L 5 RS 440/17

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 22 RS 1449/14
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 440/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes
1. Zur Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien sind auch konkrete Betriebsprämienordnungen geeignet, die einen bestimmten Grundbetrag der Jahresendprämie festlegen (hier: Betriebsprämienordnung 1985 des VEB KOSORA Dresden).
2. Nach Ausschöpfung aller im konkreten Einzelfall gebotenen Ermittlungen kommt in Konstellationen der Glaubhaftmachung des Zuflusses von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien die Glaubhaftmachung von Jahresendprämien in einer Mindesthöhe von einem Drittel des durchschnittlichen
Monatsverdienstes des einzelnen Beschäftigten in Betracht. Dies gilt nur für die Zeit von Juli 1968 bis Dezember 1982 und damit für die Planjahre von 1968 bis 1982.
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 29. Mai 2017 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2014 verurteilt, den Bescheid vom 11. Juni 2008 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1974 bis 1979 und 1986 weitere Arbeitsentgelte des Klägers wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt festzustellen sind: Für das Jahr: 1974 129,31 Mark 1975 219,86 Mark 1976 236,04 Mark 1977 255,88 Mark 1978 287,29 Mark 1979 277,94 Mark 1986 745,04 Mark Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu drei Fünfteln.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1974 bis 1979 und 1985 bis 1990 (Zuflussjahre) in Form von Jahresendprämien festzustellen.

Dem 1944 geborenen Kläger wurde, nach einem berufsbegleitenden Fachschulabend- bzw. -fernstudium in der Fachrichtung Technologie des Maschinenbaus an der Ingenieurschule für Maschinenbau Y ..., mit Urkunde vom 15. Juni 1973 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Er war vom 19. Januar 1970 bis 30. April 1979 als Montagetechnologe im volkseigenen Betrieb (VEB) Kombinat NAGEMA A ... bzw. im – unmittelbaren Rechtsnachfolgebetrieb – VEB Verpackungsmaschinenbau A ... sowie vom 1. Mai 1979 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) zunächst als Rationalisierungsingenieur und später als Abteilungsleiter Kundendienst bzw. Außenmontage im VEB KOSORA A ... beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

Mit Schreiben vom 26. Juli 2001 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften und legte unter anderem Entgeltbescheinigungen der Firma IMMOPACT Vermögensverwaltungs-GmbH vom 27. Mai 1998 und der Firma KOSORA Maschinenbau GmbH vom 2. Juni 1998 vor. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Februar 2003 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 31. März 2004 zunächst ab. Im Rahmen des sich anschließenden Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Dresden (im Verfahren S 12/26 RA 670/04) gab die Beklagte mit Schriftsatz vom 9. Januar 2008 ein Teilanerkenntnis ab, das der Kläger mit Schriftsatz vom 23. Januar 2008 annahm und die Klage im Übrigen zurücknahm. Zur Ausführung des Anerkenntnisses leitete die Beklagte Ermittlungen zu den feststellungsfähigen Arbeitsentgelten, insbesondere in Form von zusätzlich zu berücksichtigenden Jahresendprämien, ein und bat den Kläger mit Schreiben vom 22. April 2008 um Vorlage entsprechender Nachweise. Der Kläger legte mit Schriftsatz vom 2. Mai 2008 eine gemeinsame Erklärung der ehemaligen Betriebsverantwortlichen (Betriebsdirektor, Hauptbuchhalterin, Justiziar, Direktor für Technik und Direktor Ingenieurbüro) des ehemaligen VEB KOSORA A ... von Januar 2008 vor. Mit Schreiben vom 15. Mai 2008 bat die Beklagte den Kläger um Vorlage individueller Zeugenerklärungen. Am 2. Juni 2008 bat der Kläger um Erteilung des Feststellungsbescheides, zunächst ohne Berücksichtigung von Jahresendprämien; Zeugenerklärungen würden gegebenenfalls nachgereicht. Mit Bescheid vom 11. Juni 2008 stellte die Beklagte daraufhin die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 15. Juni 1973 bis 30. April 1979 und vom 1. Januar 1985 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, auf der Grundlage der Entgeltbescheinigungen der Firma IMMOPACT Vermögensverwaltungs-GmbH vom 27. Mai 1998 und der Firma KOSORA Maschinenbau GmbH vom 2. Juni 1998, fest. Den Bescheid vom 20. Februar 2003 hob sie zugleich auf.

Mit Überprüfungsantrag vom 17. April 2014 begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Jahresendprämien in Höhe von 70 Prozent des Entgelts des jeweils vorangegangenen Kalenderjahres als glaubhaft gemachtes Arbeitsentgelt und reichte schriftliche Erklärungen der Zeugen C ... vom 23. März 2014 und D ... vom 29. März 2014 ein. Diese gaben jeweils an, der Kläger habe in den jeweiligen Beschäftigungsbetrieben, wie jeder andere Mitarbeiter auch, regelmäßig jährlich eine Jahresendprämie ausgezahlt erhalten.

Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Juni 2014 ab. Den hiergegen am 30. Juni 2014 erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Zufluss der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die Zeugenerklärungen enthielten keine konkreten Angaben zu den Höhen der Prämien. Die Höhe der Jahresendprämien des Einzelnen sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der Prämien könne daher nicht erfolgen.

Hiergegen erhob der Kläger am 8. September 2014 Klage zum Sozialgericht Dresden und begehrte die Berücksichtigung von Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1974 bis 1979 und 1985 bis 1990 als glaubhaft gemachte Entgelte. Das Sozialgericht Dresden hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 29. Mai 2017 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Zufluss von Jahresendprämien konkret an den Kläger sei der Höhe nach weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Eine Schätzung der Prämienhöhe sei nicht zulässig. Weitere Ermittlungen seien nicht zumutbar.

Gegen den am 6. Juni 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23. Juni 2017 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren nach Feststellung von Jahresendprämien für den Zeitraum von 1974 bis 1979 und 1985 bis 1990 (Zuflussjahre) weiterverfolgt. Das Sozialgericht weiche in seiner Entscheidung von der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ab. Die Jahresendprämienzahlungen seien dem Grunde und der Höhe nach durch die Zeugenaussagen glaubhaft gemacht worden. Außerdem sei die Betriebsprämienordnung des VEB KOSORA A ... von 1985 für das Zufussjahr 1986 zu beachten, wonach jedem Beschäftigten ein Sockelbetrag von 60 Prozent des monatlichen Durchschnittsverdienstes als Jahresendprämie zugestanden habe. Der so ermittelte Betrag sei auch den Folgezuflussjahren 1987 bis 1990 zu Grunde zu legen, da nach der Prämienverordnung von 1982 die Jahresendprämie mindestens jeweils in Vorjahreshöhe zu zahlen gewesen sei.

