L 7 AY 4468/16

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AY 555/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AY 4468/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die fehlende Mitwirkung bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten stellt einen typischen Anwendungsfall des § 1a AsylbLG (Fassung ab 24. Oktober 2015) dar.
2. Eine fehlende Mitwirkung liegt auch vor, wenn der Ausländer über Jahre hinweg nur unzureichende Bemühungen zur Beschaffung von Heimreisedokumenten unternimmt.
3. Gegen die Neuregelung in § 1a Abs 3 AsylbLG bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Oktober 2016 abgeändert.

Der Beklagte wird seinem Teilanerkenntnis vom 8. November 2018 entsprechend verurteilt, für die Zeit vom 1. Februar 2016 bis 30. April 2016 insgesamt weitere 24,00 Euro an den Kläger zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über höhere Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) im Zeitraum vom 1. Februar bis 30. April 2016; vornehmlich wendet sich der Kläger gegen die in diesem Zeitraum nur eingeschränkt nach § 1a AsylbLG gewährten Leistungen.

Der 1964 in K. (Kamerun) geborene Kläger, kamerunischer Staatsangehöriger, reiste am 29. März 1991 mit einem von der deutschen Botschaft in Jaunde ausgestellten Sichtvermerk zu Ausbildungszwecken in das Bundesgebiet ein. Nach mehreren Deutschkursen schrieb er sich zum Sommersemester 1993 an der Gesamthochschule W. im Studiengang Elektrotechnik ein, wurde jedoch bereits zu Ende September 1993 von Amts wegen wieder exmatrikuliert, wovon die damals zuständige Ausländerbehörde der Stadt B. allerdings erst im März 1995 erfuhr. Von einer britischen Staatsangehörigen, mit der der Kläger im Februar 1995 in Dänemark die Ehe geschlossen hatte, lebt er nach seiner eigenen Darstellung seit Jahren getrennt, wobei seine Angaben zum genauen Trennungszeitpunkt wiederholt gewechselt haben. Ab dem Wintersemester 1996/97 studierte der Kläger an der Fachhochschule N. in K. Chemieingenieurwesen; am 20. Juli 2005 legte er die Diplom-Prüfung erfolgreich ab. Von August 1991 bis Mitte April 1994 war der Kläger im Besitz befristeter Bescheinigungen nach § 69 Abs. 3 des damaligen Ausländergesetzes (AuslG); anschließend war ihm bis zum 13. April 1995 eine Aufenthaltsbewilligung ausgestellt worden. Danach erhielt der Kläger wiederum Bescheinigungen nach § 69 Abs. 3 AuslG sowie Anfang 2005 eine bis zum 30. September 2005 befristete Aufenthaltserlaubnis zur Durchführung des Studiums; diese Aufenthaltserlaubnis wurde anschließend zur Arbeitsuche bis zum 1. September 2006 verlängert. Ein Verlängerungsantrag wurde abgelehnt (Bescheid vom 18. Oktober 2006); der zugleich verfügten Ausreiseaufforderung kam der Kläger trotz wiederholt verlängerter Grenzübertrittsbescheinigungen nicht nach. Eine von dem Kläger bei der kamerunischen Botschaft im Dezember 2006 beantragte Passverlängerung kam nicht zustande, weil dieser die hierfür geforderte Gebühr nicht entrichtete; in der Folgezeit weigerte er sich, die Antragsformulare zur Ausstellung eines Passersatzpapiers auszufüllen. Ein im April 2008 behördlich eingeleitetes Passersatzpapierbeschaffungsverfahren führte schließlich am 9. April 2010 zur Ausstellung eines drei Monate gültigen Heimreisepapiers durch die kamerunische Botschaft. Der zuvor im Dezember 2007 gestellte Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis blieb im Verwaltungs- und Klageverfahren erfolglos (Bescheid vom 4. September 2008; Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Gelsenkirchen vom 22. April 2010 - 8 K 5103/08 - (rechtskräftig nach Rücknahme des Berufungszulassungsantrags)).

Die für den 30. Juni 2010 vorgesehene Abschiebung des Klägers über den Flughafen D. scheiterte, nachdem er an diesem Tag auf dem Flughafen um Asyl nachsuchte. Der nachfolgend am 20. Juli 2010 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gestellte Asylantrag des Klägers, der zwischenzeitlich zur Durchführung des Asylverfahrens auf das Land Baden-Württemberg verteilt worden war, wurde durch Bescheid vom 17. Februar 2011 (bestandskräftig nach Rücknahme der Klage zum VG Karlsruhe - 8 K 505/11 - im Juni 2011) als offensichtlich unbegründet abgelehnt und der Kläger aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland binnen einer Woche zu verlassen, andernfalls er in die Republik Kamerun abgeschoben werde. Nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der Kläger seit dem 8. August 2011 im Besitz von jeweils befristet erteilten Duldungen (§ 60a Abs. 2 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG)).

