S 12 KA 95/18

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 95/18
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Lässt der Zulassungsausschuss einen Praxisnachfolger etwa fünfeinhalb Monate nach dem Tod des vormaligen Inhabers zu, so kann aufgrund dieser kurzen Zeitspanne nicht vom Fehlen eines Praxissubstrats ausgegangen werden.
2. Ein behindertengerechter Zugang zu einer Praxis ist keine Zulassungsvoraussetzung, sondern nur ein Abwägungskriterium bei der Auswahl eines Praxisnachfolgers im Rahmen der Berücksichtigung der Belange behinderter Menschen.
3. Die Bevorzugung eines Nachfolgebewerbers, der einen Weiterbetrieb der Praxis am bisherigen Ort und im bisherigen Umfang einschließlich des bislang beschäftigten Personals gewährleistet, ist nicht zu beanstanden.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten und des Beigeladenen zu 8) zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Rahmen einer aktiven Konkurrentenklage um die Praxisnachfolge in den Vertragsarztsitz des Facharztes für Innere Medizin Dr. med. E. in A-Stadt (Planungsbereich Hoch-Taunus-Kreis).

Die Klägerin ist seit Juli 1998 approbierte Ärztin und seit September 2003 Fachärztin für Innere Medizin. Seit Dezember 2006 ist sie berechtigt, die Schwerpunktbezeichnung Kardiologie zu führen. Von April bis Dezember 2010 war sie zur vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen einer Job-Sharing-Partnerschaft in Teilzeit in einer kardiologischen Berufsausübungsgemeinschaft tätig, von Januar 2011 bis Dezember 2013 war sie als angestellte Kardiologin in der kardiologischen Berufsausübungsgemeinschaft beschäftigt, seit 01.01.2014 ist sie als Fachärztin für Innere Medizin/Kardiologie mit einem hälftigen Versorgungauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxis in A-Stadt zugelassen und übt ihre Tätigkeit im Rahmen einer überörtlichen Gemeinschaftspraxis aus.

Der Beigeladene zu 8) ist seit Mitte 2004 approbierter Arzt und erhielt im Januar 2011 die Anerkennung als Facharzt für Innere Medizin, im September 2013 die Anerkennung als Facharzt für Kardiologie. Seitdem arbeitet er als Oberarzt, bis Juni 2015 in den Reha-Kliniken I. I-Stadt und seit Juli 2015 im K. Krankenhaus K-Stadt.

Die Beigeladene zu 9) ist als Erbengemeinschaft die Rechtsnachfolgerin des 1941 geb. und 2017 verstorbenen Dr. med. E., Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie. Dieser war bis zu seinem Tod als Internist zur vertragsärztlichen fachlichen - Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Am 14.04.2017 wurde der Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens gestellt.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen ließ mit Beschluss vom 12.09.2017 den Beigeladenen zu 8) als Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie für den Vertragsarztsitz A-Stadt, A-Straße, zur vertragsärztlichen Tätigkeit gem. § 103 Abs. 4 SGB V im Rahmen der Übernahme des hälftigen Versorgungsauftrags des verstorbenen Internisten – fachärztlich – Dr. med. H. E., A Stadt, A-Straße, mit Wirkung zum 01.10.2017 zu. Die Zulassung beschränkte er auf die Hälfte des Versorgungsauftrages nach § 19a Abs. 2 Ärzte-ZV. Den Antrag der Klägerin auf Aufhebung der Beschränkung des Versorgungauftrages gem. § 19a Abs. 3 Ärzte-ZV zur Übernahme des hälftigen Versorgungsauftrags lehnte er ab. Zur Begründung führt er aus, die berufliche Eignung der Klägerin und des Beigeladenen zu 8) sei uneingeschränkt zu bejahen. Der Beigeladene zu 8) sei ausdrücklich als Wunschnachfolger von der Erbengemeinschaft benannt worden. Weiterhin wolle er die Praxis am bestehenden Praxisstandort fortführen. Die Räumlichkeiten blieben und auch die vorhandenen Patienten und Strukturen könnten dadurch mit übernommen bzw. weitergeführt werden. Demgegenüber würde der Vertragsarztsitz der Klägerin hin zu ihrem Praxisstandort verlegt werden. Zwar liege dieser in keiner großen Entfernung zum bisherigen Praxisstandort, gleichwohl solle damit die Praxis nicht in gleicher Weise fortgeführt werden, wie es durch den Beigeladenen zu 8) geschehe. Des Weiteren habe er berücksichtigt, dass die Klägerin ihre Tätigkeit über die bereits geleisteten 3,5 Tage hinaus nicht ausweiten möchte und es folglich zu keiner Ausbreitung der Patientenversorgung kommen werde. Zwar habe die Klägerin bereits Patienten übernommen, jedoch würde der verbleibende Patientenstand nicht mehr mitversorgt werden können. Da weitere Bewerbungen nicht vorgelegen hätten und unter Berücksichtigung dieser Aspekte, insbesondere der Fortführung der Praxis am bisherigen Praxisstandort, komme er im Rahmen seiner Auswahlentscheidung zu dem Ergebnis, dem Antrag des Beigeladenen zu 8) auf Zulassung zur Vertragsarztpraxis im Umfang eines hälftigen Versorgungauftrags zur Übernahme des ausgeschriebenen Vertragssatzsitzes stattzugeben und den Antrag der Klägerin abzulehnen.

