L 3 U 90/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 98 U 794/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 90/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehrt von der Beklagten Verletztengeld über den 08. Januar 2013 hinaus.

Der im Jahre 1959 geborene Kläger war als Taxifahrer selbstständig tätig. Er war bei der Beklagten freiwillig versichert. Während seiner versicherten Tätigkeit wurde er am 13. November 2013, als er gerade mit dem Taxi in einem Parkhaus fuhr, von einem von links kommenden PKW angefahren. Die Geschwindigkeit des Taxis des mit Sicherheitsgurt angeschnallten Klägers betrug etwa 30 km/h. Der Kläger stieß mit dem Kopf gegen das innere Autodach, mit der linken Schulter gegen die Fahrertür.

Die Erstversorgung des Klägers erfolgte unmittelbar nach dem Unfall im St. H Krankenhaus unter anderem durch den Durchgangsarzt (D-Arzt) Dr. L. In dessen Arztbericht vom Unfalltage wurden folgende Befunde festgehalten: Keine Prellmarken, keine sichtbaren Hämatome, Druckschmerz im Bereich beider Schultergelenke. Beweglichkeit der Schultergelenke schmerzhaft endgradig eingeschränkt in allen Ebenen. Lokaler Druckschmerz in mittlerer Halswirbelsäule (HWS), keine Einschränkung der Beweglichkeit. Pupillenreaktion regelrecht seitengleich, Patient berichtet über starke Kopfschmerzen. Nach CT-Untersuchungen des Schädels, der HWS sowie der Schultergelenke fanden sich keine Hinweise auf traumatische Folgen. Im Kurz-Entlassungsbericht der bis 19. November 2012 dauernden stationären Behandlung wurden als Diagnosen ein Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades sowie Schulterprellung beidseits (links stärker als rechts) gestellt. Der Kläger wurde als arbeitsunfähig entlassen.

Aufgrund der schmerzhaften Bewegungseinschränkung im Bereich des linken Schultergelenkes veranlasste der D-Arzt Dr. W unter dem Verdacht auf Rotatorenmanschettenläsion/ACG-Sprengung links die am 30. November 2012 durchgeführte computertomographische (CT) Untersuchung der linken Schulter. Das Ergebnis dieser Untersuchung gab er in seinem Zwischenbericht vom 10. Dezember 2012 wie folgt wieder: "Keine knöcherne Absprengung im Bereich Schulter und ACG". Dem Kläger wurde weiterhin Arbeitsunfähigkeit bescheinigt.

Wegen anhaltender Beschwerden unterzog sich der Kläger am 23. Januar 2013 einer Magnetresonanztomographie (MRT) –Untersuchung der linken Schulter, die eine Tendinitis der Supraspinatussehne, eine ACG-Arthrose sowie den Nachweis eines Ganglions ergab.

Aufgrund anhaltender Beschwerden im Bereich der linken Schulter mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung veranlasste Dr. W die Vorstellung des Klägers in der Unfallbehandlungsstelle der Berufsgenossenschaft Berlin e. V. - USB Berlin -, wo sich der Kläger am 08. März 2013 vorstellte. Der Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie H stellte daraufhin mit fachchirurgischer Stellungnahme vom selben Tage fest, dass sich in der bildgebenden Diagnostik der linken Schulter vom 30. November 2012 und 23. Januar 2013 nachweislich keine Unfallverletzungsfolgen gezeigt hätten. Beim Kläger lägen unfallunabhängige Schadensanlagen bzw. Erkrankungen vor. Die fortbestehende Arbeitsunfähigkeit sei nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen.

Zuletzt am 11. März 2013 bescheinigte Dr. W dem Kläger Arbeitsunfähigkeit bis (voraussichtlich) einschließlich 02. April 2013.

Der um eine Einschätzung gebetene Beratungsarzt der Beklagte, der Unfallchirurg Dr. B, teilte unter dem 13. April 2013 mit, dass unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit des Klägers unter Berücksichtigung eines verlängerten Heilungsverlaufs wegen vorbestehender Veränderungen für die Dauer von sechs bis acht Wochen anzunehmen seien.

