Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 2076/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 526/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 20. Januar 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit ab dem 1. Januar 2014.
Der am 1954 geborene Kläger, der keine Berufsausbildung absolvierte, war ab September 1969 bei einem Stricknadelhersteller bis zur betriebsbedingten Kündigung zum 31. Dezember 2006, zuletzt in einer Auffanggesellschaft, versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend war er zunächst arbeitslos. Vom 4. Juli 2007 bis zum 31. Juli 2009 war er mit ungelernten Arbeiten in der Reinigung von Blechteilen zur Vorbereitung der Lackierung versicherungspflichtig beschäftigt; die Anlernzeit für diese Tätigkeiten lag unter drei Monaten (Auskunft der Arbeitgeberin vom 3. November 2011). Anschließend bezog er zunächst Arbeitslosengeld. Ab dem 6. April 2010 war er arbeitsunfähig und erhielt ab dem 18. Mai 2010 Kranken- und Übergangsgeld, anschließend ab dem 25. August 2011 wiederum Arbeitslosengeld bis zum 6. November 2012 und von Dezember 2012 bis November 2013 Arbeitslosengeld II.
Im Rahmen eines Antrags auf vorzeitige medizinische Rehabilitation zog die Beklagte u.a. ein nach Aktenlage erstelltes Gutachten von Dr. M.-W., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK), vom 23. Mai 2011 bei (schwere depressive Episode; kein positives Leistungsbild für drei Stunden auch für leichte Tätigkeiten; erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit liege vor) und ließ den Kläger durch Facharzt für Innere Medizin und Psychotherapeutische Medizin Dr. We. begutachten. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 8. August 2011 eine rezidivierende depressive Störung, derzeit leichte Dysthymie, eine medikamentös eingestellte essentielle Hypertonie, ein leichtes Übergewicht und einen Nikotinabusus. Die zuletzt ausgeübte körperliche schwere Tätigkeit sei nicht mehr zumutbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger aber unter Beachtung qualitativer Ausschlüsse noch mehr als sechsstündig täglich verrichten. In einer gutachterlichen Äußerung für die Bundesagentur für Arbeit vom 17. Oktober 2011 beschrieb Arzt für Allgemeinmedizin V. unter Bezugnahme auf die Einschätzung von Fachkollegen wegen im Vordergrund stehender psychischer Problematik für leichte Tätigkeiten ein anfänglich nur bis zu vier Stunden tägliches Leistungsvermögen; wenn sich der Kläger am Arbeitsplatz gut einlebe, ließe sich die tägliche Arbeitszeit steigern.
Einen ersten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 25. Oktober 2011 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Dezember 2011 mangels Erwerbsminderung ab. Während des dagegen angestrengten Widerspruchsverfahrens gewährte die Beklagte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. März 2013).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Konstanz (SG; S 7 R 430/13) holte dieses zunächst schriftliche Stellungnahmen der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen ein. Dr. B., Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Kliniken Landkreis S., gab unter dem 8. Mai 2013 aufgrund eines letzten ärztlichen Kontaktes am 11. März 2013 die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychische Symptome, sowie eine generalisierte Angststörung an. Möglicherweise sei der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten; dies wäre jedoch durch eine Arbeitsbelastung zu überprüfen. Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Wa. führte aus, eine initiale Überlastungsreaktion bei Tumorerkrankung der Ehefrau habe sich allmählich zu einer major depression mit paranoid-schizophrenen Zügen entwickelt. Weiter bestehe eine Gonarthrose beidseits sowie eine schmerzbedingte Bewegungseinschränkung im Bereich der Wirbelsäule. Heben und Tragen über 5 kg sowie Arbeiten in gebückter oder kniender Tätigkeit seien zu vermeiden. Bei Einhaltung dieser Einschränkungen könnten Tätigkeiten für acht Stunden täglich durchaus in Betracht kommen (Stellungnahme vom 20. Juni 2013).
Danach bestellte das SG Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. zum gerichtlichen Sachverständigen. In seinem aufgrund einer Untersuchung am 14. November 2013 erstellten Gutachten vom 18. November 2013 stellte dieser die Diagnosen einer chronifizierten depressiven Anpassungsstörung und eines Wirbelsäulensyndroms ohne neurologisches Defizit sowie außerhalb seines Fachgebiets einer essentiellen Hypertonie, eines Zustands nach (Z.n.) rezidivierender Sigmadivertikulitis und einer Adipositas. Nicht mehr zumutbar seien Tätigkeiten mit besonderem Zeit- oder Leistungsdruck (z.B. Akkord- oder andere taktgebundene Arbeiten), Verantwortung für Menschen oder Maschinen, besonderen intellektuellen Herausforderungen, Tätigkeiten, in denen geschrieben werden müsse, sowie Arbeiten in Nacht- oder Wechselschicht. Wegen des Wirbelsäulensyndroms seien schwere körperliche Tätigkeiten, Arbeiten auf Leitern, Treppen oder Gerüsten, in Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie das Heben, Tragen und Bewegen schwerer Gegenstände ausgeschlossen. Bei Beachtung dieser Ausschlüsse sei der Kläger in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt acht Stunden täglich zu verrichten.
Nachdem die Beklagte dem Kläger dem Grunde nach Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt hatte, nahm er die Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 8. Januar 2014 zurück.
Bereits am 14. Januar 2014 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung, den die Beklagte ohne weitere Ermittlungen durch Bescheid vom 24. Januar 2014 ablehnte, da weder volle noch teilweise Erwerbsminderung noch Berufsunfähigkeit vorliege. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 1. August 2014 als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 7. August 2014 wiederum Klage beim SG und führte zur Begründung aus, er sei insbesondere aufgrund der rezidivierenden depressiven und generalisierenden Angststörung nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit jedweder Art auch nicht unter zwei Stunden zu verrichten. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach nahezu 36 Jahren Betriebszugehörigkeit habe ihn im Kern getroffen und in der Folge zu einer nachhaltigen und schweren Depression geführt. Seither sei eine von Dauer geprägte Wiedereingliederung in das Arbeitsleben nicht mehr möglich gewesen. Die Erkrankung seiner Ehefrau und der drohende soziale Absturz hätten zu einer weiteren Verschlechterung geführt. Seinem Rentenantrag sei auch ohne die Anhörung der nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) benannten Ärzte (dazu unten) stattzugeben. Der Kläger verwies auf anamnetische Angaben gegenüber der Gutachterin des MDK, die in ihrem Gutachten vom 18. August 2010 eine Arbeitsunfähigkeit sowie die erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit – in Übereinstimmung mit Dr. Wa. – festgestellt habe. Dessen Einschätzung einer Arbeitsunfähigkeit für die zuletzt ausgeübte schwere Hilfsarbeitertätigkeit und einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt stelle einen Widerspruch per se dar. Die Einschätzung von Dr. We. gebe nicht sein – des Klägers – wirkliches Leistungsvermögen wieder. Die Ausführungen des Arztes V. seien widersprüchlich. Alle Ärzte hätten verkannt, dass er zuletzt eine Hilfsarbeitertätigkeit ausgeübt habe, der er gesundheitlich nicht gewachsen gewesen sei, eine andere aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zu finden sei. Dr. M.-W. habe das Krankheitsbild und das Leistungsvermögen hingegen zutreffend bewertet. Dr. A. (gemeint Dr. D.) habe mit der Ableitung von Versorgungswünschen seine Neutralitätspflicht als Sachverständiger verletzt. Eigene Tests habe der Sachverständige nicht durchgeführt.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen.
In seiner erneuten Stellungnahme als sachverständiger Zeuge vom 30. November 2014 schloss sich Dr. Wa. sowohl hinsichtlich der erhobenen Befunde als auch der Leistungseinschätzung dem Gutachten von Dr. D. an. Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Ab., Oberarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Krankenhauses S., führte als sachverständiger Zeuge unter dem 8. Januar 2015 aus, der Kläger werde seit 1. Januar 2014 in der psychiatrischen Institutsambulanz wegen einer rezidivierenden depressiven Störung und einer generalisierten Angststörung behandelt. Die rezidivierende depressive Störung stimme im Wesentlichen mit den erhobenen Befunden überein, die im Gutachten von Dr. D. hinsichtlich der chronifizierten depressiven Anpassungsstörung niedergelegt seien. Die generalisierte Angststörung zeichne sich durch Angstzustände, anhaltende Zukunftsängste bzw. Zukunftssorgen, sozialem Rückzug mit Vermeidungsverhalten sowie Nervosität, Zittern und somatischen Beschwerden aus. Hinsichtlich der Beurteilung des Leistungsvermögens schließe er sich dem Gutachten von Dr. D. an.
Am 3. und 7. Mai 2015 beantragte der Kläger gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG), ein Hauptgutachten durch Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. sowie Zusatzgutachten auf internistischem Gebiet durch Kardiologen Dr. Wo. und orthopädischem Gebiet durch Facharzt für Orthopädie Dr. St. einzuholen. Nachdem er zunächst gebeten hatte, ihn von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen bei den benannten Sachverständigen zu entbinden, beantragte er am 6. August 2015 die Einholung der Gutachten nach Aktenlage; seine Unfähigkeit zur Vorstellung bei einem Gutachter basiere auf seiner psychischen Erkrankung. Daraufhin bestellte das SG Dr. L. gemäß § 109 SGG zum gerichtlichen Sachverständigen zur Erstattung eines (Haupt )Gutachtens nach Aktenlage und betraute Dr. St. und Dr. Wo. mit der Erstellung von Zusatzgutachten. Dr. L. teilte unter 3. Dezember 2015 mit, dass nach Aktendurchsicht eine Beurteilung des gesundheitlichen Zustandes ohne persönliche Vorstellung nicht möglich sei. Bei einer telefonischen Rücksprache sei der Kläger zu einer solchen nicht bereit gewesen. Eine Begutachtung sei daher nicht möglich. Der Kläger erklärte sich unter dem 22. Dezember 2015 zur persönlichen Begutachtung in Begleitung seines Prozessbevollmächtigten bereit und hielt nach gerichtlichem Hinweis an der gutachterlichen Anhörung der genannten Ärzte fest.
