Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 31 EG 15/16
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 EG 10/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Juni 2017 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist ein Anspruch auf höheres Elterngeld unter Berücksichtigung einer im Lohnsteuerabzugsverfahren als "sonstiger Bezug" behandelten Gehaltsnachzahlung bei der Bemessung.
Der 1979 geborene Kläger beantragte unter dem 7. Mai 2016 Basiselterngeld ohne Teilzeittätigkeit für den 1. bis 12. Lebensmonat seiner am xxxxx 2016 geborenen, von ihm seither selbst betreuten und erzogenen Tochter N ... Er lebt mit ihr, der Kindsmutter und einem weiteren, am xxxxx 2013 geborenen gemeinsamen Kind in einem Haushalt an seinem Wohnsitz in H ... Die Kindsmutter stellte keinen Antrag auf Elterngeld. Das zu versteuernde Einkommen des Klägers und der Kindsmutter lag im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes unter 500.000,00 Euro.
Der vor der Geburt seiner Tochter bei der H1 AG als Trainer mit einem monatlichen Bruttogehalt von 2.800,00 Euro beschäftigte Kläger befand sich vom 19. April 2016 bis 18. April 2017 in Elternzeit und war in diesem Zeitraum nicht erwerbstätig. Im Mai 2015 hatte der Kläger ausschließlich Krankengeld bezogen, im Juni 2015 neben Krankengeld ein Gehalt von 2.613,33 Euro, im April 2016 ein solches von 1.680,00 Euro. Das Gehalt von monatlich jeweils 2.800,00 Euro für die Monate Juli bis Dezember 2015 (insgesamt 16.800,00 Euro) war dem Kläger in der Folge eines von ihm erfolgreich geführten Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Hamburg über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung (Urteil vom 25. November 2015 – 4 Ca 103/15) erst aufgrund von Abrechnungen vom 27. Januar 2016 nachgezahlt worden. Dabei erfolgte eine Verrechnung mit den Bezügen für Januar sowie mit dem auf die Agentur für Arbeit übergegangenen Anspruch (§ 115 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) wegen der Gleichwohlgewährung von Arbeitslosengeld (§ 157 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch) im Nachberechnungszeitraum. Im Lohnsteuerabzugsverfahren wurden die Nachzahlungsbeträge entsprechend der bestandskräftig gewordenen Lohnsteueranmeldung nach R 39b.2 Abs. 2 Nr. 8 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) 2015 des Bundesministeriums der Finanzen nicht als laufender Arbeitslohn, sondern als "sonstige Bezüge" (§ 38a Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG)) behandelt, weil sie dem Kläger später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres 2015 zuflossen, in dem die Lohnzahlungszeiträume lagen, für die der Arbeitslohn gezahlt wurde.
Mit Bescheid vom 22. Juni 2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger Elterngeld in Höhe von monatlich jeweils 706,95 Euro für den 1. bis 6. Lebensmonat des Kindes (19. April 2016 bis 18. Oktober 2016, noch unter Berücksichtigung eines Geschwisterbonus nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)) und jeweils 631,95 Euro für den 7. bis 12. Lebensmonat (19. Oktober 2016 bis 18. April 2017). Der Berechnung lagen die im Bemessungszeitraum von April 2015 bis März 2016 (§ 2b Abs. 1 BEEG) ausweislich der vorgelegten Gehaltsbescheinigungen der Arbeitgeberin des Klägers (§ 2c Abs. 2 BEEG) erzielten, als laufender Arbeitslohn behandelten Bruttoeinkünfte von insgesamt 13.813,33 Euro zu Grunde (jeweils 2.800,00 Euro für die Monate April 2015, Januar 2016, Februar 2016 und März 2016 sowie 2.613,33 Euro für Juni 2015). Hiervon wurden jeweils der anteilige Arbeitnehmerpauschbetrag und elterngeldrechtliche Abzüge für Steuern und Sozialabgaben abgesetzt (§ 2c Abs. 1 i.V.m. §§ 2e und 2f BEEG), sodass sich ein Elterngeld-Netto von monatlich 848,25 Euro und unter Berücksichtigung des sich nach § 2 BEEG zugrunde zu legenden Prozentsatzes von 74,5 % ein monatliches Elterngeld von 631,95 ergab, das in den ersten sechs Lebensmonaten um den Geschwisterbonus von jeweils 75,00 Euro erhöht wurde. Bei der Berechnung berücksichtigte die Beklagte nicht die Ende Januar 2016 nachberechneten Gehälter für die Monate Juli bis Dezember 2015.
Den hiergegen am 6. Juli 2016 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21. September 2016 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 16. September 2016 zurück. Der nachberechnete Betrag von insgesamt 16.800,00 Euro sei nach § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG nicht als Einnahme zu berücksichtigen, da er gemäß der vorliegenden Entgeltabrechnung aus Januar 2016, deren Vollständigkeit und Richtigkeit gemäß § 2c Abs. 2 Satz 2 BEEG vermutet werde, im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstiger Bezug behandelt worden sei.
Hiergegen hat der Kläger am 19. Oktober 2016 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des Nachzahlungsbetrages von 16.800,00 Euro begehrt. Hierbei handele es sich um keine Sonderzahlung, sondern um laufenden Lohn für die Monate Juli bis Dezember 2015, der steuerrechtlich nur deshalb als sonstiger Bezug behandelt werde, weil er später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres zugeflossen sei, für das die Nachzahlung erfolgt sei, und im Steuerrecht das sogenannte Jahresprinzip oder strenge Zuflussprinzip gelte. Dieses strenge Zuflussprinzip sei aber im Zusammenhang mit der Bemessung des Elterngeldes nicht anzuwenden; nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei vielmehr von einem modifizierten Zuflussprinzip auszugehen, nach dem erarbeitetes, aber nachträglich gezahltes Arbeitsentgelt bei Sozialleistungen wie auch dem Elterngeld als Bemessungsgrundlage für den Zeitraum zu berücksichtigen sei, für den es bezahlt worden sei (Hinweis auf BSG, Urteil vom 30. September 2010 – B 10 EG 19/09 R). Diese Rechtsprechung sei auch auf die aktuelle, seit Januar 2015 geltende Rechtslage übertragbar. Selbst wenn man aus der vom Gesetzgeber geäußerten Befürchtung, ein Auseinanderfallen des lohnsteuerrechtlichen und des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs würde den Verwaltungsaufwand steigern (Hinweis auf BT-Drs. 18/2583, S. 24), eine Abkehr von der Rechtsprechung des BSG zum modifizierten Zuflussprinzip herauslesen wollte, könne dies nicht für den vorliegenden Fall gelten. Dies ergebe sich aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG im Lichte des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Der Gesetzgeber habe ausdrücklich Provisionen im Blick gehabt, die angesichts ihres Charakters und der im Verhältnis zum Grundgehalt im Regelfall relativ geringen Höhe nicht vergleichbar seien mit der Nachzahlung laufender Bezüge, die ausschließlich wegen eines Zufalls, nämlich der Zahlung nach dem Jahreswechsel, bei der Bemessung des Elterngeldes nicht berücksichtigt würden, wodurch dieses erheblich gemindert werde. Der ersparte Verwaltungsaufwand sei im Vergleich zu den finanziellen Einbußen des Elterngeldberechtigten gering. Ziel der Anknüpfung an das Einkommen der vergangenen zwölf Monate sei es, einen Anhaltspunkt für den Lebensstandard des Arbeitnehmers zu finden, den das Elterngeld für seine Bezugsdauer teilweise sichern solle. Die Eltern erlitten Einkommenseinbußen, wenn dem Arbeitnehmer zunächst rechtswidrig vorenthaltenes und nach dem Jahreswechsel doch noch ausgezahltes Einkommen als nicht existent behandelt würde. Der Kläger müsse sich nicht entgegenhalten lassen, dass er seinen Lebensstandard während der Monate, in denen ihm sein Gehalt vorenthalten worden sei, möglicherweise reduziert habe. Zum einen habe er in dieser Zeit Arbeitslosengeld bezogen, das nach Erhalt der Nachzahlung zurückgezahlt worden sei, zum anderen sei der Lebensstandard nicht Maßstab für die Berechnung des Elterngeldes.
