Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2823/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2695/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Anforderung von § 135 SGB V dürfen nicht dadurch umgangen werden, dass eine ambulant erbringbare Leistung
in den stationären Bereich verschoben wird. Eine ambulant und nicht stationär durchgeführte Liposuktion ist auch anzunehmen, wenn die Liposuktion in einem ambulanten OP-Zentrum durchgeführt wird und die Patientin anschließend in einer benachbarten Privatkrankenanstalt die Nacht verbringt.
Es fehlt bei dieser Vorgehensweise auch deshalb an einer Eingliederung der Patientin in das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses, weil die Maßnahme nicht in der Verantwortung der Privatkrankenanstalt, sondern in der des Vertragsarztes durchgeführt wurde.
Der Erlass einer Erprobungsrichtlinie nach § 137e SGB V ist eine Entscheidung des G-BA nach § 137c Abs 1 SGB V, die für die Zeit ab ihrem Inkrafttreten die Anwendung von § 137c Abs. 3 SGB V ausschließt.
in den stationären Bereich verschoben wird. Eine ambulant und nicht stationär durchgeführte Liposuktion ist auch anzunehmen, wenn die Liposuktion in einem ambulanten OP-Zentrum durchgeführt wird und die Patientin anschließend in einer benachbarten Privatkrankenanstalt die Nacht verbringt.
Es fehlt bei dieser Vorgehensweise auch deshalb an einer Eingliederung der Patientin in das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses, weil die Maßnahme nicht in der Verantwortung der Privatkrankenanstalt, sondern in der des Vertragsarztes durchgeführt wurde.
Der Erlass einer Erprobungsrichtlinie nach § 137e SGB V ist eine Entscheidung des G-BA nach § 137c Abs 1 SGB V, die für die Zeit ab ihrem Inkrafttreten die Anwendung von § 137c Abs. 3 SGB V ausschließt.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17.06.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für Liposuktionen an Armen und Beinen in vier Behandlungsschritten.
Die 1967 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 11.08.2014 beantragte sie die Gewährung von Liposuktionen der Arme und Beine unter Vorlage eines Befundberichts von Dr. W. vom 06.03.2014, eines Attestes von Dr. B. vom 20.02.2014 und einer Empfehlung der Fachklinik für operative Lymphologie (CG Ly.) vom 13.02.2014, wonach die Therapie der Wahl für das Lipödem eine lymphologische Liposkulptur sei, die ambulant durchgeführt werden könne mit voraussichtlichen Kosten von ca 16.500 EUR.
Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit der Erstellung eines sozialmedizinischen Gutachtens und teilte dies der Klägerin unter dem 22.08.2014 mit. Dr. U. führte in seinem Gutachten vom 28.08.2014 aus, dass bei der Klägerin ein Lipödem Stadium III beidseits bestehe. Die Liposuktion sei eine neue, noch nicht anerkannte Behandlungsmethode. Vorliegend würden konservative Behandlungsmethoden empfohlen wie manuelle Lymphdrainage, Kompressionen und Bewegungstherapie. Mit Bescheid vom 03.09.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung der Liposuktionen bzw eine entsprechende Kostenübernahme ab.
Mit ihrem Widerspruch vom 23.09.2014 legte die Klägerin eine gutachterliche Stellungnahme von Dr. R., Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie (Blatt 25 bis 36 Verwaltungsakte) sowie einen Befundbericht von Dr. W. vor, welcher von einer anhaltenden, glaubhaften hochgradigen Beeinträchtigung durch das Lipolymphödem und die konsekutiv bestehenden Schmerzen berichtet. Langjährige Therapiemaßnahmen seien dauerhaft nicht hilfreich gewesen, zuletzt sei es durch die Cortisontherapie zu einer deutlichen Verschlechterung gekommen. Der Bevollmächtigte der Klägerin führte zur Begründung des Widerspruchs weiter aus, die Klägerin leide aufgrund des Lipödems an Schmerzen in den Beinen, Druck- und Berührungsschmerzen, Spannungs- und Schwellungsgefühlen sowie wiederkehrenden Hämatomen. Eine kausale Behandlung existiere nicht. Die leitliniengerechte Therapie ziele allein auf Beschwerdelinderung durch konservative Maßnahmen. Alternativ dazu komme eine Reduktion des Fettgewebes mittels Liposuktion in Betracht. Allein dieses Therapieverfahren könne dem drohenden frühzeitigen Gelenkverschleiß mit Arthrosen im Knie- und Sprunggelenk entgegenwirken. Da in ihrer Situation die Liposuktion nur stationär ausgeführt werden könne, wie Dr. R. eindeutig ausgeführt habe, stelle sich die Frage einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Hinblick auf § 137c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht.
Der MDK blieb mit Gutachten vom 10.12.2014 (Dr. S.) bei seiner bisherigen Beurteilung. Auch wenn eine Lipomatose oder ein Lipödem durch reduzierte Kalorienzufuhr nur schwer beeinflussbar sein könne, sei bei Übergewichtigen zunächst Normalgewicht anzustreben. Mit Stellungnahme vom 20.04.2015 sprach Dr. N. für den MDK weiterhin keine Empfehlung für die Kostenübernahme aus. In der weiteren Stellungnahme vom 09.06.2015 führte Dr. N. aus, bei einer Adipositas per magna (109,5 kg bei 1,67 m, BMI 39,2 kg/m²) sei eine gezielte und nachhaltige Gewichtsabnahme ggf mittels bariatrischer Maßnahme vorrangig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung müsse aus medizinischen Gründen erforderlich sein. Liposuktionsbehandlungen könnten auch ambulant durchgeführt werden. Nach den Gutachten des MDK stünden geeignete Behandlungsmethoden zur Verfügung und andere Maßnahmen könnten empfohlen werden. Die Fettabsaugung gehöre nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung. Das Verfahren befinde sich noch in der Erprobung. Eine lebensbedrohliche Erkrankung liege nicht vor.
Hiergegen richtet sich die am 17.09.2015 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen hat die Klägerin ein Schreiben des Orthopäden Dr. Ba. vom 24.11.2015 vorgelegt. Der Grad der Behinderung habe sich von 70 auf 80 erhöht, zusätzlich liege das Merkzeichen G vor. Mangels ausreichender Studien zum Krankheitsbild der Klägerin sei auf die AWMF-Leitlinie Lipödem der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zurückzugreifen. Dort werde als Therapie zur Reduktion des krankhaft vermehrten Fettgewebes ausschließlich die Liposuktion genannt. Im Übrigen habe der Gesetzgeber durch § 137c SGB V ausdrücklich geregelt, dass innovative Methoden im Rahmen einer nach § 39 SGB V erforderlichen Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden könnten.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Nach Dr. W., der die Klägerin seit 2011 behandelt, besteht bei ihr ein chronisches Lipolymphödem, bei dem eine Kombination von Lymphdrainage, apparativer Kompression, Bewegung, Ernährungsumstellung sowie weiterer Selbsthilfemaßnahmen notwendig sei (Schreiben vom 20.01.2016). Der Hausarzt Dr. B. hat mitgeteilt, dass er der Ansicht der Fachkollegen folge, dass eine Liposuktion sinnvoll wäre (Schreiben vom 29.01.2016). Dr. Ba. hat mit Schreiben vom 09.02.2016 mitgeteilt, dass eine aktivierte Gonarthrose beidseits, Genu valga beidseits, ein chronisch generalisiertes Lipödem beider Ober- und Unterschenkel sowie eine chronisch rezidivierende Epicondylitis links bestehe; ein lumbaler Bandscheibenprolaps L5/S1 mit Pseudoradikulopathie sei festgestellt worden. Prof. Dr. Ku. (Innere Medizin) hat mit Schreiben vom 18.01.2016 über eine stattgefundene Diagnostik zur Abklärung der Adipositas berichtet.
