L 9 BK 4717/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 18 BK 1827/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 BK 4717/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Kinderzuschlag für die Zeit ab 01.10.2012 bis 31.05.2013.

Die 1981 geborene Klägerin, ihr Ehemann (O., geb. 1981), ihre Söhne (C., geb. 2002 und O., geb. 2009) sowie ihre Tochter (S., geb. 2005) besitzen die türkische Staatsangehörigkeit, die Volkszugehörigkeit zu den Kurden und gehören der Religion der Sunniten an. Sie leben seit Dezember 2001 bzw. die Kinder seit ihrer Geburt in der Bundesrepublik Deutschland.

Die Klägerin besitzt seit 25.07.2005 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Die übrigen Familienangehörigen waren im hier streitigen Zeitraum im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG. Dem Ehemann der Klägerin ist die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt.

Die Klägerin und ihre Familienangehörigen bewohnen laut Mietvertrag vom 01.06.2008 eine Mietwohnung unter der im Rubrum genannten Anschrift. Hierfür schuldeten sie monatlich eine Kaltmiete von 430,00 EUR und eine Nebenkostenvorauszahlung von 150,00 EUR nebst Stellplatzkosten von 15,00 EUR. Die Wohnfläche der Wohnung beträgt 87 m².

Der Ehemann der Klägerin und die gemeinsamen Kinder bezogen zunächst bis 30.04.2012 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG), die mit Bescheid vom 24.07.2012 für die Zeit ab 01.05.2012 wegen übersteigenden Einkommens des Ehemanns der Klägerin eingestellt wurden. Bei der Bedarfsberechnung wurde jeweils die Kaltmiete in Höhe von 430 EUR nebst Nebenkosten in Höhe von 147,50 EUR abzüglich eines Kopfanteils an Kosten der Unterkunft und Heizung für die Klägerin in Höhe von 115,50 EUR berücksichtigt.

Der Ehemann der Klägerin erzielte unter anderem folgendes Einkommen aus abhängiger Beschäftigung in unterschiedlicher Höhe, das jeweils im Folgemonat ausgezahlt wurde. Dieses belief sich auf folgende Höhe:

September 2012 brutto 2.626,21 EUR netto 1.829,90 EUR Oktober 2012 brutto 2.447,75 EUR netto 1.829,90 EUR November 2012 brutto 2.432,30 EUR netto 1.820,79 EUR Dezember 2012 brutto 1.617,50 EUR netto 1.286,31 EUR Januar 2013 brutto 1.291,40 EUR netto 1.030,86 EUR Februar 2013 brutto 805,15 EUR netto 646,12 EUR März 2013 brutto 1.434,72 EUR netto 1.145,26 EUR April 2013 brutto 2.136,81EUR netto 1.575,39 EUR

Die Klägerin bezog ab August 2005 bis zunächst Februar 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II, Arbeitslosengeld II). Mit Bescheid vom 05.09.2012 wurde die Bewilligung dieser Leistungen für die Zeit von September 2012 bis Februar 2013 wegen des Einkommens des Ehemanns aufgehoben.

Die Klägerin bezog in dem hier streitigen Zeitraum außerdem für ihre drei Kinder monatlich Kindergeld, für C. und S. in Höhe von jeweils 184 EUR, für O. in Höhe von 190 EUR. Außerdem bezog sie für sich und die übrigen Familienangehörigen in dem hier streitigen Zeitraum monatliches Wohngeld in Höhe von 181,00 EUR von Oktober 2012 bis April 2013 sowie in Höhe von 229 EUR im Mai 2013.

Auf entsprechende Antragstellung wurde der Klägerin wiederum ab 01.10.2013 Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich 284,50 EUR bewilligt. Davon entfielen 115,50 EUR auf die Kosten der Unterkunft und Heizung (vgl. Bescheid des Jobcenters E. vom 31.10.2013).

Der Ehemann der Klägerin und die gemeinsamen Kinder bezogen zuletzt von Oktober 2013 bis Februar 2015 Leistungen nach dem AsylbLG. Mit Bescheid vom 24.02.2015 wurden diese Leistungen für die Zeit ab 01.03.2015 eingestellt, da eine Änderung des AsylbLG in Kraft trat. Danach besteht keine Leistungsberechtigung mehr für Personen, die über eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz verfügen, wenn die Aussetzung der Abschiebung mehr als 18 Monate zurückliegt. Dies war bei den Familienangehörigen der Klägerin der Fall. Seit 01.03.2015 beziehen sämtliche Familienangehörige der Klägerin Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld nach dem SGB II.

