L 8 AL 3976/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 5600/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 3976/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.09.2016 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) ab dem 01.09.2014 bzw. später und für die Dauer der Weiterbildung ab dem 29.09.2014 zusteht.

Der Kläger, der bei der Bundeswehr bis 2007 eine Ausbildung zum Bürokaufmann mit IHK-Abschluss gemacht hatte, war vom 10.07.2012 bis 09.07.2013 befristet als Springer (Spielhallenaufsicht) bei der Fa. O. Entertainment AG beschäftigt (zum Arbeitsvertrag vgl. Blatt 9/18 der Beklagtenakte/Alg), anschließend war er arbeitslos (vgl. Blatt 1 ff. der Beklagtenakte/Alg). Mit Bescheid vom 01.08.2013 (Blatt 30/35 der Beklagtenakte/Alg) in der Fassung des Änderungsbescheids vom 03.08.2013 (Blatt 36/39 der Beklagtenakte/Alg) bewilligte die Beklagte Alg ab dem 17.07.2013 mit einer Anspruchsdauer von zunächst 180, unter Berücksichtigung einer Sperrzeit insgesamt 173 Kalendertagen (Bemessungsentgelt täglich: 51,98 EUR; Lohnsteuerklasse I; Lohnsteuertabelle 2013; Leistungsentgelt täglich: 37,11 EUR; Prozentsatz: 60; Leistungssatz täglich: 22,27 EUR).

Am 01.11.2013 nahm der Kläger eine Tätigkeit als Gastronomie-Servicekraft bei der Bowling Arena S. O. auf, weshalb das Alg eingestellt wurde (Bescheid vom 07.11.2013, Blatt 54/55 der Beklagtenakte/Alg). Mit Schreiben vom 08.07.2014 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2014 unter Hinweis auf eine zum 01.09.2014 in einem anderen Betrieb angestrebte Ausbildung (Blatt 27 der SG-Akte).

Am 20.08.2014 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg (Blatt 62/65 der Beklagtenakte/Alg; zur Arbeitsbescheinigung vgl. Blatt 66/68 der Beklagtenakte/Alg). Zur Beendigung der Beschäftigung befragt, verwies der Kläger auf temporäre Anfälle von Tinnitus und Migräne, zunehmende Schmerzen in Rücken und Knien trotz eigenfinanzierten Spezialsports, regelmäßige Verstöße gegen das Arbeitnehmerschutzgesetz in mehreren Paragraphen sowie regelmäßige Nichteinhaltung bzw. Ignoranz der berufsgenossenschaftlichen Vorschriften (Blatt 69/71 der Beklagtenakte/Alg). Die gesundheitlichen Gründe reichten für einen Berufswechsel, bei Tinnitus mit 30 Jahren sei der Spaß vorbei.

Mit Bescheid vom 04.09.2014 (Blatt 59/61 der Beklagtenakte/Alg) stellte die Beklagte wegen Lösung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Bowling Arena S. O. den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen fest. Der Eintritt der Sperrzeit vermindere den Alg-Anspruch um 84 Tage. Da der Kläger aber nur eine Alg-Restanspruchsdauer von 79 Tagen gehabt habe, stehe ihm kein Alg mehr zu.

Hiergegen erhob der Kläger am 18.09.2014 Widerspruch (Blatt 72 der Beklagtenakte/Alg). Er habe aus eigenem Antrieb zum 01.09.2014 gekündigt, da er über 25 offene Bewerbungen für eine Ausbildung mit Beginn zum 01.09. laufen gehabt habe. Hätte er zu einem späteren Zeitpunkt gekündigt bzw. erst mit Zusage eines Ausbildungsbetriebes, wäre es ihm, aufgrund der gesetzlichen Kündigungsfrist, nicht möglich gewesen, zum Ausbildungsbeginn den Betrieb zu verlassen um eine Ausbildung beginnen zu können. Zusammen mit der Kündigung habe er sich mit einer entsprechenden Begründung bei der Arbeitsagentur gemeldet. Die Sachbearbeiterin sei von der Ernsthaftigkeit seiner Ausbildungsbestrebungen überzeugt und habe ihm entsprechend einen Bildungsgutschein für eine Umschulung zum Kaufmann für Spedition und Logistik zugesagt. Bei der DAA sei ihm eine entsprechende Umschulung zu Ende September zugesagt worden.

Mit Widerspruchsbescheid (Blatt 73/76 der Beklagtenakte/Alg) vom 19.09.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Die Beklagte erteilte dem Kläger am 25.09.2014 einen Bildungsgutschein (Blatt 1, 2 der Beklagtenakte/FbW) und übernahm ab dem 29.09.2014 bis zum 01.07.2016 Leistungen für die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme (Blatt 13/16 der Beklagtenakte/FbW) zum Kaufmann – Spedition und Logistikdienstleistung (Blatt 18 Beklagtenakte/FbW); mittlerweile hat der Kläger die Ausbildung erfolgreich beendet.