Nachdem die kamerunische Botschaft auf behördlichen Antrag am 15. April 2011 ein wiederum auf drei Monate befristetes Heimreisepapier ausgestellt hatte, sollte am 27. April 2011 über den Flughafen F. eine Abschiebung nach Kamerun erfolgen. Dieser Abschiebevorgang wurde abgebrochen, nachdem sich der Kläger geweigert hatte, die Diensträume der Bundespolizeiinspektion am Flughafen zu verlassen, weil er die Rechtmäßigkeit der Rückführung und die Gültigkeit der Passersatzpapiere anzweifelte. Eine für den 14. Juni 2011 vorgesehene, dem Kläger angekündigte Abschiebung, gegen die er beim VG Karlsruhe vergeblich um einstweiligen Rechtsschutz ersucht hatte (rechtskräftiger Beschluss vom 8. Juni 2011 - 8 K 1418/11 -), scheiterte, nachdem er am genannten Tag in der Gemeinschaftsunterkunft in H. (Landkreis N.), in der er seinerzeit auf Grund Zuweisungsentscheidung des Regierungspräsidiums (RP) K. vom 6. August 2010 untergebracht war, nicht angetroffen werden konnte. Nachfolgend wurden aufenthaltsbeendende Maßnahmen wegen einer am 15. Juni 2011 bei der Härtefallkommission gestellten Eingabe zunächst zurückgestellt. Nachdem die Kommission ein Härtefallersuchen unter dem 13. Juli 2012 abgelehnt hatte, erfolgte eine Ausreiseaufforderung (Schreiben des RP K. vom 20. Juli 2012), der der Kläger nicht nachkam. Der vom Kläger beim VG Karlsruhe gestellte Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz blieb erfolglos (Beschluss vom 28. August 2012 - 1 K 1904/12 -; Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg vom 25. Oktober 2012 - 11 S 1887/12 -), ebenso wie ein Wiederaufnahmeverfahren (Beschluss des VG Karlsruhe vom 12. Februar 2015 - 1 K 182/15 -).

Der Aufforderung der Ausländerbehörde beim Landratsamt (LRA) N. vom 4. Juni 2013, bis spätestens 5. Juli 2013 ein gültiges Rückreisedokument vorzulegen, leistete der Kläger keine Folge. Zuvor war die kamerunische Botschaft wegen eines Passersatzpapiers mehrfachen behördlichen Anfragen unter Verweis auf von dem Kläger mitgeteilte Gerichtsverfahren und gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht nachgegangen (Schreiben der Botschaft an die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) in K. vom 21. August, 5. Oktober und 9. November 2012). Schriftliche und persönliche Vorsprachen seitens der ZAB bei der Botschaft in den Jahren 2013 und 2014 blieben von dort zunächst unbeantwortet. Erst mit Schreiben vom 10. Juni 2014 teilte die Botschaft mit, keine Passagierscheine ("Laissez-passer") auszustellen, wenn noch Gerichtsverfahren anhängig seien, was von dem Kläger regelmäßig belegt worden sei. Am 18. Juni 2014 begab sich der Kläger selbst zu der Botschaft der Republik Kamerun in Berlin, um einen neuen Reisepass zu beantragen. Einen solchen legte er in der Folgezeit allerdings nicht vor. Auf den neuerlichen Antrag der ZAB auf ein Passersatzpapier vom 2. Januar 2017 ging von der Botschaft am 10. März 2017 eine E-Mail ein, wonach der Kläger sich mit einer Petition an das Europäische Parlament gewandt habe. Mit Schreiben vom 23. Juni 2017 verwies die Botschaft außerdem auf ein ihr von dem Kläger angegebenes noch vor dem VG Karlsruhe anhängiges Verfahren.

Eine vom Kläger beim VG Karlsruhe im April 2013 erhobene Untätigkeitsklage auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (unter Verweis u.a. auf §§ 18, 18a, § 25 Abs. 5, § 31 Abs. 1 Satz 1, § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG) hatte allerdings keinen Erfolg gehabt (Urteil vom 23. Januar 2014 - 9 K 874/13 - (rechtskräftig nach Rücknahme des Berufungszulassungsantrags im April 2014)), ebenso wie die Wiederaufnahmeklage vom Januar 2015 (Urteil des VG Karlsruhe vom 12. Juli 2016 - 9 K 452/15 - (rechtskräftig)). Den im Eilrechtsweg im Mai 2015 gestellten Antrag des Klägers, die Abschiebung aus dem Bundesgebiet dauerhaft zu untersagen, hatte das VG Karlsruhe durch Beschluss vom 15. Juli 2015 (1 K 2600/15) abgelehnt, ebenso wie den im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens gestellten Antrag (Beschluss vom 25. September 2015 - 1 K 4002/15 -). Schon zuvor und in den folgenden Jahren wandte sich der Kläger zum VG Karlsruhe mit weiteren auf eine Aufenthaltserlaubnis gerichteten Klagen. Die bereits im Dezember 2014 insoweit erhobene, auf § 18 AufenthG gestützte Untätigkeitsklage hatte keinen Erfolg (Urteil des VG Karlsruhe vom 12. Juli 2016 - 9 K 4161/14 -; Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 22. September 2016 - 11 S 1561/16 - (rechtskräftig)), ebenso wie eine weitere unter Berufung auf § 25 Abs. 5, § 25b Abs. 1 Satz 1 AufenthG erhobene Untätigkeitsklage vom Januar 2016 (Urteil des VG Karlsruhe vom 12. Juli 2016 - 9 K 117/16 -; Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 22. September 2016 - 11 S 1562/16 - (rechtskräftig)). Einer vom Kläger im Februar 2016 bei dem Landtag von Baden-Württemberg eingereichten Petition wurde nicht abgeholfen (Beschluss des Petitionsausschusses vom 1. Dezember 2016). Im Oktober 2016 gestellte Anträge des Klägers auf eine Aufenthaltserlaubnis wurden im Verwaltungsverfahren abgelehnt (Bescheid des LRA N. vom 30. Dezember 2016, Widerspruchsbescheid des RP K. vom 3. Mai 2017); deswegen ist beim VG Karlsruhe erneut ein Klageverfahren anhängig (12 K 5834/17).

