L 1 KR 267/13

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 25 KR 591/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 267/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ein mitarbeitender GmbH-Gesellschafter, der nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, kann Weisungen des Geschäftsführers grundsätzlich nur aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte verhindern. Die Rechtsmacht des mitarbeitenden Gesellschafters mit 50-prozentiger Beteiligung ohne Geschäftsführerstellung unterscheidet sich insoweit entscheidend von der Rechtsmacht eines Gesellschafters mit Geschäftsführerstellung und 50- prozentiger Beteiligung.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 9. Oktober 2013 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch darüber, ob die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1 in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis 2. September 2015 versicherungspflichtig beschäftigt war.

Die 1968 geborene Klägerin ist ausgebildete Kindergärtnerin und war in der Zeit von 1995 bis 2004 als Erzieherin tätig. Ab 1. Oktober 2005 war sie bei der Beigeladenen zu 1 beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom 23. September 2005 war die Klägerin als Sachbearbeiterin beschäftigt und der Arbeitgeber berechtigt, ihr eine andere Tätigkeit zuzuweisen, soweit dies betriebsnotwendig sei (§ 1 des Vertrages). Vereinbart war eine monatliche Vergütung in Höhe von 1.800,00 EUR brutto bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche (§ 2 des Vertrages). Sie hat Anspruch auf jährlichen Urlaub von 30 Arbeitstagen, der in einem Urlaubsplan in Abstimmung mit dem Arbeitgeber festgelegt werde (§ 3 des Vertrages). § 4 regelt Fragen der Benachrichtigungen im Fall der Krankheit des Arbeitnehmers. Nach § 7 Satz 1 des Vertrages bedürfen Änderungen des Vertrages der Schriftform.

Die Beigeladene zu 1 ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand der Service, die Vermietung und der Vertrieb von Arbeitsbühnen ist. Sie wurde 1995 gegründet und zum 1. Januar 2005 durch Kaufvertrag von der Klägerin und ihrem damaligen Lebensgefährten Y ... erworben. Auf den Kaufpreis von 400.000,00 EUR leistete die Klägerin eine Anzahlung in Höhe von 80.000,00 EUR und Herr Y ... 40.000,00 EUR. Der Rest des Kaufpreises wurde in monatlichen Raten und die Schlussrate u.a. durch ein Darlehen der Gesellschaft finanziert. Zunächst hielt Herr Y ... 90 Prozent der Gesellschaftsanteile und die Klägerin 10 Prozent. Die Gesellschafterversammlung beschloss am 30. Juli 2009, dass 40 Prozent des Herrn Y ... gehörenden Anteils auf die Klägerin übertragen werden. Als Gegenleistung sollten die seinerzeit beim Erwerb zugesteuerten 80.000,00 EUR zu 50 Prozent auf den jetzigen Übertragungsvorgang angerechnet werden, zum anderen der durch die gleichberechtigte Mitarbeit entstandene Wertzuwachs an der Firma. Dieser Beschluss wurde mit notariellem Vertrag vom 30. September 2009 rückwirkend zum 1. Juli 2009 vollzogen. Am 10. Juli 2012 kam es zu einer Verschmelzung der Klägerin mit der Arbeitsbühnen X ... GmbH im Wege von deren Aufnahme (HRB 11556). An den Beteiligungsverhältnissen hat sich durch die Verschmelzung nichts geändert.

Der Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen zu 1 sieht eine Gewinnverteilung im Verhältnis zur Stammeinlage vor, wobei über die Ausschüttung des Gewinns die Gesellschafterversammlung entscheidet. Gemäß § 9 bedarf der Geschäftsführer der Zustimmung der Gesellschafterversammlung zu allen Geschäften, die über den gewöhnlichen Betrieb hinausgehen. Das Stimmrecht in den Gesellschafterversammlungen ist nicht gesondert geregelt, so dass insoweit die gesetzliche Regelung des § 47 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) gilt. Geschäftsführer ist seit 1. Januar 2005 der Gesellschafter Y ...; er ist alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit.

Die Beigeladene zu 1 meldete die Klägerin seit Beginn des Beschäftigungsverhältnisses zur Sozialversicherung an und leistete Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.

