Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 342/18 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage auf Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens L 13 R 922/16 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens L 13 R 922/16.
Am 6. März 2014 beantragte der im April 1960 geborene Kläger, der ein Maschinenbaustudium abgeschlossen hat, bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, was die Beklagte mit Bescheid vom 4. Juli 2014 und Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2015 ablehnte. Nach Klageerhebung am 9. Februar 2015 (S 17 R 425/15) veranlasste das Sozialgericht Karlsruhe (SG) medizinische Ermittlungen und holte auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten ein. Mit Schreiben vom 10. September 2015 und 28. Oktober 2015 bot die Beklagte dem Kläger vergleichsweise an, einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer seit dem 30. September 2006 mit einem Rentenbeginn zum 1. März 2014 anzuerkennen. Der Kläger nahm dieses Vergleichsangebot nicht an und das SG verurteilte die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2015, dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. März 2014 zu bewilligen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Hiergegen legte der Kläger Berufung ein (L 13 R 922/16) Auf die in der mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2016 eingelegte Anschlussberufung der Beklagten hob der Senat den Gerichtsbescheid des SG vom 26. Februar 2016 mit Urteil vom 24. Mai 2016 auf und wies die Klage ab. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers blieb ohne Erfolg (Bundessozialgericht, Beschluss vom 29. August 2016 – B 13 R 159/16 B).
Bereits am 11. März 2016 hatte die Beklagte dem Kläger durch Rentenbescheid "aufgrund des Vergleichs vom 26.2.2016" Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. März 2014 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 702,44 EUR bewilligt. Nach dem Urteil des Senats vom 24. Mai 2016 hat die Beklagte dann mit Bescheid vom 13. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2016 den Bewilligungsbescheid vom 11. März 2016 gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen und die Erstattung der für den Monat Mai 2016 ausgezahlten Rente gefordert. Dieser Bescheid wurde am 8. Februar 2017 im Verfahren S 2 R 4155/16 aufgehoben.
Eine weitere Klage auf Gewährung von Rente blieb erfolglos (S 14 R 1316/17; Gerichtsbescheid vom 12. Juni 2017; L 7 R 2445/17, Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 18. Januar 2018).
Mit am 3. Juli 2017 beim LSG Baden-Württemberg eingegangenen Schriftsatz vom 30. Juni 2017 hat der Kläger "Restitutionsklage gegen das Urteil L 13 R 922/16" erhoben. Er trägt vor, die Deutsche Rentenversicherung Bund habe "das Landessozialgericht Baden-Württemberg in der Anschlussberufung am 24. Mai 2016 nach § 580 ZPO Abs. 3 belogen". Der Rentenbescheid vom 11. März 2016 sei "rechtskräftig und nicht anfechtbar". Wenn dem "Landesarbeitsgericht" die Erwerbsminderung des Klägers bekannt gewesen wäre, hätte es nach "§ 580 ZPO Abs. 7b" anders entschieden. Er sei seit 1. Oktober 2006 arbeitslos, habe vom 27. April 2007 bis 26. April 2008 Arbeitslosengeld bezogen und eine Vermittlung in den Arbeitsmarkt sei nicht möglich gewesen. Mit Rentenbescheid vom 11. März 2016 habe die Beklagte den nicht rechtskräftigen Gerichtsbescheid S 17 R 425/15 vom 26. Februar 2016 umgesetzt und damit seien die Ansprüche aus dem Rentenbescheid als Anerkenntnis nach § 307 ZPO nicht anfechtbar. Der Kläger legt den Bescheid der Agentur für Arbeit Karlsruhe vom 17. März 2008 vor (Feststellung einer Sperrzeit in der Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 23. Dezember 2006 wegen Verlust des Arbeitsplatzes aus verhaltensbedingten Gründen) und macht geltend, hierin liege ein Verschulden der Bundesagentur für Arbeit, aufgrund dessen diese nach § 823 BGB i.V.m. § 843 BGB und § 852 BGB für den Verlust des Arbeitsplatzes haften müsse. Außerdem bestehe bei ihm ein Grad der Behinderung von 40 bei mittelschwerer pulmonaler Störung und mittelschwerer psychischer Störung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das durch rechtskräftiges Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Mai 2016 abgeschlossene Verfahren L 13 R 922/16 wiederaufzunehmen, das Urteil vom 24. Mai 2016 abzuändern sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Februar 2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheids vom 4. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Februar 2015 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Oktober 2006 auf Dauer zu gewähren und die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Februar 2016 zurückzuweisen
Die Beklagte beantragt,
die Wiederaufnahmeklage als unzulässig abzuweisen.