Der Kläger hat am 16.10.2014 beim Sozialgericht (SG) Stuttgart Klage gegen die Feststellung der Sperrzeit bzw. wegen Alg erhoben. Bereits seit Juli 2013 habe sich im Rahmen der Vermittlung die Frage einer betrieblichen oder überbetrieblichen Umschulung aufgedrängt. Schon damals habe ihm die Arbeitsvermittlerin angeboten, eine überbetriebliche Umschulung zu machen, die Erteilung eines Bildungsgutscheines sei im Raume gestanden. Diese habe er aber zurück gestellt weil er versuchen wollte, eine betriebliche Ausbildung zu erhalten. Dann habe er zunächst das Arbeitsverhältnis bei der Bowling Arena S. aufgenommen, um sich weiter um einen betrieblichen Ausbildungsplatz zu bemühen. Er sei davon ausgegangen, dass er die besten Chancen im Rahmen der zweiten Auswahl kurz vor Beginn des Ausbildungsjahres habe, sodass er seine Bewerbungsbemühungen gerade im Zeitraum von wenigen Monaten vor Beginn des Ausbildungsjahres intensiv hochgefahren habe. Hauptquelle sei die sog. Last-Minute-Stellenbörse der IHK gewesen. Zum Zeitpunkt der Eigenkündigung habe er 25 bis 30 offene Bewerbungen gehabt. Bei der Kündigung sei er davon ausgegangen, dass er zum Beginn September einen betrieblichen Ausbildungsplatz bekomme, sodass er dafür Sorge getragen habe, das Arbeitsverhältnis fristgerecht zu beenden. Nachdem er sich arbeitslos gemeldet gehabt habe, habe auch die Beklagte die Notwendigkeit der beruflichen Qualifizierung festgestellt und den Bildungsgutschein erteilt. Hinter der Kündigung stehe auch die festgestellte Notwendigkeit der abschlussorientierten Qualifizierungsmaßnahme. Dass er bei Kündigung noch keinen Bildungsgutschein gehabt habe und auch dessen Erteilung noch nicht sicher feststand, ergebe sich lediglich daraus, dass er zu diesem Zeitpunkt noch davon ausgegangen sei, dass er die Ausbildung ohne Bildungsgutschein im Wege der betrieblichen Ausbildung machen könne. Darüber hinaus seien die gesetzlichen Arbeitszeiten teilweise deutlich überschritten worden, Pausen habe es üblicherweise nicht gegeben, schon gar nicht geplante. Die Lautstärke beim Discobowling sei einer der gesundheitlichen Gründe, aus denen er die Tätigkeit nicht habe fortsetzen können Es sei so laut gewesen, dass alle Gäste und das Personal sehr laut schreien mussten. Ihm habe nach kurzer Zeit die Stimme versagt und er habe immer häufiger Tinnitusanfälle bekommen. In der Schicht vom 26.04.2014 sei er 16 Stunden ohne nennenswerte Pausen tätig gewesen. Danach habe er sich übergeben müssen. Problematisch seien mangelnde Pausen und die schlechte Luft. Diese Arbeitsbedingungen und die daraus resultierenden Beeinträchtigungen seien ein wichtiger Grund für den Ausspruch der Kündigung. Er habe kein ärztliches Attest sondern versucht selbst eine Abhilfe zu erreichen, so durch Rückentraining wegen der Rückenbeschwerden (Blatt 53 der SG-Akte) Der Kläger hat u.a. die Schichtpläne vom März bis Juli vorgelegt (Blatt 31/34 der SG-Akte).

Das SG hat Beweis erhoben und den Arbeitgeber sowie Arbeitskollegen als Zeugen befragt. Herr S. , der für die Bowling Arena S. O. vertretungsweise die Dienstpläne gemacht hatte, hat dem SG geschrieben (Blatt 77/78 der SG-Akte), der Kläger habe gekündigt, weil er eine Schulung beginne wollte. Es habe Schichten von über 10 Stunden gegeben, die Pausen seien je nach Zeit geregelt gewesen. Beim Discobowling sei es nicht gesundheitsgefährlich laut. Der Geschäftsführer der Bowling Arena S. O. P. hat dem SG mit Schreiben vom 07.10.2015 (Blatt 79 der SG-Akte) mitgeteilt, der Kläger habe zur Kündigung angegeben, er habe jetzt die Chance sich durch eine Qualifizierungsmaßnahme des Arbeitsamtes bzw. eine verkürzte Lehre auf den heute notwendigen Stand zu bringen. Der Kläger habe Arbeitszeiten von zwischen 5 und 10 Stunden abzüglich Pausen gehabt, in absoluten Ausnahmefällen sei die Anwesenheitszeit von 11/12 Stunden abzüglich Pausen erreicht worden. Der Kläger habe sich die Pausen selbst eingeteilt und Essen abgerufen, wenn er Hunger gehabt oder es in den Arbeitsablauf gepasst habe. Über den Lärm hätten sich bisher weder Personal noch Gäste beschwert. Der Kläger habe sich bei ihm nicht beschwert, obwohl es bei gemeinsamen Arbeitseinsätzen die Möglichkeit gegeben habe, seine Punkte vorzubringen. Der Geschäftsführer L. hat dem SG geschrieben (Blatt 80/82 der SG-Akte), der Kläger habe gekündigt, weil er eine Ausbildung beginnen wollte. In absoluten Ausnahmefällen habe es Schichten von über 10 Stunden gegeben. Pausen habe der Kläger nach Bedarf machen können, feste Zeiten habe es nicht gegeben. Wegen des Lärms beim Discobowling sei es nicht zu Beschwerden gekommen. Auch der Kläger habe nicht auf Missstände hingewiesen oder die Verbesserung der Arbeitsbedingungen verlangt.

Das SG hat im Beweisaufnahmetermin vom 15.03.2016 den Kläger angehört, der u.a. ausgeführt hatte, in der Gastronomie sei es ihm einfach zu viel gewesen, und den Zeugen O. , der bei der Bowling Arena S. O. die Dienstpläne erstellt hatte, vernommen. Dieser hat den Lärm beim Discobowling als so laut wie in einer Diskothek beschrieben und angegeben, es sei garantiert "mal" vorgekommen, dass Schichten über 10 Stunden gedauert hätten.