Am 29. Januar 2010 beantragten die Klägerin und die Beigeladene zu 1 bei der Beklagten die Feststellung, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) vorliege. Sie gaben an, dass die Klägerin als Bürokraft tätig sei, in dieser Tätigkeit Rechnungen schreibe, Angebote erstelle und Telefonate führe sowie die Post erledige, dass sie am Betriebssitz der Beigeladenen zu 1 arbeite und regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten habe, nämlich acht Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich. Ihr würden Weisungen hinsichtlich der Ausführung (Art und Weise) ihrer Tätigkeit erteilt und die Beigeladene zu 1 könne ihr Einsatzgebiet auch ohne ihre Zustimmung verändern. Die Einstellung von Vertretern bzw. Hilfskräften durch die Klägerin sei von der Zustimmung der Beigeladenen zu 1 abhängig.

Auf die Anforderung, ihr unternehmerisches Handeln zu beschreiben, antworteten die Klägerin und die Beigeladene zu 1: "Kein eigenes Handeln in allen Punkten - nur unter Rücksprache mit GF".

Nachdem die Klägerin den ihr in der Folge von der Beklagten übersandten Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines mitarbeitenden Gesellschafters in einer GmbH trotz Erinnerung zunächst nicht zurückgesandt hatte, verfügte die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 2010, dass ein Verfahren auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status nicht durchgeführt werde, da mangels Rücklaufs der Unterlagen keine Feststellung mehr gewünscht werde.

Unter dem 21. April 2010 füllte die Klägerin den Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines mitarbeitenden Gesellschafters in einer GmbH aus, der am 23. April 2010 bei der Beklagten einging. Sie gab an, seit 30. September 2009 über 50 Prozent der Stammeinlage in Höhe von 12.782,50 EUR zu verfügen; im Übrigen wiederholte sie im Wesentlichen die Angaben aus dem zuvor eingereichten Feststellungsbogen. Sie unterliege wie ein fremder Arbeitnehmer dem Direktionsrecht der Gesellschaft bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung; dieses Weisungsrecht werde von der Gesellschaft in der Praxis tatsächlich laufend ausgeübt. Sie gab an, dass sie neben dem regelmäßigen Gehalt von monatlich 1.560,00 EUR am Gewinn beteiligt sei. Die Beigeladene zu 1 bestätigte diese Angaben (vgl. Bl. 10 ff. der Verwaltungsakte).

Mit Bescheid vom 29. September 2010 nahm die Beklagte den Bescheid vom 23. April 2010 zurück und stellte fest, dass die Tätigkeit der Klägerin als mitarbeitende Gesellschafterin bei der Beigeladenen zu 1 seit dem 1. September 2008 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Aufgrund ihres Kapitaleinsatzes sei es der Klägerin nicht möglich, die Geschicke der Firma maßgeblich zu beeinflussen. Weiterhin könne sie aufgrund von mangelnden Vetorechten bzw. Sperrminoritäten keine Entscheidungen verhindern. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage sie kein, eine selbständige Tätigkeit kennzeichnendes, Unternehmerrisiko. Die Arbeitsleistung bleibe fremdbestimmt, da sie sich in eine der Gesellschafterversammlung vorgegebenen Ordnung des Betriebes eingliedere. Ein gleichlautender Bescheid erging gegenüber der Beigeladenen zu 1.

Am 24. Februar 2011 beantragte die Klägerin gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Rücknahme des Bescheides vom 29. September 2010 und die Feststellung, dass zumindest ab 1. Juli 2009 keine abhängige, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliege, weil die Klägerin mit einem Anteil von 50 Prozent am Stammkapital der Beigeladenen zu 1 beteiligt sei. Die Beschlüsse der Gesellschaft würden mit einfacher Mehrheit gefasst, so dass sie zumindest ab dem 1. Juli 2009 maßgebenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft ausüben könne. Ein typischer Interessengegensatz, der zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu finden sei, sei hier ausgeschlossen; die Klägerin sei im eigenen Unternehmen tätig.