Hiergegen legte die Klägerin am 14.09.2017 Widerspruch ein. Die Klägerin trug vor, sie habe Ihre Ausbildung noch nach der alten Weiterbildungsordnung absolviert und habe damit eine gegenüber der heutigen Facharztausbildung deutlich breiter und mit sechs Jahren deutlich länger angelegte Weiterbildung erfahren. Sie verfüge dementsprechend nicht "nur" über ein großes kardiologisches, sondern auch über ein umfangreiches (allgemeines) fachinternistisches Wissen. Im Jahre 2003 habe sie außerdem den "Fachkundenachweis Rettungsdienst" erlangt und habe in der Folgezeit am Notarztdienst der Stadt L-Stadt teilgenommen. Sie sei Fachautorin mehrere Lehrbücher. Der Beigeladene zu 8) habe dem gegenüber erst im Januar 2011 seine Anerkennung als Facharzt für Innere Medizin und erst seit September 2013 als Facharzt für Kardiologie erhalten. Sie habe bereits 2006 den "Fachkundenachweis Strahlenschutz" erhalten, der im Februar 2012 nochmals aktualisiert worden sei. Demgegenüber habe der Beigeladene zu 8) erst im Jahre 2014 den Strahlenschutz-Grundkurs bzw. -Spezialkurs besucht. Ein vergleichbarer Zeitraum gelte für die "Fachkunde Schrittmacherkontrolle". Sie sei damit die qualifiziertere Bewerberin in beruflicher Hinsicht. Sie sei auch neun Jahre länger approbiert als der Beigeladenen zu 8). Sie könne eine deutlich langjährigere ärztliche Tätigkeit nachweisen. Sie verfüge auch über deutlich mehr Berufserfahrung im Bereich der Kardiologie. Der Beigeladenen zu 8) habe insgesamt noch keine 5, sondern lediglich 4 Jahre Berufserfahrung als Facharzt für Kardiologie. Die Räume am bisherigen Standort, an dem der Beigeladene zu 8) beabsichtige, die Praxis fortzuführen, verfüge nur über eine sehr steile Treppe oder sei über einen kleinen Aufgang zugänglich. Sie verfüge über keinen körperbehindertengerechten Praxiszugang, der allerdings bei der Versorgung von kardiologischen Patienten notwendig sei, auch wenn nicht alle Patienten von ihr notwendigerweise eine kardiologische Erkrankung hätten. Der vorhandene Aufzug verstoße gegen DIN-Normen. Sie beabsichtige deswegen, den hälftigen Versorgungsauftrag an dem nur 300 Meter entfernten Praxisstandort ihrer Gemeinschaftspraxis zu verlegen, sodass sie die Patienten in unmittelbarer Nähe zum alten Standort weiterversorgen könne. Die Barrierefreiheit sei dort gegeben. Die Beigeladene zu 1) habe bereits mitgeteilt, dass einer Verlegung des Vertragsarztsitzes keine Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstehen würden, da die Verlegung innerhalb eines Radius erfolge, der eine gravierende Änderung der Versorgungsstation nicht erwarten lasse. Die hier maßgeblichen Kriterien berufliche Eignung, Approbationsalter, Dauer der ärztlichen Tätigkeit und Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung sprächen eindeutig für sie. Im Votum der Beigeladenen zu 9) stehe das Motiv im Vordergrund, sich der Rechten und Pflichten eines Mietvertrages über nicht geeignete Praxisräume zu entledigen. Die Ärzte ihrer Gemeinschaftspraxis seien dem Verstorbenen sehr verbunden gewesen. Verhandlungen mit dem Verstorbenen selbst hätten nur wegen des Eintritts des Todes nicht erfolgreich abgeschlossen werden können. Die Gemeinschaftspraxis habe sich dennoch bereit erklärt, nach dem Tod die Vertretung zu übernehmen. Ein Teil des ehemaligen Patientenstammes habe sich nach dem Tod des früheren Praxisinhabers an die Gemeinschaftspraxis gewandt und werde nun medizinisch dort betreut und versorgt. Zwar sei der Beigeladene zu 8) in die Warteliste eingetragen, sie nicht, was allerdings nicht ins Gewicht falle. Bei einem Zuspruch des hälftigen Versorgungsauftrags würde die Beschränkung ihres Versorgungauftrages aufgehoben werden. Es wären dementsprechend nur geringe Leistungssteigerungen bzw. Mengenausweitungen zu erwarten. Zudem würden sich aufgrund ihrer nichtinvasiven Tätigkeit keine extrabudgetieren Mengenausweitungen im Bereich der invasiven Kardiologie/Herzkatheter verzeichnen lassen. Bei der Zulassung des Beigeladenen zu 8) wäre hingegen eine erhebliche Mengen- und Leistungsausweitung zu erwarten. Ad hoc wären 75 % des Fachgruppendurchschnitts eines vollen Versorgungsauftrags an Patienten (aktuell ca. 750) vollumfänglich im des Bereich des RLV zu vergüten, die darüber hinausgehenden abgestaffelt. Zudem sei der Beigeladene zu 8) invasiv tätiger Kardiologe und könne dementsprechend unbegrenzt außerbudgetäre invasive kardiologische Leistungen (Herzkatheter) erbringen, was zu einer Überversorgung mit invasiv tätigen Kardiologen in A-Stadt führen würde, denn dort gebe es bereits drei niedergelassene invasiv tätige Kardiologen. Soweit der Zulassungsausschuss darauf abstelle, dass sie über die von ihr bereits angebotenen Sprechstunden in Höhe von 3,5 Tagen hinaus nicht ausweiten möchte, sei dies nicht zutreffend. Rechnerisch würde sich eine Mehrarbeit von "nur" 1,5 Tage ergeben. Gehe man von einer 5-Tage-Woche aus, könne sie "nicht viel mehr" arbeiten. So sei auch ihre Äußerung vor dem Zulassungsausschuss zu verstehen. Der Beigeladene zu 8) wolle auch nur kardiologisch tätig werden, während sie stärker auch internistisch tätig sei.