Am 23.10.2012 beantragte die Klägerin die Gewährung von Kinderzuschlag nach § 6a Bundeskindergeldgesetz (BKGG). Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 29.10.2012 ab, da die Klägerin zu den nach § 1 AsylbLG berechtigten Personenkreis gehöre und daher keine Leistungen nach dem SGB II erhalten könne. Die Voraussetzungen nach § 6a BKGG lägen nicht vor, da Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II nicht vermieden werden könne. Mit Schreiben vom 26.11.2012, bei der Beklagten am 29.11.2012 eingegangen, erhob die Klägerin Widerspruch durch Einschreiben des Caritasverbandes für den Landkreis E., das sie selbst mitunterzeichnete. Darin führte sie aus, dass sie nicht zum Personenkreis des nach dem AsylbLG berechtigten Personenkreises gehöre, da sie, jedenfalls bis Februar 2013 auch Leistungen nach dem SGB II erhalte. Überdies würde das deutsch-türkische Abkommen über soziale Sicherheit EWG/Türkei Nr. 3/80 gelten. Weder sie noch ihre Familienangehörigen seien Asylbewerber. Die Asylverfahren seien abgeschlossen. Für sie selbst sei ein Abschiebeverbot festgestellt worden. Das Aufenthaltsrecht ihres Ehemanns und der Kinder bestünde in Verbindung mit ihrem Abschiebeverbot. Sie würden sich seit mehr als drei Jahren in Deutschland aufhalten, über privaten Wohnraum verfügen und keine Aufenthaltsgestattung oder Duldung haben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass Grundvoraussetzung für die Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II sei, dass der Anspruchsteller in das Leistungssystem des SGB II falle, also Bezieher von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld sein könne. Daran fehle es vorliegend. Denn die Widerspruchsführerin und ihre Kinder seien unter keinem Gesichtspunkt nach dem SGB II anspruchsberechtigt als eine gesamte Bedarfsgemeinschaft. Zwar sei richtig, dass die Klägerin Leistungen nach dem SGB II beziehe. Allerdings seien die Kinder nebst Ehemann von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Die Berechtigung der Klägerin zum Bezug von Leistungen nach dem SGB II ziehe nicht automatisch die Berechtigung der ausgeschlossenen Personen nach sich, insoweit diese eben explizit nur Leistungen nach dem AsylbLG beziehen dürften und damit von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen seien. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II beziehe sich nicht nur auf erwerbsfähige Leistungsberechtigte, sondern auch auf nicht erwerbsfähige Angehörige erwerbsfähiger Leistungsberechtigter, soweit sie selbst Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG seien. Auf Personen, die bereits dem Grunde nach vom Leistungssystem des SGB II ausgeschlossen seien, könne § 6a BKGG – auch wenn Anspruch auf Kindergeld bestehe – nicht entsprechend angewandt werden. Der Gesetzgeber habe Asylbewerber von der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II ausnehmen wollen, weil das Asylbewerberleistungsgesetz für sie eine eigenständige und abschließende Regelung zur Sicherung des Lebensunterhalts treffe (BT-Drs. 15/1516 S. 52). Zweck des § 6a BKGG sei, zu verhindern, dass Eltern nur wegen der Unterhaltsbelastung für ihre mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in Anspruch nehmen müssten (BT-Drs. 15/1516 S. 83). Mithin greife der Zweck des § 6a BKGG für Asylbewerber von vornherein nicht. Der Ausschluss der Asylbewerber vom Kinderzuschlag verstoße nicht gegen Verfassungsbestimmungen, insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in Verbindung mit den grundrechtlich geschützten Belangen der Familie und dem Sozialstaatsprinzip. Es stehe im sozialpolitischen Ermessen des Gesetzgebers, für Asylbewerber ein eigenes Konzept zur Sicherung ihres Lebensbedarfes zu entwickeln und dabei eigenständige Regelungen über die Gewährung von Leistungen zu treffen, wie dies durch das AsylbLG geschehen sei. Mit Erschaffung dieses Gesetzes habe eine Verminderung der Sozialausgaben für Asylbewerber und vergleichbare Gruppen einhergehen sollen. Sei dieses Konzept grundsätzlich hinnehmbar, sei der Gesetzgeber nicht gehalten, Vergünstigungen, die der Vermeidung der Inanspruchnahme von Sozialleistungen eines anderen Sicherungssystems dienen, auch auf die Asylbewerber, die dem Asylbewerbergesetz unterfallen, zu erstrecken. Im Übrigen verwies die Beklagte im Widerspruchsbescheid auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 15.12.2010 (B 14 KG 1/09 R).

Der Widerspruchsbescheid war an den Caritasverband des Landkreises E. adressiert. Er enthielt einen Vermerk darüber, dass er am 01.02.2013 abgesandt wurde. Dieser war durch ein Handzeichen des Sachbearbeiters abgezeichnet.