Die Beklagte ist dem mit der Begründung entgegengetreten, dass die zitierte Rechtsprechung des BSG zur Rechtslage im Jahr 2007 ergangen sei und auf den vorliegenden Fall nicht mehr angewendet werden könne. Spätestens mit der inhaltlichen Neufassung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEG zum 1. Januar 2015 gelte nach dem Wortlaut und der zugrunde liegenden Gesetzesbegründung (Hinweis auf BT-Drs. 18/2583, S. 24, 25) eindeutig, dass Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln seien, nicht bei der Berechnung des Elterngeldes berücksichtigt würden. Nur so sei es möglich, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung als aussagekräftige Grundlage der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung zu nutzen. Der streitige Nachzahlungsbetrag von 16.800,00 Euro sei nach R 39b.2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 LStR 2015 steuerrechtlich korrekt als sonstiger Bezug behandelt worden. Auch das Ziel des Elterngeldes, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmerten, wobei jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbreche oder reduziere, einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten solle, stehe im streitgegenständlichen Fall der Nichtberücksichtigung der Gehaltsnachzahlungen nicht entgegen. Die zum Ende des Bemessungszeitraums erfolgte Nachzahlung habe die finanzielle Situation des Klägers im gesamten Bemessungszeitraum nicht mehr geprägt.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 13. Juni 2017 stattgegeben und die Beklagte "unter Abänderung des Bescheides vom 22. Juni 2016 und des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2016 verpflichtet, bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes des Klägers in die Bemessungsgrundlage den Betrag von 16.800,00 Euro als Bruttoeinkommen einzubeziehen, den der Kläger im Januar 2016 nach entsprechenden Abzügen ausgezahlt erhalten hat". Die in § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG dargestellten Grundsätze seien auf den Fall des Klägers nach ihrem Normzweck nicht anzuwenden. Der Elterngeldberechtigte solle für seine Einkommenseinbußen durch die Elternzeit dasjenige an Einkommen erhalten, was er voraussichtlich unter Zugrundelegung des Bemessungszeitraums während der Elternzeit als Prognose sicher habe erwarten können. Sicher zu erwarten für den Bemessungszeitraum sei hier der regelmäßige Bezug der laufenden Einkünfte aus dem Arbeitsverhältnis gewesen. Diese hätten sich auf monatlich 2.800,00 Euro auch für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2015 belaufen. Der Kläger sei aufgrund des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg mithin so zu stellen, als hätte er diese Einkünfte in den genannten Monaten erhalten. Nur eine solche Vorgehensweise werde dem Elterngeld gerecht. Die Norm des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG habe nämlich nur den Zweck, die Einkünfte aus der Bemessung herauszunehmen, die ein Elterngeldberechtigter neben den laufenden Gehältern als Sonderzahlungen erhalte. Um solche Sonderzahlungen handele es sich bei den hier streitigen 16.800,00 Euro jedoch gerade nicht. Es könne nicht zum Nachteil des Klägers führen, dass die im Januar 2016 erhaltenen 16.800,00 Euro nach den Vorgaben des Einkommensteuerrechts nicht mehr als laufender Bezug hätten ausgewiesen werden können.
Gegen dieses ihr am 26. Juni 2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. Juli 2017 eingelegte Berufung der Beklagten. Das SG wende die geltenden und eindeutigen Regelungen in § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG und § 2c Abs. 2 BEEG nicht rechtskonform an. Der nach der Gesetzesbegründung ebenfalls eindeutige Zweck der Verwaltungsvereinfachung werde nicht erreicht, wenn die zuständige Behörde in jedem Einzelfall nachprüfen müsse, ob entgegen der korrekten Darstellung eines Gehaltsbestandteils in der Entgeltabrechnung als sonstiger Bezug dieser trotzdem bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes zu berücksichtigen sei. Das SG gehe im Übrigen auch zu Unrecht davon aus, dass die Zahlung der insgesamt 16.800,00 Euro innerhalb des Bemessungszeitraums seitens des Klägers sicher zu erwarten gewesen sei, zumal der Arbeitgeber des Klägers gegen das arbeitsgerichtliche Urteil grundsätzlich auch Rechtsmittel hätte einlegen können. Etwaige finanzielle Nachteile, die dem Kläger durch das Verhalten seines Arbeitgebers entstünden, wären allenfalls innerhalb des zivilrechtlichen Verhältnisses zwischen diesen geltend zu machen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Juni 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Gleichsetzung der streitgegenständlichen Nachzahlung mit Provisionen und Tantiemen für rechtswidrig. Die Stichtagsregel nach R 39b.2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 LStR 2015, die auf das Kalenderjahr abstelle und nicht auf einen Zwölfmonatszeitraum vor einem bestimmten Datum, passe nicht zu dem elterngeldrechtlichen Regelungskonzept. Es sei nicht einzusehen, warum eine Zahlung in Höhe von 16.800,00 Euro ohne Einfluss auf den Lebensstandard des Klägers sein solle, weil sie nach dem 21. Januar als lohnsteuerrechtlich relevantem Stichtag (aber immer noch im Bemessungszeitraum des Elterngeldes) zugeflossen sei, wohingegen sie unstreitig hätte berücksichtigt werden müssen, wenn sie nur wenige Tage früher, also vor dem Stichtag, ausgezahlt worden wäre. Er habe dadurch einen Schaden in Höhe von etwa 8.700,00 Euro erlitten und müsse sich nicht auf den nur äußerst geringe Erfolgsaussichten versprechenden Versuch verweisen lassen, einen Ersatz hierfür von seiner Arbeitgeberin einzufordern und ggf. einzuklagen.