Mit Bescheid vom 07. Mai 2013 erkannte die Beklagte eine Gehirnerschütterung sowie eine Prellung beider Schultern als Folge des Unfalls vom 13. November 2012 an und führte aus, dass unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis einschließlich 08. Januar 2013 bestanden hätten. Zugleich lehnte die Beklagte es ab, die bei den radiologischen Untersuchungen festgestellten Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule und der linken Schulter als Unfallfolgen anzuerkennen. Zur Begründung führte sie aus, dass der Arbeitsunfall keine rechtlich wesentliche Ursache dieser Gesundheitsschäden sei. Vielmehr hätten sich diese Gesundheitsstörungen lediglich anlässlich des Versicherungsfalls offenbart. Die Leistungspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung sei daher über den 08. Januar 2013 hinaus nicht gegeben.

Den - unbegründet gebliebenen - Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2013 zurück.

Mit seiner am 22. November 2013 vor dem Sozialgericht (SG) Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, dass er weiterhin unfallbedingt arbeitsunfähig und behandlungsbedürftig sei. Durch den zur Gerichtsakte gereichten Sonographie-Befund des St. H Krankenhauses vom 20. November 2013 sei auch eine Milzläsion festgestellt worden, die nach Angaben des behandelnden Arztes des Klägers auf das verfahrensgegenständliche Unfallereignis zurückzuführen sei.

Nach Anhörung der Beteiligten mit gerichtlicher Verfügung vom 12. Februar 2015 zum Erlass eines Gerichtsbescheides gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Berlin mit Gerichtsbescheid vom 11. Mai 2015 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die als kombinierte Anfechtung- und Leistungsklage zulässige Klage unbegründet sei. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig, denn der Kläger habe über den 08. Januar 2013 hinaus keinen Anspruch auf Verletztengeld. Verletztengeld werde nach § 45 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) erbracht, wenn Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig seien oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben könnten und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung Anspruch auf Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen gehabt hätten. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 SGB VII lägen für die hier streitige Zeit nicht vor. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers habe über den 08. Januar 2013 hinaus nicht mehr "infolge" des Arbeitsunfalls bestanden. Es bestehe zwar kein Zweifel daran, dass das Ereignis vom 13. November 2012 ein Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades und eine beidseitige Schulterprellung rechtlich wesentlich verursacht habe. Diese Gesundheitsschäden seien jedoch nach (spätestens) acht Wochen ausgeheilt gewesen und hätten anschließend keine funktionellen, die Arbeitsunfähigkeit begründenden Einschränkungen begründet. Die übrigen Gesundheitsstörungen im Bereich der Schultern und der Wirbelsäule des Klägers seien nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit durch das Unfallereignis verursacht worden, so dass die auf ihnen beruhende Arbeitsunfähigkeit keinen Anspruch auf Verletztengeld begründe. Das Gericht folge den fachärztlichen Beurteilungen durch den Unfallchirurgen H vom 08. März 2013 und den Beratungsarzt der Beklagten Dr. B vom 13. April 2013. Der Sonographie-Befund des Klägers vom 20. November 2013 belege lediglich, dass bei ihm Milzzysten und Nebenmilzen festgestellt worden seien. Es lägen jedoch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Milz-Erkrankung in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis stehe.

Gegen den ihm am 15. Mai 2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 15. Juni 2015 Berufung eingelegt. Der Gesundheitsschaden sei entgegen der Ansicht des Sozialgerichts nicht bereits nach acht Wochen ausgeheilt gewesen. Dies folge aus dem ärztlichen Attest der Gemeinschaftspraxis für Orthopädie/Unfallchirurgie G u. a. vom 28. Mai 2015 und den Terminzetteln des Klägers, aus denen hervorgehe, dass der Kläger auch nach dem 08. Januar 2013 aufgrund des Arbeitsunfalles in unfallchirurgische Behandlung gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des SG Berlin vom 11.05.2015 aufzuheben sowie die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 07. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2013 zu verurteilen, dem Kläger über den 08. Januar 2013 hinaus Verletztengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

Die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Stellungnahmen des Unfallchirurgen H vom 08. März 2013 und Dr. B vom 13. April 2013.

Der Senat hat die Behandlungsunterlagen und bildgebenden Aufnahmen des Klägers vom Krankenhaus H, von der Röntgenpraxis Gropiusstadt und von Dr. W beigezogen.

