Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 27 KA 2573/01
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6/7 KA 565/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 39/05 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Frankfurt am Main vom 22. April 2002 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen, soweit die sachlich-rechnerische Berichtigung streitbefangen ist.
Tatbestand:
Es geht in dem Rechtsstreit um Honorarkürzungen wegen sachlich-rechnerischer Berichtigungen von zuletzt noch DM 3.177,63 und wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise von zuletzt noch DM 212.169,38 in den Quartalen I/1997 bis I/2000.
Der 1949 geborene Kläger ist als Zahnarzt in A-Stadt seit 1991 niedergelassen und als Vertragszahnarzt zugelassen. In den streitbefangenen Quartalen sind bezüglich seiner gesetzlich versicherten Patienten folgende statistische Werte festzustellen (die Vergleichswerte der Fachgruppe sind in Klammern angegeben):
Quartal Patienten Punkte pro Fall Punkte nach Abzug der sachlich-rechnerischen Berichtigung Verbleibende Mehrkosten in Punkten Verbleibende Mehrkosten in %
I/97 181 (460) 149 (80) 147 67 83,3 %
II/97 194 (475) 170 (79) 163 84 106,3 %
III/97 166 (447) 178 (77) 174 97 126 %
IV/97 190 (523) 176 (72) 168 96 133,3
I/98 178 (469) 168 (81) 165 84 103,7 %
II/98 169 (449) 162 (79) 161 82 103,8 %
III/98 154 (442) 138 (79) 137 58 73,4 %
IV/98 173 (515) 153 (75) 153 78 104 %
I/99 163 (454) 188 (82) 187 105 128 %
II/99 198 (458) 197 (79) 197 118 149,4 %
III/999 192 (441) 168 (78) 168 90 115,4 %
IV/99 185 (523) 169 (72) 169 97 134,7 %
I/2000 211 (466) 160 (82) 160 78 95,1 %
Entsprechend dem Auswahlverfahren gemäß § 7 der Prüfvereinbarung wurde dem Kläger zunächst mitgeteilt, dass seine Praxis hinsichtlich der Quartale I/97 bis I/2000 im Bereich der konservierend-chirurgischen Leistungen auf Wirtschaftlichkeit geprüft werde und es wurde ihm aufgegeben, zu namentlich benannten Patienten sämtliche Aufzeichnungen und alle abgerechneten Röntgenaufnahmen mitzubringen. Die Belegfälle wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. Unter Teilnahme des Klägers erfolgte die Prüfsitzung am 4. Oktober 2000. Mit Beschluss von diesem Tag setzte der Prüfungsausschuss IV eine sachlich-rechnerische Berichtigung in Höhe von DM 3.601,70 sowie eine Honorarberichtigung in Höhe von DM 39.666,13 fest. Die sachlich-rechnerische Berichtigung bezog sich auf die Nr. Ä169 GOÄ (1965) und Ä172 GOÄ (1965) und deren gleichzeitige Abrechnung neben anderen chirurgischen Leistungen wie z.B. der Wurzelspitzenresektion oder Osteotomie für das gleiche Gebiet. Es wurden 34 Patienten aufgeführt mit den Punktzahlen in den entsprechenden Quartalen. Addiert ergaben sich daraus folgende Punktzahlen:
I/97 642 Punkte
II/97 1.165 Punkte
III/97 816 Punkte
IV/97 1.448 Punkte
I/98 546 Punkte
II/98 160 Punkte
III/98 80 Punkte
I/99 200 Punkte
IV/99 40 Punkte
Der Prüfungsausschuss führte eine statistische Betrachtung durch und kürzte das Honorar des Klägers auf das 1,4fache des hessischen Durchschnittswertes für die Quartale II/99, III/99 und I/2000. Unter Berücksichtigung der zuvor erfolgten sachlich-rechnerischen Berichtigung ergab sich für die übrigen Quartale ein gering höherer Faktor. Daraus errechneten sich die folgenden Kürzungen:
I/97 1,43fach DM 10.271,62 Kürzung
II/97 1,45fach DM 17.179,12
III/97 1,44fach DM 18.059,27
IV/97 1,46fach DM 21.696,82
I/98 1,43fach DM 14.849,12
II/98 1,41fach DM 13.976,03
III/98 1,41fach DM 6.762,24
IV/98 1,41fach DM 13.227,44
I/99 1,41fach DM 18.911,78
II/99 1,40fach DM 27.600,85
III/99 1,40fach DM 18.264,77
IV/99 1,42fach DM 19.877,95
I/2000 1,40fach DM 15.500,62
Summe DM 216.177,63
In der Begründung führte der Prüfungsausschuss aus, der statistische Vergleich mit den hessischen Durchschnittswerten zeige hohe Überschreitungen des Klägers. Dies beruhe auf einer nicht ausreichenden Beachtung der Richtlinien für eine wirtschaftliche, zweckmäßige und notwendige Behandlungsweise. Die Prüfung hinsichtlich statistisch auffälliger Einzelleistungen habe das Vorliegen von Unwirtschaftlichkeiten bestätigt (wurde zu den Gebührenordnungs-Nrn. Ä1 (Ber), 8 (ViPr), Ä925 (Rö), 28 (VitE), 40 (I), 41a L1),49 (Exc 1), 23 (Ekr), 105 (Mu), 107 (Zst), 65a-d (Zy1-Zy4) im Einzelnen ausgeführt und mit Beispielsfällen belegt).
Der Beschluss wurde dem Kläger am 30.10.2000 zugestellt, der Beigeladenen zu 2) am 26.10.2000, dem Beigeladenen zu 7) am 30.10.2000. Der Widerspruch des Klägers datiert vom 27./28.11.2000, der Widerspruch der Verbände der Krankenkassen in Hessen vom 16.11.2000.
Mit Beschluss vom 23. Mai 2001 wies der Beklagte die Widersprüche der Verbände der Krankenkassen in Hessen zurück und gab dem Widerspruch des Klägers in geringem Umfang statt und fasste den Beschluss dahingehend neu, dass eine Honorarkürzung in Höhe von DM 214.090,41 erfolgte bei gleich bleibender sachlich-rechnerischer Berichtigung. In der Begründung wurde ausgeführt, hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Berichtigung müsse es bei den Feststellungen des Prüfungsausschusses verbleiben. Auch der Beklagte vertrete die Auffassung, dass die Nrn. Ä169 und Ä172 (Excision/Probeexcision; Probeexcision aus tieferen Körperteilen) neben anderen chirurgischen Leistungen - z.B. Osteotomie oder Wurzelspitzenresektion - für das gleiche Gebiet nicht gesondert abrechenbar seien. Mit Rücksicht auf die insgesamt erfolgte Wirtschaftlichkeitsprüfung habe die sachlich-rechnerische Berichtigung als Randzuständigkeit vorgenommen werden dürfen. Ferner habe berücksichtigt werden müssen, dass die Beigeladene zu 1) bereits sachlich-rechnerische Berichtigungen in den streitbefangenen Quartalen vorgenommen habe, und zwar bei 8 Patienten mit den folgenden Punktzahlen:
II/97 96 + 192 + 96 Punkte
III/97 96 Punkte
IV/97 48 + 384 Punkte
I/98 192 + 192 Punkte
Ferner sei die vergleichsweise Erledigung der sachlich-rechnerischen Berichtigungen vor dem Hessischen LSG (L 7 KA 936/99), soweit sie die streitbefangenen Quartale beträfen, zu berücksichtigen, und zwar
I/97 190 + 190 Punkte
II/97 190 + 255 Punkte
IV/97 275 + 165 + 248 + 248 Punkte
Daraus ergäben sich geänderte Fallpunktzahlen des Klägers.