Das SG hat mit Urteil vom 21.09.2016 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt. Der Kläger habe das Beschäftigungsverhältnis gelöst und Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Für sein Verhalten habe es keinen wichtigen Grund gegeben. Zwar ergebe sich aus den Aussagen der Zeugen, dass der Kläger mehrfach (vor allem an Wochenenden) über 10 Stunden am Stück bei der Arbeitgeberin eingesetzt worden sei. Dies allein mache aber die Beschäftigung für den Kläger nicht unzumutbar. Zu berücksichtigen sei insofern, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt auf diesen Missstand hingewiesen oder Abhilfe verlangt habe. Der Vortrag des Klägers, ihm sei die Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht zuzumuten, überzeuge ebenfalls nicht. Ein ärztliches Attest oder gar eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung habe der Kläger nicht vorlegen können. Auch die beabsichtigte Aufnahme einer betrieblichen Ausbildung sei nicht geeignet einen wichtigen Grund darzustellen. Denn der Kläger hatte keine verbindliche Zusage für einen Ausbildungsplatz.

Gegen das seiner Bevollmächtigten am 30.09.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26.10.2016 beim Landesozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Die im konkreten Fall vorliegende und zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses führende Situation sei vom SG nicht ausreichend berücksichtigt worden. Es ergäben sich vielmehr Umstände, die objektiv einen wichtigen Grund für die Arbeitsaufgabe darstellen könnten. Zumindest habe aber eine besondere Härte vorgelegen, die zu einer Sperrzeitverkürzung auf sechs Wochen führen musste. Nicht berücksichtigt sei, dass im Rahmen der vorangegangenen Arbeitslosigkeit bis 10/2013 eine Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung im kaufmännischen Bereich angestrebt worden sei. Die überbetriebliche Umschulung und die Erteilung eines Bildungsgutscheins sei 2013 lediglich deshalb zurückgestellt worden, weil er selbst versuchen wollte, vorrangig eine betriebliche Ausbildung in einem entsprechenden Bereich zu erhalten. Es sei für ihn nicht nachvollziehbar, weshalb durch das SG der Sachverhalt hinsichtlich der bereits im Jahr 2013 durch die Beklagte angebotenen Umschulung nicht weiter aufgeklärt worden sei. Er gehe davon aus, dass auch aus der behördlichen Verwaltungsakte (Kundenvermerke etc.) ersichtlich sein müsse, dass im Jahr 2013 bereits konkret über eine Umschulung gesprochen worden sei. Darüber hinaus könne die damalige Sachbearbeiterin als Zeugin zu der Situation im Jahr 2013 gehört werden. Bei ihm lägen danach Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor, die in der Qualität einem wichtigen Grund entsprächen. Zumindest müsse, da er das Anstellungsverhältnis beendet habe, um eine Umschulung in dem besprochenen Bereich beginnen zu können, eine Sperrzeitverkürzung aufgrund einer besonderen Härte angenommen werden. Nachdem er 2013 die Aufnahme einer überbetrieblichen Ausbildung deshalb nicht bereits wahrgenommen habe, weil er versuchen wollte, einen betrieblichen Ausbildungsplatz zu erreichen, sei in einer Gesamtbetrachtung die von der Beklagten festgesetzte Sperrzeit von 12 Wochen unverhältnismäßig. Es liege auch ein widersprüchliches Verhalten der Beklagten vor, zumal diese ihm 2014 ohne Weiteres die bereits im Jahr 2013 angesprochene Förderung der beruflichen Weiterbildung durch einen Bildungsgutschein habe zukommen lassen. Auch die vom SG vernommenen Zeugen belegten Arbeitszeiten von mehrfach über 10 Stunden am Stück. Soweit dies nicht zu einer Unzumutbarkeit der Beschäftigung geführt habe, sei dies ebenfalls nicht richtig. Die gegebenen erheblichen Arbeitszeiten und Belastungen in der Gastronomie, teilweise über das gesetzlich vorgeschriebene Maß hinaus, belegten vielmehr eine Unzumutbarkeit der weiteren Tätigkeit im Service bei der Bowling Arena S. O ... Er habe insoweit auch zu den Problemen durch die Lautstärke, die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses gegebene Gewichtsabnahme und seine Rückenbeschwerden erstinstanzlich umfangreich vorgetragen. Nach Allem sei die Kündigung der ungelernten Tätigkeit bei der Bowling Arena unter den dort gegebenen Arbeitsbedingungen durch die Versichertengemeinschaft auch im Hinblick darauf hinzunehmen, dass nur durch die Umschulung eine Erwerbsgrundlage auf Dauer erreicht werden konnte, und dies bereits im Rahmen der vorangegangenen Arbeitslosigkeit im Jahr 2013 durch die Beklagte selbst so gesehen worden sei. Vor diesem Hintergrund halte er daran fest, dass eine Unzumutbarkeit der Arbeitsbedingungen für ihn in der konkreten Situation vorgelegen habe.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 30.09.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 04.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2014 zu verurteilen, ihm Arbeitslosengeld für die Restanspruchsdauer aufgrund der Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildung vom 01.09.2014 bis 30.07.2016, hilfsweise vom 13.10.2014 bis 30.07.2016 in gesetzlicher Höhe zu gewähren, hilfsweise Frau R. als Zeugin zum Beweis der Tatsache, dass sie ihm als zuständige Arbeitsvermittlerin bereits während der Arbeitslosigkeit 2013 angeboten hatte, eine betriebliche Umschulung im kaufmännischen Bereich zu machen und auch zum Beweis dafür, dass er schon im Jahr 2013 gegenüber der Beklagten angegeben hat, dass er lieber eine berufliche Ausbildung machen möchte um lieber einen Zeitraum überbrücken zu können, zu vernehmen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten und hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Einlassungen des Klägers seien nicht geeignet, eine andere Entscheidung herbeizuführen und das Urteil des SG zu widerlegen.

