Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 48 AS 3875/15
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 258/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. Juni 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte die Kosten eines amtsgerichtlichen Zahlungs- und Räumungsklageverfahren, zu deren Erstattung die Klägerin durch Kostenfestsetzungsbeschluss verpflichtet wurde, übernehmen muss.
Die 1975 geborene Klägerin ist psychisch erkrankt. Sie bezog bis zum 31. März 2014 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Dabei zahlte der Beklagte die bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung an die Vermieterin der Klägerin, die S. GmbH (S.). Mit Schreiben vom 4. Dezember 2013 teilte die Vermieterin der Klägerin mit, dass sich die Gesamtmiete für ihre Wohnung zum 1. Januar 2014 von bisher 534,41 Euro auf nunmehr 548,14 Euro monatlich erhöhe. Dieses Schreiben leitete die Klägerin zunächst nicht an den Beklagten weiter.
Mit Schreiben vom 5. Februar 2014 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der Bewilligungszeitraum zum 31. März 2014 ende und sie gegebenenfalls einen Weiterbewilligungsantrag stellen müsse. Ein entsprechendes Formular war beigefügt. Die Klägerin meldete sich daraufhin zunächst weder persönlich noch schriftlich beim Beklagten.
Am 4. April 2014 übermittelte die S. dem Beklagten per Fax ein an die Klägerin gerichtetes Schreiben. Darin hieß es (sic): "bei Durchsicht Ihres Mieterkontos mussten wir feststellen, dass die Miete vom Jobcenter monatlich um EUR 13,73 unterzahlen, so dass sich die Mietrückstände von Monat zu Monat erhöhen. Wir möchten Sie bitten, diese Schreiben beim Jobcenter abzugeben, damit die korrekte Miete ab dem Monat Mai 2014 überwiesen wird."
Am 26. Mai 2014 meldete sich die Klägerin beim Beklagten mittellos. Ihr wurde ein Weiterbewilligungsantrag mit weiteren Zusatzblättern und Checkliste ausgehändigt.
Die S. wies die Klägerin mit Schreiben vom 16. April 2014, 21. Mai 2014, 10. Juni 2014 und 20. Juni 2014 jeweils auf die aktuellen Mietrückstände hin und forderte sie zum Ausgleich auf. Mit Schreiben vom 4. Juli 2014 kündigte die S. aufgrund der bis dahin aufgelaufenen Mietrückstände das Mietverhältnis fristlos und forderte die Klägerin zur Herausgabe der Wohnung bis zum 15. August 2014 auf.
Am 11. Juli 2014 ging beim Beklagten ein Schreiben der F. für Wohnungsnotfälle der Freien und Hansestadt Hamburg ein, mit dem ein drohender Wohnungsverlust der Klägerin angezeigt wurde. Auf diesem Schreiben wurde von einem Mitarbeiter des Beklagten handschriftlich vermerkt, er habe telefonisch darüber informiert, dass die Klägerin aktuell nicht im Leistungsbezug sei. Laut Aktenvermerk des Beklagten rief am 11. Juli 2014 ein Mitarbeiter der S., der sich um Mieter mit Problemen kümmerte, beim Beklagten an und teilte u.a. mit, dass die Wohnung der Klägerin wegen Mietschulden gekündigt worden sei. Dazu vermerkte der Mitarbeiter des Beklagten "Auf Wohnungsnotstelle und Antragstellung Alg II hingewiesen".
Mit Fax vom 20. August 2014 übermittelte die S. dem Beklagten ein an die Klägerin gerichtetes Schreiben, in dem ausgeführt wurde, dass die Räumungsfrist gemäß der fristlosen Wohnungskündigung vom 4. Juli 2014 abgelaufen sei, ohne dass die Mietrückstände beglichen oder die Wohnung geräumt zurückgegeben worden sei. Die Mietrückstände betrügen 2.543,49 Euro. Zur Vermeidung einer gerichtlichen Räumungs- und Zahlungsklage werde der Klägerin Gelegenheit gegeben, das weitere Verfahren mit der S. abzustimmen. Der Beklagte leitete das Schreiben an die F. für Wohnungsnotfälle weiter und teilte dieser mit, dass die Klägerin nicht im Leistungsbezug sei und keinen Antrag gestellt habe.
Am 1. September 2014 stellte die Klägerin beim Beklagten zunächst formlos einen Weiterbewilligungsantrag. Das ausgefüllte und unterschriebene Antragsformular wurde per Fax am 15. Oktober 2014 vom Psychosozialen Dienst der Klinik für Psychiatrie des U.-Krankenhauses E. beim Beklagten eingereicht. Die Klägerin werde seit dem 4. Oktober 2014 stationär behandelt und könne deshalb nicht persönlich vorbeikommen.
Mit Beschluss vom 31. Oktober 2014 bestellte das Amtsgericht Hamburg, Betreuungsgericht, die Vertreterin der Klägerin zu deren Betreuerin für folgende Aufgabenkreise: • Vermögenssorge einschließlich Schuldenregulierung, • Gesundheitsfürsorge, • Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern sowie dem Jugendamt und • Wohnungsangelegenheiten.
Die Betreuerin wandte sich mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 an den Beklagten und teilte ihre Bestellung mit. Sie wies darauf hin, dass es offenbar wegen einer fehlenden Antragstellung der Klägerin zur Einstellung der Leistungen nach dem SGB II gekommen sei und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Nachzahlung der Leistungen für die Zeit seit der Einstellung der Zahlungen. Das Versäumnis der Antragstellung sei eindeutig auf krankheitsbedingte Beeinträchtigungen zurückzuführen, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen nicht dazu in der Lage gewesen, sich adäquat um ihre Belange zu kümmern. Ferner wies die Betreuerin darauf hin, dass die Klägerin akut von Obdachlosigkeit bedroht sei.
