L 2 R 332/16

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 6 R 54/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 2 R 332/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 304/17 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. September 2016 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung.

Der 1972 geborene Kläger ist verheiratet. Der Kläger und seine Ehefrau haben drei Kinder: C., geboren 2003, D., geboren 2006 und E., geboren 2009. Der Kläger sowie seine Ehefrau sind selbständige Rechtsanwälte und im Versorgungswerk der Rechtsanwälte Hessen versichert. Der Versicherungsverlauf des Klägers enthält 29 Monate Schulausbildung, 15 Monate Pflichtbeitragszeiten (Wehrdienst/Zivildienst) und 67 Monate Zeiten der Hochschulausbildung.

Im Juni 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung. Im Antrag gab der Kläger an, die Erziehung der drei gemeinsamen Kinder sei ohne Unterbrechung und gemeinsam mit dem anderen Elternteil erfolgt. Er und seine Ehefrau hätten ab September 2003 je 30 Stunden wöchentlich gearbeitet. Mit Bescheid vom 9. September 2011 stellte die Beklagte nach § 149 Abs. 5 Sozialgesetzbuch VI (SGB VI) fest, welche Daten im Versicherungsverlauf verbindlich seien. Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung seien nicht vorzumerken, weil eine übereinstimmende Erklärung zugunsten des Klägers nicht abgegeben worden sei und eine überwiegende Erziehung durch den Kläger nicht vorgelegen habe.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch, mit dem er erklärte, der Antrag auf Feststellung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung habe dazu dienen sollen, ihm als Vater die entsprechenden Zeiten zuzuordnen. Mit dem Widerspruch erklärte er zusammen mit seiner Ehefrau, dass die Kinder gemeinsam erzogen worden seien und noch erzogen würden. Sie bestimmten, dass die entsprechenden Erziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten dem Vater zuzuordnen seien. Das Widerspruchsschreiben wurde auch von der Ehefrau des Klägers unterzeichnet. Mit Bescheid vom 3. Januar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Grundsätzlich sei die Kindererziehungszeit dem Elternteil zuzuordnen, der das Kind überwiegend erzogen habe. Unabhängig vom Umfang der tatsächlichen Erziehung könnten gemeinsam erziehende Eltern allerdings durch Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung bestimmen, bei welchem Elternteil die Kindererziehungszeit anerkannt werden solle. Die Zuordnung der Erziehungszeiten sei für jedes Kind durch Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung der Eltern bei dem für sie zuständigen Rentenversicherungsträger oder bei einer in § 16 SGB I benannten Stelle zu beantragen. Die Erklärung müsse von der Mutter und dem Vater übereinstimmend abgegeben werden. Die Erklärung nur durch ein Elternteil sei nicht ausreichend. Auf die Gründe, warum ein Elternteil die Erklärung nicht abgeben wolle oder könne, komme es nicht an. Die übereinstimmende Erklärung der Eltern sei grundsätzlich mit Wirkung für künftige Kalendermonate abzugeben. Sie könne jedoch auch rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung erfolgen. Die übereinstimmende Erklärung könne grundsätzlich nur während der ersten 36 Kalendermonate nach dem Geburtsmonat wirksam abgegeben werden. Wegen der zweimonatigen Rückwirkung sei eine Erklärung für den 35. und 36 Kalendermonat allerdings auch noch im 37. bzw. 38. Monat möglich. Bei dieser Sachlage habe dem Widerspruch der Erfolg versagt bleiben müssen.

Gegen den Widerspruchsbescheid erhob der Kläger am 26. Januar 2012 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main. Er vertrat die Auffassung, die Rückwirkung der Erklärungen bezüglich der Kinder sei nicht auf zwei Kalendermonate beschränkt, da die Vorschrift des § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI über die Zuordnung zur Mutter, wenn keine Erklärung abgegeben werde, gegen Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes verstoße und damit verfassungswidrig sei. Die automatische Zuordnung zur Mutter benachteilige die Väter, ohne dass hierfür eine ausreichende Rechtfertigung vorliege. Die zweimonatige Frist sei verfassungsrechtlich unvertretbar, wenn eine übereinstimmende Erklärung vorliege, die nach Ablauf der Frist abgegeben worden sei. Hierdurch würden Männer massiv benachteiligt. Im Übrigen habe ihn die Beklagte nach § 14 SGB I darüber beraten müssen, dass die Eltern über die Zuordnung der Erziehungszeiten innerhalb einer bestimmten Frist entscheiden müssten. Eines konkreten Beratungsersuchens habe es vorliegend nicht bedurft. Er sei über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er richtig beraten worden wäre. Daher sei die übereinstimmende Erklärung der Eltern nunmehr ohne Einschränkung rückwirkend zu berücksichtigen.

