Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 50 R 440/16
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 415/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 17/18 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Rentenversicherung
Pflichtbeitragszeiten
Kindererziehungszeiten
§ 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI in Verbindung mit Anlage 2b SGB VI ist verfassungsgemäß.
Pflichtbeitragszeiten
Kindererziehungszeiten
§ 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI in Verbindung mit Anlage 2b SGB VI ist verfassungsgemäß.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 19. Mai 2017 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung einer höheren Altersrente für Frauen ab 1. August 2015 unter Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten neben gleichzeitigen Pflichtbeitragszeiten für eine pflichtversicherte Beschäftigung hat.
Die am 1951 geborene Klägerin ist die Mutter der am 1976, am 1979, am 1982 und am 1988 geborenen Kinder K ..., L ..., M ... sowie N ... und bezieht aufgrund Rentenantrages vom 15. Juli 2015 Altersrente für Frauen seit 1. August 2015, die ihr mit Rentenbescheid vom 26. August 2015 bewilligt wurde. Der Rentenbescheid vom 26. August 2015 wies – neben einem Nachzahlungsbetrag für den Zeitraum vom 1. bis 31. August 2015 in Höhe von 875,26 Euro – einen monatlichen Rentenzahlbetrag ab 1. September 2015 in Höhe von 875,26 Euro aus. Der Berechnung der Rente legte die Beklagte – neben 0,3912 persönlichen Entgeltpunkten mit dem aktuellen Rentenwert in Höhe von 29,21 Euro monatlich – 35,7508 persönliche Entgeltpunkte (Ost) mit dem aktuellen Rentenwert (Ost) in Höhe von 27,05 Euro monatlich zu Grunde. Dabei begrenzte sie die zu berücksichtigenden Entgeltpunkte, die sich für Kindererziehungszeiten neben Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung in den Monaten März 1977 bis September 1978, März 1980 bis Oktober 1981, Januar 1984 bis März 1984, Juli 1984 bis November 1984, Januar 1989 und Januar 1990 bis April 1990 ergaben, auf die Höchstbeträge der Anlage 2b zum Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VI), so dass für diese Zeiten die zusätzlichen Entgeltpunkte für Zeiten der Kindererziehung von monatlich 0,0833 Entgeltpunkten reduziert wurden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 17. September 2015 Widerspruch, monierte die unzutreffende Berücksichtigung der Fachschulausbildungszeit von September 1970 bis August 1973 und wandte sich gegen die Begrenzung der Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten durch die Höchstgrenzen nach Anlage 2b SGB VI. Die Begrenzung der Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten auf die Höchstwerte nach Anlage 2b SGB VI verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Insofern erscheine eine verfassungsgerichtliche Klärung erforderlich. Außerhalb des Widerspruchsverfahrens beantragte sie mit Schreiben vom 9. November 2015 die Berücksichtigung von Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld II im Zeitraum von Oktober (gemeint: September) bis Dezember 2008 sowie von Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug im Zeitraum von Januar 2009 bis Juli 2015.
Mit Rentenneufeststellungsbescheid vom 1. Dezember 2015 berücksichtigte die Beklagte die begehrten Zeiten der Fachschulausbildung von September 1970 bis August 1973 und des Bezugs von Arbeitslosengeld II von September bis Dezember 2008, sodass die Beklagte der Rentenberechnung (rückwirkend) ab 1. August 2015 – neben 0,4238 persönlichen Entgeltpunkten mit dem aktuellen Rentenwert in Höhe von 29,21 Euro monatlich – 37,1066 persönliche Entgeltpunkte (Ost) mit dem aktuellen Rentenwert (Ost) in Höhe von 27,05 Euro monatlich zu Grunde legte. Daraus resultierte ein monatlicher Zahlbetrag der Rente ab 1. Dezember 2015 in Höhe von 908,92 Euro sowie eine Nachzahlung für den Zeitraum von August bis November 2015 in Höhe von 134,64 Euro.
