höhe von 27.121,07 DM aus. Auf Nachfrage des Finanzamtes vom 7. Juli 2000 erklärte der Steuerberater F1., welcher für den Kläger den Bilanzbericht erstellt hatte, dass Fremdleistungen an W. in Höhe von 114.944,35 DM netto, an die X. BAU GmbH in Höhe von 261.168,06 DM netto und an die Y. GmbH in Höhe von 74.597,50 DM netto gezahlt worden seien. Der Jahresabschluss 2000 weist Umsatzerlöse in Höhe von 291.386,01 DM, Fremdleistungen in Höhe von 214.137,29 DM und Personalkosten in Höhe von 8.644,97 DM aus. Der Jahresabschluss 2001 weist Umsatzerlöse in Höhe von 1.210.290,60 DM, Fremdleistungen in Höhe von 898.097,79 DM und Personalkosten in Höhe von 6.869,00 DM aus.

Mit Bescheid vom 25. Juli 2008 forderte die Beklagte von dem Kläger eine Beitragsnachzahlung in Höhe von 129.545,01 EUR zuzüglich Säumniszuschläge in Höhe von 105.260,55 EUR für die Zeit vom 1. August 1999 bis zum 31. März 2008 (insgesamt: 234.805,56 EUR). Nach dem Ermittlungsbericht des Hauptzollamtes AA-Stadt habe der Kläger die in den Berechnungsanlagen aufgeführten Arbeitnehmer gegen Arbeitsentgelt beschäftigt, ohne diese zur Sozialversicherung anzumelden. Da die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt worden sei und die Höhe der gezahlten Arbeitsentgelte nicht bzw. nicht ohne verhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand hätte ermittelt werden können, hätten die Arbeitsentgelte geschätzt werden müssen. Als Berechnungsgrundlage sei ein Stundenlohn von 19,00 DM bzw. 9,71 EUR brutto zugrunde gelegt worden. Es gelte die dreißigjährige Verjährungsfrist, da der Kläger es offensichtlich und wissentlich unterlassen habe, die Arbeitnehmer zur Sozialversicherung zu melden. In der Anlage zum Bescheid führte die Beklagte die betreffenden Arbeitnehmer - in der Regel mit Vornamen - sowie deren Beschäftigungszeiträume auf und legte die Berechnungen dar. Die Namensabkürzungen der festgestellten Arbeitnehmer resultierten aus den unzureichend geführten Lohnunterlagen. Die Aufzeichnungspflicht gemäß § 28 f Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) in Verbindung mit §§ 8 f. der Beitragsverfahrensordnung sei nicht erfüllt, so dass eine vollständige Namensnennung seitens der Beklagten nicht möglich sei.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Er habe keine Arbeitnehmer gegen Arbeitsentgelt beschäftigt, ohne diese zur Sozialversicherung anzumelden. Es sei nicht nachvollziehbar, um welche Personen es sich handeln solle, da seitens der Beklagten weder eine Anschrift noch eine vollständige Namensbenennung erfolgt sei. Die Beklagte schlug dem Kläger vor, das Verfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens (704 JS 10415/08) ruhend zu stellen, was der Kläger jedoch ablehnte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Aufgrund der von der Zollverwaltung zur Verfügung gestellten Unterlagen sei belegt, dass die betreffenden Personen illegal im Rahmen von Schwarzarbeit beschäftigt gewesen seien. Für diese habe der Kläger Sozialversicherungsbeiträge zahlen müssen. Da er seiner gesetzlichen Dokumentationspflicht nicht nachgekommen sei und die Beitragshöhe nicht habe festgestellt werden können, sei die Höhe der Arbeitsentgelte zu schätzen gewesen. Nach dem Schlussbericht des Hauptzollamtes an die Staatsanwaltschaft Gießen hätten die Ermittlungen keinerlei Beweis dafür erbringen können, dass zwischen dem Kläger und den fraglichen Subunternehmer im Tatzeitraum eine reguläre Geschäftsbeziehung bestanden habe oder Arbeitnehmer dieser Subunternehmer tatsächlich für den Kläger tätig geworden seien. Auch die in den Arbeitszeitnachweisen aufgeführten Vornamen habe man nicht Arbeitnehmern der fraglichen Subunternehmer zuordnen können. Es sei keine glaubwürdige Erklärung dafür geliefert worden, noch erscheine es aus betrieblicher Sicht des Klägers sinnvoll, dass er eigene Aufträge vollständig oder teilweise an andere Subunternehmer weitergegeben habe, wenn seine eigenen Arbeitnehmer mit ihren Arbeitszeiten nicht ausgelastet seien. Die gegenüber der Firma C GmbH als Auftraggeber seitens des Klägers in Rechnung gestellten Leistungen seien vollständig durch Arbeitskräfte des Klägers erbracht worden und nicht durch Subunternehmer. Auch bestehe kein Zweifel, dass die Rechnungen der Firmen W., X. Bau GmbH, Y. GmbH und Z. GmbH lediglich Abdeckrechnungen darstellten, welche dem Zweck der Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse in der Firma des Klägers dienten. Die Beitragsforderung sei auch nicht verjährt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts reiche gemäß § 25 SGB IV aus, dass die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten worden seien. Dieser liege regelmäßig vor, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (z.B. bei Schwarzarbeit) überhaupt keine Beiträge entrichtet worden seien.