Mit Urteil vom 17.06.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf stationäre Liposuktion als Sachleistung. Bei der Klägerin bestehe eine Krankheit (Lipödem Stadium III, Lymphödem, chronisches Schmerzsyndrom, aktivierte Gonarthrose beidseits, chronisch rezidivierende Epicondylitis und Adipositas). Die von der Klägerin beanspruchte Liposuktion sei jedoch zur Behandlung des Lipödems schulmedizinisch nicht anerkannt und stelle eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode dar. Eine ambulante Liposuktion könne im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nur durchgeführt werden, wenn eine positive Empfehlung des Gemeinsamens Bundesausschusses (GBA) vorliege. Das gegenwärtig durchgeführte Beratungsverfahren sei jedoch noch nicht abgeschlossen. Auch wenn § 137c Abs 1 SGB V für den stationären Bereich großzügiger sei, seien auch die Krankenhäuser von den Standards des § 2 Abs 1 Satz 3 und § 12 Abs 1 SGB V im Einzelfall nicht entbunden. Nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Methoden seien somit auch im stationären Bereich ausgeschlossen. Daran ändere sich auch durch die Einführung des § 137c Abs 3 SGB V mWv 23.07.2015 nichts. Zu Qualität und Wirksamkeit der Liposuktionen seien zur Zeit keine zuverlässigen wissenschaftlichen Aussagen möglich, es fehlten einwandfrei geführte Studien. Soweit Studien der Evidenzklasse I nicht existierten, könne im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden. Danach habe die Klägerin keinen Anspruch. Dies ergebe sich aus dem Grundsatzgutachten "Liposuktion bei Lipödem" der sozialmedizinischen Expertengruppe 7 des MDK vom 06.10.2011 und der unter dem 15.01.2015 erfolgten Aktualisierung des Primärgutachtens. Zudem sei bei der Klägerin wegen der bestehenden Adipositas per magna eine Liposuktion nicht vorrangig indiziert. Die AWMF-Leitlinie 037-012 "Lipödem" Stand 10/2015 könne dem nicht entgegengehalten werden. Eine solche S1-Leitlinie sei kein Beleg für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit einer Behandlungsmethode. Ein Systemversagen liege nicht vor.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 02.07.2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.07.2016 eingelegte Berufung der Klägerin. Inzwischen hat sie die Liposuktionen durchführen lassen und begehrt Kostenerstattung iHv insgesamt 15.965,48 EUR nebst Zinsen. Aufgrund der massiven und zunehmenden Beschwerden der Klägerin durch das Lipödem sei eine Verweigerung der Liposuktion unzumutbar. Konservative Maßnahmen seien erfolglos durchgeführt worden und würden weiter durchgeführt. Die Liposuktion müsse bei der Klägerin stationär durchgeführt werden und zwar sowohl aufgrund der Menge des zu entfernenden Fettes als auch wegen der erforderlichen Tumeszenzanästhesie mit mehreren Liter. Dr. R. habe im Schreiben vom 24.04.2015 mitgeteilt, dass pro Sitzung voraussichtlich zwischen 3 und 4 Liter reines Fett abgesaugt werden solle und die Operationen somit stationär erfolgten müssten. Im stationären Bereich würden nach § 137c SGB V weniger strenge Maßstäbe gelten. Die im SEG 7-Gutachten zitierten beiden maßgeblichen Studien von Brorson (zum sekundären Armlymphödem nach Mammakarzinom) und Hansson (zur Lipomatosis dolorosa) beträfen nicht das Krankheitsbild Lipödem. Nach Auffassung des GBA biete die Liposuktion ausdrücklich das Potenzial als erforderliche Behandlungsalternative (Pressemitteilung vom 20.07.2017). Die Behandlungen der Klägerin seien stationär erfolgt, denn nach der Rechtsprechung des BSG erfordere eine vollstationäre Behandlung die Erstreckung über mindestens einen Tag und eine Nacht nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes. Diese Voraussetzungen seien bei der Klägerin erfüllt. Die kurzstationäre Behandlung sei möglich, da die Praxisklinik N. über eigene Betten mit medizinischer Betreuung auch über Nacht verfüge. Die letzte Operation sei in der neuen Praxis des Dr. R. in M. durchgeführt worden, die Klägerin sei dort eine Nacht geblieben. Auch hier habe eine medizinische Betreuung wie in einem Plankrankenhaus stattgefunden (unter Vorlage einer Bescheinigung von Dr. R. vom 13.04.2018).
Die Klägerin beantragt:
Das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17.06.2016 und der Bescheid der Beklagten vom 03.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.08.2015 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag iHv 3.991,37 EUR nebst Zinsen hieraus iHv 4% ab 01.03.2017, ferner einen weiteren Betrag iHv 3.991,37 EUR nebst Zinsen hieraus iHv 4% ab 31.05.2017, ferner einen weiteren Betrag iHv 3.991,37 EUR nebst Zinsen hieraus iHv 4% ab 26.07.2017, ferner einen weiteren Betrag iHv 3.991,37 EUR nebst Zinsen hieraus iHv 4% ab 10.02.2018 zu zahlen sowie
hilfsweise zum Beweis der Tatsache, dass bei der Klägerin die vier durchgeführten Liposuktionen medizinisch notwendig waren, die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen, hilfsweise nach § 109 SGG.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die medizinischen und leistungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Liposuktion als Kassenleistung lägen nicht vor und bezieht sich hierbei auf die medizinische Beurteilung durch den MDK, zuletzt mit Gutachten vom 03.04.2017. Der GBA habe zwar ein Potenzial der Behandlungsmethode angenommen, aufgrund der problematischen Studienlage jedoch die Bewertung ausgesetzt und eine Erprobungsstudie beschlossen. Nach Auffassung des MDK sei zudem keine stationäre Behandlung erforderlich gewesen. Eine Leistungspflicht ergebe sich nicht daraus, dass eine regelhaft ambulant erbringbare Leistung in das stationäre Setting verlagert werde. Zudem habe die Beklagte Zweifel, dass die Liposuktionen tatsächlich stationär durchgeführt worden seien. Anhand der eingereichten Rechnungen lasse sich eine stationäre Behandlung nicht erkennen, diese wiesen GOÄ-Ziffern aus. Allein die Unterbringung für eine Nacht bedeute nicht gleichzeitig, dass eine stationäre Behandlung erbracht worden sei.
Der Senat hat Dr. R. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat mit Schreiben vom 27.09.2017 ausgeführt, das die Behandlung für den operativen Teil nach GOÄ-Ziffern abgerechnet worden sei. Dennoch sei der Eingriff unter stationären Bedingungen durchgeführt worden. Dies liege daran, dass bei derartigen Operationen sehr große Mengen an Flüssigkeit mit Medikamenten eingespritzt würden, die zu Nebenwirkungen führen könnten, die einer stationären Überwachung bedürften. Die Operationen seien in der N. Klinik in L. durchgeführt worden, welche den Charakter eines ambulanten OP-Zentrums habe. Dieser sei eine Bettenstation angegliedert, welche den Status einer privaten Krankenanstalt habe. Für OP-Nutzung, Übernachtung und Narkose würden entsprechende Pauschalen erhoben.
Nach den vorliegenden OP-Berichten von Dr. R. sind folgende Liposuktionen erfolgt: Datum Körperstelle Aspirationsmenge in ml rechts links 13.02.2017 Oberarme Oberschenkel Rücken 900 1000 700 900 1000 700 15.05.2017 Oberschenkel/Gesäß Oberarme Rücken 1100 900 900 1100 900 900 17.07.2017 Oberarme + Straffung 400 400 25.01.2018 Oberschenkel vorne Oberschenkel innen 1300 900 1300 900
Mit Beschluss vom 20.11.2017 hat der Senat den Beweisantrag der Klägerin auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen oder nach § 109 SGG zum Beweis der Tatsache, dass die Liposuktionen medizinisch notwendig waren bzw die vierte Liposuktion notwendig ist, abgelehnt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 03.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.08.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die inzwischen durchgeführten Liposuktionen iHv insgesamt 15.965,48 EUR nebst Zinsen.
Als Anspruchsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch kommt allein § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht, denn die Klägerin hatte das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs 2 SGB V nicht gewählt. Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Variante 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind (Variante 2). Ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus, also einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl BSG 24.09.1996, 1 RK 33/95, BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12; BSG 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R, BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180, SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten.
Eine unaufschiebbare Leistung lag hier nicht vor. Unaufschiebbarkeit verlangt, dass die beantragte Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubes mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten (vgl BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, Rn 13 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, Rn 23). Ein Zuwarten darf dem Versicherten aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar sein, weil der angestrebte Behandlungserfolg zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr eintreten kann oder zB wegen der Intensität der Schmerzen ein auch nur vorübergehendes weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten ist (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 18). Dies gilt nicht nur dann, wenn es dem Versicherten - aus medizinischen oder anderen Gründen - nicht möglich oder nicht zuzumuten war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 22 S 105), sondern auch in Fällen, bei denen der Versicherte die Entscheidung seiner Krankenkasse nicht mehr abwarten kann. Unaufschiebbar kann danach auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn der Versicherte mit der Ausführung so lange wartet, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, um den mit ihr angestrebten Erfolg noch zu erreichen oder um sicherzustellen, dass er noch innerhalb eines therapeutischen Zeitfensters die benötigte Behandlung erhalten wird (BSG 08.09.2015, 1 KR 14/14 R, juris).
Die Klägerin hatte den Antrag auf die Sachleistung im August 2014 gestellt. Durchgeführt wurde die erste Liposuktion im Februar 2017. Schon dieser zeitliche Ablauf belegt, dass von einer unaufschiebbaren Leistung keinesfalls ausgegangen werden kann.
Auch ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 2. Variante SGB V liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift besteht ein Kostenerstattungsanspruch, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, Breithaupt 2010, 914 mwN). Der Versicherte darf sich insbesondere nicht – unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt – von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer festgelegt haben (BSG 16.12.2008, B 1 KR 2/08 R, juris). Letzteres ist nicht der Fall, denn Dr. R. ist ein im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Arzt mit einer Genehmigung für ambulantes Operieren.
Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
Die streitgegenständliche Liposuktion gehört nicht zu den von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu erbringenden Leistungen.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ua die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V) und die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V). Nach § 39 Abs 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (st Rspr, vgl BSG 19.10.2004, B 1 KR 3/03 R; 28.09.2010, B 1 KR 5/10 R; 11.09.2012, B 1 KR 9/12 R, alle juris). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (st Rspr, vgl BSG 28.02.2008, B 1 KR 19/07 R und 06.03.2012, B 1 KR 17/11 R, beide juris).
Bei der Klägerin bestand eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs 1 SGB V. Sie leidet an einem Lipödemsyndrom Stadium III, einem Lymphödem, einem chronischen Schmerzsyndrom sowie Gonarthrose beidseits, chronisch rezidivierender Epicondylitis und Adipositas. Dies ergibt sich übereinstimmend aus sämtlichen vorliegenden ärztlichen Unterlagen. Das Beschwerdebild stellt eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs 1 SGB V dar, denn der insoweit bei der Klägerin vorliegende körperliche Zustand war mit Blick auf die geklagten Schmerzen, die eine Beeinträchtigung von Körperfunktionen darstellen, ein regelwidriger Zustand, der einer körperlichen Behandlung bedarf.
Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Erstattung der ihr durch die durchgeführten Liposuktionen entstandenen Kosten. Der Behandlungsanspruch eines Versicherten bei Vorliegen einer Krankheit unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Beschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (vgl BSG 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R; 07.05.2013, B 1 KR 44/12 R, beide juris). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung.
Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung sind nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V (ambulante Versorgung) nur von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190, SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Die ambulante Liposuktion ist eine neue Behandlungsmethode, weil sie nicht als abrechenbare Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßmaßstab enthalten ist. Die Methode der Liposuktion zur Therapie des Lipödems ist derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion und es sind weitere randomisierte Studien erforderlich, um sie zu einer den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechenden Behandlungsmethode qualifizieren zu können (Senatsurteile vom 30.09.2014, L 11 KR 689/13; vom 20.01.2015, L 11 KR 4405/14; vom 13.02.2015, L 11 KR 2980/14; ebenso LSG Baden-Württemberg 27.04.2012, L 4 KR 595/11; LSG Baden-Württemberg 31.08.2016, L 5 KR 609/16; LSG Baden-Württemberg 13.09.2016, L 4 KR 320/16; LSG Nordrhein-Westfalen 16.01.2014, L 16 KR 558/13, juris). Entsprechend hat auch der GBA die laufenden Methodenbewertungsverfahren hinsichtlich der Liposuktion sowohl im Bereich der Krankenhausbehandlung als auch der vertragsärztlichen Versorgung mit Beschlüssen vom 20.07.2017 ausgesetzt im Hinblick auf eine Erprobungsrichtlinie nach § 137e SGB V wegen bislang noch nicht ausreichender Studienlage. Die Erprobungsrichtlinie wurde inzwischen beschlossen (Beschluss des GBA vom 18.01.2018, noch nicht in Kraft). Eine positive Empfehlung des GBA liegt damit nicht vor, weshalb ein Anspruch auf diese Leistung nicht besteht (st Rspr des Senats, vgl Urteile vom 20.01.2015, L 11 KR 4405/14; 30.09.2014, L 11 KR 689/13). Dabei ist es unerheblich, worauf die Erkrankung im Einzelfall zurückzuführen ist.
Die bei der Klägerin erfolgten Liposuktionen sind zur Überzeugung des Senats im ambulanten Setting erfolgt. Dies ergibt sich aus dem Schreiben von Dr. R. vom 27.09.2017. Danach erfolgten die ersten drei Operationen in einem ambulanten OP-Zentrum und wurden auch ambulant nach GOÄ abgerechnet, ohne dass ein Abschlag bei stationären Leistungen nach § 6a Abs 1 GOÄ vorgenommen worden wäre. Entsprechendes ist aus den vorliegenden Honorarrechnungen zu entnehmen. Nach den Operationen war die Klägerin jeweils in einer benachbarten Bettenstation untergebracht, welche gewerberechtlich als Privatkrankenanstalt konzessioniert ist. Für die Übernachtung zahlte die Klägerin eine Pauschale iHv 250 EUR. Auf den Rechnungen war insoweit vermerkt, dass die Pauschalen für OP-Miete (440 EUR), Narkose (960 EUR) und Übernachtung ggf gegenüber gesetzlichen und privaten Krankenkassen nicht oder nur teilweise geltend gemacht werden können. Völlig identisch ist auch bei der vierten Operation abgerechnet worden. Der einzige Unterschied liegt darin, dass die Klägerin nicht in der Bettenstation der N. untergebracht war, sondern in den neuen Praxisräumen von Dr. R. Diese Art der Leistungserbringung entspricht nicht einer stationären Behandlung iSv § 39 SGB V und ist deshalb nach § 135 und nicht nach § 137c SGB V zu beurteilen. Es liegt gerade nicht die für eine stationäre Behandlung erforderliche Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses vor. Was unter dem "spezifischen Versorgungssystem eines Krankenhauses" zu verstehen ist, ergibt sich unter Rückgriff auf die gesetzliche Definition des Krankenhausbegriffs in § 107 Abs 1 SGB V. Denn ein Krankenhaus kann zwar auch ambulante Leistungen erbringen, der Krankenhausbegriff wird aber nur von Einrichtungen erfüllt, die (auch und vor allem) zur stationären Leistungserbringung in der Lage sind. Dazu gehören neben der Möglichkeit, die Patienten unterzubringen und zu verpflegen (§ 107 Abs 1 Nr 4 SGB V) ua eine ständige ärztliche Leitung (§ 107 Abs 1 Nr 2 SGB V) und jederzeit verfügbares Personal (§ 107 Abs 1 Nr 3 SGB V). Daraus wird deutlich, dass das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses nicht nur kurzfristige Eingriffe oder Maßnahmen ermöglicht, sondern besonders auf solche Behandlungen ausgerichtet ist, die einen längeren Aufenthalt des Patienten erfordern (BSG 19.09.2013, B 3 KR 34/12 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 20). Diese Voraussetzungen sind bei der hier erfolgten ambulanten Operation mit anschließender Unterbringung für eine Nacht nicht erfüllt. Zudem erfolgte die Operation auch nicht in der Gesamtverantwortung eines Krankenhauses, sondern in der des ambulant operierenden Arztes Dr. R. Die Klägerin wurde nicht in einem Krankenhaus iSv § 107 Abs 1 SGB V behandelt.
Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch für den Fall, dass die Liposuktionen hier tatsächlich stationär durchgeführt worden wären, der Erstattungsanspruch nicht gegeben wäre. Für die stationäre Krankenbehandlung regelt die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden § 137c SGB V. Nach Abs 1 dieser Vorschrift in der - hier maßgeblichen - seit 23.07.2015 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16.07.2015 (BGBl I 1211) überprüft der GBA auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zulasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind (Satz 1). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf (Satz 2). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der GBA eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V (Satz 3). Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht (Satz 4). Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zustande gekommen, weil es an einer nach § 137e Abs 6 SGB V erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt Satz 4 entsprechend (Satz 5). Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Entscheidung nach Abs 1 getroffen hat, dürfen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist (§ 137c Abs 3 SGB V).
Vorliegend stünde nicht schon der Erlass der Erprobungsrichtlinie der Anwendung des § 137c Abs 3 SGB V entgegen. Zwar handelt es sich auch insoweit um eine Entscheidung des GBA iSv Abs 1, welche die Anwendung von Abs 3 ausschließt. Allerdings ist der Beschluss des GBA vom 18.01.2018 über die Richtlinie zur Erprobung der Liposuktion zur Behandlung des Lipödems erst am 10.04.2018 in Kraft getreten, die letzte Liposuktion erfolgte bei der Klägerin jedoch bereits am 25.01.2018.
§ 137c SGB V setzt die Geltung des Qualitätsvorbehaltes des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V jedoch nicht außer Kraft (BSG 28.07.2008, B 1 KR 5/08 R; BSG 21.03.2013, B 3 KR 2/12 R; BSG 19.12.2017, B 1 KR 17/17 R, alle juris). Die einzige Ausnahme bildet nach § 137c Abs 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar (BSG 21.03.2013, B 3 KR 2/12 R).
Außerhalb klinischer Studien muss es jedoch zu Qualität und Wirksamkeit einer Behandlungsmethode grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen geben. Entsprechend der auch durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin ist dabei eine Sichtung und qualitative Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen vorzunehmen (BSG 01.03.2011, B 1 KR 7/10 R; BSG 12.08.2009, B 3 KR 10/07 R). Erforderlich ist mithin, dass der Erfolg der Behandlungsmethode objektivierbar, also in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (BSG 18.05.2004, B 1 KR 21/02 R). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I. Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juni 2012, K § 35 RdNr 64). Um der in § 137c SGB V grundsätzlich angelegten Innovationsmöglichkeit gerecht zu werden, schließt der Senat dabei nicht aus, dass auch Expertenmeinungen zur Beurteilung des wissenschaftlichen Standards herangezogen werden können. Diese sind jedoch nicht geeignet, eine Leistungspflicht der Krankenkasse auch dann zu begründen, wenn objektivierbare Erkenntnisse bereits in eine andere Richtung weisen. Expertenmeinungen sind daher stets im Zusammenhang mit den vorhandenen objektivierbaren wissenschaftlichen Aussagen im Sinne einer maßgeblichen Gesamtschau heranzuziehen (LSG Baden-Württemberg 27.01.2012, L 4 KR 2272/10).
Nach der Einschätzung des GBA besteht bei der Liposuktion das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative. Aus den tragenden Gründen zum Beschluss vom 20.07.2017 ist zu entnehmen, dass die wenigen gefundenen Studien der Evidenzklasse IV entsprechen und für eine abschließende Nutzenbewertung nicht ausreichen. Trotz der bestehenden methodischen Limitationen ergaben die berichteten Ergebnisse jedoch Anhaltspunkte dafür, dass mindestens ein Teil der behandelten Patientinnen jedenfalls kurzfristig von der Liposuktion profitiert, indem die konservativen Maßnahmen reduziert werden konnten; ebenso wurden für die Lebensqualität signifikante Verbesserungen beschrieben. Dies reicht auch nach Auffassung des Senats aus, um ein Potenzial zu begründen. Evidenzbelege aus randomisiert kontrollierten Studien sind für die Annahme eines Potenzials nicht zu fordern (vgl BT-Drs 18/5123 S 135; Roters, SGb 2015, 413; Stallberg, NZS 2017, 332; aA LSG Rheinland-Pfalz, 18.05.2017, L 5 KR 95/15, juris).
