L 14 AS 1760/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 175 AS 20201/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AS 1760/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juni 2015 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Untätigkeit des Beklagten im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens.

Durch anwaltliches Schreiben vom 13. November 2010 beantragte der Prozessbevollmächtigte beim Beklagten die Festsetzung von Kosten für ein für die Kläger zum Aktenzeichen W geführtes Widerspruchsverfahren i.H.v. 880,60 EUR.

Mit der beim Sozialgericht Berlin (SG) am 19. August 2013 erhobenen Untätigkeitsklage haben die Kläger unter Beifügung einer Kopie des Kostenfestsetzungsantrags vom 13. November 2010 beantragt, den Beklagten zu verurteilen, über den Kostenfestsetzungsantrag zu entscheiden. Der Beklagte habe nach über 24 Monaten noch keine Entscheidung getroffen, so dass gemäß § 88 Abs. 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die Klage zulässig sei. Zureichende Gründe, warum noch nicht über den Antrag entschieden worden sei, seien nicht ersichtlich. Die Kosten seien den Mandanten in Rechnung gestellt worden, aber Zahlungen seien nicht erfolgt.

Der Beklagte hat unter Anführung diverser Nachweise aus der Rechtsprechung vorgetragen, die Klage sei mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Eine Bescheidungspflicht nach § 88 SGG liege nicht vor, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinen denkbaren Umständen bestehe. Da das der Kostenrechnung zu Grunde liegende Widerspruchsverfahren im Jahr 2010 beendet worden sei, sei der Anspruch des Verfahrensbevollmächtigten gegen die Kläger auf Kostenerstattung mit Ablauf des Jahres 2013 verjährt. Die Kläger seien mithin keiner Kostenlast durch die Rechtsvertretung (mehr) ausgesetzt. Eine Bescheidung des Kostenerstattungsanspruchs setze aber voraus, dass die Kläger bereits Zahlungen vorgenommen hätten, deren Erstattung sie nunmehr begehrten, oder dass sie einer Kostenpflicht gegenüber ihrem Rechtsvertreter ausgesetzt seien, deren Befreiung sie begehrten. Beides sei nicht der Fall. Das formelle Recht auf Bescheidung an sich sei nicht Selbstzweck, sondern müsse immer der Durchsetzung materieller Ansprüche dienen. Ein Rechtsschutzbedürfnis sei u.a. dann zu verneinen, wenn der Kläger mit der begehrten gerichtlichen Entscheidung keinerlei nennenswerte rechtliche oder tatsächliche Vorteile erlangen könne und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb für ihn nutzlos erscheine (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21. November 1996 – 4 C 13/95 - juris; SG Nordhausen, Beschluss vom 02. Februar 2012 - S 12 AS 2975/10, Rn. 16, juris). Die Kläger seien auch nicht aktivlegitimiert. Der Verfahrensbevollmächtigte habe einen für das Widerspruchsverfahren ausgestellten Beratungshilfeschein vom 11. Dezember 2009 übersandt. Nach § 9 S. 2 Beratungshilfegesetz (BerHG) gehe der Anspruch auf Kostenerstattung auf die Beratungsperson, mithin den bereits im Widerspruchsverfahren tätigen Bevollmächtigten über. Aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs seien die Kläger des vorliegenden Klageverfahrens nicht Anspruchsinhaber der Forderung, mithin auch nicht aktivlegitimiert. Der Verfahrensbevollmächtigte hätte die Klage als Forderungsinhaber daher im eigenen Namen erheben müssen, was nicht geschehen sei.