Den Widerspruch im Übrigen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2016 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Die Bewertung der Kindererziehungszeiten sei in § 70 Abs. 2 SGB VI geregelt. Beim Zusammentreffen von Kindererziehungszeiten mit anderen Beitragszeiten, seien die Entgelte nur bis zur Grenze der Anlage 2b SGB VI zu berücksichtigen. Dies sei geltendes Recht und verfassungsgemäß, wie das Bundessozialgericht (BSG) und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in der Vergangenheit bereits mehrfach bestätigt hätten.
Die hiergegen am 24. März 2016 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden mit Gerichtsbescheid vom 19. Mai 2017 abgewiesen: § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sei eindeutig und nicht verfassungswidrig, wie das BVerfG bereits im Nichtannahmebeschluss vom 29. August 2007 (1 BvR 858/03) ausgeführt habe. Dadurch, dass mit Wirkung vom 1. Juli 2014, ohne Einzelprüfung, Müttern, die vor dem 1. Januar 1992 geboren hätten, für die zuvor nicht honorierten Kindererziehungszeiten pauschal ein Entgeltpunkt zusätzlich gewährt worden sei, wenn am 30. Juni 2014 bereits ein Rentenanspruch bestanden habe, werde in einer verwaltungspraktikablen Form die bisher noch vorhandene Benachteiligung einer erheblichen Zahl von Bestandsrentnerinnen beseitigt. § 307d SGB VI benachteilige von seiner Zielrichtung her nicht die Klägerin, sondern beseitige die Benachteiligung anderer Personengruppen.
Gegen den am 24. Mai 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 19. Juni 2017 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren, weiterverfolgt. Sie rüge primär die Verfassungswidrigkeit von § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI. Ihr Erziehungsbeitrag zum "Generationenvertrag" werde nicht angemessen honoriert, sondern wegen ihrer gleichzeitigen Pflichtbeitragszeiten gekürzt. Insofern seien auch noch verfassungsgerichtliche Verfahren anhängig. Außerdem bestehe auch eine Ungleichbehandlung bei der Bewertung der Kindererziehungszeiten zwischen Bestands- und Zugangsrentnern.
Die Klägerin beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 19. Mai 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 26. August 2015 in der Fassung des Rentenneufeststellungsbescheides vom 1. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2016 abzuändern und ihr Altersrente für Frauen ab 1. August 2015 unter unbegrenzter Anrechnung von Entgeltpunkten für Beitragszeiten der Kindererziehung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Mit Schriftsätzen vom 28. Juni 2017 (Beklagte) sowie vom 29. Juni 2017 (Klägerin) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage zu Recht mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 19. Mai 2017 abgewiesen hat. Denn der Rentenbescheid der Beklagten vom 26. August 2015 in der Fassung des Rentenneufeststellungsbescheides vom 1. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Sie hat keinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Altersrente für Frauen ab 1. August 2015 unter Berücksichtigung weiterer Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten.
Zur Begründung kann zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Dresden im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 19. Mai 2017 Bezug und von einer weiteren Begründung Abstand genommen werden (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Übrigen sind lediglich folgende Ergänzungen veranlasst:
1. Die Beklagte hat die "Gesamt-Rangstellenwerte" (Entgeltpunkte), die beim Zusammentreffen von Beitragszeiten wegen Kindererziehung mit beitragsbelasteten Beitragszeiten einzustellen sind (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 4 RA 46/01 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22), zutreffend nach § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ermittelt. Sie hat – gemäß der in Gesetzesform ergangenen Verwaltungsvorschrift des § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI – die "Gesamt-Rangstellenwerte" in der Weise ermittelt, dass sie von den Entgeltpunkten aus den beitragsbelasteten Beitragszeiten auf Grund versicherungspflichtiger Beschäftigung als Sockelbetrag ausgegangen und die aus den Beitragszeiten wegen Kindererziehung einzustellenden Werte nur bis zu den Höchstwerten der Anlage 2b hinzugerechnet, übersteigende Entgeltpunkte also unberücksichtigt gelassen hat. Denn nach § 70 Abs. 2 Satz 1 SGB VI erhalten Kindererziehungszeiten für jeden Kalendermonat 0,0833 Entgeltpunkte. Soweit im selben Monat andere Beitragszeiten zu Entgeltpunkten führen, werden diese gemäß § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI um bis zu 0,0833 Entgeltpunkte, höchstens jedoch bis zum Erreichen des jeweiligen Höchstwertes nach Anlage 2b zum SGB VI erhöht. Nach dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Regelung ist eine, wie von der Klägerin begehrte, vollständige Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten in Monaten, in denen die Klägerin bereits die Beitragsbemessungsgrenze erreicht, vorliegend in den Monaten März 1977 bis September 1978, März 1980 bis Oktober 1981, Januar 1984 bis März 1984, Juli 1984 bis November 1984, Januar 1989 und Januar 1990 bis April 1990, ausgeschlossen.