Mit Gerichtsbescheid vom 20. Januar 2016 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Insbesondere der Einschätzung von Dr. D. folgend, die von Dr. Wa. und Dr. Ab. bestätigt werde, bestehe ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Das gemäß § 109 SGG beantragte Gutachten habe nicht eingeholt werden können, da der Kläger an der vom Sachverständigen für erforderlich gehaltenen Untersuchung nicht mitgewirkt habe. Von einer erneuten Erteilung des Gutachtensauftrags mit der Maßgabe einer Begleitung durch den Prozessbevollmächtigten habe das Gericht abgesehen, da dieser Antrag jedenfalls im Sinne des § 109 Abs. 2 SGG verspätet gestellt worden sei. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe nicht, da der Kläger aufgrund seiner früheren beruflichen Tätigkeiten als Nadler bzw. Maschinenbediener keinen Berufsschutz genieße und daher sozial zumutbar auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könne.
Gegen diesen ihm am 27. Januar 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11. Februar 2016 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.
Mit Bescheid vom 7. März 2016 hat die Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag vom 12. Februar 2016 Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. Dezember 2015 gewährt.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger ausgeführt, ihm sei insbesondere aus psychischen Gründen Rente wegen Erwerbsminderung bis zum Zeitpunkt des anzunehmenden fiktiven Erreichens der regulären Altersrente zu gewähren. Das SG habe dem Antrag auf gutachterliche Anhörung der benannten Ärzte zu Unrecht nicht erneut stattgegeben. Seine anfängliche Ablehnung einer persönlichen Vorstellung und die spätere Bereitschaft einer Vorstellung nur unter Begleitung seines Prozessbevollmächtigten sei gerade Ausfluss seiner – des Klägers – Erkrankung. Ohnehin sei das SG seiner Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen. Ergänzend hat er seinen Medikamentenplan vom 26. November 2012 vorgelegt. Die Einwendungen von Dr. E.-D. gegen das Gutachten des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Ru. (dazu unten) seien nicht geeignet, dieses zu erschüttern. Die von dieser beanstandeten Fragen seien Dr. Ru. zur ergänzenden Stellungnahme vorzulegen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 20. Januar 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2014 zu verurteilen, ihm ab dem 1. Januar 2014 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend hat sie, gestützt auf eine sozialmedizinische Stellungnahme von Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E.-D. vom 27. November 2017, ausgeführt, der im Gutachten Dr. Ru. sehr knapp wiedergegebene neurologische und psychopathologische Befund sei weitgehend unauffällig. Bei angegebener Aggravation habe er keine Beschwerdevalidierungstests durchgeführt. Die von ihm gestellten Diagnosen rechtfertigten allenfalls qualitative, aber quantitativen Leistungseinschränkungen. Eine Familien-, vegetative und psychiatrische Anamnese fehlten völlig. Ein Tagesablauf sei nicht abgefragt worden.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat der Senat Dr. Ru. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem aufgrund einer persönlichen Untersuchung am 19. Juli 2017 unter dem 13. Oktober 2017 erstatteten Gutachten hat er eine psychoneurotische Depression, eine Anpassungsstörung, ein Verbitterungssyndrom, eine soziale Funktionsstörung sowie eine Hypertonie diagnostiziert. Der Kläger sei nur noch drei- bis unter sechs Stunden belastbar und dies nur mit ein bis zwei Zwischenpausen von 15 Minuten. Ab "etwa 2015" sei von der Dauerhaftigkeit dieser Erwerbsreduktion auszugehen. Von den letzten Stellungnahmen und Beurteilungen weiche seine Einschätzung ab, weil auch der zeitliche Ablauf mittlerweile eine Chronifizität der Störungen belegt und die hinzugekommene Verbitterungsstörung das Ganze verstärkt habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten des Senats und des SG – auch zum früheren Verfahren S 7 R 430/13 – sowie der Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, denn der Kläger begehrt laufende Rentenleistungen für mehr als ein Jahr.
2. Streitgegenstand ist das Begehren des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Januar 2014 (vgl. § 99 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]; Rentenantrag vom 14. Januar 2014). Dieses Begehren ist ausdrücklich nicht durch den Beginn der gewährten Altersrente für schwerbehinderte Menschen begrenzt (vgl. Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 21. März 2018: "bis zum Zeitpunkt des anzunehmenden fiktiven Erreichens der regulären Altersrente"). Streitbefangen ist der Bescheid vom 24. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2014.
3. Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (dazu a) und wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (dazu b) ab dem 1. Januar 2014.
a) aa) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
bb) Die begehrte Rente wegen Erwerbsminderung wäre nur dann nicht ausgeschlossen, wenn sie am oder vor dem 1. Dezember 2015 beginnen würde.
Nach § 34 Abs. 4 SGB VI ist nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente der Wechsel in eine (1) Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, (2) Erziehungsrente oder (3) andere Rente wegen Alters ausgeschlossen.
Die Beklagte gewährt dem Kläger – mit abgesenktem Zugangsfaktor 0,922 wegen vorzeitiger Inanspruchnahme – ab dem 1. Dezember 2015 Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bescheid vom 7. März 2016). Dass er diesen Bescheid mit Widerspruch angefochten hätte, hat der Kläger nicht geltend gemacht. Auch die Beklagte hat solches nicht mitgeteilt. Damit liegt eine bindende Bewilligung einer Rente wegen Alters (vgl. § 33 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI) ab dem 1. Dezember 2015 vor. Des Weiteren genügt nach dem ausdrücklichen gesetzlichen Wortlaut unabhängig von der Bestandskraft des Bewilligungsbescheides auch der Bezug der Altersrente, hier ab dem 1. Dezember 2015. Der Kläger kann daher nicht mehr unter Verzicht auf diese Rente in eine Rente wegen Erwerbsminderung wechseln (Bayerisches LSG, Urteil vom 14. Juli 2010 L 19 R 13/08 – juris, Rn. 27; Sächsisches LSG, Urteil vom 25. Januar 2010 – L 7 R 582/08 – juris, Rn. 35; jeweils m.w.N.). Der Ausschluss gilt auch dann, wenn sich beim Wechsel von einer Altersrente in eine andere ein günstigerer Zugangsfaktor ergeben würde (U. Freudenberg in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl., § 34 Rn. 81).
cc) Nach den vorgenannten Maßstäben steht für den Senat aufgrund der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass der Kläger bis zum 30. November 2015 in der Lage war, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zwar lagen beim Kläger gesundheitliche und daraus resultierende funktionelle Einschränkungen vor. Diese minderten seine berufliche Leistungsfähigkeit jedoch nur in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht.
