Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 687/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 195/18 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des Regelbedarfs.
Der Kläger bezieht laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von der Beklagten. Mit Bescheid vom 11.11.2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit von Dezember 2016 bis Januar 2017 Alg II unter Zugrundelegung eines Regelbedarfs von monatlich 404,00 Euro. Ohne einen entsprechenden Änderungsbescheid zu erlassen, berücksichtigte die Beklagte für Januar 2017 den erhöhten Regelbedarf von 409,00 Euro und zahlte dementsprechend Alg II aus.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, weil er meinte, die Erhöhung der Regelsätze ab dem 01.01.2016 sei nicht verfassungskonform. Bei der Berechnung hätte die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) aus dem Jahre 2013, die am 10.09.2015 veröffentlicht worden sei, einfließen müssen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.2017 als unbegründet zurück. Die Regelbedarfe seien nach den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften der RBSFV 2016 vom 22.10.2015, festgesetzt worden.
Der Kläger hat am 01.02.2017 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass der Gesetzgeber nicht berechtigt gewesen sei, die Regelleistungen ab Januar 2016 ohne Berücksichtigung der am 10.09.2015 veröffentlichten EVS 2013 Stichprobe festzusetzen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband habe errechnet, dass sich nach der EVS 2013 ein Regelsatz von 491,00 Euro ergebe.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Bescheid vom 11.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2017 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.12.2016 bis 31.01.2017 höheres Alg II unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs von 491,00 Euro monatlich zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann die Streitsache ohne mündliche Verhandlung gem. § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten vorher angehört wurden.
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Er hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen.
Dem Kläger sind seine Leistungen unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber ab dem 01.01.2016 festgelegten Regelsatzes bewilligt worden.
Der Regelbedarf von monatlich 404,00 Euro wurde gem. § 20 Abs. 5 Satz 1 SGB II i.V.m. § 28 a Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) mit einer Veränderungsrate von 1,24 Prozent fortgeschrieben. Die Fortschreibung erfolgte in zutreffender Weise, da bisher eine Neuermittlung des Regelbedarfs durch den Gesetzgeber nach § 28 SGB XII nicht erfolgt ist. Eine Neuermittlung des Regelbedarfs zum 01.01.2016 musste nicht erfolgen. Das Gesetz sieht keinen festen Zeitpunkt für die Neufestsetzung der Regelbedarfsstufen vor (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 21.07.2016 – L 18 AS 405/16 B, Rn. 17, juris). Der Gesetzgeber hatte nicht genügend Zeit, die EVS 2013 bei den Regelleistungen ab Januar 2016 zu berücksichtigen, zumal die Regelsätze ab dem 01.01.2016 gem. § 20 Abs. 5 Satz 3 SGB II spätestens am 01.11.2015 bekannt zu geben waren. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Neuermittlung durch den Gesetzgeber oder die am Ermittlungsverfahren beteiligten Behörden verschleppt worden ist. Zwar sind die Ergebnisse der EVS 2013 vom Statistischen Bundesamt am 10.09.2015 veröffentlicht worden. Bei der Umsetzung des § 28 Abs. 1 SGB XII durch den Gesetzgeber ist jedoch zu berücksichtigen, dass für eine Neuermittlung der Regelbedarfe nicht nur die Ergebnisse der neuen EVS zu berücksichtigen sind. Es sind weitere Erhebungen erforderlich und auch das Gesetzgebungsverfahren benötigt eine gewisse Zeit. Vor der Durchführung des Gesetzgebungsverfahrens nach § 28 Abs. 1 SGB XII sind gem. § 28 Abs. 3 SGB XII auf Grundlage der EVS zunächst noch umfangreiche Sonderauswertungen durchzuführen. Aus diesen Umständen ergibt sich nachvollziehbar, weshalb die Neuermittlung des Regelbedarfs aus der EVS 2013 bislang noch nicht zum Abschluss gebracht werden konnte (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.12.2016 – L 19 AS 2235/16 B, Rn. 16, juris; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 21.07.2016 – L 18 AS 405/16 B, Rn. 17, juris).
Es gibt auch keinen Anhalt dafür, dass die Regelsätze ab Januar 2016 evident zu niedrig sind. Die Regelsatzhöhe für 2011 hat das Bundesverfassungsgericht mit dem Grundgesetz für vereinbar erklärt. Nach den Ermittlungen des Statistischen Bundesamtes ist der Preisindex von Januar 2011 bis Januar 2016 von 100,7 auf 106,1 gestiegen. Die Preissteigerung betrug in dieser Zeit demnach 5,36 Prozent. Der Regelsatz ist in dieser Zeit von 364,00 Euro auf 404,00 Euro, also um 10,99 Prozent, gestiegen.
Für Januar 2017 ergibt sich keine abweichende Beurteilung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die gem. § 144 SGG ausgeschlossene Berufung zuzulassen, lagen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe des Regelbedarfs.