2. Soweit die Klägerin eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung durch § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI rügt, ist eine solche nicht ersichtlich. Zwar hat der Gesetzgeber in § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI eine Regelung getroffen, die zu einer unterschiedlichen Bewertung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung führt. Während Versicherte, die neben der Kindererziehung nicht versicherungspflichtig erwerbstätig waren und für den gleichen Zeitraum auch keine freiwilligen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben, für jeden Kalendermonat 0,0833 Entgeltpunkte erhalten, wird die Kindererziehungsleistung geringer bewertet, sobald die Summe aus Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten und aus sonstigen Beitragszeiten den Höchstwert an Entgeltpunkten nach Anlage 2b zum SGB VI überschreitet. Je mehr sonstige Beiträge für den Zeitraum der Kindererziehung geleistet werden, umso höher fällt die Kürzung der Entgeltpunkte für die Kindererziehungszeiten aus. Wird ein Arbeitsentgelt in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze bezogen und damit bereits der Höchstbetrag an Pflichtbeiträgen gezahlt, bleibt die Kindererziehungsleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung sogar völlig unberücksichtigt.
Diese Ungleichbehandlung ist jedoch durch sachliche Gründe gerechtfertigt (vgl. dazu umfassend: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 29. August 2007 - 1 BvR 858/03 - JURIS-Dokument, RdNr. 7ff.). Der Gesetzgeber ist aufgrund des Schutzauftrages aus Art. 6 Abs. 1 GG zwar dazu verpflichtet, durch die Kindererziehung entstehende Benachteiligungen in der Alterssicherung von kindererziehenden Familienmitgliedern auszugleichen. Allerdings verfügt er dabei über einen nicht unerheblichen Gestaltungsrahmen. Der Gesetzgeber darf nicht nur die jeweilige Haushaltslage und die finanzielle Situation der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch über Jahrzehnte gewachsene und bewährte Prinzipien im komplexen System der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen. Das BVerfG hat dabei hervorgehoben, dass durch Kindererziehung entstehende Nachteile innerhalb der Systematik der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen werden und sich die Anerkennung von Kindererziehungszeiten in die Struktur der Rentenversicherung einfügt (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 29. August 2007 - 1 BvR 858/03 - JURIS-Dokument, RdNr. 8 mit weiteren Nachweisen). Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber bei seinen Maßnahmen zur erweiterten Anerkennung der Kindererziehungsleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung seit der Einführung der Anrechnung von Kindererziehungszeiten am 1. Januar 1986 regelmäßig innerhalb des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung geblieben ist. Die Höchstwerte nach Anlage 2b zum SGB VI stellen sicher, dass auch nach Hinzurechnung von Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten die Summe der Entgeltpunkte insgesamt auf die Zahl begrenzt wird, die bei einer Beitragszahlung bis zur Beitragsbemessungsgrenze höchstens erreichbar ist (BT-Drs. 13/8011, S. 67). Die Begrenzung der Beitragspflicht gehörte von Beginn an zu den Grundprinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung. Dadurch wird nicht nur die Beitragsbelastung für Versicherte mit hohen Einkommen begrenzt und das Gewicht des Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit durch die Zwangsversicherung gemindert. Mit der Beschränkung des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherbaren Arbeitsentgelts kommt der Beitragsbemessungsgrenze noch eine weitere Funktion als "Leistungsbemessungsgrenze" zu. Sie erhält den Renten grundsätzlich ihre existenzsichernde Funktion und gewährleistet zugleich die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 29. August 2007 - 1 BvR 858/03 - JURIS-Dokument, RdNr. 11 mit weiteren Nachweisen).
