L 7 AS 1105/16

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 3 AS 2535/16
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 1105/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Geltendmachung der Verfassungsmäßigkeit der Regelleistung nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13
2. Zur Neuermittlung des Regelbedarfs auf der Grundlage der Verbrauchsstichprobe (EVS) 2013
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. September 2016 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), speziell die Höhe des Regelbedarfs, für den Zeitraum vom 01.04.2016 bis 31.03.2017.

Die 1966 geborene Klägerin steht im dauernden Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beim Beklagten. Der Beklagte bewilligte ihr auf ihren Fortzahlungsantrag mit Bescheid vom 09.03.2016 i.d.F. der Änderungsbescheide vom 03.05.2016, 05.07.2016, 04.08.2016 und 08.11.2016 Leistungen für den Zeitraum vom 01.04.2016 bis 30.04.2016 i.H.v. insgesamt 651,92 EUR, vom 01.05.2016 bis 31.05.2016, 01.07.2016 bis 31.07.2016 und 01.09.2016 bis 30.09.2016 i.H.v. 638,85 EUR monatlich, vom 01.06.2016 bis 30.06.2016 i.H.v. 732,87 EUR, vom 01.08.2016 bis 31.08.2016 i.H.v. 652,91 EUR, vom 01.10.2016 bis 31.10.2016 i.H.v. 1.113,94 EUR und vom 01.11.2016 bis 31.03.2017 i.H.v. 679,85 EUR monatlich. Der Regelbedarf wurde jeweils i.H.v. 404,00 EUR angesetzt. Einkommen wurde nicht berücksichtigt. Dagegen richtete sich der Widerspruch der Klägerin, in dem sie die Verfassungsmäßigkeit des Regelsatzes rügte. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe in seiner Entscheidung vom 23.07.2014 - BvL 10/12, 1 BvL 12/12 und 1 BvL 1691/13 die Verfassungsmäßigkeit des Regelsatzes zwar bejaht, jedoch eine zeitnahe Überprüfung der Bedarfspositionen Mobilität und Haushaltsenergie angemahnt. Da dies erst zum 01.01.2017 erfolgen solle, sei keine zeitnahe Anpassung erfolgt. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20.06.2016 unter Verweis auf die Entscheidungen des BVerfG - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12 und 1 BvL 1691/13 zurück.

Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 01.07.2016 zum Sozialgericht Chemnitz erhobenen Klage weiterverfolgt. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 16.09.2016 abgewiesen. Die Klage auf Gewährung eines höheren Regelbedarfs sei für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis 29.02.2016 unzulässig, da der angegriffene Bescheid lediglich den Zeitraum ab 01.03.2016 regele. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die Festsetzung des Regelbedarfs der Klägerin auf 404,00 EUR monatlich begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das Sozialgericht schließe sich insoweit den Ausführungen im Urteil des Bundessozialgericht (BSG) vom 28.03.2013 - B 4 AS 12/12 R und im Beschluss des BVerfG vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 an. Weitere Gründe, aus denen sich die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides ergeben könnte, habe die Klägerin nicht vorgetragen. Solche seien auch nicht ersichtlich. Von der Vorlage nach Art. 100 Grundgesetz (GG) werde abgesehen, da das Sozialgericht nicht von der Nichtigkeit des § 20 SGB II überzeugt sei. Darüber hinaus sei die Zulassung einer Sprungrevision nicht veranlasst, da die Sache aufgrund bereits vorliegender höchstrichterlicher Entscheidungen keine grundsätzliche Bedeutung habe und das Sozialgericht nicht von diesen Entscheidungen abweiche (vgl. § 161 Abs. 2 iVm 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

Gegen den der Klägerin am 20.09.2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie am 20.10.2016 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht (SächsLSG) eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. In der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2018 hat die Klägerin den Rechtsstreit für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis 31.03.2016 für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 16.09.2016 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 09.03.2016 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 03.05.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.06.2016, alle in der Fassung der Änderungsbescheide vom 05.07.2016, 04.08.2016 und 08.11.2016 zu verurteilen, der Klägerin höhere Leistungen für den Zeitraum vom 01.04.2016 bis 31.03.2017 zu bewilligen, hilfsweise die Angelegenheit dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Grundgesetz vorzulegen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erachtet den Gerichtsbescheid für zutreffend.

Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen und die Verwaltungsakte des Beklagten vor.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 16.09.2016 die Klage abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 09.03.2016 i.d.F. des Änderungsbescheides vom 03.05.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.06.2016, alle in der Fassung der Änderungsbescheide vom 05.07.2016, 04.08.2016 und 08.11.2016, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Streitgegenstand des Verfahrens sind höhere Leistungen für den Zeitraum vom 01.04.2016 bis 31.03.2017. Die Klägerin hat von ihrem Dispositionsrecht Gebrauch gemacht, indem sie lediglich die Verfassungswidrigkeit der Regelleistung geltend macht. Gegenstand des Verfahrens ist daher nicht die Rechtmäßigkeit der Kosten der Unterkunft und Heizung (BSG, Urteil vom 22.03.2012 – B 4 AS 102/11 R, Rn. 11; BSG, Urteil vom 04.06.2014 – B 14 AS 42/13 R, Rn. 10).

2. Die Berufung ist statthaft. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der ausdrücklichen Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Klägerin begehrt einen monatlichen Regelbedarf im Zeitraum vom 01.04.2016 bis 31.03.2017 von mehr als 600,00 EUR statt 404,00 EUR monatlich. Daher ist ein Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 750,00 EUR überschritten.

3. Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht kein Anspruch auf höhere Leistungen für den Zeitraum vom 01.04.2016 bis 31.03.2017 zu. Der Gesetzgeber hat die Regelbedarfe nämlich nicht zu niedrig festgesetzt. Das hat das BVerfG mit Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13, Rn. 73 ff. für den Senat überzeugend entschieden:

Tenor:

"§ 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1, Abs. 4 und 5, § 23 Nr. 1, § 77 Abs. 4 Nr. 1 und 2 SGB II und § 8 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 und 6, Abs. 2 Nr. 1 und 3 RBEG, jeweils in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II und § 28a SGB XII, sowie die Anlage zu § 28 SGB XII sowie § 2 RBSFV 2012, § 2 RBSFV 2013 und § 2 RBSFV 2014 sind mit dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG nach Maßgabe der Gründe derzeit noch vereinbar. (zum Anpassungsbedarf im Zuge der nächsten Neuermittlung der Höhe der Regelbedarfe unten D).

I.

1. Das Grundgesetz garantiert mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Art. 1 Abs. 1 GG begründet diesen Anspruch; das Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, ein menschenwürdiges Existenzminimum tatsächlich zu sichern. Das Grundrecht ist dem Grunde nach unverfügbar und muss durch einen Leistungsanspruch eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und stetigen Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen im Hinblick auf die konkreten Bedarfe der Betroffenen auszurichten hat. Dem Gesetzgeber steht ein Gestaltungsspielraum zu (vgl. BVerfGE 125, 175 (222); 132, 134 (159, Rn. 62)). Dabei ist er auch durch völkerrechtliche Verpflichtungen gebunden (vgl. BVerfGE 132, 134 (161 f., Rn. 68)).

a) Der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums erstreckt sich nur auf die unbedingt erforderlichen Mittel zur Sicherung sowohl der physischen Existenz als auch zur Sicherung eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (vgl. BVerfGE 125, 175 (223); 132, 134 (160, Rn. 64)).

b) Der Gesetzgeber muss bei der Ausgestaltung der Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums die entsprechenden Bedarfe der Hilfebedürftigen zeit- und realitätsgerecht erfassen. Ihm kommt ein Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung von Art und Höhe der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums zu. Er hat einen Entscheidungsspielraum bei der Beurteilung der tatsächlichen Verhältnisse ebenso wie bei der wertenden Einschätzung des notwendigen Bedarfs. Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber seine Entscheidung an den konkreten Bedarfen der Hilfebedürftigen ausrichtet (vgl. BVerfGE 125, 175 (224 f.); 132, 134 (160 f., Rn. 67)) und die Leistungen zur Konkretisierung des grundrechtlich fundierten Anspruchs tragfähig begründet werden können (vgl. BVerfGE 132, 134 (162, Rn. 69) unter Verweis auf BVerfGE 125, 175 (225)).

aa) Die sich aus der Verfassung ergebenden Anforderungen an die methodisch sachgerechte Bestimmung grundrechtlich garantierter Leistungen beziehen sich nicht auf das Verfahren der Gesetzgebung, sondern auf dessen Ergebnisse (BVerfGE 132, 134 (162 f., Rn. 70)). Das Grundgesetz verpflichtet den Gesetzgeber insofern auch nicht, durch Einbeziehung aller denkbaren Faktoren eine optimale Bestimmung des Existenzminimums vorzunehmen; darum zu ringen ist vielmehr Sache der Politik (vgl. BVerfGE 113, 167 (242)). Entscheidend ist, dass die Anforderungen des Grundgesetzes, tatsächlich für eine menschenwürdige Existenz Sorge zu tragen, im Ergebnis nicht verfehlt werden.

