S 5 AL 737/96

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 5 AL 737/96
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AL 319/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe des dem Kläger bewilligten Arbeitslosengeldes (Alg).

Der Kläger war vom 18.11.1991 bis zum 30.06.1996 als Diplom-Ingenieur bei der Firma D. beschäftigt. Er bezog nach dem Anstellungsvertrag vom 24.10.1991 als Vergütung für seine Tätigkeit ein jährliches Bruttogehalt von 68.900,00 DM, das später erhöht wurde. Nach dem Anstellungsvertrag war das jährliche Bruttogehalt zahlbar in 14 Monatsraten und deckte alle Sonderzahlungen (Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld) ab. Weiter heißt es in dem Vertrag: "Die 13. Zahlung erfolgt mit der firmenüblichen Auszahlung des Urlaubsgeldes (meist Juni). Die 14. Zahlung erfolgt im November."

Der Kläger meldete sich am 01.07.1996 arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte dem Kläger Alg ab 03.07.1996 auf der Grundlage eines wöchentlichen Arbeitsentgelts von 1.352,05 DM. Nach der Arbeitsbescheinigung vom 09.07.1996 betrug das Arbeitsentgelt in den vor dem Ausscheiden bereits abgerechneten Lohnabrechnungszeiträumen Oktober 1995 bis März 1996 für den Monat Oktober 1995 5.690,50 DM, im übrigen 5.893,50 DM.

Gegen den Alg-Bewilligungsbescheid vom 06.08.1996 legte der Kläger Widerspruch ein: Die Arbeitsbescheinigung sei fehlerhaft ausgefüllt worden. Das Jahresgehalt sei in 14 Monaten auszahlbar. Aus diesem Grund sei vorliegend kein festes Monatsgehalt, sondern ein Jahres-Bruttogehalt ausgezahlt worden. Die 13. Monatsrate in Höhe von 5.893,50 DM sei bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes zumindest anteilig zu berücksichtigen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.1996 als unbegründet zurück. Auf den Inhalt der Entscheidung wird Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die Klage vom 19.11.1996. Der Kläger vertritt die Auffassung, daß es sich bei der noch offenen Nachzahlung von 5.893,50 DM nicht um eine "einmalige oder wiederkehrende" Nachzahlung im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) handele.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Bescheid vom 06.08.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.10.1996 sowie den Bescheid vom 07.02.1997 abzuändern und ihm Leistungen in gesetzlichem Umfang auf der Grundlage eines wöchentlichen Arbeitsentgelts von 1.580,00 DM zu gewähren.

Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.

Im Verlauf des Klageverfahrens hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 07.02.1997 Unterhaltsgeld auf der gleichen Bemessungsgrundlage (AE 1.350,00 DM) bewilligt. Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Wegen des weiteren Sachvortrags der Beteiligten und des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig (§§ 87, 90, 92 SGG). Sie ist jedoch nicht begründet.

Die angefochtenen Bescheide - der Unterhaltsgeldbewilligungsbescheid vom 07.02.1997 ist gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden - erweisen sich als rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs. 2 SGG.