Der Beigeladene zu 8) erwiderte hierauf, er sei ebenfalls nach der alten Weiterbildungsordnung ausgebildet worden und sei sowohl Facharzt für Innere Medizin als auch Facharzt für Kardiologie. Einen Fachkundenachweis für Strahlenschutz werde er für die ambulanten Tätigkeiten der kardiologischen Praxis nicht benötigen. Aus dem Umstand, dass die Klägerin älter sei und daher längere Berufsjahre abgeleistet habe, könne nicht eine höhere Qualifikation in der Berufserfahrung hergeleitet werden. Die Klägerin sei auch nicht immer in Vollzeit tätig gewesen, während er durchgehend vollzeitbeschäftigt im regulären ambulanten stationären Bereich gewesen sei. Er sei während seiner zweijährigen Tätigkeit als invasiv tätiger Oberarzt auch Ansprechpartner für das ärztliche Personal in der Notaufnahme und maßgeblich in der Beurteilung der Entscheidung über die weitere Versorgung akuter Notfälle beteiligt. Der Zugang zu dem Gebäude, in dem sich die kardiologische Praxis befinde, und auch noch zwei weitere Arztpraxen seien barrierefrei, also ohne Stufen. Die Patienten kämen ohne Stufen direkt in den Fahrstuhl und könnten mit diesem die kardiologische Praxis erreichen. Die Unterstellung, jeder Herzpatient sei auch behindert oder bewegungsbeeinträchtigt, sei ebenfalls falsch. Gegebenenfalls könnten auch Patienten mit einem entsprechenden Rollstuhl aus der Praxis abgeholt werden. Der Fahrstuhl sei klein, aber für vier Personen zugelassen, sodass er als Praxisfahrstuhl ausreiche. Der Verstorbene habe keine Kooperation mit der Gemeinschaftspraxis der Klägerin eingehen, noch mit dieser eine Übernahme verhandeln wollen. Er sei sich mit der Beigeladenen zu 9) einig darüber geworden, dass er die Praxis des Vaters fortführe und den Schwerpunkt auf die konservative Kardiologie legen werde. Er gehe davon aus, dass sich der Patientenstamm sofort wieder aufbauen lasse. Die Dauer der Eintragung in die Warteliste sei zu berücksichtigen.

Die Klägerin erwiderte hierauf, der Patientenstamm der ehemaligen Praxis habe überwiegend aus Patienten mit "allgemeininternistischen" und "gastroenterologischen" Problemen und nicht mit "kardiologischen" Problemen bestanden, sodass sie als "breitausgebildete Internistin" die Versorgung der Patienten mit einem deutlich größeren Erfahrungsschatz gewährleisten könne als der Beigeladene zu 8). Die Praxis am Standort des Verstorbenen könne sich zwar mit Hilfe des Fahrstuhls behelfen, ein barrierefreier Zugang werde damit aber nicht gewährleistet. Die Praxis sei in einem desolaten Zustand. Einer der Erben habe selbst eingeräumt, dass man dort nicht ernsthaft eine Praxis betreiben könne.

Der Beklagte wies mit Beschluss vom 13.12.2017, ausgefertigt am 01.02.2018, den Widerspruch zurück. Ferner ordnete er den Sofortvollzug der Genehmigung der Praxisübernahme und der vertragsärztlichen Zulassung des Beigeladen zu 8) an. Zur Begründung führte er aus, sowohl bei der Klägerin als auch bei dem Beigeladenen zu 8) sei von der erforderlichen beruflichen Eignung auszugehen. Beide Bewerber seien seit mehr als fünf Jahre approbiert. Die Dauer der Facharzttätigkeit sei nur im Umfang von fünf Jahren zu berücksichtigen. Der Beigeladene zu 8) werde erst im Januar 2018 diese Fünfjahresfrist absolviert haben, während bei der Klägerin sowohl hinsichtlich des Approbationsalters wie auch der Dauer der fachärztlichen Tätigkeit eindeutig jeweils der Fünfjahreszeitraum überschritten sei. Hieraus ergebe sich ein geringfügiger Vorteil für die Klägerin hinsichtlich der Feststellung der beruflichen Eignung. Da dem Beigeladenen zu 8) jedoch lediglich ein Monat fehle, um auch den Fünfjahreszeitraum hinsichtlich der Dauer der fachärztlichen Tätigkeit vollständig absolviert zu haben, sehe er diesen Vorteil in der Gesamtschau als geringfügig an. Demgegenüber verfüge der Beigeladene zu 8) über die Eintragung in die Warteliste. Die Berücksichtigung der Belange behinderter Menschen sei nur ein Gesichtspunkt in einer Reihe zu berücksichtigender Merkmale, dessen Gewichtung im Einzelfall von den Zulassungsgremien vorzunehmen sei. Die bisherige Praxis des Verstorbenen genieße Bestandschutz, sofern an diesem Ort ein anderer Arzt die Praxis fortführen wolle. Aus diesem Grunde könne die Klägerin nicht allein aufgrund ihres Hinweises auf den nicht hinreichend gewährleisteten behindertengerechten Zustand der bisherigen Praxis eine Übernahme derselben mit entsprechender Zulassung die Verlegung an ihren eigenen bisherigen Praxisstandort verlangen. Nachfolgebewerber seien dann bevorzugt zu berücksichtigen, wenn sie einen Weiterbetrieb der Praxis am bisherigen Ort und im bisherigen Umfang einschließlich des bislang beschäftigten Personals gewährleisten wollten und könnten. Ein solcher Weiterbetrieb der Praxis setze regelhaft voraus, dass eine zivilrechtliche Einigung zwischen dem Praxisabgeber bzw. seinen Erben und dem Übernehmer der Praxis zustande komme. Dies bedeute zwar nicht, dass für den Praxisabgeber oder seine Erben ein Kontrahierungszwang in zivilrechtlicher Hinsicht folge. Allerdings dürfte die sozialrechtliche Nachfolgezulassung regelmäßig dann scheitern, wenn die zivilrechtliche Grundlage des Praxisübergangs nicht feststellbar sei. Die Klägerin habe sich mit der Beigeladenen zu 9) nicht geeinigt. Die Weiterbehandlung nach dem Tod des früheren Praxisinhabers stelle jedenfalls keine Praxisübernahme dar und führe auch nicht innerhalb weniger Monate zu einer Verflüchtigung des Praxissubstrats und damit zum Wegfall einer übergabefähigen Praxis. Demgegenüber beabsichtige der Beigeladene zu 8) Investitionen in die Praxis zu tätigen und den Praxisbetrieb am selben Ort mit demselben Personal fortzuführen. Damit erfülle er allein die Voraussetzungen für die Praxisübernahme und die darauf fußende Nachfolgezulassung. Dem könne nicht entgegen gehalten werden, dass der Beigeladene zu 8) intendiere, vorzugsweise kardiologisch tätig zu werden. Zum einen handele es sich bei der Klägerin ebenfalls um eine Kardiologin, sodass auch bei ihr davon ausgegangen werden müsse, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit in diesem Bereich liege. Darüber hinaus verfüge der Beigeladene zu 8) ebenso wie die Klägerin über die Qualifikation eines fachärztlichen Internisten, sodass er im Stande sei, auch nicht-kardiologische internistische Patienten zu versorgen. Eine entsprechende Absicht habe er im Rahmen der mündlichen Verhandlungen auch gegenüber ihm geäußert. In der Gesamtschau der zu berücksichtigen Merkmale erweise sich die Entscheidung des Zulassungsausschusses als zutreffend.

