L 2 AS 375/16 B

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 11 SF 66/13 E
Datum
-
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AS 375/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde wird unzulässig verworfen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Das Beschwerdeverfahren betrifft die Höhe der durch den Beschwerdegegner zu erstattenden Vergütungsansprüche der Prozessbevollmächtigten der Kläger (im Folgenden Prozessbevollmächtigte) nach dem Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) als beigeordnete Rechtsanwältin, welche auf die Staatskasse übergegangen sind.

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger war im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) den drei Klägern vom Sozialgericht H. (SG) im Verfahren S 22 AS 3749/11 beigeordnet worden. Gegenstand dieses Verfahrens waren Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit von Oktober 2010 bis März 2011.

Dem Klageverfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Das beklagte Jobcenter (im Folgenden: Beschwerdegegner) gewährte den Klägern mit Bescheid vom 26. August 2010 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Oktober 2010 bis 31. März 2011. Hiergegen legten die Kläger eigenständig am 2. September 2010 Widerspruch ein und trugen vor, dass fehlerhaft zu hohes Einkommen der Klägerin zu 3) angerechnet worden sei. Für die Kläger bestellte sich zunächst am 9. September 2010 Rechtsanwalt S. als Bevollmächtigter im Widerspruchsverfahren. Am 15. Februar 2011 führte sodann die Prozessbevollmächtigte aus, dass die Regelsätze ab Januar 2011 verfassungswidrig und der Bescheid vom 26. August 2010 daher rechtswidrig seien. Im Widerspruchsverfahren erließ der Beschwerdegegner zunächst einen Änderungsbescheid vom 12. Mai 2011 und sodann einen Stattgabebescheid vom 9. Juni 2011.

Hiergegen erhoben die Kläger vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte am 5. Juli 2011 Klage zum SG und trugen vor, dass die Kürzung der Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) unberechtigt sei. Die Richtlinie des Beschwerdegegners entspreche nicht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Ferner sei auch noch die Frage der Rundungsregeln zu klären.

Der Beschwerdegegner forderte zunächst von den Klägern weitere Unterlagen an und führte sodann mit Schriftsatz vom 14. Februar 2012 aus, dass im Rahmen einer Einzelfallentscheidung mit Änderungsbescheid vom 17. November 2011 die tatsächlichen KdUH der Kläger berücksichtigt worden seien.

Die Kläger haben hierzu mit anwaltlichem Schriftsatz vom 28. Februar 2012 vorgetragen, dass sie geneigt seien, den Punkt der Rundung fallen zu lassen, da der Beschwerdegegner schnell und zügig zunächst über die KdUH entschieden habe. Sie bäten aber zunächst um Mitteilung, ob der Beschwerdegegner geneigt sei, die Kosten zu tragen.

Der Beschwerdegegner hat sich mit Schriftsatz vom 20. September 2012 zur Tragung der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger dem Grunde nach bereit erklärt, soweit sich der Rechtsstreit für die Klägerseite mit dem Änderungsbescheid vom 17. November 2011 erledigt habe. Hinsichtlich der Rundungsregelung fehle es nach Erlass der Entscheidung des BSG vom 12. Juli 2012 - B 4 AS 35/12 R - an einem Rechtsschutzinteresse an der Weiterverfolgung des Rechtsstreites.

Die Kläger haben mit anwaltlichem Schriftsatz vom 26. September 2012 das Klageverfahren für erledigt erklärt und das Kostenanerkenntnis des Beschwerdegegners angenommen. Weiter haben sie vorgetragen, dass der weitere Punkt der Rundungsregelungen fallen gelassen werde.

Mit der Erhebung der Klage hatten die Kläger die Gewährung von PKH für das Klageverfahren unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten unter Vorlage von Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst diverser Unterlagen zur Glaubhaftmachung beantragt. Mit Beschluss vom 6. August 2012 ist das SG diesem Antrag gefolgt.

