L 1 JVEG 386/17

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 JVEG 386/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Entschädigung der Erinnerungsführerin anlässlich der Begutachtung am 25. Januar 2017 in K. (IMB K., L.-K.-Str. in K.) wird auf 122,00 Euro festgesetzt. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

I.

Die Erinnerungsführerin war Klägerin im Verfahren L 1 U 87/13 und wurde im Hauptverfahren in K. (IMB K., L.-K.-Str. in K.) begutachtet. Vom Termin erlangte sie erst am 23. Januar 2017 Kenntnis. Auf Nachfrage ihrer Prozessbevollmächtigten bei der zuständigen Berichterstatterin übersandte diese am 23. Januar 2017 per Telefax eine entsprechende Terminmittei-lung seitens des IMB K ... Einem Aktenvermerk zu Folge telefonierte die Berichterstatterin zudem noch am 23. Januar 2017 mit der Prozessbevollmächtigten mit dem Ergebnis, dass sich diese mit der Klägerin zur Abklärung in Verbindung setzen werde. Unter dem 24. Januar 2017 teilte die Prozessbevollmächtigte per Telefax gegenüber dem Gericht mit, dass die Klägerin den mitgeteilten Begutachtungstermin wahrnehmen werde.

Nach erfolgter Begutachtung gab die Erinnerungsführerin mit ihrem Antrag auf Erstattung von Fahrtkosten (Eingang am 7. Februar 2017) an, sie habe die Reise am Begutachtungstag um 6.30 Uhr begonnen und um 17.15 Uhr beendet. Weiter machte sie Kosten für eine Gesamtwegstrecke von 428 km i.H.v. 107,00 Euro, Tagegeld i.H.v. 12,00 Euro und Kosten für eine Begleitperson i.H.v. 120,00 Euro, insgesamt mithin 239,00 Euro geltend. Zur Begleitperson führte die Erinnerungsführerin aus, den Begutachtungstermin habe sie erst kurz vorher erfahren. In dieser kurzen Zeit sei es nicht mehr möglich gewesen, den Termin mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Dies habe auch schon ihre Anwältin der Richterin mitgeteilt. Ihr Mann, der selbständig tätig sei, habe für den Begutachtungstag Termine verschoben, um sie zu fahren. Sie bitte darum, ihren Mann i.H.v. 120,00 Euro zu entschädigen.

Unter dem 22. März 2017 teilte ihr die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) mit, Fahrtkosten würden nur für eine Gesamtwegstrecke von 382 km i.H.v. 95,50 Euro anerkannt. Das Tagegeld werde wie beantragt i.H.v. 12,00 Euro anerkannt die Kosten für eine Begleitperson jedoch gar nicht. Derartige Kosten seien weder vorher beantragt noch genehmigt worden.

Am 31. März 2017 hat die Erinnerungsführerin einen Antrag auf richterliche Festsetzung gestellt und angegeben, dass ihre Anwältin der Richterin mitgeteilt habe, dass es in der Kürze nicht mehr möglich sei, eine Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu organisieren und somit eine Begleitperson (ihr Mann) nötig wäre, um den Termin wahrzunehmen. Die längere Wegstrecke begründe sich darin, dass es Winter gewesen sei und witterungsbedingt einige Straßen gesperrt gewesen seien.

Die Erinnerungsführerin beantragt sinngemäß, die Entschädigung für die Begutachtung am 25. Januar 2017 auf 239,00 Euro festzusetzen.

Der Erinnerungsgegner beantragt, die Entschädigung für die Begutachtung am 25. Januar 2017 auf 142,50 Euro festzusetzen.

