L 18 AL 69/16 ZVW

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 19 AL 91/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 69/16 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 6. Februar 2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe.

Der 1983 geborene Kläger stand vom 8. Februar 2011 bis zum 27. April 2011 aufgrund des Arbeitsvertrages vom 7. Februar 2011 in einem Beschäftigungsverhältnis als Kommissionierer bei der R GmbH (Arbeitgeberin) in Th. Er meldete sich bei der Beklagten am 2. Mai 2011 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Die Arbeitgeberin hatte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 26. April 2011 wegen unentschuldigten Fehlens des Klägers am 26. April 2011 zum 27. April 2011 unter Hinweis auf die Abmahnungen vom 21. März 2011 und 28. März 2011 gekündigt. Der Kläger erklärte hierzu am 1. Juni 2011, er sei mit der Kündigung nicht einverstanden, weil er sich nicht arbeitsvertragswidrig verhalten habe. Er sei mangels Führerscheins und öffentlicher Verkehrsverbindungen auf eine Fahrgemeinschaft angewiesen gewesen, um den Arbeitsort zu erreichen. Der Fahrer habe sich an den Tagen, die den Abmahnungen zugrunde lagen, krank gemeldet bzw. sei kurzfristig verhindert gewesen.

Die Beklagte stellte nach Anhörung den Eintritt einer Sperrzeit vom 28. April 2011 bis zum 20. Juli 2011 sowie die Minderung des Anspruchs auf Alg um 84 Tage fest (Bescheid vom 23. Juni 2011, Widerspruchsbescheid vom 5. März 2012). Das Beschäftigungsverhältnis sei von der Arbeitgeberin wegen vertragswidrigen Verhaltens des Klägers gelöst worden, nachdem der Kläger trotz mehrmaliger Abmahnungen wiederholt zu spät zur Arbeit erschienen sei. Die Einhaltung der vertraglichen Arbeitszeit sei eine der arbeitsvertraglichen Hauptpflichten. Der Kläger hätte geeignete Maßnahmen ergreifen müssen, um für die Zukunft eine Verspätung zu vermeiden. Ein wichtiger Grund für die zumindest grob fahrlässige Herbeiführung der Arbeitslosigkeit sei nicht erkennbar; ihm sei ein vertragsgemäßes Verhalten zumutbar gewesen. Ein Sachverhalt, der eine Verkürzung der Sperrzeit von 12 Wochen zulasse, liege nicht vor. Die Dauer des Alg-Anspruchs mindere sich um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe. Mit Bescheid vom selben Tag bewilligte sie dem Kläger Alg für die Zeit ab 2. Mai 2011 für eine Anspruchsdauer von 240 Tagen und einem täglichen Bemessungsentgelt von 26,52 EUR und wies für den Zeitraum vom 2. Mai 2011 bis 20. Juli 2011 einem Zahlbetrag von 0 EUR aus.

Seine nachfolgende Anfechtungsklage "wegen Grundsicherung nach dem SGB II", ausdrücklich gerichtet allein gegen den Sperrzeitbescheid vom 23. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2012, hat das Sozialgericht Cottbus (SG) mit Gerichtsbescheid vom 6. Februar 2013 abgewiesen. Der Kläger habe durch wiederholtes Zuspätkommen Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben. Ein wichtiger Grund sei weder ersichtlich noch vorgebracht worden. Der Beginn der Sperrzeit und die Minderungsfolgen bezüglich der Alg-Anspruchsdauer seien zutreffend festgestellt worden.

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) hat mit Urteil vom 10. November 2015 – L 29 AL 68/13 – die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Das Bundessozialgericht (BSG) hat auf die Beschwerde des Klägers mit Beschluss vom 17. März 2016 – B 11 AL 6/16 B – das Urteil des LSG aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen. Das LSG habe sein Urteil auf Tatsachen und Ergebnisse gestützt, zu denen sich der Kläger nicht habe äußern können. Das Urteil könne auf diesem Mangel beruhen. Das LSG habe den Kläger nicht nur nicht auf die Umstände hingewiesen, die die Zweifel an Urheberschaft oder Verbreitungswillen des Bevollmächtigten begründeten, es habe auch auf die Quellen seiner Erkenntnisse nicht hingewiesen und diese nicht in den Rechtstreit eingeführt.