Die Sach- und Rechtslage wurde mit den Beteiligten in einem nichtöffentlichen Termin am 04.08.2017 erörtert. Wegen des Inhalts und Ergebnisses des Termins wird auf die Niederschrift (Blatt 32/34 der Senatsakte) Bezug genommen.

Der Kläger hat sich mit Schreiben vom 27.10.2017 unter Vorlage von Unterlagen (Blatt 41/57 der Senatsakte) geäußert und u.a. darauf hingewiesen, dass für den Anspruch auf Alg wegen Weiterbildung nach § 144 Abs. 1 SGB III maßgeblich auf die Frage abzustellen sei, ob bei Beginn der Weiterbildungsmaßnahme ein Stammrecht auf Alg bestanden habe. § 144 SGB III beziehe sich auf das Stammrecht auf Alg nach § 137 SGB III und stehe nicht eigenständig daneben. Danach und im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift, den Lebensunterhalt während der Weiterbildung abzusichern, sei davon auszugehen, dass das Vorliegen eines Stammrechts bei Beginn der Weiterbildung ausreichend sei. Aus den Beratungsvermerken der Beklagten gehe hervor, dass der Sachverhalt, wonach die Erforderlichkeit einer Umschulung bereits während der vorangegangenen Arbeitslosigkeit grundsätzlich geklärt worden sei und er den Sachverhalt richtig dargestellt habe. Insbesondere aus dem Beratungsvermerk vom 27.09.2013 gehe hervor, dass in der Folge im Jahr 2013 eine Förderung über eine überbetriebliche Ausbildung nur deshalb nicht weiterverfolgt worden sei, weil er selbst vorrangig eine betriebliche Ausbildung erreichen wollte. Bereits damals war Stand zwischen ihm und seiner Sachbearbeiterin, dass er sich u.a. als Servicekraft bewerbe um die Zeit bis zu einer möglichen beruflichen Ausbildung zu überbrücken. Auch aus den Eingliederungsvereinbarungen vom 19.08.2013 und vom 27.09.2013 gehe als festgelegtes Ziel die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im kaufmännischen Bereich in der Umgebung S. hervor. Entsprechend sei die Unterstützung zu der entsprechenden Qualifizierung bereits im Jahr 2013 von der Beklagten zugesagt worden. Er sei in der Folge in der Bowling Arena im Service-Bereich als ungelernte Kraft tätig gewesen. Hierbei sei aus seiner Sicht für die Beurteilung der Kündigungsentscheidung zwingend zu berücksichtigen, dass er die Entscheidung, das Arbeitsverhältnis zu beenden, nur deshalb getroffen habe, um in der Folge ab Herbst eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich zu beginnen. Hierbei sei er aufgrund seiner Bewerbungsbemühungen zunächst noch davon ausgegangen, dass es ihm gelinge, einen betrieblichen Ausbildungsplatz zu erlangen. Er habe aber auch Kenntnis davon gehabt, dass die Beklagte ihm bereits eine überbetriebliche Ausbildung in Aussicht gestellt habe. Aus seiner Sicht müsse diese Interessenlage für die Annahme eines wichtigen Grundes für den Kündigungsausspruch im Juli 2014 ausreichend sein. Der Zeuge O. habe Angaben zur Lautstärke, den Schichten über 10 Stunden am Wochenende und zur Heftigkeit der Tätigkeit insgesamt gemacht. Auch vor diesem Hintergrund halte er daran fest, dass die angestrebte Qualifizierung durch Weiterbildung einen wichtigen Grund für die Lösung des dortigen Anstellungsverhältnisses dargestellt habe.

Die Beklagte hat ausgeführt (Schreiben vom 06.12.2017, Blatt 58 der Senatsakte), dass es der Wunsch und das Bestreben des Klägers gewesen sei, eine betriebliche Ausbildung zu absolvieren, sei verständlich und nachvollziehbar. Tatsache bleibe jedoch, dass er sein Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt gekündigt habe, zu dem er keine konkrete Aussicht auf eine betriebliche oder überbetriebliche Ausbildung gehabt habe. Auch habe der Kläger nach wie vor nicht belegen können, dass die Arbeitsaufgabe aus gesundheitlichen Gründen berechtigt gewesen sei. Ein wichtiger Grund zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses habe dem Kläger mithin nicht zur Seite gestanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte sowie die beigezogenen Akten des SG und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache aber nicht begründet.

Der Kläger hat ab dem 01.09.2014 keinen Anspruch auf Alg. Durch die Kündigung des Arbeits- und Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Bowling Arena S. O. zum 31.08.2014 hat der Kläger vorsätzlich, zumindest grob fahrlässig Arbeitslosigkeit herbeigeführt, weshalb eine Sperrzeit von 12 Wochen eingetreten ist. Diese führt zu einer Minderung der Restanspruchsdauer (79 Kalendertage) des dem Kläger aus der bis 31.10.2013 dauernden Arbeitslosigkeit stammenden Alg-Anspruchs um 84 Tage, sodass dieser Restanspruch vollständig verbraucht ist. Damit hatte der Kläger weder ab dem 01.09.2014 oder dem 29.09.2014 noch nach dem Ablauf von 12 Wochen ab dem 01.09.2014 einen Anspruch auf Alg. Der Bescheid der Beklagten vom 04.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2014 ist nicht rechtswidrig und verletzt ihn nicht in seinen Rechten. Daher ist das Urteil des SG vom 21.09.2016 zutreffend und auch die Berufung in vollem Umfang zurückzuweisen.