Der Kläger beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 29. Mai 2017 aufzuheben und die Beklagte, unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2014, zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom 11. Juni 2008 abzuändern und Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1974 bis 1979 und 1985 bis 1990 als zusätzliche Entgelte im Rahmen der nachgewiesenen Zusatzversorgungszeiten festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Das Gericht hat schriftliche Auskünfte der Zeugen D ... vom 28. Februar 2018, F ... vom 17. März 2018 und E ... vom 1. April 2018 eingeholt sowie arbeitsvertragliche Unterlagen zum Kläger sowie einen Auszug aus der "Betriebsprämienordnung 1985" des VEB KOSORA A ... beigezogen. Die Einholung einer schriftlichen Auskunft des Zeugen C ... war nicht mehr möglich, weil der Zeuge bereits am 18. November 2016 verstorben war.

Mit Schriftsätzen vom 20. April 2018 (Kläger) und vom 30. April 2018 (Beklagte) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

II. Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage teilweise zu Unrecht abgewiesen hat. Denn der Kläger hat in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, ihm in den Jahren 1974 bis 1979 und 1986 zugeflossener, weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits mit Bescheid vom 11. Juni 2008 festgestellten Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben. Soweit er darüber hinausgehend noch höhere als die tenorierten Arbeitsentgelte sowie solche für die Zuflussjahre 1985 und 1987 bis 1990 begehrt, ist die Berufung unbegründet, weshalb sie im Übrigen zurückzuweisen war. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 23. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2014 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), weil mit dem Feststellungsbescheid vom 11. Juni 2008 das Recht unrichtig angewandt bzw. von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Deshalb waren der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 29. Mai 2017 (teilweise) abzuändern, der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 23. Juni 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom 11. Juni 2008 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1974 bis 1979 und 1986 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, wie tenoriert, festzustellen sind.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

Diese Voraussetzungen liegen vor, denn der Feststellungsbescheid vom 11. Juni 2008 ist teilweise rechtswidrig.

Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren (§ 149 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 11. Juni 2008 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Unrecht teilweise nicht berücksichtigt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 192f.). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [nachfolgend: DDR-AGB] vom 16. Juni 1977 [DDR-GBl. I 1977, Nr. 18, S. 185]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 DDR-AGB). Die Jahresendprämie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 DDR-AGB bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war. Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 DDR-AGB erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog. Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend und diese Beweislast, unter Ablehnung einer Schätzungsmöglichkeit, betonend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14).

Daraus wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt, worden ist.

Gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, ist auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.

Im vorliegenden konkreten Einzelfall hat der Kläger den Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach zwar nicht nachgewiesen, jedoch (für die geltend gemachten Zuflussjahre 1974 bis 1979 und 1985 bis 1990) glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter 1.). Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die zur Auszahlung an ihn gelangten, hat er zwar nicht nachgewiesen, zum Teil allerdings, und zwar für die Zuflussjahre 1974 bis 1979 und 1986 in einer Mindesthöhe glaubhaft machen können; eine Schätzung hingegen ist nicht möglich (dazu nachfolgend unter 2.).

1. Der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall zwar nicht nachgewiesen (dazu nachfolgend unter a), jedoch (für die geltend gemachten Zuflussjahre 1974 bis 1979 und 1985 bis 1990) glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter b):

a) Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.

Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch [SGB IV]), weshalb bereits die Beklagte im Verwaltungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus Office Systems GmbH abgesehen hat.

b) Der Zufluss von Prämienzahlungen dem Grunde nach konkret an den Kläger ist aber im vorliegenden Fall (für die geltend gemachten Zuflussjahre 1974 bis 1979 und 1985 bis 1990) glaubhaft gemacht.

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14), überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).

Dies zu Grunde gelegt, hat der Kläger im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen (§ 117 Abs. 1 DDR-AGB) für den Bezug einer Jahresendprämie für die geltend gemachten Zuflussjahre 1974 bis 1979 und 1985 bis 1990 vorlagen und er jeweils eine Jahresendprämie erhalten hat:

aa) Der Kläger war - in den Jahren 1973 bis 1978 im VEB Kombinat NAGEMA A ... bzw. im – unmittelbaren Rechtsnachfolgebetrieb – VEB Verpackungsmaschinenbau A ... und - in den Jahren 1984 bis 1989 im VEB KOSORA A ... jeweils während des gesamten Planjahres Angehöriger der jeweiligen konkreten Beschäftigungsbetriebe (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 DDR-AGB), wie sich aus den vorgelegten arbeitsvertraglichen Unterlagen (Bl. 53-56 der Gerichtsakte) sowie aus den Eintragungen in seinen Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung (Bl. 57-75 der Gerichtsakte) ergibt.

bb) Mindestens glaubhaft gemacht ist darüber hinaus auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem der Kläger angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 DDR-AGB). Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung war nach § 28 Abs. 1 DDR-AGB zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 DDR-AGB in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 DDR-AGB die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) vom 12. Januar 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 5, S. 49) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 70, S. 810) sowie in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973) vom 21. Mai 1973 (DDR-GBl. I 1973, Nr. 30, S. 293), mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, sowie die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 595) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982).

Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem Grunde nach bestand (vgl. dazu auch: Lindner, "Die ‚leere Hülle‘ ist tot – wie geht es weiter?", RV [= Die Rentenversicherung] 2011, 101, 104), auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden können. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten in anderen Verfahren erhobene Einwand, die Betriebskollektivverträge seien anspruchsbegründend, zwar zutreffend, verhindert eine Glaubhaftmachung jedoch auch dann nicht, wenn diese im konkreten Einzelfall nicht eingesehen werden können.

cc) Ausgehend von den schriftlichen Auskünften der Zeugen C ..., D ..., F ... und E ... sowie den sonstigen Hinweistatsachen ist zudem glaubhaft gemacht, dass der Kläger und das Arbeitskollektiv, dem er angehörte, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatten (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 DDR-AGB).

Der Zeuge C ..., der mit dem Kläger von Januar 1970 bis April 1979 im VEB Kombinat NAGEMA A ... bzw. im VEB Verpackungsmaschinenbau A ... zusammenarbeitete, gab in seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 25. März 2014 (Bl. 11 der Verwaltungsakte) an, dass der Betrieb regelmäßig jährlich Jahresendprämien an alle Mitarbeiter auszahlte und auch der Kläger jedes Jahr eine Jahresendprämie ausgezahlt erhielt. Eine vom Berufungsgericht mit Schreiben vom 6. Februar 2018 (Bl. 45 der Gerichtsakte) eingeleitete weitergehende Befragung des Zeugen C ... war nicht mehr möglich, da der Zeuge bereits am 18. November 2016 verstorben war (Bl. 47 und 49 der Gerichtsakte).

