L 8 AY 13/18 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 AY 120/18 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AY 13/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. § 1a AsylbLG ist mit Blick auf das Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG restriktiv auszulegen.
2. Sofern § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG dem Wortlaut nach für die Anspruchseinschränkung nur auf die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Personenkreis abstellt, ist dies verfassungsrechtlich bedenklich.
3. Auch für die Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG ist daher im Wege der normerhaltenden teleologischen Reduktion zu fordern, dass dem Leistungsberechtigten ein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen ist.
4. Ein vorwerfbares pflichtwidriges Verhalten kann auch im Verweilen im Bundesgebiet liegen. Dies setzt jedoch voraus, dass der Leistungsberechtigte bereits Kenntnis von dem ihm in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat iSd § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG gewährten internationalen Schutz oder Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen hat.
5. Erlangt der Leistungsberechtigte diese Kenntnis erstmals durch einen ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), mit dem er zur Ausreise aufgefordert wird, kann dem Leistungsberechtigten wegen der durch Art. 19 Abs. 4 GG garantierten Gewährung effektiven Rechtsschutzes erst ab der Bestandskraft des Bescheides bzw. – im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels – ab dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens ein pflichtwidriges Fehlverhalten vorgeworfen werden.
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 22. Juni 2018 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Höhe der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in der Zeit vom 25.05.2018 bis 31.10.2018. Umstritten ist eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG.

Die 1997 geborene Antragstellerin (die Bezeichnung der Beteiligten aus dem erstinstanzlichen Verfahren wird beibehalten) ist afghanische Staatsangehörige und reiste am 28.05.2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Das griechische Ministry of Migration Policy hatte Deutschland ("The German Dublin Unit") mit Schreiben vom 11.06.2017 mitgeteilt, dass die Antragstellerin am 29.03.2017 (gemeint wohl 2016?) in Griechenland internationalen Schutz beantragt habe, der ab 18.04.2016 garantiert worden sei. Sie habe keine Aufenthaltserlaubnis erhalten und ihr sei die Entscheidung nicht zugegangen.

Die Antragstellerin wurde für die Zeit ab 06.12.2016 der Stadt A. zugewiesen (Unterbringung in der Gemeinschaftsunterkunft (GU) A-Stadt-Bahnhof) und erhielt dort seitdem Leistungen nach § 3 AsylbLG, von 01.01.2018 bis 31.03.2018 Leistungen nach § 2 AsylbLG in Höhe von 356,65 Euro (Bescheid vom 19.12.2017 für die Zeit vom 01.01.2018 bis 31.01.2018 mit dem Hinweis, dass für die folgenden Monate jeweils erneut über die weitere Hilfegewährung entschieden und diese ausgezahlt werde, ohne dass hierzu ein neuer Bescheid ergehe) und ab 01.04.2018 zunächst wieder Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von 320,14 Euro (Bescheid vom 29.03.2018 für die Zeit vom 01.04.2018 bis 30.04.2018, wiederum mit dem Hinweis, dass für die folgenden Monate jeweils erneut über die weitere Hilfegewährung entschieden und diese ausgezahlt werde, ohne dass hierzu ein neuer Bescheid ergehe).

Der Asylantrag der Antragstellerin vom 22.06.2016 wurde durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit Bescheid vom 19.03.2018 als unzulässig abgelehnt, da Griechenland der Antragstellerin internationalen Schutz gewährt habe. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Es wurde in dem Bescheid eine Ausreisefrist von 30 Tagen verfügt. Über die Klage vom 05.04.2018 () hiergegen wurde vom zuständigen Verwaltungsgericht C-Stadt noch nicht entschieden. Eine Terminierung ist nach schriftlicher Auskunft des Verwaltungsgerichts vom 27.08.2018 noch nicht absehbar.

Am 10.04.2018 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur beabsichtigten Leistungskürzung persönlich an, da das BAMF ihren Asylantrag mit Bescheid vom 19.03.2018 wegen der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus´ in Griechenland abgelehnt und die Abschiebung nach Griechenland angeordnet habe.

Mit Bescheid vom 26.04.2018, der Antragstellerin am 04.05.2018 ausgehändigt, bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin für die Zeit vom 01.05.2018 bis 31.10.2018 vorläufig nur noch eingeschränkte Leistungen nach § 1a Abs. 4 iVm Abs. 2 AsylbLG (Sachleistungen für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke, Gesundheits- und Körperpflege im Wert von insgesamt 165,84 Euro pro Monat, Unterkunft, Energie und Wohnungsinstandhaltung sowie Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände als Sachleistungen). Der Antragstellerin sei in Griechenland bereits die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden. Diese gelte drei Jahre lang. Folge sei die eingeschränkte Leistungsgewährung nach § 1a Abs. 4 AsylbLG.