Der Prozessbevollmächtigte hat erwidert, dass der Zeitpunkt der Rechnungsstellung an die Kläger sowie die Einrede der Verjährung durch den Beklagten nicht einschlägig seien, da er im Rahmen der Beratungshilfe den Klägern keine Rechnung stellen könne. Dem Beklagten stehe auch nicht die Einrede der Verjährung zu, diese stehe dem jeweiligen Schuldner zu.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2015 den Beklagten verurteilt, den Kostenfestsetzungsantrag vom 13. November 2010 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden. Die Voraussetzungen für eine Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 1 S. 1 SGG seien erfüllt, denn der Kostenfestsetzungsantrag sei vom Beklagten nicht binnen 6 Monaten beschieden worden, ohne dass ein zureichender Grund hierfür ersichtlich wäre. Der Klage gehe auch nicht die Aktivlegitimation der Kläger oder das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ab. Bei gebotener Auslegung des Kostenfestsetzungsantrags hätten die Kläger selbst die Kostenfestsetzung beantragt und berühmten sich daher eines entsprechenden Bescheidungsanspruchs gegenüber dem Beklagten, was für die Aktivlegitimation hinreichend sei. Es bestehe auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Im Rahmen der Untätigkeitsklage komme es grundsätzlich nicht darauf an, ob in der Sache selbst ein Anspruch bestehe oder der beantragte Verwaltungsakt materiell-rechtliche Wirkung entfalte, es sei denn, ein materiell-rechtlicher Anspruch scheide offensichtlich unter jedem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt aus und die Erhebung der Untätigkeitsklage sei im Ergebnis völlig nutzlos (Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 88 Rn. 4a). Das Untätigkeitsklageverfahren sei nur der prozessualen Durchsetzung eines Bescheidungsanspruchs, nicht aber der Inzidenter- oder Vorabprüfung von Sach- und Rechtsfragen im Hinblick auf die eigentliche Sachentscheidung zu dienen bestimmt. Ein anderes Verständnis der Untätigkeitsklage wäre mit Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) nicht vereinbar, da andernfalls die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung behördlicher Sachentscheidungen unterlaufen würde (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 11. November 2013, B 2 U 36/02 R, juris, Rn. 16; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Februar 2013, L 32 AS 5/13 B PKH, juris, Rn. 33 und Leitherer a.a.O., § 88 Rn. 7b). Einem Bescheidungsanspruch stehe auch nicht eine Verjährung der anwaltlichen Gebührenforderung entgegen. Da der Beklagte nicht am Schuldverhältnis zwischen den Klägern und ihrem Prozessbevollmächtigten beteiligt sei, könne er sich nicht unmittelbar auf die Einrede der Verjährung berufen, vielmehr könnte er allenfalls im Kostenfestsetzungsverfahren über die Grundsätze von Treu und Glauben den Kostenfestsetzungsantrag unter Verweis auf einen Verstoß gegen die Kostenminderungspflicht ablehnen. Sollten nämlich im Verhältnis der Kläger zu ihrem Bevollmächtigten tatsächlich die Voraussetzungen der Verjährung eingetreten sein, würde es möglicherweise an notwendigen Aufwendungen im Sinne des § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) fehlen (vgl. SG Berlin, Urteil vom 20. August 2014, S 204 AS 14829/13, juris, Rn. 16). Es sei jedoch fraglich, ob der Beklagte sich nach Treu und Glauben auf eine entsprechende Kostenminderungspflicht der Kläger berufen könne, da er sich selbst treuwidrig verhalte. So sei die Kostenfestsetzung eindeutig in nicht rechtsverjährter Zeit beantragt worden. Die Umstände, aufgrund derer bis zum Eintritt einer etwaigen Verjährung keine Bescheidung erfolgt sei, rührten alleine und ausschließlich aus der Sphäre des Beklagten, welcher ohne hinreichende Gründe untätig geblieben sei. Wäre die Rechtsauffassung des Beklagten zutreffend, könnte er anwaltliche Gebührenforderungen stets dadurch abwehren, dass er Kostenfestsetzungsanträge nicht bescheide, sich anschließend unter Ausschöpfung aller prozessualen Möglichkeiten gegen darauffolgende Untätigkeitsklagen verteidige und sich sodann auf Verjährung berufe. Schließlich sei auch fraglich, ob nicht in Ermangelung eigener gesetzlicher Bestimmungen für das behördliche Kostenfestsetzungsverfahren die Vorschrift des § 11 Abs. 7 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) entsprechend oder sachgedanklich angewendet werden könne, so dass aus diesem Grund für eine Verjährung kein Raum sei. Auch der Hinweis des Beklagten auf § 9 S. 2 BerHG greife im Ergebnis nicht durch. Nach § 9 S. 1 BerHG habe der Gegner für die Tätigkeit der Beratungsperson die Vergütung nach den allgemeinen Vorschriften zu zahlen, wenn er verpflichtet sei, dem Rechtsuchenden die Kosten der Wahrnehmung seiner Rechte zu ersetzen. Der Anspruch gehe gemäß Satz 2 auf die Beratungsperson über. Vorliegend lasse sich jedoch auch die Auffassung vertreten, dass es an einem Forderungsübergang fehle. So handele es sich beim Kostenerstattungsanspruch aus § 63 SGB X um einen rein verfahrensrechtlichen Kostenerstattungsanspruch (LSG Baden Württemberg, Urteil vom 24. Januar 2012, L 13 AS 831/11, juris, Rn. 20; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Oktober 2013, L 7 AS 1139/12, juris, Rn. 46). Demgegenüber erfasse der Forderungsübergang nach § 9 S. 2 BerHG wohl nur materiell-rechtliche Kostenerstattungsansprüche (so Groß in: Groß, BerH/PKH/VKH, 12. Aufl. 2013, § 9 Rn. 2 und 4, sowie Pukall in: Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, § 44 Rn. 51). Nach alledem habe der Beklagte den Kostenfestsetzungsantrag zu bescheiden, wobei es ihm anheimgestellt sei, entweder mit seiner gegenwärtigen Rechtsauffassung die Kostenfestsetzung abzulehnen und hierdurch eine gerichtliche Überprüfung zu ermöglichen oder aber die Kostenfestsetzung in der beantragten oder in anderer Höhe vorzunehmen.

