S 28 SO 163/14

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
28
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 28 SO 163/14
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid vom 07.08.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2014 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 519,- zu erstatten. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Kostenerstattung für die Anschaffung eines I.-Pads im Rahmen der Eingliederungshilfe.

Der 1976 geborene Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie den Merkzeichen B, G, aG, H, RF und pflegebedürftig nach der Pflegestufe II (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung) und gehört zum Personenkreis der behinderten Menschen gemäß § 53SGB XII. Er leidet ua. an einer Wirbelsäulenskoliose und einer spastischen Hemiparese mit Bewegungsunfähigkeit des linken Armes. Der Kläger ist gehörlos, kann nur eingeschränkt lesen und schreiben und verständigt sich mit Hilfe der Gebärdensprache. Er wird von seiner Mutter gesetzlich betreut. Der Kläger lebt seit dem Jahr 2003 in der Wohnanlage am B1 in H.- P ... Es handelt sich dabei um eine stationäre Einrichtung für 20 Personen, die für die Belange für hör- und sprachgeschädigter Menschen konzipiert ist. Die Bewohner leben in Einzelzimmern mit eigenem Bad/Dusche. Es gibt dort für jeden Wohnbereich eine Küche sowie einen Ess- und Gemeinschaftsraum. Der Kläger arbeitet in einer Werkstatt für behinderte Menschen in einer Gärtnerei in S. bei H., die er selbstständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln (S-Bahn, Bus) erreicht. Die Beklagte gewährt dem Kläger Leistungen der Grundsicherung in Einrichtungen nach der Hilfebedarfsgruppe 3, Barunterhalt nach § 27b Abs. 2 SGB XII sowie eine Beförderungspauschale Höhe von Euro 82,- monatlich.

