L 3 R 279/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 17 R 2290/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 279/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1959 geborene Klägerin ist Facharbeiterin für Warenbewegung und war nach Abschluss ihrer Berufsausbildung von 1978 bis 1992 in dieser Tätigkeit beschäftigt. Nach einem schweren Unfall ihrer Tochter gab die Klägerin ihre Arbeit auf und pflegte ca. ein Jahr lang ihre Tochter zu Hause. Im Anschluss nahm die Klägerin eine Tätigkeit als Reinigungskraft auf, die sie – unterbrochen durch Zeiten der Arbeitslosigkeit - zuletzt mit einer 1998 begonnenen Beschäftigung als Reinigungskraft im D Hzentrum B bis zum Beginn ihrer Arbeitsunfähigkeit am 15. Dezember 2009 fortsetzte.

Am 13. Dezember 2010 beantragte die Klägerin wegen Herzproblemen, Rheuma, Bandscheibenbeschwerden, Problemen mit den Händen, den Knien und aufgrund Hypertonie bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Die Beklagte gewährte der Klägerin zunächst eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme, welche die Klägerin vom 05. April bis zum 03. Mai 2011 in der Rehabilitationsklinik L in Bad S, Abteilung Orthopädie, absolvierte. Die Klägerin wurde dort mit einem Leistungsvermögen für täglich 6 Stunden leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne ständiges schweres Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sowie ständige Zwangshaltungen, insbesondere für eine Tätigkeit als Reinigungskraft - zunächst für zwei weitere Wochen arbeitsunfähig - entlassen (ärztlicher Entlassungsbericht vom 10. Mai 2011).

Das im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit (Agentur für Arbeit Berlin Nord) durch die Ärztin Dr. W am 31. Mai 2011 erstellte Gutachten, in welchem die Gutachterin ausführte, dass ein im Anschluss an die Reha absolvierter Arbeitsversuch der Klägerin in ihrer letzten Tätigkeit als Reinigungskraft nach drei Tagen gescheitert und der Klägerin seit dem erneut Arbeitsunfähigkeit attestiert worden sei, reichte die Klägerin zur Begründung ihres Rentenantrags nach. Dr. W hielt die Klägerin für täglich weniger als drei Stunden, voraussichtlich länger als sechs Monate, aber nicht auf Dauer, erwerbsfähig.

Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGeSo) Berlin stellte mit Bescheid vom 05. August 2011 bei der Klägerin einen Grad der Behinderung (GdS) von 40 fest.

Die Beklagte veranlasste sodann die Begutachtung der Klägerin durch den Facharzt für Orthopädie Dr. R, der aufgrund ambulanter Untersuchung der Klägerin vom 21. März 2012 in seinem Gutachten vom 23. März 2012 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen feststellte: - Polyarthralgie ohne Bewegungseinschränkung bei Polyarthrose, - Vertebragenes Schmerzsyndrom bei V. a. M. Bechterew, - Gonalgie bei Retropatellararthrose beidseits, - Adipositas, - Fazialisparese, - depressive Episode. Das Leistungsvermögen der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sei nicht gefährdet oder gemindert. Die Klägerin könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnden Haltungsarten für sechs Stunden und mehr täglich verrichteten, wobei häufiges Bücken, Heben, Tragen und Bewegen schwerer Lasten zu vermeiden seien. Daher könne sie aus orthopädischer Sicht nicht mehr in ihrer letzten Tätigkeit als Reinigungskraft tätig sein. Die Wegefähigkeit sei erhalten.

Mit Bescheid vom 13. April 2012 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab, da weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vorliege. Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2012 unter Verweis auf das Gutachten von Dr. R sowie den Entlassungsbericht der Reha-Klinik L zurück.