Der Senat hat über die Berufung am 18. April 2018 mündlich verhandelt. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Sitzungsniederschrift sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in dessen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung höheren Elterngeldes.
Die Beklagte hat dem die Voraussetzungen nach § 1 BEEG erfüllenden Kläger dem Grunde nach zu Recht wie beantragt für die ersten zwölf Lebensmonate seiner Tochter Nala-Solin Elterngeld bewilligt und dessen Höhe zutreffend unter Anwendung der §§ 2 bis 3 BEEG ermittelt. Insbesondere hat sie zu Recht die erst Ende Januar 2016 nachgezahlten, wenn auch zu großen Teilen aufgrund des Anspruchsübergangs nach Gleichwohlgewährung von Arbeitslosengeld an die Agentur für Arbeit abgeführten 16.800,00 Euro Gehalt für die Monate Juli bis Dezember 2015 nicht bei der Bemessung berücksichtigt.
Nach § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG in der Fassung vom 27. Januar 2015 (BGBl. I S. 33) werden bei der Bemessung des Elterngeldes Einnahmen nicht berücksichtigt, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/2583 S. 24/25) stellt die Regelung klar, dass die Einordnung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen als sonstige Bezüge allein nach lohnsteuerlichen Vorgaben (§ 38a Abs. 1 Satz 3 EStG; LStR als nach Art. 108 Abs. 7 GG erlassene Verwaltungsvorschriften) erfolgt. Nur dann ist es möglich, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung nach § 2c Abs. 2 als aussagekräftige Grundlage der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung zu nutzen (Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen). Ein Auseinanderfallen des lohnsteuerlichen und elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs würde dazu führen, dass die Festlegungen in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen schon im Grundsatz nach nicht mehr unmittelbar für die Elterngeldberechnung genutzt werden könnten. Dies würde den Verwaltungsaufwand erheblich steigern. Nach dieser Regelung sind demnach alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (siehe u.a. R 39b.2 Abs. 2 LStR), auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln. Dies gilt insbesondere auch für Provisionen.
Angesichts dieses klaren Wortlauts und des ebenso klar formulierten gesetzgeberischen Zwecks kommt eine Nichtanwendung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG nach Überzeugung des Senats entgegen der Auffassung des SG vorliegend nicht in Betracht.
Zunächst ist eine Beschränkung der Anwendung der Regelungen in R 39b.2 Abs. 2 LStR auf Provisionen und vergleichbare "Sonderzahlungen" weder mit dem Wortlaut noch mit der Zielsetzung der Vorschrift vereinbar. Die Provisionen wurden in der Gesetzesbegründung nur beispielhaft erwähnt. Gewollt war eine komplette Angleichung der lohnsteuerlichen an die elterngeldliche Behandlung. Wenn der Gesetzgeber einzelne Konstellationen wie diejenige nach R 39b.2 Abs. 2 Nr. 8 LStR von der Anwendbarkeit hätte ausnehmen wollen, hätte er dies ausdrücklich regeln müssen, wobei dem erkennenden Senat nicht ersichtlich ist, mit welcher Begründung dies angesichts der Zielrichtung hätte geschehen können.
Die frühere Rechtsprechung des BSG, wonach die am Jahresprinzip des § 2 Abs. 2 EStG orientierte lohnsteuerrechtliche Zuordnung, wonach später als drei Wochen nach Jahresende für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Jahres zugeflossen Arbeitslohn als sonstiger Bezug im Folgejahr bezeichnet ist, im Rahmen des früheren § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG in der Fassung vom 5. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2748) nicht zu übernehmen, sondern vielmehr im Rahmen des zum damals geltenden Recht vom BSG entwickelten modifizierten Zuflussprinzips den Lohnabrechnungszeiträumen als "erzielt" zuzurechnen ist (s. nur BSG, Urteil vom 18. August 2011 – B 10 EG 5/11 R, SozR 4-7837 § 2 Nr. 11), ist spätestens mit der Neufassung der §§ 2 und 2c durch Bekanntmachung vom 27. Januar 2015 (BGBl. I S. 33) obsolet.
Dabei kann letztlich sogar dahingestellt bleiben, ob für das modifizierte Zuflussprinzip im Elterngeldrecht nach der Änderung des § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG mit Wirkung ab 18. September 2012 (BGBl. I S. 1878) überhaupt noch Raum ist, mit der auf den bis dahin verwendeten Begriff der "Einkommenserzielung" verzichtet und dieser ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/9841, S. 18) vor dem Hintergrund der anderslautenden BSG-Rechtsprechung zur Klarstellung, dass das elterngeldrechtliche Einkommen auch hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung von Einnahmen in Anlehnung an den steuerlichen Einkommensbegriff ermittelt wird, durch den Begriff des "Einkommenhabens" ersetzt wurde (so aber Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 23. November 2017 – L 9 EG 27/16, juris ( Revision beim BSG anhängig – B 10 EG 2/18 R); a.A.: Thüringer LSG, Urteil vom 15. Juni 2017 – L 2 EG 1402/15, juris ( Revision beim BSG anhängig – B 10 EG 1/18 R) und Sächsisches LSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – L 7 EG 1/15, juris, denen sich der erkennende Senat nach eigener Überzeugungsbildung anschließt), wobei das BSG bereits in seinem Beschluss vom 21. Juni 2016 – B 10 EG 5/16 B, juris, angedeutet hat, dass es seine Rechtsprechung (nunmehr) entsprechend dem mehrfach deutlich geäußerten gesetzgeberischen Willen ändern werde.
Denn jedenfalls ist die streitgegenständliche Betrag von 16.800,00 Euro im Lohnsteuerabzugsverfahren bestandskräftig als "sonstiger Bezug" gezahlt worden, sodass er unabhängig von der Frage der zeitlichen Zuordnung des Bezugs nach § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG nicht berücksichtigt werden kann.