Daraufhin bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 6. November 2014 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. September 2014 bis zum 28. Februar 2015. Die Klägerin erhob mit Schreiben ihrer Betreuerin vom 12. November 2014 Widerspruch und machte einen Leistungsanspruch auch für die Zeit ab dem 1. April 2014 geltend. Mit Bescheid vom 18. November 2014 half der Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und bewilligte Leistungen bereits ab dem 1. Mai 2014, da die Klägerin am 26. Mai 2014 vorgesprochen habe. Im Übrigen, d.h. hinsichtlich der Leistungen für April 2014, wies der Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 2. März 2015 zurück.
Am 11. November 2014 ging beim Beklagten erneut ein schriftlicher Hinweis der F. für Wohnungsnotfälle auf den drohenden Wohnungsverlust der Klägerin ein. Der Beklagte teilte der F. daraufhin mit, er werde die Miete für die Monate Mai 2014 bis August 2014 in Höhe von monatlich 548,14 Euro direkt an die S. nachzahlen und die laufende Miete übernehmen.
Bereits am 29. September 2014 hatte die S. eine Zahlungs- und Räumungsklage gegen die Klägerin beim Amtsgericht Hamburg erhoben (Az.: 44 C 427/14). Die Klägerin habe Mietrückstände in Höhe von 3.091,63 Euro, deren Zahlung mehrfach angemahnt worden sei. Die Wohnung sei fristlos gekündigt, aber bisher nicht herausgegeben worden. Am 17. November 2014 gab die F. für Wohnungsnotfälle gegenüber der S. unter Hinweis auf das amtsgerichtliche Verfahren eine Verpflichtungserklärung hinsichtlich der Zahlung des fälligen Mietzinses bzw. der fälligen Nutzungsentschädigung für die Klägerin ab. Daraufhin erklärte die S. mit Schreiben vom 28. November 2014 den Rechtsstreit für erledigt. Die Betreuerin der Klägerin stimmte für diese der Erledigungserklärung zu, erkannte jedoch keine Pflicht zur Kostentragung an. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2014 beantragte die Betreuerin der Klägerin Prozesskostenhilfe. Am 4. Dezember 2014 verpflichtete das Amtsgericht die Klägerin durch Beschluss zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits. Mit Beschluss vom 9. Dezember 2014 lehnte es den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab und führte zur Begründung aus, die Rechtsverteidigung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Außerdem sei eine nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Abschluss des Rechtsstreits nicht möglich. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts vom 1. Juni 2015 wurden die von der Klägerin an die S. zu erstattenden Kosten auf 1.128,03 Euro festgesetzt.
Die Klägerin beantragte beim Beklagten die Übernahme der Kosten entsprechend dem Kostenfestsetzungsbeschluss, was dieser mit Bescheid vom 24. Juni 2015 ohne Begründung ablehnte. Hiergegen erhob die Klägerin am 10. Juli 2015 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, der Beklagte habe ihr zunächst zu Unrecht keine Leistungen nach dem SGB II bewilligt und damit die Mietrückstände verursacht. Er habe somit die Ursache für die Klage gegen die Klägerin und damit auch für die nun von ihr zu erstattenden Kosten gesetzt. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. August 2015 zurück. Zur Begründung führte er aus, für die Gewährung der begehrten Leistung gebe es im SGB II keine Rechtsgrundlage.
Am 27. August 2015 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht erhoben. Mit Urteil vom 29. Juni 2017 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2015 verurteilt, der Klägerin 1.128,03 Euro zu gewähren.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, Rechtsgrundlage seiner Entscheidung sei § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die durch eine Räumungsklage entstandenen Kosten seien dann als Unterkunftskosten im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu übernehmen, wenn der Leistungsträger angemessene Unterkunftskosten nicht, nicht in voller Höhe oder verspätet geleistet habe und es dadurch zur Räumungsklage betreffend die angemessene Unterkunft gekommen sei. So liege der Fall hier. Der Beklagte habe es trotz des am 26. Mai 2014 gestellten Weiterbewilligungsantrags der Klägerin unterlassen, das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchzuführen. Er habe entgegen § 16 Abs. 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht auf die Stellung klarer und sachlicher Anträge und die Ergänzung unvollständiger Angaben durch die Klägerin hingewirkt. Der Beklagte habe seine Beratungs- und Aufklärungspflichten verletzt, indem er die Klägerin nach Einleitung des Verwaltungsverfahrens nicht auf Mitwirkungsversäumnisse hingewiesen und ihr keine Gelegenheit zur Nachholung gegeben habe. So habe der Beklagte nicht dafür Sorge getragen, dass das Antragsformular ausgefüllt und unterschrieben eingereicht werde, obwohl er hierfür infolge der Schreiben der S. und der F. für Wohnungsnotfälle Anlass gehabt habe. Als Antwort auf diese Schreiben habe der Beklagte zweimal eine falsche Auskunft erteilt, statt eine Übernahme der Unterkunftskosten zu prüfen. Dass der Beklagte hier zur Leistung hätte verpflichtet sein können, habe infolge des vormaligen Leistungsbezugs der Klägerin, der Antragstellung im Mai 2014 sowie der Information seitens der S. auf der Hand gelegen.