(1) Beim Kläger bestand im hier relevanten Zeitraum auf psychiatrischem Fachgebiet eine chronifizierte depressive Anpassungsstörung. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Dr. D. vom 18. November 2013. Dieser hatte den Kläger am 14. November 2013 und damit in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Beginn des hier geltenden gemachten Zeitraums persönlich untersucht. Die von Dr. B. in seiner Stellungnahme vom 8. Mai 2013 als Behandlungsdiagnose bezeichnete rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, ist nach Ansicht des Senats zumindest für den hier relevanten Zeitraum nicht begründet. So hat bereits Dr. D. überzeugend darauf hingewiesen, dass es bei einer schweren depressiven Episode sehr unwahrscheinlich ist, dass ein Betroffener in der Lage ist, soziale, häusliche und berufliche Aktivitäten fortzuführen. Vielmehr zeigt der Betroffene dann meist erhebliche Verzweiflung und Agitiertheit. Solches ergab sich aber aus dem von Dr. B. aufgrund eines letzten Arzt-Patienten-Kontaktes im März 2013 erhobenen Befund nicht. So hat dieser in seiner Stellungnahme vom 8. Mai 2013 dargelegt, der erhobene psychopathologische Befund beschreibe keine Bewusstseinsstörungen, keine Orientierungsstörungen, keine Aufmerksamkeit- und Gedächtnisstörungen. Der formale Gedankengang war etwas umständlich eingeengt, thematisch persevierend. Eine Neigung zum Grübeln bestand. Der Kläger nannte keine konkreten Befürchtungen, eher Ängste bezüglich der Rechtslage und seiner Finanzen. Störungen der Affektivität und der Vitalgefühle sowie Zeichen von Hoffnungslosigkeit lagen vor. Der Kläger erschien etwas dysphorisch und innerlich sowie motorisch unruhig. Bereits bei der späteren Untersuchung durch Dr. We., dessen Gutachten der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwerten konnte (vgl. etwa Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 14. November 2013 – B 9 SB 10/13 B – juris, Rn. 6; BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R – juris, Rn. 51), war der Kläger in Gestik, Mimik und Psychomotorik unauffällig, eher ruhig. Er berichtete sachlich und kooperativ ohne ängstliche oder depressive Affektäußerungen. Das Denken war inhaltlich unauffällig. Eine affektiv dominante Schuld-, Scham- oder Angstproblematik zeigten sich nicht. Die mnestischen Funktionen waren intakt. Aufmerksamkeit, Konzentration und Auffassung waren unauffällig. Eine vorzeitige Ermüdung trat nicht auf. In der Affektivität zeigte sich der Kläger zum Gesprächsinhalt weitgehend normal modulationsfähig, seitens der Stimmung insgesamt etwas besorgt, nachdenklich, bedrückt und lustlos. Suizidalität bestand nicht. Im Kontaktverhalten war er normal zugewandt, diskret überangepasst, freundlich und kooperativ. Komplexe psychische Funktionen wie Realitätsanpassung, Kritik- und Urteilsvermögen, Kontaktgestaltung, Impulskontrolle und Affektsteuerung waren ohne Defizite. Intentionalität und Antrieb zeigten sich etwas passiv-abwartend; eine Antriebshemmung bestand jedoch nicht. Dies entspricht im Wesentlichen dem von Dr. D. erhobenen Befund. Danach wurden Mimik und Gestik mit zunehmender Gesprächsdauer lebhafter. Die Grundstimmung war in leicht depressiver Richtung verschoben. Es kam auch immer wieder zum Hinzutreten einer dysphorischen Note. Die affektive Resonanzfähigkeit war etwas eingeschränkt, jedoch nicht aufgehoben. Für akute Suizidalität bestand kein Hinweis. Innerhalb der Untersuchungssituation erwies sich der Kläger als normal affizierbar. Der formale Denkablauf war geordnet. Im Mittelpunkt des inhaltlichen Denkens stand die Sorge um die finanzielle Zukunft. Auffassungs-, Kritik- und Urteilsvermögen war unbeeinträchtigt. Im subjektiven Erleben angegebene Konzentrationsstörungen ließen sich während der Exploration nicht objektivieren. Ebenso waren bei angegebener erhöhter Ermüd- und Erschöpfbarkeit im Rahmen der ausführlichen Exploration nur kleine Anzeichen vermehrter Ermüdbarkeit erkennbar. Eine wesentliche Antriebsreduktion bestand nicht. Von der Primärpersönlichkeit waren ängstlich-vermeidende Züge vorherrschend. Anschaulich beschrieb Dr. D. – auch unter Berücksichtigung des von ihm erhobenen noch strukturierten Tagesablaufs – das Bestehen einer gewissen Herabgestimmtheit mit verminderter Stresstoleranz und eingeschränktem Extinktionsvermögen bei emotional belastenden Ereignissen, doch kam der Kläger im Alltag relativ gut zurecht. Nachvollziehbar wies der Sachverständige darauf hin, dass der Kläger einen relativ zurückgezogenen Lebensstil mit eingeschränkten Sozialkontakten und nur wenig Freizeitaktivitäten führte, doch war keine signifikante – und damit depressionsbedingte – Änderung gegenüber seinem früheren Verhalten erkennbar. Eine eigentliche Anhedonie bestand nicht. Auf Nachfrage gab der Kläger auch eine Reihe von Aktivitäten einschließlich des Führens von Kraftfahrzeugen an. Dass diese Befunde auch nach der Begutachtung durch Dr. D. weiter bestanden, haben Dr. Wa. und Arzt Ab. in ihren Stellungnahmen als sachverständige Zeugen vom 30. November 2014 und 8. Januar 2015 ausdrücklich bestätigt. Damit war auch die von Dr. M.-W. im seinem Gutachten vom 23. Mai 2011 ohne eigene Befunderhebung angenommene schwere depressive Episode im hier relevanten Zeitraum nicht von Bedeutung. Anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Gutachten von Dr. Ru ... Dieser untersuchte den Kläger erst im Oktober 2017 und damit deutlich außerhalb des relevanten Zeitraums. Des Weiteren zeigt der von ihm dargestellte klinische Befund, soweit dieser von subjektiven Beschwerdeangaben des Klägers abgrenzbar ist, keine signifikanten Abweichungen. Vielmehr beschrieb er den Kläger als im Affekt munter, spontan, offen, zugänglich, subdepressiv, ohne Angst oder Unruhe, nicht verlangsamt. Vigilanz und Sprache waren bei guter Ausdrucksfähigkeit ungestört. Ob die Feststellung, "Gedächtnis und Konzentration gehen", einen vom Sachverständigen selbst erhobenen Befund darstellen oder nur eine subjektive Angabe des Klägers, kann offenbleiben. Denn eine relevante Einschränkung ist hieraus nicht zu erkennen. Bei der Angabe schneller Erschöpfbarkeit handelt es sich hingegen erkennbar um eine Beschwerdeschilderung des Klägers. Denn Dr. Ru. traf keine eigenen Feststellungen über Ermüdungserscheinungen in der Untersuchung.
Der Senat kann offenlassen, ob die von Dr. B. und Arzt Ab. bezeichnete generalisierte Angststörung als eigenständiges Krankheitsbild zu diagnostizieren war. Bezogen wurde dies auf Ängste bezüglich der Rechtslage und seiner Finanzen. So bezog auch Dr. D. – ohne eigenständige diagnostische Zuordnung – angegebene Angstzustände mit vegetativer Begleitsymptomatik in diesem Zusammenhang in seine Beurteilung ein. Einfluss auf die Beurteilung der Leistungsfähigkeit haben diese Beschwerden nicht (dazu unten).
Des Weiteren bestanden beim Kläger ein Wirbelsäulensyndrom ohne neurologisches Defizit, eine medikamentös eingestellte essentielle Hypertonie, ein Z.n. rezidivierend Sigmadivertikulitis und eine Adipositas. Dies entnimmt der Senat den Gutachten von Dr. D. und Dr. We. sowie den Stellungnahmen von Dr. Wa ...
(2) Die festgestellten Gesundheitsstörungen schränkten das berufliche Leistungsvermögen des Klägers nur in qualitativer, nicht aber in zeitlicher Hinsicht ein.
Wegen der depressiven Gesundheitsstörung waren dem Kläger Tätigkeiten mit besonderem Zeit- oder Leistungsdruck (z.B. Akkord- oder andere taktgebundene Arbeiten), Verantwortung für Menschen oder Maschinen, mit besonderen intellektuellen Herausforderungen sowie Arbeiten in Nacht- oder Wechselschicht nicht mehr zumutbar. Dies entnimmt der Senat den überzeugenden Ausführungen von Dr. D ... Weitergehende Einschränkungen werden auch von Arzt Ab. – selbst bei Berücksichtigung der gesondert diagnostizierten generalisierten Angststörung – nicht genannt. Der von Dr. D. geforderte Ausschluss von Tätigkeiten, in denen geschrieben werden müsse, beruht nicht auf medizinischen Gründen, sondern auf einer insoweit nicht ausreichenden Beschulung. Wegen des Wirbelsäulensyndroms waren schwere körperliche Tätigkeiten, Arbeiten auf Leitern, Treppen oder Gerüsten, in Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 5 kg ausgeschlossen. Auch insoweit stützt sich der Senat auf die Ausführungen von Dr. D., die von Dr. Wa. in seinen beiden Stellungnahmen als sachverständiger Zeuge vom Mai 2013 und 30. November 2014 bestätigt wurden. Diese Ausschlüsse wurden im Wesentlichen bereits von Dr. We. formuliert.
(3) Die beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigen Gesundheitsstörungen führten jedoch nicht zu einem Absinken des tatsächlichen Restleistungsvermögen auf ein unter sechsstündiges Maß; er war im relevanten Zeitraum weiterhin in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Der Senat stützt sich auch insoweit insbesondere auf das überzeugende Gutachten von Dr. D., dessen Einschätzung durch die sachverständigen Zeugen Dr. Wa. und den Arzt Ab. bestätigt wird.
Unter Beachtung der genannten qualitativen Ausschlüsse bedingte die depressive Gesundheitsstörung – auch unter Berücksichtigung der oben dargelegten Angstsymptomatik – keine zeitliche Begrenzung des Leistungsvermögens. Auch insoweit stützt sich der Senat auf die Einschätzung von Dr. D ... Dieser begründete anhand der von ihm in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Beginn des relevanten Zeitraums umfassend erhobenen Befunde sowie des – noch ausreichend strukturierten – Tagesablaufs die oben dargestellte Ausprägung der Erkrankung überzeugend. Dabei wies er insbesondere anschaulich darauf hin, dass sich Konzentrationsstörungen während der Exploration nicht objektivieren ließen. Im Rahmen der ausführlichen Exploration waren nur kleine Anzeichen vermehrter Ermüdbarkeit erkennbar. Eine wesentliche Antriebsreduktion bestand nicht. Der Kläger kam im Alltag relativ gut zurecht. Der eher zurückgezogene Lebensstil mit eingeschränkten Sozialkontakten und nur wenig Freizeitaktivitäten war, wie oben bereits dargelegt, nicht als Ausdruck der depressiven oder Angstsymptomatik zu werten. Der Kläger gab auch eine Reihe von Aktivitäten einschließlich des Führens von Kraftfahrzeugen an. Die vom Kläger gegen das Gutachten von Dr. D. vorgebrachten Einwände sind nicht geeignet, dessen Beurteilung in Frage zu stellen. Insbesondere begründen Ausführungen zu Versorgungswünschen keine Zweifel an der Neutralität des Sachverständigen. Vielmehr ist es Kerninhalt dessen Aufgabe, dargestellte Beeinträchtigungen darauf zu prüfen, ob und inwieweit sie medizinisch begründbar Ausdruck eines Krankheitsgeschehens oder anderen Motivationen geschuldet sind. Im Übrigen wies auch Dr. Ru. ausdrücklich auf ein kompensatorisches Rentenbedürfnis des Klägers hin. Arzt Ab. schloss sich in seiner Stellungnahme vom 8. Januar 2015 dem Gutachten von Dr. D. sowohl hinsichtlich des Befundes als auch der Leistungsbeurteilung an, dies ausdrücklich unter Berücksichtigung der von ihm als generalisierte Angststörung eigenständig diagnostizierten Angstsymptomatik.