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren sinngemäß ausführte, die streitgegenständliche Frage, ob § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI in Verbindung mit Anlage 2b SGB VI mit dem GG vereinbar sei, sei erneut verfassungsgerichtlich anhängig, ist darauf hinzuweisen, dass derzeit keine Verfahren mehr beim BVerfG anhängig sind. Das bundesverfassungsgerichtliche konkrete Normenkontrollverfahren 1 BvL 6/12 (Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des SG Neubrandenburg vom 12. Januar 2012 im Verfahren S 4 RA 152/03) wurde mit Beschluss des BVerfG vom 21. September 2016 beendet. Die bundesverfassungsgerichtliche Verfassungsbeschwerde 1 BvR 287/14 (gerichtet unter anderem gegen den Nichtzulassungsbeschwerdebeschluss des BSG vom 25. November 2013 im Verfahren B 13 R 227/13 B sowie das Urteil des Sächsischen LSG vom 13. Mai 2013 im Verfahren L 4 R 684/11) wurde mit Beschluss des BVerfG vom 16. Dezember 2016 nicht zur Entscheidung angenommen.
3. Soweit die Klägerin eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Bestands- und Zugangsrentner im Hinblick auf den in § 307d SGB VI geregelten Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung (sog. "Mütterrente") rügt, ist eine solche gleichfalls nicht ersichtlich. Zwar benachteiligt diese Vorschrift Mütter, die am 30. Juni 2014 noch nicht Anspruch auf eine Rente hatten (Zugangsrentner), gegenüber denjenigen Müttern, die am 30. Juni 2014 bereits einen Anspruch auf eine Rente hatten (Bestandsrentner), wenn lediglich bei den Bestandsrentnerinnen ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind berücksichtigt wird, wenn in der Rente eine Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt angerechnet wurde.
Diese Ungleichbehandlung ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG darf der Gesetzgeber den Bedürfnissen der Massenverwaltung durch generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen Rechnung tragen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 2005 - 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2144/98, 1 BvR 2300/98 - JURIS-Dokument, RdNr. 98ff.). Dies gilt umso mehr, als Kindererziehungszeiten einen sozialen Ausgleich ohne entsprechende Gegenleistung des Versicherten in Form von Versicherungsbeiträgen darstellen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 11. Januar 2016 - 1 BvR 1687/14 - JURIS-Dokument, RdNr. 12). Zu berücksichtigen ist weiter, dass § 307d SGB VI bereits selbst eine begünstigende Ausnahmeregelung von der gesetzlichen Grundregel des § 306 SGB VI darstellt, wonach grundsätzlich Gesetzesänderungen nicht zur Neuberechnung bereits laufender Renten führen. Es ist deshalb auch im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG sachlich gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber – welcher bei Schaffung der Regelung des § 307d SGB VI von rund 9,5 Millionen Bestandsrenten ausging (BT-Drs. 18/909, S. 15) – aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und zur Vermeidung umfangreicher Neuberechnungen eine pauschalierte Regelung getroffen hat. Die hierbei leitenden Überlegungen, mit einer Anknüpfung an bereits im Versicherungsverlauf enthaltene Daten die reibungslose Umsetzung der Einbeziehung auch des Rentenbestandes in die verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten für Geburten vor 1992 innerhalb der Rentensystematik ohne weitere Sonderregelungen zu gewährleisten und Schwierigkeiten bei der Ermittlung der tatsächlichen Erziehungsverhältnisse im regelmäßig weit zurückliegenden zweiten Lebensjahr des Kindes zu vermeiden (BT-Drs. 18/909, S. 15 und 24) stehen im Einklang mit dem vom BVerfG eingeräumten Gestaltungsspielraum.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung einer höheren Altersrente für Frauen ab 1. August 2015 unter Berücksichtigung höherer Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten neben gleichzeitigen Pflichtbeitragszeiten für eine pflichtversicherte Beschäftigung hat.