Mit Urteil vom 5. September 2016 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 9. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2012, die Kindererziehungszeit für das Kind E. bei dem Kläger ab 1. April 2011 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen anzuerkennen. Im Übrigen wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es aus, Anspruchsgrundlage für die begehrte Vormerkung der Kindererziehungszeiten sei § 149 Abs. 5 Satz 1 SGB VI. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe der Kläger mit seiner Ehefrau bereits mit Antrag vom 8. Juni 2011 von ihrem Recht i.S.d. § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VI a.F. Gebrauch gemacht und eine übereinstimmende Erklärung dahingehend abgegeben, dass die Erziehungszeiten für die Kinder dem Kläger zuzuordnen seien. Aufgrund des Antrags vom 8. Juni 2011 seien die Kindererziehungszeiten für das Kind E., geboren 2009, ab 1. April 2011 zu berücksichtigen. Dagegen sei die Antragstellung in Bezug auf die Erziehungszeit für die Kinder C. und D. verfristet. Die Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung der gemeinsam erziehenden Eltern sei im Recht des § 56 Abs. 2 Satz 4 bis 6 SGB VI a.F. grundsätzlich nur mit Wirkung für künftige Kalendermonate und nur unter besonderen Voraussetzungen ausnahmsweise rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung vorgesehen. Die Erklärung könne nur so lange abgegeben werden, wie der vorletzte Kalendermonat der Kindererziehungszeit noch nicht abgelaufen sei. Die Erklärung vom 8. Juni 2011 könne demzufolge lediglich rückwirkend bis zum 1. April 2011 gelten. Zu diesem Zeitpunkt seien die 36 Kalendermonate für die Kinder C. und D. bereits abgelaufen gewesen. Selbst unter Berücksichtigung des Verlängerungstatbestandes des § 56 Abs. 5 Satz 2 SGB VI a.F. seien die Kindererziehungszeiten für die ersten beiden Kinder des Klägers zum Zeitpunkt der Antragstellung bzw. aus einer möglichen Rückwirkung von bis zu zwei Monaten abgelaufen. Auf die Verfassungswidrigkeit des § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI a.F. sei es nicht angekommen, da die teilweise Klageabweisung aufgrund des Zeitpunkts der Antragstellung erfolgt sei.

Mit seiner am 7. November 2016 eingelegten Berufung richtet sich der Kläger gegen das ihm am 13. Oktober 2016 zugestellte Urteil. Zur Begründung seiner Berufung hat der Kläger vorgetragen, noch vor der Geburt des ersten Kindes habe er sich mit den rentenversicherungspflichtigen Auswirkungen beschäftigt und festgestellt, dass die Satzung des Versorgungswerkes vorsehe, dass der leiblichen Mutter automatisch mit der Geburt ein Beitragsjahr gutgeschrieben werde, soweit die Mutter selbst Mitglied des Versorgungswerkes sei. In der gesetzlichen Rentenversicherung hätten von der Rentenversicherungspflicht befreite Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke keine Rentenversicherungszeiten aufgrund der Geburt erhalten können. Von Seiten der Rentenversicherung habe er zu keinem Zeitpunkt Informationsschreiben zu Kindererziehungszeiten erhalten. Im Jahre 2011 habe er erfahren, dass das Bundessozialgericht im Jahre 2008 die Verwaltungspraxis der Beklagten für rechtswidrig erklärt habe und die Beklagte trotz der Mitgliedschaft in einem Versorgungswerk Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten vormerken müsse. Obwohl die Beklagte von allen drei Kindern gewusst habe, habe sie ihn oder seine Ehefrau nicht über eine nunmehr mögliche Vormerkung informiert. Weil die Beklagte erst seit 2008 bereit sei, Kindererziehungszeiten vorzumerken, und deshalb frühere Anträge abschlägig beschieden worden wären, könne es auf die Antragstellung im Juni 2011 nicht ankommen. Die Beklagte verhalte sich rechtsmissbräuchlich, wenn sie sich auf die Zweimonatsfrist berufe. Auf die vermeintlich verspätete Antragstellung könne überhaupt nur abgestellt werden, wenn die automatische Zuordnung zur Mutter verfassungsgemäß sei. Dies sei allerdings nicht der Fall. Eine verfassungskonforme gesetzliche Regelung über eine automatische Zuordnung von Kindererziehungszeiten zur Mutter müsse folglich auf die Fälle beschränkt werden, in denen sich die Eltern zu einer anderweitigen Zuordnung nicht äußerten. Hätten sie sich aber erst für eine Zuordnung zum Vater entschieden, dürfe eine verfassungskonforme Regelung nicht vorsehen, dass auch nach der Entscheidung der Eltern über die Zuordnung zum Vater trotzdem noch eine Zuordnung zur Mutter erfolge.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 5. September 2016 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 9. September 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2012 zu verurteilen, Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die drei gemeinsamen Kinder (C., geboren 2003, D., geboren 2006 und E., geboren 2009) anzuerkennen und vorzumerken.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

Wegen der Einzelheiten im Übrigen wird auf die Gerichts- und Rentenakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Urteil zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf die Anerkennung und Vormerkung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die Kinder C. und D. und für das Kind E. vor dem 1. April 2011 hat.