Mit der am 21. Mai 2012 vor dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie auf die der Klage beigefügten ärztlichen Atteste von den Ärzten für Nervenheilkunde und Neurologie Dr. G vom 14. November 2011, Dr. de G vom 25. Januar 2012 sowie der Ärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. K vom 12. Januar 2009 verwiesen und vorgetragen, dass sie aufgrund ihrer Erkrankungen auf orthopädischem, internistischem und psychiatrischem Gebiet nicht in der Lage sei, täglich drei Stunden erwerbstätig zu sein. Dies werde auch durch das im Auftrag der Bundesagentur für Arbeit durch Dr. A am 08. März 2013 erstellte Gutachten belegt, in welchem der Gutachter auch ausgeführt habe, dass sich trotz der seit November 2011 durchgeführten ambulanten nervenärztlichen Behandlung der Klägerin bisher keine Besserung eingestellt habe.

Das SG hat Befundberichte eingeholt vom Facharzt für Nervenheilkunde Dr. G vom 22. Januar 2013, vom Arzt für Innere Medizin Dr. W vom 07. Februar 2013 und der Fachärztin für Innere Medizin/Rheumatologie Dr. S vom 04. Februar 2013. Vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Berlin-Brandenburg e. V. hat das SG die Gutachten vom 14. Januar 2010, 24. Juni 2011 sowie vom 29. November 2011 und von der Bundesagentur für Arbeit das vollständige Gutachten des Dr. A vom 08. März 2013 sowie das psychiatrisch-neurologische Fachgutachten des Facharztes für Psychiatrie Dr. H vom 04. März 2013 beigezogen.

Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das SG das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Dr. K vom 24. Oktober 2013 veranlasst. Der Sachverständige hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin vom 14. Oktober 2013 folgende Gesundheitsstörungen bei ihr festgestellt: 1. leichtgradige depressive Episode, 2. Residualzustand nach Facialisparese rechts, 3. Vertebrales Schmerzsyndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen, 4. Gonalgie rechts bei Polyarthrose, 5. arterielle Hypertonie, 6. Aorten-und Mitralklappeninsuffizienz 1. Grades, 7. kompensierte Niereninsuffizienz. Unter Berücksichtigung der Leistungseinschränkungen auf psychiatrisch-neurologischem Fachgebiet könne die Klägerin täglich regelmäßig acht Stunden körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten mit im Gutachten näher genannten qualitativen Einschränkungen und bei erhaltener Wegefähigkeit verrichten. Wegen der Gesundheitsstörungen auf anderen Fachgebieten könne in diesem Gutachten keine zusammenfassende Gesamtbeurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin abgegeben werden.

Daraufhin hat das SG das orthopädischer Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. R vom 20. Februar 2014 veranlasst. Aufgrund ambulanter Untersuchung der Klägerin vom 19. Februar 2014 ist der Sachverständige zu der Einschätzung gelangt, dass bei der Klägerin auf orthopädischem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen bestehen: 1. verminderte Trag- und Bewegungsfunktion der Wirbelsäule bei - segmentalen Bewegungsstörungen, - degenerativen Segmentveränderungen mit Bandscheibenschäden der LWS, - haltung-/ belastungsabhängigen pseudoradikulären Schmerzen, - statisch muskulärer Fehlhaltung/ muskulärer Dysbalance, 2. beginnende Polyarthrose der Hände und Füße, 3. Kniegelenkarthrose rechts II. bis III. Grades, links II. Grades. Hieraus ergäben sich – im Gutachten näher benannte – qualitative, nicht jedoch quantitative Leistungseinschränkungen. Unter Berücksichtigung auch der in den bereits vorliegenden Gutachten von Dr. H vom 04. März 2013 und von Dr. K vom 24. Oktober 2013 festgestellten und gewürdigten weiteren Gesundheitsstörungen könne die Klägerin noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten mit weiteren, im Gutachten näher genannten, qualitativen Leistungseinschränkungen täglich vollschichtig (acht Stunden) verrichten, die Wegefähigkeit sei erhalten, betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Eine Tätigkeit als Reinigungskraft sei der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumutbar.