Der Kläger hat ab 01.09.2014 keinen Anspruch auf Alg, denn der zum 10.07.2013 entstandene Anspruch auf Alg i.S.d. §§ 137 Abs. 1, 138 SGB III – der Kläger war ab 01.09.2014 arbeitslos (beschäftigungslos, verfügbar und bemühte sich, die eigene Beschäftigungslosigkeit zu beenden), bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und hatte zum 10.07.2013 die Anwartschaftszeit erfüllt (einen neuen Anspruch hat er seither mangels Erfüllung einer neuen Anwartschaftszeit nicht erworben) – mit einer Restanspruchsdauer von 79 Tagen ruht gem. § 159 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 SGB III.

Gemäß § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB III ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten und dafür keinen wichtigen Grund hat. Versicherungswidriges Verhalten liegt nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe).

Der Kläger stand in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis bei der Bowling Arena S. O ... Dieses Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis hat er durch die Kündigung vom 09.07.2014 zum 31.08.2014 und die Beendigung seiner Tätigkeit am 31.08.2014 gelöst. Er hatte keine Anschlussbeschäftigung, sodass er ab 01.09.2014 beschäftigungs- und arbeitslos war. Der Eintritt von Arbeitslosigkeit war dem Kläger bekannt und von diesem gewollt, denn er wollte für den Beginn einer betrieblichen Ausbildung im September 2014 frei sein. Zumindest hatte er auch nach seinen eigenen Fähigkeiten einsehen müssen, dass er keine Anschlussbeschäftigung und auch keine ab dem 01.09.2014 beginnende Ausbildungsstelle hatte und daher arbeitslos werden würde. Da der Kläger die Beschäftigung bei der Bowling Arena S. O. zum 01.09.2014 aufgeben wollte und wusste, dass er keine Anschlussbeschäftigung hatte, hat er Arbeitslosigkeit i.S.d. § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III vorsätzlich herbeigeführt.

Selbst wenn der Kläger die Arbeitslosigkeit nicht vorsätzlich herbeiführen wollte, so hat er dies doch zumindest grob fahrlässig getan. Denn er hat damit seine gegenüber der Versichertengemeinschaft bestehenden Sorgfaltspflichten gröblich verletzt, weil er außer Acht gelassen hatte, was jedem durchschnittlich Denkenden einleuchten musste und was auch dem Kläger eingeleuchtet hätte, nämlich, dass er durch die Kündigung zum 31.08.2014 und mangels sicheren Anschlussarbeitsplatzes bzw. sicherer Anschlussaus-/fortbildung sicher arbeitslos sein würde.

Dass er gehofft hatte, in dem im September 2014 beginnenden Ausbildungsjahr eine betriebliche Ausbildung beginnen zu können vermag weder (bedingten) Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit auszuschließen. Denn der Kläger wusste, dass er trotz seiner angeblich 25 bis 30 Bewerbungen, von denen er keine nachgewiesen hatte, keinen Ausbildungsvertrag zum 01.09.2014 hatte, noch nicht einmal eine Zusage oder eine Einladung zu einem näheren Vorstellungsgespräch, wollte aber dennoch das Beschäftigungsverhältnis zum 31.08.2014 beenden. Das genügt nach der Rechtsprechung des BSG (13.08.1986 – 7 RAr 1/86 – SozR 4100 § 119 Nr. 28 = juris) nicht. Denn nur dann, wenn der Arbeitslose bei Lösung des Beschäftigungsverhältnisses einen Anschlussarbeitsplatz oder eine konkrete Aussicht auf einen solchen Arbeitsplatz hat, handelt er nicht grob fahrlässig (BSG a.a.O.). Eine solche konkrete Aussicht hatte der Kläger jedoch zu keinem Zeitpunkt; die bloße Hoffnung – der Kläger setzte insoweit sogar erst auf eine Zusage "im Rahmen der zweiten Auswahl kurz vor Beginn des Ausbildungsjahres" und die Last-Minute-Stellenbörse der IHK – genügt nicht.

Auch das Wissen, ein Jahr zuvor durch die Beklagte die Möglichkeit einer überbetrieblichen Ausbildung bekommen zu haben, lässt Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nicht entfallen, denn dem Kläger war klar, dass er bei Arbeitslosmeldung am 28.08.2014 keine geförderte Ausbildung ab dem 01.09.2014 aufnehmen würde können.

Damit hat der Kläger vorsätzlich, zumindest grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit ab 01.09.2014 herbeigeführt.

Für sein Verhalten kann er sich auch nicht auf einen wichtigen Grund berufen.

Ein solcher ist anzuerkennen, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen des Arbeitslosen mit denjenigen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten nicht zugemutet werden konnte; die Sperrzeit setzt somit ein subjektiv vorwerfbares Verhalten voraus (BSG 25.08.2011 - B 11 AL 30/10 R - juris). Solches kann der Senat nicht feststellen.