Hiergegen (bezeichnet als Bescheid vom 04.05.2018) erhob die Bevollmächtigte der Antragstellerin Widerspruch. Wegen der Klageerhebung vor dem Verwaltungsgericht C-Stadt ende die Ausreisefrist erst 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Die Antragstellerin sei bis dahin im Besitz einer Aufenthaltsgestattung und falle nicht in den Anwendungsbereich des § 1a AsylbLG. Die Unzulässigkeitsentscheidung des BAMF sei rechtswidrig, da die Lebensbedingungen in Griechenland nicht den Anforderungen der Anerkennungsrichtlinie (2011/95/EU) der EU entsprächen. Eine Entscheidung über den Widerspruch ist bislang, soweit ersichtlich, noch nicht erfolgt.

Die Antragstellerin beantragte am 25.05.2018 beim Sozialgericht München einstweiligen Rechtsschutz, das den Rechtsstreit mit Beschluss vom 13.06.2018 an das örtlich zuständige Sozialgericht Landshut (SG) verwies. Die Antragstellerin führte aus, dass sie mit ihren Eltern und ihrer körperlich und geistig behinderten Schwester in Deutschland lebe. Diese seien auf ihre Hilfe erheblich angewiesen.

Die Antragsgegnerin wies darauf hin, die Leistungskürzung sei rechtmäßig erfolgt, da § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG diese zwingend ohne Ermessen der Behörde auch für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 AsylbLG vorsehe, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union internationaler Schutz gewährt worden sei, wenn dieser fortbestehe. Nach Mitteilung des griechischen Ministry of Migration Policy sei der Schutz ab 18.04.2016 gewährt worden; dieser gelte drei Jahre. Die Ausführungen der Antragstellerin zur Rechtswidrigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung des BAMF seien für die Leistungskürzung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG ohne Bedeutung, da es sich um zwei verschiedene Rechtsbereiche handele. Es komme daher auch nicht darauf an, ob die Lebensbedingungen in Griechenland den Anforderungen für anerkannte Flüchtlinge entsprächen oder ob die Trennung der Kernfamilie eine Rückführungsmaßnahme ausschließe.

Das SG verpflichtete die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 22.06.2018, der Antragstellerin vorläufig Leistungen nach dem AsylbLG für die Zeit vom 25.05.2018 bis 31.10.2018 in Höhe von insgesamt 320,14 Euro monatlich, für Mai 2018 anteilig, zu zahlen und lehnte den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz im Übrigen ab. Der Zweck der zum 06.08.2016 in Kraft getretenen Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG bestehe in der Begrenzung der Sekundärmigration insbesondere aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Deutschland. Nach dem Gesetzentwurf vom 31. Mai 2016 diene sie der Vervollständigung der Regelung nach § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG (BT-Drs. 18/8615, S. 35), wonach eine Anspruchseinschränkung für bestimmte Fälle vorgesehen ist, in denen ein anderer Mitgliedstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Bereits im Gesetzgebungsverfahren zu § 1a Abs. 4 AsylbLG in der ab dem 24. Oktober 2015 geltenden Fassung sei gefordert worden, dass eine Leistungseinschränkung auch ("erst recht") bei Personen erfolge, deren Asylverfahren in einem anderen Mitgliedstaat durch Gewährung eines Schutzstatus bereits positiv abgeschlossen worden seien (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.02.2018 - L 8 AY 23/17 B ER -, m. w. N.). Unter Berücksichtigung des dargestellten Normzwecks und des Regelungszusammenhangs sei eine teleologische Reduktion von § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG geboten. § 1a Abs. 4 S. 2 AsylbLG sei zum Zeitpunkt der Einreise der Antragstellerin in die Bundesrepublik am 28.05.2016 noch nicht in Kraft gewesen. Daher habe der Zweck der Regelung - Begrenzung der Sekundärmigration - nach der Einreise der Antragstellerin schon nicht mehr erreicht werden können. Nur diese Auslegung der Norm und die Heranziehung des Zeitpunktes der Einreise ermögliche eine verfassungskonforme Auslegung. Erforderlich sei ein pflichtwidriges Verhalten. Dieses könne vorliegend nur darin zu sehen sein, dass eine Einreise und eine Asylantragstellung erfolgt seien, obwohl bereits die Gewährung eines Aufenthaltsrechts (Schutzstatus) in einem anderen EU-Mitgliedstaat bestand. Zum Zeitpunkt der Einreise und damit der (möglichen) Pflichtverletzung sei jedoch das Verhalten der Antragstellerin gesetzlich noch nicht sanktioniert gewesen. Die leistungsrechtliche Konsequenz bzw. deren Androhung habe daher das Ziel der Verhinderung der Pflichtverletzung nicht erreichen können. Hinzu komme vorliegend, dass der Antragstellerin zum Zeitpunkt der möglichen Pflichtverletzung (Einreise) die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch Griechenland nach Mitteilung der dort zuständigen Stelle noch nicht bekannt gewesen sei, so dass ein Verschulden der Antragstellerin nicht zu erkennen sei. Es könne somit dahinstehen, ob für das Beispiel Griechenland im einstweiligen Rechtsschutz existenzsichernde Leistungen in vollem Umfang bereits deshalb zu gewähren seien, weil die Abschiebung in einen anderen EU-Staat wegen einer dort drohenden unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK nicht möglich sei. Die Eilbedürftigkeit ergebe sich auch aus der Tatsache, dass die Antragstellerin sonst längere Zeit unterhalb des (soziokulturellen) Existenzminimums leben müsse. Zugesprochen würden Leistungen für die Zeit ab Stellung des Eilantrags ab 25.05.2018 bis 31.10.2018 und in beantragter Höhe nach § 3 AsylbLG. Dabei werde berücksichtigt, dass Unterkunft, Energie und Wohnungsinstandhaltung, Innenausstattung, Haushaltsgeräte und Haushaltsgegenstände zusätzlich durch Sachleistung gewährt würden. Die Zahlung könne grundsätzlich, soweit möglich, auch durch Warengutscheine erfolgen.