Die Beklagte ist einer Wiederaufnahme des Verfahrens entgegengetreten, da die Vorgaben der §§ 578, 579 ZPO und § 179 SGG nicht gegeben seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Akten S 2 R 4155/15 und L 13 R 922/16 sowie L 7 R 2445/17verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat ist für die Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag des Klägers nach § 179 Abs. 1 und Abs. 2 SGG zuständig, nachdem sich dieser Antrag gegen ein Urteil des Senats richtet, in dem über die Berufung des Klägers in der Sache entschieden worden ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl., § 179 SGG, Rn. 8).
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers, der im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht anwesend oder vertreten war, verhandeln und entscheiden, da er auf diese Möglichkeit in der Terminsmitteilung vom 9. Mai 2018, die ihm am 12. Mai 2018 mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden ist, hingewiesen worden ist und auch ein Verlegungsantrag nicht gestellt worden ist.
Die Wiederaufnahmeklage ist unzulässig, da ein Wiederaufnahmegrund nicht schlüssig behauptet worden ist.
Nach § 179 Abs. 1 SGG kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buchs der ZPO (§§ 578 ff. ZPO) wieder aufgenommen werden. Somit gelten für eine Klage bzw. einen Antrag auf Wiederaufnahme eines rechtskräftig beendeten Verfahrens die Vorschriften der ZPO über die Nichtigkeits- und die Restitutionsklage. Insoweit ist ein Wiederaufnahmebegehren nur statthaft, wenn ein Nichtigkeits- oder Restitutionsgrund schlüssig behauptet und dargelegt wird und sich aus dem Vorbringen die Möglichkeit ergibt, dass ein solcher Grund vorliegt (Leitherer,a.a.O., Rn.9). Im vorliegenden Fall hat der Kläger keinen gesetzlichen Nichtigkeits- oder Restitutionsgrund schlüssig geltend gemacht.
Nach § 579 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; 2. wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist; 3. wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; 4. wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach der Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat, sofern in den Fällen der Nr. 1 und Nr. 3 die Nichtigkeit nicht mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte. Nach § 580 ZPO findet die Restitutionsklage statt, 1. wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat; 2. wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war; 3. in einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat; 4. wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist; 5. wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat; 6. wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist; 7. wenn die Partei a) ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder b) eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde; 8. der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht. Ergänzend bestimmt § 581 Abs.1 ZPO, dass in den Fällen des § 580 Nr. 1 bis 5 die Restitutionsklage nur stattfindet, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. § 179 Abs. 2 SGG gibt vor, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens ferner zulässig ist, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat. Nach § 180 Abs. 1 SGG ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch zulässig, wenn 1. mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig anerkannt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig zur Leistung verurteilt worden sind, 2. ein oder mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig abgelehnt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig von der Leistungspflicht befreit worden sind, weil ein anderer Versicherungsträger leistungspflichtig sei, der seine Leistung bereits endgültig abgelehnt hat oder von ihr rechtskräftig befreit worden ist. Das gleiche gilt nach § 180 Abs. 2 SGG im Verhältnis zwischen Versicherungsträgern und einem Land, wenn streitig ist, ob eine Leistung aus der Sozialversicherung oder nach dem sozialen Entschädigungsrecht zu gewähren ist.
Keinen dieser gesetzlich vorgesehenen Nichtigkeits- oder Restitutionsgründe hat der Kläger hier schlüssig geltend gemacht.