Mit Rücksicht auf die Homogenität des zahnärztlichen Leistungsspektrums sei bei einer Überschreitung von 40 % von einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise auszugehen. Unterschiede in der Praxisstruktur sowie kompensatorische Einsparungen, die geeignet gewesen wären, das erhöhte Volumen im gesamten Umfang zu erklären, hätten nicht festgestellt werden können. Die Erkenntnisse des Beklagten seien ähnlich wie im vorhergehenden Verfahren, die Quartale I bis IV/96 betreffend. Bei der Belegfallprüfung seien in einer Reihe von Fällen die Behandlungsabläufe unstimmig bzw. nicht in vollem Umfang nachvollziehbar gewesen. Der Kläger habe auch eine aufwendige Röntgentherapie betrieben, wobei auffällig gewesen sei, dass mehrfach Orthopantomogrammaufnahmen erst am Ende der Behandlung gefertigt worden seien. Im Bereich der Wurzelbehandlungen sei schon statistisch ein Missverhältnis zwischen den Leistungen nach Nr. 28 (VitE) und Nr. 31 (Trep1) festzustellen. Es sei der Eindruck entstanden, dass dies auf eine zu großzügige Auslegung der Leistungsinhalte zurückzuführen sei. Auch bei der Leistung nach Nr. 47a (Ost1) ergäben sich bereits statistisch Unstimmigkeiten im Verhältnis zur Fachgruppe und zu den Leistungen nach den Nrn. 43, 44 und 45 (X1 bis X3). Die ausgeprägte Abrechnung von Leistungen nach Nr. 105 (Mu) sei in großem Umfang durch den Ansatz von Leistungen nach Nrn. 107 (Zst), 10 (üZ) und 106 (sK) begleitet worden. Die Häufigkeit dieser Kombinationen sei nicht nachvollziehbar gewesen. Ein gegenüber der Fachgruppe aufwendigerer Behandlungsbedarf der Patienten des Klägers habe nicht festgestellt werden können. Der chirurgische Anteil sei nicht deshalb so groß, weil dies dem Sanierungsbedarf der Klientel entsprochen habe. Es sei eher eine teilweise Überbewertung der Leistungsinhalte insbesondere im chirurgischen Bereich zu vermuten. Die Honorarkürzung verteile sich auf die einzelnen Quartale:
I/97 DM 10.287,66 Kürzung
II/97 DM 16.266,53
III/97 DM 18.059,27
IV/97 DM 20.506,15
I/98 DM 14.849,12
II/98 DM 13.976,03
III/98 DM 6.762,24
IV/98 DM 13.227,44
I/99 DM 18.911,78
II/99 DM 27.600,85
III/99 DM 18.264,77
IV/99 DM 19.877,95
I/2000 DM 15.500,62
Summe DM 214.090,41
Gegen den am 26. Juni 2001 ausgefertigten und dem Kläger am 2. Juli 2001 zugestellten Beschluss hat dieser am 2. August 2001 Klage erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, die vorgelegte Statistik sei nicht transparent. Es sei zu berücksichtigen, dass er eine wesentlich geringere Fallzahl gehabt habe. Sein chirurgischer Leistungsanteil überschreite denjenigen der Fachgruppe erheblich. Er verfüge über eine kieferchirurgische Ausbildung und nehme deshalb Eingriffe vor, die von den Kollegen an den Kieferchirurgen überwiesen würden. Die vom Beklagten beanstandeten Zystenbehandlungen hätten sich bei einer Nachsicht der Röntgenbilder durch einen als Sachverständigen tätigen Zahnarzt verifizieren lassen. Letztlich seien die Zysten auch histologisch bestätigt worden. In Fällen von erforderlichen chirurgischen Eingriffen bedürfe es auch einer umfangreicheren röntgenologischen Diagnostik. Wenn ihm vorgeworfen werde, er habe Vitalitätsprüfungen auf mehrere Sitzungen verteilt, so sei dies erforderlich gewesen, weil sich trotz durchgeführter Wurzelbehandlung noch Schmerzen eingestellt hätten, deren Ursache in einer jeweiligen Restvitalität gelegen habe.
Die Beigeladene zu 1) hat auf Anforderung des Sozialgerichtes die gegenüber dem Kläger festgesetzten HVM-Einbehalte der streitbefangenen Jahre mitgeteilt, und zwar für 1997 in Höhe von DM 7.091,04 bei einer gesamtvergütungsrelevanten Abrechnung von DM 240.214,42, für 1998 in Höhe von DM 0 bei einer gesamtvergütungsrelevanten Abrechnung von DM 179.745,56, für 1999 in Höhe von DM 0 bei einer gesamtvergütungsrelevanten Abrechnung von DM 224.205,45 (KCH/PAR/KB) und für 2000 in Höhe von DM 0 bei einer gesamtvergütungsrelevanten Abrechnung von DM 196.927,37 (KCH/PAR/KB).
Mit Gerichtsbescheid vom 22. April 2002 hat das Sozialgericht der Klage in geringem Umfang stattgegeben (Herabsetzung der Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise auf DM 212.169,38 und Herabsetzung der rechnerischen Berichtigung auf DM 3.177,63) und sie im Übrigen abgewiesen. Der Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass im Jahr 1997 das Honorar des Klägers einem linearen Abschlag nach dem Honorarverteilungsmaßstab der Beigeladenen zu 1) (HVM) unterlegen habe, und zwar mit einer individuellen Quote von 97,05 %. Dies müsse bei der Honorarberichtigung entsprechend berücksichtigt werden. Anderenfalls müsse der Kläger im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung mehr zurückzahlen, als er erhalten habe. Dementsprechend betrage die Kürzung für das Quartal I/97 DM 9.984,17, für das Quartal II/97 DM 15.786,67, für das Quartal III/97 DM 17.526,52 und für das Quartal IV/97 DM 19.901,22. Hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Berichtigung müsse ebenfalls nur für das Jahr 1997 von der Restvergütungsminderung ausgegangen werden, die 16,04 % betrage. Nur in Höhe des sich daraus ergebenden Faktors von 83,96 % habe der Kläger tatsächlich die abgesetzten Leistungen vergütet bekommen, so dass die abgesetzten Einzelleistungen für 1997 nur in Höhe von jeweils 83,96 % vom Honorar abgesetzt werden dürften. Für 1997 betrage der Berichtigungsbetrag DM 2.643,80; hiervon 83,96 % ergebe DM 2.219,73. Dadurch vermindere sich der Gesamtbetrag der sachlich-rechnerischen Berichtigung auf DM 3.177,63. Die sachlich-rechnerische Berichtigung habe auch durch den Beklagten vorgenommen werden dürfen, da sie vom Umfang her hinter die Wirtschaftlichkeitsprüfung zurückgetreten sei. Die Leistungen nach den Nrn. Ä169 und Ä172 (GOÄ 1965 – alt) seien vom Kläger neben chirurgischen Leistungen nach den Nrn. 47a, 48 oder 56c (Bema-Z) abgerechnet worden. Es habe sich dabei jedoch nicht um eigenständige Probeexcisionen gehandelt, da die Entfernung des Gewebes bereits Bestandteil einer anderen abrechnungsfähigen Leistung gewesen sei. Der Beklagte habe in nicht zu beanstandender Weise einen statistischen Kostenvergleich vorgenommen und die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei einer Überschreitung der Fallwerte der Fachgruppe um 40 % ansetzen dürfen. Substanziierte Einwendungen gegen den Widerspruchsbescheid seien nicht vorgebracht worden, insbesondere nicht hinsichtlich Praxisbesonderheiten. Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, eine engere Vergleichsgruppe zu wählen. Soweit der Kläger auf zusätzliche Qualifikationen im Gebiet der Kieferchirurgie hinweise, komme es entscheidend auf das behandelte Patientengut an. Es wäre Sache des Klägers gewesen, dies durch substanziierten Vortrag zu widerlegen. Auch der Hinweis des Klägers auf seine geringe Fallzahl lasse keine andere Beurteilung zu. Die Notwendigkeit einer radiologischen Diagnostik trete auch bei der Vergleichsgruppe auf; Gleiches gelte für die Vitalitätsprüfung. Eine Fehlerhaftigkeit der statistischen Grundlagen oder deren Nichtnachvollziehbarkeit seien nicht ersichtlich. Der Beklagte habe es schließlich nicht bei einer lediglich pauschalen Honorarkürzung belassen, sondern im Einzelnen dargelegt, worin er die Unwirtschaftlichkeiten des Klägers sehe.
Die Kammer habe sich auch als befugt angesehen, den Berichtigungsbetrag selbst festzusetzen und insoweit den Honorarbescheid im Wege einer lediglich teilweisen Aufhebung abzuändern, ohne hierdurch in den dem Beklagten zukommenden Beurteilungsspielraum einzugreifen.