Nach § 149 Abs. 5 SGB VI stellt der Versicherungsträger, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat, die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid (Vormerkungsbescheid) fest. Die hier streitigen Zeiten sind jedoch nicht vorzumerken.

Nach § 56 Abs. 1 SGB VI in der zur Zeit der Antragstellung gültigen Fassung vom 22. Juli 2009 sind Kindererziehungszeiten Zeiten der Erziehung eines Kindes in den ersten drei Lebensjahren. Für einen Elternteil wird eine Kindererziehungszeit angerechnet, wenn die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist, die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist. Ausgeschlossen von der Anrechnung sind dabei nach § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI u.a. Elternteile, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter aufgrund der Erziehung erworben haben und diese nach den für sie geltenden besonderen Versorgungsregelungen systembezogen annähernd gleichwertig berücksichtigt wird wie die Kindererziehung nach dem SGB VI.

Der seit März 2003 als selbständiger Rechtsanwalt tätige Kläger gehört nach § 56 Abs. 4 Nr. 3 SGB VI nicht zu dem ausgeschlossenen Personenkreis, weil Zeiten der Kindererziehung im berufsständischen Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Land Hessen nach den Maßstäben der Leistungserbringung dieses Systems nicht annähernd gleichwertig wie in der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt werden (Urteil des erkennenden Senats vom 19. Juni 2007, L 2 R 366/05 ZVW). Gleichwohl können ihm die streitigen Erziehungszeiten nicht zugeordnet werden. Denn unter § 56 Abs. 2 SGB VI ist geregelt, dass eine Erziehungszeit grundsätzlich dem Elternteil zuzuordnen ist, der sein Kind erzogen hat. Haben mehrere Elternteile das Kind gemeinsam erzogen, wird die Erziehungszeit einem Elternteil zugeordnet. Dabei können die Eltern bei gemeinsamer Erziehung durch eine übereinstimmende Erklärung bestimmen, welchem Elternteil sie zuordnen ist. Die Erklärung ist mit Wirkung für künftige Kalendermonate abzugeben. Die Zuordnung kann grundsätzlich rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung erfolgen. Haben die Eltern keine gemeinsame Erklärung abgegeben, wird die Erziehungszeit der Mutter zugeordnet (§ 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI).

Vorliegend fehlt es an einer rechtzeitigen übereinstimmenden Erklärung über die Zuordnung der streitigen Kindererziehungszeiten im Zeitraum von der Geburt des ersten Kindes im September 2003 bis März 2011. Denn der Kläger beantragte erstmals im Juni 2011 die Anerkennung von Kindererziehungszeiten für seine drei Kinder und legte im Widerspruchsverfahren gegen den ablehnenden Bescheid die übereinstimmende Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungszeiten vor. Eine rückwirkende Zuordnung der Kindererziehungszeiten zum Kläger kommt demzufolge für die Zeit vor April 2011 nicht in Betracht.

Eine Verfassungswidrigkeit des 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI vermag der Senat nicht zu erkennen. Ausgehend von der gemeinsamen Elternverantwortung geht das Gesetz davon aus, dass sich die einverständlich zusammenwirkenden Eltern auch darüber einig werden, ob sie das Kind gemeinschaftlich erziehen und wer von ihnen dann versichert sein soll. Nur für den Fall des Fehlens einer solchen Vereinbarung und der Nichtfeststellbarkeit einer überwiegenden Erziehung durch den Vater trifft das Gesetz in § 56 Abs. 2 Satz 8 SGB VI eine Auffangregelung, die der eigenständigen sozialen Sicherung der Frau Rechnung trägt. Eine Verletzung des Gleichberechtigungsgrundsatzes zu Lasten des Mannes ist darin nicht zu sehen (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2008 – B 13 R 131/07 R, m.w.H.).