Die Zeugin F ..., die mit dem Kläger von 1975 bis 1979 in der gleichen Abteilung des VEB Kombinat NAGEMA A ... bzw. des VEB Verpackungsmaschinenbau A ... arbeitete, gab in ihrer schriftlichen Zeugenerklärung vom 17. März 2018 (Bl. 87 der Gerichtsakte) gleichfalls an, dass alle Beschäftigten der Abteilung im Betrieb Jahresendprämien erhielten. Diese wurden jeweils am Anfang eines Jahres rückwirkend für das vorangegangene Jahr in bar ausgezahlt.

Der Zeuge E ..., der den Kläger bereits seit September 1968 vom gemeinsamen Abendstudium kannte und mit dem Kläger im VEB Kombinat NAGEMA A ... bzw. im VEB Verpackungsmaschinenbau A ... zusammenarbeitete, gab in seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 1. April 2018 (Bl. 88-89 der Gerichtsakte) gleichfalls an, dass der Betrieb regelmäßig jährlich Jahresendprämien an alle Mitarbeiter auszahlte und auch der Kläger jedes Jahr eine Jahresendprämie ausgezahlt erhielt. Die Jahresendprämien wurden nach erfolgreicher Planerfüllung grundsätzlich am Anfang des Folgejahres für das abgelaufene Planjahr gezahlt. Die Aufteilung der Jahresendprämien erfolgte im Betrieb auf die einzelnen Direktionsbereiche. Diese wiederum teilten die Prämien unter Mitwirkung der gewerkschaftlichen Vertreter auf die Arbeitskollektive auf. Die Auszahlung erfolgte mit Unterschriftslisten, auf denen jeder Mitarbeiter mit seiner Unterschrift den ausgezahlten Betrag bestätigte. Der Betrieb war ein leistungsstarkes Unternehmen, in dem die Planauflagen stets erfüllt wurden; dies wurde auch – wie der Zeuge explizit hervorhob – durch den "berühmten roten Stern", der über dem Betrieb leuchtete, bestätigt (der Betrieb war Träger des "Karl-Max-Ordens", der höchsten staatlichen Auszeichnung der DDR und konnte auch an Kombinate und Betriebe verliehen werden, vgl. dazu: § 2 Abs. 1 Buchstabe b) der "Ordnung über die Verleihung des ‚Karl-Marx-Ordens‘", die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] war).

Die Zeugin D ..., die mit dem Kläger von Mai 1979 bis nach 1990 im VEB KOSORA A ... zusammenarbeitete und deren unmittelbarer Vorgesetzter der Kläger seit Februar 1982 im Bereich Kundendienst und Außenmontage des Betriebes war, gab in ihrer schriftlichen Zeugenerklärung vom 29. März 2014 (Bl. 12 der Verwaltungsakte) an, dass der Betrieb regelmäßig jährlich Jahresendprämien an alle Mitarbeiter auszahlte. In ihrer schriftlichen Zeugenerklärung vom 28. Februar 2018 (Bl. 81-82 der Gerichtsakte) konkretisierte sie ihre Angaben auf die schriftliche Nachfrage des Berufungsgerichts vom 6. Februar 2018 (Bl. 46 der Gerichtsakte). Sie gab weitergehend an, dass der Kläger, wie jeder andere Mitarbeiter im Betrieb auch, die Jahresendprämien ausgezahlt erhielt. Die Berechnung der Jahresendprämien erfolgte entsprechend der Kennziffern des Haushaltsbuches und der Jahresabschlussbilanz des Betriebes. Die Aushändigung der Jahresendprämien erfolgte in bar durch den Produktionsdirektor. Der Betrieb sowie der konkrete Produktionsbereich erfüllten stets die Plankennziffern. Der Betrieb schloss auch Betriebskollektivverträge ab. Die Prämien wurden prozentual zum persönlichen Gehalt gezahlt. Die Auszahlung erfolgte immer im ersten Quartal für das vorangegangene Jahr. Auf der Grundlage der Jahresschlussbilanz wurde der Prozentsatz der Jahresendprämie festgelegt. Für jeden Beschäftigten errechnete sich die Prämie entsprechend der Höhe von Gehalt oder Lohn unter Beachtung von Ausfallzeiten und Arbeitsleistung.

Auch aus der vom Kläger im vorangegangenen Verwaltungsverfahren mit Schriftsatz vom 2. Mai 2008 vorgelegten gemeinsamen Erklärung der ehemaligen Betriebsverantwortlichen (Betriebsdirektor, Hauptbuchhalterin, Justiziar, Direktor für Technik und Direktor Ingenieurbüro) des ehemaligen VEB KOSORA A ... von Januar 2008 (Bl. 78 der Verwaltungsakte, vorderer Heftfalz) ergibt sich, dass der Betrieb jährlich an alle Mitarbeiter Jahresendprämien etwa in Höhe eines durchschnittlichen Monatsverdienstes auszahlte. Sie gaben an, dass die Jahresendprämienzahlung an die kontinuierliche und erfolgreiche Planerfüllung gebunden war, die in den Jahresabschlussdokumenten durch den Wirtschaftsrat des Bezirkes A ... bestätigt wurden. Die Erfüllung der gestellten Aufgaben bildete im Rahmen des betrieblichen Wettbewerbs die Basis für die Ermittlung und Zahlung der Jahresendprämien. Die Auszahlung der Jahresendprämien erfolgte auf der Grundlage von Prämienlisten in den Abteilungen im Rahmen einer besonderen Veranstaltung. In der Regel erhielten die Mitarbeiter kein besonderes betriebliches Dokument über die ausgezahlte Jahresendprämie.

Unzulänglichkeiten des Klägers, die gegebenenfalls eine Kürzung oder Nichtzahlung der Jahresendprämie zur Folge hätten haben können, ergeben sich auch nicht aus anderweitigen Indizien oder Hinweistatsachen. Im Gegenteil: Die Angaben der Zeugen C ..., D ..., F ..., E ... sowie der Betriebsverantwortlichen des ehemaligen VEB KOSORA A ... sind vor dem Hintergrund der beigezogenen arbeitsvertraglichen Unterlagen und betrieblichen Leistungseinschätzungen plausibel und bestätigen die berechtigte Annahme, dass der Kläger die individuellen Leistungskennziffern jeweils konkret erfüllte. So wird dem Kläger in der betrieblichen Abschlussbeurteilung des VEB Verpackungsmaschinenbau A ... vom 24. April 1979 (Bl. 53-54 der Gerichtsakte) attestiert, dass er - die ihm übertragenen Dienstaufgaben verantwortungsbewusst, mit Einsatzbereitschaft und guten Ergebnissen erfüllte, - über gute fachliche Kenntnisse und praktische Erfahrungen verfügte, die ihn befähigten, die Lösung technologischer Aufgaben effektiv zu gestalten, - in seinem Wirkungskreis wegen seines energischen Auftretens und der guten Zusammenarbeit mit den Leitern und den Werktätigen der Montagebereiche anerkannt war, - kontaktfreudig und kameradschaftlich arbeitete, - guten und engen Kontakt zu den Konstruktions- und Produktionsabteilungen hielt, was die Lösung technologischer Probleme förderte, - sehr zielstrebig an der Vervollkommnung seines Arbeitsstils arbeitete, um einen hohen Wirkungsgrad seiner Arbeit zu sichern, - sich bei ihm übertragener Verhandlungsführung durch sicheres und energisches Auftreten auszeichnete und dadurch maßgeblichen Anteil an der Durchsetzung technologischer Erfordernisse trug, - sich stets bereit zeigte, seine übergeordneten Leiter durch Hinweise bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen und - eigene Standpunkte gründlich erarbeitete und diese mit der ihm eigenen Konsequenz vertrat. Im abschließenden Arbeitszeugnis der KOSORA Maschinenbau GmbH vom 20. Dezember 1992 (Bl. 55 der Gerichtsakte), das über den gesamten Beschäftigungszeitraum vom 1. Mai 1979 bis zum Betriebsaustritt 1992 Auskunft gibt, wird ausgeführt, dass der Kläger jeweils gute Leistungen zeigte und eine sehr gute Arbeit verrichtete.

