Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 60 AS 2955/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 2101/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.10.2015 geändert. Der Bescheid vom 16.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2014 wird insoweit aufgehoben, als mit diesem ein Betrag von mehr als 4.722,51 Euro von dem Kläger zurückgefordert wird. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt von den außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen 4/5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung der Leistungen des Klägers nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Zeitraum vom 01.02.2012 bis zum 31.01.2014 in Höhe von 19776,73 Euro.
Der im Jahre 1962 geborene Kläger, von Beruf Maurer, beantragte erstmalig am 06.10.2011 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem SGB II bei der Beklagten. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Kläger in stationärer Behandlung wegen eines Schlaganfalls. Aufgrund dessen füllte die vom Kläger bevollmächtigte Tochter für ihn den Leistungsantrag aus und ließ ihn vom Kläger unterschreiben. Hierbei gab der Kläger u.a. an, dass er über eine Lebensversicherung bei der B verfüge, deren Wert sich zum 01.02.2012 auf 8807,07 Euro beliefe. Mit Bescheid vom 13.01.2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers wegen vorhandenen Vermögens ab.
Am 16.01.2012 stellte der Kläger bei der Beklagten einen neuen Leistungsantrag. Die Beklagte berechnete nach Prüfung dieses Antrags die Lebensversicherung bei der B nur noch mit einem Wert in Höhe von 7307,07 Euro, da dem Kläger aus dieser Lebensversicherung aufgrund eines Überschusses 1500,- Euro ausgezahlt wurden und der Kläger diesen Betrag aufgrund eines von seiner Mutter erhaltenen Darlehens in dieser Höhe an diese zurücküberwiesen hatte.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 01.02.2012 vorläufig SGB II-Leistungen für den Zeitraum vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012. Die Weiterbewilligungsanträge beschied die Beklagte in der Folgezeit positiv ohne vorläufige Regelung.
Im Rahmen seines Weiterbewilligungsantrages vom 08.01.2014 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten anlässlich eines Versicherungsbeitrages an die C Lebensversicherung AG, der den Kontoauszügen des Klägers zu entnehmen war, dass er neben den bereits mitgeteilten Vermögenswerten eine weitere Kapitallebensversicherung bei der A AG abgeschlossen habe. Der Rückkaufswert dieser Versicherung ergab zum 01.02.2012 einen Betrag in Höhe von 6695,94 Euro und zum 01.02.2014 einen Betrag von 7184,30 Euro. Bei seiner Anhörung hierzu gab der Kläger an, dass ihm bei seiner Antragstellung im Februar 2012 nicht bewusst gewesen sei, dass er noch über eine Lebensversicherung bei der A AG verfügt habe. Die Versicherung habe er als Jugendlicher abgeschlossen. Sie sei ruhend gestellt gewesen und er habe keine Kontoauszüge über die Versicherung erhalten.
Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 14.03.2014 zu einer Überzahlung von Leistungen in der Zeit vom 01.02.2012 bis zum 31.01.2014 an. Mit Bescheid vom 16.04.2014 nahm die Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.02.2012 bis zum 31.01.2014 in Höhe von 19776,73 Euro zurück und forderte die Erstattung dieser Leistungen. Zur Begründung führte sie an, dass der Kläger aufgrund des vorhandenen Vermögens in Form zweier Lebensversicherungen, die zusammen die gesetzlichen Freibeträge überstiegen haben, nicht hilfebedürftig und die Leistungsbewilligung daher von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Der Kläger habe auch keinen Vertrauensschutz, da er zumindest grob fahrlässig unrichtige Angaben gegenüber der Beklagten gemacht habe.
Hiergegen legte der Kläger am 09.05.2014 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er an, dass er bei Antragstellung im Jahre 2012 nur davon ausgegangen sei, dass er noch über eine Lebensversicherung bei der B verfügt habe. Hinsichtlich der Lebensversicherung bei der A AG habe er gedacht, dass die gesamte Versicherungssumme in der Vergangenheit hinfällig gewesen sei, da er über viele Jahre keine Beiträge gezahlt habe, die A AG aus diesem Grund auch gegen ihn vorgegangen und schließlich auch die Aufrechnung erklärt habe. Die Voraussetzungen für eine Rückforderung seitens der Beklagten lägen daher nicht vor.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2014 zurück. Der Kläger sei verpflichtet, die zu Unrecht erhaltenen Leistungen zurückzuzahlen, da er durch die Nichtangabe der Lebensversicherung bei der A AG schuldhaft gehandelt habe. Der Kläger sei darauf hingewiesen worden, dass er alle Tatsachen anzugeben habe, die für die Leistung erheblich seien. Diese Verpflichtung habe der Kläger schuldhaft verletzt.
Am 24.07.2014 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Klage erhoben. Er sei im Zeitpunkt der Antragstellung im Jahre 2012 schwer erkrankt gewesen. Von der Lebensversicherung bei der A AG habe er ewige Zeiten nichts gehört, so dass er davon ausgegangen sei, dass diese längst durch Vollstreckungsmaßnahmen in der Vergangenheit aufgelöst worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 16.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2014 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat der Beklagte auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Außerdem hätte der Kläger mit der A AG abklären können, ob aus der Versicherung tatsächlich keine Zahlungen mehr zu erwarten gewesen seien.
Das SG hat bei der A AG Einkünfte über die Lebensversicherung des Klägers eingeholt. Diese hat mitgeteilt, dass die Versicherung am 01.05.1979 abgeschlossen und Beiträge bis zum 30.04.2002 gezahlt worden seien. Es seien keine Wertmitteilungen verschickt worden und die letzte Mitteilung sei am 07.05.2002 versandt worden.
Mit Urteil vom 12.10.2015 hat das SG der Klage stattgegeben und den Bescheid vom 16.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2014 aufgehoben. Das SG hat ausgeführt, dass die Beklagte die Leistungsbewilligung zu Unrecht gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) zurückgenommen habe, da sich der Kläger auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen könne. Die letzte Mitteilung der Versicherung sei im Jahre 2002 verschickt worden. Der Kläger habe über zehn Jahre nichts mehr von der Versicherung gehört, so dass es für das SG, insbesondere vor den besonderen Umständen des Einzelfalls, nachvollziehbar sei, dass der Kläger die Versicherung schlicht vergessen habe. Allenfalls sei das Verhalten sorgfaltswidrig, die Schwelle zur groben Fahrlässigkeit sei allerdings nicht überschritten.