Die am 1951 geborene Klägerin ist die Mutter der am 1976, am 1979, am 1982 und am 1988 geborenen Kinder K ..., L ..., M ... sowie N ... und bezieht aufgrund Rentenantrages vom 15. Juli 2015 Altersrente für Frauen seit 1. August 2015, die ihr mit Rentenbescheid vom 26. August 2015 bewilligt wurde. Der Rentenbescheid vom 26. August 2015 wies – neben einem Nachzahlungsbetrag für den Zeitraum vom 1. bis 31. August 2015 in Höhe von 875,26 Euro – einen monatlichen Rentenzahlbetrag ab 1. September 2015 in Höhe von 875,26 Euro aus. Der Berechnung der Rente legte die Beklagte – neben 0,3912 persönlichen Entgeltpunkten mit dem aktuellen Rentenwert in Höhe von 29,21 Euro monatlich – 35,7508 persönliche Entgeltpunkte (Ost) mit dem aktuellen Rentenwert (Ost) in Höhe von 27,05 Euro monatlich zu Grunde. Dabei begrenzte sie die zu berücksichtigenden Entgeltpunkte, die sich für Kindererziehungszeiten neben Pflichtbeitragszeiten für eine versicherte Beschäftigung in den Monaten März 1977 bis September 1978, März 1980 bis Oktober 1981, Januar 1984 bis März 1984, Juli 1984 bis November 1984, Januar 1989 und Januar 1990 bis April 1990 ergaben, auf die Höchstbeträge der Anlage 2b zum Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VI), so dass für diese Zeiten die zusätzlichen Entgeltpunkte für Zeiten der Kindererziehung von monatlich 0,0833 Entgeltpunkten reduziert wurden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 17. September 2015 Widerspruch, monierte die unzutreffende Berücksichtigung der Fachschulausbildungszeit von September 1970 bis August 1973 und wandte sich gegen die Begrenzung der Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten durch die Höchstgrenzen nach Anlage 2b SGB VI. Die Begrenzung der Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten auf die Höchstwerte nach Anlage 2b SGB VI verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Insofern erscheine eine verfassungsgerichtliche Klärung erforderlich. Außerhalb des Widerspruchsverfahrens beantragte sie mit Schreiben vom 9. November 2015 die Berücksichtigung von Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld II im Zeitraum von Oktober (gemeint: September) bis Dezember 2008 sowie von Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug im Zeitraum von Januar 2009 bis Juli 2015.
Mit Rentenneufeststellungsbescheid vom 1. Dezember 2015 berücksichtigte die Beklagte die begehrten Zeiten der Fachschulausbildung von September 1970 bis August 1973 und des Bezugs von Arbeitslosengeld II von September bis Dezember 2008, sodass die Beklagte der Rentenberechnung (rückwirkend) ab 1. August 2015 – neben 0,4238 persönlichen Entgeltpunkten mit dem aktuellen Rentenwert in Höhe von 29,21 Euro monatlich – 37,1066 persönliche Entgeltpunkte (Ost) mit dem aktuellen Rentenwert (Ost) in Höhe von 27,05 Euro monatlich zu Grunde legte. Daraus resultierte ein monatlicher Zahlbetrag der Rente ab 1. Dezember 2015 in Höhe von 908,92 Euro sowie eine Nachzahlung für den Zeitraum von August bis November 2015 in Höhe von 134,64 Euro.
Den Widerspruch im Übrigen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. März 2016 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Die Bewertung der Kindererziehungszeiten sei in § 70 Abs. 2 SGB VI geregelt. Beim Zusammentreffen von Kindererziehungszeiten mit anderen Beitragszeiten, seien die Entgelte nur bis zur Grenze der Anlage 2b SGB VI zu berücksichtigen. Dies sei geltendes Recht und verfassungsgemäß, wie das Bundessozialgericht (BSG) und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in der Vergangenheit bereits mehrfach bestätigt hätten.