Hiergegen hat die Klägerin am 02.03.2018 die Klage erhoben. Sie ist weiterhin der Auffassung, sie sei beruflich besser geeignet. Sie verfüge über eine acht Jahre längere Anerkennungszeit im Bereich der Inneren Medizin, sei sieben Jahre länger Fachärztin für Kardiologie und acht Jahre länger im Besitz der einschlägigen Fachkundenachweise. Sie sei neun Jahre länger approbiert als der Beigeladene zu 8). Sie könne auf eine deutlich langjährigere Tätigkeit zurückblicken. Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Zulassungsgremien hätte der Beigeladene zu 8) noch nicht über eine fünfjährige Schwerpunktausbildung verfügt. In den vom Beigeladenen zu 8) übernommenen Praxisräumen befinde sich kein körperbehindertengerechter Praxiszugang. Er könne sich nicht auf Bestandsschutz berufen. Ihr Praxisstandort sei barrierefrei. Einer der Erben habe auch eingeräumt, dass das Inventar nicht mehr in einem Zustand sei, in dem man eine Praxis betreiben könne. Ihre Berufsausübungsgemeinschaft habe sich unmittelbar nach dem Tod bereiterklärt, die Vertretung zu übernehmen, was aber seitens der Erbengemeinschaft verweigert worden sei. Dennoch sei ein wesentlicher Teil des ehemaligen Patientenstammes in ihrer Berufsausübungsgemeinschaft abgewandert. Die alte Praxis bestehe aufgrund des geringen verbliebenen Patientenaufkommens nicht mehr fort. Es bestehe keine Notwendigkeit die Praxis vom alten Standort weiterzuführen. Es habe sich sowohl die Berufsausübungsgemeinschaft, zum Zwecke der Anstellung eines Kollegen und zusätzlich sie in eigenem Namen um eine Praxisnachfolge bei den Erben beworben. Der Beigeladene zu 8) wolle die Praxis als kardiologische Praxis fortführen, obwohl es sich überwiegend bei den Patienten um allgemeininternistische oder gastroenterologische Probleme handele. Hierfür sei sie auch breiter aufgestellt. Dementsprechend sprächen auch Versorgungsgesichtspunkte für ihren Antrag.

Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses vom 13.12.2017 den Beklagten zu verpflichten, sie über ihren Widerspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte und der Beigeladene zu 8) beantragen,
die Klage abzuweisen.

Sie sind in der mündlichen Verhandlung der Klage entgegen getreten.

Die übrigen Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt und sich zur Sache schriftsätzlich nicht geäußert.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 05.03.2018 die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten sowie der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Sie konnte dies trotz des Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen zu 7) und 9) tun, weil dieser ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (§ 110 Abs. 1 SGG).

Die Klage ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.

Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Beschluss vom 13.12.2017 ist rechtmäßig. Er war daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Widerspruchs unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Klage war daher abzuweisen.

Die vom Beklagten vorgenommene Bewerberauswahl war von der Kammer nicht zu beanstanden.