Gegen den ihr am 26.06.2018 zugestellten Beschluss des SG hat die Antragsgegnerin am 10.07.2018 Beschwerde beim SG eingelegt, das diese am 11.07.2018 an das Bayerische Landessozialgericht (LSG) weiterleitete. Zur Begründung wird ausgeführt, das SG verkenne den Zweck des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG: Die Begrenzung der Sekundärmigration könne auch dadurch erreicht werden, dass nicht nur die Einreise trotz Gewährung in einem anderen Mitgliedstaat sanktioniert werde, sondern auch das tatsächliche Verweilen in der Bundesrepublik trotz anderweitiger Anerkennung. Die Kürzung sei dann als Anreiz zur Rückreise zu sehen. Der Wortlaut des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG stelle nicht explizit nur auf die Einreise als mögliche sanktionsbewehrte Handlung ab. Auch ein pflichtwidriges Verhalten, wie es das SG fordere, finde sich in der Norm nicht als Voraussetzung. Der Vergleich mit § 1a Abs. 2 Satz 1 AsylbLG, wonach eine Kürzung dann ausscheide, wenn eine Ausreise aus Gründen, die der Leistungsberechtigte nicht zu vertreten habe, nicht durchgeführt werden könne, zeige, dass § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG allein das tatsächliche Vorliegen eines Schutzstatus in einem anderen Mitgliedstaat zur Voraussetzung habe. Auch das positive Kennen oder Kennenmüssen des Schutzstatus in dem anderen Mitgliedstaat sei nicht Voraussetzung für die Leistungskürzung. Nur so könne sichergestellt werden, dass die Dublin-III-Verordnung eingehalten und eine unberechtigte Sekundärmigration verhindert werde. Das pflichtwidrige Verhalten der Antragstellerin bestehe jedenfalls darin, dass sie trotz Anerkennung in Griechenland in der Bundesrepublik verweile und nicht ausreise. Spätestens mit Zustellung des Bescheides des BAMF vom 19.03.2018 habe die Antragstellerin Kenntnis von der Anerkennung in Griechenland erhalten; sie sei auch im Rahmen der Anhörung am 10.04.2018 nochmals auf den dort bereits bestehenden Schutzstatus hingewiesen worden.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom 22. Juni 2018 abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Bevollmächtigte der Antragstellerin verwies auf die Ausführungen des SG im Beschluss vom 22.06.2018.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie der Ausländerakte verwiesen.

II.

Die zum Teil zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des SG Landshut vom 22.06.2018 führt in der Sache nicht zum Erfolg. Zu Recht hat das SG mit der einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin vorläufig zur Gewährung höherer Leistungen nach dem AsylbLG in der Zeit vom 25.05.2018 bis 31.10.2018 verpflichtet.