Die hiergegen am 24. März 2016 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden mit Gerichtsbescheid vom 19. Mai 2017 abgewiesen: § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sei eindeutig und nicht verfassungswidrig, wie das BVerfG bereits im Nichtannahmebeschluss vom 29. August 2007 (1 BvR 858/03) ausgeführt habe. Dadurch, dass mit Wirkung vom 1. Juli 2014, ohne Einzelprüfung, Müttern, die vor dem 1. Januar 1992 geboren hätten, für die zuvor nicht honorierten Kindererziehungszeiten pauschal ein Entgeltpunkt zusätzlich gewährt worden sei, wenn am 30. Juni 2014 bereits ein Rentenanspruch bestanden habe, werde in einer verwaltungspraktikablen Form die bisher noch vorhandene Benachteiligung einer erheblichen Zahl von Bestandsrentnerinnen beseitigt. § 307d SGB VI benachteilige von seiner Zielrichtung her nicht die Klägerin, sondern beseitige die Benachteiligung anderer Personengruppen.
Gegen den am 24. Mai 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 19. Juni 2017 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren, weiterverfolgt. Sie rüge primär die Verfassungswidrigkeit von § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI. Ihr Erziehungsbeitrag zum "Generationenvertrag" werde nicht angemessen honoriert, sondern wegen ihrer gleichzeitigen Pflichtbeitragszeiten gekürzt. Insofern seien auch noch verfassungsgerichtliche Verfahren anhängig. Außerdem bestehe auch eine Ungleichbehandlung bei der Bewertung der Kindererziehungszeiten zwischen Bestands- und Zugangsrentnern.
Die Klägerin beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 19. Mai 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 26. August 2015 in der Fassung des Rentenneufeststellungsbescheides vom 1. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2016 abzuändern und ihr Altersrente für Frauen ab 1. August 2015 unter unbegrenzter Anrechnung von Entgeltpunkten für Beitragszeiten der Kindererziehung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Mit Schriftsätzen vom 28. Juni 2017 (Beklagte) sowie vom 29. Juni 2017 (Klägerin) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage zu Recht mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 19. Mai 2017 abgewiesen hat. Denn der Rentenbescheid der Beklagten vom 26. August 2015 in der Fassung des Rentenneufeststellungsbescheides vom 1. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. März 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Sie hat keinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Altersrente für Frauen ab 1. August 2015 unter Berücksichtigung weiterer Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten.
Zur Begründung kann zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Dresden im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 19. Mai 2017 Bezug und von einer weiteren Begründung Abstand genommen werden (§ 153 Abs. 2 SGG). Im Übrigen sind lediglich folgende Ergänzungen veranlasst:
1. Die Beklagte hat die "Gesamt-Rangstellenwerte" (Entgeltpunkte), die beim Zusammentreffen von Beitragszeiten wegen Kindererziehung mit beitragsbelasteten Beitragszeiten einzustellen sind (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 17. Dezember 2002 - B 4 RA 46/01 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22), zutreffend nach § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI ermittelt. Sie hat – gemäß der in Gesetzesform ergangenen Verwaltungsvorschrift des § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI – die "Gesamt-Rangstellenwerte" in der Weise ermittelt, dass sie von den Entgeltpunkten aus den beitragsbelasteten Beitragszeiten auf Grund versicherungspflichtiger Beschäftigung als Sockelbetrag ausgegangen und die aus den Beitragszeiten wegen Kindererziehung einzustellenden Werte nur bis zu den Höchstwerten der Anlage 2b hinzugerechnet, übersteigende Entgeltpunkte also unberücksichtigt gelassen hat. Denn nach § 70 Abs. 2 Satz 1 SGB VI erhalten Kindererziehungszeiten für jeden Kalendermonat 0,0833 Entgeltpunkte. Soweit im selben Monat andere Beitragszeiten zu Entgeltpunkten führen, werden diese gemäß § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI um bis zu 0,0833 Entgeltpunkte, höchstens jedoch bis zum Erreichen des jeweiligen Höchstwertes nach Anlage 2b zum SGB VI erhöht. Nach dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Regelung ist eine, wie von der Klägerin begehrte, vollständige Berücksichtigung der Kindererziehungszeiten in Monaten, in denen die Klägerin bereits die Beitragsbemessungsgrenze erreicht, vorliegend in den Monaten März 1977 bis September 1978, März 1980 bis Oktober 1981, Januar 1984 bis März 1984, Juli 1984 bis November 1984, Januar 1989 und Januar 1990 bis April 1990, ausgeschlossen.