Das Urteil ist der Beklagten am 16.11.2015 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 09.12.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, dass der Sachverhalt hinsichtlich der groben Fahrlässigkeit des Klägers nicht hinreichend aufgeklärt worden sei. Hinzu komme, dass das SG nicht berücksichtigt habe, dass dem Kläger für den Zeitraum vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 die Leistungen nur vorläufig bewilligt worden seien, so dass der Kläger zumindest für diesen Zeitraum seine vorläufig bewilligten Leistungen zurückzahlen müsse.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.10.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger verbleibt bei seiner Auffassung und verweist insoweit auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils. Insbesondere sei dem Kläger auch vor dem Hintergrund der Berufungsbegründung weiterhin keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Die Lebensversicherung sei von der Mutter des Klägers abgeschlossen worden, als dieser 16 Jahre alt gewesen sei. Die Versicherung habe wegen der geringen Versicherungssumme nie eine besondere Bedeutung für den Kläger gehabt, so dass es durchaus nachvollziehbar sei, dass der Kläger diese Versicherung wegen seiner besonderen Lebensumstände vergessen habe. Zum einen sei der Kläger krank gewesen und zum anderen habe es im Jahre 2002 Schwierigkeiten mit der A AG gegeben, so dass diese Versicherung für den Kläger nicht mehr existent gewesen sei.
Der Senat hat Auskünfte bei der A AG eingeholt. Die A AG hat mitgeteilt, dass mit Schreiben vom 17.04.2002 der Vertrag über die Lebensversicherung gekündigt und beitragsfrei gestellt worden sei. Über viele Jahre sei der Kläger immer wieder zu Beitragszahlungen aufgefordert und gemahnt worden. Ab dem 01.02.2002 habe der Kläger keine Beiträge mehr geleistet, so dass ihm mit Schreiben vom 01.05.2002 mitgeteilt worden sei, dass der Vertrag in einen deutlich reduzierten, beitragsfreien Vertrag mit einer Versicherungssumme in Höhe von 3562,- Euro umgewandelt worden sei. Danach gab es keinen Kontakt mehr zum Kläger. Der letzte Kontakt habe erst wieder im Mai 2014 betreffend des Vertragsablaufes bestanden. Der Versicherungsschein habe dem Kläger nicht mehr vorgelegen, so dass er der A AG eine Verlusterklärung habe unterzeichnen müssen.
Am 13.11.2017 hat mit den Beteiligten ein Erörterungstermin stattgefunden. Hier hat der Kläger u.a. ausgeführt, dass die A AG im Jahre 2002 wegen der ausstehenden Beiträge mit einem Inkassounternehmen gegen ihn vorgegangen sei. Schließlich sei die Versicherung gekündigt worden und ausstehende Beiträge verrechnet worden, so dass er davon ausgegangen sei, dass die bis dahin eingezahlten Beiträge mit Beitragsrückständen verrechnet worden seien und er keine Ansprüche mehr aus der Lebensversicherung habe. Hätte er gewusst, dass ihm noch Geld zustehe, dann hätte er sich dies auf jeden Fall gemerkt, da er dieses Geld gut für seinen Lebensunterhalt hätte gebrauchen können. Bei Antragstellung bei der Beklagten im Jahre 2012 habe er auch gar keine Unterlagen der A AG mehr besessen. Ein Schreiben, dass die Versicherung beitragsfrei gestellt worden sei, habe er nie erhalten. Das hätte er sich auf jeden Fall gemerkt. Außerdem sei er seit dem Jahre 2001 Alkoholiker und habe private Probleme.
Der Senat hat den Kläger im Verhandlungstermin zu dem Umstand befragt, wie es dazu gekommen sei, dass die Beklagte von der weiteren Lebensversicherung bei der A AG erfahren habe. Hierzu hat der Kläger ausgesagt, dass die Versicherung an ihn herangetreten sei und nicht umgekehrt, da die Versicherung ein Ablaufdatum hatte und nicht gekündigt werden musste. Als er von der weiteren Versicherung erfahren habe, habe er dies dann der Beklagten mitgeteilt. Wegen des Ergebnisses dieser Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21.03.2018 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Dortmund vom 12.10.2015 ist im Hinblick auf den Leistungszeitraum vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 begründet, für den weiteren streitigen Leistungszeitraum vom 01.08.2012 bis zum 31.01.2014 jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 16.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2014 genügt den Anforderungen an eine abschließende Entscheidung i.S.d. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) über den zunächst nur vorläufig zuerkannten Leistungsanspruch für den Zeitraum vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012, so dass die Beklagte berechtigt war, die Erstattung der vorläufig bewilligten Leistungen zu verlangen (siehe hierzu unter I.). Im Übrigen war die Beklagte nicht berechtigt, die Erstattung der endgültig bewilligten Leistungen für den weiteren Leistungszeitraum zu verlangen (siehe hierzu unter II.).
I. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 16.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2014. Zwar hat die Beklagte mit diesem Bescheid auch für den vorläufig bewilligten Leistungszeitraum eine Entscheidung nach § 45 SGB X getroffen, indem sie den gesamten streitigen Leistungszeitraum aufgehoben hat. Allerdings kann diese Entscheidung in eine endgültige Festsetzung der vorläufig erbrachten Leistungen auf "Null" umgedeutet werden. Insoweit hatte die Beklagte zunächst einen vorläufigen Bescheid nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III erlassen. Aufgrund der später bekannt gewordenen Lebensversicherung hat die Beklagte endgültig und abschließend entschieden, dass für diesen Zeitraum kein Leistungsanspruch bestand, und war daher berechtigt, eine Erstattung der zu Unrecht erworbenen Leistung nach § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III zu verlangen.
Das Bundessozialgericht (BSG) führte in seinem Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 31/14 R) hierzu aus, Voraussetzung für die festgesetzte Erstattungsforderung sei, dass der Leistungsträger gemäß § 328 SGB III i.V.m § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II a.F. nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift eine abschließende Entscheidung über das streitbefangene Leistungsbegehren getroffen habe. Dies ergebe sich zum einen aus dem Wortlaut der Norm, da die Wendung "kann vorläufig entschieden werden, wenn" (§ 328 Abs. 1 S. 1 HS 1 SGB III) darauf verweise, dass Bewilligungen nach § 328 Abs. 1 S. 1 SGB III a.F. ausschließlich auf eine Zwischenlösung zielten und demgemäß auf die Ersetzung durch eine endgültige Entscheidung nach Wegfall der Vorläufigkeitsvoraussetzungen nach § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 SGB III angelegt seien.