Mit Bescheid vom 8. März 2011 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 29. September 2010 ab. Zwar könne die Klägerin aufgrund ihres Kapitaleinsatzes von 50 Prozent Entscheidungen verhindern, aber aufgrund einer fehlenden Sperrminorität keine Entscheidungen zu ihren Gunsten herbeiführen. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage sie kein, eine selbständige Tätigkeit kennzeichnendes, Unternehmerrisiko. Sie habe keinen Wegfall der Bezüge bei schlechter Geschäftslage zu befürchten. Ihre Arbeitsleistung bleibe fremdbestimmt.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 2011 zurück. Mitarbeitende Gesellschafter hätten nur dann maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft, wenn sie mehr als 50 Prozent der Kapitalanteile der GmbH hielten. Nur mitarbeitende Mehrheitsgesellschafter seien in der Lage, Einzelanweisungen der Geschäftsführung im Bedarfsfall jederzeit zu verhindern. Eine Sperrminorität schließe eine abhängige Beschäftigung von vornherein nicht aus, wenn der Minderheitsgesellschafter keine Geschäftsführerfunktion innehabe. Der Minderheitsgesellschafter mit Sperrminorität sei rechtlich nicht in der Lage, seine Weisungsgebundenheit gegenüber dem Geschäftsführer der GmbH aufzuheben oder abzuschwächen.

Dagegen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 27. Oktober 2011 beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben. Er hat vorgetragen, sie sei nicht minderbeteiligte Gesellschafterin, sondern verfüge genau wie der Geschäftsführer über 50 Prozent des Stammkapitals. Die Beklagte verkenne, dass maßgebliches Entscheidungsorgan die Gesellschafterversammlung sei, an deren Weisungen der Geschäftsführer gebunden sei. Das Anknüpfen an eine Geschäftsführerposition zur Feststellung einer im sozialversicherungsrechtlichem Sinne selbständigen Tätigkeit sei verfehlt, da zweifelsfrei ein Geschäftsführer, der nicht auch gleichzeitig Gesellschafter sei, sozialversicherungspflichtig sei, wenn er nicht aus sonstigen Gründen maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft ausübe. Darüber hinaus habe die Klägerin mit dem Gesellschafter Y ... eine Vereinbarung getroffen, dass alle Gesellschaftsbeschlüsse nur mehrheitlich getroffen würden; eine schriftliche Stimmbindungsvereinbarung habe nicht vorgelegen.

Die Beklagte hat auf die Ausführungen in ihrem Widerspruchsbescheid verwiesen und darauf, dass der geschäftsführende Gesellschafter und der mitarbeitende Gesellschafter ohne Geschäftsführerfunktion von der Rechtsprechung im Hinblick auf den Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft unterschiedlich beurteilt würden. Dies ergebe sich schon allein aus der Sonderstellung eines Geschäftsführers innerhalb der Gesellschaft.

Mit Beschluss vom 9. Mai 2012 hat das Sozialgericht die C ... die Techniker Kranken- und Pflegekasse und die Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren beigeladen.

Die Beigeladene zu 1 hat sich den Ausführungen der Klägerin angeschlossen.

