L 6/7 KA 79/04

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 27 KA 101/04
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6/7 KA 79/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 21/06 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger haben der Beklagten auch deren notwendige außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten und tragen die Gerichtskosten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Regress in Höhe von 2.347,10 EUR wegen fehlerhafter Versorgung mit Zahnersatz der bei der Beigeladenen versicherten E. (geb. 1948; im Folgenden: die Versicherte).

Der Kläger und die Klägerinnen sind als Zahnärzte/-innen zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen und führen eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt.

Aufgrund des Heilkostenplanes vom 1. August 2002, den die Beigeladene am 22. August 2002 mit einem Kassenanteil in Höhe von 2.347,10 EUR genehmigt hatte, gliederte der Kläger zu 1) bei der Versicherten Zahnersatz im Unterkiefer ein und versorgte die Zähne 34, 33, 42 und 43 mit Kronen. Die Beklagte zahlte hierfür einen Zuschuss in Höhe des Kassenanteiles von insgesamt 2.347,10 EUR. Die Versicherte wandte sich wegen der Unzulänglichkeit des Zahnersatzes an die Beigeladene und teilte unter dem 23. November 2002 mit, am 7., 14., 21. und 28. Oktober 2002 hätten Nachbehandlungen stattgefunden und am 14. November 2002 eine weitere Sitzung. Trotz ihrer Beanstandungen und Beschwerden sei der Zahnersatz nicht funktionstüchtig gewesen. U.a. machte sie geltend, sie habe das Gefühl, die ganze Kraft liege auf den beiden überkronten Zähnen. Manchmal beiße sie sich beim Kauen auf die Lippe oder ins Zahnfleisch; es gelinge gelegentlich auch nicht den Zahnersatz herauszunehmen. Sie habe Beschwerden beim Zähneputzen sowie beim Kauen das Gefühl, dass sich der Zahnersatz auf der gegenüberliegenden Seite leicht anhebe. Auch sei rechts unten eine Stelle, die sie mit der Zunge berühre, was sie als störend empfinde.

Die Beigeladene leitete das Gutachtenverfahren ein und beauftragte am 5. Dezember 2002 den Zahnarzt Dr. F., F-Stadt, mit der Erstellung eines Gutachtens. In seinem Gutachten vom 19./20. Dezember 2002 stellte Dr. F. fest, dass bei Inspektion der Mundhöhle eine formale und farbliche Diskrepanz zwischen den hergestellten Kronen und den unversorgten und Kiefer-Frontzähnen festzustellen sei. Die Palpation der teilweise freiliegenden Kronenränder löse extreme Überempfindlichkeitsreaktionen aus. Im Hinblick auf diese sowohl formalen als auch farblichen Mängel und das Bestehen von Hypersensibilitäten im Kronenrandbereich erscheine eine Nachbesserung des Zahnersatzes nicht Erfolg versprechend; vielmehr sei die Erneuerung der gesamten prothetischen Arbeit unumgänglich.

Der Kläger, hierzu gehört, machte u.a. geltend, er könne die formale und farbliche Diskrepanz nicht nachvollziehen. Auch sei die Farbauswahl von der Versicherten bei der Eingliederung nicht bemängelt worden. Die Notwendigkeit einer Neuanfertigung könne er nicht nachvollziehen, weshalb er ein Obergutachten wünsche.

Mit diesem Obergutachten beauftragte die Beigeladene sodann den medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) in Hessen, wo Dr. G. in G-Stadt nach einer Untersuchung der Versicherten am 20. Februar 2003 in seinem Gutachten vom 7. März 2003 zu dem Ergebnis gelangte, dass der Unterkieferzahnersatz nicht fehlerfrei und insbesondere nicht funktionsfähig sei. Eine Instandsetzung bzw. Wiederherstellung des Zahnersatzes sei befundgerecht praktisch nicht mehr ausführbar, da die vorhandenen Mängel eine Neuanfertigung des gesamten Zahnersatzes erforderlich machen würden. U.a. wurden Mängel in der Kronenrandgestaltung angemerkt, die eine vollständige Neuversorgung im Unterkiefer notwendig machen würden.

Der Kläger erkannte auch das Obergutachten – u.a. unter Verfahrensgesichtspunkten – nicht an, da der MDK für ihn nicht zuständig sei. Er erklärte sich jedoch bereit, die Arbeit zu erneuern.

