Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 686/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 194/18 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 12.01.2018 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Der Kläger begehrt für November 2016 einen Regelbedarf für Alleinstehende iHv 491 EUR anstatt des von der Beklagten gewährten Betrages iHv 404 EUR monatlich. Der Gesetzgeber habe es versäumt, den Regelbedarf unter Berücksichtigung der am 10.09.2015 veröffentlichen Ergebnisse der EVS 2013 zu ermitteln. Bei der Anhebung um 5 EUR zum 01.01.2016 handele es sich um eine reine Fortschreibung des Regelsatzes aus 2015, die einem Mischindex aus Preissteigerungen und Entwicklung der Mindestlöhne folge. Der Regelbedarf sei, wie sich aus der Expertise des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Gesamtverband e.V. aus Dezember 2015 ergebe, erst bei einem Betrag iHv 491 EUR bedarfsdeckend. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12.01.2018 abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen. Gegen diese am 18.01.2018 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 02.02.2018 erhobene Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, mit der er sein Vorbringen wiederholt und ergänzend darauf hinweist, das BVerfG habe im Beschluss vom 23.07.2014 (1 BvL 10/12 u.a.) betont, dass die Regelsätze nur "derzeit noch mit dem Grundgesetz vereinbar seien". Ferner habe das BVerfG den Gesetzgeber verpflichtet, die Entwicklung der Strompreise zu beachten und gegebenenfalls den Stromkostenanteil in den Regelsätzen zu erhöhen. Diesbezüglich sei der Gesetzgeber seit Juli 2014 untätig gewesen. Von 2005 bis 2018 seien die Strompreise um 51% gestiegen. II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) ist statthaft, weil die Berufung zulassungsbedürftig ist. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der ausdrücklichen Zulassung, wenn - wie hier - der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt und keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dies ist vorliegend der Fall, da der Kläger für den Monat November 2016 weitere 87 EUR geltend macht.
Die auch im Übrigen statthafte Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Keiner dieser Zulassungsgründe liegt vor.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung auch durch das Berufungsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit; Leitherer in Meyer/Ladewig, SGG, 12. Auflage 2017 § 160 Rn. 6, § 144 Rn. 28). Ein Individualinteresse genügt nicht (Beschluss des Senats vom 13.12. 2016 - L 7 AS 2048/15 NZB). Die von den Klägern mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob der Regelbedarf für einen Alleinstehenden ab Januar 2016 iHv 404 EUR noch den Anforderungen des BVerfG in dem Beschluss vom 23.07.2014 genügt, ist nicht klärungsbedürftig. An der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage fehlt es, wenn zur Auslegung vergleichbarer Regelungen schon höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte dafür geben, wie die konkret aufgeworfene Frage zu beantworten ist (Beschluss des Senats vom 13.12.2016 - L 7 AS 2048/15 NZB). Die Beklagte hat die (im streitigen Zeitraum geltenden) Vorgaben zur Bewilligung des Regelbedarfs (§§ 20 Abs.1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 SGB II, 28a, 40 SGB XII, 1, 2 Regelbedarfstufenfortschreibungsverordnung 2016 - RBSFV 2016) eingehalten. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache kann sich damit nur ergeben, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Fortschreibung der Regelbedarfe durch §§ 1, 2 RBSFV 2016 oder an der Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden gesetzlichen Regelung bestehen. Beides ist nicht der Fall: Das in § 20 Abs. 5 SGB II (in der im streitigen Zeitraum gF) vorgesehene Verfahren zur Anpassung der Regelbedarfe ist bei der Fortschreibung der Regelbedarfe zum 01.01.2016 durch die RBSFV 2016 eingehalten worden. Die Fortschreibung erfolgte in zutreffender Weise. Eine Neuermittlung des Regelbedarfs durch den Gesetzgeber nach § 28 Abs. 1 SGB XII war bis zum 01.01.2016 noch nicht erfolgt. Das Gesetz sieht keinen festen Zeitpunkt für die Neufestsetzung der Regelbedarfsstufen vor (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 01.12.2016 - L 19 AS 2235/16 B; Urteil vom 28.11.2016 - L 19 AS 1372/15; Beschluss vom 27.10.2016 - L 9 SO 447/16 B). Eine Neuermittlung durch den Gesetzgeber oder die am Ermittlungsverfahren beteiligten Behörden ist nicht im Hinblick darauf, dass die Ergebnisse der EVS bereits im September 2015 vorlagen, in rechtswidriger Weise verschleppt worden. Das in § 28 SGB XII normierte Verfahren und die verfassungsrechtlichen Vorgaben für das Gesetzgebungsverfahren waren einzuhalten (in diesem Sinne auch LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 28.11.2016 - L 19 AS 1372/15; Beschlüsse vom 08.03.2017 - L 12 AS 1825/16 NZB, vom 01.12.2016 - L 19 AS 2235/16 B und vom 27.10.2016 - L 9 SO 447/16; LSG Bayern, Urteil vom 14.09.2016 - L 16 AS 373/16). Der hier maßgebliche monatliche Regelbedarf für Alleinstehende ist mit 404 EUR nicht verfassungswidrig zu niedrig bemessen worden. Das BVerfG hat festgestellt, dass die Vorschriften über die Festsetzung der Höhe des Regelbedarfs sowie deren Fortschreibung nach § 20 Abs. 5 SGB II mit dem Grundgesetz vereinbar sind (BVerfG Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a.). Soweit der Kläger seine Beschwerde darauf stützt, dass die Regelbedarfsstufen ab Januar 2016 nach einer Expertise des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband Gesamtverband e.V. aus Dezember 2015 zu niedrig festgelegt worden seien, vermag dies Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit nicht zu begründen. Zwar kann eine Rechtsfrage trotz Vorliegens einer höchstrichterlichen Rechtsprechung weiter klärungsbedürftig sein oder erneut klärungsbedürftig werden. Erneute Klärungsbedürftigkeit kann sich z.B. aus neuen Entwicklungen in der Rechtsprechung bzw. aus dem Schrifttum ergeben oder auch bei grundlegenden Änderungen der Lebensverhältnisse entstehen (Leitherer, in: Meyer-Ladewig, SGG, § 160 Rn. 8b, 8c). Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Im Verfahren vor dem BVerfG wurde der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband Gesamtverband e.V. bereits mit der Einwendung, dass die Regelungen zur Bestimmung der Höhe des Regelbedarfs verfassungswidrig seien, gehört. Das BVerfG ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Auch die Verpflichtung des Gesetzgebers durch das BVerfG in seiner Entscheidung vom 23.07.2014, die tatsächliche Deckung existenzieller Bedarfe fortlaufend zu prüfen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Anhaltspunkte dafür, dass trotz der jährlichen Fortschreibung des Regelbedarfs innerhalb der letzten zwei Jahre eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen entstanden wäre, auf die der Gesetzgeber vorzeitig durch eine Neufestsetzung des Regelbedarfs hätte reagieren müssen, sind nicht evident. Soweit der Kläger - ohne Nennung entsprechender Belege - insoweit geltend macht, die Strompreise seien von 2005 bis 2018 um 51% gestiegen, begründet auch dies keine Zweifel an der Verfassungskonformität des hier streitigen Regelbedarfs. Zwar hat das BVerfG dem Gesetzgeber ausdrücklich aufgegeben, die Entwicklung der Preise für Haushaltstrom zu berücksichtigen (BVerfG Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12, Rn 144). Gleichzeitig hat das BVerfG jedoch auch ausgeführt, dass Bedenken hinsichtlich einzelner Berechnungspositionen nicht ohne Weiteres auf die verfassungsrechtliche Beurteilung der Gesamtleistung durchschlagen. Allerdings darf der Gesetzgeber ernsthafte Bedenken, die auf tatsächliche Gefahren der Unterdeckung verweisen, nicht einfach auf sich beruhen lassen und fortschreiben. Er ist vielmehr