Nach mündlicher Verhandlung hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 9. Oktober 2013 abgewiesen. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, den Bescheid vom 29. September 2010 gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zurückzunehmen. Die Klägerin halte als Gesellschafterin zwar die Hälfte des Stammkapitals der Beigeladenen zu 1. Sie sei aber nicht deren Geschäftsführerin. Ein GmbH-Gesellschafter, der in der GmbH angestellt und nicht zum Geschäftsführer bestellt sei, besitze allein aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschaftsrechte nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Die Klägerin sei aufgrund des Arbeitsvertrages mit der Beigeladenen zu 1 rechtlich an die Weisungen des Geschäftsführers gebunden. Dieser führe die laufenden Geschäfte der GmbH, zu denen auch die Ausübung des Weisungsrechts gegenüber den Beschäftigten der GmbH gehöre. Einschränkungen sehe der Gesellschaftsvertrag insoweit nicht vor; in ihm habe die Gesellschafterversammlung Weisungsrechte gegenüber Beschäftigten weder allgemein noch im Einzelfall an sich gezogen oder vorbehalten. Die Klägerin und die Beigeladene zu 1 hätten das Beschäftigungsverhältnis seit Beginn und auch nach Übernahme der weiteren Gesellschaftsanteile durch die Klägerin jeweils als sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei der Einzugsstelle angemeldet und Beiträge abgeführt. Die Klägerin habe in den beiden Feststellungsbögen jeweils angegeben, dass sie regelmäßige Arbeits- und Anwesenheitszeiten einzuhalten habe und, dass ihr Weisungen hinsichtlich der Ausführung ihrer Tätigkeit erteilt würden. Die Angaben in beiden Feststellungsbögen belegten, dass das Beschäftigungsverhältnis rein tatsächlich auch als ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis durchgeführt werde. Zwar könne auch der Umfang der tatsächlichen Einflussnahme der Gesellschafter auf die GmbH von Bedeutung sein, wobei auch an eine mittelbare Beeinflussung durch Verhindern entsprechender Beschlüsse zu denken sei. Da die Gesellschaftsbeschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst werden müssten, sei es der Klägerin möglich, aufgrund ihrer hälftigen Unternehmensbeteiligung Beschlüsse der Gesellschaft zu verhindern. Insoweit komme es nicht darauf an, ob die beiden Gesellschafter eine Stimmbindungsvereinbarung geschlossen hätten. Es sei ihnen auch ohne Stimmbindungsvereinbarung nur möglich, gemeinsam Beschlüsse zu fassen. Der Klägerin sei es nicht möglich, die Weisungen, die ihr der Geschäftsführer im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses erteile, zu verhindern oder zu beeinflussen. Sie könne dem Gesellschafter-Geschäftsführer ohne dessen Zustimmungen der Gesellschafterversammlung keine Weisungen in Bezug auf die Führung der Geschäfte der Gesellschaft erteilen. Sie könne ihn auch nicht kündigen. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer hingegen könne schon allein durch die Führung der Geschäfte, auch wenn sie sich nur auf den gewöhnlichen Betrieb der Gesellschaft beschränkten, aktiv Einfluss nehmen. Die Möglichkeit des Gesellschafters, der nicht Geschäftsführer und nicht Mehrheitsgesellschafter sei, auf die Geschicke der Gesellschaft Einfluss zu nehmen, sei nur passiv und bestehe allein darin, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Weitere Indizien, die gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen könnten, lägen nicht vor.

Gegen das ihm am 14. November 2013 zugestellte Urteil hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 13. Dezember 2013 beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er trägt im Wesentlichen vor, die Behauptung, die Klägerin könne dem Geschäftsführer nicht kündigen, stehe im Widerspruch zu § 47 Abs. 4 GmbHG, der – um Interessenkonflikten und Befangenheit vorzubeugen – das Stimmrecht eines Gesellschafters ausschließe. Dies umfasse gerade auch die Kündigung von Verträgen. Er meint, das Sozialgericht vollziehe einen unzulässigen Zirkelschluss. Vielmehr sei eine Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung ohne die Klägerin ausgeschlossen, so dass keine Entlastung des Geschäftsführers möglich sei. Der Stimmanteil zwinge die Gesellschafter, sich im Streitfall zu einigen. Aufgrund der hälftigen Kapitalbeteiligung habe sie ein erhebliches wirtschaftliches Interesse am Erfolg der GmbH.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 9. Oktober 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 8. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2011 zu verpflichten, den Bescheid vom 29. September 2010 zurückzunehmen und festzustellen, dass die Tätigkeit der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 2009 bis 2. September 2015 nicht als abhängiges Beschäftigungsverhältnis der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung unterliegt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Die Klägerin habe selbst bestätigt, dass das rechtlich bestehende Weisungsrecht auch in der Praxis tatsächlich laufend ausgeübt werde.

Mit notariell beurkundetem Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 3. September 2015 sind das Stammkapital und die Gesellschaftsanteile auf Euro umgestellt und auf insgesamt 25.600,00 EUR erhöht und der Gesellschaftsvertrag neugefasst worden, wobei die jeweiligen Geschäftsanteile der beiden Gesellschafter im selben Umfang aufgestockt worden sind. Ferner wurde Herr Y ... als Geschäftsführer abberufen und die Klägerin mit sofortiger Wirkung zur Geschäftsführerin bestellt.