Hiergegen hat der Kläger am 24. März 2009 vor dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben. Die unterstellten Zahlen seien nicht nachvollziehbar und frei erfunden ebenso wie die zugeordneten Namen. Im Übrigen sei die Beitragsforderung verjährt.

In dem gegen den Kläger geführten Strafverfahren wegen des Verdachts des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt wies das Amtsgericht Alsfeld (704 Js 10415/08 WI) in der mündlichen Verhandlung am 25. November 2009 auf die fehlenden Sozialversicherungsbeiträge hinsichtlich des N. N. hin. Ferner führte es aus, dass es der Ausrede des Klägers, dass dieser mit Subunternehmen gearbeitet habe, nicht folge. Es spreche zudem gegen eine ordentliche Buchführung, dass Leute in bar bezahlt würden. Das Amtsgericht regte an, die Anklage bzgl. der bekannten Mitarbeiternamen einzugestehen. Hierauf räumte der Kläger ein, dass er insgesamt 15 Personen, die auf den Stundenzetteln vermerkt gewesen seien, beschäftigt habe, ohne sie zur Sozialversicherung angemeldet zu haben (Liste der Namen s. Bl. 473 der Akte 704 Js 10415/08 WI). Mit Beschluss vom 25. November 2009 stellte daraufhin das Amtsgericht das Verfahren gemäß § 153 a StPO gegen Zahlung von 1.800 EUR in Raten ein.

Im Steuerstrafverfahren vor dem Amtsgericht Gießen (5404 Cs – 704 Js 12994/10) machte der Kläger ausführliche Angaben zu den "Subunternehmen" W., Y. GmbH, X. Bau GmbH und Z. GmbH (Vernehmungsniederschrift 29. Mai 2008 Bl. 719 VA). Nach dem Ermittlungsbericht des Finanzamtes V-Stadt vom 24. Februar 2010 bestand der Verdacht der Hinterziehung von Umsatzsteuer in den Jahren 1999 und 2000. Von der Fa. W. als Nachunternehmer seien keine Fremdleistungen erbracht worden. Am 26. Mai 2010 erging ein Strafbefehl (Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen á 10 EUR). Mit Urteil vom 16. März 2011 stellte das Amtsgericht Gießen das Steuerstrafverfahren bezüglich der Umsatzsteuer für das Jahr 1999 wegen Verfolgungsverjährung ein und sprach den Kläger bezüglich der Umsatzsteuer für das Jahr 2000 mangels nachgewiesener Tat frei.