bb) Das Grundgesetz schreibt insofern auch keine bestimmte Methode vor, wodurch der dem Gesetzgeber zustehende Gestaltungsspielraum begrenzt würde. Es kommt dem Gesetzgeber zu, die Methode zur Ermittlung der Bedarfe und zur Berechnung der Leistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz im Rahmen der Tauglichkeit und Sachgerechtigkeit selbst auszuwählen (vgl. BVerfGE 125, 175 (225)). Die getroffene Entscheidung verändert allerdings nicht die grundrechtlichen Maßstäbe. Daher darf keine Methode gewählt werden, die Bedarfe von vornherein ausblendet, wenn diese ansonsten als existenzsichernd anerkannt worden sind (vgl. BVerfGE 132, 134 (162 f., Rn. 71)). Werden hinsichtlich bestimmter Personengruppen unterschiedliche Methoden zugrunde gelegt, muss dies sachlich zu rechtfertigen sein (vgl. BVerfGE 125, 175 (225)).

cc) Die Ergebnisse eines sachgerechten Verfahrens zur Bestimmung grundrechtlich garantierter Ansprüche sind fortwährend zu überprüfen und weiter zu entwickeln (vgl. BVerfGE 125, 175 (225)).

2. Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Bemessung des Existenzminimums entspricht eine zurückhaltende Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht. Das Grundgesetz selbst gibt keinen exakt bezifferten Anspruch vor (vgl. BVerfGE 125, 175 (225 f.); 132, 134 (165, Rn. 78)). Deswegen kann auch der Umfang dieses Anspruchs im Hinblick auf die Arten des Bedarfs und die dafür erforderlichen Mittel nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden (vgl. BVerfGE 91, 93 (111 f.)). Dem Bundesverfassungsgericht kommt nicht die Aufgabe zu, zu entscheiden, wie hoch ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums sein muss; es ist zudem nicht seine Aufgabe, zu prüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung zur Erfüllung seiner Aufgaben gewählt hat (vgl. BVerfGE 130, 263 (294) m.w.N.). Aus verfassungsrechtlicher Sicht kommt es vielmehr entscheidend darauf an, dass die Untergrenze eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht unterschritten wird und die Höhe der Leistungen zu dessen Sicherung insgesamt tragfähig begründbar ist.

a) Da das Grundgesetz selbst keine exakte Bezifferung des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen vorgibt, beschränkt sich die materielle Kontrolle der Höhe von Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz darauf, ob die Leistungen evident unzureichend sind (BVerfGE 125, 175 (225 f.); 132, 134 (165, Rn. 78)). Diese Kontrolle bezieht sich im Wege einer Gesamtschau (vgl. BVerfGE 130, 263 (295)) auf die Höhe der Leistungen insgesamt und nicht auf einzelne Berechnungselemente, die dazu dienen, diese Höhe zu bestimmen. Evident unzureichend sind Sozialleistungen nur, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist.

b) Jenseits dieser Evidenzkontrolle überprüft das Bundesverfassungsgericht, ob Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sind. Das Bundesverfassungsgericht setzt sich dabei nicht mit eigener Sachkompetenz an die Stelle des Gesetzgebers, sondern überprüft lediglich die gesetzgeberischen Festlegungen zur Berechnung von grundgesetzlich nicht exakt bezifferbaren, aber grundrechtlich garantierten Leistungen. Lassen sich diese nachvollziehbar und sachlich differenziert tragfähig begründen, stehen sie mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG in Einklang (vgl. BVerfGE 125, 175 (225 f.); 132, 134 (165 f., Rn. 79); oben C I 1 b).

aa) Die gesetzgeberischen Festlegungen zur Berechnung der Höhe existenzsichernder Leistungen müssen sachlich vertretbar sein. Auch ein politisch ausgehandelter Kompromiss darf nicht zu sachlich nicht begründbaren Ergebnissen führen, wobei schlicht gegriffene Zahlen ebenso wie Schätzungen ins Blaue hinein den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügen (vgl. BVerfGE 125, 175 (237 f.); 132, 134 (170 f., Rn. 90 f.)).