Dem Kläger steht ein höherer als der ihm bewilligte Leistungssatz an Alg und Unterhaltsgeld nicht zu. Die Beklagte hat die Leistungen zu Recht auf der Grundlage eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 1.350,00 DM berechnet. Die im Anstellungsvertrag vorgesehenen 13. und 14. Zahlungen sind als wiederkehrende Zuwendung im Sinne des § 112 Abs. 2 Satz 2 AFG unberücksichtigt zu lassen. Zuwendungen im Sinne dieser Bestimmung stehen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 09.02.1994 - 11 RAr 43/93 -) im Gegensatz zum fortlaufend gezahlten Arbeitsentgelt. Fortlaufend gezahltes Arbeitsentgelt sind die Lohnbestandteile, die als Gegenleistung für im Abrechnungszeitraum erbrachte Arbeit - regelmäßig im Anschluß an den einzelnen Abrechnungszeitraum - gezahlt werden (BSG, SozR 3-4100 § 112 Nr. 11; BSG SozR 4100 § 112 Nr. 25; BSGE 66, 34, 42). Unter Zuwendung im Sinne der Vorschrift ist nichts anderes zu verstehen, als das in § 227 Abs. 1 Satz 1 SGB V definierte einmalige Arbeitsentgelt. Einmalig gezahlte Arbeitsentgelte sind danach Zuwendungen, die dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind und nicht für die Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt werden. Entscheidendes Merkmal hierfür ist nicht etwa, wie das BSG (E 66, 34, 42) mit Recht betont hat, der Zeitpunkt der Auszahlung, sondern es kommt darauf an, ob das gezahlte Entgelt Vergütung für die in einem einzelnen, d.h. in einem bestimmten Abrechnungzeitraum geleistete Arbeit ist, die Vergütung also individualisiert einem bestimmten Abrechnungszeitraum zuzuordnen ist oder ob Lohnbestandteile als Gegenleistung für die Arbeit in mehreren Lohnabrechnungszeiträumen ohne Zuordnung zu einem einzelnen Lohnabrechnungszeitraum, als "aufgestautes Arbeitsentgelt", in einer Summe entweder im Laufe eines Jahres nur einmal oder in mehrmonatigen Abständen wiederkehrend ausgezahlt werden. In diesem Sinne hat das BSG bereits in seinem Urteil vom 17.10.1991 (SozR 3-4100 § 112 Nr. 11) ausgeführt, der Gesetzgeber habe zu erkennen gegeben, daß er aufgestautes Arbeitsentgelt unberücksichtigt lassen wolle und er damit allein auf die Zahlungsweise abgestellt habe. Dem entsprechen im übrigen auch weitere Entscheidungen des BSG (vgl. SozR 4100 § 112 Nr. 25 und SozR 3-7825 § 3 Nr. 1).

Der Kläger macht insoweit zu Unrecht geltend, das Jahresgehalt sei in 14 gleichen Raten zu zahlen und es bestehe keine Veranlassung, die noch offene Nachzahlung unberücksichtigt zu lassen. Hieran ist nur richtig, daß bei der Vereinbarung von 14 Raten in dem Sinne, daß jeweils nach einem vierzehntel Jahr ein Vierzehntel des Jahresgehaltes zu zahlen wäre, im Ergebnis das gesamte Jahresgehalt sich auf die Höhe des Arbeitslosengeldes auswirken würde. Bei einer solchen Regelung gäbe es 14 Lohnabrechnunszeiträume und ein Vierzehntel des Jahresgehaltes wäre jeweils in jedem Lohnabrechnungszeitraum verdient und allein für diesen Zeitraum zu zahlen. Dann hätte es jedoch einer Regelung über eine anteilige Zahlung überhaupt nicht bedurft. Eine solche Regelung haben die Arbeitsvertragsparteien ausweislich des Anstellungsvertrages BI. 21 der Verwaltungsakte aber nicht getroffen. Das Gehalt war in 12 Lohnabrechnungszeiträumen zu erbringen, wobei in die Lohnabrechnung für (meist) Juni und November jeweils die zusätzliche Vergütung einzubeziehen war. Dementsprechend haben die Arbeitsvertragsparteien die Leistung nicht auf 14 Raten, sondern auf 12 Monate verteilt.

Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes dürfe die Vereinbarung der beiden zusätzlichen Vergütungen nicht anders bewertet werden, als die Vereinbarung von 12 gleichen Raten oder von 14 gleichen Raten, die jeweils nach einem vierzehntel Jahr zu zahlen wären. Die Unterschiede in der Zahlungsweise, fortlaufend oder teilweise als aufgestautes Arbeitsentgelt, sind wirtschaftlich von Bedeutung. Es macht einen Unterschied, ob der Arbeitnehmer mit aufgestautem Arbeitsentgelt nur rechnen kann oder ob er es auch tatsächlich erhält.

Die Beklagte hat deshalb im Ergebnis zu Recht das Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines wöchentlichen Bruttoarbeitsentgelts von 1.352,05 DM berechnet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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