L 9 AS 2686/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 2206/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 2686/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9. Juni 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.03.2016 bis 31.05.2016.

Der 1960 geborene Kläger lebt mit seiner Ehefrau und seiner 1996 geborenen Tochter, die im streitgegenständlichen Zeitraum Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bezog, im eigenen Haus. Nachdem er seine Beschäftigung als Servicetechniker verloren hatte, bezog er zunächst ab Dezember 2014 bis einschließlich Februar 2016 Arbeitslosengeld I von der Bundesagentur für Arbeit, ehe er am 16.02.2016 einen Antrag auf Gewährung von Alg II stellte. Zu diesem Zeitpunkt verfügten der Kläger bzw. seine Ehefrau über folgendes Vermögen:

- VW Golf (Kilometerstand 140.000, Erstzulassung 01.03.2005), - Skoda (Kilometerstand 100.000, Erstzulassung 01/2005), - Bausparvertrag bei der Bausparkasse S. (Bausparnummet, Guthaben Stand Dezember 2015: 33.674,20 EUR, zur Sicherung eines Darlehens an ein Kreditinstitut abgetreten), - Lebensversicherung bei der B. Beamtenversicherung a.G. (BBV; Versicherungsnummer; am 01.03.2016: Rückkaufswert 30.039,82 EUR, geleistete Beiträge 34.769,88 EUR; am 01.04.2016: Rückkaufswert 30.261,69 EUR, gezahlte Beiträge 34.944,68 EUR; am 01.05.2016: Rückkaufswert 31.357,93 EUR, gezahlte Beiträge 35.119,48 EUR), - Lebensversicherung bei der B. (Versicherungsnummer; geleistete Beiträge bis zum 30.04.2016: 4.057,81 EUR, Rückkaufswert zum 01.05.2016: 1.134,04 EUR), - Lebensversicherung bei der B., Versicherungsnummer (geleistete Beiträge bis zum 30.04.2015 3.398,34 EUR, Rückkaufswert zum 01.05.2016 257,69 EUR). - Hausgrundstück (Gesamtwohnfläche ca. 120 m²).

Mit Bescheid vom 31.03.2016 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung von Alg II mit der Begründung ab, der Kläger sei im Hinblick auf die Lebensversicherung mit der Nr. nicht hilfebedürftig.

Hiergegen ließ der Kläger Widerspruch einlegen mit der Begründung, auf die genannte Lebensversicherung seien insgesamt Beiträge in Höhe von 35.119,48 EUR entrichtet worden, während der Rückkaufswert nur bei 27.084,02 EUR liege. Die Verwertung der Lebensversicherung sei demnach offensichtlich unwirtschaftlich, da ein Vergleich zwischen dem gegenwärtigen Verkehrswert und dem Substanzwert, der sich aus der Summe der einbezahlten Beiträge ergebe, einen Verlust in Höhe von 22,88 % ergebe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.06.2016 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, da die Verwertung der streitigen Lebensversicherung im Hinblick auf eine Verlustquote von nur 10,7 % nicht unwirtschaftlich sei. Von dem somit zu berücksichtigenden Vermögen in Höhe von 31.357,93 EUR seien für den Kläger und seine Ehefrau Grundfreibeträge in Höhe von 8.250,00 bzw. 7.650,00 EUR, zusammen in Höhe von 15.900,00 EUR abzuziehen zuzüglich eines Freibetrages in Höhe von 1.500,00 EUR (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 SGB II). Da das verwertbare Vermögen den Freibetrag in Höhe von insgesamt 17.400,00 EUR übersteige, bestehe wegen fehlender Hilfebedürftigkeit kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes.