bb) Die Art und die Höhe der Leistungen müssen sich mit einer Methode erklären lassen, nach der die erforderlichen Tatsachen im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt werden und nach der sich die Berechnungsschritte mit einem nachvollziehbaren Zahlenwerk innerhalb dieses Verfahrens im Rahmen des Vertretbaren bewegen. Die Berechnung des Existenzminimums anhand eines Warenkorbes notwendiger Güter und Dienstleistungen mit anschließender Ermittlung und Bewertung der dafür zu entrichtenden Preise ist in gleicher Weise wie der Einsatz einer Verbrauchsstatistik für die Berechnung der Leistungshöhe zulässig (vgl. BVerfGE 125, 175 (234 f.)). Entscheidet sich der Gesetzgeber für das Statistikmodell, muss er Vorkehrungen gegen die damit einhergehenden spezifischen Risiken der Unterdeckung aktuell existenzsichernder Bedarfe treffen. Er ist von Verfassungs wegen nicht gehindert, aus der Statistik in Orientierung an einem Warenkorbmodell nachträglich einzelne Positionen wieder herauszunehmen. Wenn er aber in dieser Weise Elemente aus dem Warenkorbmodell in die Berechnung einführt, muss er sicherstellen, dass das Existenzminimum gleichwohl tatsächlich gesichert ist. Die Leistungen müssen entweder insgesamt so bemessen sein, dass entstehende Unterdeckungen intern ausgeglichen werden können (vgl. BVerfGE 125, 175 (238)), oder dass Mittel zur Deckung unterschiedlicher Bedarfe eigenverantwortlich angespart und die Bedarfe so gedeckt werden (vgl. BVerfGE 125, 175 (229)), oder es muss ein Anspruch auf den anderweitigen Ausgleich solcher Unterdeckungen bestehen.

cc) Der Gesetzgeber kommt seiner Pflicht zur Aktualisierung von Leistungsbeträgen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach, wenn er die Entwicklung der tatsächlichen Lebenshaltungskosten zur Deckung des existenznotwendigen Bedarfs durch regelmäßige Neuberechnungen und Fortschreibungen berücksichtigt (vgl. BVerfGE 125, 175 (225); 132, 134 (165 f., Rn. 79)). Auf Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie auf Preissteigerungen oder auf die Erhöhung von Verbrauchsteuern muss zeitnah reagiert werden, um sicherzustellen, dass der aktuelle Bedarf gedeckt wird (BVerfGE 132, 134 (163, Rn. 72)).

II.

Nach diesen Maßstäben genügen die vorgelegten Vorschriften für den entscheidungserheblichen Zeitraum in der erforderlichen Gesamtschau noch den Vorgaben von Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber hat den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Regelbedarfs nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums und die Anpassung der Leistungshöhe mit den Regelungen der § 20 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1, Abs. 4, Abs. 5, § 23 Nr. 1, § 77 Abs. 4 Nr. 1 und 2 SGB II und § 8 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4 und 6, Abs. 2 Nr. 1 und 3 RBEG, jeweils in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB II und § 28a SGB XII, sowie der Anlage zu § 28 SGB XII sowie § 2 RBSFV 2012, § 2 RBSFV 2013 und § 2 RBSFV 2014 gesetzlich gesichert. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Leistungen evident unzureichend festgesetzt sind (1). Die Vorgaben für die Bestimmung der Leistungshöhe genügen derzeit den Anforderungen an eine sachangemessene Berechnung der Leistungshöhe; der Gesetzgeber hat jedoch nach Maßgabe der Gründe dafür Sorge zu tragen, dass erkennbare Risiken einer Unterdeckung existenzsichernder Bedarfe nicht eintreten werden (2). Die Vorgaben für die Fortschreibung des Regelbedarfs sind mit der Verfassung vereinbar (3). Ein Verstoß gegen weitere Grundrechte liegt nicht vor (4).