Mit E-Mail vom 18.03.2013 fragte der Caritasverband im Auftrag der Klägerin bei der Beklagten an, bis wann mit einer Antwort auf ihren Widerspruch zu rechnen sei. Mit E-Mail vom 19.03.2013 antwortete die Beklagte, dass das Widerspruchsverfahren mit Widerspruchsbescheid vom 31.01.2013 beendet worden und an den bevollmächtigten Caritasverband versandt worden sei. Der Caritasverband teilte daraufhin mit E-Mail vom selben Tag mit, dass der Widerspruchsbescheid nicht bei ihm eingegangen sei, woraufhin die Beklagte den Widerspruchsbescheid in der Anlage zur E-Mail vom 20.03.2013 sowie nochmals auf dem Postweg an den Caritasverband versandte. Der Widerspruchsbescheid ging am 22.03.2013 auf dem Postweg bei dem Caritasverband ein (vgl. dessen E-Mail vom 17.04.2013 an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin). Bei der Klägerin selbst ging der Widerspruchsbescheid zu keinem Zeitpunkt ein.

Am 19.04.2013 hat die Klägerin, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, die vorliegende Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben.

Mit Schreiben vom 26.06.2013, bei der Beklagten eingegangen am 02.07.2013, hat die Klägerin erneut Kinderzuschlag für die Zeit ab Juni 2013 unter Vorlage von Verdienstbescheinigungen über ihre geringfügige Beschäftigung ab 01.05.2013, von Einkommensnachweisen des Ehemanns für die Zeit von Mai 2013 bis August 2013 sowie einer aktuellen Mietbescheinigung (Kaltmiete 445,00 EUR, Nebenkosten/Heizkosten 160,00 EUR) beantragt. Mit Bescheid vom 14.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2014 hat die Beklagte den Antrag "vom 26.06.2013" wegen fehlender Leistungsberechtigung der Familienangehörigen nach dem SGB II dem Grunde nach abgelehnt. Hiergegen ist die Klage beim SG Freiburg unter dem Aktenzeichen S 18 BK 1963/14 anhängig. Das Klageverfahren ruht.

Zur Begründung der vorliegenden Klage (S 18 BK 1827/13), mit der die Klägerin die Gewährung von Kinderzuschlag in Höhe von monatlich 420,00 EUR - ohne zeitliche Begrenzung des Klageantrags - begehrt, hat sie im Wesentlichen unter Darlegung einer ausführlichen Bedarfsberechnung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 BKGG und nach rechnerischer Darlegung der Vermeidung von Hilfebedürftigkeit ausgeführt, dass sich der vorliegende Sachverhalt von jenem, der der Entscheidung des BSG vom 15.12.2010 zugrunde liegt, wesentlich dadurch unterscheide, dass hier eines der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, nämlich die Klägerin, nach dem SGB II leistungsberechtigt sei, während nach dem dem BSG-Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt keines der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft dem Grunde nach dem SGB II leistungsberechtigt gewesen sei. Nach der gesetzgeberischen Konzeption solle der Kinderzuschlag den Eltern zu Gute kommen, die allein durch die Bedarfe ihrer Kinder hilfebedürftig im Sinne des SGB II würden.

Die Beklagte hat im Rahmen der Klageerwiderung ausgeführt, dass für die Familienangehörigen der Klägerin bei der Berechnung der Vermeidung der Hilfebedürftigkeit keine sozialhilferechtlichen Bedarfe angesetzt werden dürften, da sie gerade aufgrund des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten könnten.

Das SG hat mit Urteil vom 17.07.2015 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die form- und fristgerecht erhobene Klage sei unbegründet. Es ist der Begründung im Bescheid und Widerspruchsbescheid der Beklagten unter Hinweis auf § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gefolgt und hat ergänzend darauf hingewiesen, dass ein wesentlicher Unterschied im Vergleich zur Entscheidung des BSG vom 15.12.2010 nicht bestehe. Zwar sei die Klägerin selbst vorliegend tatsächlich nicht vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, jedoch handele es sich vorliegend um eine Art der sogenannten gemischten Bedarfsgemeinschaft. Grundsätzlich seien damit die Bedarfe der anderen Mitglieder der Familie bei einer eventuellen Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht zu berücksichtigen. Unterschiede würden sich erst dann ergeben, wenn auch eines der Kinder grundsätzlich dem Hilfesystem nach dem SGB II unterfalle.