Rechtsgrundlage für Entscheidungen der Zulassungsgremien über Anträge auf Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung in einem bislang überversorgten Planungsbereich im Rahmen einer Praxisnachfolge sind § 95 Abs. 2 i. V. m. § 103 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch, Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V. Hat der Zulassungsausschuss in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, nach Absatz 3a einem Antrag auf Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens entsprochen, hat die Kassenärztliche Vereinigung den Vertragsarztsitz in den für ihre amtlichen Bekanntmachungen vorgesehenen Blättern unverzüglich auszuschreiben und eine Liste der eingehenden Bewerbungen zu erstellen. Satz 1 gilt auch bei hälftigem Verzicht oder bei hälftiger Entziehung der Zulassung. Dem Zulassungsausschuss sowie dem Vertragsarzt oder seinen Erben ist eine Liste der eingehenden Bewerbungen zur Verfügung zu stellen. Unter mehreren Bewerbern, die die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen wollen, hat der Zulassungsausschuss den Nachfolger nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen (§ 103 Abs. 4 Satz 1 bis 4 SGB V).

Für die Ermessensausübung zur Bewerberauswahl macht das Gesetz an verschiedenen Stellen Vorgaben, die verfassungsgemäß sind (vgl. BSG, Urt. v. 23.02.2005 - B 6 KA 81/03 R - MedR 2005, 666 = GesR 2005, 450., zitiert nach juris Rdnr. 35). So sind bei der Auswahl der Bewerber u.a. die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit, ob der Bewerber ein angestellter Arzt des bisherigen Vertragsarztes oder ein Vertragsarzt ist, mit dem die Praxis bisher gemeinschaftlich betrieben wurde, und Belange von Menschen mit Behinderung beim Zugang zur Versorgung zu berücksichtigen (§ 103 Abs. 4 Satz 5 Nr. 1 bis 3, 6 und 8 SGB V). Auch ist die Dauer der Eintragung in die Warteliste zu berücksichtigen (§ 103 Abs. 5 Satz 3). Ebenso sind die Interessen des oder der in der Praxis verbleibenden Vertragsärzte angemessen zu berücksichtigen. Bei einer Gemeinschaftspraxis im Rahmen des sog. Job-Sharings ist die gemeinschaftliche Praxisausübung aber erst nach fünfjähriger Tätigkeit von Bedeutung (§ 101 Abs. 3 Satz 4 SGB V). Die Interessen des ausscheidenden Arztes oder seiner Erben sind nur insoweit zu berücksichtigen, als der Kaufpreis die Höhe des Verkehrswertes der Praxis nicht übersteigt (§ 103 Abs. 4 Satz 8 SGB V).

Die berufliche Eignung (§ 103 Abs. 4 Satz 5 Nr. 1 SGB V) ist zunächst aufgrund der Qualifikation des Bewerbers nach der Weiterbildungsordnung zu beurteilen, ob neben der Gebietsbezeichnung noch ein Recht zum Führen eines der Praxis entsprechenden Schwerpunktes erworben wurde. Hat der Praxisvorgänger über spezifische Qualifikationen verfügt für Leistungen, die erst nach einer Genehmigung erbracht werden dürfen, und damit u. U. der Praxis eine bestimmte Ausrichtung gegeben (z. B. Betrieb eines Großgerätes), ist die berufliche Eignung auch hieran zu beurteilen. Auch der bisherige berufliche Werdegang, eine wissenschaftliche Tätigkeit, Veröffentlichungen können bestimmte Eignungsmerkmale begründen. Das Approbationsalter (§ 103 Abs. 4 Satz 5 Nr. 2 SGB V) ist der Zeitraum seit Erteilung der Approbation. Das Alter des Bewerbers zum Zeitpunkt der Approbation ist unerheblich. Ein länger zurückliegender Approbationszeitpunkt ist vorteilhafter. Im Regelfall wird dann auch eine längere Dauer der ärztlichen Tätigkeit vorliegen. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit ist die Summe aller Zeiträume, in denen der Bewerber bisher ärztlich tätig war, also seinen Beruf ausgeübt hat. Er muss als approbierter Arzt heilkundlich bzw. als Arzt wissenschaftlich tätig gewesen sein. Die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit zielen darauf ab, einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen Bereichen nach ca. fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründen (vgl. BSG, Urt. v. 08.12.2010 - B 6 KA 36/09 R - SozR 4-2500 § 101 Nr. 9, juris Rdnr. 39; aus der Instanzenpraxis vgl. SG Berlin, Urt. v. 28.07.2010 - S 79 KA 514/09 - juris; SG Hannover, Beschl. v. 18.02.2011 - S 65 KA 775/10 ER - juris Rdnr. 28). Für die Dauer der ärztlichen Tätigkeit kommt es auf die Zeit nach Abschluss der Weiterbildung an (vgl. BSG, Urt. v. 20.03.2013 - B 6 KA 19/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 12).

Die Dauer der Eintragung in die Warteliste kann wie das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit genau bestimmt werden. Die Wartezeit ist allerdings unter Versorgungsaspekten ohne Bedeutung. In die Warteliste werden auf Antrag die Ärzte, die sich um einen Vertragsarztsitz bewerben und in das Arztregister eingetragen sind, also grundsätzlich die fachlichen Voraussetzungen erfüllen (vgl. § 95 Abs. 2 Satz 1 bis 3 SGB V), aufgenommen (§ 103 Abs. 5 Satz 2 SGB V). Eine Mehrfacheintragung für verschiedene Planungsbereiche ist zulässig und darf nicht nachteilig berücksichtigt werden. Soweit der Warteliste Härtefallgesichtspunkte anhaften, ist dies nicht zwingend, da die Eintragung in die Warteliste auch dann erfolgen kann, wenn anderen Orts eine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung erteilt wurde. Bewerbern auf der Warteliste wird man aber im Regelfall ein besonderes Interesse an der Versorgungsregion zumessen können.