Soweit der Kläger gesundheitliche Beschwerden geltend macht, so hat er diese nicht nachgewiesen. Zwar ist es einem Arbeitnehmer grundsätzlich nicht zuzumuten, auf Kosten seiner Gesundheit eine Arbeit zu verrichten (BSG 21.10.2003 – B 7 AL 92/02 RSozR 4-4300 § 144 Nr. 4 = juris RdNr. 18). Es ist für den Senat auch durchaus nachvollziehbar, dass eine Tätigkeit in der Gastronomie, die mit Stress, Lärm, langen Arbeitszeiten und körperlichen, wie psychischen Stressoren einhergeht, durch den Kläger als belastend empfunden wurde. Auch will der Senat nicht ausschließen, dass der Kläger Symptome einer Erkrankung gezeigt hat, wie den angegebenen Tinnitus. Dass er aber auf Kosten seiner Gesundheit gearbeitet hatte, also nicht nur vorübergehend arbeitsunfähig war, sondern auf Dauer eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes verursacht worden wäre, konnte der Senat nicht feststellen. Denn der Kläger hat selbst dargelegt, wegen seiner Gesundheitsstörungen nicht beim Arzt gewesen zu sein. Arbeitsunfähigkeit bzw. eine dauerhafte bzw. zeitweise Erkrankung, die den Gesundheitszustand dauerhaft zu verschlechtern droht, ist daher nicht objektiviert. Auch kann der Senat alleine aufgrund der Angaben des Klägers eine Erkrankung von einem solchen Ausmaß, dass dies die schnelle Aufgabe der Beschäftigung rechtfertigen würde, nicht feststellen. Alleine die subjektiven Angaben, die lediglich durch die Vorlage von Fitnessstudio-/Rückenschulungsrechnungen untermauert werden sollen, genügen nicht um ein Arbeiten "auf Kosten der Gesundheit" annehmen zu können. Denn aus diesen Rechnungen ist kein Anhalt für Art und Umfang der Erkrankung sowie deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit zu entnehmen. Nachdem der Kläger aber auch nicht um eine Änderung der Arbeitsbedingungen beim Arbeitgeber nachgesucht hatte, konnte auch den vom SG eingeholten Zeugenauskünften hierzu nichts zu Gunsten des Klägers Verwertbares entnommen werden.

Der Senat kann auch nachvollziehen, dass die Arbeitsbedingungen in der Bowling Arena S. O. nicht gerade einfach waren. Dennoch rechtfertigen diese es nicht, die Beschäftigung dort ohne die Sicherheit eines Anschlussarbeitsplatzes zu beenden. Denn nach der Rechtsprechung des BSG (02.05.2012 – B 11 AL 18/11 R – SozR 4-4300 § 144 Nr. 24 = juris RdNr. 20) sind einem Arbeitslosen grundsätzlich alle seiner Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit nicht entgegenstehen; aus allgemeinen Gründen ist eine Beschäftigung insbesondere nicht zumutbar, wenn die Beschäftigung (u.a.) gegen gesetzliche oder tarifliche Bestimmungen über Arbeitsbedingungen verstößt.

Nach der Rechtsprechung des BSG (06.02.2003 – B 7 AL 72/01 RSozR 4-4100 § 119 Nr. 1 = juris RdNr. 18, 19) ist es dem Kläger insoweit aber vorzuwerfen, dass er sich vor der Kündigung nicht mit seiner Arbeitgeberin in Verbindung gesetzt hat, um die arbeitsrechtliche Situation zu bereinigen. Weder der Kläger hat einen solchen Versuch vorgetragen noch konnte der Senat den Zeugenauskünften der Vorgesetzten und Kollegen des Klägers gegenüber dem SG solche Versuche entnehmen. Ob die Verstöße gegen die Arbeitszeiten bzw. die Pausenregelungen von der Arbeitgeberin veranlasst worden sind, ist dabei unerheblich. Solange der Kläger nicht zunächst versucht, die als Missstände empfundenen Zustände im Gespräch mit seiner Arbeitgeberin zu beseitigen und Abhilfe zu schaffen, kann er sich für die Herbeiführung des Versicherungsfalles der Arbeitslosigkeit nicht auf einen wichtigen Grund berufen. Denn auch im Hinblick auf das Innehaben eines unbefristeten Arbeitsplatzes und der Möglichkeit, dass die Arbeitgeberin Missstände abstellt, ist es dem Kläger zuzumuten, zuerst diese Schritte vor Herbeiführung der Arbeitslosigkeit zu unternehmen. Insoweit ist auch nicht ersichtlich, dass die Arbeitgeberin ein Gespräch abgelehnt hätte oder ein solches unzumutbar gewesen wäre. Vielmehr hat der vom SG vernommene Geschäftsführer bestätigt, dass er mit dem Kläger gearbeitet hatte und dabei die Möglichkeit bestanden hätte, die vom Kläger als belastend empfundenen Umstände anzusprechen. Selbst wenn die überwiegende Mehrzahl der Arbeitgeber in der Branche tatsächlich Arbeitszeitüberschreitungen dulden bzw. verlangen würde, so ist doch nicht von vornherein anzunehmen, dass sich gerade die Arbeitgeberin des Klägers gänzlich einer Problemlösung im Rahmen eines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses verschließen würde bzw. verschlossen hätte (vgl. dazu BSG 06.02.2003 – B 7 AL 72/01 RSozR 4-4100 § 119 Nr. 1 = juris RdNr. 18, 19). Indem der Kläger meinte, einen Abhilfeversuch unterlassen zu können, verzichtete er von sich aus auf die Möglichkeit, eine für die Solidargemeinschaft verträglichere Lösung zu finden als die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit mit den sich daraus ergebenden Leistungsansprüchen.

Ein Versuch zur Beseitigung der Missstände kann nur dann nicht erwartet werden, wenn der Kläger auf Grund individueller Umstände, z.B. eines entsprechenden Verhaltens seiner Arbeitgeberin, das über das bloße Dulden bzw. Akzeptieren von Arbeitszeitüberschreitungen hinausgeht, annehmen durfte, dass ein Lösungsversuch im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses keine Aussicht auf Erfolg haben werde (BSG 06.02.2003 – B 7 AL 72/01 RSozR 4-4100 § 119 Nr. 1 = juris RdNr. 19). So ist ein Versuch zur Beseitigung des berechtigten Grundes unzumutbar (BSG 06.02.2003 – B 7 AL 72/01 RSozR 4-4100 § 119 Nr. 1 = juris RdNr. 19), wenn er von vornherein aussichtslos ist. Entscheidend ist allerdings nicht, ob der Arbeitgeber dem Ansinnen Rechnung getragen hätte, sondern ob die Umstände des Einzelfalls, hier also insbesondere das Verhalten des Arbeitgebers, die Annahme rechtfertigte, eine Vorsprache habe keinerlei Aussicht auf Erfolg (BSG 06.02.2003 – B 7 AL 72/01 RSozR 4-4100 § 119 Nr. 1 = juris RdNr. 19). Nur dann wäre der Versuch zur Behebung des Missstands dem Arbeitnehmer unzumutbar und eine reine Förmelei. Für derartige Umstände sind keine Anhaltspunkte gegeben; selbst der Kläger hat dies nicht vorgetragen, auch die vom SG vernommenen Zeugen haben solches nicht angedeutet, sodass unzureichende Arbeitsbedingungen beim Kläger keinen wichtigen Grund für sein die Arbeitslosigkeit ab 01.09.2014 herbeiführendes Verhalten bilden.