Der Leistungseinschätzung von Dr. M.-W. im MDK-Gutachten vom 23. Mai 2011 vermag der Senat nicht zu folgen. Diese basiert nicht auf einer eigenen Befunderhebung und war jedenfalls für den hier relevanten Zeitraum insbesondere durch die erheblich zeitnähere Begutachtung durch Dr. D. mit ausführlicher Befunderhebung widerlegt. Gleiches gilt für die Ausführungen des Arztes V ... Auch die Einschätzung von Dr. Ru. vermag nicht zu überzeugen. Zunächst vermengt der Sachverständige, wie oben dargestellt, teils Beschwerdeangaben des Klägers und eigene Befunderhebungen. Trotz selbst beschriebener Hinweise auf eine Aggravation in der Untersuchungssituation und eines erkennbaren Rentenbedürfnisses führte er keine Beschwerdevalidierung durch. Zur Begründung der Leistungseinschätzung stellte er maßgeblich auf eine Chronifizierung der Symptomatik ab, ohne näher zu reflektieren, dass der bei der Untersuchung im Juli 2017 vorgelegte Medikamentenplan aus dem Jahr 2012 (also noch vor Beginn des relevanten Zeitraums) stammt. Dr. Ru. sah diesen selbst als veraltet an. Die weitere medikamentöse Therapie konnte er vom Kläger nicht erfolgreich erfragen. Der Sachverständige äußert Zweifel an der Fähigkeit des Klägers, sich in einen neuen Arbeitsplatz hineinzufinden, ohne eigene befundbezogene Feststellungen zur Umstellungsfähigkeit getroffen zu haben. Auch soweit Dr. Ru. ausführt, bei der rentenrechtlichen Beurteilung seien nicht nur Krankheitssymptome, sondern auch Umfeldfaktoren zu berücksichtigen, findet der von ihm tatsächlich erhobene psychische Befund zu wenig Beachtung. In seine Beurteilung flossen des Weiteren erkennbare nicht medizinische Umstände ein. So führte er ausdrücklich aus, auch angesichts des Alters des Klägers sei keine reelle Chance für einen Arbeitsplatz mehr gegeben. Gleiches gilt für die Angabe, wenn solche Verfahren in einem Rechtsstreit endeten, sei in der Regel nur noch über eine Teilgewährung von Ansprüchen eine Befriedung möglich. Damit sind in die Leistungseinschätzung unzutreffende Wertungen sowie Umstände eingeflossen, die rechtlich nicht zu berücksichtigen sind. Mit den erheblich zeitnäher von Dr. D. erhobenen und für den relevanten Zeitraum von Arzt Ab. bestätigten Befunden setzte sich Dr. Ru. nicht eingehend auseinander. Daher vermag auch die Einschätzung eines zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögens bereits ab 2015 nicht zu überzeugen. Die aufgezeigten Mängel lassen sich auch nicht durch eine ergänzende Stellungnahme beseitigen, da sie überwiegend bereits die grundlegende Begutachtung betreffen.
Auch unter Einbeziehung des Wirbelsäulensyndroms bestand im relevanten Zeitraum keine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens. Diesem wird vielmehr durch die oben genannten qualitativen Ausschlüsse ausreichend Rechnung getragen. Auch insoweit stützt sich der Senat auf die Ausführungen von Dr. D., denn die Abklärung einer – hier nicht vorliegenden – neurologischen Beteiligung der Wirbelsäulenschäden fällt in dessen Fachgebiet. Darüber hinaus nannte auch Dr. Wa. keine weitergehenden Einschränkungen als erforderlich. Vielmehr gab er bereits in seiner ersten Stellungnahme vom 20. Juni 2013 ausdrücklich an, bei Einhaltung dieser Einschränkungen könnten Tätigkeiten für acht Stunden täglich durchaus in Betracht kommen. Insbesondere die schnelle Überlastung bei den von der Bundesagentur für Arbeit vermittelten Hilfsarbeitertätigkeiten mit z.T. erheblichen schweren körperlichen Belastungen führten immer wieder zu Arbeitsunfähigkeitszeiten; zu empfehlen seien adaptierte leichte körperliche Tätigkeiten. Dies bestätigte er in seiner Stellungnahme vom 30. November 2014 im Ergebnis. Entgegen der Annahme des Klägers liegt in dieser Einschätzung kein Widerspruch, sondern eine notwendige Differenzierung hinsichtlich der noch zumutbaren Arbeitsschwere. Die weiteren Gesundheitsstörungen bedingen keine Einschränkung, solches wurde von keinem mit dem Kläger befassten Arzt angenommen.
Anhaltspunkte, die Anlass für weitere Ermittlungen böten, liegen nicht. Aus oben genannten Gründen, bedurfte es keiner ergänzenden Stellungnahme von Dr. Ru ... Dem zuletzt gestellten Antrag des Klägers auf erneute Begutachtung nach § 109 SGG war schon deshalb nicht nachzukommen, weil er einen bestimmten Arzt nicht benannt hat.
(4) Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 13 R 78/09 R – juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
(5) Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegen nicht vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.
Dies ist hier nicht der Fall. Die qualitativen Leistungseinschränkungen des Klägers (siehe oben) sind nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist beim Kläger vorhanden. Aus den oben dargelegten Gründen überzeugt die Leistungseinschätzung von Dr. Ru. nicht. Dies gilt auch für die angenommene Notwendigkeit zusätzlicher Pausen und die Schwierigkeiten der Eingewöhnung an einem neuen Arbeitsplatz. Der Sachverständige traf weder eigene Feststellungen zu einer erhöhten Ermüd- oder Erschöpfbarkeit noch zur Umstellungsfähigkeit. Vielmehr flossen sachfremde Überlegungen ein. Der nicht medizinisch bedingte Ausschluss von Tätigkeit mit Schreibarbeiten, den Dr. D. formuliert hat, wird nicht relevant. Selbst ein nicht auf einer gesundheitlichen Störung beruhender Analphabetismus stellt keine schwere spezifische Leistungseinschränkung dar (BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris Rn. 28).
(6) Auch die Wegefähigkeit des Klägers war gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris, Rn. 19 f.). Der Kläger ist in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Aus den ärztlichen Äußerungen ergeben sich keine Befunde, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit des Klägers sprechen.
(7) Aus der Anerkennung eines Grades der Behinderung von 50 folgt ebenfalls nicht, dass der Kläger erwerbsgemindert wäre. Zwischen der Schwerbehinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und der Erwerbsminderung nach dem SGB VI besteht keine Wechsel-wirkung, da die gesetzlichen Voraussetzungen unterschiedlich sind (BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 SB 5/01 B -, juris, Rn. 5; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 - 5b BJ 156/87 , juris, Rn. 3).
b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderer Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5 RJ 34/97 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 – B 13 RJ 19/04 R – juris, Rn. 15). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 17; BSG Urteil vom 25. Juli 2001 – B 8 KN 14/00 R –juris, Rn. 15) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 20). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 5/04 R – juris, Rn. 33).
Die von dem Kläger zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Arbeiter in der Reinigung von Blechteilen zur Vorbereitung der Lackierung war eine ungelernte Tätigkeit. Nach der Auskunft der früheren Arbeitgeberin lag die Anlernzeit für diese Tätigkeit unter drei Monaten. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei der vom Kläger ohne Berufsausbildung langjährig ausgeübte Tätigkeit bei einem Stricknadelhersteller um eine Tätigkeit handelte, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzte. Gegenteiliges hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.
Da der Kläger allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann er grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Im Hinblick auf die oben festgestellte spezifische Leistungseinschränkung bedarf es allerdings ausnahmsweise der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit. Insofern kann auf die obigen Ausführungen zur Zumutbarkeit der von der Beklagten benannten Tätigkeiten verwiesen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung für die Zeit ab dem 1. Januar 2014.
Der am 1954 geborene Kläger, der keine Berufsausbildung absolvierte, war ab September 1969 bei einem Stricknadelhersteller bis zur betriebsbedingten Kündigung zum 31. Dezember 2006, zuletzt in einer Auffanggesellschaft, versicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend war er zunächst arbeitslos. Vom 4. Juli 2007 bis zum 31. Juli 2009 war er mit ungelernten Arbeiten in der Reinigung von Blechteilen zur Vorbereitung der Lackierung versicherungspflichtig beschäftigt; die Anlernzeit für diese Tätigkeiten lag unter drei Monaten (Auskunft der Arbeitgeberin vom 3. November 2011). Anschließend bezog er zunächst Arbeitslosengeld. Ab dem 6. April 2010 war er arbeitsunfähig und erhielt ab dem 18. Mai 2010 Kranken- und Übergangsgeld, anschließend ab dem 25. August 2011 wiederum Arbeitslosengeld bis zum 6. November 2012 und von Dezember 2012 bis November 2013 Arbeitslosengeld II.
Im Rahmen eines Antrags auf vorzeitige medizinische Rehabilitation zog die Beklagte u.a. ein nach Aktenlage erstelltes Gutachten von Dr. M.-W., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK), vom 23. Mai 2011 bei (schwere depressive Episode; kein positives Leistungsbild für drei Stunden auch für leichte Tätigkeiten; erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit liege vor) und ließ den Kläger durch Facharzt für Innere Medizin und Psychotherapeutische Medizin Dr. We. begutachten. Dieser diagnostizierte in seinem Gutachten vom 8. August 2011 eine rezidivierende depressive Störung, derzeit leichte Dysthymie, eine medikamentös eingestellte essentielle Hypertonie, ein leichtes Übergewicht und einen Nikotinabusus. Die zuletzt ausgeübte körperliche schwere Tätigkeit sei nicht mehr zumutbar. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne der Kläger aber unter Beachtung qualitativer Ausschlüsse noch mehr als sechsstündig täglich verrichten. In einer gutachterlichen Äußerung für die Bundesagentur für Arbeit vom 17. Oktober 2011 beschrieb Arzt für Allgemeinmedizin V. unter Bezugnahme auf die Einschätzung von Fachkollegen wegen im Vordergrund stehender psychischer Problematik für leichte Tätigkeiten ein anfänglich nur bis zu vier Stunden tägliches Leistungsvermögen; wenn sich der Kläger am Arbeitsplatz gut einlebe, ließe sich die tägliche Arbeitszeit steigern.