Hinsichtlich der Fahrtkosten habe die Urkundsbeamtin nicht einmal die kürzeste Strecke (einfach 150,00 km) angesetzt, dass eine noch längere Strecke erforderlich gewesen sei, erscheine nicht plausibel. Dass eine Begleitperson erforderlich gewesen sei, könne nach Aktenlage nicht beurteilt werden. Dass insoweit ihr oder ihrem Ehemann Auslagen i.H.v. 120,00 Euro entstanden seien, sei nicht belegt. Das Tagegeld sei zutreffend angesetzt. Zusätzlich stünde der Erinnerungsführerin der Höchstbetrag für die Entschädigung für Zeitversäumnisse i.H.v. 35,00 Euro (10 h á 3,50 Euro) zu.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen und sie dem Senat zugeleitet.

Der Berichterstatter hat die Erinnerungsführerin darauf hingewiesen, dass weder die Erforderlichkeit einer längeren Wegstrecke noch die Erforderlichkeit einer Begleitperson und auch nicht die geltend gemachten Auslagen i.H.v. 120,00 Euro nachvollziehbar begründet worden sind.

Auf Anfrage des Berichterstatters hat die für das damalige Hauptsacheverfahren zuständige Berichterstatterin des 1. Senats unter dem 30. Mai 2018 angegeben, sie könne nicht erinnern, dass die Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführerin ihr vorab die Erforderlichkeit einer Begleitperson mitgeteilt habe. Ihres Erachtens sei es in dem Telefonat nur darum gegangen, dass die Klägerin einen Begutachtungstermin gehabt habe.

II.

Auf die Erinnerung war die Entschädigung auf 122,00 Euro festzusetzen.

Nach § 4 Abs. 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) erfolgt die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Feststellung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält (Satz 1). Zuständig für die Entscheidung ist nach dem Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts der 1. Senat und nach der senatsinternen Geschäftsverteilung der Berichterstatter; er entscheidet als Einzelrichter (§ 4 Abs. 7 S. 1 JVEG).

Nach § 191 Halbs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet. Zeugen erhalten nach § 19 Abs. 1 S. 1 JVEG als Entschädigung Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG), Entschädigung für sonstige Aufwendungen (§ 8 JVEG), Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG), Ent-schädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 21 JVEG) sowie Entschädigung für Verdienstausfall (§ 22 JVEG). Soweit die Entschädigung nach Stunden zu bemessen ist, wird sie nach § 19 Abs. 2 JVEG für die gesamte Zeit der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten, jedoch nicht mehr als zehn Stunden je Tag gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet (Satz 2).

Bei der Entscheidung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie angegriffen worden sind. Bei der Festsetzung ist das Gericht weder an die Höhe der Einzelansätze noch an den Stundenansatz oder an die Gesamthöhe der Vergütung in der Festsetzung durch den UdG oder den Antrag der Beteiligten gebunden; er kann nur nicht mehr festsetzen, als beantragt ist (Senatsbeschluss vom 28. Februar 2018 – L 1 JVEG 867/15, juris).

Die Entschädigung errechnet sich danach wie folgt:

Der Fahrtkostenersatz beträgt 75,00 Euro für den Hin- und Rückweg mit je 150 km (300 km). Die Erstattung der darüber hinaus geltend gemachten Kilometer i.H.v. 128 km (428 km abzgl. 300 km) kommt nicht in Betracht.

Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG werden dem Zeugen bei Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeugs zur Abgeltung der Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeuges 0,25 Euro für jeden gefahrenen Kilometer ersetzt zuzüglich der durch die Benutzung des Kraftfahrzeugs aus Anlass der Reise regelmäßig anfallenden baren Auslagen, insbesondere der Parkentgelte. Nach der ständigen Rechtsprechung des vormaligen Kostensenats des Thüringer Landessozialgerichts, der sich der Senat anschließt, werden bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs angesichts der im gesamten Kostenrecht geltenden Kostenminimierungspflicht, wonach die Kosten eines Rechtsstreits so gering wie möglich zu halten sind, grundsätzlich die Kosten der kürzesten Reiseroute erstattet (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschlüsse vom 29. November 2012 – L 6 SF 1257/12 E, 10. Mai 2010 - Az.: L 6 B 30/10 SF und 23. März 2006 – Az.: L 6 B 70/05 SF, jeweils nach juris), sofern sie zumutbar ist. Nach den Routenplaner map.de und Google Maps beträgt die kürzeste Strecke über die B 7 einfach 150 Kilometer ohne, dass sich überhaupt eine längere Fahrtzeit ergibt. Diese Reiseroute ist ohne weiteres zumutbar. Unerheblich ist, dass die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle und auch die Erinnerungsgegnerin eine längere Wegstrecke (191 km einfach) zugebilligt haben. Dass eine längere Wegstrecke wegen z.B. Straßensperrungen tatsächlich erforderlich war, hat die Erinnerungsführerin trotz eines entsprechenden Hinweises des Berichterstatters nicht konkretisiert oder dargelegt. Der Senat ist - wie bereits ausgeführt - weder an die Festsetzung der UdG noch die Anträge der Beteiligten gebunden.