Unterstrichen wird diese vorbildliche und weder zu Kritik noch Tadel Anlass gebende Arbeitsweise des Klägers weiterhin durch die ihm von den jeweiligen Betrieben in den Jahren 1978, 1979, 1980, 1981, 1982, 1983, 1984 und 1985 verliehenen Auszeichnungen als Mitglied eines "Kollektivs der sozialistischen Arbeit" (vgl. dazu die Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung auf Bl. 66 der Gerichtsakte). Mit diesen Auszeichnungen wurden unter anderem beispielgebende Arbeitsleistungen des Kollektivs und jedes einzelnen Mitglieds des Kollektivs im sozialistischen Wettbewerb, also konkret auch des Klägers, gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der "Ordnung über die Verleihung und Bestätigung der erfolgreichen Verteidigung des Ehrentitels ‚Kollektiv der sozialistischen Arbeit‘", die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] war).

Zusammenfassend wird dem Kläger damit insgesamt bescheinigt, dass er die ihm übertragenen Aufgaben stets hervorragend erledigte, sodass sich keinerlei berechtigte Zweifel an der Nichterfüllung der vorgegebenen Leistungskriterien aufdrängen.

2. Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre (1973 bis 1978 und 1984 bis 1989) in den Zuflussjahren 1974 bis 1979 und 1985 bis 1990 zur Auszahlung an den Kläger gelangten, konnte er zwar nicht nachweisen (dazu nachfolgend unter a), jedoch für die Zuflussjahre 1974 bis 1979 und 1986 zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft machen (dazu nachfolgend unter b). Die Höhe einer dem Grunde nach lediglich glaubhaft gemachten Jahresendprämie darf – entgegen der bisherigen Rechtsprechung des erkennenden Senats des Sächsischen Landessozialgerichts – allerdings nicht geschätzt werden (dazu nachfolgend unter c).

a) Die dem Kläger für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre (1973 bis 1978 und 1984 bis 1989) in den Jahren 1974 bis 1979 und 1985 bis 1990 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge sind der Höhe nach nicht nachgewiesen:

Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.

Auszahlungs- bzw. Quittierungslisten oder Anerkennungsschreiben der Abteilung des Betriebes konnten auch die Zeugen C ..., D ..., F ... und E ... nicht vorlegen.

Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 SGB IV), weshalb bereits die Beklagte im Verwaltungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus Office Systems GmbH abgesehen hat. Von einer Anfrage an das Bundesarchiv wurde im vorliegenden Verfahren abgesehen, da dort – wie aus entsprechenden Anfragen in anderen Verfahren gerichtsbekannt wurde – lediglich statistische Durchschnittwerte der in den Kombinaten gezahlten durchschnittlichen Jahresendprämienbeträge pro Vollbeschäftigteneinheit aus verschiedenen Jahren vorhanden sind, die keinerlei Rückschluss auf die individuelle Höhe der an den Kläger in einem konkreten Kombinatsbetrieb gezahlten Jahresendprämienhöhe erlauben.

b) Die konkrete Höhe der an den Kläger für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre (1973 bis 1978 und 1984 bis 1989) in den Jahren 1974 bis 1979 und 1985 bis 1990 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge ist zwar ebenfalls nicht glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter aa). Allerdings sind die für die Planjahre 1973 bis 1978 und 1985 in den Zuflussjahren 1974 bis 1979 und 1986 ausgezahlten Jahresendprämienbeträge zumindest zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter bb):

aa) Den Angaben des Klägers sowie der Zeugen C ..., D ..., F ... und E ... kann lediglich entnommen werden, dass sich die Jahresendprämie am Monatsgehalt des jeweiligen Werktätigen orientierte. Der Kläger selbst tätigte keinerlei Angaben zu den ungefähren oder gar konkreten Höhen der Jahresendprämienbeträge. Er konnte lediglich angeben, dass Basis der Berechnung der jeweils einzelnen individuellen Jahresendprämien das Monatsgehalt des jeweiligen Beschäftigten war und die Prämienbeträge auf der Grundlage der Planerfüllung und des Monatsgehalts berechnet wurden. Der Zeuge C ... äußerte sich zur Prämienhöhe nicht. Die Zeugin D ... gab lediglich an, dass die Prämien "prozentual zum persönlichen Gehalt" errechnet wurden. Die Zeugen F ... und E ... konnten sich an keine Details zur Höhe der Jahresendprämien erinnern. Konkrete Angaben dazu, in welcher konkreten Höhe der Kläger Jahresendprämien erhielt, konnte damit keiner der Zeugen machen. Die ehemaligen Betriebsverantwortlichen (Betriebsdirektor, Hauptbuchhalterin, Justiziar, Direktor für Technik und Direktor Ingenieurbüro) des ehemaligen VEB KOSORA A ... gaben in ihrer gemeinsamen Erklärung von Januar 2008 an, dass die Jahresendprämien "in Höhe eines durchschnittlichen Monatsgehaltes" bzw. "etwa in Höhe eines Monatsverdienstes" gezahlt wurden. Die Glaubhaftmachung einer bestimmten Höhe ist damit allerdings nicht verbunden, denn es handelt sich um eine reine Mutmaßung, die im Ergebnis auf eine – vom BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) – Schätzung hinausläuft, die nicht zu Grunde gelegt werden kann. Auch soweit der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten im Verfahren vortragen ließ, die Jahresendprämien seien mindestens in Höhe von 70 Prozent des monatlichen Durchschnittsverdienstes des vorangegangenen Kalenderjahres gezahlt wurden, genügt dies nicht zur Glaubhaftmachung einer bestimmten oder bestimmbaren Höhe, da jegliche nachvollziehbaren Grundlagen und Hinweistatsachen fehlen, die ausgerechnet diese "versicherte" Höhe bzw. Mindesthöhe überwiegend wahrscheinlich werden lassen. Denn auch bei dieser angegebenen Mindesthöhe des Klägers handelt es sich im Ergebnis um eine reine Mutmaßung, die im Ergebnis auf eine – vom BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) – Schätzung hinausläuft und damit nicht zu Grunde gelegt werden kann. Konkretere oder präzisierende Angaben konnten nämlich gerade weder von den Zeugen noch vom Kläger getätigt werden.