Die Klägerin hat am 11.11.2015 gegen das ihrem Prozessbevollmächtigten am 20.10.2015 zugestellte Urteil Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und unter Wiederholung ihres Vorbringens vertiefend ergänzt, dass Sinn und Zweck des Kinderzuschlags sei, dass die Eltern nicht aufgrund einer Unterhaltsbelastung für ihre Kinder auf Arbeitslosengeld II und Sozialgeld angewiesen seien. Dies ergebe sich aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 15/1516 S. 83). Entscheidend sei ja gerade nicht die Vermeidung der Hilfebedürftigkeit der Kinder, sondern die des antragstellenden Elternteils. Entgegen der Auffassung des SG sei es daher nicht erheblich, dass Hilfebedürftigkeit eines der Kinder bestehe, sondern es sei ausschlaggebend, dass mindestens einer der Elternteile seine Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II vermeiden könne. Anspruchsberechtigt seien daher auch nicht die Kinder, sondern der antragstellende Elternteil. Die Klägerin und ihr Ehegatte seien nur wegen ihrer Kinder hilfebedürftig.

Nachdem die Klägerin zunächst mit der Berufung neben der Anfechtung des Urteils des SG auch den Bescheid der Beklagten vom 14.01.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.03.2014 in Bezug genommen hat, hat sie dies auf richterlichen Hinweis klargestellt.

Die Klägerin beantragt (zuletzt),

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Juli 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Kinderzuschlag in Höhe von monatlich 420,00 EUR ab 1. Oktober 2012 bis 31. Mai 2013 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sich die Beklagte auf das angefochtene Urteil sowie die angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor, dass es bei dem Kinderzuschlag nicht um die Vermeidung der Hilfebedürftigkeit des Elternteils gehe. Die Eltern, die ihren eigenen sozialhilferechtlichen Bedarf durch eigenes Einkommen decken können, sollten eben nicht wegen der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen sein, damit deren sozialhilferechtliche Bedarfe durch SGB II-Leistungen gedeckt werden müssten. Der Kinderzuschlag würde zusammen mit dem Kindergeld und dem auf die Kinder entfallenden Wohngeldanteil den durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Bedarf von Kindern in Höhe der Leistungen nach dem SGB II decken und dadurch die Hilfebedürftigkeit der Kinder vermeiden. Kinderzuschlag werde an Eltern gezahlt, die über eigenes Einkommen oder Vermögen – ohne Kinderzuschlag – verfügen, mit dem sie zwar ihren eigenen Bedarf decken könnten, das aber zur Deckung des Bedarfs der Kinder nicht mehr ausreiche. Der Kinderzuschlag führe dazu, dass Familien nicht allein wegen der Unterhaltsbelastung für die Kinder hilfebedürftig nach dem SGB II würden. Diesem Zweck könne der beantragte Kinderzuschlag im vorliegenden Fall nicht dienen, denn den Kindern und dem Ehemann der Klägerin sei wegen deren Anspruchsberechtigungen auf Leistungen nach dem AsylbLG im streitigen Zeitraum überhaupt kein Bedarf nach dem SGB II zuzurechnen. Ausgehend vom Sinn und Zweck des Kinderzuschlags sei festzustellen, dass bei der Klägerin wegen der nach dem SGB II zu bestimmenden Unterhaltslasten für ihre Kinder keine Hilfebedürftigkeit eintreten könne, denn bei diesen Kindern könne, solange sie nach dem AsylbLG anspruchsberechtigt seien und sie deshalb vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen seien, überhaupt keine Bedarfe nach dem SGB II entstehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (1 Band), der Stadt E./Wohngeldbehörde (1 Band), des Landratsamtes E./Sozialamt (5 Bände) und des Jobcenters des Landkreises E. (3 Bände) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 und 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Freiburg (Az. S 18 BK 1827/13) ist zulässig. In dem Urteil hat das SG über die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 29.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2013 entschieden. Ungeachtet des zunächst gestellten Berufungsantrags bezüglich des Bescheides vom 14.01.2014/Widerspruchsbescheides vom 26.03.2014 ergab sich aus der Anfechtung dieses Urteils in Zusammenschau mit der Berufungsbegründung, dass die Klägerin genau diese Bescheide (vom 29.10.2012/31.01.2013) anficht, da sie sie dort ausdrücklich genannt hat. Soweit in der Berufungsbegründung zunächst ein anderer Leistungszeitraum (Juli bis September 2013) als der von den angefochtenen Bescheiden erfasste (dazu sogleich) genannt wurde, erfolgte eine Klarstellung und korrigierte Antragstellung. Berufungsausschließungsgründe liegen nicht vor (§ 144 SGG).

Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 29.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2013. Der streitige Zeitraum betrifft allein jenen vom 01.10.2012 bis 31.05.2013. Grundsätzlich erstreckt sich zwar bei einer vollständigen Ablehnung von Leistungen der streitige Leistungszeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (BSG, Urteile vom 13.07.2017 - B 4 AS 17/16 R -, SozR 4-4200 § 7 Nr. 54, vom 25.08.2011 - B 8 SO 19/10 R -, vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R -, SozR 4-3500 § 21 Nr. 1, vom 01.06.2010 - B 4 AS 67/09 R -, SozR 4-4200 § 11 Nr. 28, vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R -, SozR 4-4200 § 7 Nr. 8 und vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R -, BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 4). Da die Beklagte jedoch über den neuen Antrag auf Gewährung von Kinderzuschlag ab Juni 2013 vom 26.06.2013 durch ablehnenden Bescheid vom 14.01.2014/Wider-spruchsbescheid vom 26.03.2014 erneut entschieden hat und die Klägerin im Berufungsverfahren ihren Antrag auf Kinderzuschlag für die Zeit vom 01.10.2012 bis 31.05.2013 beschränkt hat, entfaltet die vollständige Leistungsablehnung durch Bescheid vom 29.10.2012/Wider-spruchsbescheid vom 31.01.2013 nur Wirkung bis 31.05.2013 (vgl. dazu BSG, a.a.O.).

Die Berufung ist unbegründet. Zwar ist die Klage zulässig. Insbesondere ist die einmonatige Klagefrist (§ 87 SGG), die mit der Bekanntgabe (§ 37 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)) des Widerspruchsbescheides zu laufen beginnt, mit der am 19.04.2013 erhobenen Klage gewahrt. Gem. § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt bei der Übermittlung durch die Post im Inland am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Der Widerspruchsbescheid vom 31.01.2013 wurde hier, wie auf der Vorderseite des in der Akte der Beklagten befindlichen Exemplars vermerkt, am 01.02.2013 zur Post gegeben (zum Erfordernis eines solchen Vermerks in den Behördenakten vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2006 - B 2 U 33/05 R -, BSGE 97, 279 = SozR 4-2700 § 136 Nr. 2, Rdnr. 15). Nach der gesetzlichen Zugangsfiktion ist maßgeblich der dritte Tag nach der Aufgabe zur Post (vgl. zu § 4 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG), BSGE 5, 53, 55). Der Tag, an dem der Brief zur Post gegeben wird, ist nach der gem. § 26 Abs. 1 SGB X für Fristen und Terminsbestimmungen geltenden Vorschrift des § 187 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch nicht mitzuzählen (vgl. BSG a.a.O.). Dritter Tag im Sinne der Zugangsfiktion des § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X ist damit der 04.02.2013. Die Zugangsfiktion gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X gilt indes dann nicht, wenn der Verwaltungsakt zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist, wobei im Zweifel die Behörde den Zugang und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen hat (vgl. § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Wie sich aus der E-Mail-Anfrage des bevollmächtigten Caritasverbandes (§ 13 SGB X) vom 18.03.2013 ergibt, war ihm wie auch der Klägerin der Widerspruchsbescheid bis zu diesem Zeitpunkt nicht zugegangen. Vielmehr ist er – ungeachtet der Frage, ob es sich bei der Übermittlung mittels E-Mail um einen elektronisch übermittelten Verwaltungsakt im Sinne des § 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X, § 36a Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) handelt – dem Verfahrensbevollmächtigten frühestens mit dieser am 20.03.2013 (Mittwoch) tatsächlich zugegangen. Die Klagefrist lief damit frühestens am 20.04.2013 ab.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 29.10.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.01.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Anspruchsgrundlage für den begehrten Kinderzuschlag ist § 6a BKGG in für den hier streitigen Zeitraum geltenden Fassung vom 07.12.2011, gültig vom 01.01.2011 bis 30.06.2013. Die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach sind in dessen Absätzen 1 und 5 geregelt, die Höhe in den Absätzen 2 bis 4.

Nach § 6a Abs. 1 BKGG gilt: Personen erhalten nach diesem Gesetz für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn (1.) sie für diese Kinder nach diesem Gesetz oder nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes Anspruch auf Kindergeld oder Anspruch auf andere Leistungen im Sinne von § 4 haben, (2.) sie mit Ausnahme des Wohngeldes und des Kindergeldes über Einkommen im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 SGB II in Höhe von 900 Euro oder, wenn sie alleinerziehend sind, in Höhe von 600 Euro verfügen, wobei Beträge nach § 11b SGB II nicht abzusetzen sind, (3.) sie mit Ausnahme des Wohngeldes über Einkommen oder Vermögen im Sinne der §§ 11 bis 12 SGB II verfügen, das höchstens dem nach Absatz 4 Satz 1 für sie maßgebenden Betrag zuzüglich dem Gesamtkinderzuschlag nach Absatz 2 entspricht, und (4.) durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden wird (Satz 1). Die Norm stellt sowohl Voraussetzungen für die bezugsberechtigte Person – hier die Klägerin – als auch die Kinder, für die der Kinderzuschlag gewährt werden soll, auf (vgl. dazu Kievel, ZfH 2005, 97 ff.).

