Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 8 U 55/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 168/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 53/18 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 18. September 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 4. Mai 2016 als Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) geführt.
Am Unfalltag befand sich die 1965 geborene Klägerin zum Zwecke der Widereingliederung bei der Niederlassung Ost des Landesbetriebes Bau und Immobilien C. (C.) in C-Stadt und arbeitete entsprechend ihrer Wiedereingliederungsvereinbarung von 10:00 bis 14:00 Uhr. Sie verließ das Unternehmen nach ihren eigenen Angaben gegen 14:10 Uhr und fuhr zum Stadtschloss C-Stadt und in die dortige Tiefgarage. Dort in der Nähe hatte sie ab 15:00 Uhr einen Termin bei ihrem Rechtsanwalt. In der Zwischenzeit saß sie in ihrem Auto und wartete, wobei sie aß und trank, da sie zuvor bei der Arbeit keine Pause gehabt hatte. Sie suchte sodann ihren Anwalt auf. Die Kanzlei verließ sie um kurz vor 17:00 Uhr und trat den Heimweg an. Um 18:15 Uhr kam es auf dieser Strecke beim Abbiegen in ihren Wohnort D-Stadt zu einem Autounfall, bei dem die Klägerin sich Prellungen im Bereich des Thorax sowie der Hals- und Brustwirbelsäule zuzog.
Mit Bescheid vom 28. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2017 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ab. Zwar habe sich der Unfall auf dem Heimweg von der Arbeitsstelle ereignet; der versicherte Weg sei jedoch durch eine Unterbrechung von mehr als zwei Stunden endgültig beendet gewesen.
Die hiergegen am 2. Juni 2017 bei dem Sozialgericht Fulda (Sozialgericht) erhobene Klage ist mit Urteil vom 18. September 2017 abgewiesen worden. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Klägerin habe zur Zeit des Unfalls keine versicherte Tätigkeit verrichtet. Zwar stehe sie auf dem Weg von Zuhause zur Arbeit bzw. von der Arbeit nach Zuhause unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Jedoch fehle es an dem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit an dem Versicherungsschutz aufgrund des Überschreitens der Zweistundengrenze, die eine feste Zeitgrenze darstelle. Es trete eine Lösung von der versicherten Tätigkeit ein, wenn der Versicherte den Weg vom Tätigkeitsort um mehr als zwei Stunden durch private Verrichtungen (einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Wege) unterbrochen habe. Vorliegend könne daher ein Wegeunfall nicht festgestellt werden, da es durch das Überschreiten der Zweistundengrenze für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin an der Wiederaufnahme des versicherten Heimweges fehle. Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 27. September 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16. Oktober 2017 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 18. September 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2017 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 4. Mai 2016 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich am 6. Februar 2018 mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch im Vorbringen der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2017 ist rechtmäßig, denn bei dem Unfall der Klägerin vom 4. Mai 2016 handelte es sich nicht um einen Arbeitsunfall.
Nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 und 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Zu den versicherten Tätigkeiten zählt nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach §§ 2, 3, 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Diese Formulierung kennzeichnet den sachlichen Zusammenhang der unfallbringenden versicherten Fortbewegung als Vor- und Nachbereitungshandlung mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit. Ein Unfall auf der Wegstrecke ist als Arbeitsunfall nur dann versichert, wenn der Weg zu oder von dem Ort der Tätigkeit nach der Handlungstendenz des Betroffenen der Aufnahme der versicherten Tätigkeit oder der Heimkehr von derselben dient; der Beschäftigte steht somit auf dem Weg zu oder von dem Ort der Tätigkeit so lange unter Versicherungsschutz, als seine Handlungstendenz auf das Erreichen dieses Ziels gerichtet ist (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2003 – B 2 U 23/03 R – zitiert nach juris). Unterbricht er den Weg zu oder von dem Ort der Tätigkeit aus privaten Gründen, ist er grundsätzlich während dieser Zeit nicht versichert. Dabei ist im Falle der anschließenden Fortsetzung des Weges eine Unterbrechung von bis zu zwei Stunden Dauer nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für den Versicherungsschutz unschädlich (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2008, B 2 U 26/06 R – juris). Unterbrechungen, die länger dauern, führen zu einer endgültigen Lösung vom versicherten Weg. Die feste zeitliche Grenze dient einer gleichmäßigen und rechtssicheren Handhabung der Fragestellung, wann nach einer Unterbrechung des Weges durch eine private Tätigkeit der anschließende weitere Weg nicht mehr die Fortsetzung des früheren, sondern einen neuen, durch die private Tätigkeit veranlassten Weg darstellt (vgl. auch Schur/Spellbrink, Unfallversicherungsschutz auf dem Weg von und nach der Arbeitsstelle, Sozialgerichtsbarkeit 2014, 589, 592 f.).