Die dem Kläger erteilten Duldungen waren zeitweise mit der Gestattung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit versehen, indessen nicht im Zeitraum vom 30. September 2013 bis 27. August 2014 sowie ab dem 31. Oktober 2016. Die dem Kläger am 12. September 2013 erteilte Erlaubnis zur Beschäftigungsausübung war mit Verfügung des RP K. vom 25. September 2013 widerrufen worden, weil der Kläger trotz Aufforderung ein Rückreisedokument nicht vorgelegt habe. Die deswegen erhobene Klage blieb erfolglos (Urteil des VG Karlsruhe vom 7. Juli 2015 - 1 K 2935/13 - (rechtskräftig)); eine im August 2015 erhobene Wiederaufnahmeklage (1 K 4072/15) nahm der Kläger im Dezember 2016 zurück.

In der Zeit vom 21. Juli 2005 bis 16. Juli 2007 hatte der Kläger von der ARGE B. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten. Vom 18. Juli 2007 bis 30. Juni 2010 gewährte ihm die Stadt B. nur eingeschränkte Leistungen nach § 1a AsylbLG. Während des Zeitraums vom 1. Juli 2010 bis 2. September 2011 bezog der Kläger von dem Beklagten gemäß § 3 AsylbLG Sachleistungen sowie einen Geldbetrag zur Deckung persönlicher Bedürfnisse (Barbetrag). Vom 15. August 2011 bis 30. September 2013 war der Kläger als Produktionsmitarbeiter in einem kunststoffverarbeitenden Unternehmen in W. beschäftigt, sodass er seinen Lebensunterhalt selbst sichern konnte. Ab November 2013 bezog er vom Beklagten wieder Grundleistungen nach § 3 AsylbLG. Im Oktober 2014 meldete sich der Kläger aus dem Leistungsbezug ab, weil er zwischenzeitlich Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch bewilligt erhalten hatte. Vom 10. Juni bis 1. Juli 2015 stand er in einem Beschäftigungsverhältnis als Helfer bei einem Personaldienstleister. Danach erhielt der Kläger von der Agentur für Arbeit Mannheim für die Zeit vom 9. Juli bis zum 22. September 2015 erneut Arbeitslosengeld (Bescheid vom 11. August 2015).

Beim Kläger ist seit 8. Oktober 2015 ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt (Bescheid vom 17. Dezember 2015; zugrundeliegende Einzelbehinderungen: Bluthochdruck, Herzklappenfehler, seelische Störung, funktionelle Organbeschwerden, Kopfschmerzsyndrom). Seit 1. Juni 2012 hat der Kläger in der Dr. H.-K.-Str ... in W. eine Zweizimmerwohnung angemietet, für die in der streitbefangenen Zeit eine monatliche Gesamtmiete von 410,00 Euro zu zahlen war (Grundmiete 265,00 Euro, Möblierungszuschlag 10,00 Euro, Nebenkostenvorauszahlungen 135,00 Euro).

Am 25. September 2015 beantragte der Kläger beim Beklagten erneut Leistungen nach dem AsylbLG. Darauf wurden ihm für den Monat Oktober 2015 Grundleistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von insgesamt 704,00 Euro bewilligt (Bescheid vom 18. Januar 2016). Bereits zuvor hatte der Kläger für den Monat November 2015 Grundleistungen ebenfalls in Höhe von 704,00 Euro ausgezahlt erhalten (vgl. "Anlage zum Bescheid vom 9. November 2015").

Mit Anhörungsschreiben vom 17. Dezember 2015 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass beabsichtigt sei, seine Leistungen im Zeitraum von November 2015 bis April 2016 gemäß § 1a Abs. 3 AsylbLG (in der Fassung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes) einzuschränken, denn er habe es selbst zu vertreten, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden könnten. Geplante Abschiebungen (30. Juni 2010, 27. April 2011, 14. Juni 2011) seien durch Verschulden des Klägers gescheitert. Seine Passpflicht habe er trotz mehrfacher entsprechender Hinweise nicht erfüllt und trotz Aufforderung mit Schreiben vom 4. Juni 2013 unter Fristsetzung bis zum 5. Juli 2013 ein kamerunisches Rückreisedokument bislang nicht vorgelegt. Es sei deshalb beabsichtigt, dem Kläger zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege für die Monate November und Dezember 2015 monatliche Geldbeträge von 166,00 Euro sowie für den Monat Januar 2016 von 168,00 Euro zu gewähren und ihm ferner ab dem Monat Februar 2016 für die genannten Bedarfe nur noch Gutscheine auszuhändigen, während der Bedarf für Unterkunft und Heizung in dem genannten Zeitraum weiterhin durch Sachleistungen gedeckt werde.