Im zwischenzeitlich an den erkennenden Senat abgegebenen Berufungsverfahren macht der Kläger geltend, er habe keinen Anlass zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber gegeben. Er bestreite, mehrfach verspätet zur Arbeit erschienen zu sein. Soweit er zu spät gewesen sei, treffe ihn kein Verschulden. Er sei auf Mitfahrgelegenheiten angewiesen gewesen. Dies sei der Arbeitgeberin schon zu Beginn des Arbeitsverhältnisses bekannt gewesen. Die Abmahnungen vom 21. und 28. März 2011 seien zu unbestimmt und damit unwirksam. Sein Arbeitsvertrag regelte keine konkrete Arbeitszeit. Dass die Arbeitgeberin aufgrund der kurzen Beschäftigungszeit das Recht gehabt habe, ohne Angabe eines Grundes zu kündigen, könne ihm nicht "doppelt" im Wege der Sperrzeit zur Last gelegt werden. Insofern habe er auch Anspruch auf Alg bis 20. Juli 2011.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 6. Februar 2013 und den Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 23. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bewilligungsbescheides vom 23. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2012 zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 28. April 2011 bis 20. Juli 2011 Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ergänzt, der Kläger sei selbst für pünktliches Erscheinen zur Arbeit verantwortlich. Er hätte entsprechende Vorsorge für das Erreichen des Arbeitsplatzes treffen müssen. Mit dem Arbeitsvertrag sei er darauf hingewiesen worden, dass die Arbeitgeberin wegen der Art der Dienstleistung insbesondere Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit von den Mitarbeitern erwarte.

Die Gerichtsakten, die Gerichtsakten des BSG – B 11 AL 6/16 B –, die Leistungsakten der Beklagten und die Leistungsakten des Jobcenters Oberspreewald-Lausitz haben vorgelegen und sind, soweit erforderlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die mit Erreichen des Mindestbeschwerdewerts nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte (Alg i.H.v. 12,57 EUR täglich x 84 Tage) und auch im Übrigen zulässige (vgl. § 158 SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet.

Streitgegenstand sind sowohl der ausdrücklich angefochtene Bescheid vom 23. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2012 hinsichtlich des Eintritts einer Sperrzeit sowie der Minderung der Anspruchsdauer für die Zeit des Ruhens als auch der Bescheid über die Bewilligung von Alg vom selben Tag, die eine einheitliche rechtliche Regelung im Sinne einer Bescheideinheit bilden (stRspr. BSG, vgl. nur Urteile vom 5. August 1999 – B 7 AL 14/99 R – juris Rn. 14 sowie vom 9. Februar 2006 – B 7a//AL 48/04 R – juris Rn. 5 m.w.N.), deren Aufspaltung auf mehrere Verfahren nicht in Betracht kommt.