Auch über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ist der Kläger nicht so zu stellen, als hätte er die Anerkennung und Vormerkung der streitigen Kindererziehungszeiten jeweils rechtzeitig beantragt und die übereinstimmende Erklärung über die Zuordnung der Zeiten rechtzeitig vorgelegt. Zum Tatbestand des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs gehört
a) Sozialrechtsverhältnis oder zumindest die Anbahnung eines solchen zwischen dem Leistungsträger und einem Berechtigten,
b) Verletzung einer Informations- oder Beratungspflicht durch den Leistungsträger,
c) Schaden beim Berechtigten,
d) ursächlicher Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden.

Als Rechtsfolge kommt die Vornahme einer zulässigen Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der Leistungsträger seine Pflichten erfüllt hätte und die Fehldisposition nicht geschehen wäre, in Betracht.

Ob zwischen dem seit 2003 in einer berufsständigen Versorgung versicherten Kläger und der Beklagten ab der Geburt des ersten Kindes ein Sozialrechtsverhältnis bestand, aus dem Informations- und Beratungspflichten der Beklagten folgten, ist bereits in Anbetracht der wenigen vorhandenen Versicherungszeiten des Klägers auf Grund von Wehrdienst/Zivildienst aus dessen vorberuflicher Zeit (1991/92) zweifelhaft. Jedenfalls ist die weitere Voraussetzung, die Verletzung einer Informations- und Beratungspflicht des Leistungsträgers nach § 115 Abs. 6 SGB VI, nicht gegeben. Zwar sollen die Träger der Rentenversicherung die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie dies beantragen. Die Vorschrift ist eine gesonderte Ausprägung der in den §§ 14 und 15 SGB I geregelten allgemeinen Hinweis- und Auskunftspflichten der Sozialleistungsträger. Diese Pflichten setzen aber ein entsprechendes Ersuchen des Versicherten voraus; eine Anfrage des Klägers bei der Beklagten betreffend die Zuordnung von Kindererziehungszeiten ist jedoch nicht belegt.

Ausnahmsweise besteht allerdings auch ohne Anfrage eine Hinweis- oder Beratungspflicht des Leistungsträgers, wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung eine naheliegende Gestaltungsmöglichkeit ersichtlich ist, die ein verständiger Versicherter wahrnehmen würde, wenn sie ihm bekannt wäre (BSG in SozR 3-2600 § 115 Nr. 2, 4 m.w.N.). § 115 Abs. 6 SGB VI bezweckt, Versicherte in bestimmten Fällen vor den Nachteilen des Antragsprinzips zu bewahren. Auch ohne konkreten Anlass besteht deshalb die Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers zur Beratung, sobald es diesem möglich ist zu erkennen, dass ein Versicherter einen Antrag aus Unwissenheit nicht stellt, die Antragstellung in der Regel jedoch für ihn günstig wäre. Dies gilt nur, wenn die Zugehörigen zu einer derartigen Gruppe jedenfalls als Fallgruppe bestimmbar sind. Dann steht ihnen ein subjektiv-öffentliches Recht auf Erteilung eines solchen Hinweises ohne Anfrage zu (BSG in SozR 3 – 2600 § 115 Nr. 2). Im Falle des Klägers war für die Beklagte weder im Jahre 2003 noch in der Folgezeit zu erkennen, dass eine Zuordnung von Kindererziehungszeiten zum nicht rentenversicherungspflichtigen oder ausdrücklich von der Rentenversicherungspflicht befreiten Kläger bei jeweils fristgerechter Vorlage der notwendigen übereinstimmenden Erklärung über die Zuordnung der Kindererziehungszeiten möglich sein könnte. Ohne konkrete Anfrage des Klägers und Prüfung des Einzelfalles bestand für die Beklagten keinerlei Veranlassung, den Kläger über die Möglichkeit der Zuordnung von Kindererziehungszeiten zum Vater zu beraten, so dass ein Herstellungsanspruch wegen fehlender oder fehlerhafter Beratung ausscheidet.

Die Vormerkung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung scheidet vorliegend ebenfalls aus. Nach § 57 SGB VI sind Zeiten der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem zehnten Lebensjahres bei dem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit vorliegen. Dies gilt für Zeiten einer mehr als geringfügig ausgeübten selbständigen Tätigkeit nur, soweit diese Zeiten auch Pflichtbeitragszeiten sind (§ 57 Satz 2 SGB VI). Diese Voraussetzungen liegen im Falle des Klägers nicht vor. Unabhängig davon, dass eine überwiegende Erziehung durch den Kläger nicht geltend gemacht und eine übereinstimmende Erklärung zu Gunsten des Klägers nicht fristgemäß abgegeben worden war, war der Kläger nach eigenen Angaben seit September 2003 wöchentlich 30 Stunden und damit mehr als geringfügig berufstätig, entrichtete jedoch keine Pflichtbeiträge.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil es an den Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG fehlt.
Rechtskraft
Aus
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