Die nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Beschwerde wurde form- und fristgerecht nach § 173 SGG erhoben. Die Beschwerde ist auch nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, da der Beschwerdewert oberhalb von 750,- Euro liegt. Streitig ist die Differenz zwischen den begehrten Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von 320,14 Euro und den abgesenkten Leistungen, wie sie mit Bescheid vom 26.04.2018 in Höhe von 165,84 Euro für die Zeit von Mai bis Oktober 2018 bewilligt wurden. Diese beläuft sich auf 154,30 Euro monatlich, so dass sich die Beschwer der Antragsgegnerin für die Zeit vom 25.05.2018 bis 31.10.2018 in Höhe von insgesamt 807,50 Euro ergibt.

Der Beschwerde der Antragsgegnerin fehlt es hinsichtlich der Leistungsgewährung an die Antragstellerin bis zur Zustellung dieser Entscheidung des Senats an einem Rechtsschutzbedürfnis. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 08.02.2017 - L 8 SO 269/16 B ER und Beschluss vom 25.06.2018 - L 8 SO 49/18 B ER) liegt ein Rechtsschutzbedürfnis nicht mehr vor, soweit die Behörde die Leistung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens bereits erbracht hat. Soweit der Sozialhilfeträger aufgrund der vorläufigen Verpflichtung durch das Sozialgericht leistet, sind seine Beschwer und damit auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerde entfallen. Er ist insoweit auf das Hauptsacheverfahren zu verweisen. Ein rechtlicher oder tatsächlicher Vorteil ergibt sich durch die Aufhebung der Regelungsanordnung für den Sozialhilfeträger nicht, da der Rückzahlungsanspruch erst mit der rechtskräftigen Entscheidung des Hauptsacheverfahrens entsteht (vgl. ausführlich die Begründung des Beschlusses des Senats vom 25.06.2018 - L 8 SO 49/18 B ER, Rdnr. 20 ff., juris).

Jedenfalls für den Zeitraum ab Bekanntgabe der Entscheidung des Senats ist für den Fall der Verpflichtung des Sozialhilfeträgers zu - wie hier - laufenden Zahlungen aber ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben, da bei einer Abänderung oder Aufhebung der Regelungsanordnung für die Zeit ab Bekanntgabe der Beschwerdeentscheidung niedrigere bzw. keine Leistungen mehr zu erbringen wären (vgl. Beschluss des Senats vom 25.06.2018 - L 8 SO 49/18 B ER, Rdnr. 30, juris).

Die Beschwerde ist jedoch auch insoweit nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Antragsgegnerin verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig für die Zeit vom 25.05.2018 bis 31.10.2018 höhere Leistungen nach § 3 AsylbLG zu gewähren.

Dass SG hat zutreffend entschieden, dass der Eilantrag als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 SGG statthaft ist, da kein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt. Die Antragstellerin kann ihr Rechtsschutzziel - die (vorläufige) Gewährung höherer Leistungen - nicht mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid vom 26.04.2018 nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG erreichen. Zwar hat der Widerspruch gegen die Feststellung einer Einschränkung des Leistungsanspruchs nach § 1a AsylbLG gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG iVm § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG keine aufschiebende Wirkung. Aus der Anordnung der aufschiebenden Wirkung würde sich aber nur dann die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Gewährung höherer Leistungen ergeben, wenn zuvor für den streitigen Zeitraum höhere Leistungen bewilligt worden wären. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall, da die zuvor ergangenen Bewilligungsbescheide nur den Zeitraum bis April 2018 zum Gegenstand hatten (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07.02.2018 - L 8 AY 23/17 B ER, Rdnr. 12, juris; Beschlüsse des Senats vom 08.07.2016 - L 8 AY 14/16 B ER, vom 13.09.2016 - L 8 AY 21/16 B ER sowie - zur Fassung des § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG ab 06.08.2016 (eingefügt durch Art. 4 des Integrationsgesetzes vom 31.07.2016 (BGBl. 2016, I Nr. 39, S. 1939 ff.)) - Beschluss des Senats vom 21.12.2016 - L 8 AY 31/16 B ER, Rdnr. 30 ff., juris).

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG ist auch begründet. Die Antragstellerin hat sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund hinsichtlich der Gewährung höherer Leistungen glaubhaft gemacht. Der Anspruch der Antragstellerin auf Gewährung höherer Leistungen nach § 3 AsylbLG ergibt sich vorliegend aus einer verfassungsrechtlich gebotenen teleologischen Reduktion des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG.