Zum anderen sei nach Sinn und Zweck der Norm des § 328 SGB III, jedenfalls in den Fällen des § 328 Abs. 3 SGB III, die vorläufige Leistungsbewilligung nach Wegfall der Gründe für die nur vorläufige Bescheidung des Leistungsbegehrens durch eine endgültige Entscheidung zu ersetzen. Vorläufigen Entscheidungen nach dem Sozialgesetzbuch komme nach Zweck und Bindungswirkung allein die Funktion zu, eine (Zwischen-) Regelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage zu treffen. Vorläufig bewilligte Leistungen seien daher als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen, deren Bewilligung keine Bindungswirkung für die endgültige Leistung entfalte. Insbesondere müsse dies für Adressaten vorläufiger Bescheide gelten, bei denen abschließend neue Umstände zu berücksichtigen seien. Zur Beseitigung der Unklarheit über die Höhe der ihnen endgültig zustehenden Leistungen sei deshalb von Amts wegen eine das Verwaltungsverfahren auf den ursprünglichen Leistungsantrag abschließende Entscheidung nach Maßgabe von § 328 Abs. 3 S. 1 sowie ggf. S. 2. HS 1 SGB III zu treffen. Voraussetzung für den Erstattungsanspruch ist daher eine endgültige Entscheidung. Dagegen bedarf es keiner Aufhebung der vorläufigen Bewilligung (Straßfeld, Anmerkung zum Urteil des BSG vom 29.04.2015, B 14 AS 31/14, SGb, 06.16, S. 348).
Die Beklagte hat vorliegend mit dem Aufhebungsbescheid nach § 45 SGB X eine abschließende Entscheidung über das zunächst nur vorläufig beschiedene Leistungsbegehren des Klägers getroffen. Der Bescheid hat den ursprünglichen Vorläufigkeitsvorbehalt inzident aufgehoben und die begehrte Leistung endgültig auf "Null" festgesetzt. Unschädlich war hierbei, dass die Aufhebungsentscheidung nach § 45 SGB X erfolgte, da der Bescheid ausdrücklich eine abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch des Klägers enthält und daher gemäß § 43 SGB X in eine abschließende und endgültige Entscheidung umgedeutet werden kann (BSG aaO).
Die Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsakts in einen anderen Verwaltungsakt setzt voraus, dass der Verwaltungsakt, in den umgedeutet wird, auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig erlassen werden könnte und die Voraussetzungen für den Erlass dieses Verwaltungsaktes erfüllt sind. Dabei sind die Grundsätze des § 43 SGB X auch im gerichtlichen Verfahren anwendbar. Danach scheitert eine Umdeutung, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes (BSG Urteil vom 28.10.2008, B 8 SO 33/07 R).
Die Voraussetzungen für eine zulässige Umdeutung liegen hier vor. Die Beklagte wollte für den zunächst nur vorläufig bewilligten Leistungszeitraum endgültig keinen Leistungsanspruch zuerkennen, weswegen der Verwaltungsakt auf das gleiche Ziel gerichtet ist. Die Rechtsfolgen des Verwaltungsaktes, in den umzudeuten ist, sind für den Kläger auch nicht ungünstiger. Bei einer endgültigen Festsetzung werden zudem Vertrauensschutzgesichtspunkte nach den §§ 44ff. SGB X nicht geprüft, es erfolgt mithin keine Verschuldensprüfung, weswegen keine strengeren Verschuldensmaßstäbe anzulegen sind (vgl. Schütze in von Wullfen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 43 Rn. 11). Es besteht darüber hinaus für jeden Außenstehenden kein Zweifel über die nunmehr endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung, so dass dem Schutzzweck der endgültigen Bewilligung im Hinblick auf ihre Funktion für den Vertrauensschutz, insbesondere nach den §§ 45 und 48 SGB X, auch genügt ist. Der Bescheid vom 16.04.2014 wahrt die Anforderungen, die nach der oben genannten Rechtsprechung des BSG an die endgültige Bewilligung von Leistungen aufgestellt werden. Der Bescheid enthält ausdrücklich eine abschließende Regelung, nach der für den zunächst vorläufig bewilligten Leistungszeitraum nunmehr endgültig keine Leistungen zuerkannt werden. Nach außen ist daher für jeden hinreichend klar erkennbar, welche Regelung hier abschließend von der Beklagten getroffen wurde. Es besteht kein Zweifel, dass eine endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung getroffen werden sollte.
Dem Kläger standen im streitigen Zeitraum auch keine Leistungen nach dem SGB II zu, der er nicht hilfebedürftig im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB II war. Danach ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderlichen Hilfen nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.
Der Kläger verfügte im maßgeblichen Zeitraum über Vermögen, das seine Hilfebedürftigkeit ausschloss. Er besaß neben der bereits bekannten Kapitalversicherung bei der B mit einem Rückkaufswert zum 01.11.2011 in Höhe von 8.807,07 Euro und nach Auszahlung einer Überschussbeteiligung in Höhe von 1.500 Euro im Januar 2012 mit einem Rückkaufswert zum 01.03.2012 in Höhe von 7.646,51 Euro über eine weitere Kapitalversicherung bei der A AG mit einem Rückkaufswert zum 01.02.2012 in Höhe von 6.695,94 Euro. Er verfügte mithin in der Summe - ungeachtet der Guthaben auf seinem Konto bei der Sparkasse X - über einen Vermögensbetrag in Höhe von mehr als 14.000 Euro. Demgegenüber betrug der Vermögensfreibetrag zum 01.02.2012 insgesamt 8.100 Euro und erhöhte sich erst ab 01.08.2012 um 150 Euro auf 8.250 Euro. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II errechnet sich ein Grundfreibetrag in Höhe von 7.350 Euro (49 Lebensjahre x 150 Euro; im August 2012 Vollendung des 50. Lebensjahres). Hinzuzurechnen ist ein Freibetrag für Anschaffungen in Höhe von 750 Euro (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II). Das vorhandene Vermögen überstieg somit eindeutig den Vermögensfreibetrag des Klägers und führt dazu, dass ihm im Zeitraum vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 keine Leistungen nach dem SGB II zustanden.
II. Hinsichtlich des weiteren streitbefangenen Leistungszeitraums ab dem 01.08.2012 bis zum 31.01.2014 hat das SG zutreffend entschieden, dass die Beklagte die Leistungsbewilligung zu Unrecht gemäß § 45 SGB X zurückgenommen hat. Der Kläger kann sich auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen, da er bei der Nichtangabe der Lebensversicherung bei der A AG nach Auffassung des Senats weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat.