In der Gesamtbetrachtung sind die Angaben des Klägers sowie der Zeugen C ..., D ..., F ... und E ... sowie der ehemaligen Betriebsverantwortlichen (Betriebsdirektor, Hauptbuchhalterin, Justiziar, Direktor für Technik und Direktor Ingenieurbüro) des ehemaligen VEB KOSORA A ... zur Höhe der an den Kläger geflossenen Jahresendprämienbeträge insgesamt zum einen vage und beruhen zum anderen allein auf dem menschlichen Erinnerungsvermögen, das mit der Länge des Zeitablaufs immer mehr verblasst und deshalb insbesondere in Bezug auf konkrete, jährlich differierende Beträge kaum einen geeigneten Beurteilungsmaßstab im Sinne einer "guten Möglichkeit" gerade des vom Kläger angegebenen Prozentsatzes eines Bruttomonatslohns abzugeben geeignet ist.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass es im Ergebnis grundsätzlich (zu den Ausnahmen nachfolgend unter bb) an einem geeigneten Maßstab fehlt, an dem die konkrete Höhe der dem Grunde nach bezogenen Jahresendprämien beurteilt werden kann und der vom Kläger und den Zeugen behauptete Maßstab, nämlich der durchschnittliche Bruttomonatslohn, nach den rechtlichen Koordinaten des DDR-Rechts gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war:

Nicht der Durchschnittslohn des Werktätigen war Ausgangsbasis für die Festlegung der Höhe der Jahresendprämie, sondern die Erfüllung der konkreten Leistungs- und Planzielvorgaben (vgl. dazu deutlich: Gottfried Eckhardt u.a., "Lohn und Prämie – Erläuterungen zum 5. Kapitel des Arbeitsgesetzbuches der DDR" [Heft 4 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 1989, S. 112; Langanke "Wirksame Leistungsstimulierung durch Jahresendprämie", NJ 1984, 43, 44). Aus diesem Grund zählte zu den betriebsbezogenen, in einem Betriebskollektivvertrag festgelegten Regelungen über die Bedingungen der Gewährung einer Jahresendprämie auch die Festlegung und Beschreibung der Berechnungsmethoden, aus denen dann individuelle Kennziffern für den einzelnen Werktätigen zur Berechnung der Jahresendprämie abgeleitet werden konnten.

Dies verdeutlichen auch sonstige rechtliche Regelungen unterhalb des DDR-AGB: So legten die Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 und in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973 sowie die Prämienfond-VO 1982 fest, wie die Jahresendprämie wirksamer zur Erfüllung und Übererfüllung der betrieblichen Leistungsziele beitragen konnte (§ 7 Prämienfond-VO 1972, § 9 Prämienfond-VO 1982). Danach waren den Arbeitskollektiven und einzelnen Werktätigen Leistungskennziffern vorzugeben, die vom Plan abgeleitet und beeinflussbar waren, die mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte Methoden zu kontrollieren und abzurechnen waren (§ 7 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Prämienfond-VO 1982). Die durchschnittliche Jahresendprämie je Beschäftigten war in der Regel in der gleichen Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen Prämienmittel erarbeitet hatte; für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten (§ 9 Abs. 2 Prämienfond-VO 1982). Hervorzuheben ist dabei, dass der Werktätige und sein Kollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskriterien jeweils erfüllt haben mussten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972), die Leistungskriterien kontrollfähig und abrechenbar zu gestalten waren (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" [nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1972] vom 24. Mai 1972 [DDR-GBl. II 1972, Nr. 34, S. 379]) und bei der Differenzierung der Höhe der Jahresendprämie von den unterschiedlichen Leistungsanforderungen an die Abteilungen und Bereiche im betrieblichen Reproduktionsprozess auszugehen war (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972). Außerdem war geregelt, dass die Jahresendprämien für Arbeitskollektive und einzelne Werktätige nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Schichtarbeit zu differenzieren waren (§ 7 Abs. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982), wobei hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Jahresendprämie im Betrieb konkrete Festlegungen nach Maßgabe des § 6 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 598) in der Fassung der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 3. Februar 1986 (DDR-GBl. I 1986, Nr. 6, S. 50) zu treffen waren. Danach spielte zum Beispiel der Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader in den Betrieben und deren "wesentliche Erhöhung" sowie die "Anerkennung langjähriger Betriebszugehörigkeit" eine Rolle (§ 6 Abs. 2 Satz 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die konkreten Festlegungen erfolgten in betrieblichen Vereinbarungen (§ 6 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die endgültige Festlegung der Mittel zur Jahresendprämierung für die einzelnen Bereiche und Produktionsabschnitte einschließlich ihrer Leiter erfolgte nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung durch die Direktoren der Betriebe mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die entsprechend der im Betriebskollektivvertrag getroffenen Vereinbarung abhängig vom tatsächlich erwirtschafteten Prämienfonds durch den Betrieb und von der Erfüllung der den Bereichen und Produktionsabschnitten vorgegebenen Bedingungen war (§ 8 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 5 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982).

Weder zu den individuellen Leistungskennziffern des Klägers noch zu den sonstigen, die Bestimmung der Jahresendprämienhöhe maßgeblichen Faktoren konnten der Kläger oder die Zeugen nachvollziehbare Angaben tätigen.

Die Kriterien, nach denen eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach im konkreten Fall nicht erfüllt. Die bloße Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen Jahresendprämien berücksichtigt worden sind – etwa weil dort anderweitige Unterlagen vorgelegt werden konnten –, genügen nicht, um den Zufluss von Jahresendprämien in einer bestimmten oder berechenbaren Höhe konkret an den Kläger glaubhaft zu machen. Denn hierfür wäre – wie ausgeführt – erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des vom Kläger geltend gemachten Zeitraumes eine entsprechende Jahresendprämie nachgewiesen worden wäre, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraumes, sondern auch hinsichtlich der Erfüllung der individuellen Leistungskennziffern, um eine konkrete Höhe als berechenbar erscheinen zu lassen.

bb) Allerdings kommt für die Zeiträume der Geltung - der "Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1968) vom 26. Juni 1968 (DDR-GBl. II 1968, Nr. 67, S. 490) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1968) vom 10. Dezember 1969 (DDR-GBl. II 1969, Nr. 98, S. 626), - der "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für das Jahr 1971" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1971) vom 20. Januar 1971 (DDR-GBl. II 1971, Nr. 16, S. 105) und - der Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 sowie in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973, mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, von Juli 1968 bis Dezember 1982 (also bis zum Inkrafttreten der Prämienfond-VO 1982 am 1. Januar 1983) eine Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe in Betracht.

