Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 635/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 180/18 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zur Feststellung einer unständigen Beschäftigung
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 07. Mai 2018 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerinnen vom 01. März 2018 angeordnet. Die Antragsgegnerinnen haben die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für beide Instanzen zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 07. Mai 2018 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat es rechtsfehlerhaft abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerinnen vom 01. März 2018 anzuordnen, mit dem diese die Antragstellerin für den Zeitraum vom Juli 2015 bis zum Dezember 2016 zu Beiträgen in Höhe von 2.045,68 EUR herangezogen haben.
1.) Der Antrag der Antragstellerin ist in Bezug auf die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zulässig, weil sie sich gegen die Festsetzung von Beiträgen richtet. Insofern hat er – abweichend vom Regelfall des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG – gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung.
2.) Der zulässige Antrag ist auch begründet. Inhalt der Begründetheitsprüfung ist eine – auf den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts – vorzunehmende Interessenabwägung, bei der unter Beachtung der vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung, den Eintritt der aufschiebenden Wirkung abweichend von dem in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG geregelten Grundsatz nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG gerade auszuschließen, die jeweiligen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen sind. Ergibt diese Abwägung, dass das private Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs das öffentliche Interesse der Antragsgegnerinnen an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides überwiegt, ist die aufschiebende Wirkung in aller Regel anzuordnen. Dies wiederum ist der Fall, wenn sich der angegriffene Bescheid als offensichtlich rechtswidrig erweist und dies mit einer subjektiven Rechtsverletzung der Belasteten einhergeht, weil an der sofortigen Vollziehung eines mit der Rechtsordnung nicht im Einklang stehenden Bescheides kein öffentliches Interesse besteht. Umgekehrt überwiegt das öffentliche Interesse der Antragsgegnerinnen an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides das private Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs, wenn gegen die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides offensichtlich keine Bedenken bestehen. In diesem Fall ist die aufschiebende Wirkung in aller Regel nicht anzuordnen.
3.) Nach der übereinstimmenden Rechtsauffassung der Antragsgenerinnen und des Sozialgerichts ist Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides § 240 Sozialgesetzbuch / Fünftes Buch(SGB V). Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V setzt die Heranziehung der Antragstellerin zu Beiträgen nach dieser Vorschrift voraus, dass sie in dem streitigen Zeitraum freiwilliges Mitglied der Antragsgegnerinnen gewesen ist. Daran bestehen jedoch erhebliche und hier durchgreifende Zweifel.
a) Zutreffend gehen die Antragsgegnerinnen im Ausgangspunkt ihrer rechtlichen Betrachtungen davon aus, dass die Antragstellerin in ihrer Tätigkeit und an den Tagen ihrer Arbeit für die Lebenshilfe gGmbH abhängig beschäftigt worden ist und damit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI) der gesetzlichen Versicherungspflicht in der Kranken- und sozialen Pflegeversicherung unterlag. Die weitere Annahme, dass sich die Versicherung der Antragstellerin an den Tagen des streitigen Zeitraumes, an denen sie die Lebenshilfe gGmbH nicht beschäftigte, nach § 188 Abs. 4 Satz 1 SGB V als freiwillige Versicherung fortgesetzt habe, ist jedoch nach dem dem Senat bekannten Sachverhalt nicht überzeugend. So erscheint nicht ausgeschlossen, dass auf die Antragstellerin § 188 Abs. 4 Satz 3 SGB V Anwendung findet. Danach gilt Satz 1 nicht für Personen, deren Versicherungspflicht endet, wenn die übrigen Voraussetzungen für eine Familienversicherung erfüllt sind oder ein Anspruch auf Leistungen nach § 19 Absatz 2 besteht, sofern im Anschluss daran das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen wird. Hier könnte schon deshalb ein Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 SGB V bestehen, weil die Antragstellerin nach den von ihr im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorgelegten Gehaltsabrechnungen durch die Rahmenverträge vorhersehbar in jedem Monat des streitigen Zeitraums versicherungspflichtig für die Lebenshilfe gGmbH gearbeitet hat und damit – wenn auch zunächst nur für einzelne Tage - einen neuen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen hat.