Allerdings wäre im vorliegenden konkreten Fall eine Erbringung der Liposuktionen stationär nicht erforderlich gewesen. Die Anforderungen von § 135 SGB V dürfen nicht dadurch umgangen werden, dass eine ambulant zu erbringende Leistung in den stationären Bereich verschoben wird (BSG 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 19). Dr. R. hat in seiner Aussage als sachverständiger Zeuge vom 27.09.2017 ausgeführt, die Eingriffe seien unter stationären Bedingungen durchgeführt worden, weil bei derartigen Operationen sehr große Mengen an Flüssigkeit eingespritzt würden, die Medikamente enthielten, welche zu Nebenwirkungen führten, die einer stationären Überwachung bedürften. Diese Ausführungen gelten jedoch allgemein für jede Liposuktion, die – wie hier und üblicherweise – im Wege der Tumeszenz-Lokalanästhesie erfolgt. Gleichwohl werden derartige Eingriffe grundsätzlich auch ambulant durchgeführt. Auch in einem dem Antrag der Klägerin beigefügten Schreiben der CG Ly. (Dr. C./Dr. G.) vom 13.02.2014 wurde ausgeführt: "Als Therapie der Wahl zur Verhinderung der Chronizität gilt bei Frau E. eine lymphologische Liposculptur, die ambulant durchgeführt werden kann und Erfolg versprechend ist." Prof. Dr. C. führt gerichtsbekannt seit vielen Jahren Liposuktionen durch und ist Gründungspräsident des Berufsverbandes der Lymphologen, so dass seine Einschätzung, die Behandlung könne ambulant erfolgen, auf entsprechenden Erfahrungen beruhen dürfte. Soweit Dr. R. in seinem Schreiben an den Bevollmächtigten der Klägerin vom 24.04.2015 dagegen ausführt, bei der Klägerin würden pro Liposuktions-Sitzung voraussichtlich zwischen drei und vier Liter reines Fett abgesaugt, weshalb die Operation stationär durchgeführt werden müsse, überzeugt dies nicht. Der MDK (zuletzt Gutachten vom 03.04.2017, Dr. En.) hat überzeugend ausgeführt, dass der Eingriff bei Einhaltung der arzneimittelrechtlich relevanten Maximaldosen für das Lokalanästhetikum idR ambulant durchführbar bleibt, ggf auch wiederholt. Eine ambulante Behandlung hält auch der MDK im konkreten Fall ausdrücklich für möglich. Dem schließt sich der Senat an. Insoweit kommt es vorliegend nicht darauf an, ob überhaupt die Indikation zu einer Liposuktion gegeben war. In der AWMF S1-Leitlinie Lipödem (Stand 10/2015) wird unter Ziff 8.2. ausgeführt, dass zu einer kritischen Indikationsstellung bei einem Körpergewicht ) 120 kg oder einem BMI ) 32 kg/m² geraten wird; eine begleitend zum Lipödem bestehende Adipositas solle vor einer Liposuktion therapeutisch angegangen werden. Bei der Klägerin bestand ein BMI von 38,7 kg/m² (108 kg bei einer Größe von 1,67 m) laut MDK-Gutachten vom 03.04.2017. Dieser Punkt ist jedoch nicht entscheidungserheblich.
Ein Leistungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Systemmangels (so für die Liposuktion Senatsurteile vom 20.01.2015, L 11 KR 4405/14; 30.09.2014, L 11 KR 689/13 und vom 24.03.2009, L 11 KR 4438/06; ebenso LSG Baden-Württemberg 01.03.2013, L 4 KR 3517/11 sowie LSG Nordrhein-Westfalen 16.01.2014, L 16 KR 558/13; LSG Rheinland-Pfalz 07.02.2013, L 5 KR 9/12; Thüringer LSG 29.08.2012, L 6 KR 49/12 B; Hessisches LSG 25.08.2011, L 1 KR 250/10). Danach kann eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde ("Systemversagen"). Ein derartiger Systemmangel wird angenommen, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen oder dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde (vgl BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/05 R, juris). Auf Antrag der Patientenvertretung vom März 2014 hat der GBA mit Beschluss vom Mai 2014 das Bewertungsverfahren begonnen und dieses zur Durchführung einer Erprobung nach § 137e SGB V am 20.07.2017 ausgesetzt. Die Eckpunkte für die Erprobungsstudie sind am 18.01.2018 beschlossen worden, erste Patientinnen können im Rahmen der Studie voraussichtlich ab 2020 behandelt werden. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass das Bewertungsverfahren nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt wird.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf § 2 Abs 1a SGB V, eingefügt durch Art 1 Nr 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl. I, S. 2983), mit Wirkung vom 01.01.2012, berufen. Diese Vorschrift setzt die Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 06.12.2005, 1 BvR 347/98) und die diese Rechtsprechung konkretisierenden Entscheidungen des BSG (zB BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R; 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R, alle in juris) zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden, die Untersuchungsmethoden einschließen würden, in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung um. Der vom BVerfG entwickelte Anspruch von Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden, die durch den zuständigen GBA bisher nicht anerkannt sind, setzt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung voraus (BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R; 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R, aaO).
Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des so genannten Off-Label-Use formuliert ist. Gerechtfertigt ist hiernach eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen ua nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich ein voraussichtlich tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb überschaubaren Zeitraums mit Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird; Ähnliches kann für den nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten. Einen solchen Schweregrad erreicht die Erkrankung der Klägerin nicht, wie sich aus im Antragsverfahren vorgelegte Attesten ergibt und wie Dr. U., Dr. S. und Dr. En. vom MDK in den Gutachten vom 28.08.2014, 10.12.2014 und 03.04.2017 überzeugend dargelegt haben. Auch nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine wertungsmäßig einer lebensbedrohlichen Erkrankung vergleichbare Krankheit bei schmerzhaften Lipödemen regelmäßig nicht vor (BSG 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R, aaO; ebenso Thüringer LSG 06.08.2014, L 6 KR 645/14 B, juris). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob konservative Therapien für die Klägerin als allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlungen erfolgversprechend zur Verfügung gestanden haben und stehen.
Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3a SGB V kommt ebenfalls nicht in Betracht. Nach Antragstellung am 11.08.2014 hat die Beklagte mit Schreiben vom 22.08.2014 die Klägerin auf die Einschaltung des MDK hingewiesen. Die damit maßgebende 5-Wochen-Frist nach § 13 Abs 3a Satz 1 SGB V ist angesichts des Bescheids vom 03.09.2014 eingehalten worden.
Der Sachverhalt ist hinreichend aufgeklärt, die Einholung weiterer ärztlicher Gutachten von Amts wegen oder nach § 109 SGG zur Klärung der Frage, ob die Liposuktionen medizinisch erforderlich waren, ist nicht geboten. Der Senat hat den bereits zuvor gestellten Beweisantrag mit Beschluss vom 20.11.2017 abgelehnt. Den insoweit in der mündlichen Verhandlung erneut gestellten Beweisantrag lehnt der Senat wiederum ab. Es ist für den Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich, ob die Liposuktionen medizinisch erforderlich waren. Die hier ambulant erfolgten Liposuktionen gehören schon grundsätzlich nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung, wie oben ausgeführt (§ 135 SGB V). Selbst wenn eine stationäre Behandlung erfolgt wäre, wäre diese als nicht notwendig anzusehen, da auch eine ambulante Behandlung möglich gewesen wäre; ein Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine nicht erforderliche stationäre Behandlung kommt nicht in Betracht. Insoweit kommt es auf die medizinische Notwendigkeit der Behandlungsmaßnahme nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für Liposuktionen an Armen und Beinen in vier Behandlungsschritten.
Die 1967 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 11.08.2014 beantragte sie die Gewährung von Liposuktionen der Arme und Beine unter Vorlage eines Befundberichts von Dr. W. vom 06.03.2014, eines Attestes von Dr. B. vom 20.02.2014 und einer Empfehlung der Fachklinik für operative Lymphologie (CG Ly.) vom 13.02.2014, wonach die Therapie der Wahl für das Lipödem eine lymphologische Liposkulptur sei, die ambulant durchgeführt werden könne mit voraussichtlichen Kosten von ca 16.500 EUR.
Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) mit der Erstellung eines sozialmedizinischen Gutachtens und teilte dies der Klägerin unter dem 22.08.2014 mit. Dr. U. führte in seinem Gutachten vom 28.08.2014 aus, dass bei der Klägerin ein Lipödem Stadium III beidseits bestehe. Die Liposuktion sei eine neue, noch nicht anerkannte Behandlungsmethode. Vorliegend würden konservative Behandlungsmethoden empfohlen wie manuelle Lymphdrainage, Kompressionen und Bewegungstherapie. Mit Bescheid vom 03.09.2014 lehnte die Beklagte die Gewährung der Liposuktionen bzw eine entsprechende Kostenübernahme ab.