Gegen den am 25. April 2002 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23. Mai 2002 Berufung eingelegt. Der Kläger trägt vor, die Quartale I und II/97 hätten in das Prüfungsverfahren nicht einbezogen werden dürfen, da die Antragsfristen nach der Prüfungsvereinbarung bereits abgelaufen gewesen seien. Auch habe gemäß § 106 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB 5) Beratung Vorrang vor einer Kürzung. Hier habe er bis zum Jahr 2000 davon ausgehen müssen, dass sich Konsequenzen aus den Auswahlgesprächen betreffend die Jahre 1997 und 1998 eigentlich nicht ergäben. Eine statistische Prüfung sei unzulässig gewesen, da es an der Homogenität mit der Vergleichsgruppe wegen seiner geringen Fallzahl gefehlt habe. Die relativ wenigen Patienten, die ihn aufgesucht hätten, hätten jedoch einen besonders hohen Versorgungsbedarf gehabt, speziell an chirurgischen Leistungen. Er müsse die Durchschnittswerte überschreiten, wenn er – verhältnismäßig – mehr Patienten chirurgisch behandle als die Fachgruppe insgesamt. Es sei durchaus möglich, dass in seinem kleineren Patientenkollektiv eine besonders große Zahl von Patienten sei, die bestimmte Leistungen benötigten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Frankfurt am Main vom 22. April 2002 zu ändern, den Beschluss des Beklagten vom 23. Mai 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, seinen Widerspruch gegen den Beschluss vom 4. Oktober 2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen zu 1) bis 8) schließen sich dem Antrag des Beklagten an.
Der Beklagte trägt vor, die Beigeladene zu 1) habe in den Jahren 1996/97 das EDV-technische Abrechnungssystem umgestellt und dabei habe auch eine Neuerstellung der Abrechnungsstatistiken vorgenommen werden müssen, was erhebliche Zeit in Anspruch genommen habe. Der beigefügten Kopie sei zu entnehmen, dass die Abrechnungsstatistiken erst unter dem 30.3.1998 den Beteiligten hätten zur Verfügung gestellt werden können. Entsprechend der Regelung in § 7 Abs. 3 Prüfvereinbarung hätten danach Prüfanträge bis einschließlich zum 31.8.1998 gestellt werden können. Der Prüfantrag für die Quartale I bis IV/97 resultiere aus dem Auswahlgespräch vom 6.5.1998 und sei damit fristgemäß. Soweit der Kläger auf den Grundsatz "Beratung vor Kürzung" hinweise, verkenne er, dass er seit 1993 nahezu regelmäßig in Prüfverfahren involviert gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 14.5.1997 – 6 RKa 63/95) sei bei Überschreitungen im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses eine gezielte Beratung keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Kürzungsbescheides. Der Kläger verkenne auch, dass es nach der Rechtsprechung des BSG (z. B. 9.9.1998 B 6 KA 50/97 R) statistisch genau so wahrscheinlich wie unwahrscheinlich sei, dass der zu prüfende Arzt mit geringer Fallzahl die selbe Patientenstruktur aufweise wie die Ärzte der Vergleichsgruppe, so dass die Relation von behandlungsintensiven und weniger aufwändigen Fällen nicht notwendig abweichen müsste. Nur bei einer besonders niedrigen Fallzahl könnten einzelne besonders aufwändige Behandlungsfälle den Fallwert des betroffenen Arztes überproportional in die Höhe treiben. Deshalb sei die Forderung aufgestellt worden, dass die Zahl der in die Prüfung nach Durchschnittswerten einzubeziehenden Behandlungsfälle mindestens 20 % der durchschnittlichen Fallzahl der Vergleichsgruppe umfassen müsse. Diese Grenze sei in den vorliegenden Prüfquartalen weit überschritten gewesen. Die Tatsache, dass die Abrechnungen des Klägers gegenüber der Vergleichsgruppe regelmäßig signifikante Erhöhungen aufwiesen, führe nicht zwangsläufig zu der Annahme, dass eine untypische Praxisausrichtung vorliege, sondern könne auch ein Beleg für eine besonders unwirtschaftliche Behandlungsweise sein. Es hätten sich auch keine Hinweise auf eine fehlende Homogenität zur Vergleichsgruppe ergeben. Die Behandlungen seien in einer Reihe von Fällen unstimmig und nicht vollständig nachvollziehbar gewesen. Insbesondere das Verhältnis der Extraktionsleistungen zueinander habe die Vermutung nahe gelegt, dass die Indikationen für den Bereich der Leistungen nach Nr. 47a (Ost1) sehr großzügig gestellt worden seien, ebenso wie bei der Nr. 56c (Zy3). Erhöhte Abrechnungen in einzelnen Leistungsbereichen seien nicht zwangsläufig Ausdruck eines erhöhten Behandlungsbedarfs, sondern könnten auch Hinweise auf eine unwirtschaftliche Abrechnungsweise darstellen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Abs. 1 SGG liegen nicht vor.
Bei dem vorliegend zu entscheidenden Streitgegenstand der Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise – einer Angelegenheit des Vertragszahnarztrechtes - entscheidet der Senat in der sich aus §§ 33, 12 Abs. 3 Satz 1 SGG ergebenden Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Vertragszahnärzte sowie aus dem Kreis der Krankenkassen. Der Senat ist mit den ehrenamtlichen Richtern Dr. C. und D. ordnungsgemäß besetzt. Der turnusmäßig heranzuziehende Dr. E. war gemäß § 60 Abs. 2 SGG von der Ausübung des Richteramtes im vorliegenden Verfahren ausgeschlossen. Denn er hat an der streitbefangenen Entscheidung des Beklagten mitgewirkt. Deshalb rückte die listenmäßig nachfolgende ehrenamtliche Richterin Dr. C. an seine Stelle. Die Berufung ist unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Frankfurt am Main vom 22. April 2002 ist nicht rechtsfehlerhaft und war deshalb nicht aufzuheben. Der streitbefangene Bescheid des Beklagten vom 23. Mai 2001 ist nicht zu beanstanden. Eine vorhergehende Beratung des Klägers war in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erforderlich. Denn in allen Quartalen erreichte der Kläger mit seinen Abrechnungen den Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses (vgl. BSG 14.5.1997 – 6 RKa 63/95 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 39). Der Beklagte durfte auch ohne Verstoß gegen § 7 Abs. 3 Prüfvereinbarung die Quartale I/97 und II/97 in die Wirtschaftlichkeitsprüfung einbeziehen, da den Krankenkassen die prüffähigen Unterlagen erst mit dem dem Gericht vorgelegten Schreiben der Beigeladenen zu 1) vom 30. März 1998 zur Verfügung gestellt wurden. Der aus dem Auswahlgespräch vom 6. Mai 1998 hervorgegangene Prüfantrag wurde damit fristgerecht (bis zum Ablauf des 4. Kalendermonats nach Übersendung) gestellt. Soweit der Kläger die Unvollständigkeit des Protokolls hinsichtlich fehlender Ausführungen über die Beweiserhebung beanstandet, vermochte auch dies nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses des Beklagten führen. Denn gemäß § 10 Abs. 6 Prüfvereinbarung ist über jede Sitzung eine Niederschrift anzufertigen und vom Vorsitzenden zu unterzeichnen. Es ist demnach nicht erforderlich, dass hinsichtlich jeder einzelnen Sache ein selbständiges Protokoll erstellt wird. Der vom Beklagten vorgelegte Auszug der Niederschrift vom 23. Mai 2001 (Punkt 2 = Verhandlung des Klägers im vorliegenden Verfahren) enthält zwar kein Ergebnis der Beweiserhebung, dies ist jedoch hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses nach Auffassung des erkennenden Senates unschädlich. Denn es handelt sich insoweit um eine Sollvorschrift und der Kläger wurde über das Ergebnis der Beweiserhebung durch den streitbefangenen Beschluss vom 23. Mai 2001 ausreichend unterrichtet.