Zu dieser Regelung hat das BSG in Bezug auf sogenannte Quartalsprovisionen in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2017 – B 10 EG 7/17 R, juris, in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung Folgendes ausgeführt: Nach Wortlaut, Systematik, Normzweck und Entstehungsgeschichte erfasst diese Ausnahme alle Entgeltbestandteile, die abweichend vom regelmäßigen – hier monatlichen – Lohnzahlungszeitraum abgerechnet und gezahlt werden. Mit dieser doppelten Anknüpfung an das materielle und das Steuerverfahrensrecht eröffnet schon der Wortlaut des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG keinen Auslegungsspielraum dafür, bei der Elterngeldbemessung auf andere als steuerrechtliche Begriffe zurückzugreifen wie etwa auf denjenigen der Einmalzahlung im Sinne des § 23a Viertes Buch Sozialgesetzbuch. Deshalb lässt das Gesetz in seiner ab dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung auch keine elterngeldspezifische Auslegung des Tatbestandsmerkmals der sonstigen Bezüge mehr zu. Vielmehr entspricht nur eine strenge Bindung an das formelle und materielle Steuerrecht der erklärten Zielsetzung des Gesetzgebers, wie sie maßgeblich in der Entstehungsgeschichte zum Ausdruck kommt. (wird ausgeführt) Eine einschränkende Auslegung der Ausschlussklausel des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEG ist deshalb nicht mehr möglich. Sie würde sich gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers stellen. Sie überschritte damit die Grenzen zulässiger Auslegung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 1 BvR 918/10, BVerfGE 128, 193, 210). Unter der neuen Gesetzesfassung kann daher die bisherige Rechtsprechung des Senats ( ...) und der darin gefundene, elterngeldrechtlich modifizierte lohnsteuerrechtliche Begriff der sonstigen Bezüge nicht mehr weitergeführt werden. Die vom Gesetzgeber schon seit langem gewollte und nunmehr auch vom BSG akzeptierte strikte Anbindung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs an den lohnsteuerlichen hat es in einer weiteren Entscheidung vom 14. Dezember 2017 (B 10 EG 4/17 R, s. Terminbericht Nr. 61/17) und in einer solchen vom 8. März 2018 (B 10 EG 8/16 R, s. Pressemitteilung Nr. 11/2018) bekräftigt.
Entgegen der Auffassung des Klägers sowie des SG läuft die Anwendung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG im vorliegenden Fall dem Zweck des BEEG nicht zuwider und verletzt den Kläger auch nicht in dessen Grundrechten, insbesondere nicht demjenigen aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Zunächst einmal soll der Elterngeldberechtigte mitnichten für seine Einkommenseinbußen durch die Elternzeit dasjenige an Einkommen erhalten, was er voraussichtlich unter Zugrundelegung des Bemessungszeitraums während der Elternzeit als Prognose sicher habe erwarten können. Abgestellt wird durch das Gesetz vielmehr ausschließlich auf das tatsächlich im Bemessungszeitraum bezogene Einkommen aus abhängiger Beschäftigung oder selbstständiger Tätigkeit. Prognosen werden nicht angestellt. Schließlich werden auch prognostisch nicht erwartete Entgeltersatzleistungen wie Krankengeld bei länger andauernder Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosengeld – wie im vorliegenden Fall – bei Arbeitslosigkeit ausdrücklich nicht berücksichtigt.
Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass das nachgezahlte Entgelt die wirtschaftliche Situation des Klägers nicht im gesamten Bemessungszeitraum zu prägen vermochte, denn es stand ihm tatsächlich erst später zur Verfügung. Es ist nicht ersichtlich, warum er aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend besser behandelt werden sollte als jemand, der in großen Teilen des Bemessungszeitraums Arbeitslosengeld bezog, ohne dass es zu einer Nachzahlung des Arbeitgebers kam, die an die Agentur für Arbeit erstattet wurde. Schließlich war für den Kläger zunächst bis zur Beendigung des arbeitsgerichtlichen Prozesses ungewiss, ob es überhaupt zu einer Nachzahlung kommen würde. Als nächstes war der Zeitpunkt der Nachzahlung alles andere als gewiss. Hätte seine Arbeitgeberin Rechtsmittel eingelegt, wäre es möglicherweise erst außerhalb des Bemessungszeitraums, während des Elterngeldbezugs oder gar nach dem Elterngeldbezug zu einer Nachzahlung gekommen, die jedenfalls in letzterem Fall keine Berücksichtigung hätte finden können. Bei einer Nachzahlung während des Elterngeldbezugs hätte diese unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Klägers und des SG unter Umständen nach § 2 Abs. 3 BEEG sogar zur Absenkung der Elterngeldhöhe führen können. Jedenfalls kann die Ausklammerung "sonstiger Bezüge" aus der Bemessungsgrundlage des Elterngeldes betroffene Eltern im Bemessungszeitraum benachteiligen, während des Elterngeldbezugs dagegen begünstigen (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2017 – B 10 EG 7/17 R, juris).
Dass der der Regelung nach R 39b.2 Abs. 2 Nr. 8 LStR immanente Stichtag zu einer Härte für den Kläger führt, weil der Nachzahlungsbetrag bei einer Nachzahlung vor Ablauf von drei Wochen nach Ende des Kalenderjahres der Bemessung des Elterngeldes zu Grunde gelegt worden wäre, vermag ebenfalls keine Überzeugung des Senats von der Verfassungswidrigkeit der Regelung im Sinne des Art. 100 Abs. 1 GG zu begründen. Stichtage bedingen ihrer Natur entsprechend stets Härten, ohne die dadurch benachteiligten Personen in ihren Grundrechten zu verletzen, wenn sie nicht sachwidrig gewählt wurden (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 3 Rn. 32 m.N.), was vorliegend nicht der Fall ist.
Alles in allem verstößt der von § 2c Abs. 1 Satz 2 BEG angeordnete Ausschluss der sonstigen Bezüge nicht selbstständig Erwerbstätiger aus der Bemessung des Elterngeldes nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die verbleibende belastende Ungleichbehandlung ist durch die Vermeidung von Zufallsergebnissen und insbesondere durch die damit bewirkte wesentliche Verwaltungsvereinfachung im Bereich der Massenverwaltung gerechtfertigt (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2017 – B 10 EG 7/17 R, juris). Die Elterngeldstellen dürfen und müssen die in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen der Arbeitgeber gemachten Angaben mit ihrer Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung (§ 2c Abs. 2 BEEG) der Bemessung des Elterngeldes zu Grunde legen und haben dabei die im Lohnsteuerabzugsverfahren bestandskräftig als "sonstige Bezüge" behandelten Einnahmen nicht zu berücksichtigen, ohne in eine eigene inhaltliche Überprüfung nach besonderen elterngeldrechtlichen Maßstäben eintreten zu müssen. Diese Verwaltungsvereinfachung dient der Verfahrensbeschleunigung und kommt damit allen Elterngeldberechtigten zugute.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Tatbestand:
Im Streit ist ein Anspruch auf höheres Elterngeld unter Berücksichtigung einer im Lohnsteuerabzugsverfahren als "sonstiger Bezug" behandelten Gehaltsnachzahlung bei der Bemessung.