Die Voraussetzungen bei den Kindern der Klägerin nach § 6a Abs. 1 Hs. 1 BKGG lagen vor, da sie im streitgegenständlichen Zeitraum in deren Haushalt lebten, unverheiratet waren und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Die Klägerin als bezugsberechtigte Person hatte Anspruch auf Kindergeld nach dem Einkommenssteuergesetz, das sie überdies auch tatsächlich erhielt. Damit war auch die Voraussetzung des § 6a Abs. 1 Nr. 1 BKGG erfüllt.

Ungeachtet der Frage, ob auch die weiteren Voraussetzungen - das Erreichen der Mindesteinkommensgrenze und das Nichtüberschreiten der Höchsteinkommensgrenze (§ 6a Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BKGG) – bei der Klägerin als bezugsberechtigte Person vorlagen, fehlt es jedoch an den weiteren Tatbestandsvoraussetzungen nach § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG. Die Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II durch den Kinderzuschlag setzt zunächst voraus, dass Hilfebedürftigkeit besteht und zwar sowohl bei der bezugsberechtigten Person – also der Klägerin – als auch bei den mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Kindern (BSG, Beschluss vom 19.06.2012 - B 4 KG 2/11 B -, juris, Rdnr. 7, 8; Urteil vom 09.03.2016 - B 14 KG 1/15 R -, juris, Rdnr. 18; Kievel, a.a.O., S. 97, 98, f.). Nach der übereinstimmenden Rechtsprechung der für den Kinderzuschlag zuständigen Senate des BSG kann Kinderzuschlag nur für Kinder gewährt werden, die der Bedarfsgemeinschaft angehören (BSG, Urteil vom 09.03.2016, a.a.O. und Beschluss vom 19.06.2012, a.a.O.).

Nach § 9 SGB II in der Fassung vom 13.05.2011 ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (Abs. 1). Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (Abs. 2 Satz 1). Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen (Abs. 2 Satz 2). Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht (Abs. 2 Satz 3).

Gerade die Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II knüpft danach an das Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft an. Nach § 7 Abs. 3 SGB II gehören zur Bedarfsgemeinschaft die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (Nr. 3). Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind Personen, die (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind und (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) haben (Legaldefinition § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Zur Bedarfsgemeinschaft gehören nach § 7 Abs. 3 SGB II außerdem als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte (Nr. 3) sowie die die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können (Nr. 4), also hilfebedürftig sind.