Der Beschluss des Beklagten vom 23. Mai 2001 ist in dem im Berufungsverfahren angefochtenen Umfang aber auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Soweit das Sozialgericht sowohl die Beträge der sachlich-rechnerischen Berichtigung als auch der Honorarkürzung geringfügig ermäßigt hat, beruht dies auf der Festsetzung einer Restvergütungsquote im Jahr 1997 (bzw. HVM-Jahreseinbehalt 1997). Da nur der Kläger Berufung eingelegt hat und er durch das angefochtene Urteil insoweit nicht beschwert ist, hatte der erkennende Senat über die Richtigkeit dieser Teil-Berechnung, die von der Beigeladenen zu 1) nach Kenntnis des erkennenden Senates zwischenzeitlich akzeptiert wird, nicht zu befinden. Nach § 106 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB 5) – in der hier noch maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) – wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch (zahn )arztbezogene Prüfungen (zahn-)ärztlicher und (zahn-)ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Nach den hierzu von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode, bei der die Abrechnungswerte des Arztes mit denjenigen seiner Fachgruppe im selben Quartal (sog. Horizontalvergleich) verglichen werden (ständige Rechtsprechung BSG vgl. 9.6.99 – B 6 KA 21/98 R = BSGE 84, 85 m. w. N.). Ergänzt durch die sog. intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-(zahn)ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt (vgl. BSG 28.4.04 – B 6 KA 24/03 R = MedR 2004, 577). Dabei können nicht nur der Gesamtfallwert, sondern auch einzelne Leistungspositionen oder Leistungssparten (wie hier die konservierend-chirurgischen Leistungen) Gegenstand der Prüfung sein. Bei Vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses hat dies die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (BSG 28.4.04 s. o.). Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Kläger zu Unrecht mit der Fachgruppe der hessischen Zahnärzte verglichen hat. Denn gerade die Gruppe der Zahnärzte zeigt große Homogenität in ihrem Behandlungsverhalten (vgl. BSG 28.4.04 s. o.). Die statistische Vergleichsprüfung war nicht wegen zu niedriger Fallzahlen in den geprüften Quartalen ausgeschlossen. Der Kläger erreichte mit seinen Fallzahlen in den streitbefangenen Quartalen 34 % (bzw. mehr) der durchschnittlichen Fallzahlen der hessischen Zahnärzte. Eine statistische Vergleichbarkeit war damit gegeben, wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat (vgl. BSG 9.9.1998 – B 6 KA 50/97 R = SozR 3-2500 § 106 Nr. 45). Auch eine zu berücksichtigende Praxisbesonderheit kann in den niedrigen Fallzahlen des Klägers nicht gesehen werden.
Die Prüfgremien haben auch zutreffend die Grenzziehung bei Überschreiten der Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe um 40 % vorgenommen und sind insoweit ohne Rechtsfehler vom Vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses ausgegangen (vgl. BSG 2.6.1987 – 6 RKa 23/86 = BSGE 62, 24) und haben daraus die Vermutung der unwirtschaftlichen Behandlungsweise abgeleitet (BSG 10.5.1995 – 6 RKa 2/94 = MedR 1996, 136). Der Beklagte hat auch keine Einzelfallprüfung vorgenommen, wie die insoweit eindeutige Begründung des angefochtenen Bescheides ausweist, sondern im Rahmen auch des dem Kläger zu gewährenden rechtlichen Gehörs gemeinsam mit dem Kläger versucht, aus den Behandlungsunterlagen (einschließlich der Röntgenbilder) behauptete Besonderheiten der Klientel der Praxis des Klägers nachzuvollziehen. Dies ist zum Nachteil des Klägers nicht gelungen, da sich nicht nur keine Praxisbesonderheiten feststellen ließen, sondern sich vielmehr die statistisch vermuteten Unwirtschaftlichkeiten bei dieser intellektuellen Vergleichsprüfung bestätigt haben. So war für den Beklagten u. a. der Umfang der chirurgischen Leistungen nicht als Praxisbesonderheit erkannt worden, sondern bei der intellektuellen Vergleichsbetrachtung als eine teilweise Überbewertung der Leistungsinhalte der Gebührenpositionen vermutet worden. Damit ist eine Erschütterung des Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers nicht gelungen. Es hat sich bei dem Kläger entgegen seiner Behauptung damit nicht eine besonders große Zahl von Patienten finden lassen, in denen überdurchschnittlich viele chirurgische Leistungen erforderlich gewesen sind. Es reicht nicht aus, dass der Kläger besonders viele chirurgische Leistungen erbracht bzw. abgerechnet hat. Zu Recht hat insoweit bereits die Beigeladene zu 1) die mehrfache Abrechnung der Nr. 54 (Wurzelspitzenresektion) an einem Zahn sachlich-rechnerisch berichtigt (vgl. BSG 13.5.1998 – B 6 KA 34/97 R = SozR 3-5555 § 10 Nr. 1), wobei insoweit eine vorherige Bereinigung der Statistik durch den Beklagten erfolgt ist. Im Einzelnen weist der Beklagte insoweit darauf hin, dass die Behandlungsabläufe in einer Reihe von Fällen unstimmig bzw. nicht in vollem Umfang nachvollziehbar gewesen seien. So fand der Beklagte u. a. auffällig, dass Orthopantomogramme erst am Ende einer Behandlung angefertigt worden seien. Ein Missverhältnis ergebe sich im Bereich der Wurzelbehandlungen zwischen den Leistungen nach Nr. 28 (VitE) und Nr. 31 (Trep1). Oftmals würde unmittelbar nach Durchführung einer Wurzelfüllung, ausgehend von der Vitalexstirpation eine Wurzelspitzenresektion vorgenommen. Es hätten sich Unstimmigkeiten im Bereich der Gebühren Nr. 47a (Ost1) im Verhältnis zu den anderen abgerechneten Extraktionen nach Nrn. 43 (X1), 44 (X2), 45 (X3) ergeben, was die Vermutung nahe lege, dass die Indikation für die Nr. 47a sehr großzügig gestellt werde. Das Vorliegen eines erhöhten Sanierungsbedarfes habe sich bei der Vergleichsbetrachtung nicht feststellen lassen. Weitere maßgebliche Praxisbesonderheiten hat der Kläger weder dargelegt, noch sind sie aus seinem sonstigen Vorbringen abzuleiten. Die vom Beklagten dem Kläger nach der Honorarkürzung belassene Restüberschreitung von 40 % gegenüber der Fachgruppe ist nicht zu beanstanden, da der Beklagte dem Kläger damit eine Überschreitung zugestanden hat, die an die Grenze des offensichtlichen Missverhältnisses heranreicht (vgl. BSG 23.2.05 - B 6 KA 79/03 R).
Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist auch hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Berichtigung der einzeln aufgeführten Leistungen nach Nrn. Ä169 (Excision/Probeexcision) und Ä172 (Excision/Probeexcision aus tieferen Körperteilen) nicht zu beanstanden. Dabei war in der Berufungsinstanz nicht mehr der Betrag in Höhe von DM 3.601,70 streitbefangen, sondern nur noch ein Betrag in Höhe von DM 3.177,63, wie ihn das Sozialgericht unter Berücksichtigung des HVM-Einbehalts 1997 ausgeurteilt hat. Da nur der Kläger Berufung eingelegt hat, stand zur Überprüfung durch den erkennenden Senat nur die Überprüfung der Richtigkeit der sachlich-rechnerischen Berichtigung mit einem Betrag von DM 3.177.63 an. Hiervon waren die von dem Beklagten im Wege eines Teilanerkenntnisses akzeptierten Leistungen (A5 = 2 x Ä169, 1 x Ä172) ebenfalls nicht mehr Gegenstand der Entscheidung des erkennenden Senates. Jedenfalls in dem verbliebenen Umfang ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. Die vom Kläger abgerechneten und von dem Beklagten berichtigten (und noch streitbefangenen) 51 Leistungen der Ä172 und 8 Leistungen der Ä169 (2.192 Punkte) wurden neben anderen chirurgischen Leistungen (z. B. Osteotomie, Wurzelspitzenresektion) für das gleiche Gebiet erbracht. Nach Vorbemerkung Nr. 2 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) ist eine Leistung dann jedoch nicht abrechnungsfähig, wenn sie Bestandteil einer anderen abrechnungsfähigen Leistung ist. Bei Probeexcisionen sind der Hautschnitt und das Präparieren in die Tiefe bereits Bestandteil der vom Kläger zusätzlich erbrachten und abgerechneten chirurgischen Leistungen im selben Zielgebiet (vgl. Kommentar zur GOÄ, Deutscher Ärzte-Verlag, 3. Aufl., Stand 1.1.2002, 2401, a. A. LSG Rheinland-Pfalz 24.2.2000 – L 5 KA 51/97 = juris KSRE082211318). Bei den hier vorliegenden Überschneidungen zweier Leistungen entfällt somit die Abrechenbarkeit der geringer bewerteten Leistung, hier der Nrn. Ä169 und Ä172.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat lediglich hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Berichtigung zugelassen, da er nur insoweit der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zumisst, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
II. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten des Beklagten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen, soweit die sachlich-rechnerische Berichtigung streitbefangen ist.
Tatbestand:
Es geht in dem Rechtsstreit um Honorarkürzungen wegen sachlich-rechnerischer Berichtigungen von zuletzt noch DM 3.177,63 und wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise von zuletzt noch DM 212.169,38 in den Quartalen I/1997 bis I/2000.