Der 1979 geborene Kläger beantragte unter dem 7. Mai 2016 Basiselterngeld ohne Teilzeittätigkeit für den 1. bis 12. Lebensmonat seiner am xxxxx 2016 geborenen, von ihm seither selbst betreuten und erzogenen Tochter N ... Er lebt mit ihr, der Kindsmutter und einem weiteren, am xxxxx 2013 geborenen gemeinsamen Kind in einem Haushalt an seinem Wohnsitz in H ... Die Kindsmutter stellte keinen Antrag auf Elterngeld. Das zu versteuernde Einkommen des Klägers und der Kindsmutter lag im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes unter 500.000,00 Euro.
Der vor der Geburt seiner Tochter bei der H1 AG als Trainer mit einem monatlichen Bruttogehalt von 2.800,00 Euro beschäftigte Kläger befand sich vom 19. April 2016 bis 18. April 2017 in Elternzeit und war in diesem Zeitraum nicht erwerbstätig. Im Mai 2015 hatte der Kläger ausschließlich Krankengeld bezogen, im Juni 2015 neben Krankengeld ein Gehalt von 2.613,33 Euro, im April 2016 ein solches von 1.680,00 Euro. Das Gehalt von monatlich jeweils 2.800,00 Euro für die Monate Juli bis Dezember 2015 (insgesamt 16.800,00 Euro) war dem Kläger in der Folge eines von ihm erfolgreich geführten Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Hamburg über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung (Urteil vom 25. November 2015 – 4 Ca 103/15) erst aufgrund von Abrechnungen vom 27. Januar 2016 nachgezahlt worden. Dabei erfolgte eine Verrechnung mit den Bezügen für Januar sowie mit dem auf die Agentur für Arbeit übergegangenen Anspruch (§ 115 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) wegen der Gleichwohlgewährung von Arbeitslosengeld (§ 157 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch) im Nachberechnungszeitraum. Im Lohnsteuerabzugsverfahren wurden die Nachzahlungsbeträge entsprechend der bestandskräftig gewordenen Lohnsteueranmeldung nach R 39b.2 Abs. 2 Nr. 8 der Lohnsteuerrichtlinien (LStR) 2015 des Bundesministeriums der Finanzen nicht als laufender Arbeitslohn, sondern als "sonstige Bezüge" (§ 38a Abs. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG)) behandelt, weil sie dem Kläger später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres 2015 zuflossen, in dem die Lohnzahlungszeiträume lagen, für die der Arbeitslohn gezahlt wurde.
Mit Bescheid vom 22. Juni 2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger Elterngeld in Höhe von monatlich jeweils 706,95 Euro für den 1. bis 6. Lebensmonat des Kindes (19. April 2016 bis 18. Oktober 2016, noch unter Berücksichtigung eines Geschwisterbonus nach § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)) und jeweils 631,95 Euro für den 7. bis 12. Lebensmonat (19. Oktober 2016 bis 18. April 2017). Der Berechnung lagen die im Bemessungszeitraum von April 2015 bis März 2016 (§ 2b Abs. 1 BEEG) ausweislich der vorgelegten Gehaltsbescheinigungen der Arbeitgeberin des Klägers (§ 2c Abs. 2 BEEG) erzielten, als laufender Arbeitslohn behandelten Bruttoeinkünfte von insgesamt 13.813,33 Euro zu Grunde (jeweils 2.800,00 Euro für die Monate April 2015, Januar 2016, Februar 2016 und März 2016 sowie 2.613,33 Euro für Juni 2015). Hiervon wurden jeweils der anteilige Arbeitnehmerpauschbetrag und elterngeldrechtliche Abzüge für Steuern und Sozialabgaben abgesetzt (§ 2c Abs. 1 i.V.m. §§ 2e und 2f BEEG), sodass sich ein Elterngeld-Netto von monatlich 848,25 Euro und unter Berücksichtigung des sich nach § 2 BEEG zugrunde zu legenden Prozentsatzes von 74,5 % ein monatliches Elterngeld von 631,95 ergab, das in den ersten sechs Lebensmonaten um den Geschwisterbonus von jeweils 75,00 Euro erhöht wurde. Bei der Berechnung berücksichtigte die Beklagte nicht die Ende Januar 2016 nachberechneten Gehälter für die Monate Juli bis Dezember 2015.
Den hiergegen am 6. Juli 2016 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 21. September 2016 zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 16. September 2016 zurück. Der nachberechnete Betrag von insgesamt 16.800,00 Euro sei nach § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG nicht als Einnahme zu berücksichtigen, da er gemäß der vorliegenden Entgeltabrechnung aus Januar 2016, deren Vollständigkeit und Richtigkeit gemäß § 2c Abs. 2 Satz 2 BEEG vermutet werde, im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstiger Bezug behandelt worden sei.
Hiergegen hat der Kläger am 19. Oktober 2016 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und höheres Elterngeld unter Berücksichtigung des Nachzahlungsbetrages von 16.800,00 Euro begehrt. Hierbei handele es sich um keine Sonderzahlung, sondern um laufenden Lohn für die Monate Juli bis Dezember 2015, der steuerrechtlich nur deshalb als sonstiger Bezug behandelt werde, weil er später als drei Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres zugeflossen sei, für das die Nachzahlung erfolgt sei, und im Steuerrecht das sogenannte Jahresprinzip oder strenge Zuflussprinzip gelte. Dieses strenge Zuflussprinzip sei aber im Zusammenhang mit der Bemessung des Elterngeldes nicht anzuwenden; nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei vielmehr von einem modifizierten Zuflussprinzip auszugehen, nach dem erarbeitetes, aber nachträglich gezahltes Arbeitsentgelt bei Sozialleistungen wie auch dem Elterngeld als Bemessungsgrundlage für den Zeitraum zu berücksichtigen sei, für den es bezahlt worden sei (Hinweis auf BSG, Urteil vom 30. September 2010 – B 10 EG 19/09 R). Diese Rechtsprechung sei auch auf die aktuelle, seit Januar 2015 geltende Rechtslage übertragbar. Selbst wenn man aus der vom Gesetzgeber geäußerten Befürchtung, ein Auseinanderfallen des lohnsteuerrechtlichen und des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs würde den Verwaltungsaufwand steigern (Hinweis auf BT-Drs. 18/2583, S. 24), eine Abkehr von der Rechtsprechung des BSG zum modifizierten Zuflussprinzip herauslesen wollte, könne dies nicht für den vorliegenden Fall gelten. Dies ergebe sich aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG im Lichte des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Der Gesetzgeber habe ausdrücklich Provisionen im Blick gehabt, die angesichts ihres Charakters und der im Verhältnis zum Grundgehalt im Regelfall relativ geringen Höhe nicht vergleichbar seien mit der Nachzahlung laufender Bezüge, die ausschließlich wegen eines Zufalls, nämlich der Zahlung nach dem Jahreswechsel, bei der Bemessung des Elterngeldes nicht berücksichtigt würden, wodurch dieses erheblich gemindert werde. Der ersparte Verwaltungsaufwand sei im Vergleich zu den finanziellen Einbußen des Elterngeldberechtigten gering. Ziel der Anknüpfung an das Einkommen der vergangenen zwölf Monate sei es, einen Anhaltspunkt für den Lebensstandard des Arbeitnehmers zu finden, den das Elterngeld für seine Bezugsdauer teilweise sichern solle. Die Eltern erlitten Einkommenseinbußen, wenn dem Arbeitnehmer zunächst rechtswidrig vorenthaltenes und nach dem Jahreswechsel doch noch ausgezahltes Einkommen als nicht existent behandelt würde. Der Kläger müsse sich nicht entgegenhalten lassen, dass er seinen Lebensstandard während der Monate, in denen ihm sein Gehalt vorenthalten worden sei, möglicherweise reduziert habe. Zum einen habe er in dieser Zeit Arbeitslosengeld bezogen, das nach Erhalt der Nachzahlung zurückgezahlt worden sei, zum anderen sei der Lebensstandard nicht Maßstab für die Berechnung des Elterngeldes.