Am 22.07.2012 beantragte der Kläger unter Einreichung eines Kostenvoranschlags die Kostenübernahme für die Anschaffung eines I.-Pads, S1 Case, I.-Phone und Z. in Höhe von Euro 1.316,95. Er benötige dies, um mit seinen Eltern mit Hilfe des auf dem I.-Pad installierten Programms "F." ungestört in Gebärdensprache zu kommunizieren oder auch für den Fall, wenn er alleine unterwegs sei, um ggfs. Hilfen zu erlangen. Er könne nur mit Hilfe der Gebärdensprache kommunizieren. Dies sei in seiner Wohneinrichtung lediglich über das im Geschäftszimmer der Wohneinrichtung vorhandene einzige Bildtelefon möglich bzw. dadurch, dass seine Gebärden mit Hilfe der Betreuer in der Wohneinrichtung verschriftlicht und dann per Fax versendet werden. Das Bildtelefon werde aber auch von den anderen Bewohnern benutzt, so dass ihm eine Kontaktaufnahme nach seinen Bedürfnissen häufig nicht möglich sei, wenn dieses gerade auch von anderen Nutzern der Wohneinrichtung belegt sei bzw. sei ihm damit auch keine vertrauliche und ungestörte Kommunikation möglich, da sich das Bildtelefon im öffentlich zugänglichen Geschäftszimmer der Einrichtung befinde. Auf Anfrage der Beklagten teilte die DAK, die Krankenkasse des Klägers, mit Schreiben vom 31.07.2012 mit, dass es sich bei dem I.-Pad nicht um ein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung handele sondern um einen handelsüblicher Computer und damit um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Die Wohneinrichtung des Klägers teilte auf Anfrage der Beklagten mit Schreiben vom 03.08.2012 mit, dass es dort im Büro ein ortsfestes Bildtelefon gebe, das von allen Bewohnern genutzt werde. Es sei beabsichtigt, demnächst einen transportablen Tablet-Computer anzuschaffen, den die Bewohner dann mit auf ihre Zimmer nehmen könnten, um, mit Hilfe einer dort ebenfalls zu installierenden Halterung, zukünftig private Gespräche auch von ihren Zimmern aus in Gebärdensprache führen können. Allerdings sei dies bisher technisch noch nicht möglich, da es noch an einen für alle im Haus verfügbaren Internetanschluss fehle. Dieser solle aber in Kürze bereitgestellt werden. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 07.08.2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Kostenerstattung für die Anschaffung eines I.-Pads ab. Es bestehe in der Wohngruppe die Möglichkeit der Kommunikation in Gebärdensprache per Bildtelefon im Büro bzw. zukünftig per Tablet-Computer auf dem Zimmer. Dagegen erhob der Kläger am 07.09.2012 Widerspruch. Bei dem begehrten I.-Pad handele es sich um ein Hilfsmittel, dass ihm die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ermögliche und entspreche seinem Recht auf Selbstbestimmung und Kommunikation und kompensiere damit sein Unvermögen, sich zu artikulieren bzw. sich schriftlich mitzuteilen und andere zu verstehen. Dies gelte insbesondere auch für die Herstellung neuer Kontakte, auch mit Menschen, die nicht nur in Gebärdensprache kommunizieren. Die Kommunikation über das I.-Pad gebe ihm Sicherheit, wenn er unterwegs sei und z.B. Ausfälle im öffentlichen Nahverkehr bestehen, er könne dann mit Hilfe des I.-Pads Hilfe anfordern und dieses ermögliche ihm jederzeit und an jedem Ort eine direkte Kontaktaufnahme mit seinen Angehörigen. Denn eine Verpflichtung der Wohnanlage, ihm ein individuelles Hilfsmittel zu verschaffen, bestehe nicht. Er sei auch in der Lage, das I.-Pad bzw. das Programm "F." technisch zu bedienen, er könne dies auch auf seinem Zimmer benutzen, während es sonst eine Internetverbindung nur im Betreuerzimmer/Büro gebe. Die Kosten für die Nutzung werde er selbst bzw. mit Hilfe seiner Eltern finanzieren. Auf Anfrage der Beklagten teilte die Landesärztin für Hörbehinderte, Frau Dr. B. vom Beratungszentrum Sehen, Hören, Bewegung, Sprechen, am 06.02.2013 mit, dass es sich bei dem begehrten I.-Pad um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handele. Es diene nicht der Minderung des Hörverlusts und sei kein Hilfsmittel der Eingliederungshilfe. Die Möglichkeit der Kommunikation mit den Eltern sei in der Wohneinrichtung weiter gegeben. Ggfs. könne bei privaten Gesprächen der Raum geschlossen werden bzw. anderweitig kenntlich gemacht werden, dass er ungestört telefonieren wolle. Alternativ komme ggfs. auch eine Web-Cam mit PC oder eine Handynutzung über SMS mit Textvorlagen in Betracht. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2014 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass es sich bei dem begehrten I.-Pad nicht um ein Hilfsmittel der Eingliederungshilfe handele, sondern um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens und verwies dazu auf die Stellungnahme der Landesärztin für Hörbehinderte vom 06.02.2013 und der DAK vom 31.07.2012. Es werde dadurch nicht die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft berührt, da es lediglich darum gehe, den Kontakt mit den Eltern sicherzustellen; etwas anderes sei nicht vorgetragen worden. Einen Bedarf für die Anschaffung eines I.-Pads für die Eltern bestehe im Übrigen nicht. Durch die Möglichkeit, das I.-Pad, das wie zuvor das fest installierte Bildtelefon im Betreuerzimmer der Wohneinrichtung zur Verfügung stehe, sei keine Verschlechterung der Kommunikationssituation eingetreten. Es sei dem Kläger ebenfalls möglich, das Programm "S." zu nutzen, da es ebenfalls leicht handbar sei und ggfs. Nummern gespeichert werden können. Es sei nicht vorgetragen worden, weshalb die Kommunikation ausschließlich mit "F." möglich sei, auch das I.-Pad müsse "hochgefahren" werden. Der Vortrag, das I.-Pad könne für die Mobilität z.B. im öffentlichen Nahverkehr genutzt werden, trage nicht, da der Kläger bisher auch ohne diese Möglichkeit zurecht kommen musste, zumal ihm auch die Beförderungspauschale bewilligt werde.