Nach Anhörung der Beteiligten zum Erlass eines Gerichtsbescheides mit gerichtlichem Schreiben vom 31. März 2014 hat das SG auf den neuerlichen Vortrag der Klägerin vom 17. Juli 2014 (mit ärztlichem Attest von der Fachärztin für Innere Medizin Dr. S vom 06. Juni 2014: Deutliche Störung der Feinmotorik an den Händen, Faustschluss in den Vormittagsstunden nur mit Mühe möglich, Weichteilschwellung an den Händen sowie einer Rezeptkopie der Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. Z - Diagnose: Herpes Zoster linke Gesäßhälfte) die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. R vom 04. September 2014 (keine Änderung gegenüber dem Gutachten) eingeholt und die Beteiligten sodann mit gerichtlichem Schreiben vom 19. November 2014 erneut zur beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

Mit Gerichtsbescheid vom 29. Januar 2015 hat das Sozialgericht sodann die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Rente, da sie nicht erwerbsgemindert sei. Zur Überzeugung der Kammer verfüge sie noch über ein täglich mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für jedenfalls leichte körperliche und geistige Arbeiten unter Berücksichtigung weiterer qualitativer, nicht jedoch quantitativer Einschränkungen. Das Gericht stütze sich bei seiner Einschätzung auf die sorgfältig und nachvollziehbar begrün¬deten Sachverständigengutachten von Dr. K und Dr. R, denen bezüglich der Erkran¬kungen der Klägerin und der Beurteilung des Leistungsvermögens gefolgt werde. Schließlich bestünden zur Überzeugung der Kammer keine Zweifel daran, dass die Klägerin das Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingun¬gen des allgemeinen Arbeitsmarktes realisieren könne. Die bestehenden Einschränkungen seien auch in der Zusammenschau nicht derart gravierend, dass im Ergebnis ernste Zweifel an der Einsetzbarkeit in einem Betrieb aufkämen. Die Klägerin sei auch nicht teilweise erwerbsgemindert wegen Berufsunfähigkeit. Zwar sei die Klägerin vor dem 02. Januar 1961 geboren, Berufsunfähigkeit im Sinne von § 240 SGB Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) liege aber nicht vor. Die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) maßgebliche bisherige Tätigkeit der Klägerin sei die als Reinigungskraft, mit der sie in die 4. Stufe nach dem Mehrstufenschema des BSG als unausgebildete Arbeiterin einzustufen und auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei. Auf den von der Klägerin erlernten Beruf der Facharbeiterin für Warenbewegung sei hingegen nicht abzustellen, da sie sich von diesem Beruf gelöst habe.

Gegen den ihr am 21. April 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 29. April 2015 Berufung eingelegt und zur Begründung vorgetragen, dass sie aufgrund der Summe ihrer Funktionsbeeinträchtigungen nicht in der Lage sei, einer Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes regelmäßig nachzugehen. Die erstinstanzlich eingeholten Gutachten hätten sich mit den erhobenen Befunden nicht vollständig auseinandergesetzt. So fehle im Gutachten von Dr. R eine Auseinandersetzung mit dem Morbus Bechterew und dem Morbus Sudeck der linken Hand als erhebliche Leistungseinschränkungen der Klägerin. Im Gutachten von Dr. K seien die mittelgradige Depression infolge der mehrjährigen Schmerzen und des Verlustes der Beschäftigung nur oberflächlich und die jahrelangen dauerhaften Schmerzen, insbesondere infolge der Gürtelrose sowie die Folgen der Gesichtslähmung (Verlust von Geruchssinn, erhebliche Einschränkungen des Geschmackssinns) gar nicht angesprochen worden. Die Klägerin hat das ärztliche Attest von Dr. S vom 06. Juni 2014 nebst Laborbefunden vom 09. Juni 2014 beigefügt.