2. Die Bestimmung der Höhe der Leistungen für den Regelbedarf durch den Gesetzgeber im Rahmen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch genügt den Anforderungen an eine hinreichend transparente, jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren tragfähig zu rechtfertigende Bemessung der Leistungshöhe. Der Gesetzgeber hat die relevanten Bedarfsarten berücksichtigt, die für einzelne Bedarfspositionen aufzuwendenden Kosten mit einer von ihm gewählten, im Grundsatz tauglichen und im Einzelfall mit hinreichender sachlicher Begründung angepassten Methode sachgerecht, also im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt und auf dieser Grundlage die Höhe des Gesamtbedarfs bestimmt (vgl. BVerfGE 125, 175 (225); 132, 134 (165, Rn. 79); oben C I 2 b). Es ist nicht erkennbar, dass er für die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz relevante Bedarfsarten übersehen und die zu ihrer Deckung erforderlichen Leistungen durch gesetzliche Ansprüche nicht gesichert hat (a). Selbst wenn die Leistungshöhe für den Regelbedarf in der Summe einer politischen Zielvorstellung entsprochen haben mag, ist sie verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie sich mit Hilfe verlässlicher Daten tragfähig begründen lässt (b). Zur Bestimmung der Höhe der Leistungen für den Regelbedarf hat sich der Gesetzgeber mit dem Statistikmodell auf eine Methode gestützt, die grundsätzlich geeignet ist, die zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen bedarfsgerecht zu bemessen (c). Er stützt sich im Ausgangspunkt mit der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) auch auf geeignete empirische Daten (d). Soweit von der Orientierung an den so ermittelten Daten durch die Herausnahme und durch Kürzungen einzelner Positionen abgewichen wird, bestehen im Rahmen der erforderlichen Gesamtbetrachtung keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (e). Die damit einhergehenden spezifischen Risiken der Unterdeckung müssen allerdings im Rahmen der nächsten Aktualisierung der Regelbedarfe bewältigt werden (f). Die geltend gemachten verfassungsrechtlichen Einwände gegen den Regelbedarf für Kinder und Jugendliche greifen nicht durch (g).

e) Soweit der Gesetzgeber von der Orientierung an den durchschnittlichen Verbrauchsausgaben eines Teils der Bevölkerung im Rahmen des Statistikmodells abweicht, lässt sich die Höhe des Regelbedarfs nach der erforderlichen Gesamtbetrachtung für den entscheidungserheblichen Zeitraum noch tragfähig begründen. Die Herausnahme einzelner Positionen der EVS aus der Berechnung des Regelbedarfs ist nicht deshalb verfassungsrechtlich angreifbar, weil ihr Überlegungen zugrunde liegen, die das Warenkorbmodell prägen, also eine Mischung der Berechnungsmethoden als "Methoden-Mix" entsteht. Die Berechnung ist damit nicht verfassungswidrig. Die Modifikationen des Statistikmodells dürfen allerdings insgesamt kein Ausmaß erreichen, das die Tauglichkeit des Modells für die Ermittlung der Höhe existenzsichernder Regelbedarfe in Frage stellt. Soweit es erforderlich ist, die mittels des Statistikmodells gewonnenen Ergebnisse etwa aufgrund offensichtlich bedarfsrelevanter Entwicklungen zu überprüfen, kann der Gesetzgeber mit Hilfe der Warenkorbmethode vielmehr auch kontrollierend sicherstellen, dass der existentielle Bedarf tatsächlich gedeckt ist. Desgleichen kann er auf einzelne Waren bezogene Überlegungen nutzen, um die Verbrauchsdaten der EVS an die Ermittlung der Bedarfe anzupassen. Vorliegend sind die vom Gesetzgeber vorgenommenen Herausnahmen und Abschläge für den entscheidungserheblichen Zeitraum verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden; ihnen liegen Wertungen zugrunde, die er in Ausfüllung seines Gestaltungsspielraums politisch zu verantworten hat, die aber nicht verfassungsrechtlich im Detail determiniert sind (oben C I 2 b bb).

bb) Der Gesetzgeber darf grundsätzlich darauf verweisen, dass punktuelle Unterdeckungen intern ausgeglichen werden (vgl. BVerfGE 125, 175 (238)), wenn ein im Regelbedarf nicht berücksichtigter Bedarf nur vorübergehend anfällt oder ein Bedarf deutlich kostenträchtiger ist als der statistische Durchschnittswert, der zu seiner Deckung berücksichtigt worden ist.

(1) Zum internen Ausgleich kann nicht pauschal darauf verwiesen werden, dass Bedürftige Leistungen zur Deckung soziokultureller Bedarfe als Ausgleichsmasse für andere Bedarfspositionen einsetzen könnten (so die Stellungnahme der Bundesregierung, mit Verweis auf BSG, Urteil vom 12. Juli 2012 - B 14 AS 153/11 R -, juris, Rn. 60), denn der soziokulturelle Bedarf gehört zum grundrechtlich gesicherten, menschenwürdigen Existenzminimum. Auch die in der Pauschale für den Regelbedarf enthaltenen Leistungen für soziokulturelle Bedarfe sind keine frei verfügbare Ausgleichsmasse, da diese Bedarfe ebenfalls existenzsichernd zu decken sind (vgl. BVerfGE 125, 175 (223 f.); 132, 134 (161, Rn. 64 f.); oben C I 1 a).