Mit Urteil vom 26. September 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Mit Beschluss vom 18. Dezember 2012 hat das Sozialgericht den Tenor des Urteils vom 26. September 2012 wegen offenbarer Unrichtigkeit dahingehend berichtigt, dass der Kläger die Kosten des Rechtsstreits trägt. Es handele sich um ein Verfahren, in welchem gemäß § 197a SGG Gerichtskosten anfielen. Gemäß § 28d SGB IV würden als Gesamtsozialversicherungsbeitrag die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung, der Pflegeversicherung und der Beitrag nach dem Recht der Arbeitsförderung bezahlt. Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag habe der Arbeitgeber zu zahlen (§ 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Die Arbeitgeber haben für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Unterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Habe ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und könnten dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, könne der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen. Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass der Kläger Arbeitnehmer beschäftigt habe, ohne diese zur Sozialversicherung anzumelden und entsprechende Beiträge abzuführen. Nach dem Subunternehmervertrag mit der Firma C GmbH hätten Stundenzettel vom Bauleiter wöchentlich unterschrieben werden müssen. Der Kläger habe als Subunternehmer die von ihm eingesetzten Arbeitnehmer der Firma C GmbH namentlich mitteilen müssen. In der Anlage zum Vertrag vom 1. Oktober 1999 seien als Beschäftige aufgeführt: H. H., I. I., J. J., K. K. Hiervon sei nur J. J. gemeldet gewesen. Die Einlassung des Klägers, dass diese Erklärung nicht verbindlich gewesen sei, da es sich nur um eine Art Verabredung vor dem richtigen Vertrag gehandelt habe, sei unglaubwürdig. Auf dem Tagesbericht Nr. 7 und 3 (vom 6. September bis 10. September 1999) für die Baustelle F1-Stadt, E. E-Stadt, seien die Namen H., G1. und D1. verzeichnet. Der Stundenzettel trage als Auftraggeber die Unterschrift des Klägers. Hierzu habe der Kläger erklärt, dass er die Personen H. und D1. kenne, die Person G1. ihm jedoch nicht bekannt sei. Die Personen H. und D1. seien – so das Sozialgericht - in dem betreffenden Zeitraum nicht als Arbeitnehmer beim Kläger gemeldet gewesen. Darüber hinaus habe der Kläger im Strafverfahren bezüglich der Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen eingeräumt, 15 Arbeitnehmer zu unterschiedlichen Zeiten beschäftigt zu haben, ohne sie zur Sozialversicherung anzumelden. Auf dem Tagesbericht Nr. 3 (Baustelle H1-Stadt) vom 27. September bis 1. Oktober 1999 seien die Namen I1., J1. und K1. verzeichnet und als Baustellenleiter habe der Kläger unterschrieben. In den Stundenaufzeichnungen für die Zeit vom 8. November bis einschließlich 19. November 1999 (Baustelle H1-Stadt) seien die Namen J., L1. und D1. aufgeführt. In diesem Zeitraum sei ebenfalls nur J. J. als Arbeitnehmer beim Kläger gemeldet gewesen. Aus den Konten würden sich ferner Kosten für Übernachtungen von Arbeitnehmern u.a. für die Zeit vom 29. November bis 3. Dezember 1999 in M1-Stadt ergeben. Ab dem 1. Dezember 1999 habe der Kläger jedoch keine Arbeitnehmer mehr angemeldet. Auch Benzinquittungen aus N1-Stadt, O1 Stadt und P1-Stadt für den Kauf von Benzin (wohl für die Motorsäge) seien den Kostenbelegen zu entnehmen. In der Zeit vom 4. bis 8. Oktober 1999 habe der Kläger ebenfalls Übernachtungskosten für das Haus Q1. in Q1-Stadt als Kosten abgesetzt. Es möge zwar sein, dass für den Kläger auch Subunternehmer tätig geworden seien. Da der Kläger aber keine ordnungsgemäßen Unterlagen geführt habe, die Löhne bar bezahlt worden seien und es auch keine Arbeitsverträge gegeben habe, könne der Kläger nicht nachweisen, dass die auf den Stundenzetteln verzeichneten Arbeitnehmer bei Subunternehmern und nicht bei ihm gearbeitet hätten. Zum einen seien bei den angeblichen Subunternehmern keine Arbeitnehmer gemeldet gewesen, deren Namen auf den gefundenen Stundenzetteln verzeichnet seien. Darüber hinaus habe der Kläger Hotelkosten bezahlt in Zeiten, in denen er nicht die entsprechende Anzahl von Arbeitnehmern zur Sozialversicherung angemeldet habe. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum der Kläger Übernachtungskosten für Personen übernommen habe, die bei den vermeintlichen Subunternehmern gearbeitet haben sollten. Die Hotelrechnung des City-Hotels für die Zeit vom 26. bis 30. Juli 1999 sei z.B. an Herrn N. gerichtet. N. N. sei zum damaligen Zeitpunkt aber nicht beim Kläger als sozialversicherungspflichtig Beschäftigter gemeldet gewesen. Auf dem Stundenzettel vom 23. bis 27. Juli 2001 seien die Namen R1. N., N. S1. und N. T1. aufgeführt. Zu diesem Zeitpunkt sei als einziger versicherungspflichtig Beschäftigter beim Kläger N. N. gemeldet gewesen. S1. N. sei erst ab dem 1. September 2001 gemeldet gewesen. Da der Kläger behaupte, dass seine Arbeitnehmer nie mit Arbeitnehmern von Subunternehmen zusammengearbeitet hätten, erscheine die Einlassung, dass es Arbeitnehmer von Subunternehmern gewesen seien, nicht glaubwürdig. Der Kläger habe auch behauptet, dass Leute von ihm mit Leuten seines angeblichen Subunternehmers, der Firma W., nach Weihnachten, das Jahr könne er nicht mehr erinnern, zusammengetroffen seien. Die Firma W. habe angeblich als Subunternehmer nur in den Jahren 1999 u. 2000 für den Kläger gearbeitet. In diesen Jahren seien jedoch nach Weihnachten keine Arbeitnehmer des Klägers zur Sozialversicherung gemeldet gewesen. Im Übrigen ergebe sich auch aus dem Vergleich der in den Steuererklärungen angegebenen Umsatzerlöse, der Fremdleistungen, der Löhne und der Werbe- und Reisekosten, dass die vom Kläger gemeldete Zahl der versicherungspflichtig Beschäftigten nicht zutreffend sein könne. Der vom Kläger erzielte Erlös abzüglich der Fremdleistungen stehe zu den gezahlten Löhnen außer Verhältnis. Bei der Tätigkeit des Klägers habe es sich um eine lohnintensive Tätigkeit gehandelt, da weder große Maschinen zum Einsatz gekommen, noch sonstige Maschinen oder Geräte in größerem Umfang vorzuhalten gewesen seien. Der Anteil der Löhne an dem Ertrag (Umsatzerlöse minus Fremdleistungen) habe im Jahr 1999 ungefähr 15 %, im Jahr 2000 sogar nur 12 % vom Umsatz betragen. Bei lohnintensiven Betrieben würden die Personalkosten jedoch mindestens 30 % bis 40 % vom Umsatz betragen. Der Kläger habe nicht nachweisen könne, dass die auf den Stundenzetteln aufgeführten Arbeitnehmer nicht bei ihm beschäftigt, sondern Arbeitnehmer von Subunternehmern gewesen seien. Die Vernehmung der Arbeitnehmer des Klägers vor dem Amtsgericht Gießen habe ergeben, dass Subunternehmer ihnen nicht bekannt gewesen seien. Nur der Zeuge N. habe angegeben, von einer Firma gehört zu haben, ohne deren Namen nennen zu können. Der Zeuge W. habe am 22. Februar 2011 angegeben, dass seine Firma von 1998 bis Mai 2002 bestanden habe und er meistens allein gearbeitet habe. Nur bei größeren Aufträgen habe er 2 bis 3 Leute eingestellt. Nie habe er für den Kläger als Subunternehmer gearbeitet. Nur der Zeuge D1. H. habe angegeben, dass er in den Jahren 2002 und 2003 für den Kläger gearbeitet habe und der Kläger andere Firmen als Subunternehmer beauftragt habe. Darunter sei auch die Firma des Herrn W. gewesen. Auch B1. S. habe angegeben, mal gehört zu haben, dass der Kläger Subunternehmer beschäftigt habe. Genaueres wisse er aber nicht. Bei den Ermittlungen habe sich darüber hinaus nicht klären lassen, ob die Firma X. Bau GmbH und die Firma Z. tatsächlich als Subunternehmer für den Kläger tätig geworden seien. Z. habe angegeben, dass er zwar formal Geschäftsführer der Z. GmbH gewesen sei, tatsächlich aber nie etwas gemacht habe. Er sei nie im Büro dieser Firma gewesen und kenne die Firma des Klägers nicht. Der Zeuge E1. E1. habe erklärt, als Subunternehmer für die Firma X. Bau GmbH habe die Firma Y. GmbH in V-Stadt gearbeitet. Diese Firma habe sich bei ihm per Fax um Aufträge beworben. Er könne nicht mehr sagen, ob die Firma Y. GmbH über die Baustellen der Firma des Klägers hinaus weitere Aufträge für die Firma X. Bau GmbH ausgeführt habe. Er habe während der Ausführung der Aufträge ausschließlich mit dem Kläger verhandelt. Eigene Arbeiter der X. Bau GmbH habe er auf den Baustellen nicht eingesetzt und er habe auch keine Kenntnisse davon, wie viele Arbeiter die Firma Y. GmbH auf den Baustellen beschäftigt habe. Die Abrechnung mit der Firma Y. GmbH sei nach zuvor pauschal vereinbarten Beträgen für die komplette Leistung erfolgt. Die Rechnungen seien bar bezahlt worden. Die X. Bau GmbH habe entsprechende Rechnungen an die Firma des Klägers gestellt. Diese Rechnungen seien bis auf eine Ausnahme per Barscheck beglichen worden. Die Barschecks habe er sich persönlich im Büro des Klägers abgeholt. Aufgrund der gesamten Unterlagen und der widersprüchlichen Angaben des Klägers stehe für das Gericht fest, dass der Kläger Arbeitnehmer beschäftigt habe, ohne sie zur Sozialversicherungspflicht anzumelden. In welchem Umfang diese geschehen sei, ob Subunternehmer für ihn tätig gewesen seien, ob die in den Stundenzetteln aufgeführten Personen bei dem Kläger oder bei Subunternehmen beschäftigt gewesen seien, sei nicht nachweisbar. Dies gehe zu Lasten des Klägers, da er keine ordnungsgemäßen Lohnunterlagen geführt habe. Die Beitragsnachforderung sei auch nicht verjährt, da die Sozialversicherungsbeiträge vorsätzlich vorenthalten worden seien und daher die dreißigjährige Verjährungsfrist gelte.