b) Die Fortsetzung der gesetzlichen als freiwillige Krankenversicherung außerhalb der Beschäftigungszeiten bei der Lebenshilfe gGmbH dürfte jedoch jedenfalls deshalb ausgeschlossen sein, weil nach den von der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren vorgelegten Verträgen mit der Lebenshilfe gGmbH und den Gehaltsmitteilungen für den streitigen Zeitraum eine unständige Beschäftigung vorgelegen haben dürfte. Nach § 186 Abs. 2 Satz 1 SGB V beginnt die Mitgliedschaft unständig Beschäftigter mit dem Tag der Aufnahme der unständigen Beschäftigung, für die die zuständige Krankenkasse erstmalig Versicherungspflicht festgestellt hat, wenn die Feststellung innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung erfolgt, andernfalls mit dem Tag der Feststellung. Nach Satz 2 der Vorschrift besteht die Mitgliedschaft (als Versicherungspflichtige) auch an den Tagen fort, an denen der unständig Beschäftigte vorübergehend, längstens für drei Wochen nicht beschäftigt wird. Diese Regel über die Fortdauer der Versicherungspflicht (als unständig Beschäftigte) in der gesetzlichen Krankenversicherung würde hier voraussichtlich zu einer durchgehenden versicherungspflichtigen Mitgliedschaft der Antragstellerin in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung führen und ihre Belastung mit Beiträgen aus der freiwilligen Krankenversicherung ausschließen.
c) Nach § 232 Abs. 3 SGB V ist die Beschäftigung unständig, die auf weniger als eine Woche entweder nach der Natur der Sache befristet zu sein pflegt oder im Voraus durch den Arbeitsvertrag befristet ist. Nach den von der Antragstellerin vorgelegten Arbeitsverträgen für die Monate September und November 2015, Januar, Februar und Juni 2016 war sie berufsmäßig durch die im Voraus jeweils für den ganzen Kalendermonat abgeschlossenen Arbeitsverträge vertraglich nur an einzelnen Tagen beschäftigt, die keine zusammenhängende Beschäftigungszeit von mindestens einer Woche bildeten. Nur darauf kommt es für die Annahme einer unständigen Beschäftigung an, nicht dagegen auf die Tatsache, dass die Verträge für einen Kalendermonat geschlossen worden sind, weil es wertungsmäßig keinen Unterschied machen kann, ob für jeden Beschäftigungstag bzw. zusammenhängenden Beschäftigungszeitraum ein neuer Vertrag oder Monatsverträge abgeschlossen werden. Ob auch für die übrigen Monate Verträge vorliegen, die die gleichen rechtlichen Schlussfolgerungen zulassen, lässt sich auf der Grundlage der vorliegenden Verträge nicht klären. Der Senat hat jedoch davon abgesehen, deren Vorlage nachzufordern, weil die beigebrachten Verträge zusammen mit den Gehaltsbescheinigungen ein starkes Indiz bilden, dass für die übrigen Zeiträume aus den fehlenden Verträgen nichts anderes folgt. Die Aufklärung kann insoweit dem Hauptsacheverfahren (Widerspruchs-, ggf. Klageverfahren) vorbehalten werden.
d) Das Bestehen einer unständigen Beschäftigung im streitigen Zeitraum scheitert auch nicht daran, dass die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 186 Abs. 2 Satz 1 durch die Antragsgegnerin zu 1) (und damit der Beginn der versicherungspflichtigen Mitgliedschaft der Antragstellerin als unständig Beschäftigte) bisher nicht festgestellt werden kann. Sollte eine solche Feststellung als förmlicher Verwaltungsakt hier fehlen, könnte es nach dem Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 31. Mai 2000 ausreichen, dass die Antragsgegnerin zu 1) von der Aufnahme einer versicherungspflichtigen unständigen Beschäftigung durch die Meldung des Arbeitgebers oder der Antragstellerin (vgl. § 199 Abs. 1 Satz 1 SGB V) Kenntnis erhalten hat; als Tag der Feststellung i.S.d. § 186 Abs. 2 SGB V wäre dann der Tag anzusehen, an dem eine entsprechende Meldung bei der Krankenkasse eingegangen wäre. Denkbar wäre auch, die Feststellung über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu fingieren (so zu dem Problemkomplex überzeugend Ulmer in: Eichenhofer/v.Koppenfels-Spies/Wenner, SGB V, 3. Aufl. 2018, § 186 RdNr. 17). Auch hierzu können und müssen die erforderlichen Ermittlungen im Hauptsacheverfahren nachgeholt werden.