Gegen den ihm am 23. Juni 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Beklagte am 21. Juli 2015 Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) eingelegt. Er trägt vor, dass die Kläger nicht zur Erhebung der Klage aktivlegitimiert seien, da sie nicht den Kostenfestsetzungsantrag gestellt hätten. Die Kläger hätten einen Berechtigungsschein für Beratungshilfe vorgelegt, was nach § 9 S. 2 BerHG a.F. dazu führe, dass der Anspruch auf den Rechtsanwalt übergehe. Folgerichtig habe er mit seinem Antrag vom 23. November 2010 die Kostenfestsetzung im eigenen Namen beantragt und nicht in Vollmacht und im Namen der Kläger. Die Kläger könnten daher nicht Inhaber eines Anspruchs auf Bescheidung des Kostenfestsetzungsantrags sein. Der Argumentation des SG, der Anspruchsübergang nach § 9 S. 2 BerHG erfasse keine Kostenerstattungsansprüche nach § 63 SGB X könne nicht gefolgt werden. Der gesetzliche Forderungsübergang habe gerade den Zweck, dem Bevollmächtigten zu ermöglichen, Kostenerstattungsansprüche im eigenen Namen geltend zu machen. Bei teleologischer Auslegung der Vorschrift ergebe sich, dass es nicht deren Sinn sein könne, Erstattungsansprüche gegen Behörden auszunehmen. Daher werde auch der Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X vom Forderungsübergang nach § 9 S. 2 BerHG erfasst (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. August 2013, L 34 AS 53/12). Selbst die vom LSG zitierte Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 20. April 2012 - L 19 AS 26/12 B -, Rn. 16) besage: "Vielmehr wäre dieser Anspruch (Ergänzung: Aus § 63 SGB X) auf die Prozessbevollmächtigte durch cessio legis übergegangen." Schließlich wäre der Kostenerstattungsanspruch des Bevollmächtigten aus eigenem Recht verjährt. Er sei auch nicht klageweise geltend gemacht worden. Ein Kostenerstattungsanspruch der Kläger bestehe nicht. Selbst wenn ein Anspruchsübergang nicht stattgefunden habe, könnten die Kläger ihrem Bevollmächtigten die Einrede der Verjährung entgegenhalten. Die Kosten würden daher keine notwendigen Kosten i.S.d. § 63 Abs. 1 SGB X mehr darstellen.

Der Beklagte beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juni 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie tragen vor, die Vorgehensweise des Beklagten, der zunächst durch bloßes Schweigen des Verfahren über einen sehr langen Zeitraum verzögert habe, sich dann auf Verjährung berufe und nunmehr die Zulässigkeit der Klage infrage stelle, widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben bzw. erscheine als unzulässige Rechtsausübung. Der Prozessbevollmächtigte hat Kostenantrag nebst Fax-Sendebericht vom 13. November 2010 zu den Akten gereicht.

Mit Beschluss vom 10. August 2017 ist der Rechtsstreit der Berichterstatterin zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen worden (§ 153 Abs. 5 SGG).