Die Klägerin ist zunächst mit dem Verlassen ihrer Dienststelle gegen 14:10 Uhr einer versicherten Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII nachgegangen. Diese hat sie jedoch – unterstellt, dass sie der Heimweg am Stadtschloss vorbeigeführt hätte – spätestens unterbrochen, als sie in die dortige Tiefgarage fuhr. Warten, Essen und Trinken im Auto, das Aufsuchen der Kanzlei ihres Rechtsanwaltes und die Wahrnehmung des dortigen Termins von 15:00 Uhr bis kurz vor 17:00 Uhr sind rein eigenwirtschaftliche Tätigkeiten. Die hierdurch eingetretene Unterbrechung des Weges von mehr als zwei Stunden hat damit zu einer endgültigen Lösung vom versicherten Weg geführt, so dass die anschließende Aufnahme des Heimwegs nicht zu einem erneuten versicherten Weg geführt hat, sondern als durch die private Tätigkeit veranlasst anzusehen ist.
Demnach konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses vom 4. Mai 2016 als Arbeitsunfall nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) geführt.
Am Unfalltag befand sich die 1965 geborene Klägerin zum Zwecke der Widereingliederung bei der Niederlassung Ost des Landesbetriebes Bau und Immobilien C. (C.) in C-Stadt und arbeitete entsprechend ihrer Wiedereingliederungsvereinbarung von 10:00 bis 14:00 Uhr. Sie verließ das Unternehmen nach ihren eigenen Angaben gegen 14:10 Uhr und fuhr zum Stadtschloss C-Stadt und in die dortige Tiefgarage. Dort in der Nähe hatte sie ab 15:00 Uhr einen Termin bei ihrem Rechtsanwalt. In der Zwischenzeit saß sie in ihrem Auto und wartete, wobei sie aß und trank, da sie zuvor bei der Arbeit keine Pause gehabt hatte. Sie suchte sodann ihren Anwalt auf. Die Kanzlei verließ sie um kurz vor 17:00 Uhr und trat den Heimweg an. Um 18:15 Uhr kam es auf dieser Strecke beim Abbiegen in ihren Wohnort D-Stadt zu einem Autounfall, bei dem die Klägerin sich Prellungen im Bereich des Thorax sowie der Hals- und Brustwirbelsäule zuzog.
Mit Bescheid vom 28. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2017 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalles ab. Zwar habe sich der Unfall auf dem Heimweg von der Arbeitsstelle ereignet; der versicherte Weg sei jedoch durch eine Unterbrechung von mehr als zwei Stunden endgültig beendet gewesen.