Dagegen hat der Kläger am 17.03.2014 Klage beim Sozialgericht Hamburg erhoben.

Der Kläger trägt ergänzend vor, er sei wegen seiner Körper- und Sprachbehinderung und im Hinblick auf die Tatsache, dass er nur in Gebärdensprache kommunizieren könne, beim Telefonieren mit anderen auf eine barrierefreie Videotelefonie angewiesen. Als Menschen mit Behinderung habe die Beklagte ihm zum Ausgleich der Behinderung eine unabhängige Lebensführung sicherzustellen. Dies bedeute, dass er ebenso die Möglichkeit habe, im Rahmen einer barrierefreien Telefonie von jedem Standort von unterwegs, auch ohne jeden Anlass, Kontakt zu anderen Menschen, nicht nur zu seiner Familie, aufzunehmen, ua. auch insbesondere, um ggfs. Hilfe anzufordern. Telefonieren sei heutzutage ein Grundbedürfnis, so dass es nicht ausreiche, wenn ihm nur in der Wohnanlage die Videotelefonie ermöglicht werde. Er sei mit der Nutzung des zwischenzeitlich angeschafften I.-Pads vertraut, er könne nicht mit den W.-Systemen (S.) umgehen, ggfs. müsse die Beklagte ihm dafür eine Schulung bewilligen bzw. hätte diese klären müssen, welche anderen Alternativsysteme ihm für die Telefonie angeboten werden könnten. Bei dem begehrten I.-Pad handele es sich um ein Hilfsmittel der sozialen Rehabilitation. Soweit die Beklagte darauf verweise, es handele sich um einen Gebrauchsgegenstand des tägliche Lebens verkenne sie, dass der Begriff des Hilfsmittels in der Eingliederungshilfe weiter reiche, als im Rahmen des § 33 SGB V. Die Einschätzung der Krankenkasse sei insoweit unerheblich. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 12 EingH-VO werden ausdrücklich auch Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens als Hilfsmittel für behinderte Menschen angesehen, sofern sie die Behinderung im konkreten Fall ausgleichen können. Das beantragte I.-Pad sei für ihn schon deshalb kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, da er mit Ausnahme des Programms "F." die umfangreichen Funktionen und Einrichtungen auf dem I.-Pad gar nicht nutzen könne. Nachdem ihm zunächst leihweise ein I.-Pad zur Verfügung gestanden habe, habe er sich ein solches im Jahre 2014 selbst angeschafft und dafür einschließlich Halterung insgesamt 519,- Euro aufgewendet. Dieses beinhalte das I.-Pad sowie ein Gestell, in das er das Gerät positionieren müsse, damit er die Gebärdensprache bei Spastik- er könne dabei nur den linken Arm benutzen - ausüben könne. Das Programm "F." beherrsche er ohne Probleme. In der Wohneinrichtung stehe weiterhin nur ein I.-Pad für alle Bewohner im Tagungsbüro zu Verfügung.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 07.08.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Euro 519,- zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie nimmt im Wesentlichen Bezug auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Der geltend gemachte Bedarf sei im Übrigen gedeckt, soweit das I.-Pad angeschafft worden sei.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Auf Anfrage des Gerichts teilt die Wohneinrichtung des Klägers mit Schreiben vom 23.03.2015 ua. mit, dass im Büro ein I.-Pad zum S2 sowie ein Faxgerät zur Kommunikation mit Unterstützung der Betreuer zu Verfügung stehen. Einige Bewohner hätten sich einen Fax- bzw. Internetanschluss auf eigene Kosten beschafft.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht hat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren durch Urteil entschieden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz-SGG).

Die Klage ist zulässig und auch begründet, denn die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung der Kosten in Höhe von insgesamt Euro 519,-, die ihm für die Anschaffung eines I.-Pads sowie einer dafür passenden Halterung entstanden sind.