Unter dem 13. Mai 2003 forderte nunmehr die Beklagte von dem Kläger eine Stellungnahme an mit dem Hinweis, dass der von der Beigeladenen geltend gemachte Regressanspruch offensichtlich gerechtfertigt sei. Der Kläger erwiderte daraufhin mit einem am 28. Mai 2003 eingegangenen Schreiben, selbst bei Unbrauchbarkeit – die er bezweifele - des Zahnersatzes stehe ihm ein Recht zur Nachbesserung zu (unter Hinweis auf ein Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 24. Febr. 1999 – L 12 Ka 522/97 -). Er habe seine Bereitschaft hierzu erklärt, wobei die Behandlung ggfs. auch durch eine der Praxiskolleginnen erfolgen könne. Eine Rückbuchung des gezahlten Betrages zugunsten der Krankenkasse werde er nicht hinnehmen.

Die Beklagte lehnte daraufhin zunächst gegenüber der Beigeladenen die Durchsetzung eines Schadensersatzanspruches ab. Streitig blieb hierbei vor allem die Frage, ob die Versicherte ihre Rüge ausreichend geltend gemacht habe und insbesondere die Funktionstüchtigkeit der Prothetik in Frage gestellt habe. Strittig blieb auch, ob die Möglichkeit zur Nachbesserung eingeräumt worden sei und ob eine Neuversorgung auch durch den Kläger zu 1) hätte durchgeführt werden können. Die Beigeladene forderte unter dem 31. Juli 2003 die Beklagte nunmehr förmlich auf, den Regress geltend zu machen. Nachdem Vergleichsverhandlungen (Vorschlag vom 22. August 2003) gescheitert waren, sich die Beigeladene erneut auf das Obergutachten von Dr. G. berufen und die Beklagte sich diese Position zu eigen gemacht hatte, forderte die Beklagte mit Bescheid vom 12. November 2003 den Betrag von 2.347,10 EUR als Schadensersatz von den Klägern zurück. Der Kläger zu 1) erhob Widerspruch, bestritt weiterhin die Fehlerhaftigkeit der Prothetik und machte weiterhin geltend, ihm sei die Möglichkeit zur Nachbesserung, zu der er unverändert bereit sei, nicht eingeräumt worden.

Den Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2003, dem Kläger zugestellt am 12. Dezember 2003, mit einer Begründung zurück, die auf den Ausgangsbescheid verwies.

Hiergegen haben die Kläger am 8. Januar 2004 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben und vorgetragen, die Versicherte hätte ihnen nach maßgeblichen zivilrechtlichen Vorschriften eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung setzen müssen. In einem Gespräch am 10. Dezember 2002 sei von Seiten der Kläger angeboten worden, eine neue Unterkieferprothese herzustellen. Dies habe die Patientin abgelehnt. Die Mängel seien auch nicht auf die Arbeit der Kläger zurückzuführen, vielmehr handele es sich um Mängel des Labors. Eine Nachbesserung sei auch möglich und werde von der Schadensminderungspflicht der Versicherten gefordert. Es handele sich im Wesentlichen um kosmetische Mängel, die Funktionsfähigkeit sei nicht bemängelt worden. Eine individuelle Farbgestaltung habe die Patientin wegen der Zusatzkosten abgelehnt. Die Patientin sei erstmals am 1. Oktober 2002 zur Kontrolle erschienen und habe erklärt, dass sie mit der Prothese nicht zurecht komme. Nachdem die Versicherte zunächst von der Klägerin zu 3) am 7. Oktober 2002 wegen Druckschmerzen behandelt worden sei, habe die Versicherte erst später, nämlich am 10. Oktober 2002, die Farbdiskrepanz moniert. Die Beklagte hat entgegnet, der Zahnersatz sei offenbar unbrauchbar gewesen und nach mehreren Nachbesserungsversuchen habe die Versicherte den Behandlungsvertrag kündigen können. Ein Angebot zur Neuanfertigung vom 10. Oktober 2002 ergebe sich aus der geführten Korrespondenz nicht; auch habe an diesem Tage keine Behandlung stattgefunden. Zu Recht habe die Versicherte die Neuanfertigung abgelehnt, zumal ihr am 3. Juli 2004 mit Genehmigung und auf Kosten der Beigeladenen ein neuer Zahnersatz eingegliedert worden sei.