Soweit der Kläger rügt, die Deutsche Rentenversicherung Bund habe "das Landessozialgericht Baden-Württemberg in der Anschlussberufung am 24. Mai 2016 nach § 580 ZPO Abs. 3 belogen" und die Bundesagentur für Arbeit habe schuldhaft gehandelt und sich ihm gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht, ist ein Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 3 oder Nr. 4 ZPO nicht ausreichend dargelegt. Zum einen hätte der Kläger konkret angeben müssen, inwieweit der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2016 gelogen haben soll und inwieweit Vertreter der Bundesagentur für Arbeit schuldhaft gehandelt haben sollen. Hinzu kommt, dass einer Restitutionsklage nach § 580 Nr. 3 oder Nr. 4 ZPO vorliegend § 581 ZPO entgegensteht, da weder eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung ergangen ist noch die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht hat erfolgen können. Zu solchen Strafverfahren hat der Kläger nichts vorgetragen und es ist auch nicht ersichtlich, dass solche stattgefunden hätten. Soweit der Kläger wiederholt darauf hinweist, der Rentenbescheid vom 11. März 2016 sei "rechtskräftig und nicht anfechtbar" und das "Landesarbeitsgericht" (gemeint wohl: Landessozialgericht) hätte bei entsprechender Kenntnis anders entschieden, ergibt sich hieraus ebenfalls kein schlüssiger Restitutionsgrund. Die Voraussetzungen der insoweit allenfalls in Betracht kommenden und vom Kläger auch ausdrücklich genannten Regelung des § 580 Nr. 7b ZPO sind nicht erfüllt. Dieser Restitutionsgrund setzt voraus, dass der Kläger nach der Gerichtsentscheidung, deren Wiederaufnahme er begehrt, eine ihm bislang nicht bekannte Urkunde aufgefunden hat und er diese zu benutzen in den Stand gesetzt worden ist (Leitherer, a.a.O., Rn.5e). Der Rentenbescheid vom 11. März 2016 war dem Kläger zum Zeitpunkt des Senatsurteils vom 24. Mai 2016 bekannt, was die Anwendung von § 580 Nr. 7b ZPO bereits ausschließt. Darüber hinaus hätte der Rentenbescheid vom 11. März 2016 auch im Verfahren L 13 R 922/16 zu keiner für den Kläger günstigeren Entscheidung geführt. Dem Senat war damals aufgrund des Vergleichsangebots der Beklagten und deren Schreiben vom 10. September 2015 und 28. Oktober 2015 bekannt, dass diese eine teilweise Erwerbsminderung des Klägers bei Berufsunfähigkeit für gegeben hielt. Die Vorlage des diese Einschätzung der Beklagten umsetzenden Rentenbescheides vom 11. März 2016 hätte im Berufungsverfahren L 13 R 922/16 zu keiner anderen Entscheidung geführt, da der Senat im Urteil vom 20. März 2016 dieser Einschätzung der Beklagten und des SG gerade nicht gefolgt ist sondern das Vorliegen von Berufsunfähigkeit verneint hat.
Andere der o.g. Nichtigkeits- oder Restitutionsgründe hat der Kläger nicht schlüssig vorgetragen und sie sind nach Aktenlage auch nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf §193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens L 13 R 922/16.
Am 6. März 2014 beantragte der im April 1960 geborene Kläger, der ein Maschinenbaustudium abgeschlossen hat, bei der Beklagten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung, was die Beklagte mit Bescheid vom 4. Juli 2014 und Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2015 ablehnte. Nach Klageerhebung am 9. Februar 2015 (S 17 R 425/15) veranlasste das Sozialgericht Karlsruhe (SG) medizinische Ermittlungen und holte auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten ein. Mit Schreiben vom 10. September 2015 und 28. Oktober 2015 bot die Beklagte dem Kläger vergleichsweise an, einen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Dauer seit dem 30. September 2006 mit einem Rentenbeginn zum 1. März 2014 anzuerkennen. Der Kläger nahm dieses Vergleichsangebot nicht an und das SG verurteilte die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2015, dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. März 2014 zu bewilligen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Hiergegen legte der Kläger Berufung ein (L 13 R 922/16) Auf die in der mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2016 eingelegte Anschlussberufung der Beklagten hob der Senat den Gerichtsbescheid des SG vom 26. Februar 2016 mit Urteil vom 24. Mai 2016 auf und wies die Klage ab. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers blieb ohne Erfolg (Bundessozialgericht, Beschluss vom 29. August 2016 – B 13 R 159/16 B).
Bereits am 11. März 2016 hatte die Beklagte dem Kläger durch Rentenbescheid "aufgrund des Vergleichs vom 26.2.2016" Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. März 2014 mit einem monatlichen Zahlbetrag von 702,44 EUR bewilligt. Nach dem Urteil des Senats vom 24. Mai 2016 hat die Beklagte dann mit Bescheid vom 13. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Dezember 2016 den Bewilligungsbescheid vom 11. März 2016 gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen und die Erstattung der für den Monat Mai 2016 ausgezahlten Rente gefordert. Dieser Bescheid wurde am 8. Februar 2017 im Verfahren S 2 R 4155/16 aufgehoben.
Eine weitere Klage auf Gewährung von Rente blieb erfolglos (S 14 R 1316/17; Gerichtsbescheid vom 12. Juni 2017; L 7 R 2445/17, Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg [LSG] vom 18. Januar 2018).