Mit Bescheid vom 30. Juni 2015 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 21. Mai 2015 auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation ab.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. Januar 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und verweist auf die beratungsärztlichen Stellungnahmen der Fachärztin für Innere Medizin und Sozialmedizin Dr. K vom 14. August 2015 sowie vom 15. Februar und 22. August 2016.

Der Senat hat Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte eingeholt, so vom Chirurgen, Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. L vom 13. Januar 2016, vom Facharzt für Innere Medizin Dr. W vom 14. Januar 2016 und von der Fachärztin für Innere Medizin/Rheumatologie Dr. S vom 27. Januar 2016. Hierauf hat der Sachverständige Dr. R am 12. April 2016 ergänzend Stellung genommen: Die aktuellen Befunde seien nicht geeignet, von der in seinem Gutachten erstellten Leistungsbeurteilung abzuweichen. Die bei der Klägerin bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Funktionsstörungen seien bereits im Gutachten voll umfänglich berücksichtigt worden, ohne dass in den aktuellen Befunden wesentliche Veränderungen oder Verschlechterungen dokumentiert seien.

Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat das aufgrund ambulanter Untersuchung der Klägerin erstellte unfallchirurgische Sachverständigengutachten des Facharztes für Chirurgie und Unfallchirurgie Dr. A vom 25. Juli 2016 eingeholt. Der Sachverständige hat nach ambulanter Untersuchung der Klägerin vom 05. Juli 2016 folgende Gesundheitsstörungen bei ihr festgestellt: - Funktionseinschränkung der Wirbelsäule, bedingt durch degenerative Segmentveränderungen mit Bandscheibenvorwölbung der LWS, - haltungs- und belastungsabhängige Rückenschmerzen, - schmerzhafte erhebliche Bewegungseinschränkungen in beiden Schultergelenken, - schmerzhafte Bewegungseinschränkungen im HWS-Bereich, - beginnende Polyarthrose an rechten Händen und Füßen, - Kniegelenkarthrose. Im Vergleich zu den Vorgutachten sei nunmehr auch eine erhebliche Bewegungseinschränkung in beiden Schultergelenken und die Zunahme der Funktionseinschränkung im LWS-Bereich (Finger-Boden-Abstand: 90 cm) festzustellen. Aufgrund der Leiden in der Wirbelsäule, des Kniegelenkschadens, der Polyarthrose und des Bluthochdruckes sei der Klägerin eine Tätigkeit von mehr als vier Stunden täglich nicht zumutbar.

In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 27. September 2016 zum Gutachten von Dr. A hat Dr. R zunächst darauf verwiesen, dass die vom Sachverständigen Dr. A erhobenen Befunde hinsichtlich der jeweils dokumentierten Bewegungsumfänge und der hieraus resultierenden Funktionsstörungen nicht wesentlich von den im Rahmen seiner Untersuchung der Klägerin vom 19. Februar 2014 dokumentierten Befunden abweichen würden. Weder im Bereich der oberen und unteren Extremitäten noch im Bereich der Wirbelsäule seien erheblich abweichende oder neu hinzugetretene wesentliche Funktionsstörungen dokumentiert. Gleiches gelte hinsichtlich der beschriebenen Beschwerden. Ein Finger-Boden-Abstand von 90 cm sei eher auf geringe Mitarbeitern als auf tatsächliche Bewegungslimitierung zurückzuführen und nicht glaubhaft. Die verstärkte Bewegungseinschränkung im Bereich der Schultergelenke könne durch verstärkte muskuläre Verspannungen verursacht sein. Eine von Dr. A beschriebene signifikante Zunahme der schmerzhaften Bewegungseinschränkungen in beiden Hüft- und Kniegelenken ergebe sich anhand des Vergleichs der dokumentierten Bewegungsumfänge sowie der Befunde der Hüft- und Kniegelenken nicht.

Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2016 hat die Klägerin mitgeteilt, dass ihr von Dr. W am 12. Oktober 2016 nunmehr Tilidin-N 50/4 mg verordnet worden sei. Dieses Medikament falle unter die Schmerzmittelgruppe der Opioide, welches sie nun nach sieben Jahren der Krankschreibung ohne Besserung ihres Gesundheitszustandes nehmen müsse.

Mit weiterem Schriftsatz vom 04. November 2016 hat die Klägerin den MRT-Befund der Lendenwirbelsäule vom 12. September 2016 übersandt. Wegen des befundeten breitbasigen Brandscheibenüberhangs bei L4/5 unterzog sie sich ab Dezember 2016 bis zumindest Januar 2017 einer Infiltrationsbehandlung an der LWS.

Mit ergänzender Stellungnahme vom 17. November 2016 hat der Sachverständige Dr. R dies als Behandlungsfall beurteilte, ohne dass generell von einer dauerhaften Verschlechterung auszugehen sei. Befunde, welche eine dauerhaft quantitativ geminderte Leistungsfähigkeit ergeben würden, seien nicht mitgeteilt. Diese lägen beispielsweise vor, wenn anhaltende Lähmungserscheinungen und erhebliche Nervenwurzelreizungen mit sensormotorischen Schäden oder ein austherapiertes chronisches Schmerzsyndrom vorlägen. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall.

Mit Beschluss vom 01. Dezember 2016 hat der Senat den Rechtsstreit zur Entscheidung der Berichterstatterin als Einzelrichterin zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.

Auf den Antrag der Klägerin mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2016 hat der Senat das nervenärztliche Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. F vom 08. Februar 2018 eingeholt. Der Sachverständige hat aufgrund der bei der Klägerin am 10. Januar 2018 durchgeführten ausführlichen ambulanten nervenärztlichen Untersuchung eine oberflächliche depressive Episode bei Schmerzen und belastender Lebenssituation bzw. differentialdiagnostisch eine lang hingezogene Anpassungsstörung bei wechselnden anhaltenden Belastungsfaktoren, unter anderem Schmerz, im Übrigen remittierende Gesichtslähmung rechts und Herpes Zoster im Genitalbereich festgestellt. Durch die Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet werde die körperliche Leistungsfähigkeit der Klägerin zwar qualitativ beeinflusst (keine Nachtarbeit, keine Akkordarbeit, kein Arbeiten auf Leitern und Gerüsten), nicht aber quantitativ. Die Klägerin könne noch täglich sechs Stunden ohne erhöhten Pausenbedarf bei erhaltener Wegefähigkeit tätig sein. Es ergebe sich keine Abweichung zu den bereits vorliegenden Gutachten.

Die Beklagte hat den Versicherungsverlauf der Klägerin vom 23. April 2018 übersandt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts einschließlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berichterstatterin hat aufgrund des Übertragungsbeschlusses des Senats vom 01. Dezember 2016 als Einzelrichterin zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern zu entscheiden, § 153 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die verfahrensgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren die Klägerin nicht, indem die Beklagte die von ihr begehrte Rente ablehnte. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente.

Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung aus § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI. Nach § 43 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch behinderte Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist dagegen nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage insoweit nicht zu berücksichtigen ist.

Dies zugrunde gelegt steht das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen der teilweisen oder vollen Erwerbsminderung nicht gemäß § 128 Abs. 1 S. 1 SGG zur Überzeugung des Senats fest und ist so nicht bewiesen. Denn die Klägerin ist auch angesichts der bei ihr festgestellten Leiden und unter Beachtung der daraus folgenden qualitativen Leistungseinschränkungen in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Hierfür bezieht sich der Senat auf die überzeugenden, weil auf umfassenden Befunderhebungen beruhenden, schlüssigen Ausführungen der im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten von Dr. K vom 24. Oktober 2013 und von Dr. R vom 20. Februar 2014 sowie die im Berufungsverfahren eingeholten ergänzenden Stellungnahmen von Dr. R vom 12. April, 27. September und 17. November 2016 nebst dem vom Senat eingeholten Gutachten von Dr. F vom 08. Februar 2018, durch welche die von der Klägerin behaupteten quantitativen Leistungseinschränkungen keine Bestätigung finden.