Im Rahmen der Beweisaufnahme hat der Senat sodann das fachorthopädi-sche/fachchirurgische Zusammenhangsgutachten des Facharztes für Orthopädie und Chirurgie Dr. T vom 20. November 2017, nebst Korrekturschriftsatz vom 01. Februar 2018, eingeholt, dem der ärztliche Bericht der Gemeinschaftspraxis für Orthopädie G u. a. vom 09. November 2017 beigefügt war. Der Sachverständige hat aufgrund ambulanter Untersuchung des Klägers vom 15. November 2017 bei diesem folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: - leichte Funktionsstörungen der Schultergelenke beidseits, links symptomatischer als rechts bei beginnender Arthrose humeroscapulär und am AC-Gelenk sowie klinisch Impingementsyndrom, links deutlicher als rechts, - Zustand nach Arbeitsunfall mit HWS-Distorsion/Stauchung- und Schulterprellung links am 13. November 2012 - folgenlos ausgeheilt. Das Unfallereignis vom 13. November 2012 habe mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades und einer Prellung der Schultergelenke beidseits, links stärker als rechts, geführt. Als konkurrierende Ursachen kämen die leichtgradigen Verschleißerscheinungen an beiden Schultergelenke hinzu, die zum Zeitpunkt des Unfallereignisses bestanden, jedoch zu keiner Symptomatik bzw. Beschwerden geführt hätten. Die durch den Unfall vom 13. November 2013 verursachten Gesundheitsstörungen hätten eine Arbeitsunfähigkeit von etwa sechs Wochen begründet. Der Kläger hat gegenüber dem Sachverständigen angegeben, dass er ca. ein bis zwei Monate nach dem Unfall seine Tätigkeit als Taxifahrer wieder aufgenommen habe, wenn auch unter Schmerzen. Nach dem Unfall bis zur Abmeldung seines Taxi-Gewerbes in Jahr 2015 habe er seine Taxis auch selbst gefahren hat.

Mit Beschluss vom 11. Januar 2018 - der Beklagten zugegangen am 16. Januar und dem Kläger am 20. Januar 2018 - hat der Senat den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen. Die Beteiligten haben mit ihren Erklärungen vom 29. Januar (Beklagte) und 10. Februar 2018 (Kläger) jeweils ihr Einverständnis mit einer Entscheidung (der Berichterstatterin) ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen des weiteren Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berichterstatterin hat aufgrund des Übertragungsbeschlusses des Senats vom 11. Januar 2018 als Einzelrichterin zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern zu entscheiden, § 153 Abs. 5 SGG. Der Senat konnte in dieser Besetzung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten in Kenntnis der Übertragung auf den sog. "kleinen Senat" ihr Einverständnis mit dieser Verfahrensweise erklärt haben, § 124 Abs. 2 SGG.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 07. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2013 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Verletztengeld wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 13. November 2012 über den 08. Januar 2013 hinaus.

Nach § 45 Abs. 1 SGB VII setzt der Anspruch auf Verletztengeld neben der Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Versicherungsfalls oder der durch eine Maßnahme der Heilbehandlung bedingten Hinderung des Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit (Nr. 1) einen Anspruch auf bzw. Vorbezug von Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen oder Entgeltersatzleistungen (Nr. 2) bis unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder Heilbehandlung voraus. Gemäß § 46 Abs. 1 SGB VII wird Verletztengeld von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird, oder ab dem Tag des Beginns einer Heilbehandlungsmaßnahme, die den Versicherten an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit hindert. Maßgebend ist insofern der Zeitraum, für den ärztlich Arbeitsunfähigkeit festgestellt wurde.

Versicherungsfälle sind gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit.

Unstreitig hat der Kläger am 13. November 2012 einen Unfall infolge einer den Versicherungsschutz nach § 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erlitten, als er beim Taxifahren in einem Parkhaus einen Verkehrsunfall erlitt. Dies wurde von der Beklagten mit dem streitgegenständlichen Bescheid anerkannt (§ 77 SGG).

Der Kläger hat sich hierbei ein Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades sowie eine beidseitige Schultergelenkprellung zugezogen. Dem Kläger ist durch seinen behandelnden Arzt, Dr. W, auch über den 08. Januar 2013 hinaus Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden. Der Senat ist jedoch nicht davon überzeugt, dass der Kläger über den genannten Zeitpunkt hinaus aufgrund der gesundheitlichen Folgen des Versicherungsfalls vom 13. November 2012 an der Ausübung einer ganztägigen Erwerbstätigkeit als selbstständiger Taxifahrer gehindert war.

Nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung werden, wie sich aus der Formulierung "infolge" in §§ 8 Abs. 1 Satz 1, 45 Abs. 1 Nr. 1 und auch 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII ergibt, nur solche Gesundheitsschäden als Folge eines Arbeitsunfallereignisses angesehen, die hierdurch rechtlich wesentlich verursacht wurden. Wirken eine krankhafte Veranlagung und ein Unfallereignis bei der Entstehung einer Körperschädigung zusammen, so sind beide Umstände Bedingungen im naturwissenschaftlichen Sinne für das Unfallgeschehen. Im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung gilt, wie allgemein im Sozialrecht für den ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden, die Theorie der wesentlichen Bedingung (Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - juris). Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden auch ohne das Unfallereignis eingetreten wäre. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis für den Gesundheitsschaden schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Kann dagegen das Unfallereignis nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Gesundheitsschaden entfiele, ist in einem zweiten wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196).

Von diesem Maßstab ausgehend erweist sich der angegriffene Gerichtsbescheid auch in seinen Entscheidungsgründen als zutreffend, so dass der Senat zunächst auf diese verweist (§ 153 Abs. 2 SGG). Aber auch durch die im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen und die Beweisaufnahme wird der Gerichtsbescheid bestätigt.

Auf der Grundlage des vom Sachverständigen Dr. T am 20. November 2017 erstellten Sachverständigengutachtens sowie seiner korrigierenden Stellungnahme vom 01. Februar 2018 ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit am 08. Januar 2013 - somit 8 Wochen nach dem Arbeitsunfall - endete.

Der Arbeitsunfall vom 13. November 2012 hat ein Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades mit HWS-Diskussion/Stauchung sowie eine Schulterprellung beidseits verursacht. Diese Gesundheitsstörungen waren bis zum 08. Januar 2013 ausgeheilt. Die darüber hinaus durch den Sachverständigen Dr. T bei dem Kläger festgestellten Gesundheitsstörungen in Form leichter Funktionsstörungen beider Schultergelenke bei beginnender Arthrose humeroscapulär und am AC-Gelenk sowie eines klinischen Impingementsyndroms, links deutlicher als rechts, hohen Blutdrucks, Übergewichts sowie Verdachts auf Anpassungsstörung/somatoforme Störung sind nicht mit Wahrscheinlichkeit ursächlich auf den angeschuldigten Arbeitsunfall zurückzuführen.

Der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsstörung als Voraussetzung der Entschädigungspflicht ist nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen, so dass hierfür grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit - nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 2 U 8/14 R –, zitiert nach juris). Eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSGE 77, 1, 3 f = SozR 3-3800 § 1 Nr. 4 S. 11 f; BSG, Urteil vom 27. August 1998 - B 9 VJ 2/97 R -, Juris).

Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. T und unter Bezugnahme auf die Untersuchungsbefunde bei der Erstaufnahme durch das St. H-Krankenhaus wurde als Erstschaden beim Kläger lediglich eine schmerzhafte, endgradig eingeschränkte Beweglichkeit der Schultergelenke beidseits in allen Ebenen sowie starke Kopfschmerzen festgestellt. Die durchgeführten CT- und Röntgenuntersuchungen des Schädels, der HWS und beider Schultergelenke ergaben keinen Hinweis auf Traumafolgen.

Die Untersuchungsbefunde belegen nachvollziehbar die erhobene Behandlungsdiagnosen Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades (Gehirnerschütterung) sowie Prellung beider Schultern. Dies ist von der Beklagten mit dem angegriffenen Bescheid auch festgestellt worden. Angesichts dieser Befundlage sind alle bisher in diesem Verfahren gehörten Mediziner - Dr. T, Dr. B sowie der Chirurg H – übereinstimmend zu der Einschätzung gelangt, dass die Behandlungsbedürftigkeit des Klägers über den 08. Januar 2013 hinaus nicht durch das Unfallereignis verursacht wurde.