Gegen das ihm am 20. Juli 2017 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 16. August 2017 Berufung eingelegt. Er trägt vor, Kosten einer Räumungsklage seien nicht als Unterkunftsbedarfe berücksichtigungsfähig, denn allein durch die Begleichung dieser Kosten würde der Erhalt der Wohnung nicht gesichert. Es handele sich um einen Schadensersatzanspruch aus Amtshaftungsgesichtspunkten, der vor dem Zivilgericht geltend zu machen sei. Daneben sei aber auch aus anderen Gründen ein Anspruch nach § 22 SGB II zu verneinen. Es sei einem Antragsteller zuzumuten, nach dem Sachstand seines Antrags nachzufragen. Das sei umso mehr dann zu verlangen, wenn kein ausdrücklicher Antrag vorliege, sondern lediglich eine Mittellosmeldung. Dass kein Mitwirkungsschreiben an die Klägerin versandt wurde, könne dem Beklagten daher nicht vorgeworfen werden. Der Beklagte habe seinerseits das Notwendige getan, um die Räumungsklage zu verhindern. So habe er der Klägerin ein Schreiben vom 5. Februar 2014 gesandt, in der er sie auf das Erfordernis eines Weiterbewilligungsantrags hingewiesen habe und dem ein Antragsformular beigefügt gewesen sei. Am 11. Juli 2014 habe der Beklagte dem Mitarbeiter der S. telefonisch mitgeteilt, dass kein Leistungsantrag der Klägerin vorliege, und auf die F. für Wohnungsnotfälle hingewiesen. Auch habe der Beklagte das Fax der S. vom 20. August 2017 an die F. für Wohnungsnotfälle weitergeleitet. Wegen der unklaren Sachlage sei es dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen, Leistungen zu gewähren. Es erscheine unbillig, die Folgen der Erkrankung der Klägerin dem Beklagten zuzuordnen.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. Juni 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag sowie das erstinstanzliche Urteil und führt ergänzend aus: Es komme zunächst nicht darauf an, dass allein die Begleichung der Kosten der Räumungsklage den Erhalt der Wohnung nicht sichere. Abzustellen sei vielmehr auch darauf, dass die Kosten als Unterkunftskosten nach § 22 SGB II berücksichtigungsfähig seien, weil sie erst durch dem Beklagten zuzurechnende Umstände entstanden seien. Hätte der Beklagte zeitnah und nicht erst auf den Widerspruch im November 2014 hin Leistungen an die Klägerin erbracht, wäre es weder zur Kündigung des Mietverhältnisses noch zu der Räumungsklage gekommen, die damit einhergehenden Kosten wären gar nicht erst entstanden. Angesichts dessen handele es sich bei den Kosten des Räumungsverfahrens um sog. Annexkosten. Für Schadensersatz- bzw. Amtshaftungsansprüche sei dementsprechend kein Raum. Auch habe der Beklagte keineswegs alles Notwendige getan. Wenn dies so gewesen wäre, hätte der Widerspruch kaum zu einer weitgehend abhelfenden Entscheidung führen können. Ferner möge das Gericht beurteilen, inwieweit die Kenntnis des Beklagten von der psychischen Erkrankung der Klägerin zudem über das übliche Maß hinausgehende Sorgfalt und Pflichten hätte nach sich ziehen müssen. Die Klägerin habe auf die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss 200,- Euro im November 2015 erbracht. Dies sei möglich gewesen, weil nach der Abrechnung des Stromversorgers ein Guthaben zur Auszahlung gelangt sei. Der Vermieter habe zudem jeweils die Guthaben aus den Nebenkostenabrechnungen der Jahre 2014, 2015 und 2016 in Höhe von 224,63 Euro, 71,91 Euro und 147,41 Euro einbehalten und mit der Forderung verrechnet.
Der Senat hat die Leistungsakte des Beklagten und die Prozessakte des Amtsgerichts Hamburg zum Verfahren 44 C 427/14 beigezogen. Am 27. September 2018 hat der Senat den Rechtsstreit mündlich verhandelt. Zu dem Termin war die Betreuerin erschienen, die Klägerin selbst hingegen nicht. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Akten verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
I. Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Klägerin im Termin entscheiden, denn in der der Klägerin ordnungsgemäß zugestellten Ladung zur mündlichen Verhandlung war auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).
II. Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Die Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Juni 2015 zur Übernahme der Kosten des amtsgerichtlichen Verfahrens verpflichtet.
Die Klage ist zwar als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 24. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Übernahme der von ihr zu tragenden Kosten des amtsgerichtlichen Verfahrens.
1. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte Kostenübernahme nicht aus § 22 Abs. 1 SGB II.
Die Klägerin gehörte zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Kostenfestsetzungsbeschlusses (1. Juni 2015) zwar unstreitig zum Kreis der Leistungsberechtigten nach dem SGB II und erfüllte insbesondere die Voraussetzungen des § 7 SGB II.
Die Kosten des amtsgerichtlichen Verfahrens gehören jedoch nicht zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II. Als "Bedarfe für Unterkunft und Heizung", die nach § 22 Abs. 1 SGB II im Rahmen des Angemessenen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen sind, gelten solche finanziellen Bedarfe, die durch die Beschaffung, Nutzung oder Erhaltung einer Unterkunft entstehen (vgl. Krauß in: Hauck/Noftz, SGB II, § 22 Rn. 32). Die Kosten des Zahlungs- und Räumungsklageverfahrens sind weder durch die Beschaffung noch durch die laufende Nutzung der Wohnung durch die Klägerin entstanden. Es handelt sich auch nicht um Kosten, deren Tragung erforderlich ist, um die Wohnung für die Klägerin zu erhalten. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Vermieterin die Weiternutzung der Wohnung durch die Klägerin an die Begleichung dieser Kosten geknüpft hätte (so war die Sachlage in dem Fall, der dem Urteil des BSG vom 17.6.2010 – B 14 AS 58/09 R zugrunde lag). Im Übrigen berechtigt die Nichtbegleichung der Prozesskosten die Vermieterin nicht zu einer erneuten Kündigung (vgl. BGH, Urteil vom 14.7.2010 – VIII ZR 267/09).