(2) Gegen die Regelung in § 20 Abs. 1 Satz 4 SGB II, wonach Bedürftige Mittel zur Bedarfsdeckung eigenverantwortlich ausgleichen und ansparen müssen, ist aus verfassungsrechtlicher Sicht grundsätzlich nichts einzuwenden. Ein solches Modell ist mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn die Höhe der pauschalen Leistungsbeträge für den monatlichen Regelbedarf es zulässt, einen Anteil für den unregelmäßig auftretenden oder kostenträchtigeren Bedarf zurückzuhalten. Es ist vorliegend jedenfalls nicht erkennbar geworden, dass existenzgefährdende Unterdeckungen eintreten. Doch muss der Gesetzgeber künftig darauf achten, dass der existenznotwendige Bedarf insgesamt gedeckt ist (unten D I). Dies setzt voraus, dass die Bemessung der Regelbedarfe hinreichend Spielraum für einen Ausgleich lässt.

Nach der vorliegenden Berechnungsweise des Regelbedarfs ergibt sich beispielsweise die Gefahr einer Unterdeckung hinsichtlich der akut existenznotwendigen, aber langlebigen Konsumgüter, die in zeitlichen Abständen von mehreren Jahren angeschafft werden, eine sehr hohe Differenz zwischen statistischem Durchschnittswert und Anschaffungspreis. So wurde für die Anschaffung von Kühlschrank, Gefrierschrank und -truhe, Waschmaschine, Wäschetrockner, Geschirrspül- und Bügelmaschine (Abteilung 05; BTDrucks 17/3404, S. 56, 140) lediglich ein Wert von unter 3 EUR berücksichtigt. Desgleichen kann eine Unterdeckung entstehen, wenn Gesundheitsleistungen wie Sehhilfen weder im Rahmen des Regelbedarfs gedeckt werden können noch anderweitig gesichert sind (vgl. BVerfGE 125, 175 (252 ff.)).

3. Die Vorgaben zur Fortschreibung der Regelbedarfsstufen in den Jahren, in denen keine Neuermittlung nach § 28 SGB XII erfolgt, weichen - im Unterschied zur vormaligen Regelung (vgl. BVerfGE 125, 175 (242 f.)) - nicht in unvertretbarer Weise von den Strukturprinzipien der gewählten Ermittlungsmethode ab. Der Gesetzgeber kommt seiner Pflicht, auf Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie auf Preissteigerungen oder auf die Erhöhung von Verbrauchsteuern zu reagieren, um sicherzustellen, dass der aktuelle Bedarf gedeckt ist (vgl. BVerfGE 125, 175 (225); 132, 134 (163, Rn. 72)), durch die angegriffenen Regelungen im Grundsatz nach.

a) Eine Hochrechnung anhand der Preisentwicklung in den Ausgabepositionen, aus denen sich der regelbedarfsrelevante Verbrauch zusammensetzt, ist mit dem Grundgesetz ebenso vereinbar (vgl. BVerfGE 125, 175 (244)) wie die Orientierung an einem gemischten Index, der neben der Preisentwicklung auch die Entwicklung der Löhne und Gehälter berücksichtigt. Der Gesetzgeber hat tragfähig begründet, warum sich die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nunmehr nach § 28a Abs. 2 Satz 1 und 3 SGB XII an die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen sowie die bundesdurchschnittliche Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter anlehnt. Eine stärkere Gewichtung der Preisentwicklung nach § 28a Abs. 2 Satz 3 SGB XII ist allerdings erforderlich, weil gerade bei Leistungen zur Deckung des physischen Existenzminimums deren realer Wert zu sichern ist (BTDrucks 17/3404, S. 122). Die geringere Berücksichtigung der Lohnentwicklung soll Entwicklungsstand und Lebensbedingungen berücksichtigen (vgl. BVerfGE 125, 175 (222)) und in gewissem Maße die Wohlfahrtsentwicklung der Gesellschaft nachzeichnen (vgl. BVerfGE 125, 175 (242 f.); Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: Dezember 2011, K § 28a Rn.19). Die Lohnentwicklung ist zwar für sich genommen zur Fortschreibung der Höhe der Leistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz nicht tauglich. Entscheidend ist aber auch hier, im Ergebnis eine menschenwürdige Existenz tatsächlich zu sichern (oben C I 1 b aa; C II 2 c).