Hiergegen hat der Kläger am 14.07.2016 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben mit der bereits zuvor abgegebenen Begründung. Ergänzend ist dargelegt worden, durch anfallende Steuern könne noch ein weiterer Verlust entstehen. Auch sei nicht geprüft worden, ob Verfügungsbeschränkungen bestünden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei auch zu prüfen, in welchem Zeitraum eine Verwertung der Lebensversicherung tatsächlich und rechtlich möglich sei. Im Übrigen habe eine Prüfung der persönlichen Verhältnisse zu erfolgen und komme eine einzelfallunabhängige Verlustquote, bei der die Verwertung einer Lebensversicherung stets offensichtlich unwirtschaftlich sei, für das BSG nicht in Betracht. Vorliegend sei daher zu berücksichtigen, dass es sich um eine Kapitallebensversicherung handele, die sowohl für den Kläger als auch für seine Ehefrau im Alter den Lebensbedarf decken solle. Einen in bescheidenen Verhältnissen lebenden Menschen träfen bereits geringe Verluste erheblich. Der Kläger sei stets berufstätig gewesen und habe sich mit Müh und Not ein Eigenheim erschaffen, das noch hoch verschuldet sei. Für das Alter habe er sich eine Kapitallebensversicherung angespart, deren Verwertung somit unzumutbar sei.

Nachdem der Kläger Mitte Mai 2016 ein Vorstellungsgespräch bei der Firma B. geführt hatte, nahm er zum 01.06.2016 dort eine Beschäftigung als Hausmeistertechniker auf, die arbeitgeberseitig mit Wirkung zum 30.11.2016 gekündigt wurde. Nach anschließender Arbeitslosigkeit arbeitet der Kläger seit dem 01.04.2017 bei der Firma S. als Hochdruckreiniger.

Mit Urteil vom 09.06.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Gewährung von Alg II bestehe mangels Hilfebedürftigkeit nicht. Zwar sei hinsichtlich des Bausparvertrags von einer Unverwertbarkeit auszugehen, da eine Kündigung desselben nicht vor vollständiger Rückzahlung des Vorausdarlehens möglich sei. Das Kraftfahrzeug des Klägers sei nicht als Vermögen zu berücksichtigen, weil es die Angemessenheitsschwelle nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II von bis zu 7.500,00 EUR offenkundig nicht überschreite. Auch sei die Verwertung der Lebensversicherung mit der Versicherungsnummer im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II offensichtlich unwirtschaftlich, weil der bei ihrer Auflösung zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert stehe. Indes könne die Lebensversicherung mit der Versicherungsnummer verwertet werden, da sich hier lediglich eine Verlustquote von 10,71% errechne. Die vom Kläger behaupteten 22,88% Verlustquote seien nicht zutreffend, da bei der Berechnung des Verkehrswertes einer Lebensversicherung der Gesamtauszahlungsbetrag zu berücksichtigen sei, der vorliegend nicht wie vom Kläger errechnet 27.084,02 EUR, sondern 31.357,93 EUR betrage. Eine Verwertung dieser Lebensversicherung sei in einem absehbaren und angemessenen Zeitrahmen möglich, da eine Kündigung jederzeit zum Schluss der laufenden Versicherungsperiode, hier monatlich, erfolgen könne (§ 7 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der allgemeinen Bedingungen für die kapitalbildende Lebensversicherung i.V.m. dem Versicherungsvertrag). Die Verwertung stelle für den Kläger auch keine besondere Härte dar im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative 2 SGB II). Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte seien außergewöhnliche Umstände des Einzelfalles, die nicht bereits in § 12 Abs. 2 und 3 SGB II als Privilegierungstatbestände erfasst seien und die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangten als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte. Dies sei bei einer Verwertung einer Lebensversicherung anzunehmen, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Renteneintritt seine Ersparnisse für die Altersversorgung einsetzen müsse, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbstständiger Tätigkeit aufweise oder bei nur absehbar kurzer Leistungsdauer. Eine kurze Leistungs- bzw. Anspruchsdauer könne jedoch allenfalls dann eine besondere Härte begründen, wenn bereits bei Antragstellung die konkret begründete Aussicht bestanden habe, dass Leistungen nur für einen kurzen Zeitraum in Anspruch genommen würden. Diese Ausnahmetatbestände lägen hier nicht vor, da der Kläger nicht kurz vor dem Renteneintritt gestanden habe noch bereits bei Antragstellung ein baldiges Ende des Leistungsbezuges ersichtlich gewesen sei. Zwar sei der Kläger ab dem 01.06.2016 wieder in Vollzeit erwerbstätig gewesen, doch habe sich dies erst ab Mitte Mai 2016 ergeben. Auch sei zu berücksichtigen, dass der Kläger und seine Ehefrau in der Vergangenheit rentenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen seien und dies auch aktuell seien und beide daher noch einige Jahre Rentenanwartschaften bis zum Renteneintritt erwerben könnten. Darüber hinaus verfügten beide über jeweils eine weitere kapitalbildende Lebensversicherung.