Eine Übernahme von Kosten einer Räumungsklage als "Annex" zu den Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II (zu dieser grundsätzlichen Möglichkeit vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2011 – B 14 AS 15/11, Rn. 19; ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.6.2017 – L 9 AS 1742/14) kommt vorliegend ebenfalls nicht in Betracht. Um die Abgrenzung zu Fällen der Amtshaftung, für die nicht die Sozialgerichte, sondern gem. Art. 34 Satz 3 Grundgesetz und § 17 Abs. 2 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) allein die ordentlichen Gerichte zuständig sind, zu ermöglichen (zur Notwendigkeit dieser Abgrenzung auch Nguyen, jurisPK-SGB XII, § 36 Rn. 27), sind Annexkosten nur unter engen Voraussetzungen anzuerkennen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Regelungen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe den Regelungen des SGB II vorgehen. Ein Anspruch auf Übernahme von Kosten einer Räumungsklage als Annex zu den Unterkunftskosten setzt daher zunächst voraus, dass der Leistungsempfänger diesen Kosten gerade aufgrund einer unrichtigen Sachbehandlung durch den Leistungsträger ausgesetzt ist und die Räumungsklage nicht selbst verschuldet hat (ähnlich LSG Baden-Württemberg, a.a.O., juris Rn. 56). Es ist bereits zweifelhaft, ob diese Voraussetzungen hier erfüllt sind. Dies bezieht sich nicht nur auf die Frage, ob und inwieweit dem Beklagten eine fehlerhafte Sachbearbeitung vorzuwerfen ist. Ebenso bedürfte der näheren Klärung, ob bzw. in welchem Maße die Erhebung der Räumungsklage einem pflicht- bzw. obliegenheitswidrigen Verhalten der Klägerin zuzurechnen ist. Entsprechendes gilt für die Frage, ob die Klägerin bei rechtzeitiger Antragstellung Prozesskostenhilfe für das amtsgerichtlich Verfahren hätte erlangen können. Der Senat musste diesen Fragen aber nicht weiter nachgehen. Denn insbesondere mit Blick auf die Abgrenzung zu den Amtshaftungsfällen kann nicht jegliche Pflichtverletzung des Leistungsträgers bei der Sachbearbeitung dazu führen, dass die Kosten einer Räumungsklage auf der Rechtsgrundlage des § 22 Abs. 1 SGB II zu übernehmen sind. Zu verlangen ist vielmehr, dass die Pflichtverletzung bzw. die fehlerhafte Sachbehandlung in engem Zusammenhang mit dem Leistungsanspruch bezüglich der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung steht. Dieser Zusammenhang mag gegeben sein, wenn es wie in dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. November 2011 (B 14 AS 15/11 R, dort Rn. 19) um die Pflichten des Leistungsträgers im Zusammenhang mit einem Kostensenkungsverfahren geht (im dortigen Fall in Bezug auf die Kosten einer Auszugsrenovierung, bei der streitig war, ob der Mietvertrag den Leistungsempfänger wirksam zu ihrer Durchführung verpflichtete). Ein enger Zusammenhang mit dem Leistungsanspruch in Bezug auf die Unterkunftskosten fehlt jedoch, wenn es wie hier allein um die allgemeinen Betreuungs- und Beratungspflichten des Leistungsträgers geht. Die Frage, ob diesbezüglich Pflichtverletzungen vorliegen, ist dem Bereich der Amtshaftung zuzuordnen. 2. Auch eine auf § 22 Abs. 8 SGB II gestützte Übernahme der Kosten des amtsgerichtlichen Verfahrens als Schulden der Klägerin kommt nicht in Betracht. Es dürfte sich bei den Kosten schon nicht um Schulden im Sinne von § 22 Abs. 8 SGB II, sondern um einen während der Hilfebedürftigkeit der Klägerin eingetretenen, tatsächlich noch nicht gedeckten Bedarf handeln (zur Abgrenzung von Schulden zu Aufwendungen/ungedeckten Bedarfen vgl. BSG, Urteil vom 22.3.2010 – B 4 AS 62/09 R). Im Übrigen sind aber auch die Voraussetzungen für eine Schuldenübernahme nicht erfüllt. Nach § 22 Abs. 8 SGB II können Schulden nur übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, wie bereits ausgeführt ist nicht erkennbar, dass die Unterkunft der Klägerin bei Nichtzahlung der Prozesskosten gefährdet wäre.
3. Weitere Rechtsgrundlagen für die von der Klägerin begehrte Kostenübernahme im Sozialgesetzbuch sind nicht ersichtlich. Ob die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch aus Amtshaftung hat, war vom Senat nicht zu prüfen. Hierfür sind wie dargelegt allein die ordentlichen Gerichte zuständig. Eine Zuständigkeit des Senats für die Prüfung von Amtshaftungsansprüchen ergibt sich auch nicht aus § 17a Abs. 5 GVG, wonach das Gericht, dass über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs nicht prüft. Denn das Sozialgericht hat nicht über einen Amtshaftungsanspruch entschieden, es fehlt insoweit daher an einer erstinstanzlichen "Entscheidung in der Hauptsache" (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 24.9.2015 – L 3 AL 175/13, juris Rn. 30). Eine Teilverweisung der Klage in Bezug auf einen Anspruch aus Amtshaftung ist nicht beantragt worden und nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch nicht möglich (vgl. BSG, Beschluss vom 30.7.2014 – B 14 AS 8/14 B und Beschluss vom 13.6.2013 – B 13 R 454/12 B).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte die Kosten eines amtsgerichtlichen Zahlungs- und Räumungsklageverfahren, zu deren Erstattung die Klägerin durch Kostenfestsetzungsbeschluss verpflichtet wurde, übernehmen muss.