Vielmehr wird ihr in quantitativer Hinsicht durch die Gutachten ein tägliches Leistungsvermögen von sechs Stunden bescheinigt, dies zuletzt auch durch den von der Klägerin selbst ausgewählten Sachverständigen Dr. F mit Gutachten vom 08. Februar 2018.

Die im Ergebnis der Begutachtungen durch Dr. Kr. R sowie Dr. F festzustellenden qualitativen Leistungseinschränkungen - körperlich nur leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten, ohne Zwangshaltungen, ohne extreme Witterungseinflüsse, überwiegend im Sitzen mit gelegentlichem Stehen und Gehen, im Freien unter Witterungsschutz, ohne Zeitdruck, ohne Akkord- und Fließbandarbeit, ohne festgelegten Arbeitsrhythmus, mit nur gelegentlichem Treppensteigen ohne zusätzliche Gewichtsbelastung, keine Arbeiten auf Gerüsten und Leitern, wobei das Besteigen eines Tritts mit drei Stufen möglich ist, nur Arbeiten ohne Nachtschicht, Arbeiten geistig einfacher Art, ohne besondere Anforderungen an Reaktionsfähigkeit und Aufmerksamkeit, keine Armvorhaltetätigkeiten mit starkem Krafteinsatz der Finger und Hände (beginnende Polyarthrose der Hände), keine Arbeiten mit den Händen in Schulterhöhe und über Kopf, keine Arbeiten im Knien, Kriechen oder Hocken, Arbeiten mit Publikumsverkehr sind hingegen möglich - ermöglichen es der Klägerin grundsätzlich, eine Erwerbstätigkeit unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes wahrzunehmen.

Dabei ist im Rahmen des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs weder von der Beklagten noch von den Gerichten zu prüfen, ob ein konkreter, den qualitativen Leistungseinschränkungen der Klägerin entsprechender Arbeitsplatz für diese tatsächlich auch vermittelt werden kann. Dies bleibt dem Aufgaben- und Zuständigkeitsbereich der Arbeitsvermittlung vorbehalten.

Dem Ergebnis der Begutachtungen durch Dr. Kr. R Dr. F ist die Klägerin nicht mit aussagekräftigen ärztlich erhobenen Befunden entgegen getreten, welche den Rückschluss auf ein zumindest teilweise aufgehobenes quantitatives Leistungsvermögen hätten zulassen können. Zum letzten, hier aktuellsten Gutachten von Dr. F hat die Klägerin schon gar nicht mehr Stellung genommen. Soweit sie sich in einem früheren Verfahrensstadium auf das Gutachten des Dr. A vom 25. Juli 2016 gestützt hat bzw. ggf. auch weiterhin stützt, vermag der Senat der quantitativen Leistungsbegrenzung auf unter sechs Stunden nicht zu folgen. Es ist nicht nachvollziehbar, wie der chirurgische Sachverständige, dessen am 05. Juli 2016 erhobenen Befunde – insbesondere die dokumentierten Bewegungsmaße an den oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule – nicht wesentlich von den durch Dr. R am 19. Februar 2014 erhobenen Befunden abweichen, daraus - im Gegensatz zu Dr. R - eine quantitative Leistungsbegrenzung auf unter sechs Stunden ableitet. Dass aus den Befunden hingegen qualitative Leistungseinschränkungen resultieren ist übereinstimmende Meinung aller Sachverständigen.

Anders als die Klägerin meint, hatte auch bereits Dr. R die beginnende Polyarthrose der Hände und Füße in seinem Gutachten - bei der Beschreibung der qualitativen Leistungseinschränkungen – berücksichtigt.