Anspruchsgrundlage für die Versorgung mit dem begehrten I.-Pad sind §§ 19 Abs. 3, 53, 54 SGB XII, §§ 2, 55 SGB IX iVm den Vorschriften der auf der Grundlage von § 60 SGB XII erlassenen Eingliederungshilfe-Verordnung (EinglHVO), § 9 Abs. 1, 2 Nr. 12 EinglHVO.

Gemäß § 19 Abs. 3 SGB XII wird Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem Sechsten Kapitel des SGB XII geleistet, soweit den Leistungsberechtigten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII nicht zuzumuten ist. Der Kläger verfügt neben seinem Werkstatteinkommen über kein weiteres Einkommen oder Vermögen, soweit auch die Beklagte ihm laufende Leistungen der Grundsicherung in Einrichtungen erbringt. Der Kläger gehört zum leistungsberechtigten Personenkreis des § 53 SGB XII. Gemäß § 53 Abs. 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere Art und Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Wann eine wesentliche Behinderung in diesem Sinn vorliegt, ergibt sich aus §§ 1 bis 3 EinglHVO. Der Kläger gehört aufgrund seiner schwerwiegenden körperlichen Beeinträchtigungen und insbesondere aufgrund seiner Gehörlosigkeit zu dem in § 1 Nr. 5 EinglHVO genannten Personenkreis; das sind Personen, die gehörlos sind oder denen eine sprachliche Verständigung über ihr Gehör nur mit Hörhilfen möglich ist. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig. Als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft werden gemäß §§ 54 Abs. 1 SGB XII, 55 Abs. 1 SGB IX die Leistungen erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 nicht erbracht werden. Die Aufgabenbeschreibung der "Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft" umfasst den Ausgleich der gesamten im Einzelfall beeinträchtigten Fähigkeiten, die notwendige Voraussetzung dafür sind, um wie nicht behinderte Menschen an Kontakten und Betätigungen in der Gesellschaft teilhaben zu können. Zur Förderung des Teilhabeziels geeignet sind alle Leistungen, die dem behinderten Menschen den Kontakt mit seiner Umwelt und die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben ermöglichen und sichern (Kossens in: Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 4. Aufl.2015, § 55 Rn. 4). Zu den Leistungen nach § 55 Abs. 1 gehören gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 1 SGB IX insbesondere die Versorgung mit anderen als den in § 31SGB IX genannten Hilfsmitteln (Körperersatzstücke sowie orthopädische und andere Hilfsmittel) oder den in § 33 genannten Hilfen (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben), die damit über die medizinische oder berufliche Zweckbestimmung hinausreichen und dazu bestimmt sind, zum Ausgleich der durch die Behinderung bedingten Mängel beizutragen. Sie dienen darüber hinaus der gesamten Alltagsbewältigung und haben die Aufgabe, dem behinderten Menschen den Kontakt zu seiner Umwelt, nicht nur mit der Familie und Nachbarschaft sowie die Teilnahme am öffentlichen und kulturellen Leben zu ermöglichen. Dazu gehören spezifische Hilfsmittel insbesondere für solche Menschen, die wegen der Art und Schwere ihrer Behinderung im Alltag auf besondere technische Hilfen angewiesen sind, sowie Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. (vgl. Kossens, aaO, § 55 Rdnr. 6 mwN). Nach § 9 Abs. 1, 2 Nr. 12 EinglH-VO gehören zu den anderen Hilfsmitteln I ...S. des § 55 SGB IX Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens und zur nichtberuflichen Verwendung bestimmte Hilfsgeräte für behinderte Menschen, wenn der behinderte Mensch wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf diese Gegenstände angewiesen sind. Dazu zählen neben technischen Geräten wie z.B. Waschmaschinen und Küchenmaschinen auch die im Zuge der technischen Entwicklung möglich gewordenen computergestützten Hilfsmittel, an die bei der Einführung der Nr. 12 noch nicht zu denken war (vgl. Schneider in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, Sozialhilfe, Kommentar zum Sozialgesetzbuch, § 9 EinglH-VO Rdnr. 11). Dies entspricht auch den Vorgaben nach Art 9 Abs. 1 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) vom 13.12.2006, das in Deutschland seit 2009 in Kraft getreten ist und insoweit hier bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "nach der Besonderheit des Einzelfalls" in § 2 Abs. 1 SGB IX mit heranzuziehen ist (vgl. Roller, Auswirkungen der UN-Behindertenrechtskonvention auf das sozialgerichtliche Verfahrensrecht, SGb 2016, S. 17-24, Seite18; Heinz, die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention, ZFSH, SGB 2016, Seite 7-16, Seite 8). Danach sollen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen treffen, Menschen mit Behinderungen eine unabhängige Lebensführung und volle Teilhabe in allen Lebensbereichen zu ermöglichen, mit dem Ziel, für Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang ua. zu Information und Kommunikation, einschließlich Informations- und Kommunikationstechnologien und –systemen zu gewährleisten