Streitgegenständlich ist allein die Frage der Rechtmäßigkeit der Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG. Nach dieser Regelung gilt § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG, der als Rechtsfolge die Leistungsgewährung nach § 1a Abs. 2 AsylbLG (grundsätzlich nur Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege als Sachleistungen) anordnet, für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 5 AsylbLG entsprechend, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat iSd § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG internationaler Schutz oder aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist, wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Zweck der Regelung ist - wie das SG zutreffend ausführt - die Begrenzung der Sekundärmigration insbesondere aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Deutschland (vgl. auch Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-AsylbLG, 2. Auf. 2014, § 1a AsylbLG, 2. Überarbeitung, Rdnr. 97 ff.).

Der Antragstellerin ist der Aufenthalt in Deutschland zur Durchführung des Asylverfahrens nach § 55 Abs. 1 AsylG gestattet; sie ist damit leistungsberechtigt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG. Laut Mitteilung des Ministry of Migration Policy in Griechenland vom 11.06.2017 wurde der Antragstellerin dort mit Wirkung ab 18.04.2016 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG zuerkannt, wovon die Antragstellerin jedoch erst durch den Bescheid des BAMF vom 19.03.2018 erfahren hat.

Auch der Senat hält - wie das SG - eine teleologische Reduktion des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG aus verfassungsrechtlichen Gründen für geboten. Rein seinem Wortlaut nach wird eine Leistungskürzung allein aus dem Grund vorgenommen, dass der Leistungsberechtigte einem europäischen Asylregime unterworfen ist, ohne dass explizit an ein konkretes Fehlverhalten des Leistungsberechtigten angeknüpft wird (vgl. auch Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-AsylbLG, 2. Auf. 2014, § 1a AsylbLG, 2. Überarbeitung, Rdnr. 97). Bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Integrationsgesetz wurden (verfassungs-)rechtliche Bedenken an der Norm geäußert (vgl. die Empfehlung verschiedener Bundesratsausschüsse zum Entwurf des Integrationsgesetzes vom 06.06.2016, BR-Drs. 266/1/16). Soweit § 1a Abs. 4 AsylbLG, jedenfalls dem Wortlaut nach, eine Anspruchseinschränkung ohne Anknüpfung an ein Fehlverhalten vorsieht, widerspricht dies dem bisherigen Sanktionssystem sowohl im AsylbLG als auch in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II) und der Sozialhilfe (Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII), wonach die Kürzung der Leistungen stets ein bestimmtes, vorwerfbares Verhalten oder Unterlassen des Leistungsberechtigten zur Voraussetzung hat. Demnach hat es der Leistungsberechtigte selbst in der Hand, eine Leistungskürzung zu vermeiden bzw. zu beenden. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 (1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11), das zur Verfassungswidrigkeit der Höhe der Geldleistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2, 3 iVm § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG a.F. erging, können migrationspolitische Erwägungen, die Leistungen an Asylbewerber und Flüchtlinge niedrig zu halten, um Anreize für Wanderungsbewegungen durch ein im internationalen Vergleich eventuell hohes Leistungsniveau zu vermeiden, von vorneherein kein Absenken des Leistungsstandards unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum rechtfertigen. Die in Art. 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren (vgl. BVerfG, Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11, Rdnr. 95, juris).

Mit Blick hierauf ist auch für die Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG - im Wege der normerhaltenden, teleologischen Reduktion - zu fordern, dass dem Leistungsberechtigten ein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen ist. Zu Recht hat das SG hierauf abgestellt.

Die teleologische Reduktion gehört zu den anerkannten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegungsgrundsätzen (BVerfG, Beschluss vom 15.10.2004 - 2 BvR 1316/04; BVerfG, Beschluss vom 07.04.1997 - 1 BvL 11/96; BVerfG, Beschluss vom 14.03.2011 - 1 BvL 13/07). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die auszulegende Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für unanwendbar hält, weil deren Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (BVerfG, Beschluss vom 07.04.1997 - 1 BvL 11/96; BSG, Urteil vom 18.08.2011 - B 10 EG 7/10 R). Bei einem nach wortlautgetreuer Auslegung drohenden Grundrechtsverstoß kann eine zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung der Norm entgegen deren Wortlaut sogar geboten sein (vgl. BSG, Urteil vom 19.12.2013 - B 2 U 17/12 R, Rdnr. 20, juris; BSG, Urteil vom 04.12.2014 - B 2 U 18/13 R; BSG, Urteil vom 15.12.2016 - B 5 RE 2/16 R). Die Grenzen verfassungskonformer Auslegung ergeben sich aus dem ordnungsgemäßen Gebrauch der anerkannten Auslegungsmethoden. Eine Norm ist nur dann für verfassungswidrig zu erklären, wenn keine nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung vereinbare Auslegung möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelung und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führt, so ist diese geboten. Die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung endet allerdings dort, wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch träte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.12.2014 - 1 BvR 2142/11). Es ist also zu beachten, dass im Wege der Auslegung einem nach Wortlaut und Sinn eindeutigen Gesetz nicht ein entgegengesetzter Sinn verliehen, der normative Gehalt der auszulegenden Norm nicht grundlegend neu bestimmt oder das gesetzgeberische Ziel nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.01.2011 - 1 BvR 918/10).