Der Kläger hat für die Zeit vom 28. April 2011 bis 20. Juli 2011 keinen Anspruch auf Alg (vgl. §§ 118 ff. SGB III i.d.F. des Gesetzes vom 24. März 1997 – a.F. –, BGBl. I S. 594). Ein Anspruch auf Alg für die Zeit vom 28. April bis 1. Mai 2011 scheidet bereits wegen fehlender persönlicher Arbeitslosmeldung aus, die tatbestandliche Voraussetzung für einen Anspruch auf Alg ist und erst am 2. Mai 2011 erfolgte (vgl. § 122 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F.). Einem Zahlungsanspruch auf Alg für die sich anschließende Zeit vom 2. Mai 2011 bis 20. Juli 2011 steht eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe i.S.v. § 144 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 1 SGB III a.F. entgegen, die für diesen Zeitraum das Ruhen des Alg-Anspruchs zur Folge hat. Hiernach ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn sich der Arbeitnehmer, wie der Kläger, versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben (§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F.). Versicherungswidriges Verhalten liegt nach Satz 2 Nr. 1 der Vorschrift vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe). Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet (§ 144 Abs. 2 SGB III a.F.) – hier mithin am 28. April 2011 – und beträgt bei Arbeitsaufgabe zwölf Wochen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III a.F.). Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Der Kläger hat durch sein verspätetes Erscheinen zur Arbeit am 21. März 2011 und sein unentschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit am 27. März 2011 und 26. April 2011 seine Arbeitslosigkeit ab dem 28. April 2011 zumindest grob fahrlässig herbeigeführt, indem er durch arbeitsvertragswidriges Verhalten die arbeitgeberseitige Kündigung innerhalb der Probezeit veranlasst hat. Die ersten sechs Monate des Beschäftigungsverhältnisses galten ausweislich des Arbeitsvertrages vom 7. Februar 2011 als Probezeit mit dem Recht der Arbeitgeberin zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund. Nach § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – innerhalb der Probezeit des Klägers von zwei Wochen – nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich" und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (vgl. Bundesarbeitsgericht (BAG), Urteil vom 17. März 2016 – 2 AZR 110/15 – juris Rn. 17; Urteil vom 16. Juli 2015 – 2 AZR 85/15 – juris Rn. 21). Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt einen Verstoß des Arbeitnehmers gegen vertragliche Haupt und Nebenpflichten voraus. Dazu zählen sowohl die absichtliche Nicht- oder Schlechtleistung als auch die Verletzung sonstiger Obliegenheiten, die sich aus Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarungen ergeben können. Das vertragswidrige Verhalten muss so schwerwiegend sein, dass es geeignet ist, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (fristlos oder fristgerecht) zu rechtfertigen. Es hat dabei eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Zu berücksichtigen sind regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Vertragspartners, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Kündigenden sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein "schonenderes" Gestaltungsmittel – etwa Abmahnung oder ordentliche Kündigung – gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses – zu erreichen (vgl. BAG, Urteil vom 22. Oktober 2015 – 2 AZR 569/14 – juris Rn. 46 m.w.N. zur Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung des Arbeitgebers wegen Arbeitsverweigerung; BSG, Urteil vom 25. April 1990 – 7 RAr 106/89 – juris). Dabei kommt es nicht darauf an, worauf der Arbeitgeber die Kündigung im Einzelfall gestützt hat (vgl. BSG, Urteil vom 6. März 2003 – B 11 AL 69/02 – juris Rn. 17). Ist eine fristlose Kündigung unwirksam, ist zu prüfen, ob das Verhalten des Arbeitnehmers eine ordentliche fristgemäße Kündigung rechtfertigt; in diesem Fall tritt eine Sperrzeit erst mit Ablauf der Kündigungsfrist ein (vgl. BSG, a.a.O. Rn. 22). Ein früherer Eintritt der Arbeitslosigkeit wäre dann nicht durch das Verhalten des Arbeitsnehmers verursacht, leistungsrechtlich wäre die festgestellte Sperrzeit unmittelbar nur erheblich, soweit sie den Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist betrifft. Zu beachten ist, dass die außerordentliche Kündigung im Arbeitsverhältnis die schärfste und einschneidendste Sanktion ist. Denn die außerordentliche Kündigung führt zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und belastet den Arbeitnehmer – schon durch das regelmäßig ungerade Beendigungsdatum – dauerhaft und jederzeit erkennbar für sein ganzes weiteres Berufsleben mit dem Makel, fristlos aus einem Arbeitsverhältnis entlassen worden zu sein. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut kommt eine außerordentliche Kündigung deshalb nur in Betracht, wenn das Fehlverhalten so gravierend ist, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch für den restlichen Lauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist. So liegt es hier.