Mit Prozesskostenhilfe-Festsetzungsantrag vom 18. Oktober 2012 hat die Prozessbevollmächtigte die Zahlung von 573,58 EUR geltend gemacht:

Gebühren/Auslagentatbestand

Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG: 170,00 EUR
+ Erhöhung für zwei weitere Auftraggeber Nr. 1008 VV RVG: 102,00 EUR
+ Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 190,00 EUR
+ Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR
= Zwischensumme Gebühren: 482,00 EUR

+ Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG: 91,58 EUR
= Gesamtbetrag: 573,58 EUR

Mit Prozesskostenhilfe-Festsetzungsbeschluss vom 11. Dezember 2012 hat das SG durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den PKH-Erstattungsanspruch auf 465,29 EUR festgesetzt. Dem lag folgende Berechnung zugrunde:

Gebühren/Auslagentatbestand

Verfahrensgebühr zzgl. Erhöhung Nr. 3103, 1008 VV RVG: 181,00 EUR
+ Erledigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG: 190,00 EUR
+ Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR
+ Umsatzsteuer: 74,29 EUR
= Gesamtbetrag: 465,29 EUR

Mit Schreiben vom 27. Dezember 2012 hat die Beschwerdeführerin gegenüber dem Beschwerdegegner den Forderungsübergang gemäß § 59 RVG erklärt und die Erstattung des Betrages in Höhe von 465,29 EUR gefordert.

Gegen die Zahlungsaufforderung hat der Beschwerdegegner am 13. Februar 2013 Erinnerung eingelegt und vorgetragen, dass die Erledigungsgebühr nicht entstanden und im Übrigen die Festsetzung der Mittelgebühr unbillig sei. Er sei nur zur Erstattung eines Betrages in Höhe von 239,19 EUR bereit (Verfahrensgebühr: 181 EUR, Post-und Telekommunikationspauschale: 20 EUR, zzgl. Mehrwertsteuer).

Mit Kostenrechnung vom 21. November 2013 hat die Beschwerdeführerin von dem Beschwerdegegner einen Betrag aus den gemäß § 59 RVG auf die Staatskasse übergegangen Ansprüchen in Höhe von 465,29 EUR gefordert.

Mit Beschluss vom 15. Februar 2016 hat das SG auf die Erinnerung des Beschwerdegegners unter Abänderung des Kostenansatzes vom 21. November 2013 die von diesem an die Staatskasse zu erstattenden Kosten auf 239,19 EUR festgesetzt. Es hat ausgeführt: Die Erinnerung sei nach § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung in Verbindung mit § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Eine Erledigungsgebühr sei nicht entstanden. Die übergegangene Forderung berechne sich wie folgt:

Gebühren/Auslagentatbestand

Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG: 181,00 EUR
+ Post- und Telekommunikationspauschale Nr. 7002 VV RVG: 20,00 EUR
+ Umsatzsteuer: 38,19 EUR
= Gesamtbetrag: 239,19 EUR

Weiter wurde ausgeführt, dass der Beschluss unanfechtbar sei (§ 59 Abs. 2 Satz 1 RVG in Verbindung mit § 197 Abs. 2 SGG).

Gegen den ihm am 18. Februar 2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 22. Februar 2016 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen: Die Beschwerde der Staatskasse sei entgegen der Ausführungen des SG gemäß §§ 59 Abs. 2, 66 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) analog zulässig. Es erschließe sich nicht, warum der zugrundeliegende auf die Staatskasse übergegangene Vergütungsanspruch nach § 55 RVG dem Rechtsbehelf der Beschwerde aus §§ 56 Abs. 2, 33 RVG im Ausgangsverfahren unterliege, sich aber später in der Geltendmachung gegenüber dem Kostenschuldner die Möglichkeiten der Beteiligten zur Einlegung eines Rechtsbehelfs lediglich auf die Erinnerung beschränken sollen. Der Kostenansatz des Kostenbeamten sei fehlerfrei berechnet worden. Die Einwendungen des Kostenschuldners seien gemäß §§ 412, 407 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf die Einwände gegen den Kostenansatz "formeller Art" entsprechend beschränkt. Der Beschwerdegegner könne keine materiell-rechtlichen Einwendungen über den Erstattungsanspruch eines Rechtsanwaltes (Altgläubiger) im Wege der Erinnerung gemäß § 66 GKG erheben. Die festgesetzten Gebühren seien auch nicht unbillig. Eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1000, 1002, 1005, 1006 RVG sei in der Sache entstanden, weil eine Mitwirkung der Prozessbevollmächtigen zur Erledigung des Rechtstreites erkennbar sei.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 15. Februar 2016 vollständig aufzuheben und den Kostenansatz des Kostenbeamten vom 21. November 2013 gegen den Kostenschuldner in vollem Umfang zu bestätigen.

