Land
Hessen
Sozialgericht
SG Gießen (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 1 U 293/99
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 11/1 U 1472/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 38/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
1. Unter Aufhebung des Bescheides vom 07.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.1999 wird die Beklagte verurteilt, den Unfall des Klägers am 18.04.1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm die gesetzlichen Entschädigungsleistungen zu gewähren.
2. Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall.
Der 1958 geborene Kläger war und ist als Angestellter des Unternehmens D. D-Stadt bei der Beklagten gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten versichert. Am Samstag, den 18.04.1998 stürzte er im Rahmen eines Fußballturniers von Firmenmannschaften und zog sich eine Verletzung der linken Hand zu, die zu mehreren ärztlichen, auch stationären, Behandlungen führte. Arbeitsfähig war er wieder ab dem 26.10.1998. Nachdem in der Unfallanzeige des Unternehmens sowie in zwei speziellen Fragebögen (einen hatte der Kläger unterzeichnet) nur von Fußballturnieren die Rede war, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.10.1998 die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab, da kein Arbeitsunfall vorgelegen habe, weil die Voraussetzungen für einen der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Betriebssport nicht vorliegen würden.
Der am 19.10.1998 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.1999 zurückgewiesen.
Mit der am 11.02.1999 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und hat zunächst insbesondere darauf hingewiesen, dass die Turnierteilnahme auch eine Repräsentation des Unternehmens dargestellt hätte und von diesem auch durch verschiedene finanzielle Zuwendungen gefördert worden sei. Außerdem trägt er vor, außerhalb der Turniere zumindest ein- bis zweimal pro Monat freitags mit den anderen Fußballspielern des Unternehmens zu trainieren.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.1999 zu verurteilen, seinen Unfall vom 18.04.1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm die gesetzliche Entschädigungsleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Auskunft des Unternehmens vom 12.04.2000 sowie Vernehmung von 3 Arbeitskollegen, den Herren E., F., G. als Zeugen. Hinsichtlich des Sachverhalts im übrigen wird auf die genannten Unterlagen in der Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, und insbesondere der Niederschrift vom 19.10.2000 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet, weil der Unfall des Klägers am 18.04.1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen ist und ihm die Beklagte die gesetzlichen Entschädigungsleistungen zu gewähren hat.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten in Folge einer versicherten Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 S. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII). Nach Eintritt eines Arbeitsunfalls hat der Träger der Unfallversicherung dem Verletzten die gesetzlichen Entschädigungsleistungen zu gewähren (§§ 26 ff. SGB VII).
Zu der versicherten Tätigkeit gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII gehört unter bestimmten Voraussetzungen auch der Betriebssport. Diese Voraussetzungen sind 1. Ausgleichszweck 2. Regelmäßigkeit 3. Teilnehmer im Wesentlichen Unternehmensangehörige 4. Zeit und Dauer im Zusammenhang mit der Tätigkeit im Unternehmen 5. unternehmensbezogene Organisation (vgl. ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, Urteil vom 28.11.1961 - 2 RU 130/59, BSGE 16, 1; vom 02.07.1996 - 2 RU 32/95, SozR 3-2200 § 548 RVO Nr. 29 sowie den insofern zutreffenden Bescheid der Beklagten). Die Teilnahme an einem Fußballturnier im Rahmen eines diese Voraussetzungen erfüllenden Betriebssports ist als Teil des Betriebssports ebenfalls versichert (vgl. BSG vom 02.07.1996 a.a.O.).
Dass die genannten 5 Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind, ergibt sich aus Folgendem:
1. Der Ausgleichs-Charakter von Fußball ist unbestritten und zieht sich durch die einschlägige Literatur und Rechtsprechung. Dafür dass vorliegend der Wettkampf-Charakter des Fußballturniers, bei dem der Unfall stattfand, derart überragende Bedeutung gehabt hätte, dass der Ausgleichszweck völlig in den Hintergrund gedrängt worden wäre, gibt es keine Hinweise.