Die Interessen des ausscheidenden Arztes oder seiner Erben hat der Gesetzgeber auf die Höhe des Verkehrswertes der Praxis begrenzt. Das Gesetz geht von einer Unterscheidung zwischen dem - öffentlich-rechtlichen - Vertragsarztsitz und der zivilrechtlich verkehrsfähigen - ärztlichen Praxis aus, wobei eine Kassenpraxis nur verkauft werden kann, wenn der Käufer auch eine Zulassung erhält. Mit der Beschränkung auf die wirtschaftlichen Interessen will der Gesetzgeber aber verhindern, dass ein Aufschlag für die Zulassung bezahlt werden muss. Von daher macht das Gesetz die Nachfolgezulassung nicht von einer vorherigen oder nachträglichen vertraglichen Einigung zwischen Nachfolger und dem früheren Praxisinhaber bzw. seiner Erben abhängig. Das BSG hat bisher lediglich in einem obiter dictum klargestellt, dass die Zulassungsentscheidung nicht unter der Bedingung erteilt werden darf, dass tatsächlich ein Vertrag über die Praxisübernahme - unter der Voraussetzung der Erteilung einer Zulassung an den Bewerber - abgeschlossen worden ist oder wird, und der Bewerber lediglich Interesse an einer Praxisfortführung und Verhandlungsbereitschaft zeigen muss (vgl. BSG, Urt. v. 29.09.1999 - B 6 KA 1/99 R - SozR 3-2500 § 103 Nr. 5, juris Rdnr. 41). Andererseits hat die Entscheidung des Zulassungsausschusses über den Nachfolger nur zum Inhalt, dass ein bestimmter Arzt für einen bestimmten Vertragsarztsitz zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen wird. Der Nachfolger wird nicht automatisch Inhaber der ärztlichen Praxis des ausscheidenden Vertragsarztes. Dies setzt vielmehr einen privatrechtlichen Übernahmevertrag mit dem ausscheidenden Vertragsarzt bzw. seinen Erben voraus (vgl. BSG, Urt. v. 29.09.1999 - B 6 KA 1/99 R – a.a.O., juris Rdnr. 39). Die Zulassung erfolgt ausschließlich für den ausgeschriebenen Vertragsarztsitz. Es handelt sich nicht um eine Nebenbestimmung (§ 32 SGB X), sondern die Verpflichtung zur Fortführung der Praxis ist Teil der Zulassung selbst im Sinne einer Inhaltsbestimmung. Kommt es nicht zur Übergabe der Praxis, kann der zugelassene Bewerber von der Zulassung keinen Gebrauch machen und ist die Zulassung erledigt.

Mit der Entscheidung des Zulassungsausschusses ist der Bewerber daher zur Fortführung der Praxis zu verpflichten bzw. ist die Praxisnachfolge auszusprechen. Lehnen der Vorgänger bzw. seine Erben einen Vertragsschluss in Höhe des Verkehrswertes ab, so kommt eine Praxisnachfolge nicht zustande. Das Ausschreibungsverfahren kann in diesem Fall nicht wiederholt werden, da die Interessen des ausscheidenden Arztes oder seiner Erben hinreichend geschützt sind. Ihr Recht auf Wiederholung der Ausschreibung geht dann verloren, wenn feststeht, dass der Praxisabgeber die Übergabe im ersten Verfahren aus Gründen, die vom Gesetz ausdrücklich nicht geschützt werden, hat scheitern lassen (vgl. BSG, Urt. v. 05.11.2003 B 6 KA 11/03 R - BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 1, juris Rdnr. 32). Es ist Ausfluss ihrer Vertragsfreiheit und Verfügungsbefugnis über das Eigentum an der Praxis, die Praxis nicht an einen zugelassenen Bewerber zu übergeben. Damit erlischt allerdings ihr Verwertungsinteresse. Ist andererseits ein Bewerber nicht bereit, den den Verkehrswert nicht übersteigenden Kaufpreis zu zahlen, so kommt er bei der Auswahlentscheidung nicht in Betracht (vgl. SG Dortmund, Urt. v. 30.05.2001 - S 9 Ka 60/01 - MedR 2002, 100, 102).

Der einzelne Bewerber hat nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Eine Gewichtung der Auswahlkriterien untereinander sieht das Gesetz nicht vor (anders Schöbener/Schöbener, SGb 1994, S. 215). Deshalb ist es Aufgabe der Zulassungsinstanzen, die Kriterien im Einzelfall nach pflichtgemäßem Ermessen gegeneinander abzuwägen (vgl. LSG Thüringen, Urt. v. 13.06.2000 - L 4 KA 29/97 - juris Rdnr. 21; SG Münster, Urt. v. 05.10.1995 - S 2 Ka 55/95 - MedR 1996, 144, 145 f.). Eine generelle Bevorzugung der Bewerber, die sich mit dem Praxisübergeber geeinigt haben, sieht das Gesetz nicht vor. Aufgrund der Beschränkung der Interessen der Praxisübergeber folgt auch aus dem Normzweck keine stärkere Gewichtung dieser Umstände, wenn auch aus Sicht der Verwaltungspraxis mit Blick auf ein reibungsloses Zulassungsverfahren eine solche Gewichtung empfohlen wird (vgl. Hencke in: Peters, Hb., Krankenversicherung, § 103, Rdnr. 12; Bartels, MedR 1995, S. 233). Soweit von gleicher Eignung auszugehen ist, kann derjenige auswählt werden, der sich bereits privatrechtlich mit dem Praxisinhaber geeinigt hat (vgl. LSG Hessen, Beschl. v. 23.05.2007 - L 4 KA 72/06 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris; SG Marburg, Beschl. v. 21.03.2007 - S 12 KA 75/07 ER - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris).