Der Beschwerdegegner hat sich nicht geäußert.

Die Berichterstatterin hat mit Verfügung vom 22. August 2018 darauf hingewiesen, dass nach der Entscheidung des BSG vom 29. September 2017 - B 13 SF 8/17 S - für die Feststellung der Höhe des auf die Staatskasse nach § 59 Abs. 1 RVG übergegangenen Anspruchs gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG die Vorschrift des § 189 SGG entsprechend anzuwenden sei. Eine Beschwerde gegen die Erinnerungsentscheidung sei daher nach § 189 Abs. 2 Satz 1 SGG i.V.m. § 172 Abs. 1 HS 2 SGG unstatthaft. Im Übrigen habe das BSG klargestellt, dass Einwendungen gegen den Kostenansatz auch dem Beklagten möglich seien.

Der Beschwerdeführer hat hierzu vorgetragen, dass die Beschwerde nach § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 66 Abs. 2 GKG analog statthaft sei. Die zitierte Einzelfallentscheidung des BSG sei wenig überzeugend. Für die Aufstellung des Kostenansatzes zur Geltendmachung des übergegangenen Anspruchs sei nach der ländergleichen verwaltungsrechtlichen Kostenverfügung Land Sachsen-Anhalt (KostVfg LSA) der Kostenbeamte zuständig und nicht der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle. Der Gesetzgeber habe mit Einführung des 2. KostRMoG zum 1. August 2013 den § 59 Abs. 2 Satz 4 RVG ersatzlos gestrichen, der einen expliziten Verweis auf das GKG enthalten habe. Er habe jedoch mit dem Verweis auf die entsprechenden Kostengesetze der einzelnen gerichtlichen Verfahren die gerichtskostenfreien pauschgebührenpflichtigen Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit übersehen. Die Vorschrift müsse daher ergänzt werden, um den Gleichlauf aller kostenrechtlichen Verfahren in ihrer Systematik wieder herzustellen. Daher müsse § 66 GKG analog angewendet werden (so auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22. August 2016 - L 8 SO 27/16 B - unveröffentlicht). Die dem entgegenstehende Rechtsprechung (so BSG a.a.O.; LSG Nordrhein-Westfalen, 9. Februar 2015 - L 9 AL 321/14 B - zitiert nach juris), welche die Vorschriften des § 189 Abs. 2 SGG oder § 197 Abs. 2 SGG anwende, sei abzulehnen, weil dann der vom Kostenbeamten des SG aufgestellte Kostenansatz insgesamt zu hinterfragen sei, da dieser gar nicht zuständig wäre. Es handele sich um Gerichtskosten, die im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 412 BGB aus § 59 Abs. 1 RVG auf die Staatskasse aufgrund und zum Zeitpunkt der Zahlung der PKH-Anwaltsvergütung übergegangen seien. Dies habe mit der Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten der Beteiligten der Hauptsache durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nach § 197 SGG nichts zu tun. Zudem wäre bei dieser Ansicht für die Feststellung des Forderungsübergangs nach § 59 RVG ausschließlich der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des 1. Rechtszugs nach § 197 Abs. 1 SGG zuständig, was bereits durch § 59 Abs. 2 Satz 2 RVG ausgeschlossen sei, weil das Gericht die Kosten ansetze, bei dem sie angefallen seien. Soweit man der Ansicht des BSG folge, wäre der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle im Sinne von § 4 SGG zuständig, weil das Verfahren nach §§ 183, 184 SGG keinen Kostenbeamten kenne. Dessen Entscheidung könne ausschließlich mit den zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen angegriffen werden. Der Kostenansatz des Kostenbeamten zur Feststellung des erstattungspflichtigen Betrags aufgrund Forderungsübergang sei hingegen bis zu einer gerichtlichen Entscheidung abänderbar, insbesondere wenn die PKH-Rechtsanwaltsvergütung aufgrund von Rechtsbehelfen abgeändert werde. Dies käme aber nicht in Betracht, wenn die Rechtsbehelfsfrist des § 189 Abs. 2 SGG anzuwenden sei, weil innerhalb dieser Frist keine Entscheidung nach § 56 RVG erfolge. Entsprechend der Verjährungsfrist nach § 5 GKG analog sei aber die Landeskasse gehalten, die ausstehenden Kosten beim Erstattungspflichtigen beizutreiben. Der Gesetzgeber habe jedoch die kostenrechtliche Struktur als eigenständigen Justizverwaltungsakt zur Geltendmachung des übergegangenen Anspruchs der Landeskasse gegenüber den Erstattungspflichten nach den jeweils geltenden Landes- und Bundesvorschriften - in Sachsen-Anhalt die KostVfg. LSA - vereinheitlichen wollen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.