Für diese Zeiträume legten - § 9 Abs. 7 Prämienfond-VO 1968, - § 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971 und - § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Prämienfond-VO 1972 nämlich verbindlich fest, dass der Prämienfond (auch) bei leistungsgerechter Differenzierung der Jahresendprämie ermöglichen musste, dass die Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen ein Drittel seines (durchschnittlichen) Monatsverdienstes betrug. Diese Mindesthöhe der an den einzelnen Werktätigen zu zahlenden Jahresendprämie durfte nach § 12 Nr. 6 Satz 2 Prämienfond-VO 1971 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 nur dann unterschritten werden, wenn der Werktätige nicht während des gesamten Planjahres im Betrieb tätig war und einer der Ausnahmefälle des § 5 Abs. 1 Satz 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 vorlag. Diese Regelungen bestätigen damit, insbesondere durch die Formulierung, dass die für "diese Werktätigen zu zahlende Jahresendprämie die Mindesthöhe von einem Drittel eines monatlichen Durchschnittsverdienstes" nur in Ausnahmefällen unterschreiten konnte, dass die Vorschriften an eine individuelle und nicht an eine generelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages des einzelnen Werktätigen anknüpften. Diese maßgeblichen DDR-rechtlichen Regelungen sind im hier vorliegenden Zusammenhang der Jahresendprämienhöhe des einzelnen Werktätigen daher als generelle Anknüpfungstatsachen heranzuziehen (vgl. zu diesem Aspekt beispielsweise: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19) und bestätigen – im Zeitraum ihrer Geltung – zumindest eine individuelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages jedes einzelnen Werktätigen, der die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllte. Soweit die Beklagte meint, bei dem in den vorbenannten Vorschriften enthaltenen Mindestbetrag der Jahresendprämie habe es sich lediglich um einen statistischen Wert bzw. um eine betriebliche Kennziffer gehandelt habe, die keine auf den einzelnen Werktätigen bezogene Individualisierung beinhaltet habe, trifft dies ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Regelungen, des systematischen Zusammenhangs der Vorschriften sowie des Sinn und Zwecks der Normen nicht zu. Denn die Regelungen knüpfen nicht an einen "durchschnittlichen Monatsverdienst" bzw. an einen "monatlichen Durchschnittsverdienst" aller Beschäftigten des Betriebes sondern an den "durchschnittlichen Monatsverdienst" bzw. "monatlichen Durchschnittsverdienst" des, also des einzelnen, Werktätigen an (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 Prämienfond-VO 1972) bzw. regeln ausdrücklich, dass "die Mindesthöhe der Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen" ein Drittel des, also des einzelnen, monatlichen Durchschnittsverdientes zu betragen hatte (§ 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971). Zutreffend ist zwar, wie auch die Beklagte vorträgt, dass ein grundsätzlicher Rechtsanspruch des einzelnen Werktätigen auf eine Prämierung in Form von Jahresendprämie nur dann besteht, wenn es der Prämienfonds ermöglichte, mindestens ein Drittel eines durchschnittlichen Monatsverdienstes für diese Form der materiellen Interessiertheit zur Verfügung zu stellen. Zutreffend ist auch, wie die Beklagte weiterhin vorträgt, dass Voraussetzung dafür ist, dass Werktätige einen Rechtsanspruch auf die Leistungsprämienart "Jahresendprämie" dem Grunde nach haben, dass der Betrieb erarbeitete Prämienmittel zumindest in diesem Umfang für die Jahresendprämie bereitstellte. Dass der konkrete betriebliche Prämienfond des Beschäftigungsbetriebes des Klägers in den betroffenen Jahresendprämienjahren diese Voraussetzungen konkret erfüllte, ist im konkreten Fall aber hinreichend tatsächlich glaubhaft gemacht worden, weil der Kläger sämtliche konkrete Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Jahresendprämie in den streitgegenständlichen Jahresendprämienjahren erfüllte. Die Beklagte verwischt mit ihrer Argumentation, dass die Anspruchsvoraussetzungen im konkreten Einzelfall dem Grunde nach vollständig glaubhaft gemacht worden sind, wenn sie meint, eine Glaubhaftmachung der Höhe nach von einem Drittel des durchschnittlichen Monatsverdienstes käme nicht in Betracht, weil unklar geblieben sei, ob der Prämienfond den Mindestbetrag in der Mindesthöhe überhaupt zur Verfügung gestellt habe bzw. ob der Betrieb erarbeitete Prämienmittel im Mindestumfang überhaupt für die Jahresendprämie bereitgestellt habe, mithin, ob der Kläger dem Grunde nach überhaupt Anspruch auf Jahresendprämien gehabt habe. Deshalb beinhaltet die Argumentation der Beklagten einen unzulässigen, und deshalb unbeachtlichen, Zirkelschluss (sog. petitio principii).

Für den Zeitraum ab dem Planjahr 1983 unter Geltung der am 1. Januar 1983 in Kraft getretenen Prämienfond-VO 1982 kann ein derartiges oder ähnliches Ergebnis im Hinblick auf einen individuellen Mindestbetrag einer Jahresendprämie nicht mehr festgestellt werden. Die Prämienfond-VO 1982 legte einen Mindestbetrag oder eine berechenbare Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen nicht mehr fest. § 9 Abs. 3 Satz 5 Prämienfond-VO 1982 bestimmte vielmehr nur noch, dass die einzelnen Werktätigen (bei Erfüllung der für sie festgelegten Leistungskriterien und bei Erfüllung und Übererfüllung der für den einzelnen Betrieb festgelegten Leistungsziele) eine Jahresendprämie annähernd in gleicher Höhe wie im Vorjahr erhalten sollten. Damit wurde in der Prämienfond-VO 1982 abweichend von den bisherigen Regelungen der Prämienfond-VO’en 1968, 1971 und 1972 weder eine Mindesthöhe noch eine zwingende Mindestvorgabe festgeschrieben. Insbesondere die Verwendung des Verbs "sollen" in der vorbezeichneten Vorschrift verdeutlicht, dass zwingende oder aus bundesrechtlicher Sicht "justiziable" Mindestbeträge nicht vorgegeben waren, die als generelle Anknüpfungstatsachen gewertet werden könnten. Auch eine "statische Fortschreibung" der zuletzt im Planjahr 1982 unter der Geltung der Prämienfond-VO 1972 ausgezahlten Jahresendprämie des Einzelnen war damit nicht verbunden.