d) Schließlich scheitert die Annahme der unständigen Beschäftigung für den gesamten streitigen Zeitraum hier nicht von vornherein daran, dass die Antragstellerin z.T. in einzelnen Monaten nur gegen ein Entgelt von weniger als 450,00 EUR für die Lebenshilfe gGmbH gearbeitet hat (vgl. hierzu nochmals Ulmer a.a.O. RdNr. 15). Denn nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (SGB IV) liegt eine entgeltgeringfügige Beschäftigung nur dann vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 Euro nicht übersteigt. Die vom Gesetz geforderte Feststellung der Regelmäßigkeit ist nicht durch eine Ex-post-Betrachtung, sondern durch eine Prognose zu Beginn der Tätigkeit des Versicherungspflichtigen zu bestimmen, zumal es sich hier, belegt durch die Rahmenvereinbarungen für Aushilfskräfte, um eine für den Zeitraum vom 01. Mai 2015 bis zum 30. Juni 2016 bzw. 30. April 2017 geplante Vertragsbeziehung längerer Dauer gehandelt hat. Anhaltspunkte dafür, dass die Beschäftigung der Antragstellerin schon bei ihren Beginn als geringfügige geplant war, sind weder den Rahmenverträgen vom 26. Mai 2015 und 29. Mai 2016 zu entnehmen noch anderweitig ersichtlich. Dementsprechend überstieg das monatlich erzielte Einkommen der Antragstellerin in den Monaten Juli, November und Dezember 2015, März, Juli, August und Oktober 2016 die Grenze von 450,00 EUR.
4.) Die Antragsgegnerinnen werden im Widerspruchsverfahren nicht nur die vom Senat in diesem Beschluss genannten Aufklärungsmaßnahmen nachzuholen haben, sondern für den Fall, dass sie den Widerspruch gegen den angefochtenen Bescheid zurückweisen wollen, diesen auch dahin präzisieren müssen, welche Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für welchen Monat der streitigen Zeit verlangt werden und dies mit einer genauen Auflistung der Tage in der Beschäftigtenpflichtversicherung und in der ggf. angenommenen freiwilligen Versicherung begründen müssen. Nur dadurch würde der Bescheid bestimmt genug. Auch im Hinblick auf das Fehlen dieser hinreichenden Bestimmtheit des Bescheids sieht sich der Senat – abgesehen von den oben erörterten Gesichtspunkten - gehindert, die von der Antragstellerin begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs nur teilweise anzuordnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 07. Mai 2018 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig und begründet. Das Sozialgericht hat es rechtsfehlerhaft abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerinnen vom 01. März 2018 anzuordnen, mit dem diese die Antragstellerin für den Zeitraum vom Juli 2015 bis zum Dezember 2016 zu Beiträgen in Höhe von 2.045,68 EUR herangezogen haben.
1.) Der Antrag der Antragstellerin ist in Bezug auf die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zulässig, weil sie sich gegen die Festsetzung von Beiträgen richtet. Insofern hat er – abweichend vom Regelfall des § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG – gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG keine aufschiebende Wirkung.
2.) Der zulässige Antrag ist auch begründet. Inhalt der Begründetheitsprüfung ist eine – auf den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts – vorzunehmende Interessenabwägung, bei der unter Beachtung der vom Gesetzgeber getroffenen Grundentscheidung, den Eintritt der aufschiebenden Wirkung abweichend von dem in § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG geregelten Grundsatz nach § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG gerade auszuschließen, die jeweiligen Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen sind. Ergibt diese Abwägung, dass das private Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs das öffentliche Interesse der Antragsgegnerinnen an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides überwiegt, ist die aufschiebende Wirkung in aller Regel anzuordnen. Dies wiederum ist der Fall, wenn sich der angegriffene Bescheid als offensichtlich rechtswidrig erweist und dies mit einer subjektiven Rechtsverletzung der Belasteten einhergeht, weil an der sofortigen Vollziehung eines mit der Rechtsordnung nicht im Einklang stehenden Bescheides kein öffentliches Interesse besteht. Umgekehrt überwiegt das öffentliche Interesse der Antragsgegnerinnen an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides das private Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs, wenn gegen die Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides offensichtlich keine Bedenken bestehen. In diesem Fall ist die aufschiebende Wirkung in aller Regel nicht anzuordnen.