Der 1949 geborene Kläger ist als Zahnarzt in A-Stadt seit 1991 niedergelassen und als Vertragszahnarzt zugelassen. In den streitbefangenen Quartalen sind bezüglich seiner gesetzlich versicherten Patienten folgende statistische Werte festzustellen (die Vergleichswerte der Fachgruppe sind in Klammern angegeben):
Quartal Patienten Punkte pro Fall Punkte nach Abzug der sachlich-rechnerischen Berichtigung Verbleibende Mehrkosten in Punkten Verbleibende Mehrkosten in %
I/97 181 (460) 149 (80) 147 67 83,3 %
II/97 194 (475) 170 (79) 163 84 106,3 %
III/97 166 (447) 178 (77) 174 97 126 %
IV/97 190 (523) 176 (72) 168 96 133,3
I/98 178 (469) 168 (81) 165 84 103,7 %
II/98 169 (449) 162 (79) 161 82 103,8 %
III/98 154 (442) 138 (79) 137 58 73,4 %
IV/98 173 (515) 153 (75) 153 78 104 %
I/99 163 (454) 188 (82) 187 105 128 %
II/99 198 (458) 197 (79) 197 118 149,4 %
III/999 192 (441) 168 (78) 168 90 115,4 %
IV/99 185 (523) 169 (72) 169 97 134,7 %
I/2000 211 (466) 160 (82) 160 78 95,1 %
Entsprechend dem Auswahlverfahren gemäß § 7 der Prüfvereinbarung wurde dem Kläger zunächst mitgeteilt, dass seine Praxis hinsichtlich der Quartale I/97 bis I/2000 im Bereich der konservierend-chirurgischen Leistungen auf Wirtschaftlichkeit geprüft werde und es wurde ihm aufgegeben, zu namentlich benannten Patienten sämtliche Aufzeichnungen und alle abgerechneten Röntgenaufnahmen mitzubringen. Die Belegfälle wurden nach dem Zufallsprinzip ausgewählt. Unter Teilnahme des Klägers erfolgte die Prüfsitzung am 4. Oktober 2000. Mit Beschluss von diesem Tag setzte der Prüfungsausschuss IV eine sachlich-rechnerische Berichtigung in Höhe von DM 3.601,70 sowie eine Honorarberichtigung in Höhe von DM 39.666,13 fest. Die sachlich-rechnerische Berichtigung bezog sich auf die Nr. Ä169 GOÄ (1965) und Ä172 GOÄ (1965) und deren gleichzeitige Abrechnung neben anderen chirurgischen Leistungen wie z.B. der Wurzelspitzenresektion oder Osteotomie für das gleiche Gebiet. Es wurden 34 Patienten aufgeführt mit den Punktzahlen in den entsprechenden Quartalen. Addiert ergaben sich daraus folgende Punktzahlen:
I/97 642 Punkte
II/97 1.165 Punkte
III/97 816 Punkte
IV/97 1.448 Punkte
I/98 546 Punkte
II/98 160 Punkte
III/98 80 Punkte
I/99 200 Punkte
IV/99 40 Punkte
Der Prüfungsausschuss führte eine statistische Betrachtung durch und kürzte das Honorar des Klägers auf das 1,4fache des hessischen Durchschnittswertes für die Quartale II/99, III/99 und I/2000. Unter Berücksichtigung der zuvor erfolgten sachlich-rechnerischen Berichtigung ergab sich für die übrigen Quartale ein gering höherer Faktor. Daraus errechneten sich die folgenden Kürzungen:
I/97 1,43fach DM 10.271,62 Kürzung
II/97 1,45fach DM 17.179,12
III/97 1,44fach DM 18.059,27
IV/97 1,46fach DM 21.696,82
I/98 1,43fach DM 14.849,12
II/98 1,41fach DM 13.976,03
III/98 1,41fach DM 6.762,24
IV/98 1,41fach DM 13.227,44
I/99 1,41fach DM 18.911,78
II/99 1,40fach DM 27.600,85
III/99 1,40fach DM 18.264,77
IV/99 1,42fach DM 19.877,95
I/2000 1,40fach DM 15.500,62
Summe DM 216.177,63
In der Begründung führte der Prüfungsausschuss aus, der statistische Vergleich mit den hessischen Durchschnittswerten zeige hohe Überschreitungen des Klägers. Dies beruhe auf einer nicht ausreichenden Beachtung der Richtlinien für eine wirtschaftliche, zweckmäßige und notwendige Behandlungsweise. Die Prüfung hinsichtlich statistisch auffälliger Einzelleistungen habe das Vorliegen von Unwirtschaftlichkeiten bestätigt (wurde zu den Gebührenordnungs-Nrn. Ä1 (Ber), 8 (ViPr), Ä925 (Rö), 28 (VitE), 40 (I), 41a L1),49 (Exc 1), 23 (Ekr), 105 (Mu), 107 (Zst), 65a-d (Zy1-Zy4) im Einzelnen ausgeführt und mit Beispielsfällen belegt).
Der Beschluss wurde dem Kläger am 30.10.2000 zugestellt, der Beigeladenen zu 2) am 26.10.2000, dem Beigeladenen zu 7) am 30.10.2000. Der Widerspruch des Klägers datiert vom 27./28.11.2000, der Widerspruch der Verbände der Krankenkassen in Hessen vom 16.11.2000.
Mit Beschluss vom 23. Mai 2001 wies der Beklagte die Widersprüche der Verbände der Krankenkassen in Hessen zurück und gab dem Widerspruch des Klägers in geringem Umfang statt und fasste den Beschluss dahingehend neu, dass eine Honorarkürzung in Höhe von DM 214.090,41 erfolgte bei gleich bleibender sachlich-rechnerischer Berichtigung. In der Begründung wurde ausgeführt, hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Berichtigung müsse es bei den Feststellungen des Prüfungsausschusses verbleiben. Auch der Beklagte vertrete die Auffassung, dass die Nrn. Ä169 und Ä172 (Excision/Probeexcision; Probeexcision aus tieferen Körperteilen) neben anderen chirurgischen Leistungen - z.B. Osteotomie oder Wurzelspitzenresektion - für das gleiche Gebiet nicht gesondert abrechenbar seien. Mit Rücksicht auf die insgesamt erfolgte Wirtschaftlichkeitsprüfung habe die sachlich-rechnerische Berichtigung als Randzuständigkeit vorgenommen werden dürfen. Ferner habe berücksichtigt werden müssen, dass die Beigeladene zu 1) bereits sachlich-rechnerische Berichtigungen in den streitbefangenen Quartalen vorgenommen habe, und zwar bei 8 Patienten mit den folgenden Punktzahlen:
II/97 96 + 192 + 96 Punkte
III/97 96 Punkte
IV/97 48 + 384 Punkte
I/98 192 + 192 Punkte
Ferner sei die vergleichsweise Erledigung der sachlich-rechnerischen Berichtigungen vor dem Hessischen LSG (L 7 KA 936/99), soweit sie die streitbefangenen Quartale beträfen, zu berücksichtigen, und zwar
I/97 190 + 190 Punkte
II/97 190 + 255 Punkte
IV/97 275 + 165 + 248 + 248 Punkte
Daraus ergäben sich geänderte Fallpunktzahlen des Klägers.