Mit Beschluss vom 11. Februar 2004 hat das Sozialgericht die Krankenkasse beigeladen. Durch Urteil vom 7. Juli 2004 hat das Sozialgericht – in der Besetzung mit zwei Kassenzahnärzten als ehrenamtliche Richter - die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht u.a. ausgeführt, es handele sich bei dem Regressanspruch um eine öffentlich-rechtliche Schadensersatzpflicht der Kläger wegen mangelhafter Prothetikleistung. Aus dem Kassenzahnarztverhältnis ergebe sich, dass der Kassenzahnarzt gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, der Beklagten, verpflichtet sei, nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst zu handeln und Vermögensnachteile zu vermeiden, die typischerweise bei solchen Regelverletzungen entstehen könnten. Ein solcher Schadensersatzanspruch bestehe, wenn der Versicherte aufgrund eines schuldhaft vertragswidrigen Verhaltens des Zahnarztes zur Kündigung veranlasst worden sei. Zur Überzeugung des Gerichts sei das Behandlungsergebnis fehlerhaft und nicht nachbesserungsfähig gewesen, was sich auch aus dem im Wege des Urkundenbeweises zu berücksichtigenden Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren ergebe. Zu Recht habe die Beklagte darauf hingewiesen, dass ein Nachbesserungsrecht dann nicht mehr bestehe, wenn der angefertigte Zahnersatz gänzlich und von Anfang an unbrauchbar sei und deshalb neu angefertigt werden müsse. Insofern sei der Beigeladenen ein Schaden in Höhe der Kosten entstanden, die sie für den mangelhaften Zahnersatz als Kassenanteil aufgewendet habe. Die Versicherte müsse sich auch nicht auf ein Recht zur Neuanfertigung durch die Kläger verweisen lassen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Kläger der Patientin seinerzeit eine Neuanfertigung angeboten hätten; bei der Unbrauchbarkeit des zuerst erstellten Zahnersatzes und bei Unzumutbarkeit weiterer Nachbesserungsarbeiten liege jedenfalls ein Kündigungsgrund für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor.

Gegen das seinem Bevollmächtigten am 21. Juli 2004 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil richtet sich die am 17. August 2004 beim Hessischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Der Kläger macht u.a. geltend, die Versicherte hätte ein Nachbesserungsrecht auch tatsächlich geltend machen müssen, was aber nicht geschehen sei. Für die Einzelheiten wird insoweit auf die Berufungsbegründung vom 16. August 2004 (Bl. 68 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Die Kläger/-innen beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 7. Juli 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 12. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladene hat sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen.

Für den Sach- und Streitstand im Übrigen wird Bezug genommen auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Beigeladenen (2 Hefter) sowie auf die Sozialgerichtsakte, die sämtlich dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats am 7. Dezember 2005 gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) sowie statthaft, weil Ausschließungsgründe im Sinne der §§ 143, 144 SGG nicht vorliegen, und somit insgesamt zulässig.

Der Senat entscheidet – in ausdrücklicher Übereinstimmung mit den Verfahrensbeteiligten - in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Vertragszahnärzte und aus dem Kreis der Krankenkassen, weil es sich - anders als nach der vom Sozialgericht offenbar zu Grunde gelegten Auffassung – um eine Angelegenheit des Vertrags(zahn)arztrechts im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 SGG und nicht um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt. Wie das Bundessozialgericht (BSG) entschieden hat (Urteil vom 3. Dezember 1997 - 6 RK 40/96 – kurz Wiedergabe in SGB 1998, 109 f.; vergleiche auch Maier/Ladewig-Keller SGG, Kommentar, 8. Auflage § 12 Rdnr. 7d), ist bei einem Rechtsstreit über die Festsetzung eines Schadensregresses durch eine Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) gegenüber dem Vertragszahnarzt wegen mangelhafter vertragszahnärztlicher Leistung das Gericht mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenzahnärzte zu besetzen (so der Orientierungssatz der Entscheidung in juris). Zwar hat vorliegend die im Verhältnis zu ihrem Mitglied, dem Kläger zu 1), übergeordnete Verwaltungsstelle, die KZÄV, alleine entschieden, weshalb an sich eine Besetzung des Gerichts entsprechend der Zusammensetzung der Verwaltungsstelle, welche den streitbefangenen Verwaltungserlass erlassen hat, nahe liegen würde (BSGE 70, 285, 286 ff.; BSG in: SozR 3 – 5555 § 13 Nr. 1; vergl. auch Wenner, NZS 1999, S. 172 ff.). Es handelt sich auch nicht um einen Rechtsstreit der Krankenkasse (der hier Beigeladenen) gegen eine KZÄV (hier der Beklagten), wie in der Fallgestaltung im Urteil des BSG vom 3. Dezember 1997 (a. a. O.). Da ein solcher Schadensregress aber – wie vorliegend – nur auf Initiative und Betreiben der Beigeladenen aufgegriffen und geltend gemacht werden konnte, geht der Senat von einer vertragszahnarztrechtlichen Angelegenheit aus, weshalb er wegen fortbestehender Zweifel in dieser Angelegenheit die sog. Paritätische Besetzung für geboten hielt, wie nur mittels der "Außenbeziehung" zur Beigeladenen der Regress zustande kommen kann.