Die Beklagte ist dem mit der Begründung entgegengetreten, dass die zitierte Rechtsprechung des BSG zur Rechtslage im Jahr 2007 ergangen sei und auf den vorliegenden Fall nicht mehr angewendet werden könne. Spätestens mit der inhaltlichen Neufassung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEG zum 1. Januar 2015 gelte nach dem Wortlaut und der zugrunde liegenden Gesetzesbegründung (Hinweis auf BT-Drs. 18/2583, S. 24, 25) eindeutig, dass Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerrechtlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln seien, nicht bei der Berechnung des Elterngeldes berücksichtigt würden. Nur so sei es möglich, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung als aussagekräftige Grundlage der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung zu nutzen. Der streitige Nachzahlungsbetrag von 16.800,00 Euro sei nach R 39b.2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 LStR 2015 steuerrechtlich korrekt als sonstiger Bezug behandelt worden. Auch das Ziel des Elterngeldes, Familien bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage zu unterstützen, wenn sich Eltern vorrangig um die Betreuung ihrer Kinder kümmerten, wobei jeder betreuende Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit unterbreche oder reduziere, einen an seinem individuellen Einkommen orientierten Ausgleich für die finanziellen Einschränkungen im ersten Lebensjahr des Kindes erhalten solle, stehe im streitgegenständlichen Fall der Nichtberücksichtigung der Gehaltsnachzahlungen nicht entgegen. Die zum Ende des Bemessungszeitraums erfolgte Nachzahlung habe die finanzielle Situation des Klägers im gesamten Bemessungszeitraum nicht mehr geprägt.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 13. Juni 2017 stattgegeben und die Beklagte "unter Abänderung des Bescheides vom 22. Juni 2016 und des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2016 verpflichtet, bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes des Klägers in die Bemessungsgrundlage den Betrag von 16.800,00 Euro als Bruttoeinkommen einzubeziehen, den der Kläger im Januar 2016 nach entsprechenden Abzügen ausgezahlt erhalten hat". Die in § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG dargestellten Grundsätze seien auf den Fall des Klägers nach ihrem Normzweck nicht anzuwenden. Der Elterngeldberechtigte solle für seine Einkommenseinbußen durch die Elternzeit dasjenige an Einkommen erhalten, was er voraussichtlich unter Zugrundelegung des Bemessungszeitraums während der Elternzeit als Prognose sicher habe erwarten können. Sicher zu erwarten für den Bemessungszeitraum sei hier der regelmäßige Bezug der laufenden Einkünfte aus dem Arbeitsverhältnis gewesen. Diese hätten sich auf monatlich 2.800,00 Euro auch für den Zeitraum von Juli bis Dezember 2015 belaufen. Der Kläger sei aufgrund des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg mithin so zu stellen, als hätte er diese Einkünfte in den genannten Monaten erhalten. Nur eine solche Vorgehensweise werde dem Elterngeld gerecht. Die Norm des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG habe nämlich nur den Zweck, die Einkünfte aus der Bemessung herauszunehmen, die ein Elterngeldberechtigter neben den laufenden Gehältern als Sonderzahlungen erhalte. Um solche Sonderzahlungen handele es sich bei den hier streitigen 16.800,00 Euro jedoch gerade nicht. Es könne nicht zum Nachteil des Klägers führen, dass die im Januar 2016 erhaltenen 16.800,00 Euro nach den Vorgaben des Einkommensteuerrechts nicht mehr als laufender Bezug hätten ausgewiesen werden können.
Gegen dieses ihr am 26. Juni 2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. Juli 2017 eingelegte Berufung der Beklagten. Das SG wende die geltenden und eindeutigen Regelungen in § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG und § 2c Abs. 2 BEEG nicht rechtskonform an. Der nach der Gesetzesbegründung ebenfalls eindeutige Zweck der Verwaltungsvereinfachung werde nicht erreicht, wenn die zuständige Behörde in jedem Einzelfall nachprüfen müsse, ob entgegen der korrekten Darstellung eines Gehaltsbestandteils in der Entgeltabrechnung als sonstiger Bezug dieser trotzdem bei der Berechnung der Höhe des Elterngeldes zu berücksichtigen sei. Das SG gehe im Übrigen auch zu Unrecht davon aus, dass die Zahlung der insgesamt 16.800,00 Euro innerhalb des Bemessungszeitraums seitens des Klägers sicher zu erwarten gewesen sei, zumal der Arbeitgeber des Klägers gegen das arbeitsgerichtliche Urteil grundsätzlich auch Rechtsmittel hätte einlegen können. Etwaige finanzielle Nachteile, die dem Kläger durch das Verhalten seines Arbeitgebers entstünden, wären allenfalls innerhalb des zivilrechtlichen Verhältnisses zwischen diesen geltend zu machen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 13. Juni 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Gleichsetzung der streitgegenständlichen Nachzahlung mit Provisionen und Tantiemen für rechtswidrig. Die Stichtagsregel nach R 39b.2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8 LStR 2015, die auf das Kalenderjahr abstelle und nicht auf einen Zwölfmonatszeitraum vor einem bestimmten Datum, passe nicht zu dem elterngeldrechtlichen Regelungskonzept. Es sei nicht einzusehen, warum eine Zahlung in Höhe von 16.800,00 Euro ohne Einfluss auf den Lebensstandard des Klägers sein solle, weil sie nach dem 21. Januar als lohnsteuerrechtlich relevantem Stichtag (aber immer noch im Bemessungszeitraum des Elterngeldes) zugeflossen sei, wohingegen sie unstreitig hätte berücksichtigt werden müssen, wenn sie nur wenige Tage früher, also vor dem Stichtag, ausgezahlt worden wäre. Er habe dadurch einen Schaden in Höhe von etwa 8.700,00 Euro erlitten und müsse sich nicht auf den nur äußerst geringe Erfolgsaussichten versprechenden Versuch verweisen lassen, einen Ersatz hierfür von seiner Arbeitgeberin einzufordern und ggf. einzuklagen.