Die Kammer hat danach keine Zweifel, dass es sich bei dem hier streitigen I.-Pad, soweit es dem gehörlosen Kläger hier ausschließlich zur Kommunikation mit anderen mit Hilfe der Gebärdensprache dient, damit ebenfalls um ein Hilfsmittel der Eingliederungshilfe I ...S. des § 55 Abs. 2 Nr. 1 iVm § 9 Abs. 2 Nr. 12 EinglH-VO handelt, auch wenn ein solches Gerät für Menschen ohne Behinderung um einen reinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens darstellt. Der Kläger ist auch wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf das hier streitige Hilfsmittel angewiesen, denn er kann sich infolge seiner Gehörlosigkeit nur mit Gebärden und damit nicht uneingeschränkt verständlich machen, insbesondere kann er nicht telefonieren bzw. nur eingeschränkt lesen und schreiben. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das in der Wohneinrichtung des Klägers im Büro vorhandene Bildtelefon bzw. jetzt neu der Tablet-Computer nicht ausreichend, den Anspruch des Klägers auf barrierefreie Kommunikation mit seiner Umgebung im Rahmen seines Anspruchs auf Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu erfüllen. Denn wesentlicher Bestandteil der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft ist nämlich die Kommunikation, für die das Hören die essentielle Voraussetzung ist. Die Möglichkeiten der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft und damit insgesamt als positiv zu bewertende Einflüsse auf die Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen werden dadurch erheblich erweitert. Maßstab für die Eingliederungsziele im Rahmen des SGB XII sollen dabei auch die berechtigen Wünsche des Betroffenen (§ 9 Abs. 2 SGB XII) selbst sein (BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R -juris Rn. 16). Der Kläger hat dabei den berechtigten Wunsch, nicht nur im Büro seiner Wohneinrichtung mit seiner Familie oder Dritten zu kommunizieren bzw. darauf angewiesen zu sein, dass ihm der jetzt neu angeschaffte Tablet-Computer der Einrichtung in seinem Zimmer zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung steht, sondern er hat den für die Kammer verständlichen Wunsch, auch außerhalb der Einrichtung in der Lage zu sein, mit seiner Umwelt jederzeit in Kontakt zu treten. Dies betrifft im Hinblick auf seine behinderungsbedingten körperlichen und geistigen Einschränkungen vor allem auch die Möglichkeit, sich bei unvorhersehbaren Ereignissen unterwegs ggfs. auch Hilfe zu beschaffen. Der Kläger verbringt nämlich nur einen Teil des Tages in seiner Wohneinrichtung, soweit er darüber hinaus seiner Arbeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen nachgeht und diese auch selbstständig mit öffentlichen Verkehrsmitteln aufsucht. Darüber hinaus ist er auch in der Lage, innerhalb H.s ihm bekannte Ziele selbstständig aufzusuchen. Das hier streitige I.-Pad dient ihm dabei zur Kommunikation, nach der Auffassung der Kammer vergleichbar einem Mobiltelefon für nicht hörbehinderte Menschen. Der Kläger ist nach seinem Vortrag, an dem insoweit keine Zweifel bestehen, in der Lage, das I.