Nur ein Bewerber, der die ausgeschriebene Praxis als Nachfolger des bisherigen Vertragsarztes fortführen will, kann ausgewählt werden. Bewerber, die erklärtermaßen die Praxis nicht fortführen wollen, können keine Zulassung erhalten. Einem Arzt, der die Tätigkeit des ausscheidenden Vertragsarztes in einer Berufsausübungsgemeinschaft nicht fortsetzen will, kann im Nachbesetzungsverfahren keine Zulassung erteilt werden (vgl. BSG, Urt. v. 29.09.1999 - B 6 KA 1/99 R SozR 3-2500 § 103 Nr. 5, juris Rdnr. 42; BSG, Urt. v. 05.11.2003 - B 6 KA 11/03 R - BSGE 91, 253 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 1, juris Rdnr. 39). Melden sich auf die Ausschreibung eines Vertragsarztsitzes mit Bindung an eine Berufsausübungsgemeinschaft keine Bewerber, die diese Bindung für ihre in Aussicht genommene berufliche Tätigkeit akzeptieren wollen, oder erklären die in der Gemeinschaftspraxis verbleibenden Vertragsärzte übereinstimmend, mit keinem der an einem Eintritt in die bestehende Gemeinschaftspraxis interessierten Bewerber zusammenarbeiten zu wollen oder zu können, kann grundsätzlich eine Zulassung im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens nicht erteilt werden (vgl. BSG, Urt. v. 29.09.1999 - B 6 KA 1/99 R - SozR 3-2500 § 103 Nr. 5, juris Rdnr. 42). Unter Berücksichtigung der an die Kontinuität des Praxisbetriebs zu stellenden Anforderungen sowie im Interesse der Eindämmung eines Zulassungshandels ist es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sachgerecht, den Fortführungswillen auf einen Zeitraum von fünf Jahren – gerechnet ab dem Zeitpunkt der Aufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit durch den Nachfolger – zu beziehen, unabhängig vom jeweiligen Fachgebiet (vgl. BSG, Urt. v. 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 13, juris Rdnr. 56 ff.; krit. Plagemann, KrV 2014, 251). Bei der Fünf-Jahresfrist kann es sich aber nur um eine Prognose handeln, da es für eine wirksame Verpflichtung an einer Rechtsgrundlage fehlt (vgl. Gerdts/Arnold, GuP 2014, 179).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der angefochtene Beschluss des Beklagten nicht zu beanstanden.

Die Behauptung der Klägerin, die alte Praxis bestehe aufgrund des geringen verbliebenen Patientenaufkommens nicht mehr fort, wird von der Klägerin nicht substantiiert. Im Falle einer Drittanfechtung ist aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Antragstellung auf Ausschreibung des Praxissitzes und nicht den der mündlichen Verhandlung in der letzten Tatsacheninstanz abzustellen (vgl. BSG, Urt. v. 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R - BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 13, juris Rdnr. 38 ff.). Das Bundessozialgericht stellt konsequenterweise auf den zeitlichen Abstand zwischen der Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch den Vorgänger und dem Zeitpunkt der Antragstellung, nicht mehr der Aufnahme der Tätigkeit durch den Nachfolger ab. Eine generelle zeitliche Festlegung lehnt es zugunsten einer Einzelfallbeurteilung weiterhin ab, weist aber darauf hin, dass als kürzester Zeitraum die Angabe von sechs Monaten zu finden sei. Ein Zeitraum von viereinhalb Monaten ohne Praxisbetrieb allein rechtfertigt die Annahme, ein Praxissubstrat sei entfallen, nicht (vgl. BSG, Urt. v. 23.03.2016 - B 6 KA 9/15 R - BSGE 121, 76 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 18, juris Rdnr. 25 f.). Der Praxisinhaber war hier bis zu seinem Tod 2017 vertragsärztlich zugelassen und tätig. Der Zulassungsausschuss hat bereits mit Beschluss vom 12.09.2017 den Beigeladenen zu 8) als Praxisnachfolger zugelassen, also etwa fünfeinhalb Monate nach dem Tod des Dr. E. Bereits aufgrund dieser kurzen Zeitspanne kann vom Fehlen eines Praxissubstrats ausgegangen werden.

Der Beklagte hat zureichend die Bewerbung der Klägerin berücksichtigt. Er geht in nicht zu beanstandender Weise von der beruflichen Eignung beider Bewerber aus. Soweit die Klägerin sich für geeigneter hält, beruht dies im Wesentlichen auf ihrer früheren Approbation und der früher abgeschlossenen Weiterbildung. Die Dauer der ärztlichen Tätigkeit ist aber nur im Umfang von fünf Jahren zu berücksichtigen. Der Beklagte geht auch zutreffend davon aus, dass es auf den Abschluss der Weiterbildung zum Internisten ankommt, nicht auf die der Kardiologie, da es um die Praxisnachfolge in eine internistische Praxis ohne Schwerpunkt geht. Soweit dies im angefochtenen Beschluss klarer hätte formuliert werden können, hat der Beklagte dies jedenfalls in der mündlichen Verhandlung klargestellt. Der Beigeladene zu 8) hat bereits im Januar 2011 die Anerkennung als Facharzt für Innere Medizin erhalten. Seitdem arbeitet er als Oberarzt, bis Juni 2015 in den Reha-Kliniken I. I-Stadt und seit Juli 2015 im K. Krankenhaus K Stadt. Der Beklagte hat auch die Anerkennungen im Bereich Kardiologie berücksichtigt. Hierbei hat er berücksichtigt, dass der Beigeladene zu 8) erst im Januar 2018 die Fünfjahresfrist der abgeschlossenen Weiterbildung absolviert hat. Er hat dies als geringfügiger Vorteil für die Klägerin hinsichtlich der Feststellung der beruflichen Eignung gewertet. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte diesen Vorteil in der Gesamtschau als geringfügig ansieht, insb. im Hinblick darauf, dass die Weiterbildung zum Internisten von wesentlicher Bedeutung ist.