Mit ihrem Widerspruch vom 23.09.2014 legte die Klägerin eine gutachterliche Stellungnahme von Dr. R., Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie (Blatt 25 bis 36 Verwaltungsakte) sowie einen Befundbericht von Dr. W. vor, welcher von einer anhaltenden, glaubhaften hochgradigen Beeinträchtigung durch das Lipolymphödem und die konsekutiv bestehenden Schmerzen berichtet. Langjährige Therapiemaßnahmen seien dauerhaft nicht hilfreich gewesen, zuletzt sei es durch die Cortisontherapie zu einer deutlichen Verschlechterung gekommen. Der Bevollmächtigte der Klägerin führte zur Begründung des Widerspruchs weiter aus, die Klägerin leide aufgrund des Lipödems an Schmerzen in den Beinen, Druck- und Berührungsschmerzen, Spannungs- und Schwellungsgefühlen sowie wiederkehrenden Hämatomen. Eine kausale Behandlung existiere nicht. Die leitliniengerechte Therapie ziele allein auf Beschwerdelinderung durch konservative Maßnahmen. Alternativ dazu komme eine Reduktion des Fettgewebes mittels Liposuktion in Betracht. Allein dieses Therapieverfahren könne dem drohenden frühzeitigen Gelenkverschleiß mit Arthrosen im Knie- und Sprunggelenk entgegenwirken. Da in ihrer Situation die Liposuktion nur stationär ausgeführt werden könne, wie Dr. R. eindeutig ausgeführt habe, stelle sich die Frage einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode im Hinblick auf § 137c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht.
Der MDK blieb mit Gutachten vom 10.12.2014 (Dr. S.) bei seiner bisherigen Beurteilung. Auch wenn eine Lipomatose oder ein Lipödem durch reduzierte Kalorienzufuhr nur schwer beeinflussbar sein könne, sei bei Übergewichtigen zunächst Normalgewicht anzustreben. Mit Stellungnahme vom 20.04.2015 sprach Dr. N. für den MDK weiterhin keine Empfehlung für die Kostenübernahme aus. In der weiteren Stellungnahme vom 09.06.2015 führte Dr. N. aus, bei einer Adipositas per magna (109,5 kg bei 1,67 m, BMI 39,2 kg/m²) sei eine gezielte und nachhaltige Gewichtsabnahme ggf mittels bariatrischer Maßnahme vorrangig.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung müsse aus medizinischen Gründen erforderlich sein. Liposuktionsbehandlungen könnten auch ambulant durchgeführt werden. Nach den Gutachten des MDK stünden geeignete Behandlungsmethoden zur Verfügung und andere Maßnahmen könnten empfohlen werden. Die Fettabsaugung gehöre nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung. Das Verfahren befinde sich noch in der Erprobung. Eine lebensbedrohliche Erkrankung liege nicht vor.
Hiergegen richtet sich die am 17.09.2015 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen hat die Klägerin ein Schreiben des Orthopäden Dr. Ba. vom 24.11.2015 vorgelegt. Der Grad der Behinderung habe sich von 70 auf 80 erhöht, zusätzlich liege das Merkzeichen G vor. Mangels ausreichender Studien zum Krankheitsbild der Klägerin sei auf die AWMF-Leitlinie Lipödem der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie zurückzugreifen. Dort werde als Therapie zur Reduktion des krankhaft vermehrten Fettgewebes ausschließlich die Liposuktion genannt. Im Übrigen habe der Gesetzgeber durch § 137c SGB V ausdrücklich geregelt, dass innovative Methoden im Rahmen einer nach § 39 SGB V erforderlichen Krankenhausbehandlung zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden könnten.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Nach Dr. W., der die Klägerin seit 2011 behandelt, besteht bei ihr ein chronisches Lipolymphödem, bei dem eine Kombination von Lymphdrainage, apparativer Kompression, Bewegung, Ernährungsumstellung sowie weiterer Selbsthilfemaßnahmen notwendig sei (Schreiben vom 20.01.2016). Der Hausarzt Dr. B. hat mitgeteilt, dass er der Ansicht der Fachkollegen folge, dass eine Liposuktion sinnvoll wäre (Schreiben vom 29.01.2016). Dr. Ba. hat mit Schreiben vom 09.02.2016 mitgeteilt, dass eine aktivierte Gonarthrose beidseits, Genu valga beidseits, ein chronisch generalisiertes Lipödem beider Ober- und Unterschenkel sowie eine chronisch rezidivierende Epicondylitis links bestehe; ein lumbaler Bandscheibenprolaps L5/S1 mit Pseudoradikulopathie sei festgestellt worden. Prof. Dr. Ku. (Innere Medizin) hat mit Schreiben vom 18.01.2016 über eine stattgefundene Diagnostik zur Abklärung der Adipositas berichtet.
Mit Urteil vom 17.06.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf stationäre Liposuktion als Sachleistung. Bei der Klägerin bestehe eine Krankheit (Lipödem Stadium III, Lymphödem, chronisches Schmerzsyndrom, aktivierte Gonarthrose beidseits, chronisch rezidivierende Epicondylitis und Adipositas). Die von der Klägerin beanspruchte Liposuktion sei jedoch zur Behandlung des Lipödems schulmedizinisch nicht anerkannt und stelle eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode dar. Eine ambulante Liposuktion könne im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nur durchgeführt werden, wenn eine positive Empfehlung des Gemeinsamens Bundesausschusses (GBA) vorliege. Das gegenwärtig durchgeführte Beratungsverfahren sei jedoch noch nicht abgeschlossen. Auch wenn § 137c Abs 1 SGB V für den stationären Bereich großzügiger sei, seien auch die Krankenhäuser von den Standards des § 2 Abs 1 Satz 3 und § 12 Abs 1 SGB V im Einzelfall nicht entbunden. Nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Methoden seien somit auch im stationären Bereich ausgeschlossen. Daran ändere sich auch durch die Einführung des § 137c Abs 3 SGB V mWv 23.07.2015 nichts. Zu Qualität und Wirksamkeit der Liposuktionen seien zur Zeit keine zuverlässigen wissenschaftlichen Aussagen möglich, es fehlten einwandfrei geführte Studien. Soweit Studien der Evidenzklasse I nicht existierten, könne im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden. Danach habe die Klägerin keinen Anspruch. Dies ergebe sich aus dem Grundsatzgutachten "Liposuktion bei Lipödem" der sozialmedizinischen Expertengruppe 7 des MDK vom 06.10.2011 und der unter dem 15.01.2015 erfolgten Aktualisierung des Primärgutachtens. Zudem sei bei der Klägerin wegen der bestehenden Adipositas per magna eine Liposuktion nicht vorrangig indiziert. Die AWMF-Leitlinie 037-012 "Lipödem" Stand 10/2015 könne dem nicht entgegengehalten werden. Eine solche S1-Leitlinie sei kein Beleg für Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit einer Behandlungsmethode. Ein Systemversagen liege nicht vor.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 02.07.2016 zugestellte Urteil richtet sich die am 21.07.2016 eingelegte Berufung der Klägerin. Inzwischen hat sie die Liposuktionen durchführen lassen und begehrt Kostenerstattung iHv insgesamt 15.965,48 EUR nebst Zinsen. Aufgrund der massiven und zunehmenden Beschwerden der Klägerin durch das Lipödem sei eine Verweigerung der Liposuktion unzumutbar. Konservative Maßnahmen seien erfolglos durchgeführt worden und würden weiter durchgeführt. Die Liposuktion müsse bei der Klägerin stationär durchgeführt werden und zwar sowohl aufgrund der Menge des zu entfernenden Fettes als auch wegen der erforderlichen Tumeszenzanästhesie mit mehreren Liter. Dr. R. habe im Schreiben vom 24.04.2015 mitgeteilt, dass pro Sitzung voraussichtlich zwischen 3 und 4 Liter reines Fett abgesaugt werden solle und die Operationen somit stationär erfolgten müssten. Im stationären Bereich würden nach § 137c SGB V weniger strenge Maßstäbe gelten. Die im SEG 7-Gutachten zitierten beiden maßgeblichen Studien von Brorson (zum sekundären Armlymphödem nach Mammakarzinom) und Hansson (zur Lipomatosis dolorosa) beträfen nicht das Krankheitsbild Lipödem. Nach Auffassung des GBA biete die Liposuktion ausdrücklich das Potenzial als erforderliche Behandlungsalternative (Pressemitteilung vom 20.07.2017). Die Behandlungen der Klägerin seien stationär erfolgt, denn nach der Rechtsprechung des BSG erfordere eine vollstationäre Behandlung die Erstreckung über mindestens einen Tag und eine Nacht nach dem Behandlungsplan des Krankenhausarztes. Diese Voraussetzungen seien bei der Klägerin erfüllt. Die kurzstationäre Behandlung sei möglich, da die Praxisklinik N. über eigene Betten mit medizinischer Betreuung auch über Nacht verfüge. Die letzte Operation sei in der neuen Praxis des Dr. R. in M. durchgeführt worden, die Klägerin sei dort eine Nacht geblieben. Auch hier habe eine medizinische Betreuung wie in einem Plankrankenhaus stattgefunden (unter Vorlage einer Bescheinigung von Dr. R. vom 13.04.2018).