-Pad entsprechend dieser Funktion mit Hilfe von "F." uneingeschränkt für diese zwischenmenschliche Kommunikation zu nutzen. Im Hinblick darauf, dass die Nutzung eines Mobiltelefons für nichtbehinderte Menschen heutzutage zu einem nicht mehr hinwegzudenkenden Mittel der zwischenmenschlichen Kommunikation bezeichnet werden kann, kann dem Kläger als hörbehinderter Mensch ein Gebrauchsgegenstand, der im Zuge der technischen Entwicklung in dieser Form damit auch als Kommunikationshilfe auch für Menschen mit einer Hörbehinderung eingesetzt werden kann, damit, vor allem auch im Hinblick auf die Anforderungen der Zugänglichkeit des Art 9 der UN-BRK nicht verwehrt werden. Denn es soll auch im Rahmen der Eingliederungshilfe –Vorschriften diejenige Hilfe gewährt werden, die es ihm ermöglicht, in der Umgebung von Nicht-Hilfeempfängern ähnlich wie diese zu leben, insbesondere, wenn damit eine selbstständigere Lebensführung erreicht werden kann (vgl. OVG Lüneburg Urteil vom 23.01.2003 Az.: 12 C 332/02, Rdnr. 33 mwN, juris). Dass der Kläger mit dem Hilfsmittel I.-Pad insbesondere auch als Unterstützung der Kommunikation außerhalb der Einrichtung eine größere Selbstständigkeit erlangen kann, daran hat die Kammer keine Zweifel. Dem widerspricht auch nicht die Auffassung der Landesärztin für Hörbehinderte, soweit in der Stellungnahme vom 06.02.2013 auch keine medizinischen sondern ausschließlich rechtlichen Einwände genannt worden sind, welchen mit den vorstehenden Ausführungen des Gerichts bereits entgegengetreten worden ist. Ebenso unbeachtlich ist, ob der Kläger das I.-Pad ausschließlich für die Kommunikation mit seiner Familie nutzen möchte oder tatsächlich nutzt, was im Übrigen nach dem Sachverhalt weder ersichtlich noch zu ermitteln war. Dass die von der Beklagten bzw. Frau Dr. B. hier alternativ aufgeführte Nutzung des Systems "S.", das mit W. Geräten betrieben werden kann, eine kostengünstigere Alternative darstellt, vermag die erkennende Kammer nicht nachzuvollziehen, zumal der Kläger hier glaubhaft vorgetragen hat, dass er dieses System nicht bedienen kann und damit als Alternative ausscheidet.

Damit lässt sich im Ergebnis feststellen, dass der Anspruch des Klägers auf ein I.-Pad als Hilfsmittel im Rahmen der Eingliederungshilfe begründet ist. Soweit die Beklagte dies zu Unrecht abgelehnt hat, war der Kläger gemäß § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX berechtigt, sich dieses selbst zu beschaffen, so dass die Beklagte entsprechend zu verpflichten war, ihm die dafür nachweislich aufgewendeten Kosten in Höhe von insgesamt 519,- Euro zu erstatten. Die Kammer hat dabei auch die Anschaffung des Zubehörteils einer entsprechenden Halterung als notwendig angesehen, soweit das I.-Pad für die Ausübung der Gebärdensprache in Sichtweite aufgestellt sein muss.

Die Kostenentscheidung entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits und folgt aus § 193 SGG.

Die Klage musste damit nach allem mit der Kostenfolge aus § 193 SGG abgewiesen werden. Die Berufung war nicht zuzulassen, weil der Beschwerdewert von Euro 750,- mit dem streitigen Klagebegehren nicht erreicht wird. Gründe für eine Zulassung der Berufung (§144 Abs.1 Nr. 1 Abs.2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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