2. Auch die Voraussetzung "Regelmäßigkeit" ist erfüllt, weil hierfür ein zumindest einmal monatliches Spielen genügt (vgl. nur Krasney in: Handbuch der Sozialversicherung, Band III, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand 11/99, § 8 RN 146). Dass in der hier relevanten Zeit in 1998 zumindest einmal monatlich Fußball von den entsprechend Interessierten des Unternehmens gespielt wurde, steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Angaben des Klägers und der Zeugen fest. Hinsichtlich der Einzelheiten und insbesondere Zahlenangaben der Zeugen (E. und F.: zweimal monatlich) wird auf die Niederschrift Bezug genommen. Aus den früheren Angaben (Fragebogen BI. 11 - vom Kläger unterschrieben - sowie BI. 49 Verwaltungsakte) ergibt sich nichts anderes. Deutlich wird in ihnen nur, dass das Fußballspielen von den die Fragebogen Ausfüllenden nicht unter den Rechtsbegriff "Betriebssport" subsumiert wurde und vor allem die Turniere bei der Beantwortung der Fragen im Vordergrund standen. Auf das von den Zeugen bekundete freitägliche Spielen wird überhaupt nicht eingegangen. Ähnliches gilt auch für das Schreiben des Unternehmens vom 12.04.2000 (BI. 36 SG-Akte), das zudem in sich widersprüchlich ist, wie sich z.B. aus der Antwort auf die Frage 5 ergibt: "Die Teilnehmer erhielten keine Vergünstigungen ... lediglich das Startgeld sowie eine Pauschale für Verpflegung (wurden) gewährt." Denn auch die Übernahme des Startgeldes und eine Verpflegungspauschale sind Vergünstigungen. Dies alles zeigt, dass die schriftlichen Anfragen, auch des Gerichts, anscheinend nicht ganz richtig verstanden wurden bzw. das freitägliche Spielen nicht im Blickwinkel hatten. Sie sind daher nicht in der Lage, die übereinstimmenden Aussagen der Zeugen zu erschüttern, zumal diese persönlich einen glaubwürdigen Eindruck machten.
3. Die Teilnehmer an dem freitäglichen Spielen waren nur Betriebsangehörige.
4. Zeitlich fand dieses freitägliche Fußballspielen um 13.00 Uhr im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit statt.
5. Die unternehmensbezogene Organisation ergibt sich aus dem Kreis der Teilnehmenden, der betriebsinternen Organisation durch das Rundfragen, wer jeweils könne, und dem "Auflaufen" bei Turnieren als Betriebsfußballmannschaft von D. D-Stadt. Auch diese letzten Feststellungen beruhen auf den insofern übereinstimmenden Aussagen des Klägers und der Zeugen.
Die Antwort auf die Frage, ob die Teilnahme an dem Betriebsfußballturnier am 18.04.1998 aufgrund ihres Werbe-Charakters für das Unternehmen - unabhängig von dem Bestehen einer Betriebssportgruppe Fußball - als Teil der versicherten Tätigkeit dem Unternehmen zuzurechnen ist, kann aufgrund des oben Gesagten dahinstehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
2. Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall.
Der 1958 geborene Kläger war und ist als Angestellter des Unternehmens D. D-Stadt bei der Beklagten gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten versichert. Am Samstag, den 18.04.1998 stürzte er im Rahmen eines Fußballturniers von Firmenmannschaften und zog sich eine Verletzung der linken Hand zu, die zu mehreren ärztlichen, auch stationären, Behandlungen führte. Arbeitsfähig war er wieder ab dem 26.10.1998. Nachdem in der Unfallanzeige des Unternehmens sowie in zwei speziellen Fragebögen (einen hatte der Kläger unterzeichnet) nur von Fußballturnieren die Rede war, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.10.1998 die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab, da kein Arbeitsunfall vorgelegen habe, weil die Voraussetzungen für einen der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Betriebssport nicht vorliegen würden.
Der am 19.10.1998 eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.1999 zurückgewiesen.
Mit der am 11.02.1999 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und hat zunächst insbesondere darauf hingewiesen, dass die Turnierteilnahme auch eine Repräsentation des Unternehmens dargestellt hätte und von diesem auch durch verschiedene finanzielle Zuwendungen gefördert worden sei. Außerdem trägt er vor, außerhalb der Turniere zumindest ein- bis zweimal pro Monat freitags mit den anderen Fußballspielern des Unternehmens zu trainieren.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 07.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.1999 zu verurteilen, seinen Unfall vom 18.04.1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm die gesetzliche Entschädigungsleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Auskunft des Unternehmens vom 12.04.2000 sowie Vernehmung von 3 Arbeitskollegen, den Herren E., F., G. als Zeugen. Hinsichtlich des Sachverhalts im übrigen wird auf die genannten Unterlagen in der Verwaltungsakte der Beklagten und der Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, und insbesondere der Niederschrift vom 19.10.2000 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet, weil der Unfall des Klägers am 18.04.1998 als Arbeitsunfall anzuerkennen ist und ihm die Beklagte die gesetzlichen Entschädigungsleistungen zu gewähren hat.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten in Folge einer versicherten Tätigkeit (§ 8 Abs. 1 S. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII). Nach Eintritt eines Arbeitsunfalls hat der Träger der Unfallversicherung dem Verletzten die gesetzlichen Entschädigungsleistungen zu gewähren (§§ 26 ff. SGB VII).