In der Sache ist das Urteil des Sozialgerichts nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat den Schadensregress zu Recht durch Verwaltungsakt festgesetzt, wozu sie gemäß § 12 des EKV-Z (in der seiner Zeit maßgeblichen Fassung, vgl. jetzt § 25 Abs. 2 EGK-Z) auch berechtigt war.

Die Kläger haben der Beigeladenen den Schaden zu ersetzen der durch die fehlerhafte Zahnprothetikbehandlung entstanden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG besteht eine öffentlich-rechtliche Schadensersatzpflicht des Vertragszahnarztes wegen mangelhafter Prothetikleistung aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung des EKV Z, welche – ungeschadet der notwendigen Beteiligung der Beigeladenen – von der Beklagten auch durch Verwaltungsakt festgesetzt werden kann (BSG, Urteil vom 21.4.1993 – 14a RKa 6/92 - = SozR 3 – 5555 § 15 Nr. 1; Urteil vom 20. Mai 1992 14a RKa 9/90 – SozR 3 - 5555 § 12 Nr. 3). Aus dem mit Rechten und Pflichten versehenen Kassenzahnarztverhältnis ergibt sich, dass der Kassenzahnarzt gegenüber seiner KZÄV verpflichtet ist, durch die Einhaltung der Regel der zahnärztlichen Kunst Vermögensnachteile, die typischer Weise aus solchen Regelverletzungen resultieren können, vom Versicherungsträger – d. h. der hier Beigeladenen – abzuwehren (BSGE 55, 144 ff.; SozR 3 - 5555 § 12 Nr. 1 und 2). Ein solcher Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass der Versicherte aufgrund eines schuldhaften, vertragswidrigen Verhaltens des Zahnarztes unzulänglich behandelt worden ist und zur Beendigung bzw. Kündigung des Behandlungsverhältnisses veranlasst worden ist. Dazu genügt noch nicht allein die Tatsache, dass die im Rahmen der dem Zahnarzt obliegenden Dienstleistung erbrachte Leistung mit Mängeln behaftet ist. Erforderlich ist ein zur Kündigung berechtigendes schuldhaftes, rechtswidriges Verhalten des Zahnarztes, das dann vorliegt, wenn das Arbeitsergebnis unbrauchbar ist und eine Nachbesserung entweder nicht möglich oder dem Versicherten nicht zumutbar erscheint (vergl. BSG, Urteil vom 2. Dezember 1992 14a RKa 43/91 – SozR 3 - 5555 § 9 Nr. 1).

Die Voraussetzungen zur Geltendmachung eines solchen Schadensersatzes liegen vorliegend zum Nachteil der Kläger, insbesondere des Klägers zu 1), vor. Der in der zahnärztlichen Verantwortung des Klägers erstellte und eingegliederte Zahnersatz für den Unterkiefer der Versicherten war unbrauchbar. Das hat der Klägerbevollmächtigte auf gezielten Nachfragen des Vorsitzenden in der sozialgerichtlichen mündlichen Verhandlung auch selbst ausdrücklich eingeräumt. Bestätigt wird diese Tatsachenfeststellung und Bewertung durch zwei unabhängig voneinander tätige sachverständige Zahnärzte im Verwaltungsverfahren. Den Senat überzeugen die hierzu getroffenen Feststellungen des Sozialgerichts uneingeschränkt. Sind auch nicht verfahrensfehlerhaft zu Stande gekommen; das Sozialgericht konnte die in den Akten vorgefunden und den Beteiligten bekannten Gutachten im Wege des Urkundenbeweises einführen, würdigen und seiner Entscheidung zu Grunde legen.