Daraufhin hat die Beklagte mit Bescheid vom 12. November 2015 ihren Bescheid vom 29. September 2010 in der Fassung des Bescheides vom 8. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2011 mit Wirkung ab dem 3. September 2015 aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin die Tätigkeit als Gesellschafter–Geschäftsführerin bei der Beigeladenen zu 1 seit dem 3. September 2015 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses i.S.d. Sozialversicherung ausübe. Daher bestehe in dieser Tätigkeit seit dem 3. September 2015 keine Versicherungspflicht als abhängig Beschäftigte in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen und die Klage auf die Zeit bis 2. September 2015 begrenzt.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 18. Juli 2017 sind die Beteiligten zu einer Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin meint, dafür sei keine Raum.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten (1 Band Bl. 1-64) verwiesen. Sie sind Gegenstand der Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat hat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten das ihm in § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG eingeräumte Ermessen dahin ausgeübt, durch Beschluss statt durch Urteil zu entscheiden, weil die Rechtslage klar und eindeutig ist und bereits beim Sozialgericht in mündlicher Verhandlung erörtert worden war.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Völlig zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 8. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2012 in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Sie war in ihrer von 1. Juli 2009 2. September 2015 für die Beigeladene zu 1 ausgeübten Tätigkeit als mitarbeitende Gesellschafterin abhängig und damit sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung grundsätzlich der Versicherungspflicht (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), in der insoweit seit 1. Januar 1999 unverändert geltenden Fassung des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. 2000 I S. 2).

Nach § 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1); Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet.

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (z.B. Urteil vom 11. November 2015 – B 12 KR 13/14 R – juris Rn. 18 m.w.N.), welcher der Senat folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. selbständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden.

Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine – formlose – Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG, Urteile vom 29. August 2012 – B 1 KR 25/10 – Rn. 16 und vom 30. April 2013 – B 12 KR 19/11 R –Rn. 14 jeweils m.w.N.; s.a. SächsLSG, Urteil vom 4. März 2014 – L 1 KR 9/11 – Rn. 34, alle juris).

Die dargestellten Grundsätze sind auch hier anzuwenden, denn die Klägerin war im streitigen Zeitraum und in Bezug auf die streitige Tätigkeit nicht in ihrem eigenen, sondern in einem fremden Betrieb tätig. Die alleinige Betriebs- bzw. Unternehmensinhaberin war die Beigeladene zu 1, die als GmbH juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit ist und deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinter stehenden juristischen oder natürlichen Personen und deren verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden muss (BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 1 KR 25/10 – juris Rn. 18). Daran ändert auch die Gründungsgeschichte der Beigeladenen zu 1 nichts. In diesen Fällen erkennt die höchstrichterliche Rechtsprechung seit jeher nur dann den Status als Selbständiger an, wenn der im Unternehmen Tätige Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft hält, mit denen zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist und der Betroffene damit rechtlich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren (vgl. BSG, Urteile vom 29. August 2012, a.a.O., Rn. 25, vom 30. April 2013, a.a.O., Rn. 16 und vom 3. April 2014 – B 2 U 26/12 R – Rn. 16 jeweils m.w.N.; s.a. Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17. September 2014 – 10 AZB 43/14 – Rn. 22 ff., alle juris).

Die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Angestellten einer GmbH ist Aufgabe der laufenden Geschäftsführung und nicht Aufgabe der Gesellschafterversammlung (vgl. BSG, Urteil vom 17. Mai 2001 – B 12 KR 34/00 R – juris Rn. 15). Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG wird die Gesellschaft durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Die außergerichtliche Vertretung einer GmbH umfasst die Abgabe von Willenserklärungen der GmbH nach außen und die Entgegennahme von an die GmbH gerichteten empfangsbedürftigen Willenserklärungen Dritter. Hierzu zählen insbesondere alle Rechtsgeschäfte im Rahmen von Arbeitsverhältnissen mit der Gesellschaft, insbesondere deren Abschluss, die Kündigung und die Erteilung von Weisungen. Das gilt auch bei Arbeitsverhältnissen mit Gesellschaftern (Zöller/Noack in Baumbach, Hueck, GmbHG, 20. Aufl. 2013, Rn. 82), soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht. Der Geschäftsführer kann auch in seiner Vertretungsbefugnis gemäß § 37 GmbHG eingeschränkt werden, allerdings nur durch Gesellschaftsvertrag oder durch Beschlüsse der Gesellschafter (§ 37 Abs. 1 GmbHG). Daher kann ein mitarbeitender GmbH-Gesell-schafter, der nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, Weisungen des Geschäftsführers grundsätzlich nur aufgrund seiner gesetzlichen Gesellschafterrechte verhindern. Besitzt ein mitarbeitender Gesellschafter nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter durch Weisungen der Gesellschafterversammlung an den Geschäftsführer aufzuheben oder abzuschwächen und ist die Vertretungsmacht des Geschäftsführers nicht eingeschränkt, so liegt regelmäßig Weisungsgebundenheit vor (Bayerisches Landessozialgericht &61531;LSG&61533;, Urteil vom 26. Juni 2015 – L 16 R 1240/13 – juris Rn. 41).