Zu der versicherten Tätigkeit gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII gehört unter bestimmten Voraussetzungen auch der Betriebssport. Diese Voraussetzungen sind 1. Ausgleichszweck 2. Regelmäßigkeit 3. Teilnehmer im Wesentlichen Unternehmensangehörige 4. Zeit und Dauer im Zusammenhang mit der Tätigkeit im Unternehmen 5. unternehmensbezogene Organisation (vgl. ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, Urteil vom 28.11.1961 - 2 RU 130/59, BSGE 16, 1; vom 02.07.1996 - 2 RU 32/95, SozR 3-2200 § 548 RVO Nr. 29 sowie den insofern zutreffenden Bescheid der Beklagten). Die Teilnahme an einem Fußballturnier im Rahmen eines diese Voraussetzungen erfüllenden Betriebssports ist als Teil des Betriebssports ebenfalls versichert (vgl. BSG vom 02.07.1996 a.a.O.).
Dass die genannten 5 Voraussetzungen vorliegend erfüllt sind, ergibt sich aus Folgendem:
1. Der Ausgleichs-Charakter von Fußball ist unbestritten und zieht sich durch die einschlägige Literatur und Rechtsprechung. Dafür dass vorliegend der Wettkampf-Charakter des Fußballturniers, bei dem der Unfall stattfand, derart überragende Bedeutung gehabt hätte, dass der Ausgleichszweck völlig in den Hintergrund gedrängt worden wäre, gibt es keine Hinweise.
2. Auch die Voraussetzung "Regelmäßigkeit" ist erfüllt, weil hierfür ein zumindest einmal monatliches Spielen genügt (vgl. nur Krasney in: Handbuch der Sozialversicherung, Band III, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand 11/99, § 8 RN 146). Dass in der hier relevanten Zeit in 1998 zumindest einmal monatlich Fußball von den entsprechend Interessierten des Unternehmens gespielt wurde, steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Angaben des Klägers und der Zeugen fest. Hinsichtlich der Einzelheiten und insbesondere Zahlenangaben der Zeugen (E. und F.: zweimal monatlich) wird auf die Niederschrift Bezug genommen. Aus den früheren Angaben (Fragebogen BI. 11 - vom Kläger unterschrieben - sowie BI. 49 Verwaltungsakte) ergibt sich nichts anderes. Deutlich wird in ihnen nur, dass das Fußballspielen von den die Fragebogen Ausfüllenden nicht unter den Rechtsbegriff "Betriebssport" subsumiert wurde und vor allem die Turniere bei der Beantwortung der Fragen im Vordergrund standen. Auf das von den Zeugen bekundete freitägliche Spielen wird überhaupt nicht eingegangen. Ähnliches gilt auch für das Schreiben des Unternehmens vom 12.04.2000 (BI. 36 SG-Akte), das zudem in sich widersprüchlich ist, wie sich z.B. aus der Antwort auf die Frage 5 ergibt: "Die Teilnehmer erhielten keine Vergünstigungen ... lediglich das Startgeld sowie eine Pauschale für Verpflegung (wurden) gewährt." Denn auch die Übernahme des Startgeldes und eine Verpflegungspauschale sind Vergünstigungen. Dies alles zeigt, dass die schriftlichen Anfragen, auch des Gerichts, anscheinend nicht ganz richtig verstanden wurden bzw. das freitägliche Spielen nicht im Blickwinkel hatten. Sie sind daher nicht in der Lage, die übereinstimmenden Aussagen der Zeugen zu erschüttern, zumal diese persönlich einen glaubwürdigen Eindruck machten.
3. Die Teilnehmer an dem freitäglichen Spielen waren nur Betriebsangehörige.
4. Zeitlich fand dieses freitägliche Fußballspielen um 13.00 Uhr im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit statt.
5. Die unternehmensbezogene Organisation ergibt sich aus dem Kreis der Teilnehmenden, der betriebsinternen Organisation durch das Rundfragen, wer jeweils könne, und dem "Auflaufen" bei Turnieren als Betriebsfußballmannschaft von D. D-Stadt. Auch diese letzten Feststellungen beruhen auf den insofern übereinstimmenden Aussagen des Klägers und der Zeugen.
Die Antwort auf die Frage, ob die Teilnahme an dem Betriebsfußballturnier am 18.04.1998 aufgrund ihres Werbe-Charakters für das Unternehmen - unabhängig von dem Bestehen einer Betriebssportgruppe Fußball - als Teil der versicherten Tätigkeit dem Unternehmen zuzurechnen ist, kann aufgrund des oben Gesagten dahinstehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
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