Einen ersten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung vom 25. Oktober 2011 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Dezember 2011 mangels Erwerbsminderung ab. Während des dagegen angestrengten Widerspruchsverfahrens gewährte die Beklagte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 12. März 2013).
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Konstanz (SG; S 7 R 430/13) holte dieses zunächst schriftliche Stellungnahmen der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen ein. Dr. B., Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Kliniken Landkreis S., gab unter dem 8. Mai 2013 aufgrund eines letzten ärztlichen Kontaktes am 11. März 2013 die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychische Symptome, sowie eine generalisierte Angststörung an. Möglicherweise sei der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten; dies wäre jedoch durch eine Arbeitsbelastung zu überprüfen. Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Wa. führte aus, eine initiale Überlastungsreaktion bei Tumorerkrankung der Ehefrau habe sich allmählich zu einer major depression mit paranoid-schizophrenen Zügen entwickelt. Weiter bestehe eine Gonarthrose beidseits sowie eine schmerzbedingte Bewegungseinschränkung im Bereich der Wirbelsäule. Heben und Tragen über 5 kg sowie Arbeiten in gebückter oder kniender Tätigkeit seien zu vermeiden. Bei Einhaltung dieser Einschränkungen könnten Tätigkeiten für acht Stunden täglich durchaus in Betracht kommen (Stellungnahme vom 20. Juni 2013).
Danach bestellte das SG Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. zum gerichtlichen Sachverständigen. In seinem aufgrund einer Untersuchung am 14. November 2013 erstellten Gutachten vom 18. November 2013 stellte dieser die Diagnosen einer chronifizierten depressiven Anpassungsstörung und eines Wirbelsäulensyndroms ohne neurologisches Defizit sowie außerhalb seines Fachgebiets einer essentiellen Hypertonie, eines Zustands nach (Z.n.) rezidivierender Sigmadivertikulitis und einer Adipositas. Nicht mehr zumutbar seien Tätigkeiten mit besonderem Zeit- oder Leistungsdruck (z.B. Akkord- oder andere taktgebundene Arbeiten), Verantwortung für Menschen oder Maschinen, besonderen intellektuellen Herausforderungen, Tätigkeiten, in denen geschrieben werden müsse, sowie Arbeiten in Nacht- oder Wechselschicht. Wegen des Wirbelsäulensyndroms seien schwere körperliche Tätigkeiten, Arbeiten auf Leitern, Treppen oder Gerüsten, in Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie das Heben, Tragen und Bewegen schwerer Gegenstände ausgeschlossen. Bei Beachtung dieser Ausschlüsse sei der Kläger in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt acht Stunden täglich zu verrichten.
Nachdem die Beklagte dem Kläger dem Grunde nach Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt hatte, nahm er die Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 8. Januar 2014 zurück.
Bereits am 14. Januar 2014 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung, den die Beklagte ohne weitere Ermittlungen durch Bescheid vom 24. Januar 2014 ablehnte, da weder volle noch teilweise Erwerbsminderung noch Berufsunfähigkeit vorliege. Den dagegen eingelegten Widerspruch des Klägers wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 1. August 2014 als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 7. August 2014 wiederum Klage beim SG und führte zur Begründung aus, er sei insbesondere aufgrund der rezidivierenden depressiven und generalisierenden Angststörung nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit jedweder Art auch nicht unter zwei Stunden zu verrichten. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach nahezu 36 Jahren Betriebszugehörigkeit habe ihn im Kern getroffen und in der Folge zu einer nachhaltigen und schweren Depression geführt. Seither sei eine von Dauer geprägte Wiedereingliederung in das Arbeitsleben nicht mehr möglich gewesen. Die Erkrankung seiner Ehefrau und der drohende soziale Absturz hätten zu einer weiteren Verschlechterung geführt. Seinem Rentenantrag sei auch ohne die Anhörung der nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) benannten Ärzte (dazu unten) stattzugeben. Der Kläger verwies auf anamnetische Angaben gegenüber der Gutachterin des MDK, die in ihrem Gutachten vom 18. August 2010 eine Arbeitsunfähigkeit sowie die erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit – in Übereinstimmung mit Dr. Wa. – festgestellt habe. Dessen Einschätzung einer Arbeitsunfähigkeit für die zuletzt ausgeübte schwere Hilfsarbeitertätigkeit und einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt stelle einen Widerspruch per se dar. Die Einschätzung von Dr. We. gebe nicht sein – des Klägers – wirkliches Leistungsvermögen wieder. Die Ausführungen des Arztes V. seien widersprüchlich. Alle Ärzte hätten verkannt, dass er zuletzt eine Hilfsarbeitertätigkeit ausgeübt habe, der er gesundheitlich nicht gewachsen gewesen sei, eine andere aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zu finden sei. Dr. M.-W. habe das Krankheitsbild und das Leistungsvermögen hingegen zutreffend bewertet. Dr. A. (gemeint Dr. D.) habe mit der Ableitung von Versorgungswünschen seine Neutralitätspflicht als Sachverständiger verletzt. Eigene Tests habe der Sachverständige nicht durchgeführt.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen.
In seiner erneuten Stellungnahme als sachverständiger Zeuge vom 30. November 2014 schloss sich Dr. Wa. sowohl hinsichtlich der erhobenen Befunde als auch der Leistungseinschätzung dem Gutachten von Dr. D. an. Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Ab., Oberarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Krankenhauses S., führte als sachverständiger Zeuge unter dem 8. Januar 2015 aus, der Kläger werde seit 1. Januar 2014 in der psychiatrischen Institutsambulanz wegen einer rezidivierenden depressiven Störung und einer generalisierten Angststörung behandelt. Die rezidivierende depressive Störung stimme im Wesentlichen mit den erhobenen Befunden überein, die im Gutachten von Dr. D. hinsichtlich der chronifizierten depressiven Anpassungsstörung niedergelegt seien. Die generalisierte Angststörung zeichne sich durch Angstzustände, anhaltende Zukunftsängste bzw. Zukunftssorgen, sozialem Rückzug mit Vermeidungsverhalten sowie Nervosität, Zittern und somatischen Beschwerden aus. Hinsichtlich der Beurteilung des Leistungsvermögens schließe er sich dem Gutachten von Dr. D. an.
Am 3. und 7. Mai 2015 beantragte der Kläger gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG), ein Hauptgutachten durch Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. sowie Zusatzgutachten auf internistischem Gebiet durch Kardiologen Dr. Wo. und orthopädischem Gebiet durch Facharzt für Orthopädie Dr. St. einzuholen. Nachdem er zunächst gebeten hatte, ihn von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen bei den benannten Sachverständigen zu entbinden, beantragte er am 6. August 2015 die Einholung der Gutachten nach Aktenlage; seine Unfähigkeit zur Vorstellung bei einem Gutachter basiere auf seiner psychischen Erkrankung. Daraufhin bestellte das SG Dr. L. gemäß § 109 SGG zum gerichtlichen Sachverständigen zur Erstattung eines (Haupt )Gutachtens nach Aktenlage und betraute Dr. St. und Dr. Wo. mit der Erstellung von Zusatzgutachten. Dr. L. teilte unter 3. Dezember 2015 mit, dass nach Aktendurchsicht eine Beurteilung des gesundheitlichen Zustandes ohne persönliche Vorstellung nicht möglich sei. Bei einer telefonischen Rücksprache sei der Kläger zu einer solchen nicht bereit gewesen. Eine Begutachtung sei daher nicht möglich. Der Kläger erklärte sich unter dem 22. Dezember 2015 zur persönlichen Begutachtung in Begleitung seines Prozessbevollmächtigten bereit und hielt nach gerichtlichem Hinweis an der gutachterlichen Anhörung der genannten Ärzte fest.
Mit Gerichtsbescheid vom 20. Januar 2016 wies das SG die Klage ab. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Insbesondere der Einschätzung von Dr. D. folgend, die von Dr. Wa. und Dr. Ab. bestätigt werde, bestehe ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Das gemäß § 109 SGG beantragte Gutachten habe nicht eingeholt werden können, da der Kläger an der vom Sachverständigen für erforderlich gehaltenen Untersuchung nicht mitgewirkt habe. Von einer erneuten Erteilung des Gutachtensauftrags mit der Maßgabe einer Begleitung durch den Prozessbevollmächtigten habe das Gericht abgesehen, da dieser Antrag jedenfalls im Sinne des § 109 Abs. 2 SGG verspätet gestellt worden sei. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe nicht, da der Kläger aufgrund seiner früheren beruflichen Tätigkeiten als Nadler bzw. Maschinenbediener keinen Berufsschutz genieße und daher sozial zumutbar auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden könne.
Gegen diesen ihm am 27. Januar 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 11. Februar 2016 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.
Mit Bescheid vom 7. März 2016 hat die Beklagte dem Kläger auf dessen Antrag vom 12. Februar 2016 Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1. Dezember 2015 gewährt.