Auch aus dem Befund der MRT-Untersuchungen der LWS vom 12. September 2016 mit nachfolgender Injektionsbehandlung im Dezember 2016 und Januar 2017 ist eine weitere, dauerhaft eingetretene Limitierung des Leistungsvermögens nicht nachgewiesen. Es handelte sich bei den eingetretenen Beschwerden um eine akute Behandlungsbedürftigkeit der Klägerin, die nicht gleichzusetzen ist mit einer - auf Dauer vorliegenden - Erwerbsminderung und daher auch nicht vor Ablauf von sechs Monaten als Erwerbsminderung zu bewerten ist, was voraussetzt, dass auch nach Ausschöpfung der Behandlungsmöglichkeiten Leistungseinschränkungen (u. a. Lähmungserscheinungen, erhebliche Bewegungseinschränkung, Nervenwurzelreizsyndrom, austherapiertes chronisches Schmerzsyndrom) verbleiben und nachweisbar sind. Dafür ist hier – über die bereits festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen hinaus - nichts ersichtlich.

Wenn nun nach alldem das Restleistungsvermögen der Klägerin leichte Verrichtungen oder Tätigkeiten erlaubt (wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen etc.)die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, und sich solche abstrakten Handlungsfelder im Fall der Klägerin hinreichend beschreiben lassen und deshalb ernste Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen nicht aufkommen, stellt sich hier auch nicht die Frage, ob eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine besondere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 09. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R -, zitiert nach juris Rn. 26). Erst wenn es auf eine "schwere spezifische Leistungsbehinderung" oder "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" ankommt und eine solche vorläge, wäre der Klägerin mindestens eine konkrete Verweisungstätigkeit mit ihren typischen, das Anforderungsprofil bestimmenden Merkmalen (kein konkreter Arbeitsplatz) zu benennen gewesen, um ihren Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung auszuschließen. Erst hierbei wären dann nicht nur das körperliche, geistige und kognitive Leistungsvermögen einerseits und das berufliche Anforderungsprofil andererseits miteinander zu vergleichen und in Deckung zu bringen gewesen, sondern es hätte auch individuell geprüft werden müssen, ob die Klägerin die notwendigen fachlichen Qualifikationen und überfachlichen Schlüsselkompetenzen besäße oder zumindest innerhalb von drei Monaten erlernen könnte (BSG, a.a.O., Rn. 27).

Schließlich fehlt es der Klägerin auch nicht an der erforderlichen Wegefähigkeit. In der Regel ist auch derjenige erwerbsgemindert, welcher selbst unter Verwendung von Hilfsmitteln, zum Beispiel von Gehstützen, nicht in der Lage ist, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als fünfhundert Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß zurückzulegen und zweimal öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991, - 13/5 RJ 73/90 -, zitiert nach juris Rn. 19). An einer Wegefähigkeit dieses Umfangs bestehen hier nach den nachvollziehbaren Einschätzungen sämtlicher Sachverständiger keine vernünftigen Zweifel.