Damit beschränkt sich der Streit vorliegend auf die Frage, ob die Kläger deshalb ganz (oder jedenfalls teilweise) von der Erstattungspflicht freizustellen waren – mithin ein Schadensersatzanspruch nicht besteht – weil die Versicherte und/oder auch die Beigeladene einer Schadensminderungspflicht nicht nachgekommen sind, weil sie den Klägern nach deren Auffassung nicht hinlänglich die Möglichkeit zur Nachbesserung bzw. Neuanfertigung des Zahnersatzes gegeben haben.

Der Senat kann hier dahin gestellt sein lassen, nach welchen Rechtsgrundsätzen das Verhältnis der Versicherten zu den Klägern ausgestaltet ist. Geht man von einem rein privatrechtlichen Dienstvertrag zwischen dem/den Kläger/n und der Versicherten aus, wonach die Kläger nicht das "Werk" Zahnersatz schuldete, sondern eine zahnärztliche Behandlung nach dem guten zahnmedizinischen Standard (und insoweit auch für Fehler des Zahnlabors zu haften hatten), so stand der Versicherten jedenfalls nach wiederholter Ablehnung der von ihr verlangten Mängelbeseitigung ein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Behandlungsvertrages zu. Es war der Versicherten jedenfalls nicht zumutbar, nach einer mehrere Monate dauernden unzulänglichen Versorgung mit Zahnersatz weiter zuzuwarten. Die Versicherte hat die Beschwerden und die damit einhergehenden Schwierigkeit im sozialen Umlang im den an die Beigeladene gerichteten Schreiben hinlänglich und nachvollziehbar dargelegt.

Der Kläger zu 1) hat hingegen die Fehlerhaftigkeit des Zahnersatzes noch im Januar 2003 verneint und eine Neuanfertigung zunächst auch abgelehnt. Erstmals auf das Gutachten des Zweitgutachters hin, das der Kläger zu 1) mangels Zuständigkeit und aus formalen Gründen angegriffen hat, wurde überhaupt die Bereitschaft signalisiert, einen neuen Zahnersatz anfertigen zu lassen und einzugliedern. Zu diesem Zeitpunkt war die Versicherte jedoch bereits rund vier Monate im Unklaren darüber gelassen worden, ob der Zahnersatz tatsächlich derart mangelhaft war, dass er völlig unbrauchbar war. Vor diesem Hintergrund und dem Zeitablauf war eine außerordentliche Kündigung des – bei unterstellt ausschließlich privat–rechtlicher Betrachtung - Behandlungsverhältnis geboten (§ 626 BGB). Sie ist auch – jedenfalls konkludent – mit hinreichender Klarheit (auf den Empfängerhorizont abgestellt) erfolgt.

Soweit an dem Behandlungsverhältnis als einem öffentlich-rechtlichen Dreiecks– (bzw. Vierecks) Verhältnis die Beigeladene mitzuwirken verpflichtet war, hat sie ebenfalls ihrer Mitwirkungspflicht zur Schadensminderung ausreichend genügt. Die Beigeladene hat unverzüglich ein Gutachtenverfahren eingeleitet; nachdem dieses die Unbrauchbarkeit des Zahnersatzes ergeben hatte, jedoch von den Klägern nicht akzeptiert worden war, hat sie eine Zweitbegutachtung veranlasst. Die hierüber verstrichene Zeit war derart lange, dass die Beigeladene auch berechtigt - und gegenüber ihrer Versicherten verpflichtet – war, der Versicherten eine andere zahnärztliche prothetische Behandlung zu verschaffen.

Der Schadensersatzpflicht der Kläger steht auch nicht entgegen, dass sich der Kläger zu 1) später bereit erklärt hat, die zahnärztliche Behandlung durch eine anderer Ärztin aus der Gemeinschaftspraxis durchführen zu lassen. Sich hierauf einzulassen war die Versicherte nicht verpflichtet; nach dem eingetretenen Vertrauensverlust war ihre eine erneute Behandlung in der Praxis der Kläger nicht zumutbar, zumal damit einhergehend die Auflage verbunden sein sollte, den Zahnersatz in demselben Labor fertigen zu lassen, das für die unzulängliche erste Prothese verantwortlich war.

Nach alledem waren die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Zahnersatzanspruchs zu Lasten der Kläger gegeben, was vom Sozialgericht zutreffend festgestellt worden ist, weshalb die Berufung keinen Erfolg haben konnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz sowie aus dem Gerichtskostengesetz in der hier maßgeblichen Fassung.

Der Senat hat die Revision im Hinblick auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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