Die Aufhebung der Leistungen für den Zeitraum von August 2012 bis Januar 2014 aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 28.07.2012, geändert durch Bescheide vom 28.09.2012, 28.10.2012, 28.12.2012 sowie vom 28.01.2013 und 28.07.2013, geändert durch Bescheid vom 28.12.2013 richtet sich nach § 45 Abs. 1 SGB X. § 45 SGB X findet Anwendung, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen zurückgenommen werden soll. Der Kläger verfügte durch die beiden vorhandenen Lebensversicherungen mit einem Wert oberhalb der Freibeträge über verwertbares Vermögen im Sinne des § 12 SGB II, welches seine Hilfebedürftigkeit ausschloss, so dass die Bewilligungsbescheide von Anfang an rechtswidrig waren (siehe hierzu unter I). Eine Rücknahme dieser Bewilligungsentscheidungen scheitert allerdings an dem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers. Der Kläger hat auf die Rechtmäßigkeit und somit auf den Bestand der Bewilligungsbescheide vertraut.
Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf gemäß § 45 Abs. 2 S. 1 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1-3 SGB X). Fehlerhafte Angaben im Sinne dieser Norm schließen den Vertrauensschutz daher nur dann aus, wenn ihre Fehlerhaftigkeit vorwerfbar ist. Vorwerfbar ist die fehlerhafte Angabe nur bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten. Vorsätzlich sind wissentlich und willentlich falsch gemachte Angaben (Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 52). Nach der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 2. Halbsatz SGB X liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (BSG Urteil vom 08.02.2001, B 11 AL 21/00 R). Dabei gilt kein objektiver abstrakter Sorgfaltsmaßstab, sondern vielmehr ein individueller. Das Maß der Fahrlässigkeit bestimmt sich insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit und dem Einsichtsvermögen des Einzelnen, sowie den besonderen Umständen des Falles.
Nach diesen Maßstäben hat der Kläger zwar objektiv unvollständige Angaben im Rahmen des Leistungsantrages gemacht, als er die Lebensversicherung bei der A AG nicht angegeben hat. Allerdings hat er dies nach Überzeugung des Senats weder vorsätzlich noch grob fahrlässig getan. Der Kläger ist gelernter Maurer, war zudem schwer erkrankt und litt seit mehreren Jahren unter Alkoholismus. Weder sein beruflicher Werdegang, der nach einem Unfall im Wesentlichen aus Hilfsarbeitertätigkeiten bestand, noch seine aufgrund des Alkoholismus und der weiteren Erkrankungen geprägten Fähigkeiten, lassen auf ein hohes Maß an individuellen Fähigkeiten schließen. Im Rahmen seiner individuellen Fähigkeiten hat er sich erkennbar bemüht, sämtliche erforderlichen Angaben vollständig und richtig zu tätigen. Der Kläger hat nach Auffassung des Senats beim Ausfüllen des Leistungsantrags die erforderliche Sorgfalt nicht in besonders schwerem Maße verletzt. Bereits bei der ersten Antragstellung am 06.10.2011 hat er über 90 Seiten Anlagen über seine Vermögensverhältnisse beigefügt. Schon daraus lässt sich schließen, dass er seine Angaben sehr sorgfältig tätigen wollte. Hinzu kommen die besonderen Umstände des Falles. Der Vortrag des Klägers, er sei davon ausgegangen, die Lebensversicherung existiere nicht mehr, ist zur Überzeugung des Senats nachvollziehbar. Er hat hierfür die Gründe vor dem Senat verständlich dargelegt. Den wesentlichen Verlauf der Versicherung hat der Kläger, bestätigt durch die vom SG und vom Senat eingeholten Auskünfte der A AG, zutreffend geschildert. Einen Überblick über seine finanziellen Verhältnisse hatte er aber zum Zeitpunkt der Akutphase seiner Alkoholerkrankung ganz offensichtlich nicht. Die Versicherung wurde in der Jugend des Klägers mit einer geringen Summe abgeschlossen. Aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten war der Kläger häufig nicht in der Lage die Versicherungsbeiträge zu bezahlen, so dass es schlussendlich sogar zur Kündigung des Vertrages und einer Verrechnung der bislang eingezahlten Beiträge mit ausstehenden Beiträgen kam. Der Kläger hat überzeugend bekundet, er sei davon ausgegangen, keine Ansprüche gegenüber der A AG mehr zu haben. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass der Kläger über 12 Jahre gar nichts mehr von der A AG gehört hat. Selbst als diese ihn im Jahre 2014 angeschrieben hat, musste er eine Verlusterklärung abgeben, da er keine Unterlagen mehr über die Versicherung hatte. Wäre er davon ausgegangen, dass die Versicherung noch existierte, ist ihm zu seinen Gunsten zu unterstellen, dass er die Versicherungsunterlagen aufgehoben hätte. Schließlich hat er dies ebenso bei der zweiten Lebensversicherung bei der B Versicherung getan.
Auch aus dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Lebensversicherung hatte ein Ablaufdatum, so dass der Vortrag des Klägers glaubhaft ist, die Versicherung habe sich an ihn gewandt und nicht umgekehrt. Für den Senat ergibt sich daher zumindest kein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger bereits von der weiteren Lebensversicherung vor Januar 2014 wusste. Der Kläger hat überzeugend und nachvollziehbar bekundet, dass sich die A AG an ihn mit dem Hinweis auf die fällig werdende Versicherungssumme gewandt hat. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Kläger die zweite Lebensversicherung bewusst zurückgehalten hat, da er damit über den Freibetrag bei der Vermögensanrechnung gekommen wäre. Diese Berechnung ist äußerst kompliziert und von einem Laien nicht ohne weiteres zu durchschauen. Hinzu kommt, dass der Kläger nach seinen Ausführungen stets in großen finanziellen Schwierigkeiten war und gerne auf das Geld aus der Lebensversicherung zurückgegriffen hätte, um seine Kosten zu decken. Des Weiteren lag der Kläger während der ersten Antragstellung, als er der Beklagten alle vorhanden Unterlagen durch seine Tochter überreichen ließ, aufgrund eines Schlaganfalles im Krankenhaus. Nach eigenen Bekundungen hatte er alle seine wichtigen privaten Unterlagen über seine Versicherungen und Vermögensverhältnisse in einem Ordner. Alle Unterlagen aus diesem Ordner hat er der Beklagten durch seine von ihm bevollmächtigte Tochter übergeben lassen. Unterlagen über die Lebensversicherung bei der A AG befanden sich nach seinen Ausführungen nicht mehr in diesem Ordner. Auch dies erscheint glaubhaft, da er gegenüber der A AG die Verlusterklärung abgeben musste.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung der Leistungen des Klägers nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Zeitraum vom 01.02.2012 bis zum 31.01.2014 in Höhe von 19776,73 Euro.