gehalten, bei den periodisch anstehenden Neuermittlungen des Regelbedarfs zwischenzeitlich erkennbare Bedenken aufzugreifen und unzureichende Berechnungsschritte zu korrigieren (BVerfG Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a., Rn. 141). Die hiernach gebotene Neuermittlung hat im Jahr 2017 stattgefunden. Mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) vom 22.12.2016 (BGBl. I, 3159) hat der Gesetzgeber eine Sonderauswertung der EVS 2013 vorgenommen (§ 1 RBEG) und nach Fortschreibung der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsangeben aus dem Jahr 2013 (§ 7 RBEG) die Summe der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsangaben für Erwachsene ab 01.01.2017 auf 409 EUR festgesetzt (§ 7 Abs. 3 RBEG). Die Regelbedarfsermittlung ab 2017 folgt denselben Grundsätzen, die dem RBEG 2011 zugrunde gelegen haben. Bis in die Detailebene hinein sind identische Wertentscheidungen getroffen worden. Die Prüfaufträge und Überwachungspflichten, die das BVerfG im Beschluss vom 23.07.2014 vorgegeben hat, sind beachtet worden (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.02.2018 - L 19 AS 2324/17 B). Die geringfügige Differenz von 5 EUR zwischen dem vom Kläger für 2016 angegriffenen, auf einer Fortschreibung beruhenden Betrag und dem auf einer Auswertung der EVS ab 2017 geltenden Betrag belegt, dass der für 2016 festgestellte Bedarf nicht in verfassungswidriger Weise evident zu niedrig ist (zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Fortschreibung der Regelbedarfe im Jahr 2016 auch LSG Sachsen Urteil vom 24.05.2018 - L 7 AS 1105/16).
Der Gerichtsbescheid weicht auch nicht von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG.)
Einen Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG hat der Kläger nicht dargelegt. Ein solcher ist auch nicht ersichtlich.
Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das erstinstanzliche Urteil (bzw. der Gerichtsbescheid) rechtskräftig, § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I. Der Kläger begehrt für November 2016 einen Regelbedarf für Alleinstehende iHv 491 EUR anstatt des von der Beklagten gewährten Betrages iHv 404 EUR monatlich. Der Gesetzgeber habe es versäumt, den Regelbedarf unter Berücksichtigung der am 10.09.2015 veröffentlichen Ergebnisse der EVS 2013 zu ermitteln. Bei der Anhebung um 5 EUR zum 01.01.2016 handele es sich um eine reine Fortschreibung des Regelsatzes aus 2015, die einem Mischindex aus Preissteigerungen und Entwicklung der Mindestlöhne folge. Der Regelbedarf sei, wie sich aus der Expertise des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Gesamtverband e.V. aus Dezember 2015 ergebe, erst bei einem Betrag iHv 491 EUR bedarfsdeckend. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 12.01.2018 abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen. Gegen diese am 18.01.2018 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 02.02.2018 erhobene Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, mit der er sein Vorbringen wiederholt und ergänzend darauf hinweist, das BVerfG habe im Beschluss vom 23.07.2014 (1 BvL 10/12 u.a.) betont, dass die Regelsätze nur "derzeit noch mit dem Grundgesetz vereinbar seien". Ferner habe das BVerfG den Gesetzgeber verpflichtet, die Entwicklung der Strompreise zu beachten und gegebenenfalls den Stromkostenanteil in den Regelsätzen zu erhöhen. Diesbezüglich sei der Gesetzgeber seit Juli 2014 untätig gewesen. Von 2005 bis 2018 seien die Strompreise um 51% gestiegen. II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) ist statthaft, weil die Berufung zulassungsbedürftig ist. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der ausdrücklichen Zulassung, wenn - wie hier - der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt und keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dies ist vorliegend der Fall, da der Kläger für den Monat November 2016 weitere 87 EUR geltend macht.