Mit Rücksicht auf die Homogenität des zahnärztlichen Leistungsspektrums sei bei einer Überschreitung von 40 % von einer unwirtschaftlichen Behandlungsweise auszugehen. Unterschiede in der Praxisstruktur sowie kompensatorische Einsparungen, die geeignet gewesen wären, das erhöhte Volumen im gesamten Umfang zu erklären, hätten nicht festgestellt werden können. Die Erkenntnisse des Beklagten seien ähnlich wie im vorhergehenden Verfahren, die Quartale I bis IV/96 betreffend. Bei der Belegfallprüfung seien in einer Reihe von Fällen die Behandlungsabläufe unstimmig bzw. nicht in vollem Umfang nachvollziehbar gewesen. Der Kläger habe auch eine aufwendige Röntgentherapie betrieben, wobei auffällig gewesen sei, dass mehrfach Orthopantomogrammaufnahmen erst am Ende der Behandlung gefertigt worden seien. Im Bereich der Wurzelbehandlungen sei schon statistisch ein Missverhältnis zwischen den Leistungen nach Nr. 28 (VitE) und Nr. 31 (Trep1) festzustellen. Es sei der Eindruck entstanden, dass dies auf eine zu großzügige Auslegung der Leistungsinhalte zurückzuführen sei. Auch bei der Leistung nach Nr. 47a (Ost1) ergäben sich bereits statistisch Unstimmigkeiten im Verhältnis zur Fachgruppe und zu den Leistungen nach den Nrn. 43, 44 und 45 (X1 bis X3). Die ausgeprägte Abrechnung von Leistungen nach Nr. 105 (Mu) sei in großem Umfang durch den Ansatz von Leistungen nach Nrn. 107 (Zst), 10 (üZ) und 106 (sK) begleitet worden. Die Häufigkeit dieser Kombinationen sei nicht nachvollziehbar gewesen. Ein gegenüber der Fachgruppe aufwendigerer Behandlungsbedarf der Patienten des Klägers habe nicht festgestellt werden können. Der chirurgische Anteil sei nicht deshalb so groß, weil dies dem Sanierungsbedarf der Klientel entsprochen habe. Es sei eher eine teilweise Überbewertung der Leistungsinhalte insbesondere im chirurgischen Bereich zu vermuten. Die Honorarkürzung verteile sich auf die einzelnen Quartale:
I/97 DM 10.287,66 Kürzung
II/97 DM 16.266,53
III/97 DM 18.059,27
IV/97 DM 20.506,15
I/98 DM 14.849,12
II/98 DM 13.976,03
III/98 DM 6.762,24
IV/98 DM 13.227,44
I/99 DM 18.911,78
II/99 DM 27.600,85
III/99 DM 18.264,77
IV/99 DM 19.877,95
I/2000 DM 15.500,62
Summe DM 214.090,41
Gegen den am 26. Juni 2001 ausgefertigten und dem Kläger am 2. Juli 2001 zugestellten Beschluss hat dieser am 2. August 2001 Klage erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, die vorgelegte Statistik sei nicht transparent. Es sei zu berücksichtigen, dass er eine wesentlich geringere Fallzahl gehabt habe. Sein chirurgischer Leistungsanteil überschreite denjenigen der Fachgruppe erheblich. Er verfüge über eine kieferchirurgische Ausbildung und nehme deshalb Eingriffe vor, die von den Kollegen an den Kieferchirurgen überwiesen würden. Die vom Beklagten beanstandeten Zystenbehandlungen hätten sich bei einer Nachsicht der Röntgenbilder durch einen als Sachverständigen tätigen Zahnarzt verifizieren lassen. Letztlich seien die Zysten auch histologisch bestätigt worden. In Fällen von erforderlichen chirurgischen Eingriffen bedürfe es auch einer umfangreicheren röntgenologischen Diagnostik. Wenn ihm vorgeworfen werde, er habe Vitalitätsprüfungen auf mehrere Sitzungen verteilt, so sei dies erforderlich gewesen, weil sich trotz durchgeführter Wurzelbehandlung noch Schmerzen eingestellt hätten, deren Ursache in einer jeweiligen Restvitalität gelegen habe.
Die Beigeladene zu 1) hat auf Anforderung des Sozialgerichtes die gegenüber dem Kläger festgesetzten HVM-Einbehalte der streitbefangenen Jahre mitgeteilt, und zwar für 1997 in Höhe von DM 7.091,04 bei einer gesamtvergütungsrelevanten Abrechnung von DM 240.214,42, für 1998 in Höhe von DM 0 bei einer gesamtvergütungsrelevanten Abrechnung von DM 179.745,56, für 1999 in Höhe von DM 0 bei einer gesamtvergütungsrelevanten Abrechnung von DM 224.205,45 (KCH/PAR/KB) und für 2000 in Höhe von DM 0 bei einer gesamtvergütungsrelevanten Abrechnung von DM 196.927,37 (KCH/PAR/KB).
Mit Gerichtsbescheid vom 22. April 2002 hat das Sozialgericht der Klage in geringem Umfang stattgegeben (Herabsetzung der Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise auf DM 212.169,38 und Herabsetzung der rechnerischen Berichtigung auf DM 3.177,63) und sie im Übrigen abgewiesen. Der Beklagte habe nicht berücksichtigt, dass im Jahr 1997 das Honorar des Klägers einem linearen Abschlag nach dem Honorarverteilungsmaßstab der Beigeladenen zu 1) (HVM) unterlegen habe, und zwar mit einer individuellen Quote von 97,05 %. Dies müsse bei der Honorarberichtigung entsprechend berücksichtigt werden. Anderenfalls müsse der Kläger im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung mehr zurückzahlen, als er erhalten habe. Dementsprechend betrage die Kürzung für das Quartal I/97 DM 9.984,17, für das Quartal II/97 DM 15.786,67, für das Quartal III/97 DM 17.526,52 und für das Quartal IV/97 DM 19.901,22. Hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Berichtigung müsse ebenfalls nur für das Jahr 1997 von der Restvergütungsminderung ausgegangen werden, die 16,04 % betrage. Nur in Höhe des sich daraus ergebenden Faktors von 83,96 % habe der Kläger tatsächlich die abgesetzten Leistungen vergütet bekommen, so dass die abgesetzten Einzelleistungen für 1997 nur in Höhe von jeweils 83,96 % vom Honorar abgesetzt werden dürften. Für 1997 betrage der Berichtigungsbetrag DM 2.643,80; hiervon 83,96 % ergebe DM 2.219,73. Dadurch vermindere sich der Gesamtbetrag der sachlich-rechnerischen Berichtigung auf DM 3.177,63. Die sachlich-rechnerische Berichtigung habe auch durch den Beklagten vorgenommen werden dürfen, da sie vom Umfang her hinter die Wirtschaftlichkeitsprüfung zurückgetreten sei. Die Leistungen nach den Nrn. Ä169 und Ä172 (GOÄ 1965 – alt) seien vom Kläger neben chirurgischen Leistungen nach den Nrn. 47a, 48 oder 56c (Bema-Z) abgerechnet worden. Es habe sich dabei jedoch nicht um eigenständige Probeexcisionen gehandelt, da die Entfernung des Gewebes bereits Bestandteil einer anderen abrechnungsfähigen Leistung gewesen sei. Der Beklagte habe in nicht zu beanstandender Weise einen statistischen Kostenvergleich vorgenommen und die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei einer Überschreitung der Fallwerte der Fachgruppe um 40 % ansetzen dürfen. Substanziierte Einwendungen gegen den Widerspruchsbescheid seien nicht vorgebracht worden, insbesondere nicht hinsichtlich Praxisbesonderheiten. Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, eine engere Vergleichsgruppe zu wählen. Soweit der Kläger auf zusätzliche Qualifikationen im Gebiet der Kieferchirurgie hinweise, komme es entscheidend auf das behandelte Patientengut an. Es wäre Sache des Klägers gewesen, dies durch substanziierten Vortrag zu widerlegen. Auch der Hinweis des Klägers auf seine geringe Fallzahl lasse keine andere Beurteilung zu. Die Notwendigkeit einer radiologischen Diagnostik trete auch bei der Vergleichsgruppe auf; Gleiches gelte für die Vitalitätsprüfung. Eine Fehlerhaftigkeit der statistischen Grundlagen oder deren Nichtnachvollziehbarkeit seien nicht ersichtlich. Der Beklagte habe es schließlich nicht bei einer lediglich pauschalen Honorarkürzung belassen, sondern im Einzelnen dargelegt, worin er die Unwirtschaftlichkeiten des Klägers sehe.
Die Kammer habe sich auch als befugt angesehen, den Berichtigungsbetrag selbst festzusetzen und insoweit den Honorarbescheid im Wege einer lediglich teilweisen Aufhebung abzuändern, ohne hierdurch in den dem Beklagten zukommenden Beurteilungsspielraum einzugreifen.