Vielmehr bestanden bereits zum Zeitpunkt des Unfalls degenerative Veränderungen: Sowohl aus dem CT-Befund des linken Schultergelenkes vom 30. Januar 2012 als auch aus dem MRT-Befund des linken Schultergelenkes vom 23. Januar 2013 und vom 20. Dezember 2014 ergaben sich eine Tendinitis der Supraspinatussehne, eine AC-Gelenkarthrose, mäßige subacromiale Enge sowie ein Ganglion. Der MRT-Befund des rechten Schultergelenkes vom 26. April 2016 ergab eine moderate AC-Arthrose, eine mäßige subacromiale Enge sowie eine Tendinopathie der Supraspinatussehne bei erhaltener Kontinuität.

Soweit der Kläger einwendet, er habe vor dem Arbeitsunfall keinerlei Beschwerden gehabt, begründet dies nicht zwingend einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den geltend gemachten Gesundheitsschäden in den Schultergelenken i. S. d. Theorie von der wesentlichen Bedingung. Allein die zeitliche Abfolge: Beschwerdefreiheit – Unfall – Beschwerden reicht zur Etablierung des Ursachenzusammenhangs nicht aus. Wie schon oben ausgeführt, muss die Gesundheitsstörung rechtlich wesentlich auf den Unfall zurückzuführen sein. Im vorliegenden Verfahren haben alle gehörten Mediziner übereinstimmend ausgeführt, dass bereits vor dem Unfallereignis die benannten verschleißbedingten degenerativen Veränderungen im Bereich beider Schultergelenke existierten. Der Unfall war insofern lediglich Anlass für das Zutagetreten von Beschwerden i. S. e. Gelegenheitsursache, jedoch nicht wesentliche Ursache.

Der Unfall hat auch keine richtunggebenden Verschlimmerung dieser leichtgradigen Verschleißerscheinungen an beiden Schultergelenken verursacht. Eine unfallversicherungsrechtlich relevante Verschlimmerung liegt nur vor, wenn das Unfallereignis auf einen bereits bestehenden Gesundheitsschaden trifft und im Zusammenhang mit dem Unfallereignis (lediglich) dessen Verschlimmerung bewirkt (G. Wagner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, Stand 02. Januar 2018, § 8 SGB VII, Rn. 167). Allerdings ist eine Verschlimmerung nur in Betracht zu ziehen, wenn vor dem Unfallereignis bereits eine Gesundheitsstörung im Sinne eines regelwidrigen körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes vorhanden war. Hierzu bedarf es der Feststellung von medizinisch (klinisch) erfassbaren Beschwerden, Funktionsstörungen oder Belastungseinschränkungen. Ebenso muss festgestellt werden, dass sich diese verschlimmert haben. Derartige Nachweise fehlen hier.

Für die Zeit ab 09. Januar 2013 ist aber auch bereits aufgrund der Wiederaufnahme der selbständigen Tätigkeit durch den Kläger eine Arbeitsunfähigkeit nicht anzunehmen. Nach dem sich aus dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bestimmenden Begriff der Arbeitsunfähigkeit im Sinne von § 44 Abs. 1 1. Alt. SGB V ist ein Versicherter arbeitsunfähig, wenn er durch Krankheit daran gehindert ist, seine zuletzt ausgeübte Arbeit zu verrichten (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 08. November 2005, B 1 KR 18/04 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 12, st. Rspr.). Dies war offensichtlich nicht der Fall. Der Kläger ist bereits ein bis zwei Monate nach dem Unfall wieder Taxi gefahren, wie er dem Sachverständigen T bei der ambulanten Untersuchung berichtete, so dass es – unabhängig von der Kausalitätsbeurteilung – schon aus diesem Grund an den Voraussetzungen eines weitergehenden Anspruches auf Verletztengeld fehlt. Die dennoch von Dr. W bescheinigte Arbeitsunfähigkeit steht zu dieser Tatsache im Widerspruch und kann daher nicht "kraft Bescheinigung" den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit erbringen. Die von der Beklagten insoweit anerkannte unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit mit Zahlung von Verletztengeld bis einschließlich 08. Januar 2013 umfasste somit die acht Wochen, die der Kläger tatsächlich nicht in der Lage war, sein Taxi zu fahren. Dies entspricht auch dem von Dr. T benannten Zeitraum der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit. Dass der Kläger auch über den 08. Januar 2013 hinaus behandlungsbedürftig war, wie auch die zur Gerichtsakte gelangten ärztlichen Atteste belegen, ist im Rahmen des hiesigen Streitgegenstandes ohne Relevanz.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.

Die Revision ist mangels Zulassungsgrunds nicht nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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