Zur Begründung der Berufung hat der Kläger ausgeführt, ihm sei insbesondere aus psychischen Gründen Rente wegen Erwerbsminderung bis zum Zeitpunkt des anzunehmenden fiktiven Erreichens der regulären Altersrente zu gewähren. Das SG habe dem Antrag auf gutachterliche Anhörung der benannten Ärzte zu Unrecht nicht erneut stattgegeben. Seine anfängliche Ablehnung einer persönlichen Vorstellung und die spätere Bereitschaft einer Vorstellung nur unter Begleitung seines Prozessbevollmächtigten sei gerade Ausfluss seiner – des Klägers – Erkrankung. Ohnehin sei das SG seiner Amtsermittlungspflicht nicht nachgekommen. Ergänzend hat er seinen Medikamentenplan vom 26. November 2012 vorgelegt. Die Einwendungen von Dr. E.-D. gegen das Gutachten des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Ru. (dazu unten) seien nicht geeignet, dieses zu erschüttern. Die von dieser beanstandeten Fragen seien Dr. Ru. zur ergänzenden Stellungnahme vorzulegen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 20. Januar 2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2014 zu verurteilen, ihm ab dem 1. Januar 2014 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Ergänzend hat sie, gestützt auf eine sozialmedizinische Stellungnahme von Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. E.-D. vom 27. November 2017, ausgeführt, der im Gutachten Dr. Ru. sehr knapp wiedergegebene neurologische und psychopathologische Befund sei weitgehend unauffällig. Bei angegebener Aggravation habe er keine Beschwerdevalidierungstests durchgeführt. Die von ihm gestellten Diagnosen rechtfertigten allenfalls qualitative, aber quantitativen Leistungseinschränkungen. Eine Familien-, vegetative und psychiatrische Anamnese fehlten völlig. Ein Tagesablauf sei nicht abgefragt worden.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat der Senat Dr. Ru. zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt. In seinem aufgrund einer persönlichen Untersuchung am 19. Juli 2017 unter dem 13. Oktober 2017 erstatteten Gutachten hat er eine psychoneurotische Depression, eine Anpassungsstörung, ein Verbitterungssyndrom, eine soziale Funktionsstörung sowie eine Hypertonie diagnostiziert. Der Kläger sei nur noch drei- bis unter sechs Stunden belastbar und dies nur mit ein bis zwei Zwischenpausen von 15 Minuten. Ab "etwa 2015" sei von der Dauerhaftigkeit dieser Erwerbsreduktion auszugehen. Von den letzten Stellungnahmen und Beurteilungen weiche seine Einschätzung ab, weil auch der zeitliche Ablauf mittlerweile eine Chronifizität der Störungen belegt und die hinzugekommene Verbitterungsstörung das Ganze verstärkt habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten des Senats und des SG – auch zum früheren Verfahren S 7 R 430/13 – sowie der Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1. Die nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, denn der Kläger begehrt laufende Rentenleistungen für mehr als ein Jahr.
2. Streitgegenstand ist das Begehren des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Januar 2014 (vgl. § 99 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]; Rentenantrag vom 14. Januar 2014). Dieses Begehren ist ausdrücklich nicht durch den Beginn der gewährten Altersrente für schwerbehinderte Menschen begrenzt (vgl. Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 21. März 2018: "bis zum Zeitpunkt des anzunehmenden fiktiven Erreichens der regulären Altersrente"). Streitbefangen ist der Bescheid vom 24. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. August 2014.
3. Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung (dazu a) und wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (dazu b) ab dem 1. Januar 2014.
a) aa) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
bb) Die begehrte Rente wegen Erwerbsminderung wäre nur dann nicht ausgeschlossen, wenn sie am oder vor dem 1. Dezember 2015 beginnen würde.
Nach § 34 Abs. 4 SGB VI ist nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente der Wechsel in eine (1) Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, (2) Erziehungsrente oder (3) andere Rente wegen Alters ausgeschlossen.
Die Beklagte gewährt dem Kläger – mit abgesenktem Zugangsfaktor 0,922 wegen vorzeitiger Inanspruchnahme – ab dem 1. Dezember 2015 Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bescheid vom 7. März 2016). Dass er diesen Bescheid mit Widerspruch angefochten hätte, hat der Kläger nicht geltend gemacht. Auch die Beklagte hat solches nicht mitgeteilt. Damit liegt eine bindende Bewilligung einer Rente wegen Alters (vgl. § 33 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI) ab dem 1. Dezember 2015 vor. Des Weiteren genügt nach dem ausdrücklichen gesetzlichen Wortlaut unabhängig von der Bestandskraft des Bewilligungsbescheides auch der Bezug der Altersrente, hier ab dem 1. Dezember 2015. Der Kläger kann daher nicht mehr unter Verzicht auf diese Rente in eine Rente wegen Erwerbsminderung wechseln (Bayerisches LSG, Urteil vom 14. Juli 2010 L 19 R 13/08 – juris, Rn. 27; Sächsisches LSG, Urteil vom 25. Januar 2010 – L 7 R 582/08 – juris, Rn. 35; jeweils m.w.N.). Der Ausschluss gilt auch dann, wenn sich beim Wechsel von einer Altersrente in eine andere ein günstigerer Zugangsfaktor ergeben würde (U. Freudenberg in jurisPK-SGB VI, 2. Aufl., § 34 Rn. 81).
cc) Nach den vorgenannten Maßstäben steht für den Senat aufgrund der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass der Kläger bis zum 30. November 2015 in der Lage war, zumindest leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich zu verrichten. Zwar lagen beim Kläger gesundheitliche und daraus resultierende funktionelle Einschränkungen vor. Diese minderten seine berufliche Leistungsfähigkeit jedoch nur in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht.
(1) Beim Kläger bestand im hier relevanten Zeitraum auf psychiatrischem Fachgebiet eine chronifizierte depressive Anpassungsstörung. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten von Dr. D. vom 18. November 2013. Dieser hatte den Kläger am 14. November 2013 und damit in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Beginn des hier geltenden gemachten Zeitraums persönlich untersucht. Die von Dr. B. in seiner Stellungnahme vom 8. Mai 2013 als Behandlungsdiagnose bezeichnete rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome, ist nach Ansicht des Senats zumindest für den hier relevanten Zeitraum nicht begründet. So hat bereits Dr. D. überzeugend darauf hingewiesen, dass es bei einer schweren depressiven Episode sehr unwahrscheinlich ist, dass ein Betroffener in der Lage ist, soziale, häusliche und berufliche Aktivitäten fortzuführen. Vielmehr zeigt der Betroffene dann meist erhebliche Verzweiflung und Agitiertheit. Solches ergab sich aber aus dem von Dr. B. aufgrund eines letzten Arzt-Patienten-Kontaktes im März 2013 erhobenen Befund nicht. So hat dieser in seiner Stellungnahme vom 8. Mai 2013 dargelegt, der erhobene psychopathologische Befund beschreibe keine Bewusstseinsstörungen, keine Orientierungsstörungen, keine Aufmerksamkeit- und Gedächtnisstörungen. Der formale Gedankengang war etwas umständlich eingeengt, thematisch persevierend. Eine Neigung zum Grübeln bestand. Der Kläger nannte keine konkreten Befürchtungen, eher Ängste bezüglich der Rechtslage und seiner Finanzen. Störungen der Affektivität und der Vitalgefühle sowie Zeichen von Hoffnungslosigkeit lagen vor. Der Kläger erschien etwas dysphorisch und innerlich sowie motorisch unruhig. Bereits bei der späteren Untersuchung durch Dr. We., dessen Gutachten der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwerten konnte (vgl. etwa Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 14. November 2013 – B 9 SB 10/13 B – juris, Rn. 6; BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R – juris, Rn. 51), war der Kläger in Gestik, Mimik und Psychomotorik unauffällig, eher ruhig. Er berichtete sachlich und kooperativ ohne ängstliche oder depressive Affektäußerungen. Das Denken war inhaltlich unauffällig. Eine affektiv dominante Schuld-, Scham- oder Angstproblematik zeigten sich nicht. Die mnestischen Funktionen waren intakt. Aufmerksamkeit, Konzentration und Auffassung waren unauffällig. Eine vorzeitige Ermüdung trat nicht auf. In der Affektivität zeigte sich der Kläger zum Gesprächsinhalt weitgehend normal modulationsfähig, seitens der Stimmung insgesamt etwas besorgt, nachdenklich, bedrückt und lustlos. Suizidalität bestand nicht. Im Kontaktverhalten war er normal zugewandt, diskret überangepasst, freundlich und kooperativ. Komplexe psychische Funktionen wie Realitätsanpassung, Kritik- und Urteilsvermögen, Kontaktgestaltung, Impulskontrolle und Affektsteuerung waren ohne Defizite. Intentionalität und Antrieb zeigten sich etwas passiv-abwartend; eine Antriebshemmung bestand jedoch nicht. Dies entspricht im Wesentlichen dem von Dr. D. erhobenen Befund. Danach wurden Mimik und Gestik mit zunehmender Gesprächsdauer lebhafter. Die Grundstimmung war in leicht depressiver Richtung verschoben. Es kam auch immer wieder zum Hinzutreten einer dysphorischen Note. Die affektive Resonanzfähigkeit war etwas eingeschränkt, jedoch nicht aufgehoben. Für akute Suizidalität bestand kein Hinweis. Innerhalb der Untersuchungssituation erwies sich der Kläger als normal affizierbar. Der formale Denkablauf war geordnet. Im Mittelpunkt des inhaltlichen Denkens stand die Sorge um die finanzielle Zukunft. Auffassungs-, Kritik- und Urteilsvermögen war unbeeinträchtigt. Im subjektiven Erleben angegebene Konzentrationsstörungen ließen sich während der Exploration nicht objektivieren. Ebenso waren bei angegebener erhöhter Ermüd- und Erschöpfbarkeit im Rahmen der ausführlichen Exploration nur kleine Anzeichen vermehrter Ermüdbarkeit erkennbar. Eine wesentliche Antriebsreduktion bestand nicht. Von der Primärpersönlichkeit waren ängstlich-vermeidende Züge vorherrschend. Anschaulich beschrieb Dr. D. – auch unter Berücksichtigung des von ihm erhobenen noch strukturierten Tagesablaufs – das Bestehen einer gewissen Herabgestimmtheit mit verminderter Stresstoleranz und eingeschränktem Extinktionsvermögen bei emotional belastenden Ereignissen, doch kam der Kläger im Alltag relativ gut zurecht. Nachvollziehbar wies der Sachverständige darauf hin, dass der Kläger einen relativ zurückgezogenen Lebensstil mit eingeschränkten Sozialkontakten und nur wenig Freizeitaktivitäten führte, doch war keine signifikante – und damit depressionsbedingte – Änderung gegenüber seinem früheren Verhalten erkennbar. Eine eigentliche Anhedonie bestand nicht. Auf Nachfrage gab der Kläger auch eine Reihe von Aktivitäten einschließlich des Führens von Kraftfahrzeugen an. Dass diese Befunde auch nach der Begutachtung durch Dr. D. weiter bestanden, haben Dr. Wa. und Arzt Ab. in ihren Stellungnahmen als sachverständige Zeugen vom 30. November 2014 und 8. Januar 2015 ausdrücklich bestätigt. Damit war auch die von Dr. M.-W. im seinem Gutachten vom 23. Mai 2011 ohne eigene Befunderhebung angenommene schwere depressive Episode im hier relevanten Zeitraum nicht von Bedeutung. Anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Gutachten von Dr. Ru ... Dieser untersuchte den Kläger erst im Oktober 2017 und damit deutlich außerhalb des relevanten Zeitraums. Des Weiteren zeigt der von ihm dargestellte klinische Befund, soweit dieser von subjektiven Beschwerdeangaben des Klägers abgrenzbar ist, keine signifikanten Abweichungen. Vielmehr beschrieb er den Kläger als im Affekt munter, spontan, offen, zugänglich, subdepressiv, ohne Angst oder Unruhe, nicht verlangsamt. Vigilanz und Sprache waren bei guter Ausdrucksfähigkeit ungestört. Ob die Feststellung, "Gedächtnis und Konzentration gehen", einen vom Sachverständigen selbst erhobenen Befund darstellen oder nur eine subjektive Angabe des Klägers, kann offenbleiben. Denn eine relevante Einschränkung ist hieraus nicht zu erkennen. Bei der Angabe schneller Erschöpfbarkeit handelt es sich hingegen erkennbar um eine Beschwerdeschilderung des Klägers. Denn Dr. Ru. traf keine eigenen Feststellungen über Ermüdungserscheinungen in der Untersuchung.