Gleichwohl bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 7. Januar 2016 auch für den Monat Dezember 2015 Grundleistungen in Höhe von 704,00 Euro (Kosten der Unterkunft 410,00 Euro abzüglich Stromkosten von 35,00 Euro, Barbetrag 143,00 Euro abzüglich "Kürzung" um 30,00 Euro (gemäß einer Einverständniserklärung des Klägers vom 21. Oktober 2013), Sachleistungen 216,00 Euro), für den Monat Januar 2016 jedoch lediglich noch in Höhe von 578,00 Euro (Kosten der Unterkunft 410,00 Euro zuzüglich Geldbetrag 168,00 Euro). In der Folgezeit erließ der Beklagte den Bescheid vom 19. Januar 2016, durch den dem Kläger mit Wirkung "ab dem 01.11.2015 bis zu Ihrer Ausreise oder Abschiebung, längstens jedoch befristet zum 30.04.2016" zuzüglich zu dem Bedarf für Unterkunft und Heizung in dem genannten Zeitraum monatliche Bargeldbeträge in Höhe von 166,00 Euro (bis 3. Dezember 2015) sowie in Höhe von 168,00 Euro (Januar 2016) und ferner ab Februar 2016 Gutscheine zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege bewilligt wurden. Mit seinem Widerspruch gegen diesen Bescheid machte der Kläger - wie schon in seinem auf die Anhörung formulierten Schreiben vom 20. Dezember 2015 - geltend, ihm stehe ein Aufenthaltsrecht zu; die Regelung des § 1a Abs. 3 AsylbLG ziele lediglich auf Personen ohne Bleibeperspektive.

Bereits während des Widerspruchsverfahrens hat der Kläger am 1. März 2016 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben; in der Klageschrift hat er sich gegen das Anhörungsschreiben vom 17. Dezember 2015 sowie den Bescheid vom 19. Januar 2016 gewandt. Unter Einreichung zahlreicher Unterlagen hat er geltend gemacht, § 1a AsylbLG beziehe sich offenkundig auf Ausländer ohne Bleibeperspektive; dies treffe auf ihn nicht zu, denn ihm stehe ein Bleiberecht zu. So habe er schon zahlreiche Anträge auf eine Aufenthaltserlaubnis gestellt, über die das VG Karlsruhe noch nicht entschieden habe. Außerdem lebe er bereits seit mehr als 25 Jahren im Bundesgebiet. Überdies stünden seine chronischen Erkrankungen einer Abschiebung entgegen; er müsse mehrere Medikamente einnehmen und verfüge nicht über die notwendigen Mittel, sich diese zu kaufen.

Während des Klageverfahrens erging ein zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2016 (dem Kläger zugestellt am 28. Juni 2016), in dem verfügt war, dass der Kläger (neben dem durch Sachleistungen gedeckten Bedarf an Unterkunft und Heizung) Leistungen im Zeitraum von November bis Dezember 2015 lediglich in Höhe von monatlich 163,57 Euro sowie vom 1. bis 31. Januar 2016 in Höhe von 165,85 Euro beanspruchen könne; ab dem 1. Februar 2016 bis 30. April 2016 erhalte er zur Deckung des Bedarfs an Ernährung und Körperpflege monatlich Gutscheine im Wert von 158,56 Euro, während der Bedarf an Gesundheitspflege durch Berechtigungsscheine gedeckt werde. Die im Zeitraum vom 1. November 2015 bis 30. April 2016 entstandene Überzahlung in Höhe von 263,16 Euro sei vom Kläger zu erstatten. Diesen Widerspruchsbescheid hob der Beklagte nach einem rechtlichen Hinweis des SG (Verfügung vom 4. Juli 2016) mit einem so genannten "Widerspruchsbescheid" vom 12. August 2016 auf und verfügte, dass der Kläger Leistungen nach § 3 AsylbLG (neben den Sachleistungen für Unterkunft und Heizung) für die Monate November und Dezember 2015 in Höhe von jeweils 294,00 Euro sowie für den Monat Januar 2016 in Höhe von 299,00 Euro erhalte. Im Übrigen werde der Widerspruch zurückgewiesen, so dass der Kläger für die Zeit von Februar 2016 bis zur Ausreise, längstens jedoch befristet bis April 2016, zur Deckung der Bedarfe Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege Gutscheine im Wert von monatlich 168,00 Euro erhalte. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe in der Vergangenheit mehrere Abschiebeversuche vereitelt und auch bei der Beschaffung von Reisedokumenten nicht mitgewirkt, sodass an sich die Grundvoraussetzungen für eine Leistungsabsenkung nach § 1a AsylbLG vorlägen. Auf Grund von Verwaltungsfehlern setze die "Leistungskürzung" jedoch erst ab dem Monat Februar 2016 ein. Der noch nicht ausgezahlte Differenzbetrag für den Monat Januar 2016 (131,00 Euro) werde dem Kläger nachgezahlt. Da dieser Gutscheine für den Monat Februar 2016 lediglich im Wert von 158,71 Euro und in den Monaten März und April 2016 von jeweils 158,56 Euro erhalten habe, ergebe sich ferner für die Zeit von Februar bis April 2016 noch eine Nachzahlung von 28,17 Euro. Im Ergebnis sei die verfügte Leistungsabsenkung ab 1. Februar 2016 als verhältnismäßig anzusehen. Soweit sich der Kläger auf seinen schlechten Gesundheitszustand berufe, habe er - der Beklagte - sich bereits im Jahr 2011 zur Übernahme der Kosten für eine Behandlung des Bluthochdrucks in Kamerun (einschließlich der notwendigen Medikamente) für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Rückkehr bereit erklärt, sofern jener dazu finanziell nicht in der Lage sei.