Die Prüfung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II knüpft des Weiteren an die Sicherung des Lebensunterhalts an. Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind in Kapitel Drei, Abschnitt Zwei des SGB II in den §§ 19 ff. SGB II geregelt. Nach § 19 Abs. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II (Satz 1) und nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte Sozialgeld (Satz 2). Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II sowie § 23 SGB II zu den Besonderheiten beim Sozialgeld).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin eine erwerbsfähige Leistungsberechtigte – zunächst ungeachtet ihrer eigenen Hilfebedürftigkeit – war, da sie im streitgegenständlichen Zeitraum 31 bzw. 32 Jahre alt und erwerbsfähig (§ 8 SGB II) war und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD hatte. Als solche (§ 7 Abs. 3 Nr. 1 SGB II) gründete sie eine Bedarfsgemeinschaft, deren Mitglieder ihr Ehegatte (§ 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II) – zunächst ungeachtet dessen Hilfebedürftigkeit – sowie die drei Kinder (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II) waren. Die Kinder konnten ihre Bedarfe nicht selbst aus eigenem Einkommen und Vermögen decken und waren daher hilfebedürftig. Die für sie zu berücksichtigenden monatlichen Bedarfe beliefen sich auf jeweils 251,00 EUR (2012)/255,00 EUR (2013) Regelbedarf (C. und S.) bzw. 219,00 EUR (2012)/224,00 EUR (2013) Regelbedarf (O.) zuzüglich des auf jedes Kind kopfteilig entfallenden Anteils des Bedarfs für Kosten der Unterkunft und Heizung von 111,50 EUR (vgl. zur Kopfanteilmethode im SGB II: BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 1/06 R - BSGE 97, 265 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 3, Rdnr. 28). Dem stand monatlich zu berücksichtigendes Kindergeldeinkommen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 4, 3 SGB II, wonach das Kindergeld als Einkommen des jeweiligen Kindes zu berücksichtigen ist) gegenüber von jeweils 184,00 EUR (C. und S.) bzw. 190,00 EUR (O.). Der auf die Kinder kopfanteilig entfallende Wohngeldanteil (jeweils 36,20 EUR (Oktober 2012 bis April 2013) bzw. 45,80 EUR (Mai 2013)) ist bei der Prüfung des Vorliegens von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II nicht zu berücksichtigen, da es nicht gewährt würde, wenn Leistungen nach dem SGB II bezogen würden (vgl. Valgolio in Hauck/Noftz, SGB 11/16, SGB II K Anhang § 6a BKGG, Rdnr. 120). Zwar waren die Kinder – ebenso wie der Ehegatte der Klägerin – auf Grund ihres Aufenthaltsstatus nach § 25 Abs. 5 AufenthG leistungsberechtigt nach § 1 AsylbLG in der für den hier streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung vom 22.11.2011 – ihre Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG entfiel erst mit Inkrafttreten des AsylbLG i.d.F. vom 10.12.2014 am 01.03.2015 – und damit von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II). Dieser Leistungsausschluss steht ihrer Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft indes nicht entgegen (vgl. zur sog. gemischten Bedarfsgemeinschaft zwischen erwerbsfähigen Leistungsberechtigen nach dem SGB II und einem Altersrentner, der in einer stationären Einrichtung untergebracht war BSG, Urteil vom 16.04.2013 - B 14 AS 71/12 R -, juris, Rdnr. 19 sowie zur sog. gemischten Bedarfsgemeinschaft zwischen erwerbsfähiger Leistungsberechtigter und dem nach dem AsylbLG leistungsberechtigen Ehegatten BSG, Urteil vom 06.10.2011 - B 14 AS 171/10 R -, juris und zwischen dem erwerbsfähigen leistungsberechtigten Vater und seiner nach dem AsylbLG leistungsberechtigten unter 15jährigen Tochter: BSG, Urteil vom 14.06.2018 - B 14 AS 28/17 R -, Terminbericht Nr. 24/18 vom 15.06.2018). Denn das Nichtvorliegen des Leistungsausschlusses ist keine Tatbestandsvoraussetzung für die Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II.

Unterstellt, dass die für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in Betracht kommenden Regelbedarfe (§§ 20, 23 Nr. 1 SGB II) sowie der zu berücksichtigenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung (§ 22 SGB II) – Anhaltspunkte für Mehrbedarfe gibt es nicht – nicht durch das (bereinigte, § 11b SGB II) Erwerbseinkommen des Ehemanns der Klägerin sowie durch das Kindergeld gedeckt werden konnten und daher Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II in dem hier streitigen Zeitraum bestand, ist jedenfalls die weitere Tatbestandsvoraussetzung von § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG "Vermeidung" der Hilfebedürftigkeit "durch Kinderzuschlag" nicht erfüllt. Zwar kann durch die Gewährung des Kinderzuschlags an die bezugsberechtigte Klägerin für alle drei Kinder möglicherweise – wie vom Prozessbevollmächtigen der Klägerin in seiner Berechnung ausführlich dargelegt – die Hilfebedürftigkeit der Klägerin vermieden werden. Die Hilfebedürftigkeit gerade auch dieser drei Kinder kann indes durch die Gewährung des Kinderzuschlags nicht vermieden werden, weil für sie allesamt der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II eingreift und sie daher – anders als die Klägerin – keinen Anspruch auf Sozialgeld bzw. Arbeitslosengeld II haben. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem der Entscheidung des BSG vom 15.12.2010 (B 14 KG 1/09 R) zu Grunde liegende Sachverhalt dahingehend, dass dort alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, also auch beide erwerbsfähigen Hilfebedürftigen – die Eltern der Kindern - von Leistungen nach dem SGB II gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II a.F. ausgeschlossen waren.

Der Leistungsausschluss wird nicht durch die Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft obsolet. Denn aus dieser allein kann die Leistungsberechtigung nach dem SGB II dem Grunde nach nicht abgeleitet werden (vgl. dazu BSG, Urteile vom 16.04.2013 und 06.10.2011, a.a.O.). Die Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft kann zwar grundsätzlich den Zugang zu den Leistungen nach dem SGB II, insbesondere auch zum Sozialgeld eröffnen, das zunächst allein daran anknüpft, dass der nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebt (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2, § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II, Krauß in Hauck/Noftz, SGB, 01/12, § 19 SGB II, Rdnr. 38). Indes gelten insbesondere die Leistungsausschlüsse des § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 4 SGB II für (nicht erwerbsfähige) Angehörige erwerbsfähiger Personen gleichermaßen wie für erwerbsfähige Personen (vgl. BSG, Urteil vom 14.06.2018 - B 14 AS 28/17 R -, Terminbericht Nr. 24/18 vom 15.06.2018 und vom 21.12.2009 - B 14 AS 66/08 R -, juris Rdnr. 15 ff.; Krauß in Hauck/Noftz, SGB, 01/12, § 19 SGB II, Rdnr. 46).