II.

Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist der Senat, nachdem die Berichterstatterin als Einzelrichterin das Verfahren auf den Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung übertragen hat (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Sätze 1 und 2 RVG).

Die Beschwerde ist gemäß § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG (in der Fassung durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts - 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 23. Juli 2013, BGBl. I 2013, S. 2586) i.V.m. § 189 Abs. 2 Satz 2 SGG nicht statthaft. Anzuwenden ist die Regelung des § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG in der Fassung ab dem 1. August 2013, weil die §§ 60 ff. RVG für die Feststellung des Übergangs von Ansprüchen auf die Staatskasse nach § 59 RVG - anders als für die Feststellung der Höhe der Vergütung des Rechtsanwaltes - keine Übergangsregelung enthalten.

Gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG geht der Anspruch mit der Befriedigung des Rechtsanwalts durch die Staatskasse auf diese über, soweit dem im Wege der Prozesskostenhilfe ( ) bestellten Rechtsanwalt wegen seiner Vergütung ein Anspruch gegen die Partei oder einen ersatzpflichtigen Gegner zusteht. Nach § 59 Abs. 2 Satz 1 RVG gelten für die Geltendmachung des Anspruchs sowie für die Erinnerung und die Beschwerde die Vorschriften über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens entsprechend.

Der Rechtsbehelf gegen die Feststellung des Forderungsübergangs nach § 59 RVG richtet sich nach § 189 Abs. 2 SGG (vgl. hierzu auch umfassend: BSG, Beschluss vom 29. September 2017 - B 13 SF 8/17 S, Rn. 12 ff - zitiert nach juris). Gemäß § 189 Abs. 2 Satz 1 SGG erfolgt die Feststellung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Gegen diese Feststellung kann nach § 189 Abs. 2 Satz 2 SGG innerhalb eines Monats nach Mitteilung das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet. Eine Beschwerde ist gegen die Entscheidung des Gerichts ausgeschlossen. Denn die Entscheidung des SG über die Feststellung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ist endgültig.