3.) Nach der übereinstimmenden Rechtsauffassung der Antragsgenerinnen und des Sozialgerichts ist Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides § 240 Sozialgesetzbuch / Fünftes Buch(SGB V). Nach § 240 Abs. 1 Satz 1 SGB V setzt die Heranziehung der Antragstellerin zu Beiträgen nach dieser Vorschrift voraus, dass sie in dem streitigen Zeitraum freiwilliges Mitglied der Antragsgegnerinnen gewesen ist. Daran bestehen jedoch erhebliche und hier durchgreifende Zweifel.
a) Zutreffend gehen die Antragsgegnerinnen im Ausgangspunkt ihrer rechtlichen Betrachtungen davon aus, dass die Antragstellerin in ihrer Tätigkeit und an den Tagen ihrer Arbeit für die Lebenshilfe gGmbH abhängig beschäftigt worden ist und damit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Elftes Buch (SGB XI) der gesetzlichen Versicherungspflicht in der Kranken- und sozialen Pflegeversicherung unterlag. Die weitere Annahme, dass sich die Versicherung der Antragstellerin an den Tagen des streitigen Zeitraumes, an denen sie die Lebenshilfe gGmbH nicht beschäftigte, nach § 188 Abs. 4 Satz 1 SGB V als freiwillige Versicherung fortgesetzt habe, ist jedoch nach dem dem Senat bekannten Sachverhalt nicht überzeugend. So erscheint nicht ausgeschlossen, dass auf die Antragstellerin § 188 Abs. 4 Satz 3 SGB V Anwendung findet. Danach gilt Satz 1 nicht für Personen, deren Versicherungspflicht endet, wenn die übrigen Voraussetzungen für eine Familienversicherung erfüllt sind oder ein Anspruch auf Leistungen nach § 19 Absatz 2 besteht, sofern im Anschluss daran das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen wird. Hier könnte schon deshalb ein Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 SGB V bestehen, weil die Antragstellerin nach den von ihr im vorläufigen Rechtsschutzverfahren vorgelegten Gehaltsabrechnungen durch die Rahmenverträge vorhersehbar in jedem Monat des streitigen Zeitraums versicherungspflichtig für die Lebenshilfe gGmbH gearbeitet hat und damit – wenn auch zunächst nur für einzelne Tage - einen neuen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen hat.
b) Die Fortsetzung der gesetzlichen als freiwillige Krankenversicherung außerhalb der Beschäftigungszeiten bei der Lebenshilfe gGmbH dürfte jedoch jedenfalls deshalb ausgeschlossen sein, weil nach den von der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren vorgelegten Verträgen mit der Lebenshilfe gGmbH und den Gehaltsmitteilungen für den streitigen Zeitraum eine unständige Beschäftigung vorgelegen haben dürfte. Nach § 186 Abs. 2 Satz 1 SGB V beginnt die Mitgliedschaft unständig Beschäftigter mit dem Tag der Aufnahme der unständigen Beschäftigung, für die die zuständige Krankenkasse erstmalig Versicherungspflicht festgestellt hat, wenn die Feststellung innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung erfolgt, andernfalls mit dem Tag der Feststellung. Nach Satz 2 der Vorschrift besteht die Mitgliedschaft (als Versicherungspflichtige) auch an den Tagen fort, an denen der unständig Beschäftigte vorübergehend, längstens für drei Wochen nicht beschäftigt wird. Diese Regel über die Fortdauer der Versicherungspflicht (als unständig Beschäftigte) in der gesetzlichen Krankenversicherung würde hier voraussichtlich zu einer durchgehenden versicherungspflichtigen Mitgliedschaft der Antragstellerin in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung führen und ihre Belastung mit Beiträgen aus der freiwilligen Krankenversicherung ausschließen.
c) Nach § 232 Abs. 3 SGB V ist die Beschäftigung unständig, die auf weniger als eine Woche entweder nach der Natur der Sache befristet zu sein pflegt oder im Voraus durch den Arbeitsvertrag befristet ist. Nach den von der Antragstellerin vorgelegten Arbeitsverträgen für die Monate September und November 2015, Januar, Februar und Juni 2016 war sie berufsmäßig durch die im Voraus jeweils für den ganzen Kalendermonat abgeschlossenen Arbeitsverträge vertraglich nur an einzelnen Tagen beschäftigt, die keine zusammenhängende Beschäftigungszeit von mindestens einer Woche bildeten. Nur darauf kommt es für die Annahme einer unständigen Beschäftigung an, nicht dagegen auf die Tatsache, dass die Verträge für einen Kalendermonat geschlossen worden sind, weil es wertungsmäßig keinen Unterschied machen kann, ob für jeden Beschäftigungstag bzw. zusammenhängenden Beschäftigungszeitraum ein neuer Vertrag oder Monatsverträge abgeschlossen werden. Ob auch für die übrigen Monate Verträge vorliegen, die die gleichen rechtlichen Schlussfolgerungen zulassen, lässt sich auf der Grundlage der vorliegenden Verträge nicht klären. Der Senat hat jedoch davon abgesehen, deren Vorlage nachzufordern, weil die beigebrachten Verträge zusammen mit den Gehaltsbescheinigungen ein starkes Indiz bilden, dass für die übrigen Zeiträume aus den fehlenden Verträgen nichts anderes folgt. Die Aufklärung kann insoweit dem Hauptsacheverfahren (Widerspruchs-, ggf. Klageverfahren) vorbehalten werden.