Auch die Annahme und Aussicht auf die Förderung einer überbetrieblichen Ausbildung durch die Beklagte begründet keinen wichtigen Grund. Zwar war ca. ein Jahr zuvor (!) dem Kläger ein Angebot zur Förderung einer solchen überbetrieblichen Ausbildung gemacht worden, das der Kläger aber abgelehnt hatte. Insoweit brauchte der Senat die Arbeitsvermittlerin des Klägers, Frau R. , nicht als Zeugin zu vernehmen, denn der Senat konnte als wahr unterstellen, dass der Kläger im Hinblick auf die Aufnahme einer Beschäftigung 2013 und auch 2014 förderungsbedürftig war. Er hatte aber diese Förderung im Jahr 2013 abgelehnt und wollte auf eigene Verantwortung eine betriebliche Ausbildung suchen, was ihm auch im Jahr 2014 nicht gelungen war. Aus der Förderbedürftigkeit im Jahr 2013 kann aber - bei Ermessenleistungen (vgl. § 81 Abs. 1 SGB III) - nach Ablehnung durch den Kläger selbst nicht auf das Vorliegen einer Förderzusage oder gar einer weiteren Förderung auch im Jahr 2014 geschlossen werden. Dass der Kläger die Förderung 2013 abgelehnt hatte, weil er eine betriebliche Ausbildung gesucht hat und die Beschäftigung in der Bowling Arena S. nur zur Überbrückung aufgenommen hat, kann der Senat als wahr unterstellen, führt aber rechtlich zu keiner anderen Beurteilung.

Auch dass der Kläger nach Eintritt von Arbeitslosigkeit zum 01.09.2014 von der Beklagten erneut die Möglichkeit der Förderung mittels eines Bildungsgutscheines erhalten hatte, begründet keinen wichtigen Grund. Denn der Kläger konnte zum Zeitpunkt der Herbeiführung und des Eintritts der Arbeitslosigkeit am 08.07.2014 bzw. am 01.09.2014 nicht sicher sein, erneut gefördert zu werden, zumal er eine solche Förderung zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht (wieder) begehrt hatte. Insoweit wäre es dem Kläger möglich und zumutbar gewesen, erst bei der Beklagten die Voraussetzungen einer Förderung und den sicheren Beginn der Weiterbildungsmaßnahme mit dem Maßnahmeträger zu klären und erst dann das Beschäftigungsverhältnis zu beenden. Das hat er aber nicht getan.

Zwar hatte sich der Kläger nach seiner am 08.07.2014 ausgesprochenen Kündigung am 10.07.2014 in der Jobbörse arbeitsuchend gemeldet mit dem Status "Erwerbstätig" "voraussichtlich arbeitslos ab 01.09.2014". Er hat auch angegeben, eine Ausbildung zum Industriekaufmann machen zu wollen und falls er keine betriebliche Ausbildungsstelle finde, gerne an einer Umschulung zum Industriekaufmann teilnehmen zu wollen. Jedoch ist dem Beratungsvermerk vom 02.09.2014 zu entnehmen, dass er noch immer bemüht war eine betriebliche Umschulung/Ausbildung zu erreichen, sodass die Arbeitsvermittlerin als Ziel festgelegt hatte "Aufnahme Beschäftigung 1. Arbeitsmarkt lokal". Erst am 15.09.2014 bat der Kläger um Ausstellung eines Bildungsgutscheines für die Maßnahme "kfm. Spe. & Logistik" bei der DAA S. Nord (vgl. Bearbeitervermerk vom 22.09.2014), was er mit Email vom 22.09.2014 bestätigte.

Hat der Kläger sich daher erst nach Eintritt der von ihm selbst herbeigeführten Arbeitslosigkeit entschlossen, die Aus-/Weiterbildungsförderung durch die Beklagte in Anspruch zu nehmen, so begründet die Aus-/Weiterbildungsbedürftigkeit und die mögliche Förderung durch die Beklagte keinen wichtigen Grund zur Aufgabe der unbefristeten Beschäftigung zum 01.09.2014. Daran ändern auch die Eingliederungsvereinbarungen aus dem Jahr 2013 nichts, denn deren Wirkung ist mit Aufnahme der Beschäftigung ab dem 01.11.2013 erloschen.

Damit hat der Kläger keinen wichtigen Grund für die vorsätzlich bzw. zumindest grob fahrlässig durch Aufgabe der Beschäftigung zum 01.09.2014 herbeigeführte Arbeitslosigkeit.

Es ist eine Sperrzeit eingetreten, die nach § 159 Abs. 2 Satz 1 SGB III mit dem Tag nach dem Ereignis beginnt, das die Sperrzeit begründet. Die Sperrzeit beginnt damit mit dem Tag des Eintritts der Arbeitslosigkeit am 01.09.2014 und dauert nach § 159 Abs. 3 Satz 1 SGB III 12 Wochen.