Hiergegen hat der Kläger am 11.07.2017 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und in Ergänzung der bisherigen Ausführungen dargelegt, die Verwertung einer Lebensversicherung könne auch bei besonders kurzer Leistungsdauer unwirtschaftlich sein. Im vorliegenden Fall handle es sich nur um den Zeitraum vom 01.03.2016 bis 31.05.2016 und damit gerade einmal um drei Monate, sodass die Kündigung der Lebensversicherung mit dem damit verbundenen Verlust von knapp 4000 EUR eine besondere Härte nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 Alternative II SGB II darstellen würde. Dadurch werde ihm ein relativ großes Opfer abverlangt, welches eine besondere Härte darstelle. Er habe bereits Mitte Mai 2016 probegearbeitet und sei zum 01.06.2016 fest angestellt worden. Es sei folglich bereits absehbar gewesen, dass er wieder in Kürze Arbeit finden werde. Darüber hinaus sei er in der Zeit vom 02.01.1995 bis 30.10.2004 selbstständig tätig gewesen und habe in dieser Zeit keine Rentenversicherungsbeiträge eingezahlt außer in die streitgegenständliche Lebensversicherung. Das Vermögen sei auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn es der Altersvorsorge diene und die leistungsberechtigte Person von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei. Dies sei der Kläger in dem Zeitraum 1995 bis 2004 gewesen, sodass auch aus diesem Grund die Verwertung der Lebensversicherung nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II nicht zumutbar gewesen sei. Des Weiteren sei auch bei einer Verlustquote von 10,71 % von einer Unwirtschaftlichkeit auszugehen. Auf den Einwand des Beklagten, die Berufung sei wegen des geringen Beschwerdegegenstands nicht zulässig, hat er ausgeführt, es ergebe sich ein Gesamtbedarf der Familie von monatlich 1.742,94 EUR. Hiervon abzuziehen seien das Kindergeld der Tochter, das Einkommen der Ehefrau sowie sein Einkommen aus einer Beschäftigung bei der Gemeinde W., sodass sich ein Bedarf des Klägers von monatlich 435,74 EUR errechne. Da Leistungen für drei Monate begehrt würden, übersteige der Bedarf von insgesamt 1.307,22 EUR den Beschwerdegegenstand von 750,00 EUR bei Weitem.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 9. Juni 2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 31. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Juni 2016 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. März 2016 bis 31. Mai 2016 Arbeitslosengeld II in gesetzlichem Umfang zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hat auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und im erstinstanzlichen Urteil verwiesen und ergänzend ausgeführt, die Berufung sei nicht zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00 EUR nicht übersteige. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass die Bedarfsgemeinschaft des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum neben dem vorhandenen Vermögen auch über Einkommen verfügt habe, ohne dass jedoch Nachweise hierüber vorgelegt worden seien. Im Übrigen sei auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil zu verweisen. Auch die Dauer des Leistungsbezuges führe zu keinem anderen Ergebnis oder zur Annahme einer besonderen Härte, da weder bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung am 16.02.2016 noch zum Zeitpunkt der Ablehnungsentscheidung am 31.03.2016 eine begründete Aussicht bestanden habe, dass Leistungen nur für einen kurzen Zeitraum in Anspruch genommen würden.