Der Senat kann offenlassen, ob die von Dr. B. und Arzt Ab. bezeichnete generalisierte Angststörung als eigenständiges Krankheitsbild zu diagnostizieren war. Bezogen wurde dies auf Ängste bezüglich der Rechtslage und seiner Finanzen. So bezog auch Dr. D. – ohne eigenständige diagnostische Zuordnung – angegebene Angstzustände mit vegetativer Begleitsymptomatik in diesem Zusammenhang in seine Beurteilung ein. Einfluss auf die Beurteilung der Leistungsfähigkeit haben diese Beschwerden nicht (dazu unten).
Des Weiteren bestanden beim Kläger ein Wirbelsäulensyndrom ohne neurologisches Defizit, eine medikamentös eingestellte essentielle Hypertonie, ein Z.n. rezidivierend Sigmadivertikulitis und eine Adipositas. Dies entnimmt der Senat den Gutachten von Dr. D. und Dr. We. sowie den Stellungnahmen von Dr. Wa ...
(2) Die festgestellten Gesundheitsstörungen schränkten das berufliche Leistungsvermögen des Klägers nur in qualitativer, nicht aber in zeitlicher Hinsicht ein.
Wegen der depressiven Gesundheitsstörung waren dem Kläger Tätigkeiten mit besonderem Zeit- oder Leistungsdruck (z.B. Akkord- oder andere taktgebundene Arbeiten), Verantwortung für Menschen oder Maschinen, mit besonderen intellektuellen Herausforderungen sowie Arbeiten in Nacht- oder Wechselschicht nicht mehr zumutbar. Dies entnimmt der Senat den überzeugenden Ausführungen von Dr. D ... Weitergehende Einschränkungen werden auch von Arzt Ab. – selbst bei Berücksichtigung der gesondert diagnostizierten generalisierten Angststörung – nicht genannt. Der von Dr. D. geforderte Ausschluss von Tätigkeiten, in denen geschrieben werden müsse, beruht nicht auf medizinischen Gründen, sondern auf einer insoweit nicht ausreichenden Beschulung. Wegen des Wirbelsäulensyndroms waren schwere körperliche Tätigkeiten, Arbeiten auf Leitern, Treppen oder Gerüsten, in Wirbelsäulenzwangshaltungen sowie das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 5 kg ausgeschlossen. Auch insoweit stützt sich der Senat auf die Ausführungen von Dr. D., die von Dr. Wa. in seinen beiden Stellungnahmen als sachverständiger Zeuge vom Mai 2013 und 30. November 2014 bestätigt wurden. Diese Ausschlüsse wurden im Wesentlichen bereits von Dr. We. formuliert.
(3) Die beim Kläger als rentenrelevant zu berücksichtigen Gesundheitsstörungen führten jedoch nicht zu einem Absinken des tatsächlichen Restleistungsvermögen auf ein unter sechsstündiges Maß; er war im relevanten Zeitraum weiterhin in der Lage, zumindest leichte Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich auszuüben. Der Senat stützt sich auch insoweit insbesondere auf das überzeugende Gutachten von Dr. D., dessen Einschätzung durch die sachverständigen Zeugen Dr. Wa. und den Arzt Ab. bestätigt wird.
Unter Beachtung der genannten qualitativen Ausschlüsse bedingte die depressive Gesundheitsstörung – auch unter Berücksichtigung der oben dargelegten Angstsymptomatik – keine zeitliche Begrenzung des Leistungsvermögens. Auch insoweit stützt sich der Senat auf die Einschätzung von Dr. D ... Dieser begründete anhand der von ihm in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Beginn des relevanten Zeitraums umfassend erhobenen Befunde sowie des – noch ausreichend strukturierten – Tagesablaufs die oben dargestellte Ausprägung der Erkrankung überzeugend. Dabei wies er insbesondere anschaulich darauf hin, dass sich Konzentrationsstörungen während der Exploration nicht objektivieren ließen. Im Rahmen der ausführlichen Exploration waren nur kleine Anzeichen vermehrter Ermüdbarkeit erkennbar. Eine wesentliche Antriebsreduktion bestand nicht. Der Kläger kam im Alltag relativ gut zurecht. Der eher zurückgezogene Lebensstil mit eingeschränkten Sozialkontakten und nur wenig Freizeitaktivitäten war, wie oben bereits dargelegt, nicht als Ausdruck der depressiven oder Angstsymptomatik zu werten. Der Kläger gab auch eine Reihe von Aktivitäten einschließlich des Führens von Kraftfahrzeugen an. Die vom Kläger gegen das Gutachten von Dr. D. vorgebrachten Einwände sind nicht geeignet, dessen Beurteilung in Frage zu stellen. Insbesondere begründen Ausführungen zu Versorgungswünschen keine Zweifel an der Neutralität des Sachverständigen. Vielmehr ist es Kerninhalt dessen Aufgabe, dargestellte Beeinträchtigungen darauf zu prüfen, ob und inwieweit sie medizinisch begründbar Ausdruck eines Krankheitsgeschehens oder anderen Motivationen geschuldet sind. Im Übrigen wies auch Dr. Ru. ausdrücklich auf ein kompensatorisches Rentenbedürfnis des Klägers hin. Arzt Ab. schloss sich in seiner Stellungnahme vom 8. Januar 2015 dem Gutachten von Dr. D. sowohl hinsichtlich des Befundes als auch der Leistungsbeurteilung an, dies ausdrücklich unter Berücksichtigung der von ihm als generalisierte Angststörung eigenständig diagnostizierten Angstsymptomatik.