Der im Jahre 1962 geborene Kläger, von Beruf Maurer, beantragte erstmalig am 06.10.2011 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem SGB II bei der Beklagten. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Kläger in stationärer Behandlung wegen eines Schlaganfalls. Aufgrund dessen füllte die vom Kläger bevollmächtigte Tochter für ihn den Leistungsantrag aus und ließ ihn vom Kläger unterschreiben. Hierbei gab der Kläger u.a. an, dass er über eine Lebensversicherung bei der B verfüge, deren Wert sich zum 01.02.2012 auf 8807,07 Euro beliefe. Mit Bescheid vom 13.01.2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers wegen vorhandenen Vermögens ab.
Am 16.01.2012 stellte der Kläger bei der Beklagten einen neuen Leistungsantrag. Die Beklagte berechnete nach Prüfung dieses Antrags die Lebensversicherung bei der B nur noch mit einem Wert in Höhe von 7307,07 Euro, da dem Kläger aus dieser Lebensversicherung aufgrund eines Überschusses 1500,- Euro ausgezahlt wurden und der Kläger diesen Betrag aufgrund eines von seiner Mutter erhaltenen Darlehens in dieser Höhe an diese zurücküberwiesen hatte.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin mit Bescheid vom 01.02.2012 vorläufig SGB II-Leistungen für den Zeitraum vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012. Die Weiterbewilligungsanträge beschied die Beklagte in der Folgezeit positiv ohne vorläufige Regelung.
Im Rahmen seines Weiterbewilligungsantrages vom 08.01.2014 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten anlässlich eines Versicherungsbeitrages an die C Lebensversicherung AG, der den Kontoauszügen des Klägers zu entnehmen war, dass er neben den bereits mitgeteilten Vermögenswerten eine weitere Kapitallebensversicherung bei der A AG abgeschlossen habe. Der Rückkaufswert dieser Versicherung ergab zum 01.02.2012 einen Betrag in Höhe von 6695,94 Euro und zum 01.02.2014 einen Betrag von 7184,30 Euro. Bei seiner Anhörung hierzu gab der Kläger an, dass ihm bei seiner Antragstellung im Februar 2012 nicht bewusst gewesen sei, dass er noch über eine Lebensversicherung bei der A AG verfügt habe. Die Versicherung habe er als Jugendlicher abgeschlossen. Sie sei ruhend gestellt gewesen und er habe keine Kontoauszüge über die Versicherung erhalten.
Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 14.03.2014 zu einer Überzahlung von Leistungen in der Zeit vom 01.02.2012 bis zum 31.01.2014 an. Mit Bescheid vom 16.04.2014 nahm die Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.02.2012 bis zum 31.01.2014 in Höhe von 19776,73 Euro zurück und forderte die Erstattung dieser Leistungen. Zur Begründung führte sie an, dass der Kläger aufgrund des vorhandenen Vermögens in Form zweier Lebensversicherungen, die zusammen die gesetzlichen Freibeträge überstiegen haben, nicht hilfebedürftig und die Leistungsbewilligung daher von Anfang an rechtswidrig gewesen sei. Der Kläger habe auch keinen Vertrauensschutz, da er zumindest grob fahrlässig unrichtige Angaben gegenüber der Beklagten gemacht habe.
Hiergegen legte der Kläger am 09.05.2014 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er an, dass er bei Antragstellung im Jahre 2012 nur davon ausgegangen sei, dass er noch über eine Lebensversicherung bei der B verfügt habe. Hinsichtlich der Lebensversicherung bei der A AG habe er gedacht, dass die gesamte Versicherungssumme in der Vergangenheit hinfällig gewesen sei, da er über viele Jahre keine Beiträge gezahlt habe, die A AG aus diesem Grund auch gegen ihn vorgegangen und schließlich auch die Aufrechnung erklärt habe. Die Voraussetzungen für eine Rückforderung seitens der Beklagten lägen daher nicht vor.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 25.06.2014 zurück. Der Kläger sei verpflichtet, die zu Unrecht erhaltenen Leistungen zurückzuzahlen, da er durch die Nichtangabe der Lebensversicherung bei der A AG schuldhaft gehandelt habe. Der Kläger sei darauf hingewiesen worden, dass er alle Tatsachen anzugeben habe, die für die Leistung erheblich seien. Diese Verpflichtung habe der Kläger schuldhaft verletzt.
Am 24.07.2014 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Klage erhoben. Er sei im Zeitpunkt der Antragstellung im Jahre 2012 schwer erkrankt gewesen. Von der Lebensversicherung bei der A AG habe er ewige Zeiten nichts gehört, so dass er davon ausgegangen sei, dass diese längst durch Vollstreckungsmaßnahmen in der Vergangenheit aufgelöst worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid vom 16.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2014 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat der Beklagte auf den Widerspruchsbescheid verwiesen. Außerdem hätte der Kläger mit der A AG abklären können, ob aus der Versicherung tatsächlich keine Zahlungen mehr zu erwarten gewesen seien.
Das SG hat bei der A AG Einkünfte über die Lebensversicherung des Klägers eingeholt. Diese hat mitgeteilt, dass die Versicherung am 01.05.1979 abgeschlossen und Beiträge bis zum 30.04.2002 gezahlt worden seien. Es seien keine Wertmitteilungen verschickt worden und die letzte Mitteilung sei am 07.05.2002 versandt worden.
Mit Urteil vom 12.10.2015 hat das SG der Klage stattgegeben und den Bescheid vom 16.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2014 aufgehoben. Das SG hat ausgeführt, dass die Beklagte die Leistungsbewilligung zu Unrecht gemäß § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) zurückgenommen habe, da sich der Kläger auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen könne. Die letzte Mitteilung der Versicherung sei im Jahre 2002 verschickt worden. Der Kläger habe über zehn Jahre nichts mehr von der Versicherung gehört, so dass es für das SG, insbesondere vor den besonderen Umständen des Einzelfalls, nachvollziehbar sei, dass der Kläger die Versicherung schlicht vergessen habe. Allenfalls sei das Verhalten sorgfaltswidrig, die Schwelle zur groben Fahrlässigkeit sei allerdings nicht überschritten.