Der Senat hat die B. Beamten Lebensversicherung AG um Auskunft zur genauen Höhe der gezahlten Beiträge bzw. Rückkaufswerte in den Monaten März bis Juni 2016 gebeten. Auf das Antwortschreiben vom 27.02.2018 wird Bezug genommen.

Am 26.04.2018 ist der Rechtsstreit mit den Beteiligten erörtert worden, insbesondere im Hinblick auf das Einkommen des Klägers und seiner Familie im streitigen Zeitraum. Auf die Ausführungen im Protokoll wird verwiesen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Akten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte und der Berufungsausschließungsgründe nicht entgegenstehen (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), ist zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 750 EUR. Für die Frage, ob die Berufung ohne Zulassung statthaft ist oder nicht, kommt es nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG auf den Wert des Beschwerdegegenstandes an, der danach zu bestimmen ist, was das SG dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiterverfolgt wird (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 12. Aufl. 2017, § 144 Rdnr. 14 m.w.N.). Bei unbeziffertem Antrag, Grundurteil oder Bescheidungsklage muss das Gericht den Wert ermitteln, wobei eine überschlägige Berechnung ausreichen kann (Leitherer a.a.O. m.w.N.). Wie sich vorliegend aus den Berechnungen des Klägers ergibt, geht dieser von einem monatlichen Gesamtbedarf der BG i.H.v. 1.742,94 EUR aus, von dem das Kindergeld sowie das geringfügige Einkommen des Klägers sowie das Einkommen seiner Ehefrau abzuziehen sind unter Berücksichtigung der Freibeträge. Ausgehend von einem anzurechnenden Einkommen des Klägers i.H.v. monatlich 70,66 EUR sowie der Ehefrau in Höhe von etwa monatlich 413,38 EUR hat der Kläger noch einen Bedarf in Höhe von monatlich 435,74 EUR geltend gemacht, so dass bei drei Monaten der Beschwerdewert von 750 EUR bei weitem überschritten wird. Eine (noch) genauere Berechnung der Höhe des begehrten Alg II ist im Stadium der Prüfung der Zulässigkeit der Berufung nicht erforderlich, wenn im Streit über den Anspruch dem Grunde nach bei überschlägiger Berechnung eine Überschreitung der Berufungssumme nicht auszuschließen ist und vom klägerischen Begehren erfasst wird. Ansonsten würde § 130 SGG konterkariert (BSG, Urteil vom 02.06.2004, B 7 AL 38/03 R, Juris).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet, da der Kläger in den streitigen Monaten März bis Mai 2016 keinen Anspruch auf Gewährung von Alg II hat und das SG die Klage somit zu Recht abgewiesen hat. Zur Begründung wird nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen des SG im Urteil vom 09.06.2017 verwiesen, dem sich der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage anschließt.

Lediglich ergänzend ist noch auf Folgendes hinzuweisen:

Die Lebensversicherung Nr. bei der B. war nicht nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II geschützt, denn um eine nach Bundesrecht (§ 10a oder nach dem XI. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes; sog. "Riester-Anlageform") geförderte Anlageform oder einen sonstigen nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Altersvorsorgevertrag hat es sich nicht gehandelt (vgl. hierzu nur BSG, Urteil vom 15.04.2008, B 14/7b AS 68/06 R, Juris). Der Kläger kann sich auch nicht auf eine Vermögensschonung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II berufen, da kein Verwertungsausschluss vereinbart wurde. Ferner kommt ein Verwertungsschutz der Lebensversicherung des Klägers nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II nicht in Betracht, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Kläger von der Versicherungspflicht befreit ist (§§ 6, 231 f. Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]).

Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, liegt auch der Ausnahmetatbestand des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II (offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung) nicht vor. Anders als im Urteil des SG berechnet, beträgt die Verlustquote bei Verwertung der Lebensversicherung Nr. im Monat März 2016 13,60 %, im April 13,40 % und erst im Mai 10,71 % (März: Rückkaufswert 30.039,82 EUR, geleistete Beiträge 34.769,88 EUR, Berechnung: 30.039,82 x 100: 34.769,88 – 100 = 13,60; April: Rückkaufswert 30.261,69 EUR, gezahlte Beiträge 34.944,68 EUR, Berechnung: 30.261,69 x 100: 34.944,68 – 100 = 13,40; Mai: Rückkaufswert 31.357,93 EUR, gezahlte Beiträge 35.119,48 EUR, Berechnung: 31.357,93 x 100: 35.119,48 - 100 = 10,71). Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers ist zur Bestimmung dessen, was als Verkehrswert der Lebensversicherung anzusehen ist, nicht nur deren reiner Rückkaufswert zu berücksichtigen. Der Verkehrswert von Vermögen ergibt sich vielmehr daraus, was am Markt für den Gegenstand erzielt werden kann (s. hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 11.12.2012, B 4 AS 29/12 R m.w.N.; Juris). Das ist hier der Rückkaufswert der Versicherung zuzüglich der Überschussbeteiligung. Hierbei handelt es sich um denjenigen Wert, der dem Versicherungsnehmer tatsächlich als Geldbetrag bei der Verwertung der Versicherung "zufließt", der also für den Vermögensgegenstand "Versicherung" erlangt werden kann. Hiervon in Abzug zu bringen sind lediglich die mit der Verwertung in Zusammenhang stehenden Kosten. Dass derartige Kosten im vorliegenden Fall angefallen wären, ist nicht erkennbar. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass bei Auszahlung des Rückkaufswertes Steuern angefallen wären, da die Lebensversicherung bereits 1998 und damit vor 2005 abgeschlossen wurde (vgl. § 20 Abs. 1 Ziffer 6 Einkommensteuergesetz).