Die 1975 geborene Klägerin ist psychisch erkrankt. Sie bezog bis zum 31. März 2014 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Beklagten. Dabei zahlte der Beklagte die bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung an die Vermieterin der Klägerin, die S. GmbH (S.). Mit Schreiben vom 4. Dezember 2013 teilte die Vermieterin der Klägerin mit, dass sich die Gesamtmiete für ihre Wohnung zum 1. Januar 2014 von bisher 534,41 Euro auf nunmehr 548,14 Euro monatlich erhöhe. Dieses Schreiben leitete die Klägerin zunächst nicht an den Beklagten weiter.
Mit Schreiben vom 5. Februar 2014 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass der Bewilligungszeitraum zum 31. März 2014 ende und sie gegebenenfalls einen Weiterbewilligungsantrag stellen müsse. Ein entsprechendes Formular war beigefügt. Die Klägerin meldete sich daraufhin zunächst weder persönlich noch schriftlich beim Beklagten.
Am 4. April 2014 übermittelte die S. dem Beklagten per Fax ein an die Klägerin gerichtetes Schreiben. Darin hieß es (sic): "bei Durchsicht Ihres Mieterkontos mussten wir feststellen, dass die Miete vom Jobcenter monatlich um EUR 13,73 unterzahlen, so dass sich die Mietrückstände von Monat zu Monat erhöhen. Wir möchten Sie bitten, diese Schreiben beim Jobcenter abzugeben, damit die korrekte Miete ab dem Monat Mai 2014 überwiesen wird."
Am 26. Mai 2014 meldete sich die Klägerin beim Beklagten mittellos. Ihr wurde ein Weiterbewilligungsantrag mit weiteren Zusatzblättern und Checkliste ausgehändigt.
Die S. wies die Klägerin mit Schreiben vom 16. April 2014, 21. Mai 2014, 10. Juni 2014 und 20. Juni 2014 jeweils auf die aktuellen Mietrückstände hin und forderte sie zum Ausgleich auf. Mit Schreiben vom 4. Juli 2014 kündigte die S. aufgrund der bis dahin aufgelaufenen Mietrückstände das Mietverhältnis fristlos und forderte die Klägerin zur Herausgabe der Wohnung bis zum 15. August 2014 auf.
Am 11. Juli 2014 ging beim Beklagten ein Schreiben der F. für Wohnungsnotfälle der Freien und Hansestadt Hamburg ein, mit dem ein drohender Wohnungsverlust der Klägerin angezeigt wurde. Auf diesem Schreiben wurde von einem Mitarbeiter des Beklagten handschriftlich vermerkt, er habe telefonisch darüber informiert, dass die Klägerin aktuell nicht im Leistungsbezug sei. Laut Aktenvermerk des Beklagten rief am 11. Juli 2014 ein Mitarbeiter der S., der sich um Mieter mit Problemen kümmerte, beim Beklagten an und teilte u.a. mit, dass die Wohnung der Klägerin wegen Mietschulden gekündigt worden sei. Dazu vermerkte der Mitarbeiter des Beklagten "Auf Wohnungsnotstelle und Antragstellung Alg II hingewiesen".
Mit Fax vom 20. August 2014 übermittelte die S. dem Beklagten ein an die Klägerin gerichtetes Schreiben, in dem ausgeführt wurde, dass die Räumungsfrist gemäß der fristlosen Wohnungskündigung vom 4. Juli 2014 abgelaufen sei, ohne dass die Mietrückstände beglichen oder die Wohnung geräumt zurückgegeben worden sei. Die Mietrückstände betrügen 2.543,49 Euro. Zur Vermeidung einer gerichtlichen Räumungs- und Zahlungsklage werde der Klägerin Gelegenheit gegeben, das weitere Verfahren mit der S. abzustimmen. Der Beklagte leitete das Schreiben an die F. für Wohnungsnotfälle weiter und teilte dieser mit, dass die Klägerin nicht im Leistungsbezug sei und keinen Antrag gestellt habe.
Am 1. September 2014 stellte die Klägerin beim Beklagten zunächst formlos einen Weiterbewilligungsantrag. Das ausgefüllte und unterschriebene Antragsformular wurde per Fax am 15. Oktober 2014 vom Psychosozialen Dienst der Klinik für Psychiatrie des U.-Krankenhauses E. beim Beklagten eingereicht. Die Klägerin werde seit dem 4. Oktober 2014 stationär behandelt und könne deshalb nicht persönlich vorbeikommen.
Mit Beschluss vom 31. Oktober 2014 bestellte das Amtsgericht Hamburg, Betreuungsgericht, die Vertreterin der Klägerin zu deren Betreuerin für folgende Aufgabenkreise: • Vermögenssorge einschließlich Schuldenregulierung, • Gesundheitsfürsorge, • Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern sowie dem Jugendamt und • Wohnungsangelegenheiten.
Die Betreuerin wandte sich mit Schreiben vom 31. Oktober 2014 an den Beklagten und teilte ihre Bestellung mit. Sie wies darauf hin, dass es offenbar wegen einer fehlenden Antragstellung der Klägerin zur Einstellung der Leistungen nach dem SGB II gekommen sei und beantragte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Nachzahlung der Leistungen für die Zeit seit der Einstellung der Zahlungen. Das Versäumnis der Antragstellung sei eindeutig auf krankheitsbedingte Beeinträchtigungen zurückzuführen, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen nicht dazu in der Lage gewesen, sich adäquat um ihre Belange zu kümmern. Ferner wies die Betreuerin darauf hin, dass die Klägerin akut von Obdachlosigkeit bedroht sei.