Der Kläger hat gegen das ihm zunächst am 23. November 2012 zugestellte Urteil, das ihm in der berichtigten Version am 14. Januar 2013 zugestellt wurde, am 21. Dezember 2012 vor dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt und Prozesskostenhilfe beantragt.

Zur Begründung hat er vorgetragen, dass er alle bei ihm tätigen Arbeitnehmer bei der Sozialversicherung angemeldet habe. Im Übrigen habe er vorwiegend mit Subunternehmen gearbeitet. Der Bescheid sei nicht ordnungsgemäß erstellt worden, da die Benennung von Vornamen der angeblichen Arbeitnehmer nicht ausreiche. Soweit das Sozialgericht das Urteil damit begründe, dass Unterlagen fehlten oder nicht ordnungsgemäß erstellt worden seien, verkenne es, dass der Kläger keine Verträge und Unterlagen habe vorlegen können, da er im streitigen Zeitraum keine Arbeitnehmer beschäftigt habe. Ferner weist er darauf hin, dass das steuerrechtliche Verfahren mangels Beweisen eingestellt worden sei. Daher könnten auch die Angaben und Aussagen der in diesem Verfahren vernommenen Personen nicht als Beweis gegen den Kläger herangezogen werden. Zudem würden sich die Aussagen der betroffenen Personen widersprechen. Auch das Strafverfahren vor dem Amtsgericht Alsfeld sei eingestellt worden. Diesem Verfahren könne ebenfalls nicht entnommen werden, welche Arbeitnehmer der Kläger in welchen Zeiträumen beschäftigt habe. Zudem seien die geringen Lohnkosten damit zu erklären, dass hohe Fremdleistungskosten für die Subunternehmer angefallen seien. Im Übrigen seien die Ansprüche verjährt, da eine Vorsatztat nicht nachgewiesen sei.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 26. September 2012, berichtigt durch Beschluss vom 18. Dezember 2012, sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2009 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Am 24. Juli 2014 wurde der Sach- und Streitstand vor der Berichterstatterin erörtert.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin und ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakten der Beklagten, die im Steuerstrafverfahren AB-Nr. xxx1 sichergestellten Beweismittel, die Akte im Verfahren 704 Js 10415/08 WI, die Akten des Hauptzollamts AA-Stadt (xxx2) sowie die Akte des Amtsgerichts Gießen (5404 Cs – 704 Js 12994/10, Bl. 484-736) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung konnte durch die Berichterstatterin und ohne mündliche Verhandlung ergehen, da sich die Beteiligten mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt haben, §§ 155 Abs. 3 und 4, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Beklagte hat die Sozialversicherungsbeiträge gemäß § 28 f Abs. 2 SGB IV zutreffend festgesetzt.

Gemäß § 28 f Abs. 1 SGB IV (seit der Fassung vom 24. März 1997 im Wesentlichen unverändert) hat der Arbeitgeber für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Lohnunterlagen (aktuelle Fassung: Entgeltunterlagen) im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren.

Aus dem im streitigen Zeitraum geltenden § 2 der Beitragsüberwachungsverordnung (BeitrÜV - in der Fassung vom 4. März 1997) folgt, dass der Arbeitgeber insbesondere Angaben zum Vor- und Familiennamen, Geburtsdatum, Anschrift, Beginn und Ende der Beschäftigung sowie Arbeitsentgelt in den Lohnunterlagen aufzunehmen hat (so auch gemäß dem seit 3. Mai 2006 geltenden § 8 der Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages -Beitragsverfahrensverordnung – BVV).