b) Der Gesetzgeber hat sich mit der abweichenden Regelung der Fortschreibung zum 1. Januar 2011 im Rahmen seines Gestaltungsspielraums bewegt. Zwar wird mit der Sonderregelung die Entwicklung des Mischindexes für die Zeit vom 1. Januar bis zum 30. Juni 2010 bei der Anpassung zum 1. Januar 2011 ausgeblendet. Der Fortschreibungsmechanismus zum 1. Januar 2012 beruht aber nicht nur auf einem Vergleich der Indizes aus den Zeiträumen 1. Juli 2010 bis 30. Juni 2011 und 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010, sondern zusätzlich auf der Veränderungsrate des Mischindexes im Vergleichszeitraum 1. Juli 2009 bis 30. Juni 2010 gegenüber dem Jahresdurchschnitt 2009 und holt diese Entwicklung somit in verfassungsrechtlich noch vertretbarer Weise nach (vgl. BSG, Urteil vom 12. Juli 2012 - B 14 AS 153/11 R -, juris, Rn. 81; vgl. auch Martens, ASR 2011, S. 178 (181 Fn. 11)).

c) Die jeweils um sechs Monate verzögerte Fortschreibung hält sich im Rahmen des verfassungsrechtlich Vertretbaren. Zwar erfolgte eine Orientierung an Jahreszeiträumen (§ 28a Abs. 2 Satz 2 SGB XII) erstmals tatsächlich erst für die Fortschreibung zum 1. Januar 2013, weshalb zwischen dem Ende des jüngeren Vergleichszeitraums und dem Fortschreibungstermin sechs Monate liegen, Preissteigerungen in diesem Zeitraum also nicht unmittelbar berücksichtigt werden.

D. I. 1. Die Ermittlung von Regelbedarfen, die ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten, ist stets nur annäherungsweise möglich. Sie muss sich auf Daten zu komplexen Verhältnissen stützen, die für die jeweils aktuell geforderte Deckung eines existenzsichernden Bedarfs nur begrenzt aussagekräftig sind. Zwar muss die Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums nach der erforderlichen Gesamtbetrachtung auf im Ausgangspunkt tragfähigen Grundannahmen, Daten und Berechnungsschritten beruhen, jedoch schlagen Bedenken hinsichtlich einzelner Berechnungspositionen nicht ohne Weiteres auf die verfassungsrechtliche Beurteilung durch. Allerdings darf der Gesetzgeber ernsthafte Bedenken, die auf tatsächliche Gefahren der Unterdeckung verweisen, nicht einfach auf sich beruhen lassen und fortschreiben. Er ist vielmehr gehalten, bei den periodisch anstehenden Neuermittlungen des Regelbedarfs zwischenzeitlich erkennbare Bedenken aufzugreifen und unzureichende Berechnungsschritte zu korrigieren.

1. Der Gesetzgeber hat jedoch, soweit erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Deckung existentieller Bedarfe bestehen, bei der Neuermittlung der Regelbedarfe auf der Grundlage der EVS 2013, die noch nicht abschließend ausgewertet ist, sicherzustellen, dass die Höhe des Pauschalbetrags für den Regelbedarf tragfähig bemessen wird. Es liegt in seinem Gestaltungsspielraum, erforderlichenfalls geeignete Nacherhebungen vorzunehmen, Leistungen auf der Grundlage eines eigenen Indexes zu erhöhen oder Unterdeckungen in sonstiger Weise aufzufangen.

a) Ergibt sich eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter, muss der Gesetzgeber zeitnah darauf reagieren. So muss die Entwicklung der Preise für Haushaltsstrom berücksichtigt werden (oben C II 2 e bb). Ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, darf der Gesetzgeber dabei nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten."