Demgegenüber richtet sich der Rechtsbehelf nicht nach § 66 GKG. Denn der Gesetzgeber hat die frühere Verweisung in § 59 Abs. 2 Satz 4 RVG auf § 66 GKG zum 1. August 2013 ausdrücklich gestrichen.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann § 66 GKG auch nicht (mehr) analog angewendet werden. Eine analoge Anwendung kommt ohnehin nur in Betracht, wenn eine planwidrige Regelungslücke besteht. Wenn der Gesetzgeber eine gesetzliche Regelung, welche eine ausdrückliche Verweisung zu einer anderen Vorschrift enthalten hat, aufhebt, muss die Bejahung einer Regelungslücke, die gerade wieder zu der analogen Anwendung dieser Vorschrift führen soll, besonders begründet werden. Es besteht schon keine Regelungslücke. Denn die Regelungen des SGG eröffnen einen ausreichenden Spielraum für die Feststellung der übergangenen Ansprüche und dementsprechende Rechtsbehelfe/-mittel der Beteiligten. Der Gesetzgeber wollte - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - die entsprechenden Rechtsbehelfe auch nicht mehr einheitlich nach § 66 GKG regeln, sondern gerade unter Berücksichtigung der jeweils anwendbaren Kostengesetze (vgl. BT-Drs. 17/11471, Seite 271). Für das sozialgerichtliche Verfahren gibt es kein eigenständiges Kostengesetz. Vielmehr erfolgt in den Fällen, in denen die Beteiligten nicht kostenprivilegiert im Sinne des § 183 SGG sind, in § 197a SGG ein Verweis auf die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und das GKG. Für die Fälle, in denen das Verfahren - wie das zugrundeliegende Klageverfahren - kostenfrei geführt wird, weil mindestens ein Beteiligter nach der Vorschrift des § 183 SGG kostenprivilegiert ist, enthält das SGG in §§ 184 ff. eigenständige kostenrechtliche Regelungen, so dass es eines gesonderten Kostengesetzes ebenfalls nicht bedarf. Ein gerichtskostenfreies Verfahren liegt vor, wenn ein Beteiligter - Kläger oder Beklagter - nach § 183 SGG kostenprivilegiert, d.h. Versicherter, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderter Mensch oder Sonderrechtsnachfolger nach § 56 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - (SGB I) ist, der in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagter beteiligt ist. Sofern der andere Beteiligte des Verfahrens nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehört, muss er nach § 184 SGG für diese Streitsache eine pauschale Gebühr entrichten. Die Festsetzung dieser Gebühr erfolgt nach § 189 SGG durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Mit diesen Pauschalgebühren soll jedenfalls ein Teil der Gerichtshaltungskosten erstattet werden (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, Kommentar, 12. Auflage, 2017, § 184, Rn. 2). Es handelt sich demnach mindestens um den Gerichtskosten im Sinne des GKG ähnliche Kosten. Wenn aber das SGG schon eine eigenständige Regelung zur Erhebung dieser Gerichtshaltungskosten in Form von Pauschalgebühren vorhält, kann für den Ansatz vergleichbarer Kosten, die der Staatskasse durch das bei dem Gericht geführte Verfahren entstanden sind, auf diese sachnäheren Vorschriften zurückgegriffen werden. Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften aus dem GKG scheidet dann aus.

Zudem erscheint das Vorliegen einer Regelungslücke auch deshalb fernliegend, weil der Gesetzgeber durch die Streichung des § 59 Abs. 2 Satz 4 RVG keine neue Rechtslage geschaffen hat, sondern vielmehr zu der alten Regelung des § 130 Abs. 2 Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGebO) in der Fassung vom 1. Januar 1964, zurückgekehrt ist. Zu der bis zum 30. Juni 1994 geltenden Rechtslage war bereits anerkannt, dass hinsichtlich der Rechtsmittel auf die Vorschrift des § 189 SGG zurückzugreifen ist (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 19. Oktober 1990 - 11 S 9/90 - zitiert nach juris). Wenn der Gesetzgeber die Regelungen (wieder) an das maßgebende Verfahrensrecht angleicht, in welchem unter Umständen nur eingeschränkte Rechtsmittelmöglichkeiten eröffnet sind, so ist dies hinzunehmen. Zumal der übergegangene Anspruch in der Sache nichts anderes ist als der Kostenerstattungsanspruch der Kläger gegen den Beklagten nach § 193 SGG, welcher nach § 197 SGG in der Fassung des 6. SGGÄndG vom 17. August 2001 festgesetzt wird. Nach § 197 Abs. 2 SGG besteht ebenfalls kein Beschwerderecht. Warum dem Beschwerdegegner bei einem Übergang des Anspruchs nach § 59 RVG weitergehende Rechtsschutzmöglichkeiten eröffnet werden sollen, erschließt sich nicht. Der Gesetzgeber hat bereits durch die unterschiedlichen Regelungen zu den Beschwerdemöglichkeiten im Rahmen der Kostenfestsetzung nach § 197 SGG und zur Festsetzung der Vergütungsansprüche des Rechtsanwaltes aufgrund der Gewährung von PKH nach § 55 RVG in Kauf genommen, dass es eben nicht in jedem ähnlich gelagerten Sachverhalt dieselben Rechtmittel geben muss.

