L 18 AS 1084/18

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 17 AS 2661/14
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 1084/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Mai 2018 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Aufhebung bzw Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Meldeaufforderung des Beklagten.

Der 1978 geborene Kläger stand im Jahr 2014 im Leistungsbezug des Beklagten nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Mit Schreiben vom 18. August 2014 lud der Beklagte den Kläger zu einem Termin am 4. September 2014 ein ("Gespräch über berufliche Möglichkeiten"). Auf den Inhalt des Schreibens wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Zu diesem Termin erschien der Kläger nicht. Den Widerspruch gegen die Meldeaufforderung wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2014 zurück.

Die Klage hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt (Oder), soweit der Kläger die Aufhebung der Meldeaufforderung begehrt, wegen Zeitablaufs als unzulässig, im Übrigen als unbegründet abgewiesen, da die Meldeaufforderung rechtmäßig gewesen sei.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Auf seine Schriftsätze vom 11. Juni 2018, 26. Juli 2018 und 11. August 2018 und 24. Juli 2017 wird wegen der Einzelheiten seines Vorbringens Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. Mai 2018 und die Meldeaufforderung des Beklagten vom 18. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2014 aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass die Meldeaufforderung des Beklagten vom 18. August 2014 rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

II.

Die Berufung ist nicht statthaft und war deshalb nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu verwerfen (§ 158 Sätze 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden. Einer Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung stand nicht entgegen, dass sich die Berufung gegen einen Gerichtsbescheid richtet (vgl BSG, Beschluss vom 8. November 2005 – B 1 KR 76/05 B = SozR 4-1500 § 158 Nr 2). Denn der Kläger hat noch die durch Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Europäische Menschenrechtskonvention verbürgte Möglichkeit, beim SG einen Antrag auf mündliche Verhandlung nach § 105 Abs. 2 Satz 2 SGG zu stellen (vgl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage § 158 Rn 6 mwN; BSG, Beschluss vom 12. Juli 2012 – B 14 AS 31/12 B = SozR 4-1500 § 105 Nr 3). Angesichts der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung des SG gilt insoweit auch nicht die Jahresfrist des § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG, weil eine Belehrung iSv § 66 Abs. 2 Satz 1 Halbs 2 Alt. 2 SGG, dass ein Rechtsbehelf nicht gegeben sei, auch dann vorliegt, wenn die Belehrung anstelle des statthaften Rechtsbehelfs (hier Nichtzulassungsbeschwerde) einen anderen fristgebundenen Rechtsbehelf (hier Berufung) nennt (vgl BSG, Urteil vom 14. Dezember 2006 – B 4 RA 19/06 R = SozR 4-3250 § 14 Nr 3).

Die Berufung des Klägers ist zwar form- und fristgerecht eingelegt, aber nicht statthaft. Sie ist daher bereits unzulässig.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,- EUR (Nr. 1) oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000,- EUR (Nr. 2) nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2). Die Klage, die Gegenstand der Berufung ist, betrifft die Aufhebung bzw die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Meldeaufforderung vom 18. August 2014. Mit dem Bescheid hatte der Beklagte den Kläger zu einem Gespräch am 4. September 2014 eingeladen. Rechtlich handelte es sich damit um eine Meldeaufforderung nach § 59 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). Die Meldeaufforderung stellt einen Verwaltungsakt dar (vgl BSG, Urteil vom 29. April 2015 - B 14 AS 19/14 R – juris - mwN, Beschluss vom 19. Dezember 2011 - B 14 AS 146/11 B – juris). Es handelte sich bei der Meldeaufforderung um einen Verwaltungsakt, der auf Beratung, Information und Unterstützung des Klägers durch den Beklagten bei seiner Eingliederung in Arbeit und damit auf eine Dienstleistung gerichtet war.

Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt jedoch nicht 750,- EUR. Der Kläger will mit seiner Fortsetzungsfeststellungsklage sicherstellen, dass zukünftig keine ähnlich gelagerten Meldeaufforderungen des Beklagten mehr ergehen und er damit nicht der Gefahr einer Minderung seines Arbeitslosengeld (Alg) II-Anspruches nach § 32 SGB II ausgesetzt ist, falls er ihnen nicht Folge leistet. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers besteht im vorliegenden Rechtsstreit somit darin, zukünftig von den möglichen wirtschaftlichen Folgen des Nichterscheinens auf eine Meldeaufforderung des Beklagten hin verschont zu bleiben. Aus diesem Grund ist zur Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstands an die Höhe der nach § 32 Abs. 1 Satz 1 SGB II für den Fall, dass ein Leistungsberechtigter trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihm zu melden, nicht nachkommt, drohenden Minderung anzuknüpfen; diese beläuft sich vorliegend auf mtl 10vH des maßgeblichen Regelsatzes für drei Monate. Die gewählte Klageart ist für die Anwendung von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedeutungslos, wenn das Rechtsverhältnis - wie vorliegend - gleichwohl eine Geldleistung, nämlich die Gewährung von Arbeitslosengeld II, zum Gegenstand hat (vgl BSG, Beschluss vom 24. August 2017 – B 4 AS 223/17 B – juris; BSG, Beschluss vom 26. Juni 2018 – B 14 AS 431/17 B – juris). Selbst wenn das SG – wie hier – isoliert (nur) über die hier zur (möglichen) Minderung des Leistungsanspruchs führende konkrete Meldeaufforderung entscheidet, ist dies (nur) für den Leistungsanspruch des Klägers auf Alg II von Bedeutung und die Berufung auch in diesem Fall wegen des beschränkten Wertes des Streitgegenstandes nicht zulässig (vgl BSG aaO). Da die Klage auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, hätte die Berufung der Zulassung durch das SG bedurft. Das SG hat die Berufung indes nicht zugelassen, sondern dem Gerichtsbescheid eine – unzutreffende - Rechtsmittelbelehrung über die Möglichkeit der Anfechtung des Gerichtsbescheids mit Berufung beigefügt. Darin ist keine Zulassung der Berufung zu sehen (st Rspr des BSG, vgl zB BSG, Urteil vom 23. Juli 1998 - B 1 KR 24/96 R - juris). Die ebenfalls erhobene Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat bereits zurückgewiesen (Beschluss vom 18. September 2018 – L 18 AS 1515/18 NZB -).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl § 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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