Der Senat hat über die Berufung am 18. April 2018 mündlich verhandelt. Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Sitzungsniederschrift sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in dessen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung höheren Elterngeldes.
Die Beklagte hat dem die Voraussetzungen nach § 1 BEEG erfüllenden Kläger dem Grunde nach zu Recht wie beantragt für die ersten zwölf Lebensmonate seiner Tochter Nala-Solin Elterngeld bewilligt und dessen Höhe zutreffend unter Anwendung der §§ 2 bis 3 BEEG ermittelt. Insbesondere hat sie zu Recht die erst Ende Januar 2016 nachgezahlten, wenn auch zu großen Teilen aufgrund des Anspruchsübergangs nach Gleichwohlgewährung von Arbeitslosengeld an die Agentur für Arbeit abgeführten 16.800,00 Euro Gehalt für die Monate Juli bis Dezember 2015 nicht bei der Bemessung berücksichtigt.
Nach § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG in der Fassung vom 27. Januar 2015 (BGBl. I S. 33) werden bei der Bemessung des Elterngeldes Einnahmen nicht berücksichtigt, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/2583 S. 24/25) stellt die Regelung klar, dass die Einordnung von Lohn- und Gehaltsbestandteilen als sonstige Bezüge allein nach lohnsteuerlichen Vorgaben (§ 38a Abs. 1 Satz 3 EStG; LStR als nach Art. 108 Abs. 7 GG erlassene Verwaltungsvorschriften) erfolgt. Nur dann ist es möglich, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entsprechend der gesetzgeberischen Zielsetzung nach § 2c Abs. 2 als aussagekräftige Grundlage der elterngeldrechtlichen Einkommensermittlung zu nutzen (Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen). Ein Auseinanderfallen des lohnsteuerlichen und elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs würde dazu führen, dass die Festlegungen in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen schon im Grundsatz nach nicht mehr unmittelbar für die Elterngeldberechnung genutzt werden könnten. Dies würde den Verwaltungsaufwand erheblich steigern. Nach dieser Regelung sind demnach alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (siehe u.a. R 39b.2 Abs. 2 LStR), auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln. Dies gilt insbesondere auch für Provisionen.
Angesichts dieses klaren Wortlauts und des ebenso klar formulierten gesetzgeberischen Zwecks kommt eine Nichtanwendung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG nach Überzeugung des Senats entgegen der Auffassung des SG vorliegend nicht in Betracht.
Zunächst ist eine Beschränkung der Anwendung der Regelungen in R 39b.2 Abs. 2 LStR auf Provisionen und vergleichbare "Sonderzahlungen" weder mit dem Wortlaut noch mit der Zielsetzung der Vorschrift vereinbar. Die Provisionen wurden in der Gesetzesbegründung nur beispielhaft erwähnt. Gewollt war eine komplette Angleichung der lohnsteuerlichen an die elterngeldliche Behandlung. Wenn der Gesetzgeber einzelne Konstellationen wie diejenige nach R 39b.2 Abs. 2 Nr. 8 LStR von der Anwendbarkeit hätte ausnehmen wollen, hätte er dies ausdrücklich regeln müssen, wobei dem erkennenden Senat nicht ersichtlich ist, mit welcher Begründung dies angesichts der Zielrichtung hätte geschehen können.
Die frühere Rechtsprechung des BSG, wonach die am Jahresprinzip des § 2 Abs. 2 EStG orientierte lohnsteuerrechtliche Zuordnung, wonach später als drei Wochen nach Jahresende für Lohnzahlungszeiträume des abgelaufenen Jahres zugeflossen Arbeitslohn als sonstiger Bezug im Folgejahr bezeichnet ist, im Rahmen des früheren § 2 Abs. 7 Satz 2 BEEG in der Fassung vom 5. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2748) nicht zu übernehmen, sondern vielmehr im Rahmen des zum damals geltenden Recht vom BSG entwickelten modifizierten Zuflussprinzips den Lohnabrechnungszeiträumen als "erzielt" zuzurechnen ist (s. nur BSG, Urteil vom 18. August 2011 – B 10 EG 5/11 R, SozR 4-7837 § 2 Nr. 11), ist spätestens mit der Neufassung der §§ 2 und 2c durch Bekanntmachung vom 27. Januar 2015 (BGBl. I S. 33) obsolet.
Dabei kann letztlich sogar dahingestellt bleiben, ob für das modifizierte Zuflussprinzip im Elterngeldrecht nach der Änderung des § 2 Abs. 1 Satz 3 BEEG mit Wirkung ab 18. September 2012 (BGBl. I S. 1878) überhaupt noch Raum ist, mit der auf den bis dahin verwendeten Begriff der "Einkommenserzielung" verzichtet und dieser ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/9841, S. 18) vor dem Hintergrund der anderslautenden BSG-Rechtsprechung zur Klarstellung, dass das elterngeldrechtliche Einkommen auch hinsichtlich der zeitlichen Zuordnung von Einnahmen in Anlehnung an den steuerlichen Einkommensbegriff ermittelt wird, durch den Begriff des "Einkommenhabens" ersetzt wurde (so aber Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 23. November 2017 – L 9 EG 27/16, juris ( Revision beim BSG anhängig – B 10 EG 2/18 R); a.A.: Thüringer LSG, Urteil vom 15. Juni 2017 – L 2 EG 1402/15, juris ( Revision beim BSG anhängig – B 10 EG 1/18 R) und Sächsisches LSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – L 7 EG 1/15, juris, denen sich der erkennende Senat nach eigener Überzeugungsbildung anschließt), wobei das BSG bereits in seinem Beschluss vom 21. Juni 2016 – B 10 EG 5/16 B, juris, angedeutet hat, dass es seine Rechtsprechung (nunmehr) entsprechend dem mehrfach deutlich geäußerten gesetzgeberischen Willen ändern werde.
Denn jedenfalls ist die streitgegenständliche Betrag von 16.800,00 Euro im Lohnsteuerabzugsverfahren bestandskräftig als "sonstiger Bezug" gezahlt worden, sodass er unabhängig von der Frage der zeitlichen Zuordnung des Bezugs nach § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG nicht berücksichtigt werden kann.