Bei Anwendung dieser Maßstäbe war vorliegend ein ausreichender Grund für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses am 26. April 2011 zum 27. April 2011 durch die Arbeitgeberin gegeben. Denn der Kläger hat durch das unentschuldigte und eigenmächtige verspätete Erscheinen bzw. Nichterscheinen an seinem vertraglich zugewiesenen Einsatzort in Th seine unmittelbaren arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Eine Selbstbeurlaubung ist grundsätzlich geeignet, eine ordentliche und auch eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen (vgl. BAG, Urteil vom 16. März 2000 – 2 AZR 75/99 – juris). Nicht anders liegt es hier, indem der Kläger, wie am 27. März 2011 geschehen und er mit seiner Anhörung vom 1. Juni 2011 hinsichtlich der tatsächlichen Umstände eingeräumt hat, gar nicht zur Arbeit erschien, weil er seinen Angaben zufolge nach dem – wiederholten – Scheitern seiner Mitfahrgelegenheit meinte, sich um eine anderweitige Beförderung zur Arbeit an jenem Tag nicht mehr kümmern zu können. Hiermit hat er seine Hauptpflicht zur Arbeitsleistung aus dem Beschäftigungsverhältnis verletzt, weil er von seiner Arbeitgeberin nicht wirksam – etwa durch die Gewährung eines Tages Urlaub oder einer Arbeitsbefreiung aus sonstigen Gründen – von der Pflicht zur Arbeitsleistung entbunden worden ist. Dass sich der Kläger unverzüglich bei seinem Vorarbeiter gemeldet habe, der indes kein Verständnis für sein Nichterscheinen gezeigt habe, rechtfertigt dieses Verhalten nicht. Lehnt ein Arbeitgeber etwa die Gewährung von Urlaub (§ 7 Bundesurlaubsgesetz) grundlos ab – wofür hier indes innerhalb der andauernden Probezeit des Klägers keine Anhaltspunkte bestehen –, kann der Arbeitnehmer im Wege der Leistungsklage oder eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung seine arbeitsrechtlichen Ansprüche durchsetzen. Ein Recht des Arbeitnehmers, sich selbst zu beurlauben oder von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung zu eigenmächtig befreien, ist angesichts des umfassenden Systems gerichtlichen Rechtsschutzes grundsätzlich abzulehnen (vgl. BAG a.a.O.; BAG, Urteil vom 22. Januar 1998 – 2 ABR 19/97 – juris; BAG, Urteil vom 20. Januar 1994 – 2 AZR 521/93 – juris). Insofern kann dahinstehen, ob die Einlassung des Klägers, der Vorarbeiter habe kein Verständnis für seine Situation gehabt, zugleich die Behauptung der konkludenten Ablehnung eines vermeintlichen Urlaubsverlangens bzw. einer Arbeitsbefreiung aus sonstigen Gründen (vgl. § 8 Satz 2 Nr. 1 des Arbeitsvertrages vom 7. Februar 2011) beinhaltet. Denn die Tatsache, dass der Kläger gleichwohl – trotz ausdrücklich bekundetem fehlenden Einverständnis der Arbeitgeberin – am 27. März 2011 nicht zur Arbeit erschien, wobei es weder der Beklagten noch dem Gericht obliegt, dem Kläger, wie er offenbar meint, geeignete Anreisemöglichkeiten zur Arbeit aufzuzeigen, stellte im Gegenteil sogar eine beharrliche und nicht zu entschuldigende Arbeitsverweigerung dar (vgl. BAG, Urteil vom 22. Januar 1998 – 2 ABR 19/97 – juris). Insofern kann sich der Kläger auch nicht auf eine etwaige Unwissenheit berufen, nachdem bereits ein früheres Arbeitsverhältnis außerordentlich wegen Arbeitsverweigerung arbeitgeberseitig gekündigt worden war (Kündigungsschreiben der h gmbh vom 7. Juli 2008), welches auch seinerzeit den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen zur Folge hatte. Der spätere Vortrag des Klägers, die ihm gegenüber ergangenen Abmahnungen seitens der Arbeitgeberin seien unwirksam, jene habe mit dem Arbeitsvertrag ohnehin gar keine konkreten Arbeitszeiten festgeschrieben, kann bei dieser Sachlage nur als Schutzbehauptung gewertet werden. Denn zum einen ergab sich aus dem zugrundeliegenden Arbeitsvertrag vom 7. Februar 2011 unschwer, dass die wöchentliche Arbeitszeit von mindestens 35 Stunden den Erfordernissen des jeweiligen Projekts angepasst und im Regelfall auf fünf Tage in der Woche verteilt sei, welches ein eigenmächtiges Nichterscheinen offensichtlich nicht zur Disposition des Klägers stellte. Darüber hinaus hatte der Kläger mit der Arbeitgeberin ausweislich § 8 des Arbeitsvertrages im Hinblick auf die von jener erwartete Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit ihrer Mitarbeiter vereinbart, dass jede Arbeitsbefreiung der vorherigen Genehmigung seitens der Arbeitgeberin bedürfe. Eine solche war jedoch offensichtlich nicht erteilt worden.