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Verwaltungsakten, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Kläger, über die die nunmehr zuständige Berichterstatterin entsprechend dem Beschluss des Senats vom 10. August 2017 als Einzelrichterin zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet (§ 153 Abs. 5 SGG), ist begründet. Das SG Berlin hat der Klage mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 17. Juni 2015 zu Recht stattgegeben. Es wird zunächst auf die ausführlichen und zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung (Seite 4-6 des Gerichtsbescheids) verwiesen und Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die von den Klägern am 19. August 2013 erhobene Untätigkeitsklage ist zulässig. Eine Untätigkeitsklage ist gemäß § 88 Abs. 1 S. 1 SGG zulässig, wenn ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes vorliegt, hierüber noch nicht entschieden worden ist und seit Stellung dieses Antrages sechs Monate verstrichen sind. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Es ist zunächst davon auszugehen, dass der streitgegenständliche Kostenfestsetzungsantrag vom 13. November 2010, der sich nicht in den vorliegenden Verwaltungsakten befindet, dem Beklagten zugegangen ist. Zwar tragen grundsätzlich die Kläger die materielle Beweislast für den Zugang des Kostenfestsetzungsantrags. Eröffnet jemand den Übermittlungsweg per Telefax, dürfen die aus den technischen Gegebenheiten dieses Kommunikationsmittels herrührenden besonderen Risiken jedoch nicht allein auf den Nutzer dieses Mediums abgewälzt werden. Der Nutzer hat mit der Wahl eines anerkannten Übermittlungsmediums, der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer das seinerseits Erforderliche getan, wenn er so rechtzeitig mit der Übermittlung beginnt, dass unter normalen Umständen mit ihrem rechtzeitigen Abschluss zu rechnen ist (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 1. August 1996, 1 BvR 121/95, Rn. 13, juris). Zwar stellt der Ergebnis-Vermerk "korrekt", wie er aus dem vom Bevollmächtigten vorgelegten Sendebericht vom 13. November 2010, 19:27 Uhr, ersichtlich ist, lediglich ein Indiz für den Zugang eines Telefaxes dar und erbringt insoweit (auch) keinen Anscheinsbeweis. Allerdings belegt der "korrekt-Vermerk" immerhin das Zustandekommen einer Verbindung mit der in der Telefaxbestätigung genannten Nummer. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Schriftstück trotz eines mit einem "OK-Vermerk" versehenen Sendeprotokolls den Empfänger nicht erreicht, ist jedenfalls so gering, dass sich ein Rechtsanwalt in seiner Büroorganisation in Fristsachen auf den "OK-Vermerk" verlassen darf (vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 19. Februar 2014, IV ZR 163/13, Rn. 27 mwN, juris). Für den Zeitpunkt des Zugangs eines Telefaxes wird somit auf den Zeitpunkt abgestellt, in dem das gesendete technische Signal vollständig empfangen (gespeichert) wurde (BGH, Beschluss vom 25. April 2006, IV ZB 20/05, Rn. 18, juris).

Ausgehend hiervon steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Vorlage des Sendeprotokolls mit "korrekt"-Vermerk fest, dass zwischen dem vom Prozessbevollmächtigten und der vom Beklagten genutzten Fax-Empfangseinrichtung am 13. November 2010 eine Leitungsverbindung hergestellt worden ist. Darüber hinaus ist auch davon auszugehen, dass der Kostenfestsetzungsantrag auch vollständig in den Machtbereich des Beklagten (§ 130 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]) gelangt ist und dass die Möglichkeit bestand, von dem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Möglicherweise ist das Fax versehentlich einem anderen Vorgang zugeordnet worden. Da auch der Beklagte den Zugang nicht bestritten hat, hat das Gericht ihn auch nicht zur Äußerung aufgefordert, welches Gerät er an der fraglichen Gegenstelle betreibt, ob die Verbindung im Speicher enthalten ist, ob und in welcher Weise er ein Empfangsjournal führt und dieses ggfs. vorzulegen. Dem Bevollmächtigten kann auch nicht mehr abverlangt werden, als den "korrekt-Sendevermerk" nach Absendung eines Telefaxes aufzubewahren, um den Zugang zu beweisen. Schließlich spricht für den Zugang, dass der vorgelegte Sendebericht nicht nur einen "korrekt-Vermerk", sondern auch gerade einen Auszug des hier streitgegenständlichen Kostenfestsetzungsantrags enthält.

Liegt ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes vor, sind auch die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Untätigkeitsklage gegeben. Der Beklagte hat den Kostenfestsetzungsantrag sachlich nicht beschieden. Sachlich bescheiden bedeutet nicht, dass dem Antrag stattgegeben werden muss, wohl aber, dass in der Sache eine Entscheidung getroffen wird und sei es, den Antrag als unzulässig abzulehnen. Keine sachliche Bescheidung stellt die Weigerung dar, sich mit der Sache zu befassen (BSG, Urteil vom 11. November 2003, B 2 U 36/02 R, juris).

Ein zureichender Grund für die Nicht-Bescheidung in angemessener Frist liegt nicht vor. Insbesondere ist die Rechtsauffassung des Beklagten, dem Antrag auf Kostenerstattung gehe die Erfolgsmöglichkeit ab, kein solcher Grund. Denn selbst wenn ein Leistungsträger meint, ein bestimmter Antrag sei unzulässig oder offensichtlich unbegründet, muss es dem Antragsteller möglich sein, dies gerichtlich überprüfen zu lassen. Dass der Leistungsträger in einem solchen Fall schlicht nichts zu tun braucht, entspricht nicht dem Rechtsschutzsystem, welches das SGG zur Verfügung stellt (vgl. Schmidt, in Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, Schmidt, SGG, § 88 Rdnr. 7 b).