Zu dieser Regelung hat das BSG in Bezug auf sogenannte Quartalsprovisionen in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2017 – B 10 EG 7/17 R, juris, in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung Folgendes ausgeführt: Nach Wortlaut, Systematik, Normzweck und Entstehungsgeschichte erfasst diese Ausnahme alle Entgeltbestandteile, die abweichend vom regelmäßigen – hier monatlichen – Lohnzahlungszeitraum abgerechnet und gezahlt werden. Mit dieser doppelten Anknüpfung an das materielle und das Steuerverfahrensrecht eröffnet schon der Wortlaut des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG keinen Auslegungsspielraum dafür, bei der Elterngeldbemessung auf andere als steuerrechtliche Begriffe zurückzugreifen wie etwa auf denjenigen der Einmalzahlung im Sinne des § 23a Viertes Buch Sozialgesetzbuch. Deshalb lässt das Gesetz in seiner ab dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung auch keine elterngeldspezifische Auslegung des Tatbestandsmerkmals der sonstigen Bezüge mehr zu. Vielmehr entspricht nur eine strenge Bindung an das formelle und materielle Steuerrecht der erklärten Zielsetzung des Gesetzgebers, wie sie maßgeblich in der Entstehungsgeschichte zum Ausdruck kommt. (wird ausgeführt) Eine einschränkende Auslegung der Ausschlussklausel des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEG ist deshalb nicht mehr möglich. Sie würde sich gegen den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers stellen. Sie überschritte damit die Grenzen zulässiger Auslegung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2011 – 1 BvR 918/10, BVerfGE 128, 193, 210). Unter der neuen Gesetzesfassung kann daher die bisherige Rechtsprechung des Senats ( ...) und der darin gefundene, elterngeldrechtlich modifizierte lohnsteuerrechtliche Begriff der sonstigen Bezüge nicht mehr weitergeführt werden. Die vom Gesetzgeber schon seit langem gewollte und nunmehr auch vom BSG akzeptierte strikte Anbindung des elterngeldrechtlichen Einkommensbegriffs an den lohnsteuerlichen hat es in einer weiteren Entscheidung vom 14. Dezember 2017 (B 10 EG 4/17 R, s. Terminbericht Nr. 61/17) und in einer solchen vom 8. März 2018 (B 10 EG 8/16 R, s. Pressemitteilung Nr. 11/2018) bekräftigt.
Entgegen der Auffassung des Klägers sowie des SG läuft die Anwendung des § 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG im vorliegenden Fall dem Zweck des BEEG nicht zuwider und verletzt den Kläger auch nicht in dessen Grundrechten, insbesondere nicht demjenigen aus Art. 3 Abs. 1 GG.
Zunächst einmal soll der Elterngeldberechtigte mitnichten für seine Einkommenseinbußen durch die Elternzeit dasjenige an Einkommen erhalten, was er voraussichtlich unter Zugrundelegung des Bemessungszeitraums während der Elternzeit als Prognose sicher habe erwarten können. Abgestellt wird durch das Gesetz vielmehr ausschließlich auf das tatsächlich im Bemessungszeitraum bezogene Einkommen aus abhängiger Beschäftigung oder selbstständiger Tätigkeit. Prognosen werden nicht angestellt. Schließlich werden auch prognostisch nicht erwartete Entgeltersatzleistungen wie Krankengeld bei länger andauernder Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosengeld – wie im vorliegenden Fall – bei Arbeitslosigkeit ausdrücklich nicht berücksichtigt.
Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass das nachgezahlte Entgelt die wirtschaftliche Situation des Klägers nicht im gesamten Bemessungszeitraum zu prägen vermochte, denn es stand ihm tatsächlich erst später zur Verfügung. Es ist nicht ersichtlich, warum er aus verfassungsrechtlichen Gründen zwingend besser behandelt werden sollte als jemand, der in großen Teilen des Bemessungszeitraums Arbeitslosengeld bezog, ohne dass es zu einer Nachzahlung des Arbeitgebers kam, die an die Agentur für Arbeit erstattet wurde. Schließlich war für den Kläger zunächst bis zur Beendigung des arbeitsgerichtlichen Prozesses ungewiss, ob es überhaupt zu einer Nachzahlung kommen würde. Als nächstes war der Zeitpunkt der Nachzahlung alles andere als gewiss. Hätte seine Arbeitgeberin Rechtsmittel eingelegt, wäre es möglicherweise erst außerhalb des Bemessungszeitraums, während des Elterngeldbezugs oder gar nach dem Elterngeldbezug zu einer Nachzahlung gekommen, die jedenfalls in letzterem Fall keine Berücksichtigung hätte finden können. Bei einer Nachzahlung während des Elterngeldbezugs hätte diese unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Klägers und des SG unter Umständen nach § 2 Abs. 3 BEEG sogar zur Absenkung der Elterngeldhöhe führen können. Jedenfalls kann die Ausklammerung "sonstiger Bezüge" aus der Bemessungsgrundlage des Elterngeldes betroffene Eltern im Bemessungszeitraum benachteiligen, während des Elterngeldbezugs dagegen begünstigen (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2017 – B 10 EG 7/17 R, juris).
Dass der der Regelung nach R 39b.2 Abs. 2 Nr. 8 LStR immanente Stichtag zu einer Härte für den Kläger führt, weil der Nachzahlungsbetrag bei einer Nachzahlung vor Ablauf von drei Wochen nach Ende des Kalenderjahres der Bemessung des Elterngeldes zu Grunde gelegt worden wäre, vermag ebenfalls keine Überzeugung des Senats von der Verfassungswidrigkeit der Regelung im Sinne des Art. 100 Abs. 1 GG zu begründen. Stichtage bedingen ihrer Natur entsprechend stets Härten, ohne die dadurch benachteiligten Personen in ihren Grundrechten zu verletzen, wenn sie nicht sachwidrig gewählt wurden (Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 3 Rn. 32 m.N.), was vorliegend nicht der Fall ist.
Alles in allem verstößt der von § 2c Abs. 1 Satz 2 BEG angeordnete Ausschluss der sonstigen Bezüge nicht selbstständig Erwerbstätiger aus der Bemessung des Elterngeldes nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die verbleibende belastende Ungleichbehandlung ist durch die Vermeidung von Zufallsergebnissen und insbesondere durch die damit bewirkte wesentliche Verwaltungsvereinfachung im Bereich der Massenverwaltung gerechtfertigt (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2017 – B 10 EG 7/17 R, juris). Die Elterngeldstellen dürfen und müssen die in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen der Arbeitgeber gemachten Angaben mit ihrer Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung (§ 2c Abs. 2 BEEG) der Bemessung des Elterngeldes zu Grunde legen und haben dabei die im Lohnsteuerabzugsverfahren bestandskräftig als "sonstige Bezüge" behandelten Einnahmen nicht zu berücksichtigen, ohne in eine eigene inhaltliche Überprüfung nach besonderen elterngeldrechtlichen Maßstäben eintreten zu müssen. Diese Verwaltungsvereinfachung dient der Verfahrensbeschleunigung und kommt damit allen Elterngeldberechtigten zugute.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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HAM
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