Unter Berücksichtigung der vorgetragenen und aus den Akten ersichtlichen Gesamtumstände und nach Abwägung der beiderseitigen Interessen ist vorliegend festzustellen, dass eine fristlose Kündigung als Reaktion auf das vertragswidrige Verhalten des Klägers gerechtfertigt und es der Arbeitgeberin nicht zuzumuten war, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen, zumal es dem Kläger augenscheinlich auch an Einsichtsfähigkeit für seine uneingeschränkte Erbringung der Arbeitsleistung fehlte, wie sich – neben entsprechendem früheren Fehlverhalten – auch dadurch aufdrängt, dass er – vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten – unverändert darauf beharrt, ihn treffe, wenn seine Mitfahrgelegenheit an einzelnen Tagen ausfalle, am Nichterscheinen am Arbeitsplatz zumindest im Verhältnis zur Versichertengemeinschaft kein Verschulden und es obliege nicht ihm, etwaige Vorkehrungen hierfür zu treffen, um ein pünktliches Erscheinen zum Einsatzort sicherzustellen. Angesichts der sich hiermit zugleich aufdrängenden Wiederholungsgefahr war es der Arbeitgeberin auch nach objektiven Maßstäben unzumutbar, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil das Arbeitsverhältnis bereits wegen des wiederholten Fehlverhaltens, welches die – aus Sicht des Klägers indes unwirksamen – Abmahnungen zur Folge hatte, erheblich belastet war.

Durch die Kündigung war der Kläger ab dem 28. April 2011 beschäftigungslos. Diese Beschäftigungslosigkeit hat er zumindest grob fahrlässig herbeigeführt, ohne dass ihm ein wichtiger Grund für sein Verhalten zur Seite stand. Nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, soll eine Sperrzeit nur eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann (vgl. etwa BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007 – B 11a AL 51/06 R – juris). Ein wichtiger Grund für das Verhalten ist hier indes aus den vorstehenden Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, nicht ersichtlich.

Die Beklagte hat die Sperrzeit auch zutreffend festgestellt. Gemäß § 144 Abs. 2 SGB III a.F. beginnt die Sperrzeit mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, mithin vorliegend am 28. April 2011. Sie dauert nach § 144 Abs. 3 Satz 1 SGB III a.F. zwölf Wochen. Es sind keine Gründe vorgetragen oder ersichtlich, die zur Bejahung einer besonderen Härte und damit einer Verkürzung der Sperrzeit gemäß § 144 Abs. 3 Satz 2 SGB III a.F. führen könnten. Der Alg-Anspruch mindert sich um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe; in Fällen einer Sperrzeit von zwölf Wochen mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer, die dem Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung für den Anspruch auf Alg nach dem Ereignis, dass die Sperrzeit begründet, zusteht (vgl. § 128 Abs. 1 Nr. 4 SGB III a.F.). Die Dauer der Anspruchsminderung um 84 Tage ist hiernach nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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