Für die vorliegende Sachverhaltskonstellation haben diese Regelungen damit für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre 1973 bis 1978 und damit für die Zuflussjahre 1974 bis 1979 Bedeutung, weil der Kläger in diesen Jahren den Zufluss von Jahresendprämien, und damit das Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen, dem Grunde nach glaubhaft gemacht hat. Die Mindesthöhe ist auch konkret berechenbar, weil sich der durchschnittliche Monatsverdienst des Klägers, ausgehend von den im Feststellungsbescheid der Beklagten vom 11. Juni 2008 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle (Entgeltbescheinigungen der Firma IMMOPACT Vermögensverwaltungs-GmbH vom 27. Mai 1998) basierenden Entgelten, hinreichend individualisiert ermitteln lässt. Etwaigen Ungenauigkeiten bei der so zu Grunde gelegten Bestimmung des durchschnittlichen Monatsverdienstes bzw. des monatlichen Durchschnittsverdienstes, der sich nach § 5 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 nach der "Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 1. Durchschnittsentgelt-VO) vom 21. Dezember 1961 (DDR-GBl. II 1961, Nr. 83, S. 551, berichtigt in DDR-GBl. II 1962, Nr. 2, S. 11) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 2. Durchschnittsentgelt-VO) vom 27. Juli 1967 (DDR-GBl. II 1967, Nr. 73, S. 511, berichtigt in DDR-GBl. II 1967, Nr. 118, S. 836) richtete, trägt die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 6 AAÜG hinreichend Rechnung, nach der glaubhaft gemachte Entgelte nur zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen sind. Mit dieser Regelung sind Schwankungen die sich aus dem Durchschnittsentgelt nach Maßgabe der vorbenannten Durchschnittsentgeltverordnungen ergeben könnten, hinreichend aufgefangen, zumal diese Verordnungen sowohl für die Berechnung des Brutto- als auch des Nettodurchschnittsverdienstes galten (§ 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO) und der Berechnung des Durchschnittsverdienstes alle Lohn- und Ausgleichszahlungen zu Grunde lagen (§ 3 Abs. 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), mit Ausnahme von ganz besonderen Zahlungen (§ 3 Abs. 2 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), die ohnehin nicht Grundlage des bescheinigten Bruttoarbeitsentgelts waren (unter anderem Überstundenzuschläge, zusätzliche Belohnungen, besondere Lohnzuschläge, bestimmte lohnsteuerfreie Prämien, Untertageprämien, Ausgleichszahlungen bei Teilnahme an Lehrgängen über 14 Kalendertagen, Ausgleichszahlungen infolge ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit sowie Entschädigungen). Anhaltspunkte dafür, dass derartige besondere Zuschläge und Prämien Bestandteil der im Feststellungsbescheid der Beklagten vom 11. Juni 2008 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle (Entgeltbescheinigungen der Firma IMMOPACT Vermögensverwaltungs-GmbH vom 27. Mai 1998) basierenden Entgelte sind, ergeben sich aus keinem zu berücksichtigenden Blickwinkel.

Dies zu Grunde gelegt, sind für den Kläger Jahresendprämienzahlungen für die in den Planjahren 1973 bis 1978 erwirtschafteten und in den Zuflussjahren 1974 bis 1979 ausgezahlten Jahresendprämien wie folgt zu berücksichtigen: JEP-An-spruchsjahr Jahresarbeits-verdienst Monatsdurch-schnitts-verdienst JEP-Mindest-betrag (= 1/3) davon 5/6 (exakt) JEP-Zuflussjahr 1973 5.586,00 M 465,50 M 155,17 M 129,31 M 1974 1974 9.498,00 M 791,50 M 263,83 M 219,86 M 1975 1975 10.197,00 M 849,75 M 283,25 M 236,04 M 1976 1976 11.054,00 M 921,17 M 307,06 M 255,88 M 1977 1977 12.411,00 M 1.034,25 M 344,75 M 287,29 M 1978 1978 12.007,00 M 1.000,58 M 333,53 M 277,94 M 1979

Darüber hinaus ist dem Kläger im konkreten Fall auch die Glaubhaftmachung des Zuflusses einer Jahresendprämie in einer bestimmten Mindesthöhe für das Planjahr 1985 mit Zufluss im Jahr 1986 gelungen. Dies ergibt sich aus dem beigezogenen Auszug aus der "Betriebsprämienordnung 1985" des VEB KOSORA A ... (Bl. 76-78 der Gerichtsakte), in der für das Planjahr 1985 die Jahresendprämie in Höhe eines "Grundbetrag[es] von mindestens 60 Prozent des durchschnittlichen Monatsverdienstes" von Seiten des Betriebes konkret festgelegt wurde. Denn die Betriebsprämienordnung als Bestandteil des Betriebskollektivvertrages ist gerade die von §§ 117, 118 DDR-AGB in Verbindung mit der Prämienfond-VO 1982 geforderte betriebliche Umsetzung der – hier auf die Jahresendprämien bezogenen – gesetzlichen Vorgaben sowohl zur Bildung des Prämienfonds in dem konkreten Beschäftigungsbetrieb als auch zum Anspruch des einzelnen Beschäftigten auf den Erhalt der im Betriebskollektivvertrag konkret vereinbarten Prämienzahlung. Dem beigezogenen Auszug aus der "Betriebsprämienordnung 1985" des VEB KOSORA A ... ist eindeutig zu entnehmen, dass die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds des Betriebes auf den maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben, unter anderem auf der Prämienfond-VO 1982 und der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982, fußte. Ebenso ergibt sich aus der "Betriebsprämienordnung 1985" des VEB KOSORA A ... die vom übergeordneten Organ als staatliche Kennziffer vorgegebene absolute Höhe des Prämienfonds für das Jahr 1985 mit 500.400,00 Mark und deren Aufschlüsselung auf die einzeln zu bildenden Fonds (für den Jahresendprämienfond konkret in Höhe von 449.360,00 Mark). Die Verwendung der Mittel des Fonds der Jahresendprämie ist in Ziffer 3.3 der Betriebsprämienordnung dezidiert geregelt. Danach setzte sich die Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen aus zwei Bestandteilen zusammen, nämlich einem Grundbetrag von mindestens 60 Prozent des durchschnittlichen Monatsverdienstes und einem leistungsbezogenen Prozentsatz, der entsprechend der Grundsätze zur leistungsgerechten Differenzierung, die sich aus Ziffer 3.3.2. der Betriebsprämienordnung ergaben, ermittelt wurde. Diese Zusammensetzung der Jahresendprämien aus einem Grundbetrag und einem leistungsorientierten Betrag macht hinreichend deutlich, dass jedem Werktätigen, der nicht von den strengen Ausschlusskriterien der Ziffer 3.4. der Betriebsprämienordnung erfasst war, ein Rechtsanspruch auf Gewährung von Jahresendprämien mindestens in Höhe des Grundbetrages von 60 Prozent des durchschnittlichen Monatsverdienstes zustand. Da der Kläger den Zufluss einer Jahresendprämie für das Planjahr 1985 mit Zufluss im Jahr 1986 dem Grunde nach glaubhaft gemacht hat, kann der in der Betriebsprämienordnung festgelegte Grundbetrag als glaubhaft gemachte Mindesthöhe der konkreten Jahresendprämie zu Grunde gelegt werden.