Auch der Umstand, dass andere Prozessordnungen in vergleichbaren Konstellationen Beschwerden unter gewissen Voraussetzungen zulassen, führt angesichts der ausdrücklichen und eindeutigen Regelung im SGG zu keiner anderen Beurteilung. Mangels Vergleichbarkeit der Personengruppen und der Verfahrensordnungen liegt hierin auch keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16. August 2016 - L 4 AS 217/16 B - zitiert nach juris, Rn. 16 m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers müssen die kostenrechtlichen Verfahren der verschiedenen Verfahrensordnungen nicht im Gleichlauf geregelt werden. Andernfalls hätte es der Streichung des § 59 Abs. 2 Satz 4 RVG gerade nicht bedurft. Die Staatskasse kann im Rahmen der Rechtsbehelfe gegen die PKH-Festsetzung nach §§ 55 ff RVG ihre Rechte ausreichend wahrnehmen und durch eine frühzeitige Beteiligung des erstattungspflichten Beklagten im Sinne des § 193 SGG oder durch ein Hinwirken auf ein Ruhendstellen des Erinnerungsverfahrens gegen den Kostenansatz über die nach § 59 RVG übergegangenen Ansprüche divergierende Entscheidungen verhindern. Die Gefahr divergierender Entscheidungen im PKH-Festsetzungsverfahren und im Verfahren auf Festsetzung des auf die Staatskasse übergegangenen Anspruchs oder die Gefahr eines Verjährungseintritts wird auch nicht durch die Eröffnung einer Beschwerdemöglichkeit ausgeschlossen. Denn auch insoweit handelt es sich bei der Beschwerde gegen die PKH-Festsetzung und der Beschwerde gegen die Festsetzung des auf die Staatskasse übergegangenen Anspruchs nach § 59 RVG um unterschiedliche Verfahren, in deren Vergleich es ebenfalls zu unterschiedlichen Entscheidungszeitpunkten und divergierenden Entscheidungen kommen kann. Zumal der Beschwerdegegner, der im PKH-Festsetzungsverfahren nicht beteiligt worden ist, berechtigt ist, gegen die Erhebung des nach § 59 RVG übergegangen Anspruchs materielle-rechtliche Einwendungen zu erheben (vgl. hierzu auch BSG, Beschluss vom 19. Oktober 1990 - 11 S 9/90, Rn. 5 - zitiert nach juris). So dass auch bei der Bejahung eines Beschwerderechts im vorliegenden Fall divergierende Entscheidungen möglich sind.

Die KostVfg LSG begründet ebenfalls keine Anwendung des GKG. Es erscheint schon fraglich, ob der gemäß § 59 RVG auf die Staatskasse übergegangene Anspruch von diesen Regelungen überhaupt erfasst wird. Denn unmittelbar wird er in § 4 KostVfg LSA nicht erwähnt. Zudem regelt die KostVfg LSA allein die Feststellung des Kostenansatzes, nicht nach welcher Vorschrift der Kostenansatz entstanden ist. Die Regelungen der KostVfg LSA können auch keine Rechtsbehelfe eröffnen, die das Gesetz nicht vorsieht.

Eine Unterscheidung von Kostenbeamten und Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ergibt sich auch nicht aus dem SGG. Die Regelung des § 59 Abs. 2 Satz 2 RVG bezieht sich allein auf die instanzielle Zuständigkeit des für den Kostenansatz zuständigen Gerichts. Eine Festlegung der sachlichen Zuständigkeit ist damit noch nicht erfolgt.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet, § 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG.

gez. gez. gez.
Rechtskraft
Aus
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