Das Urteil ist der Beklagten am 16.11.2015 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am 09.12.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, dass der Sachverhalt hinsichtlich der groben Fahrlässigkeit des Klägers nicht hinreichend aufgeklärt worden sei. Hinzu komme, dass das SG nicht berücksichtigt habe, dass dem Kläger für den Zeitraum vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 die Leistungen nur vorläufig bewilligt worden seien, so dass der Kläger zumindest für diesen Zeitraum seine vorläufig bewilligten Leistungen zurückzahlen müsse.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 12.10.2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger verbleibt bei seiner Auffassung und verweist insoweit auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils. Insbesondere sei dem Kläger auch vor dem Hintergrund der Berufungsbegründung weiterhin keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Die Lebensversicherung sei von der Mutter des Klägers abgeschlossen worden, als dieser 16 Jahre alt gewesen sei. Die Versicherung habe wegen der geringen Versicherungssumme nie eine besondere Bedeutung für den Kläger gehabt, so dass es durchaus nachvollziehbar sei, dass der Kläger diese Versicherung wegen seiner besonderen Lebensumstände vergessen habe. Zum einen sei der Kläger krank gewesen und zum anderen habe es im Jahre 2002 Schwierigkeiten mit der A AG gegeben, so dass diese Versicherung für den Kläger nicht mehr existent gewesen sei.
Der Senat hat Auskünfte bei der A AG eingeholt. Die A AG hat mitgeteilt, dass mit Schreiben vom 17.04.2002 der Vertrag über die Lebensversicherung gekündigt und beitragsfrei gestellt worden sei. Über viele Jahre sei der Kläger immer wieder zu Beitragszahlungen aufgefordert und gemahnt worden. Ab dem 01.02.2002 habe der Kläger keine Beiträge mehr geleistet, so dass ihm mit Schreiben vom 01.05.2002 mitgeteilt worden sei, dass der Vertrag in einen deutlich reduzierten, beitragsfreien Vertrag mit einer Versicherungssumme in Höhe von 3562,- Euro umgewandelt worden sei. Danach gab es keinen Kontakt mehr zum Kläger. Der letzte Kontakt habe erst wieder im Mai 2014 betreffend des Vertragsablaufes bestanden. Der Versicherungsschein habe dem Kläger nicht mehr vorgelegen, so dass er der A AG eine Verlusterklärung habe unterzeichnen müssen.
Am 13.11.2017 hat mit den Beteiligten ein Erörterungstermin stattgefunden. Hier hat der Kläger u.a. ausgeführt, dass die A AG im Jahre 2002 wegen der ausstehenden Beiträge mit einem Inkassounternehmen gegen ihn vorgegangen sei. Schließlich sei die Versicherung gekündigt worden und ausstehende Beiträge verrechnet worden, so dass er davon ausgegangen sei, dass die bis dahin eingezahlten Beiträge mit Beitragsrückständen verrechnet worden seien und er keine Ansprüche mehr aus der Lebensversicherung habe. Hätte er gewusst, dass ihm noch Geld zustehe, dann hätte er sich dies auf jeden Fall gemerkt, da er dieses Geld gut für seinen Lebensunterhalt hätte gebrauchen können. Bei Antragstellung bei der Beklagten im Jahre 2012 habe er auch gar keine Unterlagen der A AG mehr besessen. Ein Schreiben, dass die Versicherung beitragsfrei gestellt worden sei, habe er nie erhalten. Das hätte er sich auf jeden Fall gemerkt. Außerdem sei er seit dem Jahre 2001 Alkoholiker und habe private Probleme.
Der Senat hat den Kläger im Verhandlungstermin zu dem Umstand befragt, wie es dazu gekommen sei, dass die Beklagte von der weiteren Lebensversicherung bei der A AG erfahren habe. Hierzu hat der Kläger ausgesagt, dass die Versicherung an ihn herangetreten sei und nicht umgekehrt, da die Versicherung ein Ablaufdatum hatte und nicht gekündigt werden musste. Als er von der weiteren Versicherung erfahren habe, habe er dies dann der Beklagten mitgeteilt. Wegen des Ergebnisses dieser Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 21.03.2018 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Dortmund vom 12.10.2015 ist im Hinblick auf den Leistungszeitraum vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 begründet, für den weiteren streitigen Leistungszeitraum vom 01.08.2012 bis zum 31.01.2014 jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 16.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2014 genügt den Anforderungen an eine abschließende Entscheidung i.S.d. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 3 S. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) über den zunächst nur vorläufig zuerkannten Leistungsanspruch für den Zeitraum vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012, so dass die Beklagte berechtigt war, die Erstattung der vorläufig bewilligten Leistungen zu verlangen (siehe hierzu unter I.). Im Übrigen war die Beklagte nicht berechtigt, die Erstattung der endgültig bewilligten Leistungen für den weiteren Leistungszeitraum zu verlangen (siehe hierzu unter II.).
I. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 16.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2014. Zwar hat die Beklagte mit diesem Bescheid auch für den vorläufig bewilligten Leistungszeitraum eine Entscheidung nach § 45 SGB X getroffen, indem sie den gesamten streitigen Leistungszeitraum aufgehoben hat. Allerdings kann diese Entscheidung in eine endgültige Festsetzung der vorläufig erbrachten Leistungen auf "Null" umgedeutet werden. Insoweit hatte die Beklagte zunächst einen vorläufigen Bescheid nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II a.F. i.V.m. § 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III erlassen. Aufgrund der später bekannt gewordenen Lebensversicherung hat die Beklagte endgültig und abschließend entschieden, dass für diesen Zeitraum kein Leistungsanspruch bestand, und war daher berechtigt, eine Erstattung der zu Unrecht erworbenen Leistung nach § 328 Abs. 3 S. 2 SGB III zu verlangen.
Das Bundessozialgericht (BSG) führte in seinem Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 31/14 R) hierzu aus, Voraussetzung für die festgesetzte Erstattungsforderung sei, dass der Leistungsträger gemäß § 328 SGB III i.V.m § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II a.F. nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift eine abschließende Entscheidung über das streitbefangene Leistungsbegehren getroffen habe. Dies ergebe sich zum einen aus dem Wortlaut der Norm, da die Wendung "kann vorläufig entschieden werden, wenn" (§ 328 Abs. 1 S. 1 HS 1 SGB III) darauf verweise, dass Bewilligungen nach § 328 Abs. 1 S. 1 SGB III a.F. ausschließlich auf eine Zwischenlösung zielten und demgemäß auf die Ersetzung durch eine endgültige Entscheidung nach Wegfall der Vorläufigkeitsvoraussetzungen nach § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 SGB III angelegt seien.