Entgegen der Auffassung des Klägers kann dieser Grundbetrag als glaubhaft gemachte Mindesthöhe der Jahresendprämie jedoch nicht auch für die Planjahre 1986 bis 1989 mit Zufluss in den Jahren 1987 bis 1990 angesetzt oder fortgeschrieben werden. Denn entsprechende Betriebsprämienordnungen dieser Prämienjahre liegen nicht vor. Auch der Hinweis auf § 9 Abs. 2 Prämienfond-VO 1982 verfängt in diesem Zusammenhang nicht. Denn diese Vorschrift regelte nicht – wie der Kläger-Prozessbevollmächtigte verkürzend meint – die "Jahresendprämie [sei] mindestens jeweils in Vorjahreshöhe zu zahlen". § 9 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1982 bestimmte vielmehr – mit Wirkung ab 1. Januar 1983 (§ 17 Abs. 1 Prämienfond-VO 1982) und damit erstmals für das Prämien- und Planjahr 1983 mit Zufluss im Jahr 1984 –, dass die durchschnittliche Jahresendprämie pro Vollbeschäftigtem in der Regel in der gleichen Höhe wie im Vorjahr festzulegen war, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen Prämienmittel erarbeitet hatte. Damit ist weder ein "in gleicher Höhe angeordnetes Festlegen" eines in einer Betriebsprämienordnung festgesetzten "Grundbetrages" erfasst, noch kann der Vorschrift entnommen werden, dass ein für das Planjahr 1985 festgelegter Betrag in gleicher Höhe auch in den Planjahren 1986 bis 1989 zu zahlen war. Vielmehr belegt die explizit für das Jahr 1985 vom Betrieb erlassene Betriebsprämienordnung, dass der Betrieb jeweils individuell für jedes einzelne konkrete Plan- und Prämienjahr einen Grundbetrag festsetzte. Denn würde die Betriebsprämienordnung konkret an die Vorgaben des § 9 Abs. 2 Prämienfond-VO 1982 anknüpfen, dann hätte sie für das Plan- und Prämienjahr 1983 gelten müssen und die Regelungen für die nachfolgenden Jahre nur noch auf diese für das Jahr 1983 getroffenen Festlegungen Bezug nehmen dürfen. Aus diesen Überlegungen wird jedenfalls hinreichend deutlich, dass es nicht überwiegend wahrscheinlich, mithin im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X nicht glaubhaft gemacht, ist, dass der in der "Betriebsprämienordnung 1985" des VEB KOSORA A ... in Ziffer 3.3 festgelegte Grundbetrag der Jahresendprämie von mindestens 60 Prozent des durchschnittlichen Monatsverdienstes auch in den Jahren 1986 bis 1989 Geltung beanspruchte.

Dies zu Grunde gelegt, ist für den Kläger eine Jahresendprämienzahlung für die im Planjahr 1985 erwirtschaftete und im Zuflussjahr 1986 ausgezahlte Jahresendprämie zusätzlich wie folgt zu berücksichtigen: JEP-An-spruchsjahr Jahresarbeits-verdienst Monatsdurch-schnitts-verdienst JEP-Mindest-betrag (= 60 %) davon 5/6 (exakt) JEP-Zuflussjahr 1985 17.881,00 M 1.490,08 M 894,05 M 745,04 M 1986

c) Weil der Kläger den Bezug (irgend-)einer Jahresendprämie für die Planjahre 1984 und 1986 bis 1989 in den Zuflussjahren 1983 und 1987 bis 1990 dem Grunde nach nur glaubhaft gemacht hat, deren Höhe aber weder nachweisen noch glaubhaft machen konnte, kommt eine Schätzung der Höhe dieser Prämienbeträge nicht in Betracht (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.). Denn eine weitere Verminderung des Beweismaßstabes im Sinne einer Schätzungswahrscheinlichkeit sieht § 6 AAÜG nicht vor. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzbefugnis schaffen wollen, so hätte er dies gesetzlich anordnen und Regelungen sowohl zu ihrer Reichweite (Schätzung des Gesamtverdienstes oder nur eines Teils davon) als auch zum Umfang der Anrechnung des geschätzten Verdienstes treffen müssen, nachdem er schon für den strengeren Beweismaßstab der Glaubhaftmachung nur die Möglichkeit einer begrenzten Berücksichtigung (zu fünf Sechsteln) ermöglicht hat. Auch aus § 6 Abs. 5 AAÜG in Verbindung mit § 256b Abs. 1 und § 256c Abs. 1 und 3 Satz 1 SGB VI ergibt sich keine materiell-rechtliche Schätzbefugnis. Rechtsfolge einer fehlenden Nachweismöglichkeit des Verdienstes ist hiernach stets die Ermittlung eines fiktiven Verdienstes nach Tabellenwerten, nicht jedoch die erleichterte Verdienstfeststellung im Wege der Schätzung im Sinne einer Überzeugung von der bloßen Wahrscheinlichkeit bestimmter Zahlenwerte. Die prozessuale Schätzbefugnis gemäß § 287 ZPO, die nach § 202 Satz 1 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren lediglich subsidiär und "entsprechend" anzuwenden ist, greift hier von vornherein nicht ein. Denn § 6 Abs. 6 AAÜG regelt als vorrangige und bereichsspezifische Spezialnorm die vorliegende Fallkonstellation (ein Verdienstteil ist nachgewiesen, ein anderer glaubhaft gemacht) abschließend und lässt für die allgemeine Schätzungsvorschrift des § 287 ZPO keinen Raum. Indem § 6 Abs. 6 AAÜG die Höhe des glaubhaft gemachten Verdienstteils selbst pauschal auf fünf Sechstel festlegt, bestimmt er gleichzeitig die mögliche Abweichung gegenüber dem Vollbeweis wie die Rechtsfolge der Glaubhaftmachung selbst und abschließend. Eine einzelfallbezogene Schätzung scheidet damit aus. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzung zulassen wollen, so hätte er das Schätzverfahren weiter ausgestalten und festlegen müssen, ob und gegebenenfalls wie mit dem Abschlag im Rahmen der Schätzung umzugehen ist. Das Fehlen derartiger Bestimmungen belegt im Sinne eines beredten Schweigens zusätzlich den abschließenden Charakter der Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 6 AAÜG als geschlossenes Regelungskonzept (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Eine Schätzung ist deshalb nur bei dem Grunde nach nachgewiesenen Zahlungen möglich (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3 = JURIS-Dokument, RdNr. 17).

3. Die (in der Mindesthöhe in den Jahren 1974 bis 1979 und 1986 glaubhaft gemachten) zugeflossenen Jahresendprämien als Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33-41, ebenso nunmehr: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Es handelt sich vielmehr um gemäß § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt anteilig das Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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