Höchstrichterliche Rechtsprechung zu Sanktionen im Bereich der Existenzsicherung gibt es bislang insbesondere zur Höhe von leistungsrechtlichen Sanktionen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Das Argument für die nach Auffassung des 14. Senats des BSG gegebene Verfassungskonformität der Leistungskürzungen war, dass existenzsichernde Leistungen nicht voraussetzungslos zur Verfügung gestellt werden müssen und dass die Sanktionen auf ein korrigierbares Fehlverhalten des Leistungsberechtigten zurückgingen (vgl. BSG, Urteile vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R und vom 09.03.2016 - B 14 AS 20/15 R). In seiner Entscheidung vom 12.05.2017 (B 7 AY 1/16 R) hat der 7. Senat des BSG zu § 1a Nr. 2 AsylbG a.F. entschieden, dass die "an ein persönliches Fehlverhalten anknüpfende" Vorschrift weder aufgrund der Bindungswirkung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 noch aufgrund der dort entwickelten verfassungsrechtlichen Maßstäbe durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegne. Leistungseinschränkungen seien gegenüber dem durch den Menschenwürdeschutz und das Sozialstaatsprinzip vorgegebenen Niveau nicht generell als solche unzulässig. Sofern diese an die Nichteinhaltung rechtlich zulässiger Voraussetzungen geknüpft seien, werde die staatliche Verantwortung gelockert; sie rechtfertige eine Absicherung auf einem niedrigeren Niveau. § 1a Nr. 2 AsylbLG a.F. knüpfe allein an ein missbräuchliches Verhalten in der Verantwortung des Einzelnen an, dessen Aufgabe dieser jederzeit in der Hand habe, nicht dagegen an generell-abstrakt gefasste migrationspolitische Erwägungen, das Leistungsniveau niedrig zu halten (vgl. BSG, Urteil vom 12.05.2017 - B 7 AY 1/16 R, Rdnr. 29, 32, juris).

Im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11) und dessen Ausstrahlungswirkung (vgl. Oppermann, Leistungseinschränkungen und Sanktionen als Mittel zur Bewältigung der Flüchtlingswelle, ZESAR, 2017, S. 56) sowie unter Berücksichtigung der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Verfassungsmäßigkeit von Sanktionen im Bereich des SGB II und AsylbLG, hält es der Senat für problematisch, eine Leistungseinschränkung, wie der Wortlaut des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG zunächst nahelegt, allein auf die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Personenkreis zu stützen, ohne dass das konkrete Verhalten des Leistungsberechtigten dabei in den Blick genommen wird.

Der Senat verweist auf seine bisherige Rechtsprechung zu § 1a AsylbLG, wonach im Hinblick auf das Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine restriktive Auslegung des § 1a AsylbLG geboten ist (vgl. Beschluss des Senats vom 21.12.2016 - L 8 AY 31/16 B ER; s. auch Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-AsylbLG, 2. Auf. 2014, § 1a AsylbLG, 2. Überarbeitung, Rdnr. 154 ff.). Das Gebot der restriktiven Auslegung folgt insbesondere daraus, dass Leistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG im Vergleich zu Leistungen nach dem SGB II und SGB XII ohnehin bereits reduziert sind, so dass jede weitere Leistungseinschränkung eine nochmalige Absenkung des Leistungsniveaus zur Folge hat. Bei einer zu großzügigen Handhabung des § 1a AsylbLG besteht die Gefahr einer unzulässigen Unterschreitung des von Verfassung wegen stets zu gewährleistenden menschenwürdigen Existenzminimums der Leistungsberechtigten und ihrer Familienangehörigen (vgl. Hohm in: Gemeinschaftskommentar zum AsylbLG, § 1a, Stand: Februar 2017, Rdnr. 42).