Mit am 3. Juli 2017 beim LSG Baden-Württemberg eingegangenen Schriftsatz vom 30. Juni 2017 hat der Kläger "Restitutionsklage gegen das Urteil L 13 R 922/16" erhoben. Er trägt vor, die Deutsche Rentenversicherung Bund habe "das Landessozialgericht Baden-Württemberg in der Anschlussberufung am 24. Mai 2016 nach § 580 ZPO Abs. 3 belogen". Der Rentenbescheid vom 11. März 2016 sei "rechtskräftig und nicht anfechtbar". Wenn dem "Landesarbeitsgericht" die Erwerbsminderung des Klägers bekannt gewesen wäre, hätte es nach "§ 580 ZPO Abs. 7b" anders entschieden. Er sei seit 1. Oktober 2006 arbeitslos, habe vom 27. April 2007 bis 26. April 2008 Arbeitslosengeld bezogen und eine Vermittlung in den Arbeitsmarkt sei nicht möglich gewesen. Mit Rentenbescheid vom 11. März 2016 habe die Beklagte den nicht rechtskräftigen Gerichtsbescheid S 17 R 425/15 vom 26. Februar 2016 umgesetzt und damit seien die Ansprüche aus dem Rentenbescheid als Anerkenntnis nach § 307 ZPO nicht anfechtbar. Der Kläger legt den Bescheid der Agentur für Arbeit Karlsruhe vom 17. März 2008 vor (Feststellung einer Sperrzeit in der Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 23. Dezember 2006 wegen Verlust des Arbeitsplatzes aus verhaltensbedingten Gründen) und macht geltend, hierin liege ein Verschulden der Bundesagentur für Arbeit, aufgrund dessen diese nach § 823 BGB i.V.m. § 843 BGB und § 852 BGB für den Verlust des Arbeitsplatzes haften müsse. Außerdem bestehe bei ihm ein Grad der Behinderung von 40 bei mittelschwerer pulmonaler Störung und mittelschwerer psychischer Störung.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das durch rechtskräftiges Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 24. Mai 2016 abgeschlossene Verfahren L 13 R 922/16 wiederaufzunehmen, das Urteil vom 24. Mai 2016 abzuändern sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Februar 2016 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Aufhebung des Bescheids vom 4. Juli 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 6. Februar 2015 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Oktober 2006 auf Dauer zu gewähren und die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Februar 2016 zurückzuweisen
Die Beklagte beantragt,
die Wiederaufnahmeklage als unzulässig abzuweisen.
Die Beklagte ist einer Wiederaufnahme des Verfahrens entgegengetreten, da die Vorgaben der §§ 578, 579 ZPO und § 179 SGG nicht gegeben seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Akten S 2 R 4155/15 und L 13 R 922/16 sowie L 7 R 2445/17verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat ist für die Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag des Klägers nach § 179 Abs. 1 und Abs. 2 SGG zuständig, nachdem sich dieser Antrag gegen ein Urteil des Senats richtet, in dem über die Berufung des Klägers in der Sache entschieden worden ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl., § 179 SGG, Rn. 8).
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers, der im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht anwesend oder vertreten war, verhandeln und entscheiden, da er auf diese Möglichkeit in der Terminsmitteilung vom 9. Mai 2018, die ihm am 12. Mai 2018 mit Postzustellungsurkunde zugestellt worden ist, hingewiesen worden ist und auch ein Verlegungsantrag nicht gestellt worden ist.
Die Wiederaufnahmeklage ist unzulässig, da ein Wiederaufnahmegrund nicht schlüssig behauptet worden ist.
Nach § 179 Abs. 1 SGG kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buchs der ZPO (§§ 578 ff. ZPO) wieder aufgenommen werden. Somit gelten für eine Klage bzw. einen Antrag auf Wiederaufnahme eines rechtskräftig beendeten Verfahrens die Vorschriften der ZPO über die Nichtigkeits- und die Restitutionsklage. Insoweit ist ein Wiederaufnahmebegehren nur statthaft, wenn ein Nichtigkeits- oder Restitutionsgrund schlüssig behauptet und dargelegt wird und sich aus dem Vorbringen die Möglichkeit ergibt, dass ein solcher Grund vorliegt (Leitherer,a.a.O., Rn.9). Im vorliegenden Fall hat der Kläger keinen gesetzlichen Nichtigkeits- oder Restitutionsgrund schlüssig geltend gemacht.