d) Das Bestehen einer unständigen Beschäftigung im streitigen Zeitraum scheitert auch nicht daran, dass die Feststellung der Versicherungspflicht nach § 186 Abs. 2 Satz 1 durch die Antragsgegnerin zu 1) (und damit der Beginn der versicherungspflichtigen Mitgliedschaft der Antragstellerin als unständig Beschäftigte) bisher nicht festgestellt werden kann. Sollte eine solche Feststellung als förmlicher Verwaltungsakt hier fehlen, könnte es nach dem Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 31. Mai 2000 ausreichen, dass die Antragsgegnerin zu 1) von der Aufnahme einer versicherungspflichtigen unständigen Beschäftigung durch die Meldung des Arbeitgebers oder der Antragstellerin (vgl. § 199 Abs. 1 Satz 1 SGB V) Kenntnis erhalten hat; als Tag der Feststellung i.S.d. § 186 Abs. 2 SGB V wäre dann der Tag anzusehen, an dem eine entsprechende Meldung bei der Krankenkasse eingegangen wäre. Denkbar wäre auch, die Feststellung über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu fingieren (so zu dem Problemkomplex überzeugend Ulmer in: Eichenhofer/v.Koppenfels-Spies/Wenner, SGB V, 3. Aufl. 2018, § 186 RdNr. 17). Auch hierzu können und müssen die erforderlichen Ermittlungen im Hauptsacheverfahren nachgeholt werden.
d) Schließlich scheitert die Annahme der unständigen Beschäftigung für den gesamten streitigen Zeitraum hier nicht von vornherein daran, dass die Antragstellerin z.T. in einzelnen Monaten nur gegen ein Entgelt von weniger als 450,00 EUR für die Lebenshilfe gGmbH gearbeitet hat (vgl. hierzu nochmals Ulmer a.a.O. RdNr. 15). Denn nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch/Viertes Buch (SGB IV) liegt eine entgeltgeringfügige Beschäftigung nur dann vor, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 450 Euro nicht übersteigt. Die vom Gesetz geforderte Feststellung der Regelmäßigkeit ist nicht durch eine Ex-post-Betrachtung, sondern durch eine Prognose zu Beginn der Tätigkeit des Versicherungspflichtigen zu bestimmen, zumal es sich hier, belegt durch die Rahmenvereinbarungen für Aushilfskräfte, um eine für den Zeitraum vom 01. Mai 2015 bis zum 30. Juni 2016 bzw. 30. April 2017 geplante Vertragsbeziehung längerer Dauer gehandelt hat. Anhaltspunkte dafür, dass die Beschäftigung der Antragstellerin schon bei ihren Beginn als geringfügige geplant war, sind weder den Rahmenverträgen vom 26. Mai 2015 und 29. Mai 2016 zu entnehmen noch anderweitig ersichtlich. Dementsprechend überstieg das monatlich erzielte Einkommen der Antragstellerin in den Monaten Juli, November und Dezember 2015, März, Juli, August und Oktober 2016 die Grenze von 450,00 EUR.
4.) Die Antragsgegnerinnen werden im Widerspruchsverfahren nicht nur die vom Senat in diesem Beschluss genannten Aufklärungsmaßnahmen nachzuholen haben, sondern für den Fall, dass sie den Widerspruch gegen den angefochtenen Bescheid zurückweisen wollen, diesen auch dahin präzisieren müssen, welche Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für welchen Monat der streitigen Zeit verlangt werden und dies mit einer genauen Auflistung der Tage in der Beschäftigtenpflichtversicherung und in der ggf. angenommenen freiwilligen Versicherung begründen müssen. Nur dadurch würde der Bescheid bestimmt genug. Auch im Hinblick auf das Fehlen dieser hinreichenden Bestimmtheit des Bescheids sieht sich der Senat – abgesehen von den oben erörterten Gesichtspunkten - gehindert, die von der Antragstellerin begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs nur teilweise anzuordnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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