Die auch im Übrigen statthafte Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Keiner dieser Zulassungsgründe liegt vor.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung auch durch das Berufungsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit; Leitherer in Meyer/Ladewig, SGG, 12. Auflage 2017 § 160 Rn. 6, § 144 Rn. 28). Ein Individualinteresse genügt nicht (Beschluss des Senats vom 13.12. 2016 - L 7 AS 2048/15 NZB). Die von den Klägern mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob der Regelbedarf für einen Alleinstehenden ab Januar 2016 iHv 404 EUR noch den Anforderungen des BVerfG in dem Beschluss vom 23.07.2014 genügt, ist nicht klärungsbedürftig. An der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage fehlt es, wenn zur Auslegung vergleichbarer Regelungen schon höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte dafür geben, wie die konkret aufgeworfene Frage zu beantworten ist (Beschluss des Senats vom 13.12.2016 - L 7 AS 2048/15 NZB). Die Beklagte hat die (im streitigen Zeitraum geltenden) Vorgaben zur Bewilligung des Regelbedarfs (§§ 20 Abs.1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 SGB II, 28a, 40 SGB XII, 1, 2 Regelbedarfstufenfortschreibungsverordnung 2016 - RBSFV 2016) eingehalten. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache kann sich damit nur ergeben, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Fortschreibung der Regelbedarfe durch §§ 1, 2 RBSFV 2016 oder an der Verfassungsmäßigkeit der zugrunde liegenden gesetzlichen Regelung bestehen. Beides ist nicht der Fall: Das in § 20 Abs. 5 SGB II (in der im streitigen Zeitraum gF) vorgesehene Verfahren zur Anpassung der Regelbedarfe ist bei der Fortschreibung der Regelbedarfe zum 01.01.2016 durch die RBSFV 2016 eingehalten worden. Die Fortschreibung erfolgte in zutreffender Weise. Eine Neuermittlung des Regelbedarfs durch den Gesetzgeber nach § 28 Abs. 1 SGB XII war bis zum 01.01.2016 noch nicht erfolgt. Das Gesetz sieht keinen festen Zeitpunkt für die Neufestsetzung der Regelbedarfsstufen vor (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 01.12.2016 - L 19 AS 2235/16 B; Urteil vom 28.11.2016 - L 19 AS 1372/15; Beschluss vom 27.10.2016 - L 9 SO 447/16 B). Eine Neuermittlung durch den Gesetzgeber oder die am Ermittlungsverfahren beteiligten Behörden ist nicht im Hinblick darauf, dass die Ergebnisse der EVS bereits im September 2015 vorlagen, in rechtswidriger Weise verschleppt worden. Das in § 28 SGB XII normierte Verfahren und die verfassungsrechtlichen Vorgaben für das Gesetzgebungsverfahren waren einzuhalten (in diesem Sinne auch LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 28.11.2016 - L 19 AS 1372/15; Beschlüsse vom 08.03.2017 - L 12 AS 1825/16 NZB, vom 01.12.2016 - L 19 AS 2235/16 B und vom 27.10.2016 - L 9 SO 447/16; LSG Bayern, Urteil vom 14.09.2016 - L 16 AS 373/16). Der hier maßgebliche monatliche Regelbedarf für Alleinstehende ist mit 404 EUR nicht verfassungswidrig zu niedrig bemessen worden. Das BVerfG hat festgestellt, dass die Vorschriften über die Festsetzung der Höhe des Regelbedarfs sowie deren Fortschreibung nach § 20 Abs. 5 SGB II mit dem Grundgesetz vereinbar sind (BVerfG Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a.). Soweit der Kläger seine Beschwerde darauf stützt, dass die Regelbedarfsstufen ab Januar 2016 nach einer Expertise des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband Gesamtverband e.V. aus Dezember 2015 zu niedrig festgelegt worden seien, vermag dies Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit nicht zu begründen. Zwar kann eine Rechtsfrage trotz Vorliegens einer höchstrichterlichen Rechtsprechung weiter klärungsbedürftig sein oder erneut klärungsbedürftig werden. Erneute Klärungsbedürftigkeit kann sich z.B. aus neuen Entwicklungen in der Rechtsprechung bzw. aus dem Schrifttum ergeben oder auch bei grundlegenden Änderungen der Lebensverhältnisse entstehen (Leitherer, in: Meyer-Ladewig, SGG, § 160 Rn. 8b, 8c). Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt. Im Verfahren vor dem BVerfG wurde der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband Gesamtverband e.V. bereits mit der Einwendung, dass die Regelungen zur Bestimmung der Höhe des Regelbedarfs verfassungswidrig seien, gehört. Das BVerfG ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Auch die Verpflichtung des Gesetzgebers durch das BVerfG in seiner Entscheidung vom 23.07.2014, die tatsächliche Deckung existenzieller Bedarfe fortlaufend zu prüfen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Anhaltspunkte dafür, dass trotz der jährlichen Fortschreibung des Regelbedarfs innerhalb der letzten zwei Jahre eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen entstanden wäre, auf die der Gesetzgeber vorzeitig durch eine Neufestsetzung des Regelbedarfs hätte reagieren müssen, sind nicht evident. Soweit der Kläger - ohne Nennung entsprechender Belege - insoweit geltend macht, die Strompreise seien von 2005 bis 2018 um 51% gestiegen, begründet auch dies keine Zweifel an der Verfassungskonformität des hier streitigen Regelbedarfs. Zwar hat das BVerfG dem Gesetzgeber ausdrücklich aufgegeben, die Entwicklung der Preise für Haushaltstrom zu berücksichtigen (BVerfG Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12, Rn 144). Gleichzeitig hat das BVerfG jedoch auch ausgeführt, dass Bedenken hinsichtlich einzelner Berechnungspositionen nicht ohne Weiteres auf die verfassungsrechtliche Beurteilung der Gesamtleistung durchschlagen. Allerdings darf der Gesetzgeber ernsthafte Bedenken, die auf tatsächliche Gefahren der Unterdeckung verweisen, nicht einfach auf sich beruhen lassen und fortschreiben. Er ist vielmehr gehalten, bei den periodisch anstehenden Neuermittlungen des Regelbedarfs zwischenzeitlich erkennbare Bedenken aufzugreifen und unzureichende Berechnungsschritte zu korrigieren (BVerfG Beschluss vom 23.07.2014 - 1 BvL 10/12 u.a., Rn. 141). Die hiernach gebotene Neuermittlung hat im Jahr 2017 stattgefunden. Mit dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) vom 22.12.2016 (BGBl. I, 3159) hat der Gesetzgeber eine Sonderauswertung der EVS 2013 vorgenommen (§ 1 RBEG) und nach Fortschreibung der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsangeben aus dem Jahr 2013 (§ 7 RBEG) die Summe der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsangaben für Erwachsene ab 01.01.2017 auf 409 EUR festgesetzt (§ 7 Abs. 3 RBEG). Die Regelbedarfsermittlung ab 2017 folgt denselben Grundsätzen, die dem RBEG 2011 zugrunde gelegen haben. Bis in die Detailebene hinein sind identische Wertentscheidungen getroffen worden. Die Prüfaufträge und Überwachungspflichten, die das BVerfG im Beschluss vom 23.07.2014 vorgegeben hat, sind beachtet worden (LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 05.02.2018 - L 19 AS 2324/17 B). Die geringfügige Differenz von 5 EUR zwischen dem vom Kläger für 2016 angegriffenen, auf einer Fortschreibung beruhenden Betrag und dem auf einer Auswertung der EVS ab 2017 geltenden Betrag belegt, dass der für 2016 festgestellte Bedarf nicht in verfassungswidriger Weise evident zu niedrig ist (zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Fortschreibung der Regelbedarfe im Jahr 2016 auch LSG Sachsen Urteil vom 24.05.2018 - L 7 AS 1105/16).
Der Gerichtsbescheid weicht auch nicht von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG.)
Einen Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG hat der Kläger nicht dargelegt. Ein solcher ist auch nicht ersichtlich.
Mit der Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde wird das erstinstanzliche Urteil (bzw. der Gerichtsbescheid) rechtskräftig, § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Rechtsstreits Rechnung.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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