Entgegen dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten genügt allein die Vermeidung von Hilfebedürftigkeit der Kinderzuschlag-Bezugsberechtigten und nicht vom Leistungsausschluss betroffenen Klägerin indes nach § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG nicht. Voraussetzung ist vielmehr, dass durch den Kinderzuschlag die Hilfebedürftigkeit all der Kinder, für die er gewährt werden soll, vermieden wird (so auch Kühl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 6a BKGG, Rdnr. 46, der auf die Vermeidung der Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft abstellt und Valgolio in Hauck/Noftz, SGB 11/16, SGB II K Anhang § 6a BKGG, Rdnr. 114). Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Norm. Es ergibt sich aber aus der Tatsache, dass der Kinderzuschlag in einem strengen Alternativverhältnis zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II steht und aus der ratio legis, wonach die Beseitigung der Abhängigkeit des Kindes von Sozialgeld durch Deckung seines offenen Bedarfs mittels Kinderzuschlag erreicht werden sollte. Mit der Einführung des Kinderzuschlags in § 6a BKGG wollte der Gesetzgeber verhindern, dass Familien/Eltern allein wegen der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder auf Arbeitslosengeld II und Sozialgeld angewiesen sind (BT-Drs. 15/1516, S. 2, 83). Der Kinderzuschlag soll zusammen mit dem Kindergeld und dem auf Kinder entfallenden Wohngeldanteil den durchschnittlichen Bedarf von Kindern an Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld abdecken (BT-Drs. 15/1516, S. 3, 83). Die Gesetzesmaterialien zeigen weiter auf, dass durch § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB II außerdem klargestellt wurde, dass der Kinderzuschlag nur dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen ist, da andernfalls durch dieses Instrument nicht die Abhängigkeit des Kindes von Sozialgeld bzw. Arbeitslosengeld II beseitigt werden kann (BT-Drs. 15/1516, S. 53). Das Erreichen dieses Gesetzeszweckes kann aber wiederum nur unter der Prämisse erfolgen, dass das Kind tatsächlich einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat und nicht von ihnen ausgeschlossen ist. Es muss mithin der tatsächliche Bezug von Sozialgeld der Kinder vermieden werden, der Kinderzuschlag tritt (nur) an die Stelle eines ansonsten gegebenen Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl. BSG, Urteil vom 09.03.2016 - B 14 KG 1/15 R -, juris, Rdnr. 18; Beschluss vom 19.06.2012 - B 4 KG 2/11 B -, juris, Rdnr. 7, 8; Kühl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, §6a BKGG, Rdnr. 22, 24, 51). Ist dies nicht gewährleistet, besteht kein Anspruch auf Kinderzuschlag. Dass nicht allein die Vermeidung von Hilfebedürftigkeit eines nach dem SGB II leistungsberechtigten Elternteils ausreicht, ergibt sich überdies aus der Regelung der Mindesteinkommensgrenze nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG. Entsprechend seiner Zweckbestimmung wird der Kinderzuschlag nur gezahlt, wenn das elterliche Einkommen eine Mindestgrenze zur Deckung ihrer eigenen Bedarfe erreicht hat, denn der Kinderzuschlag soll einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II ersetzen und nur Eltern zu Gute kommen, die einen Grundstock für die Sicherung ihrer eigenen wirtschaftlichen Existenz bereits gelegt haben (Kühl in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 6a BKGG, Rdnr. 36; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB 11/16, SGB II K Anhang § 6a BKGG, Rdnr. 114) und (allein) den Bedarf der Kinder mit diesem nicht sichern können.

Nach alledem besteht kein Anspruch auf Kinderzuschlag.

Dieser (mittelbare) Ausschluss vom Kinderzuschlag nach § 6a BKGG für Berechtigte nach dem AsylbLG ist ebenso wie der Ausschluss des betroffenen Personenkreises unmittelbar von Leistungen nach dem SGB II verfassungsgemäß (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2010 - B 14 KG 1/09 R -, juris, Rdnr. 14).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor. Der Senat sieht die vorliegende Rechtsfrage – ob die Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II im Sinne des § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG voraussetzt, dass das Kind, für das Kinderzuschlag gewährt werden soll, tatsächlich einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld hat, also insbesondere nicht von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist – durch die Gesetzesmaterialien und die zitierten Entscheidungen des BSG vom 19.06.2012 (a.a.O.) und 09.03.2016 (a.a.O.) als geklärt an.
Rechtskraft
Aus
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