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1 im Rahmen einer Beschäftigung oder selbständig ausgeübt wurde, ist zunächst der Arbeitsvertrag vom 23. September 2005, der das Vertragsverhältnis zwischen der Beigeladenen zu 1 und der Klägerin in dem hier nur noch streitigen Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 2. September 2015 bestimmt hat. Dieser Vertrag hatte schon nach der Bezeichnung ein Arbeitsverhältnis zum Gegenstand. Die Klägerin ist als weisungsunterworfene Bürokraft angestellt und an feste Arbeitszeiten gebunden. Der Vertrag enthält keinerlei Elemente, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen könnten. Auch sonst liegen ausschließlich Merkmale vor, die für eine Beschäftigung als Arbeitnehmerin typisch sind, nämlich die feste monatliche Vergütung und die Lohnfortzahlung im Urlaubs- und Krankheitsfall. Von Beginn an wurden neben der Lohnsteuer auch Sozialversicherungsbeiträge über die Einzugsstelle abgeführt.

Da die Klägerin bis zum 3. September 2015 auch nicht als Geschäftsführerin der Gesellschaft angestellt und tätig war, spricht auch sonst nichts für eine selbständige Tätigkeit. Maßgeblich für die sozialversicherungsrechtliche Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit auch einer mitarbeitenden Gesellschafterin ist nach den o.g. Grundsätzen dieses rechtlich bestehende Weisungsrecht, das – nach den eigenen Angaben der Klägerin im Verwaltungsverfahren – vorliegend auch tatsächlich ausgeübt wurde. Denn als lediglich Angestellte der Beigeladenen zu 1 waren die rechtlichen Möglichkeiten der Klägerin im Hinblick auf die behaupteten Gestaltungsmöglichkeiten und Freiheiten bei der Unternehmensleitung von vornherein beschränkt, da nicht sie, sondern der weitere Gesellschafter Y ... als Geschäftsführer die laufenden Geschäfte der Beigeladenen zu 1 bis 3.September 2015 alleine führte und die Klägerin dessen Weisungen unterworfen war. Sie war insbesondere auch aufgrund ihrer Gesellschafterstellung nicht in der Lage, z.B. eine ihr nicht genehme Weisung in rechtlich zulässiger Weise zu verhindern. Damit war sie auch nicht in der Lage, die Geschicke der Gesellschaft (als Ganzes) zu bestimmen.

Daraus folgt, dass von einer (abhängigen) Beschäftigung auszugehen ist, weil die Klägerin einerseits als Angestellte der Beigeladenen zu 1 dem umfassenden Weisungsrecht des für die Beigeladene zu 1 allein handelnden Geschäftsführers unterlag und andererseits auch in ihrer Stellung als bloße Mitgesellschafterin der Beigeladenen zu 1 die Geschicke der Gesellschaft nicht maßgeblich bestimmen konnte. Insbesondere hätte sie aufgrund der Gesellschaftsverhältnisse auch keine Änderung des Gesellschaftsvertrages herbeiführen können, um etwas an ihrer Weisungsunterworfenheit gegenüber dem Geschäftsführer zu ändern. Der Gesellschaftsvertrag enthielt insbesondere keinen Vorbehalt, dass Weisungsrechte ihr gegenüber allgemein oder im Einzelfall oder beispielsweise die Kündigung des Anstellungsvertrages nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung hätten vorgenommen werden dürfen. Damit war der Klägerin auch durch den Gesellschaftsvertrag keine derart weitgehende Rechtsmacht eingeräumt, die es ihr erlaubt hätte, jegliche Weisungen durch den Geschäftsführer zu verhindern (vgl. BSG, Urteile vom 29. Juni 2016, a.a.O., Rn. 39, und vom 11. November 2015, a.a.O., Rn. 21). Rechtsvereinbarungen mündlicher oder schriftlicher Art außerhalb des Gesellschaftsvertrages sind nicht geeignet, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebende Rechtsmacht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben (vgl. Brötzmann in GmbHR 2016, 537, 542).