Dafür, dass der Gesetzgeber auch bei § 1a Abs. 4 AsylbLG ein pflichtwidriges Verhalten sanktionieren wollte, spricht die systematische Verortung dieser Anspruchseinschränkung in § 1a AsylbLG. Hintergrund aller Leistungseinschränkungen in dieser Norm ist - wie sich aus der Gesamtzusammenschau der verschiedenen Tatbestände des § 1a AsylbLG ergibt - ein konkretes, selbst zu vertretendes (ausländerrechtliches) Fehlverhalten, als Folge dessen die Leistungseinschränkung greift (s. auch Hohm in: Gemeinschaftskommentar zum AsylbLG, § 1a, Stand: Februar 2017, Rdnr. 352, wonach alle anspruchseinschränkenden Tatbestände des § 1a AsylbLG an ein individuelles Fehlverhalten leistungsberechtigter Personen anknüpfen bzw. explizit zu § 1a Abs. 4 und 5 AsylbLG Rdnr. 43.4; a.A. für § 1a Abs. 4 AsylbLG Oppermann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-AsylbLG, 2. Aufl. 2014, 2. Überarbeitung, § 1a, Rdnr. 97; Birk in: Bieritz-Harder/Conradis/Thie, Sozialgesetzbuch XII, 11. Aufl. 2018, § 1a AsylbLG, Rdnr. 6; Korff in: BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Stand: 01.06.2018, § 1a AsylbLG, Rdnr. 24; SG Lüneburg, Beschluss vom 03.05.2017 - S 26 AY 28/17 ER; SG Lüneburg, Beschluss vom 06.06.2017 - S 26 AY 10/17 ER). Dass der Gesetzgeber dies bei allen Tatbestandsvarianten im Sinn hatte, zeigt auch der Wortlaut des § 14 Abs. 2 AsylbLG (Dauer der Anspruchseinschränkung, Abs. 2 mit Wirkung zum 24.10.2015 durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20.10.2015 (BGBl. I, 1722) eingefügt), der eine Verlängerung der Anspruchseinschränkung bei "fortbestehender Pflichtverletzung" vorsieht.

Auch für die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG ist daher zu fordern, dass in der Einreise bzw. nicht erfolgenden Ausreise ein Fehlverhalten des Leistungsberechtigten liegen muss (vgl. auch Hohm, aaO., § 1a AsylbLG, Rdnr. 362: auch § 1a Abs. 4 AsylbLG knüpfe an ein individuelles Fehlverhalten von Asylsuchenden an). Ein pflichtwidriges Fehlverhalten der Antragstellerin lag - wie das SG zutreffend entschieden hat - hier nicht in der Einreise der Antragstellerin im Mai 2016 nach Deutschland, da sie zu diesem Zeitpunkt noch keine Kenntnis von der ihr durch Griechenland mit Wirkung ab 18.04.2016 gewährten Flüchtlingseigenschaft hatte. So wird auch in der Literatur zu Recht gefordert, dass vom personalen Anwendungsbereich des § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG (nur) Fälle erfasst werden, in denen Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 5 AsylbLG durch einen anderen EU-Mitgliedstaat oder einen am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat bereits internationaler Schutz oder ein Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen gewährt worden ist, dieser Schutzstatus oder das Aufenthaltsrecht noch andauert und die leistungsberechtigten Personen sich ungeachtet dessen in die Bundesrepublik Deutschland begeben haben und dort weiterhin verweilen (vgl. Hohm, aaO., § 1a, Rdnr. 356).

Zwar gibt der Senat der Antragsgegnerin Recht darin, dass ein vorwerfbares Fehlverhalten der Antragstellerin grundsätzlich auch im Verweilen im Bundesgebiet liegen kann. Dies setzt jedoch voraus, dass die Antragstellerin bereits mit einem (unanfechtbaren) Ausreiseverlangen konfrontiert wurde. Zwar hat das BAMF vorliegend mit Bescheid vom 19.03.2018 eine sogenannte Unzulässigkeitsentscheidung getroffen und den Asylantrag der Antragstellerin nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG abgelehnt, da sie in Griechenland bereits internationalen Schutz genieße. Verfügt wurde dabei eine Ausreisefrist von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung. Die Antragstellerin hat aber erstmals mit dem Bescheid des BAMF vom 19.03.2018 überhaupt davon erfahren, dass ihr in Griechenland offenbar internationaler Schutz gewährt wurde. Denn nach Mitteilung des griechischen Ministry of Migration Policy vom 11.06.2017 hat die Antragstellerin die dortige Entscheidung wie auch die Aufenthaltserlaubnis nicht erhalten. Gegen den Bescheid des BAMF hat die Antragstellerin Klage erhoben, so dass dieser nicht bestandskräftig und damit gegenüber der Antragstellerin nicht bindend geworden ist.