Es kann dahingestellt bleiben, inwiefern die übernommene Praxis einen behindertengerechten Zugang hat bzw. in welchem Umfang der vorhandene Fahrstuhl auch rollstuhlabhängigen Patienten den Zugang ermöglicht. Jedenfalls erleichtert der vorhandene Fahrstuhl gehbehinderten Patienten den Zugang zur Praxis. Der Beklagte hat aber zutreffend darauf hingewiesen, dass die Berücksichtigung der Belange behinderter Menschen nur ein Gesichtspunkt in einer Reihe zu berücksichtigender Merkmale ist, dessen Gewichtung im Einzelfall von den Zulassungsgremien vorzunehmen ist. Die Frage, ob das Inventar nicht mehr aktuellen Anforderungen genügt, ist keine Frage der Bewerberauswahl. Bei einer Praxisübernahme ist grundsätzlich von geeigneten Räumen auszugehen. Soweit Verstöße gegen bauliche oder sonstige Vorschriften vorliegen sollten, fällt die Beseitigung oder Ahndung solcher Verstöße nicht in den Zuständigkeitsbereich der Zulassungsgremien.

Der Beklagte hat sein Auswahlermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Soweit der Beklagte von der beruflichen Eignung der Klägerin und des Beigeladenen zu 8) ausgeht, hat er den Vorteil der Klägerin bzgl. der erst annähernd fünfjährigen Weiterbildung des Beigeladenen zu 8) im Bereich der Kardiologie in der Gesamtschau als geringfügig gewertet, was angesichts des Fehlens von einem Jahr zum Zeitpunkt seiner Entscheidung und der sekundären Bedeutung dieses Bereichs nicht zu beanstanden ist. Beide Bewerber sind Kardiologen, während Herr Dr. E. als fachärztlicher Internist ohne Schwerpunkt zugelassen und von der Ausbildung Gastroenterologe war. Von daher folgt aus dem Schwerpunkt beider Bewerber keine besondere Eignung für die Praxisnachfolge und ist keiner von beiden besser geeignet für eine Versorgung von Patienten mit allgemeininternistischen oder gastroenterologischen Problemen. Insofern war die Auffassung des Beklagten nicht zu beanstanden, dass dem Beigeladenen zu 8) nicht entgegen gehalten werden könne, dass er intendiere, vorzugsweise kardiologisch tätig zu werden und dass er ebenso wie die Klägerin über die Qualifikation eines fachärztlichen Internisten verfüge, sodass er im Stande sei, auch nicht-kardiologische internistische Patienten zu versorgen.

Der Beklagte hat letztlich seine Entscheidung damit begründet, dass Nachfolgebewerber dann bevorzugt zu berücksichtigen sind, wenn sie einen Weiterbetrieb der Praxis am bisherigen Ort und im bisherigen Umfang einschließlich des bislang beschäftigten Personals gewährleisten wollten und könnten. Das war von der Kammer ebf. nicht zu beanstanden. "Fortführung" impliziert eine weitest mögliche Kontinuität des Praxisbetriebs. Der Bewerber um die Praxisnachfolge muss die Praxis nicht nur fortführen können, sondern auch fortführen wollen (vgl. BSG, Urt. v. 20.03.2013 - B 6 KA 19/12 R - SozR 4-2500 § 103 Nr. 12, juris Rdnr. 26 ff.; BSG, Urt. v. 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R - BSGE 115, 57 = SozR 4-2500 § 103 Nr. 13, juris Rdnr. 55). Fortführen der Praxis setzt voraus, dass die Tätigkeit am bisherigen Praxisort fortgesetzt wird. In räumlicher Hinsicht bedeutet dies grundsätzlich, dass der Nachfolger auf Dauer die bisherigen Patienten in denselben Praxisräumen mit Unterstützung desselben Praxispersonals und unter Nutzung derselben medizinisch-technischen Infrastruktur behandelt oder zumindest behandeln will ("räumliche Komponente"). Eine Praxisfortführung wird daher nicht schon dann angestrebt, wenn ein Bewerber lediglich die vertragsärztliche Tätigkeit im selben medizinischen Fachgebiet und im selben Planungsbereich wie der ausscheidende Vertragsarzt ausüben will (vgl. BSG, Urt. v. 20.03.2013 - B 6 KA 19/12 R - a.a.O., Rdnr. 32 ff.; BSG v. 11.12.2013 - B 6 KA 49/12 R - a.a.O., Rdnr. 56

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

Die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt (§ 197a SGG i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO). Von dieser Möglichkeit ist Gebrauch zu machen, wenn der Beigeladene erfolgreich Anträge gestellt hat, wenn er allein oder mit anderen Beteiligten gesiegt hat oder das Verfahren wesentlich gefördert hat (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 197a, Rdnr. 29). Zu berücksichtigen ist, ob der Beigeladene sich während des Verfahrens geäußert und auch Anträge gestellt hat (vgl. BSG, Urt. v. 14.11.2002 – B 13 RJ 19/01 R - SozR 3-5795 § 10d Nr. 1, juris Rdnr. 44).

Der Beigeladene zu 8) hat in der mündlichen Verhandlung einen Klageabweisungsantrag gestellt und sich zur Sache entsprechend geäußert. Von daher besteht für ihn ein Kostenerstattungsanspruch.
Rechtskraft
Aus
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