Zum anderen sei nach Sinn und Zweck der Norm des § 328 SGB III, jedenfalls in den Fällen des § 328 Abs. 3 SGB III, die vorläufige Leistungsbewilligung nach Wegfall der Gründe für die nur vorläufige Bescheidung des Leistungsbegehrens durch eine endgültige Entscheidung zu ersetzen. Vorläufigen Entscheidungen nach dem Sozialgesetzbuch komme nach Zweck und Bindungswirkung allein die Funktion zu, eine (Zwischen-) Regelung bis zur endgültigen Klärung der Sach- und Rechtslage zu treffen. Vorläufig bewilligte Leistungen seien daher als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen, deren Bewilligung keine Bindungswirkung für die endgültige Leistung entfalte. Insbesondere müsse dies für Adressaten vorläufiger Bescheide gelten, bei denen abschließend neue Umstände zu berücksichtigen seien. Zur Beseitigung der Unklarheit über die Höhe der ihnen endgültig zustehenden Leistungen sei deshalb von Amts wegen eine das Verwaltungsverfahren auf den ursprünglichen Leistungsantrag abschließende Entscheidung nach Maßgabe von § 328 Abs. 3 S. 1 sowie ggf. S. 2. HS 1 SGB III zu treffen. Voraussetzung für den Erstattungsanspruch ist daher eine endgültige Entscheidung. Dagegen bedarf es keiner Aufhebung der vorläufigen Bewilligung (Straßfeld, Anmerkung zum Urteil des BSG vom 29.04.2015, B 14 AS 31/14, SGb, 06.16, S. 348).
Die Beklagte hat vorliegend mit dem Aufhebungsbescheid nach § 45 SGB X eine abschließende Entscheidung über das zunächst nur vorläufig beschiedene Leistungsbegehren des Klägers getroffen. Der Bescheid hat den ursprünglichen Vorläufigkeitsvorbehalt inzident aufgehoben und die begehrte Leistung endgültig auf "Null" festgesetzt. Unschädlich war hierbei, dass die Aufhebungsentscheidung nach § 45 SGB X erfolgte, da der Bescheid ausdrücklich eine abschließende Entscheidung über den Leistungsanspruch des Klägers enthält und daher gemäß § 43 SGB X in eine abschließende und endgültige Entscheidung umgedeutet werden kann (BSG aaO).
Die Umdeutung eines fehlerhaften Verwaltungsakts in einen anderen Verwaltungsakt setzt voraus, dass der Verwaltungsakt, in den umgedeutet wird, auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig erlassen werden könnte und die Voraussetzungen für den Erlass dieses Verwaltungsaktes erfüllt sind. Dabei sind die Grundsätze des § 43 SGB X auch im gerichtlichen Verfahren anwendbar. Danach scheitert eine Umdeutung, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes (BSG Urteil vom 28.10.2008, B 8 SO 33/07 R).
Die Voraussetzungen für eine zulässige Umdeutung liegen hier vor. Die Beklagte wollte für den zunächst nur vorläufig bewilligten Leistungszeitraum endgültig keinen Leistungsanspruch zuerkennen, weswegen der Verwaltungsakt auf das gleiche Ziel gerichtet ist. Die Rechtsfolgen des Verwaltungsaktes, in den umzudeuten ist, sind für den Kläger auch nicht ungünstiger. Bei einer endgültigen Festsetzung werden zudem Vertrauensschutzgesichtspunkte nach den §§ 44ff. SGB X nicht geprüft, es erfolgt mithin keine Verschuldensprüfung, weswegen keine strengeren Verschuldensmaßstäbe anzulegen sind (vgl. Schütze in von Wullfen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 43 Rn. 11). Es besteht darüber hinaus für jeden Außenstehenden kein Zweifel über die nunmehr endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung, so dass dem Schutzzweck der endgültigen Bewilligung im Hinblick auf ihre Funktion für den Vertrauensschutz, insbesondere nach den §§ 45 und 48 SGB X, auch genügt ist. Der Bescheid vom 16.04.2014 wahrt die Anforderungen, die nach der oben genannten Rechtsprechung des BSG an die endgültige Bewilligung von Leistungen aufgestellt werden. Der Bescheid enthält ausdrücklich eine abschließende Regelung, nach der für den zunächst vorläufig bewilligten Leistungszeitraum nunmehr endgültig keine Leistungen zuerkannt werden. Nach außen ist daher für jeden hinreichend klar erkennbar, welche Regelung hier abschließend von der Beklagten getroffen wurde. Es besteht kein Zweifel, dass eine endgültige Bindungswirkung der abschließenden Entscheidung getroffen werden sollte.
Dem Kläger standen im streitigen Zeitraum auch keine Leistungen nach dem SGB II zu, der er nicht hilfebedürftig im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB II war. Danach ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderlichen Hilfen nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Als Vermögen sind nach § 12 Abs. 1 SGB II alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen.
Der Kläger verfügte im maßgeblichen Zeitraum über Vermögen, das seine Hilfebedürftigkeit ausschloss. Er besaß neben der bereits bekannten Kapitalversicherung bei der B mit einem Rückkaufswert zum 01.11.2011 in Höhe von 8.807,07 Euro und nach Auszahlung einer Überschussbeteiligung in Höhe von 1.500 Euro im Januar 2012 mit einem Rückkaufswert zum 01.03.2012 in Höhe von 7.646,51 Euro über eine weitere Kapitalversicherung bei der A AG mit einem Rückkaufswert zum 01.02.2012 in Höhe von 6.695,94 Euro. Er verfügte mithin in der Summe - ungeachtet der Guthaben auf seinem Konto bei der Sparkasse X - über einen Vermögensbetrag in Höhe von mehr als 14.000 Euro. Demgegenüber betrug der Vermögensfreibetrag zum 01.02.2012 insgesamt 8.100 Euro und erhöhte sich erst ab 01.08.2012 um 150 Euro auf 8.250 Euro. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II errechnet sich ein Grundfreibetrag in Höhe von 7.350 Euro (49 Lebensjahre x 150 Euro; im August 2012 Vollendung des 50. Lebensjahres). Hinzuzurechnen ist ein Freibetrag für Anschaffungen in Höhe von 750 Euro (§ 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II). Das vorhandene Vermögen überstieg somit eindeutig den Vermögensfreibetrag des Klägers und führt dazu, dass ihm im Zeitraum vom 01.02.2012 bis zum 31.07.2012 keine Leistungen nach dem SGB II zustanden.
II. Hinsichtlich des weiteren streitbefangenen Leistungszeitraums ab dem 01.08.2012 bis zum 31.01.2014 hat das SG zutreffend entschieden, dass die Beklagte die Leistungsbewilligung zu Unrecht gemäß § 45 SGB X zurückgenommen hat. Der Kläger kann sich auf Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen, da er bei der Nichtangabe der Lebensversicherung bei der A AG nach Auffassung des Senats weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt hat.