Daraufhin bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 6. November 2014 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. September 2014 bis zum 28. Februar 2015. Die Klägerin erhob mit Schreiben ihrer Betreuerin vom 12. November 2014 Widerspruch und machte einen Leistungsanspruch auch für die Zeit ab dem 1. April 2014 geltend. Mit Bescheid vom 18. November 2014 half der Beklagte dem Widerspruch teilweise ab und bewilligte Leistungen bereits ab dem 1. Mai 2014, da die Klägerin am 26. Mai 2014 vorgesprochen habe. Im Übrigen, d.h. hinsichtlich der Leistungen für April 2014, wies der Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 2. März 2015 zurück.
Am 11. November 2014 ging beim Beklagten erneut ein schriftlicher Hinweis der F. für Wohnungsnotfälle auf den drohenden Wohnungsverlust der Klägerin ein. Der Beklagte teilte der F. daraufhin mit, er werde die Miete für die Monate Mai 2014 bis August 2014 in Höhe von monatlich 548,14 Euro direkt an die S. nachzahlen und die laufende Miete übernehmen.
Bereits am 29. September 2014 hatte die S. eine Zahlungs- und Räumungsklage gegen die Klägerin beim Amtsgericht Hamburg erhoben (Az.: 44 C 427/14). Die Klägerin habe Mietrückstände in Höhe von 3.091,63 Euro, deren Zahlung mehrfach angemahnt worden sei. Die Wohnung sei fristlos gekündigt, aber bisher nicht herausgegeben worden. Am 17. November 2014 gab die F. für Wohnungsnotfälle gegenüber der S. unter Hinweis auf das amtsgerichtliche Verfahren eine Verpflichtungserklärung hinsichtlich der Zahlung des fälligen Mietzinses bzw. der fälligen Nutzungsentschädigung für die Klägerin ab. Daraufhin erklärte die S. mit Schreiben vom 28. November 2014 den Rechtsstreit für erledigt. Die Betreuerin der Klägerin stimmte für diese der Erledigungserklärung zu, erkannte jedoch keine Pflicht zur Kostentragung an. Mit Schreiben vom 3. Dezember 2014 beantragte die Betreuerin der Klägerin Prozesskostenhilfe. Am 4. Dezember 2014 verpflichtete das Amtsgericht die Klägerin durch Beschluss zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits. Mit Beschluss vom 9. Dezember 2014 lehnte es den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab und führte zur Begründung aus, die Rechtsverteidigung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Außerdem sei eine nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Abschluss des Rechtsstreits nicht möglich. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts vom 1. Juni 2015 wurden die von der Klägerin an die S. zu erstattenden Kosten auf 1.128,03 Euro festgesetzt.
Die Klägerin beantragte beim Beklagten die Übernahme der Kosten entsprechend dem Kostenfestsetzungsbeschluss, was dieser mit Bescheid vom 24. Juni 2015 ohne Begründung ablehnte. Hiergegen erhob die Klägerin am 10. Juli 2015 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, der Beklagte habe ihr zunächst zu Unrecht keine Leistungen nach dem SGB II bewilligt und damit die Mietrückstände verursacht. Er habe somit die Ursache für die Klage gegen die Klägerin und damit auch für die nun von ihr zu erstattenden Kosten gesetzt. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. August 2015 zurück. Zur Begründung führte er aus, für die Gewährung der begehrten Leistung gebe es im SGB II keine Rechtsgrundlage.
Am 27. August 2015 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht erhoben. Mit Urteil vom 29. Juni 2017 hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2015 verurteilt, der Klägerin 1.128,03 Euro zu gewähren.
Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, Rechtsgrundlage seiner Entscheidung sei § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die durch eine Räumungsklage entstandenen Kosten seien dann als Unterkunftskosten im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu übernehmen, wenn der Leistungsträger angemessene Unterkunftskosten nicht, nicht in voller Höhe oder verspätet geleistet habe und es dadurch zur Räumungsklage betreffend die angemessene Unterkunft gekommen sei. So liege der Fall hier. Der Beklagte habe es trotz des am 26. Mai 2014 gestellten Weiterbewilligungsantrags der Klägerin unterlassen, das Verwaltungsverfahren ordnungsgemäß durchzuführen. Er habe entgegen § 16 Abs. 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht auf die Stellung klarer und sachlicher Anträge und die Ergänzung unvollständiger Angaben durch die Klägerin hingewirkt. Der Beklagte habe seine Beratungs- und Aufklärungspflichten verletzt, indem er die Klägerin nach Einleitung des Verwaltungsverfahrens nicht auf Mitwirkungsversäumnisse hingewiesen und ihr keine Gelegenheit zur Nachholung gegeben habe. So habe der Beklagte nicht dafür Sorge getragen, dass das Antragsformular ausgefüllt und unterschrieben eingereicht werde, obwohl er hierfür infolge der Schreiben der S. und der F. für Wohnungsnotfälle Anlass gehabt habe. Als Antwort auf diese Schreiben habe der Beklagte zweimal eine falsche Auskunft erteilt, statt eine Übernahme der Unterkunftskosten zu prüfen. Dass der Beklagte hier zur Leistung hätte verpflichtet sein können, habe infolge des vormaligen Leistungsbezugs der Klägerin, der Antragstellung im Mai 2014 sowie der Information seitens der S. auf der Hand gelegen.