Bereits mit seinen Telefaxen vom 1. und 19. Juli 2016 hat der Kläger auf eine baldige Entscheidung des SG über seine Klage gedrängt und mit Schreiben vom 14. September 2016 auf einer Fortführung des Verfahrens bestanden.

Mit Urteil vom 25. Oktober 2016 hat das SG den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 19. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2016 verurteilt, dem Kläger für die Zeit von Februar bis April 2016 "ungeminderte Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz" zu gewähren; es hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. In den Entscheidungsgründen hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger rechne zu dem Personenkreis der Leistungsberechtigten (§ 1 Abs. 1 Nrn. 4 und 5 AsylbLG), denn seine Leistungsberechtigung leite sich aus einer Duldung ab; zudem sei er seit dem Abschluss seines Asylverfahrens (2011) wohl auch vollziehbar ausreisepflichtig. Es sei davon auszugehen, dass sich der Kläger in der Vergangenheit (2011) mehrfach Versuchen der Ausländerbehörde bzw. der Bundespolizei, ihn abzuschieben, entzogen habe, und ferner zu konstatieren, dass er eine im Sommer 2013 ausgesprochene Passverfügung nicht befolgt habe. Gleichwohl lägen die Voraussetzungen einer Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG aus grundsätzlichen Gründen nicht vor. Denn die Vorschrift sei im Zuge des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes erst am 24. Oktober 2015 in Kraft getreten. Mangels einer Übergangsregelung stelle sich somit die Frage, wie "Altfälle" zu lösen seien, wie also Menschen zu behandeln seien, die nicht erst im Zuge der jüngsten Flüchtlingswelle nach Deutschland gekommen seien, sondern sich - wie der Kläger - bereits seit vielen Jahren in Deutschland aufhielten, selbst wenn sie vollziehbar ausreisepflichtig seien. Eine schematische Anwendung der Norm auf den soeben beschriebenen Personenkreis führe nach Auffassung des Gerichts zu einem Verfassungsverstoß. Es sei demnach eine verfassungskonforme Rechtsanwendung geboten, die den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in seinem Urteil vom 18. Juli 2012 (1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11) Rechnung trage. Zwar habe das BVerfG in dieser Entscheidung nur die Höhe der Geldleistungen nach § 3 AsylbLG für verfassungswidrig erklärt und insoweit (zum 1. Januar 2011) in Orientierung an den Leistungssätzen nach dem SGB II bzw. dem Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) eine Übergangsregelung getroffen. Auch wenn die Ausführungen des BVerfG somit vorliegend keine unmittelbare Anwendung fänden, müsse beachtet werden, dass das BVerfG in der zitierten Entscheidung deutlich ausspreche, dass auch Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG an dem von Verfassungs wegen garantierten physischen und soziokulturellen Existenzminimum teilhätten. Der Schutz der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG)) und das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 und Art. 28 Abs. 1 GG) könnten somit zur Abschreckung von Zuwanderern nicht relativiert werden. Die verfassungskonforme Auslegung des § 1a Abs. 3 AsylbLG gebiete es mithin, den Eintritt der dort angeordneten strengen Rechtsfolge (Bedarfsdeckung nur noch für die Bedarfe Ernährung, Unterkunft, Heizung, Körper- und Gesundheitspflege) an strenge formale und materielle Voraussetzungen zu knüpfen. In jedem Fall müsse zwischen dem sanktionierten Verhalten und der verhängten Sanktion ein angemessenes Verhältnis bestehen. In Anlehnung an die entsprechenden Normen des SGB II (§§ 31 ff.) sei eine Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG verfassungsrechtlich nur dann unbedenklich, wenn der betreffende Ausländer zuvor konkret darüber informiert worden sei, welche Mitwirkungshandlung von ihm erwartet werde und er zuvor über die Folgen eines obliegenheitswidrigen Fehlverhaltens konkret belehrt worden sei. Zudem dürfe eine Anspruchseinschränkung auf Basis von § 1a Abs. 3 AsylbLG nur auf solche Umstände gestützt werden, die sich nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ereignet hätten. Darüber hinaus sei eine Leistungseinschränkung ausgeschlossen, wenn die zuständige Behörde dem betreffenden Ausländer im Anschluss an das jetzt inkriminierte Verhalten zunächst über einen längeren Zeitraum ungeminderte Leistungen erbracht habe. Dies sei hier der Fall. Das dem Kläger von dem beklagten Land vorgehaltene Fehlverhalten liege "viele Jahre" zurück. Zwar habe auch die alte Fassung des § 1a AsylbLG für Personen, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht hätten vollzogen werden können, eine Anspruchseinschränkung vorgesehen. Zwischen dieser und der ab dem 24. Oktober 2015 geltenden Gesetzesfassung bestünden aber gewichtige Unterschiede.