Es kommt auch nicht die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI in Betracht. Nach Absatz 1 der Vorschrift haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Nach Absatz 2 sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Diese Voraussetzungen liegen insgesamt nicht vor. Die Klägerin ist zwar vor dem 02. Januar 1961 geboren, aber nicht berufsunfähig. Wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend ausgeführt hat, ist bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit vom bisherigen Beruf des Versicherten auszugehen. Es ist dann zu prüfen, ob er diesen Beruf ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin ausüben kann. Ist er hierzu aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage, ist der qualitative Wert des bisherigen Berufs dafür maßgebend, auf welche Tätigkeiten der Versicherte verwiesen werden kann (BSG, Urteile vom 25. Januar 1994 - 4 RA 35/93 -, vom 16. November 2000 - B 13 RJ 79/99 R -, jeweils zitiert nach juris). Bisheriger Beruf ist in der Regel eine der Versicherungspflicht unterliegende Berufstätigkeit, welche der Versicherte zuletzt auf Dauer verrichtete, und zwar mit dem Ziel, sie bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der auf Krankheit oder Behinderung beruhenden Unfähigkeit auszuüben. Wurde zuvor im Laufe des Erwerbslebens eine höherqualifizierte Tätigkeit im Wesentlichen krankheits- oder gebrechensbedingt aufgegeben, so ist zu prüfen, ob diese Tätigkeit maßgeblicher Hauptberuf geblieben ist oder ob der Versicherte ihn dennoch freiwillig aufgegeben oder sich mit seinem Verlust dauerhaft abgefunden hat (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -, zitiert nach juris). Zur Erleichterung der Beurteilung, ob ein Verweisungsberuf benannt werden muss und welcher Verweisungsberuf gegebenenfalls sozial zumutbar ist, hat das Bundessozialgericht ein aus mehreren Stufen bestehendes Schema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach Bedeutung, welche Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet. Danach ergeben sich für die Arbeiterberufe folgende Stufen: Stufe 1: ungelernte Arbeiter oder Angestellte Stufe 2: angelernte Arbeiter oder Angestellte mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren

Stufe 3: Facharbeiter mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren oder Angestellte mit längerer Ausbildung, regelmäßig von drei Jahren

Stufe 4: hoch qualifizierte Facharbeiter, zu denen Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung gehören, oder Angestellte mit hoher beruflicher Qualität

(BSG, Urteile vom 13. Dezember 1984 – 11 RA 72/83 - und vom 22. Oktober 1996 - 13 RJ 25/96 -, jeweils zitiert nach juris). Eine Verweisung, die grundsätzlich durch die konkrete Benennung eines Berufs geschehen muss, der an mindestens dreihundert Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird, kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächstniedrigeren erfolgen. Hierbei ist das Überforderungsverbot (Einarbeitung innerhalb von drei Monaten) zu beachten. Eine konkrete Benennung ist grundsätzlich nur dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein so genannter einfacher Angelernter (Stufe 2, aber mit einer Ausbildungsdauer von nur bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -, a.a.O.).

Da Klägerin hat zwar den Facharbeiterabschluss (Warenbewegung) erworben und war in diesem Beruf auch nach der Ausbildung noch tätig. Sie hat sich jedoch von diesem Beruf gelöst. Eine Lösung vom erlernten Beruf liegt grundsätzlich dann vor, wenn der Versicherte nicht nur vorübergehend eine andere (geringerwertige) Tätigkeit aufnimmt und die Aufgabe der höherwertigen Tätigkeit vom Willen des Versicherten getragen ist, d. h. wenn der Versicherte seiner Berufstätigkeit erkennbar nicht mehr nachgehen will, sich endgültig einer anderen Berufstätigkeit zuwendet (BSGE 46, 121) und diese Veränderung nicht aus gesundheitlichen Gründen erfolgt.

Die Klägerin hat aus privaten, nicht eigenen gesundheitlichen Gründen, den erlernten Beruf aufgegeben. Dass sie aufgrund der Pflege ihrer Tochter aus dem Beruf ausstieg, steht nicht in ihrer Person liegenden, eigenen gesundheitlichen – hier allein erwerbsminderungsrechtlich relevanten - Gründen gleich. Zwingende gesundheitliche Gründe in der Person der Klägerin, die sie gehindert hätten, nach der Pflegezeit wieder in den erlernten Beruf zurückzukehren, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen. Soweit sich die Klägerin – nach der Pflegezeit - einer Tätigkeit als Reinigungskraft dauerhaft zugewandt hat und daher auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar ist, ist auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angegriffenen Gerichtsbescheides zu verweisen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision ist mangels Zulassungsgrunds gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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