Der Senat geht in dieser besonderen Fallkonstellation nicht davon aus, dass der Antragstellerin ein individuelles Fehlverhalten vorzuwerfen ist. Denn sie hat von der ihr rechtlich gewährten Möglichkeit Gebrauch gemacht, gegen den Bescheid des BAMF, mit dem sie erstmals auf den ihr bereits in Griechenland gewährten internationalen Schutz verwiesen und daher ihre Ausreise gefordert wird, zu klagen. Jedenfalls für die Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG, die bei Einreise keine Kenntnis von dem ihnen bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat iSd § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG gewährten internationalen Schutz oder Aufenthaltsrecht aus anderen Gründen hatten und die erst durch die Entscheidung des BAMF hiervon erfahren, ist nach Auffassung des Senats, insbesondere auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) mit den ebenfalls in diese Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG einbezogenen Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG (vollziehbar Ausreisepflichtige), zu fordern, dass die entsprechende ablehnende (Unzulässigkeits-)Entscheidung des BAMF bestands- bzw. rechtskräftig geworden ist (vgl. mit ähnlicher Begründung auch Hohm aaO., § 1a AsylbLG, Rdnr. 351 zur Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG, der aus dem Wortlaut der Norm "zuständig ist" folgert, dass diese Anspruchseinschränkung erst mit der bestands- oder rechtskräftig festgestellten Zuständigkeit eines anderen EU-Mitgliedstaates oder eines am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaates beginnt.).

Über die am 05.04.2018 erhobene Klage beim Verwaltungsgericht C-Stadt wurde nach Auskunft von dort bislang noch nicht entschieden. Die Klage hat, da das BAMF in dem Bescheid nicht nach § 36 Abs. 1 AsylG eine Ausreisefrist von einer Woche, sondern eine Ausreisefrist von 30 Tagen verfügte, nach § 75 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 1 AsylG aufschiebende Wirkung, so dass dieser Bescheid noch nicht vollziehbar geworden ist. Im Falle der Klageerhebung endet nach § 38 Abs. 1 Satz 2 AsylG die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Maßgebend für den Eintritt der aufschiebenden Wirkung der Klage ist nicht die Länge der nach den gesetzlichen Vorgaben (hier nach § 36 Abs. 1 AsylG eigentlich 1 Woche) zu setzenden Ausreisefrist, sondern die von der Behörde tatsächlich getroffene Entscheidung zu Ausreisefrist und Abschiebungsandrohung. Denn obgleich für Asylverfahren die Dauer der mit der Abschiebungsandrohung zu setzenden Ausreisefrist zwingend gesetzlich vorgegeben ist, ist es Sache der zuständigen Behörde, die Frist im konkreten Einzelfall festzusetzen (vgl. VG Hamburg, Beschluss vom 06.07.2018 - 9 AE 2692/18; BVerwG, Urteil vom 17.08.2010 - 10 C 18/09, juris, Rdnr. 18).

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann der Antragstellerin daher, insbesondere mit Blick auf die durch Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlich garantierte Gewährung effektiven Rechtsschutzes, ein individuelles Fehlverhalten nicht vorgeworfen werden. Da sie die Entscheidung der griechischen Behörde nicht erhalten und erst durch den - von ihr mittels Klage angefochtenen - Bescheid des BAMF vom 19.03.2018 von dem ihr in Griechenland gewährten Flüchtlingsstatus erfahren hat, kann ihr aus Sicht des Senats nicht vorgeworfen werden, dass sie derzeit noch im Bundesgebiet verweilt. Die Fallgestaltung unterscheidet sich von den Fällen, in denen Asylsuchende im Wissen um den ihnen bereits in einem anderen Staat gewährten Schutz dennoch in das Bundesgebiet einreisen und dort verweilen. Das Verlangen an die Antragstellerin, aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen, steht unanfechtbar erst dann und für den Fall fest, dass das Verwaltungsgericht über die Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid des BAMF vom 19.03.2018 negativ entschieden hat und die Frist von 30 Tagen nach Unanfechtbarkeit der Entscheidung abgelaufen ist.

Der Anordnungsgrund ergibt sich vorliegend aus dem existenzsichernden Charakter der von der Antragstellerin geltend gemachten Leistungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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