Der Kläger bezieht laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von der Beklagten. Mit Bescheid vom 11.11.2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit von Dezember 2016 bis Januar 2017 Alg II unter Zugrundelegung eines Regelbedarfs von monatlich 404,00 Euro. Ohne einen entsprechenden Änderungsbescheid zu erlassen, berücksichtigte die Beklagte für Januar 2017 den erhöhten Regelbedarf von 409,00 Euro und zahlte dementsprechend Alg II aus.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein, weil er meinte, die Erhöhung der Regelsätze ab dem 01.01.2016 sei nicht verfassungskonform. Bei der Berechnung hätte die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) aus dem Jahre 2013, die am 10.09.2015 veröffentlicht worden sei, einfließen müssen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.2017 als unbegründet zurück. Die Regelbedarfe seien nach den maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften der RBSFV 2016 vom 22.10.2015, festgesetzt worden.
Der Kläger hat am 01.02.2017 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass der Gesetzgeber nicht berechtigt gewesen sei, die Regelleistungen ab Januar 2016 ohne Berücksichtigung der am 10.09.2015 veröffentlichten EVS 2013 Stichprobe festzusetzen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband habe errechnet, dass sich nach der EVS 2013 ein Regelsatz von 491,00 Euro ergebe.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Bescheid vom 11.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2017 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.12.2016 bis 31.01.2017 höheres Alg II unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs von 491,00 Euro monatlich zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann die Streitsache ohne mündliche Verhandlung gem. § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten vorher angehört wurden.
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG beschwert. Er hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen.
Dem Kläger sind seine Leistungen unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber ab dem 01.01.2016 festgelegten Regelsatzes bewilligt worden.
Der Regelbedarf von monatlich 404,00 Euro wurde gem. § 20 Abs. 5 Satz 1 SGB II i.V.m. § 28 a Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) mit einer Veränderungsrate von 1,24 Prozent fortgeschrieben. Die Fortschreibung erfolgte in zutreffender Weise, da bisher eine Neuermittlung des Regelbedarfs durch den Gesetzgeber nach § 28 SGB XII nicht erfolgt ist. Eine Neuermittlung des Regelbedarfs zum 01.01.2016 musste nicht erfolgen. Das Gesetz sieht keinen festen Zeitpunkt für die Neufestsetzung der Regelbedarfsstufen vor (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 21.07.2016 – L 18 AS 405/16 B, Rn. 17, juris). Der Gesetzgeber hatte nicht genügend Zeit, die EVS 2013 bei den Regelleistungen ab Januar 2016 zu berücksichtigen, zumal die Regelsätze ab dem 01.01.2016 gem. § 20 Abs. 5 Satz 3 SGB II spätestens am 01.11.2015 bekannt zu geben waren. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Neuermittlung durch den Gesetzgeber oder die am Ermittlungsverfahren beteiligten Behörden verschleppt worden ist. Zwar sind die Ergebnisse der EVS 2013 vom Statistischen Bundesamt am 10.09.2015 veröffentlicht worden. Bei der Umsetzung des § 28 Abs. 1 SGB XII durch den Gesetzgeber ist jedoch zu berücksichtigen, dass für eine Neuermittlung der Regelbedarfe nicht nur die Ergebnisse der neuen EVS zu berücksichtigen sind. Es sind weitere Erhebungen erforderlich und auch das Gesetzgebungsverfahren benötigt eine gewisse Zeit. Vor der Durchführung des Gesetzgebungsverfahrens nach § 28 Abs. 1 SGB XII sind gem. § 28 Abs. 3 SGB XII auf Grundlage der EVS zunächst noch umfangreiche Sonderauswertungen durchzuführen. Aus diesen Umständen ergibt sich nachvollziehbar, weshalb die Neuermittlung des Regelbedarfs aus der EVS 2013 bislang noch nicht zum Abschluss gebracht werden konnte (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.12.2016 – L 19 AS 2235/16 B, Rn. 16, juris; Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 21.07.2016 – L 18 AS 405/16 B, Rn. 17, juris).
Es gibt auch keinen Anhalt dafür, dass die Regelsätze ab Januar 2016 evident zu niedrig sind. Die Regelsatzhöhe für 2011 hat das Bundesverfassungsgericht mit dem Grundgesetz für vereinbar erklärt. Nach den Ermittlungen des Statistischen Bundesamtes ist der Preisindex von Januar 2011 bis Januar 2016 von 100,7 auf 106,1 gestiegen. Die Preissteigerung betrug in dieser Zeit demnach 5,36 Prozent. Der Regelsatz ist in dieser Zeit von 364,00 Euro auf 404,00 Euro, also um 10,99 Prozent, gestiegen.
Für Januar 2017 ergibt sich keine abweichende Beurteilung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die gem. § 144 SGG ausgeschlossene Berufung zuzulassen, lagen nicht vor.
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