Gegen das ihm am 20. Juli 2017 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 16. August 2017 Berufung eingelegt. Er trägt vor, Kosten einer Räumungsklage seien nicht als Unterkunftsbedarfe berücksichtigungsfähig, denn allein durch die Begleichung dieser Kosten würde der Erhalt der Wohnung nicht gesichert. Es handele sich um einen Schadensersatzanspruch aus Amtshaftungsgesichtspunkten, der vor dem Zivilgericht geltend zu machen sei. Daneben sei aber auch aus anderen Gründen ein Anspruch nach § 22 SGB II zu verneinen. Es sei einem Antragsteller zuzumuten, nach dem Sachstand seines Antrags nachzufragen. Das sei umso mehr dann zu verlangen, wenn kein ausdrücklicher Antrag vorliege, sondern lediglich eine Mittellosmeldung. Dass kein Mitwirkungsschreiben an die Klägerin versandt wurde, könne dem Beklagten daher nicht vorgeworfen werden. Der Beklagte habe seinerseits das Notwendige getan, um die Räumungsklage zu verhindern. So habe er der Klägerin ein Schreiben vom 5. Februar 2014 gesandt, in der er sie auf das Erfordernis eines Weiterbewilligungsantrags hingewiesen habe und dem ein Antragsformular beigefügt gewesen sei. Am 11. Juli 2014 habe der Beklagte dem Mitarbeiter der S. telefonisch mitgeteilt, dass kein Leistungsantrag der Klägerin vorliege, und auf die F. für Wohnungsnotfälle hingewiesen. Auch habe der Beklagte das Fax der S. vom 20. August 2017 an die F. für Wohnungsnotfälle weitergeleitet. Wegen der unklaren Sachlage sei es dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen, Leistungen zu gewähren. Es erscheine unbillig, die Folgen der Erkrankung der Klägerin dem Beklagten zuzuordnen.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. Juni 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren bisherigen Vortrag sowie das erstinstanzliche Urteil und führt ergänzend aus: Es komme zunächst nicht darauf an, dass allein die Begleichung der Kosten der Räumungsklage den Erhalt der Wohnung nicht sichere. Abzustellen sei vielmehr auch darauf, dass die Kosten als Unterkunftskosten nach § 22 SGB II berücksichtigungsfähig seien, weil sie erst durch dem Beklagten zuzurechnende Umstände entstanden seien. Hätte der Beklagte zeitnah und nicht erst auf den Widerspruch im November 2014 hin Leistungen an die Klägerin erbracht, wäre es weder zur Kündigung des Mietverhältnisses noch zu der Räumungsklage gekommen, die damit einhergehenden Kosten wären gar nicht erst entstanden. Angesichts dessen handele es sich bei den Kosten des Räumungsverfahrens um sog. Annexkosten. Für Schadensersatz- bzw. Amtshaftungsansprüche sei dementsprechend kein Raum. Auch habe der Beklagte keineswegs alles Notwendige getan. Wenn dies so gewesen wäre, hätte der Widerspruch kaum zu einer weitgehend abhelfenden Entscheidung führen können. Ferner möge das Gericht beurteilen, inwieweit die Kenntnis des Beklagten von der psychischen Erkrankung der Klägerin zudem über das übliche Maß hinausgehende Sorgfalt und Pflichten hätte nach sich ziehen müssen. Die Klägerin habe auf die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss 200,- Euro im November 2015 erbracht. Dies sei möglich gewesen, weil nach der Abrechnung des Stromversorgers ein Guthaben zur Auszahlung gelangt sei. Der Vermieter habe zudem jeweils die Guthaben aus den Nebenkostenabrechnungen der Jahre 2014, 2015 und 2016 in Höhe von 224,63 Euro, 71,91 Euro und 147,41 Euro einbehalten und mit der Forderung verrechnet.
Der Senat hat die Leistungsakte des Beklagten und die Prozessakte des Amtsgerichts Hamburg zum Verfahren 44 C 427/14 beigezogen. Am 27. September 2018 hat der Senat den Rechtsstreit mündlich verhandelt. Zu dem Termin war die Betreuerin erschienen, die Klägerin selbst hingegen nicht. Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Akten verwiesen, die bei der Entscheidung vorgelegen haben.
Entscheidungsgründe:
I. Der Senat konnte trotz Ausbleibens der Klägerin im Termin entscheiden, denn in der der Klägerin ordnungsgemäß zugestellten Ladung zur mündlichen Verhandlung war auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).
II. Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Die Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 24. Juni 2015 zur Übernahme der Kosten des amtsgerichtlichen Verfahrens verpflichtet.
Die Klage ist zwar als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage statthaft und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid vom 24. Juni 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. August 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Übernahme der von ihr zu tragenden Kosten des amtsgerichtlichen Verfahrens.
1. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf die begehrte Kostenübernahme nicht aus § 22 Abs. 1 SGB II.
Die Klägerin gehörte zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Kostenfestsetzungsbeschlusses (1. Juni 2015) zwar unstreitig zum Kreis der Leistungsberechtigten nach dem SGB II und erfüllte insbesondere die Voraussetzungen des § 7 SGB II.
Die Kosten des amtsgerichtlichen Verfahrens gehören jedoch nicht zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II. Als "Bedarfe für Unterkunft und Heizung", die nach § 22 Abs. 1 SGB II im Rahmen des Angemessenen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen sind, gelten solche finanziellen Bedarfe, die durch die Beschaffung, Nutzung oder Erhaltung einer Unterkunft entstehen (vgl. Krauß in: Hauck/Noftz, SGB II, § 22 Rn. 32). Die Kosten des Zahlungs- und Räumungsklageverfahrens sind weder durch die Beschaffung noch durch die laufende Nutzung der Wohnung durch die Klägerin entstanden. Es handelt sich auch nicht um Kosten, deren Tragung erforderlich ist, um die Wohnung für die Klägerin zu erhalten. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Vermieterin die Weiternutzung der Wohnung durch die Klägerin an die Begleichung dieser Kosten geknüpft hätte (so war die Sachlage in dem Fall, der dem Urteil des BSG vom 17.6.2010 – B 14 AS 58/09 R zugrunde lag). Im Übrigen berechtigt die Nichtbegleichung der Prozesskosten die Vermieterin nicht zu einer erneuten Kündigung (vgl. BGH, Urteil vom 14.7.2010 – VIII ZR 267/09).