2. Soweit die Klägerin eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung durch § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI rügt, ist eine solche nicht ersichtlich. Zwar hat der Gesetzgeber in § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI eine Regelung getroffen, die zu einer unterschiedlichen Bewertung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung führt. Während Versicherte, die neben der Kindererziehung nicht versicherungspflichtig erwerbstätig waren und für den gleichen Zeitraum auch keine freiwilligen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben, für jeden Kalendermonat 0,0833 Entgeltpunkte erhalten, wird die Kindererziehungsleistung geringer bewertet, sobald die Summe aus Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten und aus sonstigen Beitragszeiten den Höchstwert an Entgeltpunkten nach Anlage 2b zum SGB VI überschreitet. Je mehr sonstige Beiträge für den Zeitraum der Kindererziehung geleistet werden, umso höher fällt die Kürzung der Entgeltpunkte für die Kindererziehungszeiten aus. Wird ein Arbeitsentgelt in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze bezogen und damit bereits der Höchstbetrag an Pflichtbeiträgen gezahlt, bleibt die Kindererziehungsleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung sogar völlig unberücksichtigt.
Diese Ungleichbehandlung ist jedoch durch sachliche Gründe gerechtfertigt (vgl. dazu umfassend: BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 29. August 2007 - 1 BvR 858/03 - JURIS-Dokument, RdNr. 7ff.). Der Gesetzgeber ist aufgrund des Schutzauftrages aus Art. 6 Abs. 1 GG zwar dazu verpflichtet, durch die Kindererziehung entstehende Benachteiligungen in der Alterssicherung von kindererziehenden Familienmitgliedern auszugleichen. Allerdings verfügt er dabei über einen nicht unerheblichen Gestaltungsrahmen. Der Gesetzgeber darf nicht nur die jeweilige Haushaltslage und die finanzielle Situation der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch über Jahrzehnte gewachsene und bewährte Prinzipien im komplexen System der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigen. Das BVerfG hat dabei hervorgehoben, dass durch Kindererziehung entstehende Nachteile innerhalb der Systematik der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen werden und sich die Anerkennung von Kindererziehungszeiten in die Struktur der Rentenversicherung einfügt (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 29. August 2007 - 1 BvR 858/03 - JURIS-Dokument, RdNr. 8 mit weiteren Nachweisen). Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber bei seinen Maßnahmen zur erweiterten Anerkennung der Kindererziehungsleistung in der gesetzlichen Rentenversicherung seit der Einführung der Anrechnung von Kindererziehungszeiten am 1. Januar 1986 regelmäßig innerhalb des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung geblieben ist. Die Höchstwerte nach Anlage 2b zum SGB VI stellen sicher, dass auch nach Hinzurechnung von Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten die Summe der Entgeltpunkte insgesamt auf die Zahl begrenzt wird, die bei einer Beitragszahlung bis zur Beitragsbemessungsgrenze höchstens erreichbar ist (BT-Drs. 13/8011, S. 67). Die Begrenzung der Beitragspflicht gehörte von Beginn an zu den Grundprinzipien der gesetzlichen Rentenversicherung. Dadurch wird nicht nur die Beitragsbelastung für Versicherte mit hohen Einkommen begrenzt und das Gewicht des Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit durch die Zwangsversicherung gemindert. Mit der Beschränkung des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherbaren Arbeitsentgelts kommt der Beitragsbemessungsgrenze noch eine weitere Funktion als "Leistungsbemessungsgrenze" zu. Sie erhält den Renten grundsätzlich ihre existenzsichernde Funktion und gewährleistet zugleich die Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 29. August 2007 - 1 BvR 858/03 - JURIS-Dokument, RdNr. 11 mit weiteren Nachweisen).