Gegen dieses dem Beklagten am 31. Oktober 2016 zugestellte Urteil richtet sich seine am 24. November 2016 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung. Zur Begründung hat er vorgebracht, der Kläger sei seit 4. Juni 2013 wiederholt, zuletzt mit Schreiben vom 25. Juli und 13. September 2016, zur Vorlage gültiger Reisedokumente aufgefordert worden; ein solches habe der Kläger jedoch bis zum heutigen Tage nicht vorgelegt. Das RP K. und die ZAB K. gingen davon aus, dass sich der Kläger selbst an die Botschaft gewandt habe, um der Ausstellung von Reisedokumenten entgegenzuwirken. Auf Grund dieser Sachlage bestehe zwischen der Anspruchseinschränkung und dem sanktionierten Verhalten sowohl in zeitlicher als auch inhaltlicher Hinsicht der erforderliche Zusammenhang. Der Gesetzgeber sei sich bei Schaffung des AsylbLG bewusst gewesen, dass bei einem sehr großen Teil der ausreisepflichtigen abgelehnten Asylbewerber die Abschiebung an fehlenden Reisedokumenten scheitere und Aufforderungen, diese Dokumente zu beschaffen oder Nachweise über deren Identität vorzulegen, oftmals ebenso erfolglos blieben wie Bemühungen der zuständigen Behörde, mittels Vorführungen u.dgl. Dokumente für die Aufenthaltsbeendigung zu erlangen. In Kenntnis der Entscheidung des BVerfG vom 18. Juli 2012 sei erklärtes Ziel des Gesetzes, neben der Beschleunigung des Asylverfahrens auch die Rückführung vollziehbar Ausreisepflichtiger zu vereinfachen und die Durchsetzung bestehender Ausreisepflichten zu erleichtern. Das Erreichen einer Verhaltensänderung des langjährig von der Abschiebung bedrohten Ausländers erfordere die Ausschöpfung aller ausländerrechtlichen und leistungsrechtlichen Möglichkeiten. Ermessen räume § 1a AsylbLG nicht ein; auch stelle die anspruchseinschränkende Regelung nicht auf eine Aufenthaltsdauer ab und unterscheide nicht in "aktuelle Fälle" oder "Altfälle". Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorlägen, könnten auch andere Leistungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG gewährt werden; derartige Umstände lägen bei dem Kläger aber nicht vor. Von diesem könne verlangt werden, dass er sich selbständig um die Ausstellung eines Reisepasses oder sonstigen Reisedokuments bemühe. Dass er weiterhin ernsthaft um die Ausstellung eines Reisepasses bemüht sei, habe er nicht belegt. Sollte ihm die kamerunische Botschaft tatsächlich die Ausstellung eines Reisedokuments verweigern, wäre es ihm ohne weiteres möglich, dies zu belegen.

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 8. November 2018 im Wege eines Teilanerkenntnisses erklärt, dass er einen weiteren Anspruch des Klägers für die Zeit vom 1. Februar 2016 bis 30. April 2016 in Höhe von monatlich 8,00 Euro, somit insgesamt 24,00 Euro, anerkenne.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Oktober 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass die vom Beklagten mit Schriftsatz vom 25. Januar 2017 vorgelegte Berufungsbegründung nicht innerhalb der gerichtlich auf den 20. Januar 2017 verlängerten Begründungsfrist eingereicht worden sei und deshalb nicht berücksichtigt werden könne. Das Urteil des SG sei seiner Auffassung nach seit dem 21. Januar 2017 rechtskräftig.

Anfragen des Senats (Verfügung vom 31. Januar 2017, richterliche Verfügungen vom 8., 9. und 24. Februar sowie 7. Juni 2017), welche Bemühungen der Kläger zur Erlangung eines Passes zwischenzeitlich unternommen habe, hat dieser nicht beantwortet. Ein Auskunftsersuchen des Senats an die Botschaft der Republik Kamerun vom 1. Februar 2018 ist trotz Erinnerung (E-Mail vom 7. Juni 2018) ebenfalls unbeantwortet geblieben.

Der Senat hat die über den Kläger beim LRA N.geführten Ausländerakten (4 Bde., 2 Hefte,), die bei der ZAB der Stadt K. geführten Akten sowie vom VG Karlsruhe die Akten der Verfahren 9 K 874/13, 9 K 4161/14, 1 K 182/15, 9 K 452/15, 1 K 2600/15, 1 K 4002/15, 1 K 4052/15, 9 K 117/16 und 12 K 5834/17 beigezogen.

Zur weiteren Darstellung wird auf die beigezogenen Akten, die Verwaltungsakten des Beklagten (7 Bde.), die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats (2 Bde.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 8. November 2018 konnte der Senat verhandeln und entscheiden, da er in der Ladung zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom 9. Oktober 2018 (mittels Postzustellungsurkunde zugestellt am 11. Oktober 2018) darauf hingewiesen worden ist, dass auch im Falle des Ausbleibens von Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG und hierzu Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 26. Juni 2014 - B 12 KR 67/13 B - (juris Rdnr. 7); BSG, Beschluss vom 3. Juli 2017 - B 13 R 34/16 BH - (juris Rdnr. 10)).