Gemäß § 28 f Abs. 2 SGB IV (seit der Fassung vom 24. März 1997 unverändert) kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen, wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dies gilt nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mitzuberücksichtigen. § 28 f Abs. 2 SGB IV gibt eine gesetzliche Grundlage für den Interessenausgleich im Spannungsverhältnis der individuellen Versicherung durch Beiträge und dem Interesse der Versichertengemeinschaft an der Sicherung des Beitragsaufkommens, wenn faktisch die Möglichkeit zur persönlichen Zuordnung der Beitragsleistung genommen ist. Zweck der Regelungen ist es, Einnahmeverluste der Sozialkassen infolge einer Aufzeichnungspflichtverletzung weitgehend zu vermeiden und zugleich auszuschließen, dass Arbeitgeber mittels einer Aufzeichnungspflichtverletzung Wettbewerbsvorteile erlangen könnten (Werner in: JurisPK-SGB IV, 2. Aufl., § 28 f SGB IV, Rn 43).

Beitragssummenbescheide gemäß § 28 f Abs. 2 SGB IV sind keine Sanktion für pflichtwidriges Verhalten des Arbeitgebers. Ziel muss daher eine der tatsächlichen Beitragsschuld möglichst nahe kommende Feststellung der Beitragspflicht und –höhe sein. Beitragssummenbescheide setzen eine Verletzung der Aufzeichnungspflicht des Arbeitgebers voraus; auf ein Verschulden kommt es hierbei nicht an (BSG, Urteil vom 7. Februar 2002, B 12 KR 12/01 R, juris; Werner, a.a.O., Rn. 49). Die Verletzung der Aufzeichnungspflicht muss Aufzeichnungen betreffen, zu denen der Arbeitgeber gemäß § 28 f Abs. 1 SGB IV i.V.m. § 2 BeitrÜV bzw. § 8 Abs. 1 BVV verpflichtet ist. Darüber hinaus muss sich der Rentenversicherungsträger bemüht haben, die zur Beurteilung der Versicherungs- und Beitragspflicht erforderlichen Angaben zu ermitteln (vgl. Baier in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, § 28 f SGB IV Rn. 9 ff.).

Das Bestehen von Versicherungs- und Beitragspflicht ist grundsätzlich vom prüfenden Rentenversicherungsträger zu beweisen. Hat aber der Arbeitgeber ihm obliegende Mitwirkungspflichten (insb. Aufzeichnungspflichten) verletzt und damit vereitelt, dass die Einzugsstelle den ihr obliegenden Beweis der für die Beitragspflicht erforderlichen Tatsachen führen kann, ist der Beweis als von der Einzugsstelle geführt anzusehen. Der Arbeitgeber, der nicht ordnungsgemäß festgestellt hat, trägt die objektive Beweislast, dass ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand der rechtlich zutreffende Beitrag festgestellt werden kann (BSG, Urteil vom 28. April 1977, 12 RK 25/76; Baier, a.a.O., § 28 f SGB IV Rn. 3 und § 22 SGB IV Rn. 15 f.; Wehrhahn, KassKomm, § 28 f SGB IV Rn. 7 ff.; Sehnert in: Hauck/Noftz, SGB IV K § 28f, Rn. 9).

Nach diesen Grundsätzen konnte die Beklagte gegenüber dem Kläger einen Beitragssummenbescheid erlassen. Der Kläger ist hinsichtlich der Beschäftigung seiner Arbeitnehmer seiner gesetzlichen Aufzeichnungspflicht nicht bzw. völlig ungenügend nachgekommen, so dass die Beitragspflicht bzw. Beitragshöhe nicht festgestellt werden konnte. Es konnte auch nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden, dass Beiträge nicht zu zahlen waren. Ferner konnte Arbeitsentgelt nicht einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden. Entgegen der Auffassung des Klägers steht der Rechtmäßigkeit des Bescheides auch nicht entgegen, dass die Beklagte die Namen und Adressen der Arbeitnehmer nicht ermittelt hat. Die Beklagte hat umfangreiche Ermittlungen durchgeführt. Aufgrund der unzureichenden Angaben auf den Unterlagen des Klägers war es für die Beklagte jedoch letztendlich nicht möglich, die Daten der Arbeitnehmer festzustellen. Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren Ermittlungen seitens der Beklagten zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts hätten führen können. Daher konnte sie die Beitragshöhe auf der Grundlage der bei dem Kläger sichergestellten Unterlagen schätzen. Unbestritten hat sie dabei das ortsübliche Arbeitsentgelt berücksichtigt. Die von der Beklagten vorgenommene Schätzung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zu den Schätzungsmethoden enthält das Gesetz keine ausdrückliche Regelung. Der Rentenversicherungsträger muss von sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen ausgehen, ist aber letztlich in der Wahl seiner Mittel frei, selbst wenn das Ergebnis für den Beitragsschuldner nicht das Günstigste ist (vgl. Werner, a.a.O., Rn. 66). Ein Verstoß gegen diese Grundsätze ist vorliegend nicht erkennbar.