Die Sperrzeit verkürzt sich vorliegend nicht nach § 159 Abs.3 Satz 2 SGB III. Nach dieser Vorschrift verkürzt sich die Sperrzeit 1. auf drei Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte, 2. auf sechs Wochen, wenn a. das Arbeitsverhältnis innerhalb von zwölf Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, ohne eine Sperrzeit geendet hätte oder b. eine Sperrzeit von zwölf Wochen für die arbeitslose Person nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

Vorliegend hätte das Arbeitsverhältnis mit der Bowling Arena S. O. weder innerhalb von sechs Wochen nach dem Ereignis, das die vorliegende Sperrzeit begründet hatte, geendet, noch innerhalb von zwölf Wochen nach diesem Ereignis.

Der Eintritt der Sperrzeit von zwölf Wochen stellt für den Kläger nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen auch keine besondere Härte dar. Zwar verliert er mit der Sperrzeit von 12 Wochen seinen Rechtsanspruch auf Alg aus der vorangegangenen Arbeitslosigkeit und damit den Anspruch auf Alg bei Weiterbildung i.S.d. § 136 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. §§ 137, 138 und 144 SGB III. Doch war nach den bei Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen, mithin bei Kündigung bzw. Eintritt der Arbeitslosigkeit für den Kläger noch nicht sicher, ob er überhaupt eine von der Beklagten geförderte Aus-/Weiterbildung anstreben will, wie sich aus dem Kontakt zwischen dem Kläger und der Beklagten im August und September 2014 (s.o.) ergibt. Erst deutlich nach Eintritt der Arbeitslosigkeit – nämlich am 15.09.2014 - hatte sich der Kläger für eine durch die Beklagte geförderte Maßnahme entschieden. Soweit dies aber nicht für die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit ab 01.09.2014 (mit)ursächliches Motiv war, kann dies auch nicht eine besondere Härte begründen. Dass sich die Sperrzeit wegen des damit verbundenen Verlustes des Anspruchs auf Alg bei Weiterbildung als besonders hart darstellt, war damit nicht zum Zeitpunkt des sperrzeitbegründenden Verhaltens bzw. bei Eintritt der Arbeitslosigkeit und Beginn der Sperrzeit am 01.09.2014 besonders hart, sondern hat sich erst so ergeben, als der Kläger am 15.09.2014 sich für eine Aus-/Weiterbildung durch die Beklagte entschieden hatte. Dass sich aber eine Sperrzeit erst nachträglich als hart herausstellt, genügt nicht, denn § 159 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b) SGB III stellt für die Beurteilung der besonderen Härte auf den Zeitpunkt der für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen ab.

Die Sperrzeit von 12 Wochen ab dem 01.09.2014 mindert nach § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III die Dauer des Alg-Anspruchs um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe; in Fällen einer Sperrzeit von zwölf Wochen mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer, die der oder dem Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung der Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, zusteht. Der Kläger hatte ursprünglich eine Alg-Anspruchsdauer von 180 Kalendertagen, von denen ab dem 01.09.2014 noch 79 nicht verbraucht waren. Damit mindert sich die Anspruchsdauer vorliegend um (12 x 7 Tage =) 84 Tage; auf die Mindestminderung nach § 148 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 SGB III kommt es vorliegend nicht an.

Hatte der Kläger aber – wovon der Senat nach eigener Prüfung überzeugt ist – am 01.09.2014 nur noch einen Anspruch auf Alg für 79 Tage und mindert sich dieser Anspruch wegen der 12-wöchigen Sperrzeit um 84 Tage, so stand dem Kläger ab dem 01.09.2014 kein Alg-Anspruch mehr zu. Vorliegend treffen Ruhenszeit nach § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB II und Minderung der Anspruchsdauer nach § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III zusammen. Das führt aber nicht dazu, dass der Anspruch erst nach Ablauf des Ruhenszeitraumes entfällt und bis dahin lediglich ruht, vielmehr tritt die Wirkung der Minderung der Anspruchsdauer bereits ab Eintritt des Ereignisses, das die Sperrzeit begründet, ein. Insoweit gilt wegen der Sperrzeit mit Wirkung ab dem Tag des Ereignisses, das die Sperrzeit begründet, der Alg-Anspruch aufgrund der Regelung nach § 148 Abs.1 Nr. 4 SGB III als erfüllt und entfallen. Insoweit greift die Minderung der Anspruchsdauer in den Grenzen des Abs. 2 Satz 2 Kraft Gesetzes immer (Lüdtke in LPK-SGB III, 2. Auflage, § 148 RdNr. 13). Da der Anspruch mithin schon mit Wirkung ab dem Eintritt der Sperrzeit am 01.09.2014 zum Erlöschen gekommen ist, stand dem Kläger weder ab dem 01.09.2014 noch zum Beginn der Aus-/Weiterbildung ab dem 29.09.2014 ein zumindest ruhendes Stammrecht auf Alg zu. Er hat damit weder ab dem 01.09.2014 noch ab dem 29.09.2014 einen Anspruch auf Alg, der damit auch nicht nach Ablauf einer Ruhenszeit von 12 Wochen während der Aus-/Weiterbildung zu einem Zahlungsanspruch auf Alg bei Weiterbildung (vgl. § 144 SGB III) erstarken konnte.

Damit war die Berufung des Klägers im Haupt- und im Hilfsantrag unbegründet und zurückzuweisen.

Dem Hilfsbeweisantrag auf Vernehmung der Bediensteten R. hat der Senat nicht stattgegeben. Auf die unter Beweis gestellten Tatsachen ist es nicht angekommen, wie oben dargelegt worden ist; der Senat hat die Tatsachen als wahr unterstellt seiner Beurteilung zugrunde gelegt. Dennoch konnte der Senat den streitigen Alg-Anspruch nicht feststellen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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