II. Die Berufung des Beklagten hat Erfolg.

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist kraft Zulassung des Rechtsmittels durch das SG im angefochtenen Urteil (§ 144 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) statthaft. Ferner sind die Formvorschriften des § 151 Abs. 1 SGG gewahrt und das Rechtsmittel fristgerecht eingelegt. Dass die Berufungsbegründungsschrift des Beklagten (erst) am 25. Januar 2017 beim Senat eingegangen ist, berührt - entgegen der rechtsirrigen Auffassung des Klägers - die Zulässigkeit der Berufung nicht. Die Berufung zum Landessozialgericht steht - anders als die Rechtsmittel zum Bundessozialgericht (vgl. §§ 160a Abs. 2, 164 Abs. 2 SGG) und abweichend von anderen Prozessordnungen (vgl. etwa § 124a Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, § 520 der Zivilprozessordnung) - unter keinem Begründungszwang (vgl. § 151 Abs. 3 SGG; hierzu BSG, Urteil vom 22. September 1971 - 10 RV 723/69 - (juris Rdnr. 18); Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 12. Auflage 2017, § 151 Rdnr. 11b). Zwingend geregelt ist in der Prozessordnung des SGG lediglich die Frist und Form der Berufungseinlegung (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG), sodass eine Berufung nicht unzulässig ist, wenn allein die Begründung nicht innerhalb einer bestimmten Frist, sei sie auch vom Gericht gesetzt, eingereicht wird. Auf diese prozessuale Ausgestaltung des Berufungsverfahrens ist der Kläger bereits in der Senatsverfügung vom 27. März 2017 sowie in den Senatsbeschlüssen vom 27. April 2017 (L 7 SF 1263/17 AB) und vom 26. April 2018 (L 7 SF 1288/18 AB) hingewiesen worden.

2. Mit Blick auf die allein vom Beklagten eingelegte Berufung ist streitbefangen nur der Zeitraum vom 1. Februar bis 30. April 2016. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben dem erstinstanzlichen Urteil der Bescheid des Beklagten vom 19. Januar 2016 in der Gestalt, die er durch den "Widerspruchsbescheid" vom 12. August 2016 gefunden hat (§ 95 SGG), wobei durch das Teilanerkenntnis des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 8. November 2018 eine weitere Modifikation der Verwaltungsentscheidung erfolgt ist.

a) Die Aufhebung des Bescheids vom 19. Januar 2016 hat der Kläger bereits in seiner am 1. März 2016 zum SG erhobenen Klage verlangt. Diesem Bescheid hat es seinerzeit zwar noch an der Prozessvoraussetzung eines abgeschlossenen Vorverfahrens (§ 54 Abs. 1 i.V.m. § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG) gemangelt, wobei freilich wegen des von dem Kläger beim Beklagten am 1. Februar 2016 rechtzeitig eingelegten Widerspruchs (§ 84 Abs. 1 Satz 1 SGG) die Nachholung des Widerspruchsverfahrens noch möglich gewesen ist (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 4. März 2014 - B 1 KR 43/13 B - (juris Rdnr. 6); BSG, Beschluss vom 1. Juli 2014 - B 1 KR 99/13 B - (juris Rdnr. 12); B. Schmidt in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 78 Rdnr. 3a; Keller in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 114 Rdnr. 5 (alle m.w.N.)). Das Vorverfahren ist sodann durch den Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2016 abgeschlossen worden, gegen den sich der Kläger sinngemäß mit seinem Telefaxschreiben vom 19. Juli 2016 unter Bezugnahme auf die sich mit dem Widerspruchsbescheid auseinandersetzende richterliche Verfügung vom 4. Juli 2016 gewandt hat. Der Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2016, der gegenüber dem Bescheid vom 19. Januar 2016 eine zusätzliche Beschwer enthielt, ist in der Folgezeit durch einen auf den 12. August 2016 datierenden, als "Widerspruchsbescheid" bezeichneten Bescheid aufgehoben worden, der die Verfügungsätze des Bescheids vom 19. Januar 2016 in Teilen zu Gunsten des Klägers geändert und den Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen hat. Dieser während des Klageverfahrens ergangene Bescheid ist über § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden (BSGE 75, 241, 245 = SozR 3-5850 § 1 Nr. 1; Senatsurteil vom 21. Juni 2012 - L 7 R 923/11 - (juris Rdnr. 27); Claus in jurisPK-SGG, 1. Auflage 2017 (Stand: 15.07.2017), § 85 Rdnr. 52). Selbst wenn der Bescheid als Widerspruchsbescheid (§ 85 SGG) auszulegen sein sollte, ist die Widerspruchsbehörde, die hier identisch mit der Ausgangsbehörde ist (vgl. § 85 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 219 SGG, § 2 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 4 Satz 2 des Flüchtlingsaufnahmegesetzes des Landes Baden-Württemberg vom 19. Dezember 2013 - FlüAG - (GBl. S. 493) sowie § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Landesverwaltungsgesetzes Baden-Württemberg - VwG BW - (in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Verwaltungsstrukturreform vom 14. Oktober 2008, GBl. S. 313)), vorliegend ausnahmsweise zur Erteilung eines zweiten Widerspruchsbescheids kompetenziell befugt gewesen, weil der Widerspruchsbescheid, der auf die richterlichen Hinweise in der Verfügung vom 4. Juli 2016 ergangen war, das Ziel einer teilweisen Klaglosstellung des Klägers hatte (vgl. hierzu auch Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 16. Oktober 1980 - 8 C 58779 - (juris Rdnr. 14); BVerwG, Urteil vom 24. August 1990 - 8 C 66/89 - (juris Rdnr. 8)). Der "Widerspruchsbescheid" vom 12. August 2016 ist mit der dort verfügten Aufhebung des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2016 an die Stelle des Letzteren getreten.