Wie das Sozialgericht geht auch das Landessozialgericht davon aus, dass der Kläger Arbeitnehmer beschäftigt hat, ohne diese zur Sozialversicherung anzumelden und entsprechende Beiträge abzuführen. In welchem Umfang diese geschehen ist, ob Subunternehmer für ihn tätig gewesen sind und ob jeweiligen in den Stundenzetteln aufgeführten Personen bei dem Kläger oder bei Subunternehmen beschäftigt gewesen sind, ist trotz umfangreicher Beweiserhebungen nicht nachweisbar. Da der Kläger keine ordnungsgemäßen Lohnunterlagen geführt hat, gehe dies – wie dargelegt - zu Lasten des Klägers. Auf die umfangreichen und zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts wird insoweit verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist hervorzuheben, dass die Angaben des Klägers zum erheblichen Umfang der angeblichen Fremdleistungen durch Subunternehmer im Vergleich zu seinen Umsatzerlösen in der streitigen Zeit nicht nachvollziehbar sind. Neben den bereits vom Sozialgericht aufgeführten Gründen ist darauf zu verweisen, dass angesichts der streitigen Auftragssummen an Subunternehmer die völlig unzureichende Dokumentation nicht verständlich ist. Vieles spricht dafür, dass der Kläger die in den - in seinen Räumen sichergestellten - Stundenzettel aufgeführten Personen selbst beschäftigt hat. Insbesondere hat der Kläger nicht schlüssig erklären können, wieso diese Unterlagen in seinen Räumlichkeiten sichergestellt wurden, obgleich sie sich nicht auf seine Arbeitnehmer bezogen haben sollen. Soweit sich diese Stundenzettel auf Leistungen der Firma W., der X. Bau GmbH sowie der Y. GmbH beziehen sollen und – wie der Kläger ausgeführt hat – eventuell deren Rechnungen beigelegen haben sollen, ist dies nicht glaubhaft. Ein Grund für eine Vorlage dieser Stundenzettel an den Kläger ist nicht erkennbar. Die vorliegenden Rechnungen dieser Firmen weisen Pauschalen aus und enthalten Angaben zum Ort der Baustelle, der Art der Tätigkeit und den betreffenden Zeitraum, nicht jedoch zur Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden.

Ferner haben – wie vom Sozialgericht zutreffend festgestellt - die Aussagen von W., Y., Z., E1. E1. und D. die Angaben des Klägers hinsichtlich der Fremdleistungen durch Subunternehmer nicht bestätigt. Vielmehr haben nach den Angaben von W., Y. und Z. diese – bzw. die Firmen, deren Geschäftsführer sie (teils nur formal) waren – keine Aufträge für die Firma des Klägers durchgeführt. So hat Z. in seiner Aussage am 19. Dezember 2007 angegeben, er habe keinen Berufsabschluss, sei Alkoholiker und habe sich dem "U1." gegenüber bereit erklärt, "den Geschäftsführer zu machen". Er sei nie in dem Büro der Z. GmbH gewesen und wisse nicht, wo sich dieses befindet. Personen namens "U1." bzw. "V1." hätten ihn nur für Besuche bei der Bank abgeholt, vor der Bank gewartet, bis er wieder mit dem Geld – teilweise mit hohen Beträgen (60.000,00 DM bis 100.000,00 DM) – herausgekommen sei. Das Geld habe er ihnen gegeben und selbst einen kleinen Betrag (z.B. 100,00 EUR) bekommen. Den Kläger sowie seine Firma kenne er nicht. Ähnlich hat Y., gelernter Hotelkaufmann, am 24. September 2007 ausgesagt. Er sei von einem Herrn W1. um die Geschäftsführung der Y. GmbH gebeten worden. Diese habe er lediglich formal übernommen. Er sei nie im Büro gewesen, habe die Ausgangsrechnungen nie gesehen und Blankorechnungen unterschrieben. Schecks habe er bei der Bank eingelöst und das Geld dem W1. übergeben. Die angeblich 16 Mitarbeiter der Y. GmbH habe er nie gesehen. W. wiederum hat bei seinen Aussagen am 26. Februar 2003, 11. Juni 2003, 21. Mai 2005 sowie 22. Februar 2011 ausgeführt, er sei in der streitigen Zeit schwer alkoholabhängig gewesen. In den Jahren 1998 bis 2001 habe er, ein gelernter Maurer, eine Firma betrieben, die jedoch insolvent gegangen sei. Seit August 2001 sei er Sozialhilfeempfänger. Er habe nie für den Kläger gearbeitet. Eventuell habe er Blanko-Rechnungsformulare gestempelt und unterschrieben. Im Übrigen seien die Unterschriften auf den ihm vorgelegten Rechnungen sehr unterschiedlich und könnten nicht von ihm sein. Die vielen Rechtschreibfehler auf den Rechnungen hätte er nicht gemacht. Auch den Subunternehmervertrag mit dem Kläger habe er nicht unterschrieben. Er sei mit dem Kläger wiederholt bei der Sparkasse gewesen und habe dort die vom Kläger ausgestellten Barschecks eingelöst. Das Geld habe er dem vor der Sparkasse wartenden Kläger gegeben. Hierfür habe er jeweils ca. 10 % der Summe bekommen. Aufträge habe er hingegen nie für den Kläger getätigt. Der Gesellschafter und Geschäftsführer der X. Bau GmbH, E1. E1., hat am 19. Mai 2003 in seiner Aussage ausgeführt, dass für seine Firma die Y. GmbH gearbeitet habe. Während der Ausführung der Aufträge habe er ausschließlich mit dem Kläger verhandelt. Eigene Arbeiter der X. Bau GmbH habe er auf den Baustellen nicht eingesetzt. Die Abrechnung der Y. GmbH sei pauschal erfolgt. Die X. Bau GmbH habe die Rechnungen der Y. GmbH bar bezahlt und die Rechnung an die Firma des Klägers gestellt, welche darauf mit Barschecks beglichen worden seien. D. von der C GmbH hat am 18. Januar 2006 ausgesagt, dass ihm nicht bekannt gewesen sei, dass die Firma des Klägers Subunternehmen beschäftigt habe. Dies sei der C GmbH nicht angezeigt worden und gehe aus den vom Kläger vorgelegten Papieren nicht hervor.