Für den Senat bestehen auf der Grundlage der zitierten Entscheidung des BVerfG keinerlei Anhaltspunkte, dass der Regelbedarf für den streitigen Zeitraum verfassungswidrig zu niedrig festgesetzt worden sein könnte. Er stützt sich zudem auf die Argumentation des Bayerischen LSG (Beschluss vom 21.07.2016 – L 18 AS 405/16 B PKH, juris, Rn. 16 ff.), die er sich zu eigen macht: "Anhaltspunkte dafür, dass die Festsetzung des Regelbedarfs rechts- bzw. verfassungswidrig erfolgt wäre, sieht der Senat derzeit nicht. Der genannte Regelbedarf in Höhe von monatlich 404,00 EUR wurde gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 SGB II i.V.m. § 28a SGB XII aus der im Jahr 2015 festgesetzten Regelbedarfsstufe für Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, in Höhe von 399,00 EUR zum 01.01.2016 mit einer Veränderungsrate von 1,24% fortgeschrieben. Die Fortschreibung erfolgte zutreffender Weise, weil eine Neuermittlung des Regelbedarfs durch den Gesetzgeber nach § 28 SGB XII bislang nicht erfolgt ist. Diese hätte entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht zum 01.01.2016 erfolgen müssen; das Gesetz sieht keinen festen Zeitpunkt für die Neufestsetzung der Regelbedarfsstufen vor (vgl. Gutzler in jurisPK-SGB XII, § 28 Rn. 26). Insbesondere hat der Senat keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Neuermittlung durch den Gesetzgeber oder die am Ermittlungsverfahren beteiligten Behörden verschleppt worden wäre. Wie der Kläger selbst vorträgt, lag das Ergebnis der bundesweiten neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2013 des Statistischen Bundesamtes im Herbst 2015 vor. Allerdings sind vor Durchführung des Gesetzgebungsverfahrens nach § 28 Abs. 1 SGB XII gemäß § 28 Abs. 3 SGB XII auf Grundlage der EVS zunächst auch noch umfangreiche Sonderauswertungen durchzuführen. Aus diesen Umständen ergibt sich nachvollziehbar, weshalb die Neuermittlung des Regelbedarfs aus der EVS 2013 bislang noch nicht zum Abschluss gebracht werden konnte. Das beschriebene gesetzliche Verfahren zur Ermittlung des Regelbedarfs steht auch im Einklang mit der Verfassung (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschl. v. 23.07.2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13). Soweit der Kläger seine Klage darauf stützt, dass die Regelbedarfsstufen ab Januar 2016 nach einer Expertise des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband Gesamtverband e.V. vom Dezember 2015 zu niedrig festgelegt worden seien, überzeugt das den Senat nicht. Denn die Expertise stützt sich in erster Linie darauf, dass der Regelbedarf 2011 infolge einer Reihe von willkürlichen Eingriffen in die statistischen Grundlagen der EVS 2008 fehlerhaft festgelegt worden sei und die dadurch entstandene Bedarfsunterdeckung durch die Fortschreibung des Regelbedarfs in den Folgejahren von Jahr zu Jahr gewachsen sei. Dem steht aber gegenüber, dass nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundessozialgerichts (Urteil vom 28.03.2013 - B 4 AS 12/12 R) die Höhe des Regelbedarfs ab 01.01.2011 nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen worden ist. Im Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht wurde der Paritätische Gesamtverband bereits mit seiner Einwendung, dass die Regelungen zur Bestimmung der Höhe des Regelbedarfs für 2011 und 2012 verfassungswidrig seien, gehört. Das Bundesverfassungsgericht ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Soweit der Kläger darauf hinweist, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 23.07.2014 ausgeführt habe, dass der Gesetzgeber bei einer offensichtlichen und erheblichen Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter zeitnah reagieren muss und nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten darf, führt dies zu keiner anderen Einschätzung der Erfolgsaussichten der Klage. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine solche offensichtliche und erhebliche Diskrepanz eingetreten wäre. Auch der Kläger hat - insbesondere für die von ihm ausdrücklich erwähnten Bereiche ‚Haushaltsstrom‘, ‚Mobilität‘ und ‚langlebige Konsumgüter‘ - keine Belege dafür genannt, dass trotz der jährlichen Fortschreibung des Regelbedarfs innerhalb der letzten zwei Jahre eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen entstanden wäre, auf die der Gesetzgeber vorzeitig durch eine Neufestsetzung des Regelbedarfs hätte reagieren müssen." Diese Auffassung teilen auch das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.12.2017 – L 2 AS 1900/17 B, juris, Rn. 5 f., Beschluss vom 05.10.2017 - L 12 AS 1595/17 B, juris, Rn. 5 und das LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.06.2017 – L 18 AS 392/17, juris, Rn. 16 f. Auf die genannten Entscheidungen nimmt der Senat daher ebenfalls Bezug. Angesichts dessen besteht keine Veranlassung zur Vorlage des Rechtsstreits nach Art. 100 Grundgesetz. Auch im Übrigen sind Fehler der angegriffenen Bescheide weder geltend gemacht worden noch ersichtlich.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

4. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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