Die Klägerin beantragt:
Das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17.06.2016 und der Bescheid der Beklagten vom 03.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.08.2015 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag iHv 3.991,37 EUR nebst Zinsen hieraus iHv 4% ab 01.03.2017, ferner einen weiteren Betrag iHv 3.991,37 EUR nebst Zinsen hieraus iHv 4% ab 31.05.2017, ferner einen weiteren Betrag iHv 3.991,37 EUR nebst Zinsen hieraus iHv 4% ab 26.07.2017, ferner einen weiteren Betrag iHv 3.991,37 EUR nebst Zinsen hieraus iHv 4% ab 10.02.2018 zu zahlen sowie
hilfsweise zum Beweis der Tatsache, dass bei der Klägerin die vier durchgeführten Liposuktionen medizinisch notwendig waren, die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen, hilfsweise nach § 109 SGG.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die medizinischen und leistungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Liposuktion als Kassenleistung lägen nicht vor und bezieht sich hierbei auf die medizinische Beurteilung durch den MDK, zuletzt mit Gutachten vom 03.04.2017. Der GBA habe zwar ein Potenzial der Behandlungsmethode angenommen, aufgrund der problematischen Studienlage jedoch die Bewertung ausgesetzt und eine Erprobungsstudie beschlossen. Nach Auffassung des MDK sei zudem keine stationäre Behandlung erforderlich gewesen. Eine Leistungspflicht ergebe sich nicht daraus, dass eine regelhaft ambulant erbringbare Leistung in das stationäre Setting verlagert werde. Zudem habe die Beklagte Zweifel, dass die Liposuktionen tatsächlich stationär durchgeführt worden seien. Anhand der eingereichten Rechnungen lasse sich eine stationäre Behandlung nicht erkennen, diese wiesen GOÄ-Ziffern aus. Allein die Unterbringung für eine Nacht bedeute nicht gleichzeitig, dass eine stationäre Behandlung erbracht worden sei.
Der Senat hat Dr. R. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat mit Schreiben vom 27.09.2017 ausgeführt, das die Behandlung für den operativen Teil nach GOÄ-Ziffern abgerechnet worden sei. Dennoch sei der Eingriff unter stationären Bedingungen durchgeführt worden. Dies liege daran, dass bei derartigen Operationen sehr große Mengen an Flüssigkeit mit Medikamenten eingespritzt würden, die zu Nebenwirkungen führen könnten, die einer stationären Überwachung bedürften. Die Operationen seien in der N. Klinik in L. durchgeführt worden, welche den Charakter eines ambulanten OP-Zentrums habe. Dieser sei eine Bettenstation angegliedert, welche den Status einer privaten Krankenanstalt habe. Für OP-Nutzung, Übernachtung und Narkose würden entsprechende Pauschalen erhoben.
Nach den vorliegenden OP-Berichten von Dr. R. sind folgende Liposuktionen erfolgt: Datum Körperstelle Aspirationsmenge in ml rechts links 13.02.2017 Oberarme Oberschenkel Rücken 900 1000 700 900 1000 700 15.05.2017 Oberschenkel/Gesäß Oberarme Rücken 1100 900 900 1100 900 900 17.07.2017 Oberarme + Straffung 400 400 25.01.2018 Oberschenkel vorne Oberschenkel innen 1300 900 1300 900
Mit Beschluss vom 20.11.2017 hat der Senat den Beweisantrag der Klägerin auf Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen oder nach § 109 SGG zum Beweis der Tatsache, dass die Liposuktionen medizinisch notwendig waren bzw die vierte Liposuktion notwendig ist, abgelehnt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 03.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.08.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die inzwischen durchgeführten Liposuktionen iHv insgesamt 15.965,48 EUR nebst Zinsen.
Als Anspruchsgrundlage für den Kostenerstattungsanspruch kommt allein § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht, denn die Klägerin hatte das Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs 2 SGB V nicht gewählt. Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine notwendige, selbstbeschaffte Leistung, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Variante 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind (Variante 2). Ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V setzt in beiden Regelungsalternativen einen entsprechenden Primärleistungsanspruch voraus, also einen Sach- oder Dienstleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse und geht in der Sache nicht weiter als ein solcher Anspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl BSG 24.09.1996, 1 RK 33/95, BSGE 79, 125 = SozR 3-2500 § 13 Nr 11; BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12; BSG 14.12.2006, B 1 KR 8/06 R, BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180, SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten.
Eine unaufschiebbare Leistung lag hier nicht vor. Unaufschiebbarkeit verlangt, dass die beantragte Leistung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubes mehr besteht, um vor der Beschaffung die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten (vgl BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, Rn 13 mwN; BSGE 98, 26 = SozR 4-2500 § 13 Nr 12, Rn 23). Ein Zuwarten darf dem Versicherten aus medizinischen Gründen nicht mehr zumutbar sein, weil der angestrebte Behandlungserfolg zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr eintreten kann oder zB wegen der Intensität der Schmerzen ein auch nur vorübergehendes weiteres Zuwarten nicht mehr zuzumuten ist (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 7 RdNr 18). Dies gilt nicht nur dann, wenn es dem Versicherten - aus medizinischen oder anderen Gründen - nicht möglich oder nicht zuzumuten war, vor der Beschaffung die Krankenkasse einzuschalten (vgl BSG SozR 3-2500 § 13 Nr 22 S 105), sondern auch in Fällen, bei denen der Versicherte die Entscheidung seiner Krankenkasse nicht mehr abwarten kann. Unaufschiebbar kann danach auch eine zunächst nicht eilbedürftige Behandlung werden, wenn der Versicherte mit der Ausführung so lange wartet, bis die Leistung zwingend erbracht werden muss, um den mit ihr angestrebten Erfolg noch zu erreichen oder um sicherzustellen, dass er noch innerhalb eines therapeutischen Zeitfensters die benötigte Behandlung erhalten wird (BSG 08.09.2015, 1 KR 14/14 R, juris).
Die Klägerin hatte den Antrag auf die Sachleistung im August 2014 gestellt. Durchgeführt wurde die erste Liposuktion im Februar 2017. Schon dieser zeitliche Ablauf belegt, dass von einer unaufschiebbaren Leistung keinesfalls ausgegangen werden kann.
Auch ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 2. Variante SGB V liegt nicht vor. Nach dieser Vorschrift besteht ein Kostenerstattungsanspruch, wenn die Krankenkasse die Erfüllung eines Naturalleistungsanspruchs rechtswidrig abgelehnt und der Versicherte sich die Leistung selbst beschafft hat, wenn weiterhin ein Ursachenzusammenhang zwischen Leistungsablehnung und Selbstbeschaffung besteht (BSG 17.12.2009, B 3 KR 20/08 R, Breithaupt 2010, 914 mwN). Der Versicherte darf sich insbesondere nicht – unabhängig davon, wie die Entscheidung der Krankenkasse ausfällt – von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung bei einem nicht zugelassenen Leistungserbringer festgelegt haben (BSG 16.12.2008, B 1 KR 2/08 R, juris). Letzteres ist nicht der Fall, denn Dr. R. ist ein im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Arzt mit einer Genehmigung für ambulantes Operieren.
Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
Die streitgegenständliche Liposuktion gehört nicht zu den von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu erbringenden Leistungen.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst ua die ärztliche Behandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V) und die Krankenhausbehandlung (§ 27 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V). Nach § 39 Abs 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Der Anspruch eines Versicherten auf Behandlung nach § 27 Abs 1 SGB V unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Einschränkungen. Er umfasst nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Krankheit im Sinne des SGB V ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (st Rspr, vgl BSG 19.10.2004, B 1 KR 3/03 R; 28.09.2010, B 1 KR 5/10 R; 11.09.2012, B 1 KR 9/12 R, alle juris). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Eine Krankheit liegt nur vor, wenn der Versicherte in den Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirkt (st Rspr, vgl BSG 28.02.2008, B 1 KR 19/07 R und 06.03.2012, B 1 KR 17/11 R, beide juris).
Bei der Klägerin bestand eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs 1 SGB V. Sie leidet an einem Lipödemsyndrom Stadium III, einem Lymphödem, einem chronischen Schmerzsyndrom sowie Gonarthrose beidseits, chronisch rezidivierender Epicondylitis und Adipositas. Dies ergibt sich übereinstimmend aus sämtlichen vorliegenden ärztlichen Unterlagen. Das Beschwerdebild stellt eine Krankheit im Sinne des § 27 Abs 1 SGB V dar, denn der insoweit bei der Klägerin vorliegende körperliche Zustand war mit Blick auf die geklagten Schmerzen, die eine Beeinträchtigung von Körperfunktionen darstellen, ein regelwidriger Zustand, der einer körperlichen Behandlung bedarf.
Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Erstattung der ihr durch die durchgeführten Liposuktionen entstandenen Kosten. Der Behandlungsanspruch eines Versicherten bei Vorliegen einer Krankheit unterliegt den sich aus § 2 Abs 1 und § 12 Abs 1 SGB V ergebenden Beschränkungen. Nach diesen Vorschriften müssen die Leistungen der Krankenkassen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (§ 12 Abs 1 SGB V). Außerdem müssen Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V). Die Krankenkassen sind nicht bereits dann leistungspflichtig, wenn die streitige Therapie nach eigener Einschätzung der Versicherten oder des behandelnden Arztes positiv verlaufen ist oder einzelne Ärzte die Therapie befürwortet haben. Vielmehr muss die betreffende Therapie rechtlich von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sein (vgl BSG 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R; 07.05.2013, B 1 KR 44/12 R, beide juris). Zu beachten sind schließlich auch die Regelungen des Leistungserbringerrechts (Viertes Kapitel des SGB V, §§ 69 bis 140h SGB V), insbesondere auch die Regelungen über die Qualitätssicherung.
Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung sind nach § 135 Abs 1 Satz 1 SGB V (ambulante Versorgung) nur von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, wenn der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 iVm § 135 Abs 1 SGB V wird nämlich nach der ständigen Rechtsprechung nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zulasten der Krankenkasse erbringen und abrechnen dürfen. Vielmehr wird durch diese Richtlinien auch der Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistung verbindlich festgelegt (BSG 07.11.2006, B 1 KR 24/06 R, BSGE 97, 190, SozR 4-2500 § 27 Nr 12). Die ambulante Liposuktion ist eine neue Behandlungsmethode, weil sie nicht als abrechenbare Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßmaßstab enthalten ist. Die Methode der Liposuktion zur Therapie des Lipödems ist derzeit noch Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion und es sind weitere randomisierte Studien erforderlich, um sie zu einer den Kriterien der evidenzbasierten Medizin entsprechenden Behandlungsmethode qualifizieren zu können (Senatsurteile vom 30.09.2014, L 11 KR 689/13; vom 20.01.2015, L 11 KR 4405/14; vom 13.02.2015, L 11 KR 2980/14; ebenso LSG Baden-Württemberg 27.04.2012, L 4 KR 595/11; LSG Baden-Württemberg 31.08.2016, L 5 KR 609/16; LSG Baden-Württemberg 13.09.2016, L 4 KR 320/16; LSG Nordrhein-Westfalen 16.01.2014, L 16 KR 558/13, juris). Entsprechend hat auch der GBA die laufenden Methodenbewertungsverfahren hinsichtlich der Liposuktion sowohl im Bereich der Krankenhausbehandlung als auch der vertragsärztlichen Versorgung mit Beschlüssen vom 20.07.2017 ausgesetzt im Hinblick auf eine Erprobungsrichtlinie nach § 137e SGB V wegen bislang noch nicht ausreichender Studienlage. Die Erprobungsrichtlinie wurde inzwischen beschlossen (Beschluss des GBA vom 18.01.2018, noch nicht in Kraft). Eine positive Empfehlung des GBA liegt damit nicht vor, weshalb ein Anspruch auf diese Leistung nicht besteht (st Rspr des Senats, vgl Urteile vom 20.01.2015, L 11 KR 4405/14; 30.09.2014, L 11 KR 689/13). Dabei ist es unerheblich, worauf die Erkrankung im Einzelfall zurückzuführen ist.
Die bei der Klägerin erfolgten Liposuktionen sind zur Überzeugung des Senats im ambulanten Setting erfolgt. Dies ergibt sich aus dem Schreiben von Dr. R. vom 27.09.2017. Danach erfolgten die ersten drei Operationen in einem ambulanten OP-Zentrum und wurden auch ambulant nach GOÄ abgerechnet, ohne dass ein Abschlag bei stationären Leistungen nach § 6a Abs 1 GOÄ vorgenommen worden wäre. Entsprechendes ist aus den vorliegenden Honorarrechnungen zu entnehmen. Nach den Operationen war die Klägerin jeweils in einer benachbarten Bettenstation untergebracht, welche gewerberechtlich als Privatkrankenanstalt konzessioniert ist. Für die Übernachtung zahlte die Klägerin eine Pauschale iHv 250 EUR. Auf den Rechnungen war insoweit vermerkt, dass die Pauschalen für OP-Miete (440 EUR), Narkose (960 EUR) und Übernachtung ggf gegenüber gesetzlichen und privaten Krankenkassen nicht oder nur teilweise geltend gemacht werden können. Völlig identisch ist auch bei der vierten Operation abgerechnet worden. Der einzige Unterschied liegt darin, dass die Klägerin nicht in der Bettenstation der N. untergebracht war, sondern in den neuen Praxisräumen von Dr. R. Diese Art der Leistungserbringung entspricht nicht einer stationären Behandlung iSv § 39 SGB V und ist deshalb nach § 135 und nicht nach § 137c SGB V zu beurteilen. Es liegt gerade nicht die für eine stationäre Behandlung erforderliche Eingliederung in das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses vor. Was unter dem "spezifischen Versorgungssystem eines Krankenhauses" zu verstehen ist, ergibt sich unter Rückgriff auf die gesetzliche Definition des Krankenhausbegriffs in § 107 Abs 1 SGB V. Denn ein Krankenhaus kann zwar auch ambulante Leistungen erbringen, der Krankenhausbegriff wird aber nur von Einrichtungen erfüllt, die (auch und vor allem) zur stationären Leistungserbringung in der Lage sind. Dazu gehören neben der Möglichkeit, die Patienten unterzubringen und zu verpflegen (§ 107 Abs 1 Nr 4 SGB V) ua eine ständige ärztliche Leitung (§ 107 Abs 1 Nr 2 SGB V) und jederzeit verfügbares Personal (§ 107 Abs 1 Nr 3 SGB V). Daraus wird deutlich, dass das spezifische Versorgungssystem eines Krankenhauses nicht nur kurzfristige Eingriffe oder Maßnahmen ermöglicht, sondern besonders auf solche Behandlungen ausgerichtet ist, die einen längeren Aufenthalt des Patienten erfordern (BSG 19.09.2013, B 3 KR 34/12 R, SozR 4-2500 § 39 Nr 20). Diese Voraussetzungen sind bei der hier erfolgten ambulanten Operation mit anschließender Unterbringung für eine Nacht nicht erfüllt. Zudem erfolgte die Operation auch nicht in der Gesamtverantwortung eines Krankenhauses, sondern in der des ambulant operierenden Arztes Dr. R. Die Klägerin wurde nicht in einem Krankenhaus iSv § 107 Abs 1 SGB V behandelt.
Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch für den Fall, dass die Liposuktionen hier tatsächlich stationär durchgeführt worden wären, der Erstattungsanspruch nicht gegeben wäre. Für die stationäre Krankenbehandlung regelt die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden § 137c SGB V. Nach Abs 1 dieser Vorschrift in der - hier maßgeblichen - seit 23.07.2015 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VSG) vom 16.07.2015 (BGBl I 1211) überprüft der GBA auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zulasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind (Satz 1). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf (Satz 2). Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der GBA eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V (Satz 3). Nach Abschluss der Erprobung erlässt der GBA eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht (Satz 4). Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zustande gekommen, weil es an einer nach § 137e Abs 6 SGB V erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt Satz 4 entsprechend (Satz 5). Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Entscheidung nach Abs 1 getroffen hat, dürfen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist (§ 137c Abs 3 SGB V).
Vorliegend stünde nicht schon der Erlass der Erprobungsrichtlinie der Anwendung des § 137c Abs 3 SGB V entgegen. Zwar handelt es sich auch insoweit um eine Entscheidung des GBA iSv Abs 1, welche die Anwendung von Abs 3 ausschließt. Allerdings ist der Beschluss des GBA vom 18.01.2018 über die Richtlinie zur Erprobung der Liposuktion zur Behandlung des Lipödems erst am 10.04.2018 in Kraft getreten, die letzte Liposuktion erfolgte bei der Klägerin jedoch bereits am 25.01.2018.
§ 137c SGB V setzt die Geltung des Qualitätsvorbehaltes des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V jedoch nicht außer Kraft (BSG 28.07.2008, B 1 KR 5/08 R; BSG 21.03.2013, B 3 KR 2/12 R; BSG 19.12.2017, B 1 KR 17/17 R, alle juris). Die einzige Ausnahme bildet nach § 137c Abs 2 Satz 2 SGB V die Durchführung klinischer Studien. Behandlungen im Rahmen solcher Studien waren und sind daher zur Förderung des medizinischen Fortschritts stets zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechenbar (BSG 21.03.2013, B 3 KR 2/12 R).
Außerhalb klinischer Studien muss es jedoch zu Qualität und Wirksamkeit einer Behandlungsmethode grundsätzlich zuverlässige wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen geben. Entsprechend der auch durch den GBA für seine Entscheidungen zugrunde gelegten Maßstäbe der evidenzbasierten Medizin ist dabei eine Sichtung und qualitative Bewertung der über eine Behandlungsmethode vorhandenen wissenschaftlichen Publikationen und Expertisen vorzunehmen (BSG 01.03.2011, B 1 KR 7/10 R; BSG 12.08.2009, B 3 KR 10/07 R). Erforderlich ist mithin, dass der Erfolg der Behandlungsmethode objektivierbar, also in einer ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (BSG 18.05.2004, B 1 KR 21/02 R). Die höchste Beweiskraft haben danach direkte Vergleichsstudien mit anderen Behandlungsmethoden, also Studien der Evidenzklasse I. Nur soweit derartige Studien nicht existieren, kann im Einzelfall auf andere, hinreichend aussage- und beweiskräftige Studien ausgewichen werden (Flint in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juni 2012, K § 35 RdNr 64). Um der in § 137c SGB V grundsätzlich angelegten Innovationsmöglichkeit gerecht zu werden, schließt der Senat dabei nicht aus, dass auch Expertenmeinungen zur Beurteilung des wissenschaftlichen Standards herangezogen werden können. Diese sind jedoch nicht geeignet, eine Leistungspflicht der Krankenkasse auch dann zu begründen, wenn objektivierbare Erkenntnisse bereits in eine andere Richtung weisen. Expertenmeinungen sind daher stets im Zusammenhang mit den vorhandenen objektivierbaren wissenschaftlichen Aussagen im Sinne einer maßgeblichen Gesamtschau heranzuziehen (LSG Baden-Württemberg 27.01.2012, L 4 KR 2272/10).
