L 12 U 3474/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 20 U 4939/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 U 3474/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11.09.2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten sind mehrere Leistungsbegehren im Zusammenhang mit den Folgen eines Arbeitsunfalls am 09.02.2011 streitig.

Der 1975 geborene Kläger war im Jahr 2011 bei der Firma R. GmbH beschäftigt und bei der Beklagten gesetzlich unfallversichert. Am 09.02.2011 erlitt der Kläger bei seiner Tätigkeit einen Unfall, als er sich das rechte Knie an einer Schraube stieß. Der behandelnde Durchgangsarzt diagnostizierte eine Knieprellung.

Mit Bescheid vom 13.04.2011 gewährte die Techniker Krankenkasse im Auftrag der Beklagten dem Kläger Verletztengeld für die Zeit vom 10.02.2011 bis 18.02.2011. Den hiergegen seitens des Klägers erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2011 zurück. Der Kläger sei bis 18.02.2011 arbeitsunfähig erkrankt gewesen, die Höhe des Verletztengeldes sei zutreffend berechnet worden. Die dagegen erhobene Klage (S 6 U 6118/12), Berufung (L 6 U 1311/13) und Nichtzulassungsbeschwerde waren erfolglos.

Mit Schreiben vom 06.06.2014 beantragte der (mittlerweile inhaftierte) Kläger für eine sachgerechte medizinische Versorgung zu sorgen. Sein Knie sei bis dato schmerzhaft. Der Durchgangsarzt habe einen falschen Befund erhoben. Dies sei aus einem MRT vom 25.02.2013 ersichtlich. Die Beklagte müsse ein Zusammenhangsgutachten veranlassen. Aufgrund des Behandlungsfehlers fordere er Schadensersatz in Höhe von 100,00 EUR pro Tag ab 09.02.2011.

Am 10.11.2017 hat der Kläger gegen die Beklagte, die Unfallkasse Baden-Württemberg, die Deutsche Rentenversicherung Bund und den Ortenaukreis mit diversen Leistungsanträgen im Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 09.02.2011 Klage zum Sozialgericht Ulm (S 1 U 3360/17) erhoben.

Mit Beschluss vom 13.12.2017 hat das Sozialgericht Ulm sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit gegen die hiesige Beklagte an das Sozialgericht Freiburg (SG) verwiesen.

Der Kläger hat vorgetragen, seit einem bei der Beklagten versicherten Unfall im Jahr 2011 sei das rechte Knie kaputt; der Knorpel sei weg, die unbehandelten Bänder falsch zusammengewachsen und die Menisken dauernd entzündet und verletzt. Seit dem bei der Unfallkasse versicherten Unfall im Jahr 2013 sei die linke Schulter dauerhaft kaputt. Er leide unter aktiver Arthrose und dauerhaft verletzten Sehnen. Dr. T. habe ihm zwar bescheinigt, er sei "völliger Geisteskrankheit verfallen", insoweit sei aber auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12.02.2015 (B 10 ÜG 8/14 B) zu verweisen. Die Beklagten hätten mit primitivsten Schutzbehauptungen jegliche Ansprüche streitig gestellt. Er könne sich vor Schmerzen nicht mehr bewegen und sei seit April 2017 durchgängig krankgeschrieben. Von der JVA erhalte er nur wahllos Schmerzmittel. Im besten Fall gebe es seit Ende Juli 2017 ein Mal pro Woche 10 Minuten Physiotherapie. Mit medizinischer Versorgung habe das nichts zu tun.

Die Beklagte hat erwidert, die Klage sei mangels Verwaltungsakt bereits unzulässig. Daraufhin forderte das SG den Kläger mit Schreiben vom 29.03.2018 auf, die angefochtenen Bescheide vorzulegen, verbunden mit dem Hinweis, dass, sollten solche Bescheide nicht existieren, die Klage unzulässig sein dürfte. Trotz Erinnerung am 06.06.2018 teilte der Kläger lediglich mit, dass die Anträge in der Klage benannt seien und sich in der Leistungsakte befänden.

Mit Schreiben vom 17.07.2018 hat das SG die Beteiligten zu einer beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.

Mit Gerichtsbescheid vom 11.09.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig. Für eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage fehle es bereits an einem anfechtbaren Verwaltungsakt. Zudem sei ein Vorverfahren durchzuführen. Über den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und Gewährung von Heilbehandlungen sei nicht entscheiden worden.

Gegen den ihm am 13.09.2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 18.09.2018 Berufung beim SG Freiburg eingelegt. Die Klage sei sichtbar zulässig. Die unzulässige Überraschungsentscheidung müsse daher zur Zurückverweisung an das SG führen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 11.09.2018 aufzuheben und den Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der sechs Bände Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte die Streitsache in der Besetzung, wie sie der Geschäftsverteilungsplan des Landessozialgerichts vorsieht, entscheiden, obwohl der Kläger die Berufsrichter des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat. Es bedurfte vor der Entscheidung über die Berufung keiner förmlichen Entscheidung über das Ablehnungsgesuch; vielmehr konnte der Senat hierüber zugleich mit der Entscheidung in der Hauptsache befinden (vgl. dazu Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 16.02.2001 – B 11 AL 19/01 BSozSich 2003, 397; Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 14.06.2005 – 6 C 11/05 – juris; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.01.2009 – L 13 AS 5628/08 – nicht veröffentlicht), weil der Kläger sein Ablehnungsrecht missbraucht hat und sein Antrag damit unzulässig war.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet.

Eine Zurückverweisung an das SG kommt nicht in Betracht. Unabhängig von der Frage, ob im Fall einer Überraschungsentscheidung eine Zurückverweisung in Betracht kommt, liegt hier im Gegensatz zur Annahme des Klägers keine Überraschungsentscheidung vor. Das SG hat den Kläger mit Schreiben vom 29.03.2018 aufgefordert, die angefochtenen Bescheide vorzulegen, verbunden mit dem Hinweis, dass andernfalls die Klage wohl unzulässig sein dürfte. Nachdem der Kläger trotz Erinnerung nicht reagierte, erteilte das SG den Hinweis, durch Gerichtsbescheid entscheiden zu wollen. Für den Kläger war zu diesem Zeitpunkt erkennbar, dass, da er keine Bescheide vorgelegt hatte, die Klage erfolglos sein würde.

Im Übrigen hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen, insoweit wird auf die zutreffende Begründung des Sozialgerichts verwiesen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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