Da der (Gesellschafter-)Geschäftsführer die Beigeladene zu 1 damals allein vertrat, war allein er als Vertretungsorgan der Gesellschaft im Übrigen auch für eine Änderung des Anstellungsvertrages mit der Klägerin im Konfliktfall zuständig. Die Klägerin war daher vom Geschäftsführer auch insoweit abhängig, als dieser nach § 5 Abs. 2 des Arbeitsvertrags ihr Arbeitsverhältnis ohne Gesellschafterbeschluss jederzeit nach den gesetzlichen Bestimmungen ordentlich und zudem außerordentlich kündigen konnte. Angesichts ihrer nicht mehrheitlichen Kapitalbeteiligung fehlte damit ein entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit der Klägerin, nämlich die bei ihr nicht vorhandene Möglichkeit, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw. der Unternehmensführung bis hin zu ihrer Kündigung abzuwenden, weil sie gegenüber der Gesellschaft keine entsprechende Rechtsmacht besaß, da sie über eine Kapitalbeteiligung von exakt 50 Prozent verfügte. Zwar konnte sie mit diesem Anteil ihr nicht genehme Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindern (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R – juris Rn. 25 m.w.N.), aber keine Weisungen des Geschäftsführers abwenden. Die Rechtsmacht des mitarbeitenden Gesellschafters mit 50-prozentiger Beteiligung ohne Geschäftsführerstellung unterscheidet sich insoweit entscheidend von der Rechtsmacht eines Gesellschafters mit Geschäftsführerstellung und 50-prozentiger Beteiligung. Die Rechtsmacht auch eines Gesellschafters mit Sperrminorität erschöpft sich nämlich darin, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung verhindern zu können (Segebrecht in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl. 2016, § 7 Abs. 1 SGB IV, Rn. 108). Die Klägerin hätte damit lediglich eine mittelbare Rechtsmacht, indem sie den wirtschaftlichen Bestand der Gesellschaft als solcher gefährden könnte.

Eine Vergleichbarkeit der Klägerin mit einem Gesellschafter-Geschäftsführer ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten und eines etwaigen Unternehmerrisikos (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 29. August 2012, a.a.O., Rn. 26 ff.). Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG auch solche Einflussmöglichkeiten zu beachten, soweit sie einem Geschäftsführer selbst gegenüber der Gesellschaft zur Verfügung stehen (vgl. z.B. zu einem im Ergebnis nicht ausreichenden – der Gesellschaft gewährten Darlehen: BSG, Urteil vom 8. August 1990 – 11 RAr 77/89 – juris Rn. 32). Für die vorliegend vorzunehmende Zuordnung einer Tätigkeit in einem – wie hier – fremden Betrieb ist ihre Bedeutung gering. Bei dem Kapitalaufwand der Klägerin für die Beigeladene zu 1 handelte sich nämlich nicht um einen mit den geschuldeten Diensten verbundenen Aufwand, weil dieses Kapital für die Erfüllung ihrer Pflichten als Arbeitnehmerin nicht erforderlich war (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 29. August 2012, a.a.O., Rn. 29). Bezogen auf ihre Tätigkeit hatte die Klägerin gerade kein Unternehmerrisiko zu tragen; denn als Gegenleistung für ihre Tätigkeit stand ihr grundsätzlich ein vertraglicher Vergütungsanspruch zu, wie dies für Beschäftigte typisch ist. Bezogen auf die geschuldeten Dienste hatte die Klägerin – wie jeder andere Beschäftigte auch – allein das Risiko des Entgeltausfalls in der Insolvenz des Arbeitgebers zu tragen. Eine Tätigkeit im (auch) eigenen Betrieb scheidet hier bereits aufgrund der Rechtsform der Beigeladenen zu 1, einer GmbH, aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).

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Rechtskraft
Aus
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