Eine Verlustquote von 13,6 % ist nicht offensichtlich unwirtschaftlich im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt 1 SGB II. Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. etwa BSG, Urteile vom 11.12.2012, a.a.O, und vom 20.02.2014, B14 AS 10/13 R; hierzu und zum Folgenden auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2017, L 7 AS 21192/13 m.w.N.; Juris), liegt eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht; umgekehrt ist eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht. Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Verwertung ist auf das ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers abzustellen; mithin ist zu ermitteln, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüber zu stellen, wobei sich der Substanzwert bei einem Lebensversicherungsvertrag aus den eingezahlten Beiträgen und der Verkehrswert aus dem Rückkaufswert der Versicherung (einschließlich der Überschussanteile) ergibt. Für das Kriterium der "offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit" maßgeblich abzustellen ist mithin auf die Verlustquote zwischen dem Substanzwert (= eingezahlte Beiträge) und dem Verkehrswert der Lebensversicherung (= Rückkaufswert). Von einer Unzumutbarkeit der Verwertung ohne Ermittlung weiterer Umstände ist die Rechtsprechung bei Verlustquoten von 48,2 % (BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 5), von 44,26 % (BSGE 115, 148 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 23) sowie von 42,7 % und 26,9 % (BSG SozR 4-4200 § 12 Nr. 9) ausgegangen, während eine Verlustquote von 12,9 % (BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 5), von 8,49 % (BSG, Urteil vom 15.04.2008, B 14 AS 27/07 R, Juris) sowie von deutlich unter 10 % (BSG SozR 4-1200 § 14 Nr. 10) als hinnehmbar betrachtet worden sind. Bei einer Verlustquote von 18,5 % hielt das BSG die Wirtschaftlichkeit der Verwertung für zweifelhaft (BSG, Urteil vom 06.09.2007, B 14/7b AS 66/06 R; Juris), die Verlustquote von 16,71 % wurde noch nicht als evident hoch eingestuft (BSG, Urteil vom 20.02.2014, B 14 AS 10/13 R, Juris). Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 20.02.2014, a.a.O.) kommt eine einzelfallunabhängige revisionsgerichtliche Bestimmung einer feststehenden unteren Verlustquote, ab der die Verwertung von Lebensversicherungen i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt 1 SGB II immer offensichtlich unwirtschaftlich ist, nicht in Betracht (anders noch BSG Urteil vom 23.5.2012, B 14 AS 100/11 R, Juris). Denn damit bliebe die Vielfalt möglicher Fallgestaltungen außen vor, deren Berücksichtigung bei der Rechtsanwendung der unbestimmte Rechtsbegriff der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit dient. Zu den in einer Gesamtschau zu berücksichtigenden Umständen des Einzelfalls können mit Blick auf die Verwertung von Lebensversicherungen neben der Verlustquote bei ihrer vorzeitigen Auflösung die konkreten Vertragsbedingungen der Versicherung (z.B. versicherte Risiken, Laufzeit, Leistungen vor und nach Ablauf, Prämien, Kündigungsfristen) und die konkrete Vertragssituation (z.B. bisherige Laufzeit und Ansparphase im Verhältnis zur Laufzeitvereinbarung, bereits in Anspruch genommene Leistungen vor Ablauf) ebenso gehören wie der Umstand, ob die Versicherung bereits beliehen ist (BSG, Urteil vom 20.02.2014 a.a.O.). Wie bereits dargelegt, errechnet sich für März 2016 eine Verlustquote von 13,6 %, die nur unwesentlich höher liegt als die Verlustquote von 12,9 %, die das BSG noch nicht für unwirtschaftlich gehalten hat. In den Monaten April und Mai 2016 liegt die Verlustquote noch darunter. Besondere Umstände, die dennoch eine Unwirtschaftlichkeit begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Eine Beleihung der Versicherung fand nicht statt. Da die Lebensversicherung 1998 abgeschlossen wurde und die Versicherungsdauer am 30.09.2025 ablaufen wird, kann eine Unwirtschaftlichkeit auch nicht mit exponentiell steigenden Rückkaufswerten zum Laufzeitende begründet werden, da dieses noch über 9 Jahre auf sich warten lässt. Grundsätzlich steigt der Rückkaufswert einer Lebensversicherung exponentiell an, da das Kapital von Jahr zu Jahr verzinst wird und die Zinserträge ebenfalls wieder angelegt werden. Der so entstehende Zinseszinseffekt sorgt für eine überproportionale Erhöhung der Zinseinkünfte, so dass auch der Rückkaufswert überproportional wächst (s. hierzu https://www.rechnungswesen-verstehen.de/lexikon/rueckkaufswert.php; Stand Mai 2018). Dieser Effekt lässt sich auch einem Schreiben der BBV vom 15.03.2016 entnehmen (Bl. 524 V-Akte), wonach der Rückkaufswert zum 01.10.2016 28.168,06 EUR und zum 01.10.2017 30.875,57 betragen wird (Differenz 2.342,87 EUR), während zum 01.10.2023 ein Rückkaufswert in Höhe von 49.987,98 EUR und zum 01.10.2024 in Höhe von 53.808,09 EUR (Differenz 3.820,11 EUR) zu erwarten ist. Während somit der Rückkaufswert im Oktober 2017 im Vergleich zum Vorjahr nur um 2.342,87 EUR ansteigt, beträgt die Differenz zwischen den Rückkaufswerten in 2023 und 2024 schon 3.820,11. Der Rückkaufswert wächst somit nicht etwa linear, sondern exponentiell mit der Folge, dass gerade am Laufzeitende jedes weitere Jahr überproportionalen Gewinn verspricht. Vorliegend sind es jedoch bis zum Laufzeitende noch über 9 Jahre, so dass dieser Aspekt bei der Beurteilung der Unwirtschaftlichkeit keine wesentliche Rolle spielt. Eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, Risiko-Zusatzversicherung oder Hinterbliebenenrenten-Zusatzversicherung, die ggf. ebenfalls mit in die Beurteilung hätten einfließen können und trotz der geringen Verlustquote von 13,6 % zur Unwirtschaftlichkeit der Verwertung hätte führen können, waren nicht vereinbart (vgl. Bl. 26 SG-Akte). Im Ergebnis hält der Senat daher die Verwertung der genannten Lebensversicherung in den Monaten März bis Mai 2016 nicht für offensichtlich unwirtschaftlich.