Die hiergegen am 2. Juni 2017 bei dem Sozialgericht Fulda (Sozialgericht) erhobene Klage ist mit Urteil vom 18. September 2017 abgewiesen worden. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Klägerin habe zur Zeit des Unfalls keine versicherte Tätigkeit verrichtet. Zwar stehe sie auf dem Weg von Zuhause zur Arbeit bzw. von der Arbeit nach Zuhause unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Jedoch fehle es an dem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit und damit an dem Versicherungsschutz aufgrund des Überschreitens der Zweistundengrenze, die eine feste Zeitgrenze darstelle. Es trete eine Lösung von der versicherten Tätigkeit ein, wenn der Versicherte den Weg vom Tätigkeitsort um mehr als zwei Stunden durch private Verrichtungen (einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Wege) unterbrochen habe. Vorliegend könne daher ein Wegeunfall nicht festgestellt werden, da es durch das Überschreiten der Zweistundengrenze für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit der Klägerin an der Wiederaufnahme des versicherten Heimweges fehle. Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 27. September 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16. Oktober 2017 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 18. September 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2017 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 4. Mai 2016 ein Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich am 6. Februar 2018 mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere auch im Vorbringen der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 28. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2017 ist rechtmäßig, denn bei dem Unfall der Klägerin vom 4. Mai 2016 handelte es sich nicht um einen Arbeitsunfall.
Nach § 8 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 und 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Zu den versicherten Tätigkeiten zählt nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach §§ 2, 3, 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Diese Formulierung kennzeichnet den sachlichen Zusammenhang der unfallbringenden versicherten Fortbewegung als Vor- und Nachbereitungshandlung mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit. Ein Unfall auf der Wegstrecke ist als Arbeitsunfall nur dann versichert, wenn der Weg zu oder von dem Ort der Tätigkeit nach der Handlungstendenz des Betroffenen der Aufnahme der versicherten Tätigkeit oder der Heimkehr von derselben dient; der Beschäftigte steht somit auf dem Weg zu oder von dem Ort der Tätigkeit so lange unter Versicherungsschutz, als seine Handlungstendenz auf das Erreichen dieses Ziels gerichtet ist (BSG, Urteil vom 9. Dezember 2003 – B 2 U 23/03 R – zitiert nach juris). Unterbricht er den Weg zu oder von dem Ort der Tätigkeit aus privaten Gründen, ist er grundsätzlich während dieser Zeit nicht versichert. Dabei ist im Falle der anschließenden Fortsetzung des Weges eine Unterbrechung von bis zu zwei Stunden Dauer nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für den Versicherungsschutz unschädlich (vgl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 2008, B 2 U 26/06 R – juris). Unterbrechungen, die länger dauern, führen zu einer endgültigen Lösung vom versicherten Weg. Die feste zeitliche Grenze dient einer gleichmäßigen und rechtssicheren Handhabung der Fragestellung, wann nach einer Unterbrechung des Weges durch eine private Tätigkeit der anschließende weitere Weg nicht mehr die Fortsetzung des früheren, sondern einen neuen, durch die private Tätigkeit veranlassten Weg darstellt (vgl. auch Schur/Spellbrink, Unfallversicherungsschutz auf dem Weg von und nach der Arbeitsstelle, Sozialgerichtsbarkeit 2014, 589, 592 f.).
Die Klägerin ist zunächst mit dem Verlassen ihrer Dienststelle gegen 14:10 Uhr einer versicherten Tätigkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII nachgegangen. Diese hat sie jedoch – unterstellt, dass sie der Heimweg am Stadtschloss vorbeigeführt hätte – spätestens unterbrochen, als sie in die dortige Tiefgarage fuhr. Warten, Essen und Trinken im Auto, das Aufsuchen der Kanzlei ihres Rechtsanwaltes und die Wahrnehmung des dortigen Termins von 15:00 Uhr bis kurz vor 17:00 Uhr sind rein eigenwirtschaftliche Tätigkeiten. Die hierdurch eingetretene Unterbrechung des Weges von mehr als zwei Stunden hat damit zu einer endgültigen Lösung vom versicherten Weg geführt, so dass die anschließende Aufnahme des Heimwegs nicht zu einem erneuten versicherten Weg geführt hat, sondern als durch die private Tätigkeit veranlasst anzusehen ist.
Demnach konnte die Berufung keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
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