Nicht in Betracht kommt eine Erstattung der Kosten der Begleitperson, also des Ehemannes der Erinnerungsführerin.

Nach § 7 Abs. 1 JVEG werden auch die in den §§ 5, 6 und 12 JVEG nicht besonders genannten Auslagen ersetzt, soweit sie notwendig sind (Satz 1); dies gilt insbesondere für die Kosten notwendiger Vertretungen und notwendiger Begleitpersonen (Satz 2). Ob eine Begleitperson erforderlich war, ist eine Tatfrage und in Zweifelsfällen vom Gericht nach freiem Ermessen zu entscheiden (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Auflage 2011, Rdnr. 7.15, Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 29. November 2012 – L 6 SF 1257/12 E, juris). Vorliegend ergeben sich für eine entsprechende Notwendigkeit keine Anhalte. Weder ist nachvollziehbar, warum die Kurzfristigkeit der Kenntnis (einen Tag vor dem Untersuchungstermin) dem Nutzen von öffentlichen Verkehrsmitteln entgegenstehen sollte. Noch ist tatsächlich davon auszugehen, dass die damals zuständige Berichterstatterin des Hauptverfahrens tatsächlich über eine solche Notwendigkeit informiert wurde bzw. diese gar bestätigte. Die damalige Berichterstatterin hat mitgeteilt, sie könne nicht erinnern, dass die Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsführerin ihr vorab die Erforderlichkeit einer Begleitperson mitgeteilt habe. Ihres Erachtens sei es in dem Telefonat nur darum gegangen, dass die Klägerin einen Begutachtungstermin gehabt habe. Das lässt sich auch mit der Aktenlage in Einklang bringen. Beim Telefonat der damaligen Berichterstatterin mit der Prozessbevollmächtigten am 23. Januar 2017 kann die Prozessbevollmächtigte, die ja selber gerade erst von dem Termin unterrichtet wurde, noch gar nicht wissen und äußern, dass die Erinnerungsführerin auf eine Begleitperson angewiesen sei. Im Übrigen hat die Erinnerungsführerin zum Erfordernis einer Begleitperson auch auf den entsprechenden Hinweis des Berichterstatters nichts weiter vorgetragen. Auch hat sie nicht nachgewiesen, dass die Aufwendungen tatsächlich entstanden sind.

Das Tagegeld wurde zutreffend - und im Übrigen ohne Beanstandung durch die Erinnerungsführerin - nach § 6 Abs. 1 JVEG auf 12,00 Euro festgesetzt.

Die Entschädigung für Zeitversäumnis wird auf 35,00 Euro festgesetzt. Nach §§ 19 Abs. 2, 20 JVEG beträgt die Entschädigung für Zeitverlust 3,50 Euro je Stunde, maximal jedoch für zehn Stunden am Tag. Vorliegend wurde der Erinnerungsführer durch die Erinnerungsgegne-rin der Maximalbetrag von 35,00 Euro zugestanden. Diesen Ansatz hat auch die Erinnerungsführerin nicht beanstandet.

Insgesamt ergibt sich daher eine Erstattung i.H.v. 122,00 Euro.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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