Der Leistungseinschätzung von Dr. M.-W. im MDK-Gutachten vom 23. Mai 2011 vermag der Senat nicht zu folgen. Diese basiert nicht auf einer eigenen Befunderhebung und war jedenfalls für den hier relevanten Zeitraum insbesondere durch die erheblich zeitnähere Begutachtung durch Dr. D. mit ausführlicher Befunderhebung widerlegt. Gleiches gilt für die Ausführungen des Arztes V ... Auch die Einschätzung von Dr. Ru. vermag nicht zu überzeugen. Zunächst vermengt der Sachverständige, wie oben dargestellt, teils Beschwerdeangaben des Klägers und eigene Befunderhebungen. Trotz selbst beschriebener Hinweise auf eine Aggravation in der Untersuchungssituation und eines erkennbaren Rentenbedürfnisses führte er keine Beschwerdevalidierung durch. Zur Begründung der Leistungseinschätzung stellte er maßgeblich auf eine Chronifizierung der Symptomatik ab, ohne näher zu reflektieren, dass der bei der Untersuchung im Juli 2017 vorgelegte Medikamentenplan aus dem Jahr 2012 (also noch vor Beginn des relevanten Zeitraums) stammt. Dr. Ru. sah diesen selbst als veraltet an. Die weitere medikamentöse Therapie konnte er vom Kläger nicht erfolgreich erfragen. Der Sachverständige äußert Zweifel an der Fähigkeit des Klägers, sich in einen neuen Arbeitsplatz hineinzufinden, ohne eigene befundbezogene Feststellungen zur Umstellungsfähigkeit getroffen zu haben. Auch soweit Dr. Ru. ausführt, bei der rentenrechtlichen Beurteilung seien nicht nur Krankheitssymptome, sondern auch Umfeldfaktoren zu berücksichtigen, findet der von ihm tatsächlich erhobene psychische Befund zu wenig Beachtung. In seine Beurteilung flossen des Weiteren erkennbare nicht medizinische Umstände ein. So führte er ausdrücklich aus, auch angesichts des Alters des Klägers sei keine reelle Chance für einen Arbeitsplatz mehr gegeben. Gleiches gilt für die Angabe, wenn solche Verfahren in einem Rechtsstreit endeten, sei in der Regel nur noch über eine Teilgewährung von Ansprüchen eine Befriedung möglich. Damit sind in die Leistungseinschätzung unzutreffende Wertungen sowie Umstände eingeflossen, die rechtlich nicht zu berücksichtigen sind. Mit den erheblich zeitnäher von Dr. D. erhobenen und für den relevanten Zeitraum von Arzt Ab. bestätigten Befunden setzte sich Dr. Ru. nicht eingehend auseinander. Daher vermag auch die Einschätzung eines zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögens bereits ab 2015 nicht zu überzeugen. Die aufgezeigten Mängel lassen sich auch nicht durch eine ergänzende Stellungnahme beseitigen, da sie überwiegend bereits die grundlegende Begutachtung betreffen.
Auch unter Einbeziehung des Wirbelsäulensyndroms bestand im relevanten Zeitraum keine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens. Diesem wird vielmehr durch die oben genannten qualitativen Ausschlüsse ausreichend Rechnung getragen. Auch insoweit stützt sich der Senat auf die Ausführungen von Dr. D., denn die Abklärung einer – hier nicht vorliegenden – neurologischen Beteiligung der Wirbelsäulenschäden fällt in dessen Fachgebiet. Darüber hinaus nannte auch Dr. Wa. keine weitergehenden Einschränkungen als erforderlich. Vielmehr gab er bereits in seiner ersten Stellungnahme vom 20. Juni 2013 ausdrücklich an, bei Einhaltung dieser Einschränkungen könnten Tätigkeiten für acht Stunden täglich durchaus in Betracht kommen. Insbesondere die schnelle Überlastung bei den von der Bundesagentur für Arbeit vermittelten Hilfsarbeitertätigkeiten mit z.T. erheblichen schweren körperlichen Belastungen führten immer wieder zu Arbeitsunfähigkeitszeiten; zu empfehlen seien adaptierte leichte körperliche Tätigkeiten. Dies bestätigte er in seiner Stellungnahme vom 30. November 2014 im Ergebnis. Entgegen der Annahme des Klägers liegt in dieser Einschätzung kein Widerspruch, sondern eine notwendige Differenzierung hinsichtlich der noch zumutbaren Arbeitsschwere. Die weiteren Gesundheitsstörungen bedingen keine Einschränkung, solches wurde von keinem mit dem Kläger befassten Arzt angenommen.
Anhaltspunkte, die Anlass für weitere Ermittlungen böten, liegen nicht. Aus oben genannten Gründen, bedurfte es keiner ergänzenden Stellungnahme von Dr. Ru ... Dem zuletzt gestellten Antrag des Klägers auf erneute Begutachtung nach § 109 SGG war schon deshalb nicht nachzukommen, weil er einen bestimmten Arzt nicht benannt hat.
(4) Ob dem Kläger ein Arbeitsplatz vermittelt werden kann oder nicht, ist für den geltend gemachten Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht erheblich. Die jeweilige Arbeitsmarktlage ist nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Maßgebend ist, ob der Kläger mit dem ihm verbliebenen Restleistungsvermögen – wenn auch mit qualitativen Einschränkungen – in der Lage ist, zumindest körperlich leichte Tätigkeiten arbeitstäglich für mindestens sechs Stunden zu verrichten, er also in diesem zeitlichen Umfang unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig sein kann, wovon im Regelfall ausgegangen werden kann (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 – B 13 R 78/09 R – juris, Rn. 31). Dies bejaht der Senat wie zuvor dargelegt.
(5) Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegen nicht vor. In einem solchen Fall kann der Arbeitsmarkt selbst bei einem noch vorhandenen sechsstündigen Leistungsvermögen ausnahmsweise als verschlossen gelten (siehe – auch zum Folgenden – etwa Urteil des Senats vom 21. November 2014 – L 4 R 4797/13 – nicht veröffentlicht). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass eine Verweisung auf noch vorhandenes Restleistungsvermögen nur dann möglich ist, wenn nicht nur die theoretische Möglichkeit besteht, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.
Dies ist hier nicht der Fall. Die qualitativen Leistungseinschränkungen des Klägers (siehe oben) sind nicht als ungewöhnlich zu bezeichnen. Darin ist weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen zu sehen. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt nur vor, wenn bereits eine erhebliche (krankheitsbedingte) Behinderung ein weites Feld von Verweisungsmöglichkeiten versperrt. Hierzu können – unter besonderer Berücksichtigung der jeweiligen Einzelfallumstände – beispielsweise Einäugigkeit, Einarmigkeit und Einschränkungen der Arm- und Handbeweglichkeit sowie besondere Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz zählen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris, Rn. 28 m.w.N.). Keine dieser Fallkonstellationen ist beim Kläger vorhanden. Aus den oben dargelegten Gründen überzeugt die Leistungseinschätzung von Dr. Ru. nicht. Dies gilt auch für die angenommene Notwendigkeit zusätzlicher Pausen und die Schwierigkeiten der Eingewöhnung an einem neuen Arbeitsplatz. Der Sachverständige traf weder eigene Feststellungen zu einer erhöhten Ermüd- oder Erschöpfbarkeit noch zur Umstellungsfähigkeit. Vielmehr flossen sachfremde Überlegungen ein. Der nicht medizinisch bedingte Ausschluss von Tätigkeit mit Schreibarbeiten, den Dr. D. formuliert hat, wird nicht relevant. Selbst ein nicht auf einer gesundheitlichen Störung beruhender Analphabetismus stellt keine schwere spezifische Leistungseinschränkung dar (BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 R 68/11 R - juris Rn. 28).
(6) Auch die Wegefähigkeit des Klägers war gegeben. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle in zumutbarer Zeit aufsuchen zu können. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 Metern zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 – 13/5 RJ 73/90 – juris, Rn. 16 ff.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 21/10 R – juris, Rn. 21 f.; Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – juris, Rn. 19 f.). Der Kläger ist in der Lage, eine Gehstrecke von 500 Metern viermal in weniger als 20 Minuten täglich zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Aus den ärztlichen Äußerungen ergeben sich keine Befunde, die für eine unter den genannten Maßstäben eingeschränkte Gehfähigkeit des Klägers sprechen.
(7) Aus der Anerkennung eines Grades der Behinderung von 50 folgt ebenfalls nicht, dass der Kläger erwerbsgemindert wäre. Zwischen der Schwerbehinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und der Erwerbsminderung nach dem SGB VI besteht keine Wechsel-wirkung, da die gesetzlichen Voraussetzungen unterschiedlich sind (BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 SB 5/01 B -, juris, Rn. 5; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 1987 - 5b BJ 156/87 , juris, Rn. 3).
b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 61 RV-Altergrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs unter besonderer Anforderung ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Ausgangspunkt der Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der bisherige Beruf. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (z.B. BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 16; BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5 RJ 34/97 R – juris, Rn. 13; BSG, Urteil vom 20. Juli 2005 – B 13 RJ 19/04 R – juris, Rn. 15). Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 17; BSG Urteil vom 25. Juli 2001 – B 8 KN 14/00 R –juris, Rn. 15) die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Entsprechend diesem so genannten Mehrstufenschema werden die Arbeiterberufe durch Gruppen mit den Leitberufen des Facharbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Monaten bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert. Innerhalb der Gruppe der angelernten Arbeiter differenziert das BSG nochmals hinsichtlich der Versicherten, die der oberen und unteren Gruppe der Angelernten angehören. Dem unteren Bereich sind alle Tätigkeiten mit einer regelmäßigen, auch betrieblichen Ausbildungs- und Anlernzeit von drei bis zwölf Monaten und dem oberen Bereich dementsprechend die Tätigkeiten mit einer Ausbildungs- oder Anlernzeit von über zwölf bis zu 24 Monaten zuzuordnen (BSG, Urteil vom 29. März 1994 – 13 RJ 35/93 – juris, Rn. 20). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d. h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 – B 4 RA 5/04 R – juris, Rn. 33).
Die von dem Kläger zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als Arbeiter in der Reinigung von Blechteilen zur Vorbereitung der Lackierung war eine ungelernte Tätigkeit. Nach der Auskunft der früheren Arbeitgeberin lag die Anlernzeit für diese Tätigkeit unter drei Monaten. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich bei der vom Kläger ohne Berufsausbildung langjährig ausgeübte Tätigkeit bei einem Stricknadelhersteller um eine Tätigkeit handelte, die eine Anlern- oder Ausbildungszeit von mehr als zwölf Monaten voraussetzte. Gegenteiliges hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt behauptet und die vorliegenden Akten geben hierfür keine Anhaltspunkte.
Da der Kläger allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter gehört, kann er grundsätzlich auf alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorkommenden Tätigkeiten verwiesen werden. Im Hinblick auf die oben festgestellte spezifische Leistungseinschränkung bedarf es allerdings ausnahmsweise der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit. Insofern kann auf die obigen Ausführungen zur Zumutbarkeit der von der Beklagten benannten Tätigkeiten verwiesen werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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