Gegen den am 25. April 2002 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23. Mai 2002 Berufung eingelegt. Der Kläger trägt vor, die Quartale I und II/97 hätten in das Prüfungsverfahren nicht einbezogen werden dürfen, da die Antragsfristen nach der Prüfungsvereinbarung bereits abgelaufen gewesen seien. Auch habe gemäß § 106 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB 5) Beratung Vorrang vor einer Kürzung. Hier habe er bis zum Jahr 2000 davon ausgehen müssen, dass sich Konsequenzen aus den Auswahlgesprächen betreffend die Jahre 1997 und 1998 eigentlich nicht ergäben. Eine statistische Prüfung sei unzulässig gewesen, da es an der Homogenität mit der Vergleichsgruppe wegen seiner geringen Fallzahl gefehlt habe. Die relativ wenigen Patienten, die ihn aufgesucht hätten, hätten jedoch einen besonders hohen Versorgungsbedarf gehabt, speziell an chirurgischen Leistungen. Er müsse die Durchschnittswerte überschreiten, wenn er – verhältnismäßig – mehr Patienten chirurgisch behandle als die Fachgruppe insgesamt. Es sei durchaus möglich, dass in seinem kleineren Patientenkollektiv eine besonders große Zahl von Patienten sei, die bestimmte Leistungen benötigten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Frankfurt am Main vom 22. April 2002 zu ändern, den Beschluss des Beklagten vom 23. Mai 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, seinen Widerspruch gegen den Beschluss vom 4. Oktober 2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen zu 1) bis 8) schließen sich dem Antrag des Beklagten an.
Der Beklagte trägt vor, die Beigeladene zu 1) habe in den Jahren 1996/97 das EDV-technische Abrechnungssystem umgestellt und dabei habe auch eine Neuerstellung der Abrechnungsstatistiken vorgenommen werden müssen, was erhebliche Zeit in Anspruch genommen habe. Der beigefügten Kopie sei zu entnehmen, dass die Abrechnungsstatistiken erst unter dem 30.3.1998 den Beteiligten hätten zur Verfügung gestellt werden können. Entsprechend der Regelung in § 7 Abs. 3 Prüfvereinbarung hätten danach Prüfanträge bis einschließlich zum 31.8.1998 gestellt werden können. Der Prüfantrag für die Quartale I bis IV/97 resultiere aus dem Auswahlgespräch vom 6.5.1998 und sei damit fristgemäß. Soweit der Kläger auf den Grundsatz "Beratung vor Kürzung" hinweise, verkenne er, dass er seit 1993 nahezu regelmäßig in Prüfverfahren involviert gewesen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG 14.5.1997 – 6 RKa 63/95) sei bei Überschreitungen im Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses eine gezielte Beratung keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Kürzungsbescheides. Der Kläger verkenne auch, dass es nach der Rechtsprechung des BSG (z. B. 9.9.1998 B 6 KA 50/97 R) statistisch genau so wahrscheinlich wie unwahrscheinlich sei, dass der zu prüfende Arzt mit geringer Fallzahl die selbe Patientenstruktur aufweise wie die Ärzte der Vergleichsgruppe, so dass die Relation von behandlungsintensiven und weniger aufwändigen Fällen nicht notwendig abweichen müsste. Nur bei einer besonders niedrigen Fallzahl könnten einzelne besonders aufwändige Behandlungsfälle den Fallwert des betroffenen Arztes überproportional in die Höhe treiben. Deshalb sei die Forderung aufgestellt worden, dass die Zahl der in die Prüfung nach Durchschnittswerten einzubeziehenden Behandlungsfälle mindestens 20 % der durchschnittlichen Fallzahl der Vergleichsgruppe umfassen müsse. Diese Grenze sei in den vorliegenden Prüfquartalen weit überschritten gewesen. Die Tatsache, dass die Abrechnungen des Klägers gegenüber der Vergleichsgruppe regelmäßig signifikante Erhöhungen aufwiesen, führe nicht zwangsläufig zu der Annahme, dass eine untypische Praxisausrichtung vorliege, sondern könne auch ein Beleg für eine besonders unwirtschaftliche Behandlungsweise sein. Es hätten sich auch keine Hinweise auf eine fehlende Homogenität zur Vergleichsgruppe ergeben. Die Behandlungen seien in einer Reihe von Fällen unstimmig und nicht vollständig nachvollziehbar gewesen. Insbesondere das Verhältnis der Extraktionsleistungen zueinander habe die Vermutung nahe gelegt, dass die Indikationen für den Bereich der Leistungen nach Nr. 47a (Ost1) sehr großzügig gestellt worden seien, ebenso wie bei der Nr. 56c (Zy3). Erhöhte Abrechnungen in einzelnen Leistungsbereichen seien nicht zwangsläufig Ausdruck eines erhöhten Behandlungsbedarfs, sondern könnten auch Hinweise auf eine unwirtschaftliche Abrechnungsweise darstellen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Abs. 1 SGG liegen nicht vor.
Bei dem vorliegend zu entscheidenden Streitgegenstand der Honorarkürzung wegen unwirtschaftlicher Behandlungsweise – einer Angelegenheit des Vertragszahnarztrechtes - entscheidet der Senat in der sich aus §§ 33, 12 Abs. 3 Satz 1 SGG ergebenden Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Vertragszahnärzte sowie aus dem Kreis der Krankenkassen. Der Senat ist mit den ehrenamtlichen Richtern Dr. C. und D. ordnungsgemäß besetzt. Der turnusmäßig heranzuziehende Dr. E. war gemäß § 60 Abs. 2 SGG von der Ausübung des Richteramtes im vorliegenden Verfahren ausgeschlossen. Denn er hat an der streitbefangenen Entscheidung des Beklagten mitgewirkt. Deshalb rückte die listenmäßig nachfolgende ehrenamtliche Richterin Dr. C. an seine Stelle. Die Berufung ist unbegründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Frankfurt am Main vom 22. April 2002 ist nicht rechtsfehlerhaft und war deshalb nicht aufzuheben. Der streitbefangene Bescheid des Beklagten vom 23. Mai 2001 ist nicht zu beanstanden. Eine vorhergehende Beratung des Klägers war in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht erforderlich. Denn in allen Quartalen erreichte der Kläger mit seinen Abrechnungen den Bereich des offensichtlichen Missverhältnisses (vgl. BSG 14.5.1997 – 6 RKa 63/95 = SozR 3-2500 § 106 Nr. 39). Der Beklagte durfte auch ohne Verstoß gegen § 7 Abs. 3 Prüfvereinbarung die Quartale I/97 und II/97 in die Wirtschaftlichkeitsprüfung einbeziehen, da den Krankenkassen die prüffähigen Unterlagen erst mit dem dem Gericht vorgelegten Schreiben der Beigeladenen zu 1) vom 30. März 1998 zur Verfügung gestellt wurden. Der aus dem Auswahlgespräch vom 6. Mai 1998 hervorgegangene Prüfantrag wurde damit fristgerecht (bis zum Ablauf des 4. Kalendermonats nach Übersendung) gestellt. Soweit der Kläger die Unvollständigkeit des Protokolls hinsichtlich fehlender Ausführungen über die Beweiserhebung beanstandet, vermochte auch dies nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses des Beklagten führen. Denn gemäß § 10 Abs. 6 Prüfvereinbarung ist über jede Sitzung eine Niederschrift anzufertigen und vom Vorsitzenden zu unterzeichnen. Es ist demnach nicht erforderlich, dass hinsichtlich jeder einzelnen Sache ein selbständiges Protokoll erstellt wird. Der vom Beklagten vorgelegte Auszug der Niederschrift vom 23. Mai 2001 (Punkt 2 = Verhandlung des Klägers im vorliegenden Verfahren) enthält zwar kein Ergebnis der Beweiserhebung, dies ist jedoch hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses nach Auffassung des erkennenden Senates unschädlich. Denn es handelt sich insoweit um eine Sollvorschrift und der Kläger wurde über das Ergebnis der Beweiserhebung durch den streitbefangenen Beschluss vom 23. Mai 2001 ausreichend unterrichtet.