Dass die Verwertung der Lebensversicherung für den Kläger keine besondere Härte bedeutet im Sinne des §§ 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II, hat das SG im angefochtenen Urteil ausführlich dargelegt. Der Senat nimmt hierauf Bezug und schließt sich den Ausführungen an. Insbesondere vermag der Kläger mit seinem Argument, es handele sich nur um einen kurzen Leistungszeitraum von gerade einmal drei Monaten, nicht durchzudringen. Zwar kann der Umstand einer nur absehbar kurzen Leistungsdauer die Annahme einer besonderen Härte der Verwertung einer Versicherung durch ihre Auflösung rechtfertigen, dies jedoch allenfalls dann, wenn bereits bei Antragstellung die konkret begründete Aussicht bestand, dass Leistungen nur für einen kurzen Zeitraum in Anspruch genommen würden (BSG, Urteile vom 06.05.2010, B 14 AS 2/09 R, und 20.02.2014, B 14 AS 10/13 R; Juris). Da der Kläger vorliegend jedoch erst im Mai 2016 bei seinem späteren Arbeitgeber vorstellig wurde und Probe gearbeitet hat, gibt es keine Hinweise dafür, dass bereits bei Antragstellung die nur kurze Leistungsdauer absehbar war. Soweit der Kläger vorträgt, wegen der neunjährigen Dauer seiner Selbstständigkeit auf die streitgegenständliche Lebensversicherung in besonderem Maße angewiesen zu sein, so dass die Verwertung aus diesem Grund nicht zumutbar sei, überzeugt dies den Senat ebenfalls nicht. Zwar wird in den Gesetzesmaterialien für das Vorliegen eines Härtefalles i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6, 2. Alternative SGB II als Beispielsfall ausgeführt, dass eine solche Härte dann vorliege, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen müsse, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbstständiger Tätigkeit aufweise (BT-Drucks 15/1749 S 32). Dies entspricht auch der Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteile vom 07.05.2009, B 14 AS 35/08 R, und vom 30.08.2010, B 4 AS 70/09 R, Juris). Indes standen vorliegend weder der Kläger noch seine Ehefrau mit ihren zum streitigen Zeitpunkt 55 bzw. 52 Jahren kurz vor dem Rentenalter, sondern können beide noch über 10 Jahre Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Gesundheitliche Einschränkungen, die einer Erwerbstätigkeit in Zukunft entgegenstünden, sind nicht ersichtlich. Dementsprechend war die Ehefrau des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum versicherungspflichtig beschäftigt mit einem Bruttolohn in Höhe von 934,25 EUR (März 2016), 925 EUR (April 2016) bzw. 1.403 EUR (Mai 2016), während der Kläger nach der geringfügigen Beschäftigung im streitgegenständlichen Zeitraum ab Juni 2016 wieder vollschichtig als Hausmeistergehilfe tätig war und – mit kurzer Unterbrechung – auch heute noch in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kläger und seine Ehefrau neben der hier streitigen Lebensversicherung noch über weitere Vermögenswerte verfügen (Hausgrundstück, Bausparvertrag, weitere Lebensversicherungen, s.o.), so dass der Kläger vorliegend ebenso wenig wie seine Ehefrau in besonderem Maße auf die hier streitige Lebensversicherung angewiesen sind. Die Lebensversicherung Nr. war somit verwertbar. Da damit das Vermögen des Klägers, wie das SG richtig berechnet hat, die Freibetragsgrenzen überstieg, bestand im streitgegenständlichen Zeitraum keine Hilfebedürftigkeit. Auf die Höhe des Einkommens des Klägers und seiner Ehefrau kam es daher nicht an.

Die Berufung war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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