Ob eine Ausnahme zuzulassen ist, wenn der geltend gemachte Anspruch unter keinen denkbaren Umständen bestehen kann, sei dahingestellt. Denn jedenfalls begegnet die Rechtsauffassung des Beklagten, die Kläger seien nicht zur Erhebung der Klage aktivlegitimiert, da sie nicht den Kostenfestsetzungsantrag gestellt hätten, Bedenken. Die Kläger sind Inhaber des geltend gemachten Anspruchs hinsichtlich ihrer Aufwendungen im Vorverfahren nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X. Dass der Kostenfestsetzungsantrag vom 13. November 2010 auf dem Kopfbogen des Rechtsanwalts Aßfalg erstellt worden ist und er nicht ausdrücklich die einzelnen Kläger namentlich aufgeführt hat, ändert nichts daran, dass er für das für die Kläger geführte Widerspruchsverfahren die laut Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 15. Juni 2010 den Klägern zu erstattenden notwendigen Aufwendungen für diese geltend macht. Der streitige Kostenfestsetzungsantrag unterscheidet sich in nichts von den früheren Kostenfestsetzungsanträgen, wie sie sich in den Verwaltungsakten des Beklagten befinden und von ihm beschieden worden sind. Ebenso müssten sich die Kläger selbst - vertreten durch den Rechtsanwalt - beispielsweise gegen eine zu niedrige Kostenfestsetzung wehren. Der Anspruch des Widerspruchsführers auf Übernahme der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung für ein isoliertes Widerspruchsverfahren nach § 63 SGB X gegenüber der Behörde steht nur dem Widerspruchsführer, nicht dagegen dem Rechtsanwalt im eigenen Namen zu. Der Rechtsanwalt könnte dies nicht aus eigenem Recht durchsetzen, denn durch die behördliche Festsetzung wird seine den Klägern erteilte Berechnung nur faktisch betroffen. Das Gebührenrecht billigt dem Rechtsanwalt, dessen Mandant gegenüber einem Dritten einen Kostenerstattungsanspruch besitzt, kein unmittelbares Erstattungsrecht zu (vgl. auch Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 26. März 1986, 4 B 44/86, juris; BSG, Urteil vom 25. Februar 2010, B 11 AL 24/08 R, juris, Rn. 14; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.08.2013, L 34 AS 53/12, juris Rn. 26; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23. März 2018, L 9 AL 201/17 B, juris). Von daher kann der geltend gemachte Kostenfestsetzungsanspruch, wie auch der Betreff "Widerspruchsverfahren B" im Festsetzungsantrag zeigt, nur vom Anwalt für die Kläger geltend gemacht werden, abgesehen davon, dass die Kläger ihrerseits die entstandenen Kosten des Anwalts gar nicht berechnen könnten. Davon abgesehen stellt sich die Aktivlegitimation nicht als eine Zulässigkeitsvoraussetzung der Untätigkeitsklage dar, sondern sie ist in der Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch, also in der Begründetheit, zu prüfen.

Der Einwand des Beklagten, die Forderung sei nach § 9 S. 2 BerHG übergegangen, mag zutreffen oder auch nicht; jedoch würde die Annahme einer Aktivlegitimation der Kläger für die vorliegende Untätigkeitsklage nicht daran scheitern, dass der Beklagte einen Anspruchsübergang auf den Bevollmächtigten annimmt. Denn wie das SG zu Recht festgestellt hat, richtet sich die Untätigkeitsklage allein darauf, dass der Beklagte den Kostenfestsetzungsantrag überhaupt bescheiden solle, wobei es ihm anheimgestellt sei, mit seiner Rechtsauffassung die Kostenfestsetzung abzulehnen oder aber in der beantragten oder auch in anderer Höhe vorzunehmen. Erst durch diese Entscheidung des Beklagten werde eine gerichtliche Überprüfung der von ihm geäußerten Rechtsauffassung möglich. Es ist auch nicht ersichtlich, weswegen der Beklagte einen Verwaltungsakt mit dem Inhalt, der Kostenfestsetzungsantrag werde abgelehnt, nicht erlassen könnte. Ein zureichender Grund (§ 88 Abs. 1 S. 2 und 3 SGG) für die Nichtbescheidung ist nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG. Es entsprach der Billigkeit, dass der Beklagte den Klägern die ihnen entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten für das Untätigkeitsklageverfahren zu erstatten hat, weil die Kläger vollumfänglich obsiegt haben.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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