Die Aufhebung der Leistungen für den Zeitraum von August 2012 bis Januar 2014 aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 28.07.2012, geändert durch Bescheide vom 28.09.2012, 28.10.2012, 28.12.2012 sowie vom 28.01.2013 und 28.07.2013, geändert durch Bescheid vom 28.12.2013 richtet sich nach § 45 Abs. 1 SGB X. § 45 SGB X findet Anwendung, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig war und deswegen zurückgenommen werden soll. Der Kläger verfügte durch die beiden vorhandenen Lebensversicherungen mit einem Wert oberhalb der Freibeträge über verwertbares Vermögen im Sinne des § 12 SGB II, welches seine Hilfebedürftigkeit ausschloss, so dass die Bewilligungsbescheide von Anfang an rechtswidrig waren (siehe hierzu unter I). Eine Rücknahme dieser Bewilligungsentscheidungen scheitert allerdings an dem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers. Der Kläger hat auf die Rechtmäßigkeit und somit auf den Bestand der Bewilligungsbescheide vertraut.
Gemäß § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf gemäß § 45 Abs. 2 S. 1 SGB X nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit 1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, 2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder 3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 1-3 SGB X). Fehlerhafte Angaben im Sinne dieser Norm schließen den Vertrauensschutz daher nur dann aus, wenn ihre Fehlerhaftigkeit vorwerfbar ist. Vorwerfbar ist die fehlerhafte Angabe nur bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten. Vorsätzlich sind wissentlich und willentlich falsch gemachte Angaben (Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 52). Nach der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 2. Halbsatz SGB X liegt grobe Fahrlässigkeit vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (BSG Urteil vom 08.02.2001, B 11 AL 21/00 R). Dabei gilt kein objektiver abstrakter Sorgfaltsmaßstab, sondern vielmehr ein individueller. Das Maß der Fahrlässigkeit bestimmt sich insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit und dem Einsichtsvermögen des Einzelnen, sowie den besonderen Umständen des Falles.
Nach diesen Maßstäben hat der Kläger zwar objektiv unvollständige Angaben im Rahmen des Leistungsantrages gemacht, als er die Lebensversicherung bei der A AG nicht angegeben hat. Allerdings hat er dies nach Überzeugung des Senats weder vorsätzlich noch grob fahrlässig getan. Der Kläger ist gelernter Maurer, war zudem schwer erkrankt und litt seit mehreren Jahren unter Alkoholismus. Weder sein beruflicher Werdegang, der nach einem Unfall im Wesentlichen aus Hilfsarbeitertätigkeiten bestand, noch seine aufgrund des Alkoholismus und der weiteren Erkrankungen geprägten Fähigkeiten, lassen auf ein hohes Maß an individuellen Fähigkeiten schließen. Im Rahmen seiner individuellen Fähigkeiten hat er sich erkennbar bemüht, sämtliche erforderlichen Angaben vollständig und richtig zu tätigen. Der Kläger hat nach Auffassung des Senats beim Ausfüllen des Leistungsantrags die erforderliche Sorgfalt nicht in besonders schwerem Maße verletzt. Bereits bei der ersten Antragstellung am 06.10.2011 hat er über 90 Seiten Anlagen über seine Vermögensverhältnisse beigefügt. Schon daraus lässt sich schließen, dass er seine Angaben sehr sorgfältig tätigen wollte. Hinzu kommen die besonderen Umstände des Falles. Der Vortrag des Klägers, er sei davon ausgegangen, die Lebensversicherung existiere nicht mehr, ist zur Überzeugung des Senats nachvollziehbar. Er hat hierfür die Gründe vor dem Senat verständlich dargelegt. Den wesentlichen Verlauf der Versicherung hat der Kläger, bestätigt durch die vom SG und vom Senat eingeholten Auskünfte der A AG, zutreffend geschildert. Einen Überblick über seine finanziellen Verhältnisse hatte er aber zum Zeitpunkt der Akutphase seiner Alkoholerkrankung ganz offensichtlich nicht. Die Versicherung wurde in der Jugend des Klägers mit einer geringen Summe abgeschlossen. Aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten war der Kläger häufig nicht in der Lage die Versicherungsbeiträge zu bezahlen, so dass es schlussendlich sogar zur Kündigung des Vertrages und einer Verrechnung der bislang eingezahlten Beiträge mit ausstehenden Beiträgen kam. Der Kläger hat überzeugend bekundet, er sei davon ausgegangen, keine Ansprüche gegenüber der A AG mehr zu haben. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass der Kläger über 12 Jahre gar nichts mehr von der A AG gehört hat. Selbst als diese ihn im Jahre 2014 angeschrieben hat, musste er eine Verlusterklärung abgeben, da er keine Unterlagen mehr über die Versicherung hatte. Wäre er davon ausgegangen, dass die Versicherung noch existierte, ist ihm zu seinen Gunsten zu unterstellen, dass er die Versicherungsunterlagen aufgehoben hätte. Schließlich hat er dies ebenso bei der zweiten Lebensversicherung bei der B Versicherung getan.
Auch aus dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergibt sich nichts Gegenteiliges. Die Lebensversicherung hatte ein Ablaufdatum, so dass der Vortrag des Klägers glaubhaft ist, die Versicherung habe sich an ihn gewandt und nicht umgekehrt. Für den Senat ergibt sich daher zumindest kein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger bereits von der weiteren Lebensversicherung vor Januar 2014 wusste. Der Kläger hat überzeugend und nachvollziehbar bekundet, dass sich die A AG an ihn mit dem Hinweis auf die fällig werdende Versicherungssumme gewandt hat. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der Kläger die zweite Lebensversicherung bewusst zurückgehalten hat, da er damit über den Freibetrag bei der Vermögensanrechnung gekommen wäre. Diese Berechnung ist äußerst kompliziert und von einem Laien nicht ohne weiteres zu durchschauen. Hinzu kommt, dass der Kläger nach seinen Ausführungen stets in großen finanziellen Schwierigkeiten war und gerne auf das Geld aus der Lebensversicherung zurückgegriffen hätte, um seine Kosten zu decken. Des Weiteren lag der Kläger während der ersten Antragstellung, als er der Beklagten alle vorhanden Unterlagen durch seine Tochter überreichen ließ, aufgrund eines Schlaganfalles im Krankenhaus. Nach eigenen Bekundungen hatte er alle seine wichtigen privaten Unterlagen über seine Versicherungen und Vermögensverhältnisse in einem Ordner. Alle Unterlagen aus diesem Ordner hat er der Beklagten durch seine von ihm bevollmächtigte Tochter übergeben lassen. Unterlagen über die Lebensversicherung bei der A AG befanden sich nach seinen Ausführungen nicht mehr in diesem Ordner. Auch dies erscheint glaubhaft, da er gegenüber der A AG die Verlusterklärung abgeben musste.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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NRW
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