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren sinngemäß ausführte, die streitgegenständliche Frage, ob § 70 Abs. 2 Satz 2 SGB VI in Verbindung mit Anlage 2b SGB VI mit dem GG vereinbar sei, sei erneut verfassungsgerichtlich anhängig, ist darauf hinzuweisen, dass derzeit keine Verfahren mehr beim BVerfG anhängig sind. Das bundesverfassungsgerichtliche konkrete Normenkontrollverfahren 1 BvL 6/12 (Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des SG Neubrandenburg vom 12. Januar 2012 im Verfahren S 4 RA 152/03) wurde mit Beschluss des BVerfG vom 21. September 2016 beendet. Die bundesverfassungsgerichtliche Verfassungsbeschwerde 1 BvR 287/14 (gerichtet unter anderem gegen den Nichtzulassungsbeschwerdebeschluss des BSG vom 25. November 2013 im Verfahren B 13 R 227/13 B sowie das Urteil des Sächsischen LSG vom 13. Mai 2013 im Verfahren L 4 R 684/11) wurde mit Beschluss des BVerfG vom 16. Dezember 2016 nicht zur Entscheidung angenommen.
3. Soweit die Klägerin eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung von Bestands- und Zugangsrentner im Hinblick auf den in § 307d SGB VI geregelten Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung (sog. "Mütterrente") rügt, ist eine solche gleichfalls nicht ersichtlich. Zwar benachteiligt diese Vorschrift Mütter, die am 30. Juni 2014 noch nicht Anspruch auf eine Rente hatten (Zugangsrentner), gegenüber denjenigen Müttern, die am 30. Juni 2014 bereits einen Anspruch auf eine Rente hatten (Bestandsrentner), wenn lediglich bei den Bestandsrentnerinnen ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für ein vor dem 1. Januar 1992 geborenes Kind berücksichtigt wird, wenn in der Rente eine Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt angerechnet wurde.
Diese Ungleichbehandlung ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG darf der Gesetzgeber den Bedürfnissen der Massenverwaltung durch generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen Rechnung tragen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 2005 - 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2144/98, 1 BvR 2300/98 - JURIS-Dokument, RdNr. 98ff.). Dies gilt umso mehr, als Kindererziehungszeiten einen sozialen Ausgleich ohne entsprechende Gegenleistung des Versicherten in Form von Versicherungsbeiträgen darstellen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 11. Januar 2016 - 1 BvR 1687/14 - JURIS-Dokument, RdNr. 12). Zu berücksichtigen ist weiter, dass § 307d SGB VI bereits selbst eine begünstigende Ausnahmeregelung von der gesetzlichen Grundregel des § 306 SGB VI darstellt, wonach grundsätzlich Gesetzesänderungen nicht zur Neuberechnung bereits laufender Renten führen. Es ist deshalb auch im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG sachlich gerechtfertigt, wenn der Gesetzgeber – welcher bei Schaffung der Regelung des § 307d SGB VI von rund 9,5 Millionen Bestandsrenten ausging (BT-Drs. 18/909, S. 15) – aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und zur Vermeidung umfangreicher Neuberechnungen eine pauschalierte Regelung getroffen hat. Die hierbei leitenden Überlegungen, mit einer Anknüpfung an bereits im Versicherungsverlauf enthaltene Daten die reibungslose Umsetzung der Einbeziehung auch des Rentenbestandes in die verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten für Geburten vor 1992 innerhalb der Rentensystematik ohne weitere Sonderregelungen zu gewährleisten und Schwierigkeiten bei der Ermittlung der tatsächlichen Erziehungsverhältnisse im regelmäßig weit zurückliegenden zweiten Lebensjahr des Kindes zu vermeiden (BT-Drs. 18/909, S. 15 und 24) stehen im Einklang mit dem vom BVerfG eingeräumten Gestaltungsspielraum.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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