Nach § 579 ZPO findet die Nichtigkeitsklage statt, 1. wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; 2. wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist; 3. wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; 4. wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach der Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat, sofern in den Fällen der Nr. 1 und Nr. 3 die Nichtigkeit nicht mittels eines Rechtsmittels geltend gemacht werden konnte. Nach § 580 ZPO findet die Restitutionsklage statt, 1. wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat; 2. wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war; 3. in einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat; 4. wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist; 5. wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat; 6. wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist; 7. wenn die Partei a) ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder b) eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde; 8. der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht. Ergänzend bestimmt § 581 Abs.1 ZPO, dass in den Fällen des § 580 Nr. 1 bis 5 die Restitutionsklage nur stattfindet, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann. § 179 Abs. 2 SGG gibt vor, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens ferner zulässig ist, wenn ein Beteiligter strafgerichtlich verurteilt worden ist, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat. Nach § 180 Abs. 1 SGG ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens auch zulässig, wenn 1. mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig anerkannt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig zur Leistung verurteilt worden sind, 2. ein oder mehrere Versicherungsträger denselben Anspruch endgültig abgelehnt haben oder wegen desselben Anspruchs rechtskräftig von der Leistungspflicht befreit worden sind, weil ein anderer Versicherungsträger leistungspflichtig sei, der seine Leistung bereits endgültig abgelehnt hat oder von ihr rechtskräftig befreit worden ist. Das gleiche gilt nach § 180 Abs. 2 SGG im Verhältnis zwischen Versicherungsträgern und einem Land, wenn streitig ist, ob eine Leistung aus der Sozialversicherung oder nach dem sozialen Entschädigungsrecht zu gewähren ist.
Keinen dieser gesetzlich vorgesehenen Nichtigkeits- oder Restitutionsgründe hat der Kläger hier schlüssig geltend gemacht.
Soweit der Kläger rügt, die Deutsche Rentenversicherung Bund habe "das Landessozialgericht Baden-Württemberg in der Anschlussberufung am 24. Mai 2016 nach § 580 ZPO Abs. 3 belogen" und die Bundesagentur für Arbeit habe schuldhaft gehandelt und sich ihm gegenüber schadensersatzpflichtig gemacht, ist ein Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 3 oder Nr. 4 ZPO nicht ausreichend dargelegt. Zum einen hätte der Kläger konkret angeben müssen, inwieweit der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2016 gelogen haben soll und inwieweit Vertreter der Bundesagentur für Arbeit schuldhaft gehandelt haben sollen. Hinzu kommt, dass einer Restitutionsklage nach § 580 Nr. 3 oder Nr. 4 ZPO vorliegend § 581 ZPO entgegensteht, da weder eine rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung ergangen ist noch die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht hat erfolgen können. Zu solchen Strafverfahren hat der Kläger nichts vorgetragen und es ist auch nicht ersichtlich, dass solche stattgefunden hätten. Soweit der Kläger wiederholt darauf hinweist, der Rentenbescheid vom 11. März 2016 sei "rechtskräftig und nicht anfechtbar" und das "Landesarbeitsgericht" (gemeint wohl: Landessozialgericht) hätte bei entsprechender Kenntnis anders entschieden, ergibt sich hieraus ebenfalls kein schlüssiger Restitutionsgrund. Die Voraussetzungen der insoweit allenfalls in Betracht kommenden und vom Kläger auch ausdrücklich genannten Regelung des § 580 Nr. 7b ZPO sind nicht erfüllt. Dieser Restitutionsgrund setzt voraus, dass der Kläger nach der Gerichtsentscheidung, deren Wiederaufnahme er begehrt, eine ihm bislang nicht bekannte Urkunde aufgefunden hat und er diese zu benutzen in den Stand gesetzt worden ist (Leitherer, a.a.O., Rn.5e). Der Rentenbescheid vom 11. März 2016 war dem Kläger zum Zeitpunkt des Senatsurteils vom 24. Mai 2016 bekannt, was die Anwendung von § 580 Nr. 7b ZPO bereits ausschließt. Darüber hinaus hätte der Rentenbescheid vom 11. März 2016 auch im Verfahren L 13 R 922/16 zu keiner für den Kläger günstigeren Entscheidung geführt. Dem Senat war damals aufgrund des Vergleichsangebots der Beklagten und deren Schreiben vom 10. September 2015 und 28. Oktober 2015 bekannt, dass diese eine teilweise Erwerbsminderung des Klägers bei Berufsunfähigkeit für gegeben hielt. Die Vorlage des diese Einschätzung der Beklagten umsetzenden Rentenbescheides vom 11. März 2016 hätte im Berufungsverfahren L 13 R 922/16 zu keiner anderen Entscheidung geführt, da der Senat im Urteil vom 20. März 2016 dieser Einschätzung der Beklagten und des SG gerade nicht gefolgt ist sondern das Vorliegen von Berufsunfähigkeit verneint hat.
Andere der o.g. Nichtigkeits- oder Restitutionsgründe hat der Kläger nicht schlüssig vorgetragen und sie sind nach Aktenlage auch nicht erkennbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf §193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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