Eine Übernahme von Kosten einer Räumungsklage als "Annex" zu den Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II (zu dieser grundsätzlichen Möglichkeit vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2011 – B 14 AS 15/11, Rn. 19; ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.6.2017 – L 9 AS 1742/14) kommt vorliegend ebenfalls nicht in Betracht. Um die Abgrenzung zu Fällen der Amtshaftung, für die nicht die Sozialgerichte, sondern gem. Art. 34 Satz 3 Grundgesetz und § 17 Abs. 2 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) allein die ordentlichen Gerichte zuständig sind, zu ermöglichen (zur Notwendigkeit dieser Abgrenzung auch Nguyen, jurisPK-SGB XII, § 36 Rn. 27), sind Annexkosten nur unter engen Voraussetzungen anzuerkennen. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Regelungen über die Gewährung von Prozesskostenhilfe den Regelungen des SGB II vorgehen. Ein Anspruch auf Übernahme von Kosten einer Räumungsklage als Annex zu den Unterkunftskosten setzt daher zunächst voraus, dass der Leistungsempfänger diesen Kosten gerade aufgrund einer unrichtigen Sachbehandlung durch den Leistungsträger ausgesetzt ist und die Räumungsklage nicht selbst verschuldet hat (ähnlich LSG Baden-Württemberg, a.a.O., juris Rn. 56). Es ist bereits zweifelhaft, ob diese Voraussetzungen hier erfüllt sind. Dies bezieht sich nicht nur auf die Frage, ob und inwieweit dem Beklagten eine fehlerhafte Sachbearbeitung vorzuwerfen ist. Ebenso bedürfte der näheren Klärung, ob bzw. in welchem Maße die Erhebung der Räumungsklage einem pflicht- bzw. obliegenheitswidrigen Verhalten der Klägerin zuzurechnen ist. Entsprechendes gilt für die Frage, ob die Klägerin bei rechtzeitiger Antragstellung Prozesskostenhilfe für das amtsgerichtlich Verfahren hätte erlangen können. Der Senat musste diesen Fragen aber nicht weiter nachgehen. Denn insbesondere mit Blick auf die Abgrenzung zu den Amtshaftungsfällen kann nicht jegliche Pflichtverletzung des Leistungsträgers bei der Sachbearbeitung dazu führen, dass die Kosten einer Räumungsklage auf der Rechtsgrundlage des § 22 Abs. 1 SGB II zu übernehmen sind. Zu verlangen ist vielmehr, dass die Pflichtverletzung bzw. die fehlerhafte Sachbehandlung in engem Zusammenhang mit dem Leistungsanspruch bezüglich der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung steht. Dieser Zusammenhang mag gegeben sein, wenn es wie in dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. November 2011 (B 14 AS 15/11 R, dort Rn. 19) um die Pflichten des Leistungsträgers im Zusammenhang mit einem Kostensenkungsverfahren geht (im dortigen Fall in Bezug auf die Kosten einer Auszugsrenovierung, bei der streitig war, ob der Mietvertrag den Leistungsempfänger wirksam zu ihrer Durchführung verpflichtete). Ein enger Zusammenhang mit dem Leistungsanspruch in Bezug auf die Unterkunftskosten fehlt jedoch, wenn es wie hier allein um die allgemeinen Betreuungs- und Beratungspflichten des Leistungsträgers geht. Die Frage, ob diesbezüglich Pflichtverletzungen vorliegen, ist dem Bereich der Amtshaftung zuzuordnen. 2. Auch eine auf § 22 Abs. 8 SGB II gestützte Übernahme der Kosten des amtsgerichtlichen Verfahrens als Schulden der Klägerin kommt nicht in Betracht. Es dürfte sich bei den Kosten schon nicht um Schulden im Sinne von § 22 Abs. 8 SGB II, sondern um einen während der Hilfebedürftigkeit der Klägerin eingetretenen, tatsächlich noch nicht gedeckten Bedarf handeln (zur Abgrenzung von Schulden zu Aufwendungen/ungedeckten Bedarfen vgl. BSG, Urteil vom 22.3.2010 – B 4 AS 62/09 R). Im Übrigen sind aber auch die Voraussetzungen für eine Schuldenübernahme nicht erfüllt. Nach § 22 Abs. 8 SGB II können Schulden nur übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, wie bereits ausgeführt ist nicht erkennbar, dass die Unterkunft der Klägerin bei Nichtzahlung der Prozesskosten gefährdet wäre.
3. Weitere Rechtsgrundlagen für die von der Klägerin begehrte Kostenübernahme im Sozialgesetzbuch sind nicht ersichtlich. Ob die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch aus Amtshaftung hat, war vom Senat nicht zu prüfen. Hierfür sind wie dargelegt allein die ordentlichen Gerichte zuständig. Eine Zuständigkeit des Senats für die Prüfung von Amtshaftungsansprüchen ergibt sich auch nicht aus § 17a Abs. 5 GVG, wonach das Gericht, dass über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs nicht prüft. Denn das Sozialgericht hat nicht über einen Amtshaftungsanspruch entschieden, es fehlt insoweit daher an einer erstinstanzlichen "Entscheidung in der Hauptsache" (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 24.9.2015 – L 3 AL 175/13, juris Rn. 30). Eine Teilverweisung der Klage in Bezug auf einen Anspruch aus Amtshaftung ist nicht beantragt worden und nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch nicht möglich (vgl. BSG, Beschluss vom 30.7.2014 – B 14 AS 8/14 B und Beschluss vom 13.6.2013 – B 13 R 454/12 B).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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