Nach der Einschätzung des GBA besteht bei der Liposuktion das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative. Aus den tragenden Gründen zum Beschluss vom 20.07.2017 ist zu entnehmen, dass die wenigen gefundenen Studien der Evidenzklasse IV entsprechen und für eine abschließende Nutzenbewertung nicht ausreichen. Trotz der bestehenden methodischen Limitationen ergaben die berichteten Ergebnisse jedoch Anhaltspunkte dafür, dass mindestens ein Teil der behandelten Patientinnen jedenfalls kurzfristig von der Liposuktion profitiert, indem die konservativen Maßnahmen reduziert werden konnten; ebenso wurden für die Lebensqualität signifikante Verbesserungen beschrieben. Dies reicht auch nach Auffassung des Senats aus, um ein Potenzial zu begründen. Evidenzbelege aus randomisiert kontrollierten Studien sind für die Annahme eines Potenzials nicht zu fordern (vgl BT-Drs 18/5123 S 135; Roters, SGb 2015, 413; Stallberg, NZS 2017, 332; aA LSG Rheinland-Pfalz, 18.05.2017, L 5 KR 95/15, juris).
Allerdings wäre im vorliegenden konkreten Fall eine Erbringung der Liposuktionen stationär nicht erforderlich gewesen. Die Anforderungen von § 135 SGB V dürfen nicht dadurch umgangen werden, dass eine ambulant zu erbringende Leistung in den stationären Bereich verschoben wird (BSG 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 19). Dr. R. hat in seiner Aussage als sachverständiger Zeuge vom 27.09.2017 ausgeführt, die Eingriffe seien unter stationären Bedingungen durchgeführt worden, weil bei derartigen Operationen sehr große Mengen an Flüssigkeit eingespritzt würden, die Medikamente enthielten, welche zu Nebenwirkungen führten, die einer stationären Überwachung bedürften. Diese Ausführungen gelten jedoch allgemein für jede Liposuktion, die – wie hier und üblicherweise – im Wege der Tumeszenz-Lokalanästhesie erfolgt. Gleichwohl werden derartige Eingriffe grundsätzlich auch ambulant durchgeführt. Auch in einem dem Antrag der Klägerin beigefügten Schreiben der CG Ly. (Dr. C./Dr. G.) vom 13.02.2014 wurde ausgeführt: "Als Therapie der Wahl zur Verhinderung der Chronizität gilt bei Frau E. eine lymphologische Liposculptur, die ambulant durchgeführt werden kann und Erfolg versprechend ist." Prof. Dr. C. führt gerichtsbekannt seit vielen Jahren Liposuktionen durch und ist Gründungspräsident des Berufsverbandes der Lymphologen, so dass seine Einschätzung, die Behandlung könne ambulant erfolgen, auf entsprechenden Erfahrungen beruhen dürfte. Soweit Dr. R. in seinem Schreiben an den Bevollmächtigten der Klägerin vom 24.04.2015 dagegen ausführt, bei der Klägerin würden pro Liposuktions-Sitzung voraussichtlich zwischen drei und vier Liter reines Fett abgesaugt, weshalb die Operation stationär durchgeführt werden müsse, überzeugt dies nicht. Der MDK (zuletzt Gutachten vom 03.04.2017, Dr. En.) hat überzeugend ausgeführt, dass der Eingriff bei Einhaltung der arzneimittelrechtlich relevanten Maximaldosen für das Lokalanästhetikum idR ambulant durchführbar bleibt, ggf auch wiederholt. Eine ambulante Behandlung hält auch der MDK im konkreten Fall ausdrücklich für möglich. Dem schließt sich der Senat an. Insoweit kommt es vorliegend nicht darauf an, ob überhaupt die Indikation zu einer Liposuktion gegeben war. In der AWMF S1-Leitlinie Lipödem (Stand 10/2015) wird unter Ziff 8.2. ausgeführt, dass zu einer kritischen Indikationsstellung bei einem Körpergewicht ) 120 kg oder einem BMI ) 32 kg/m² geraten wird; eine begleitend zum Lipödem bestehende Adipositas solle vor einer Liposuktion therapeutisch angegangen werden. Bei der Klägerin bestand ein BMI von 38,7 kg/m² (108 kg bei einer Größe von 1,67 m) laut MDK-Gutachten vom 03.04.2017. Dieser Punkt ist jedoch nicht entscheidungserheblich.
Ein Leistungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Systemmangels (so für die Liposuktion Senatsurteile vom 20.01.2015, L 11 KR 4405/14; 30.09.2014, L 11 KR 689/13 und vom 24.03.2009, L 11 KR 4438/06; ebenso LSG Baden-Württemberg 01.03.2013, L 4 KR 3517/11 sowie LSG Nordrhein-Westfalen 16.01.2014, L 16 KR 558/13; LSG Rheinland-Pfalz 07.02.2013, L 5 KR 9/12; Thüringer LSG 29.08.2012, L 6 KR 49/12 B; Hessisches LSG 25.08.2011, L 1 KR 250/10). Danach kann eine Leistungspflicht der Krankenkasse ausnahmsweise dann bestehen, wenn die fehlende Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem GBA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde ("Systemversagen"). Ein derartiger Systemmangel wird angenommen, wenn das Verfahren vor dem GBA von den antragsberechtigten Stellen oder dem GBA selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde (vgl BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/05 R, juris). Auf Antrag der Patientenvertretung vom März 2014 hat der GBA mit Beschluss vom Mai 2014 das Bewertungsverfahren begonnen und dieses zur Durchführung einer Erprobung nach § 137e SGB V am 20.07.2017 ausgesetzt. Die Eckpunkte für die Erprobungsstudie sind am 18.01.2018 beschlossen worden, erste Patientinnen können im Rahmen der Studie voraussichtlich ab 2020 behandelt werden. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass das Bewertungsverfahren nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt wird.
Die Klägerin kann sich auch nicht auf § 2 Abs 1a SGB V, eingefügt durch Art 1 Nr 1 des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) vom 22.12.2011 (BGBl. I, S. 2983), mit Wirkung vom 01.01.2012, berufen. Diese Vorschrift setzt die Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 06.12.2005, 1 BvR 347/98) und die diese Rechtsprechung konkretisierenden Entscheidungen des BSG (zB BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R; 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R, alle in juris) zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden, die Untersuchungsmethoden einschließen würden, in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung um. Der vom BVerfG entwickelte Anspruch von Versicherten auf ärztliche Behandlung mit nicht allgemein anerkannten Methoden, die durch den zuständigen GBA bisher nicht anerkannt sind, setzt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung voraus (BSG 04.04.2006, B 1 KR 12/04 R und B 1 KR 7/05 R; 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R, aaO).
Mit dem Kriterium einer Krankheit, die zumindest mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung in der Bewertung vergleichbar ist, ist eine strengere Voraussetzung umschrieben, als sie etwa mit dem Erfordernis einer "schwerwiegenden" Erkrankung für die Eröffnung des so genannten Off-Label-Use formuliert ist. Gerechtfertigt ist hiernach eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen ua nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich ein voraussichtlich tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb überschaubaren Zeitraums mit Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird; Ähnliches kann für den nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten. Einen solchen Schweregrad erreicht die Erkrankung der Klägerin nicht, wie sich aus im Antragsverfahren vorgelegte Attesten ergibt und wie Dr. U., Dr. S. und Dr. En. vom MDK in den Gutachten vom 28.08.2014, 10.12.2014 und 03.04.2017 überzeugend dargelegt haben. Auch nach der Rechtsprechung des BSG liegt eine wertungsmäßig einer lebensbedrohlichen Erkrankung vergleichbare Krankheit bei schmerzhaften Lipödemen regelmäßig nicht vor (BSG 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R, aaO; ebenso Thüringer LSG 06.08.2014, L 6 KR 645/14 B, juris). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob konservative Therapien für die Klägerin als allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlungen erfolgversprechend zur Verfügung gestanden haben und stehen.
Ein Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3a SGB V kommt ebenfalls nicht in Betracht. Nach Antragstellung am 11.08.2014 hat die Beklagte mit Schreiben vom 22.08.2014 die Klägerin auf die Einschaltung des MDK hingewiesen. Die damit maßgebende 5-Wochen-Frist nach § 13 Abs 3a Satz 1 SGB V ist angesichts des Bescheids vom 03.09.2014 eingehalten worden.
Der Sachverhalt ist hinreichend aufgeklärt, die Einholung weiterer ärztlicher Gutachten von Amts wegen oder nach § 109 SGG zur Klärung der Frage, ob die Liposuktionen medizinisch erforderlich waren, ist nicht geboten. Der Senat hat den bereits zuvor gestellten Beweisantrag mit Beschluss vom 20.11.2017 abgelehnt. Den insoweit in der mündlichen Verhandlung erneut gestellten Beweisantrag lehnt der Senat wiederum ab. Es ist für den Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich, ob die Liposuktionen medizinisch erforderlich waren. Die hier ambulant erfolgten Liposuktionen gehören schon grundsätzlich nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung, wie oben ausgeführt (§ 135 SGB V). Selbst wenn eine stationäre Behandlung erfolgt wäre, wäre diese als nicht notwendig anzusehen, da auch eine ambulante Behandlung möglich gewesen wäre; ein Anspruch auf Erstattung von Kosten für eine nicht erforderliche stationäre Behandlung kommt nicht in Betracht. Insoweit kommt es auf die medizinische Notwendigkeit der Behandlungsmaßnahme nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).
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