Der Beschluss des Beklagten vom 23. Mai 2001 ist in dem im Berufungsverfahren angefochtenen Umfang aber auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Soweit das Sozialgericht sowohl die Beträge der sachlich-rechnerischen Berichtigung als auch der Honorarkürzung geringfügig ermäßigt hat, beruht dies auf der Festsetzung einer Restvergütungsquote im Jahr 1997 (bzw. HVM-Jahreseinbehalt 1997). Da nur der Kläger Berufung eingelegt hat und er durch das angefochtene Urteil insoweit nicht beschwert ist, hatte der erkennende Senat über die Richtigkeit dieser Teil-Berechnung, die von der Beigeladenen zu 1) nach Kenntnis des erkennenden Senates zwischenzeitlich akzeptiert wird, nicht zu befinden. Nach § 106 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB 5) – in der hier noch maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) – wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung durch (zahn )arztbezogene Prüfungen (zahn-)ärztlicher und (zahn-)ärztlich verordneter Leistungen nach Durchschnittswerten beurteilt. Nach den hierzu von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung die Regelprüfmethode, bei der die Abrechnungswerte des Arztes mit denjenigen seiner Fachgruppe im selben Quartal (sog. Horizontalvergleich) verglichen werden (ständige Rechtsprechung BSG vgl. 9.6.99 – B 6 KA 21/98 R = BSGE 84, 85 m. w. N.). Ergänzt durch die sog. intellektuelle Betrachtung, bei der medizinisch-(zahn)ärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden, ist dies die Methode, die typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse bringt (vgl. BSG 28.4.04 – B 6 KA 24/03 R = MedR 2004, 577). Dabei können nicht nur der Gesamtfallwert, sondern auch einzelne Leistungspositionen oder Leistungssparten (wie hier die konservierend-chirurgischen Leistungen) Gegenstand der Prüfung sein. Bei Vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses hat dies die Wirkung eines Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit (BSG 28.4.04 s. o.). Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagte den Kläger zu Unrecht mit der Fachgruppe der hessischen Zahnärzte verglichen hat. Denn gerade die Gruppe der Zahnärzte zeigt große Homogenität in ihrem Behandlungsverhalten (vgl. BSG 28.4.04 s. o.). Die statistische Vergleichsprüfung war nicht wegen zu niedriger Fallzahlen in den geprüften Quartalen ausgeschlossen. Der Kläger erreichte mit seinen Fallzahlen in den streitbefangenen Quartalen 34 % (bzw. mehr) der durchschnittlichen Fallzahlen der hessischen Zahnärzte. Eine statistische Vergleichbarkeit war damit gegeben, wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat (vgl. BSG 9.9.1998 – B 6 KA 50/97 R = SozR 3-2500 § 106 Nr. 45). Auch eine zu berücksichtigende Praxisbesonderheit kann in den niedrigen Fallzahlen des Klägers nicht gesehen werden.
Die Prüfgremien haben auch zutreffend die Grenzziehung bei Überschreiten der Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe um 40 % vorgenommen und sind insoweit ohne Rechtsfehler vom Vorliegen eines offensichtlichen Missverhältnisses ausgegangen (vgl. BSG 2.6.1987 – 6 RKa 23/86 = BSGE 62, 24) und haben daraus die Vermutung der unwirtschaftlichen Behandlungsweise abgeleitet (BSG 10.5.1995 – 6 RKa 2/94 = MedR 1996, 136). Der Beklagte hat auch keine Einzelfallprüfung vorgenommen, wie die insoweit eindeutige Begründung des angefochtenen Bescheides ausweist, sondern im Rahmen auch des dem Kläger zu gewährenden rechtlichen Gehörs gemeinsam mit dem Kläger versucht, aus den Behandlungsunterlagen (einschließlich der Röntgenbilder) behauptete Besonderheiten der Klientel der Praxis des Klägers nachzuvollziehen. Dies ist zum Nachteil des Klägers nicht gelungen, da sich nicht nur keine Praxisbesonderheiten feststellen ließen, sondern sich vielmehr die statistisch vermuteten Unwirtschaftlichkeiten bei dieser intellektuellen Vergleichsprüfung bestätigt haben. So war für den Beklagten u. a. der Umfang der chirurgischen Leistungen nicht als Praxisbesonderheit erkannt worden, sondern bei der intellektuellen Vergleichsbetrachtung als eine teilweise Überbewertung der Leistungsinhalte der Gebührenpositionen vermutet worden. Damit ist eine Erschütterung des Anscheinsbeweises der Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers nicht gelungen. Es hat sich bei dem Kläger entgegen seiner Behauptung damit nicht eine besonders große Zahl von Patienten finden lassen, in denen überdurchschnittlich viele chirurgische Leistungen erforderlich gewesen sind. Es reicht nicht aus, dass der Kläger besonders viele chirurgische Leistungen erbracht bzw. abgerechnet hat. Zu Recht hat insoweit bereits die Beigeladene zu 1) die mehrfache Abrechnung der Nr. 54 (Wurzelspitzenresektion) an einem Zahn sachlich-rechnerisch berichtigt (vgl. BSG 13.5.1998 – B 6 KA 34/97 R = SozR 3-5555 § 10 Nr. 1), wobei insoweit eine vorherige Bereinigung der Statistik durch den Beklagten erfolgt ist. Im Einzelnen weist der Beklagte insoweit darauf hin, dass die Behandlungsabläufe in einer Reihe von Fällen unstimmig bzw. nicht in vollem Umfang nachvollziehbar gewesen seien. So fand der Beklagte u. a. auffällig, dass Orthopantomogramme erst am Ende einer Behandlung angefertigt worden seien. Ein Missverhältnis ergebe sich im Bereich der Wurzelbehandlungen zwischen den Leistungen nach Nr. 28 (VitE) und Nr. 31 (Trep1). Oftmals würde unmittelbar nach Durchführung einer Wurzelfüllung, ausgehend von der Vitalexstirpation eine Wurzelspitzenresektion vorgenommen. Es hätten sich Unstimmigkeiten im Bereich der Gebühren Nr. 47a (Ost1) im Verhältnis zu den anderen abgerechneten Extraktionen nach Nrn. 43 (X1), 44 (X2), 45 (X3) ergeben, was die Vermutung nahe lege, dass die Indikation für die Nr. 47a sehr großzügig gestellt werde. Das Vorliegen eines erhöhten Sanierungsbedarfes habe sich bei der Vergleichsbetrachtung nicht feststellen lassen. Weitere maßgebliche Praxisbesonderheiten hat der Kläger weder dargelegt, noch sind sie aus seinem sonstigen Vorbringen abzuleiten. Die vom Beklagten dem Kläger nach der Honorarkürzung belassene Restüberschreitung von 40 % gegenüber der Fachgruppe ist nicht zu beanstanden, da der Beklagte dem Kläger damit eine Überschreitung zugestanden hat, die an die Grenze des offensichtlichen Missverhältnisses heranreicht (vgl. BSG 23.2.05 - B 6 KA 79/03 R).
Der angefochtene Bescheid des Beklagten ist auch hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Berichtigung der einzeln aufgeführten Leistungen nach Nrn. Ä169 (Excision/Probeexcision) und Ä172 (Excision/Probeexcision aus tieferen Körperteilen) nicht zu beanstanden. Dabei war in der Berufungsinstanz nicht mehr der Betrag in Höhe von DM 3.601,70 streitbefangen, sondern nur noch ein Betrag in Höhe von DM 3.177,63, wie ihn das Sozialgericht unter Berücksichtigung des HVM-Einbehalts 1997 ausgeurteilt hat. Da nur der Kläger Berufung eingelegt hat, stand zur Überprüfung durch den erkennenden Senat nur die Überprüfung der Richtigkeit der sachlich-rechnerischen Berichtigung mit einem Betrag von DM 3.177.63 an. Hiervon waren die von dem Beklagten im Wege eines Teilanerkenntnisses akzeptierten Leistungen (A5 = 2 x Ä169, 1 x Ä172) ebenfalls nicht mehr Gegenstand der Entscheidung des erkennenden Senates. Jedenfalls in dem verbliebenen Umfang ist der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden. Die vom Kläger abgerechneten und von dem Beklagten berichtigten (und noch streitbefangenen) 51 Leistungen der Ä172 und 8 Leistungen der Ä169 (2.192 Punkte) wurden neben anderen chirurgischen Leistungen (z. B. Osteotomie, Wurzelspitzenresektion) für das gleiche Gebiet erbracht. Nach Vorbemerkung Nr. 2 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für zahnärztliche Leistungen (Bema-Z) ist eine Leistung dann jedoch nicht abrechnungsfähig, wenn sie Bestandteil einer anderen abrechnungsfähigen Leistung ist. Bei Probeexcisionen sind der Hautschnitt und das Präparieren in die Tiefe bereits Bestandteil der vom Kläger zusätzlich erbrachten und abgerechneten chirurgischen Leistungen im selben Zielgebiet (vgl. Kommentar zur GOÄ, Deutscher Ärzte-Verlag, 3. Aufl., Stand 1.1.2002, 2401, a. A. LSG Rheinland-Pfalz 24.2.2000 – L 5 KA 51/97 = juris KSRE082211318). Bei den hier vorliegenden Überschneidungen zweier Leistungen entfällt somit die Abrechenbarkeit der geringer bewerteten Leistung, hier der Nrn. Ä169 und Ä172.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat lediglich hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Berichtigung zugelassen, da er nur insoweit der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zumisst, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
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