Der mit den angegriffenen Bescheiden festgestellten Beitragspflicht steht auch nicht entgegen, dass der Kläger im Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung freigesprochen und das Strafverfahren wegen der Hinterziehung von Beiträgen zur Sozialversicherung gegen Geldbuße von 1.800,00 EUR gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Denn dies beweist keineswegs, dass der Kläger nicht im entsprechenden Umfang Arbeitnehmer beschäftigt hat, ohne für diese Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Das Steuerstrafverfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 1999 ist wegen Verfolgungsverjährung eingestellt worden. Hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 2000 ist der Kläger mangels nachgewiesener Tat freigesprochen worden. Dennoch steht auch dies der festgestellten Beitragspflicht nicht entgegen, weil – anders als in einem Strafverfahren - im Rahmen eines Beitragsstreitverfahrens aufgrund einer Aufzeichnungspflichtverletzung der Beweis von dem Arbeitgeber und damit vorliegend dem Kläger zu führen ist. Aus diesem Grund kann der Kläger auch nicht erfolgreich auf die Einstellung des Strafverfahrens wegen der Hinterziehung von Beiträgen zur Sozialversicherung verweisen. Darüber hinaus hat er in diesem Strafverfahren durchaus eingeräumt, dass er Arbeitnehmer beschäftigt hat, ohne diese zur Sozialversicherung anzumelden. Die Einstellung des Strafverfahrens erfolgte daher auch nur gegen Auflage (Zahlung von 1.800,00 EUR) und nach Hinweis auf sonst noch höhere Verfahrenskosten aufgrund weiterer umfangreicher Ermittlungen.

Die Beitragsnachforderung ist auch nicht verjährt. Gemäß § 25 Abs. 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf vorzeitig vorenthaltene Beiträge in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem sie fällig geworden sind. Dies gilt gleichermaßen für Säumniszuschläge (Baier, a.a.O., § 25 SGB IV, Rn 8). Vorsätzlich handelt, wer in Kenntnis seiner Zahlungspflicht bewusst und gewollt die Beitragsentrichtung unterlässt. Vorsätzlich handelt auch, wer seine Beitragspflicht für möglich hält, jedoch billigend in Kauf nimmt, dass die Beiträge nicht entrichtet werden (bedingter Vorsatz). Vorsatz liegt dann regelmäßig vor, wenn überhaupt keine Beiträge entrichtet wurden, obwohl offensichtlich ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis besteht und Arbeitsentgelt gezahlt wird (Baier, a.a.O., § 25 SGB IV, Rn 7). Der Kläger hat damit vorliegend mit bedingtem Vorsatz gehandelt.

Im Übrigen wird auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Sozialgerichts Bezug genommen. Von einer weiteren Darstellung wird insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG abgesehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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