b) Der Beklagte hat seine Verwaltungsentscheidung allerdings durch das Teilanerkenntnis in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 8. November 2018 nochmals geändert und dem Kläger nunmehr für die Zeit vom 1. Februar bis 30. April 2018 monatlich weitere 8,00 Euro (insgesamt also 24,00 Euro) zuerkannt. Da der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend war, war der Beklagte gemäß seinem Teilanerkenntnis nach dem den § 101 Abs. 2 SGG ergänzenden, über § 202 Satz 1 SGG entsprechend anwendbaren § 307 Abs. 1 der Zivilprozessordnung zu verurteilen (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 62/02 R - (juris Rdnr. 18); BSGE 119, 293 = SozR 4-1500 § 101 Nr. 2 (jeweils Rdnrn. 11 f.)).

c) Zur gerichtlichen Entscheidung gestellt im Berufungsverfahren ist mithin die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 19. Januar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. August 2016 und in der Modifikation durch das Teilanerkenntnis vom 8. November 2018, die Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG im Zeitraum vom 1. Februar bis 30. April 2016 betreffend. Sein Begehren auf höhere ("ungeminderte") Leistungen verfolgt der Kläger zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1, 4, § 56 SGG), und zwar gerichtet auf den Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs. 1 Satz SGG). Dabei erstrebt der Kläger in jedem Fall die Bewilligung von (weiteren) Geldleistungen, weil für die Vergangenheit Sachleistungen und ihnen zuzuordnende Wertgutscheine nicht mehr erbracht werden können (vgl. hierzu BSGE 123, 157 = SozR 4-3520 § 1a Nr. 2 (jeweils Rdnr. 10)).

3. Der Beklagte ist richtiger Klagegegner. Er ist der für die Entscheidung über die hier umstrittenen Leistungen sachlich und örtlich zuständige Leistungsträger. Die sachliche Zuständigkeit für die Durchführung des AsylbLG ergibt sich für die streitbefangene Zeit aus § 10 AsylbLG i.V.m. § 1 Nr. 2 und § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 4 FlüAG sowie § 15 Abs. 1 Nr. 1 VwG BW; dies ist die jeweilige untere Verwaltungsbehörde des Landes als untere Aufnahmebehörde (BSG, Urteil vom 26. Juni 2013 - B 7 AY 3/12 R - (juris Rdnr. 12)). Die örtliche Zuständigkeit des Beklagten ergibt sich aus der Zuweisungsentscheidung (§ 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG (in der Fassung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722)) sowie dem tatsächlichen Aufenthalt des Klägers im Kreisgebiet (§ 10a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG (in der Fassung des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722)).

4. Eine im Sinne von § 28, § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für Baden-Württemberg ausreichende Anhörung des Klägers (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 25. August 2005 - L 7 SO 3115/05 ER-B - (juris Rdnr. 7); Siefert, AsylbLG, 1. Auflage 2018, § 1a Rdnr. 10) ist in dem Schreiben des Beklagten vom 17. Dezember 2015, spätestens jedoch im Bescheid vom 19. Januar 2016 für die vorliegend allein noch streitbefangene Zeit erfolgt. Der Beklagte hat dem Kläger dort unter Wiedergabe des Gesetzeswortlauts des § 1a Abs. 3 AsylbLG mitgeteilt, dass ihm ab dem 1. Februar 2016 lediglich eingeschränkte Leistungen gewährt würden und er zur Deckung seines Bedarfs an Ernährung-, Körper- und Gesundheitspflege Gutscheine erhalten werde, wobei der Beklagte den Wert der Gutscheine in dem Bescheid vom 19. Januar 2016 aufgeschlüsselt und zur Begründung der beabsichtigten Leistungseinschränkung ausgeführt hat, dass der Kläger, der bereits mehrfach auf seine Passpflichten hingewiesen worden sei und ein kamerunisches Rückreisedokument bislang nicht vorgelegt habe, es selbst zu vertreten habe, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden könnten. Damit konnte sich der Kläger zu allen aus Sicht der Behörde entscheidungserheblichen Tatsachen äußern (vgl. hierzu BSGE 69, 247, 252 = SozR 3-1300 § 24 Nr. 4; BSGE 122, 221 = SozR 4-1300 § 45 Nr. 12 (jeweils Rdnr. 21)).

5. Die angefochtenen Entscheidungen des Beklagten sind auch in der Sache nicht zu beanstanden.

a) Zwar ist bei dem Kläger jedenfalls eine der Grundvoraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG in der Zeit vom 1. Februar bis 30. April 2016, nämlich seine Leistungsberechtigung nach diesem Gesetz, erfüllt. Der Kläger, dessen Asylantrag im Jahr 2011 als offensichtlich unbegründet (§ 30 Abs. 3 Nr. 4 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) in damaliger Fassung) abgelehnt worden ist, war in der streitbefangenen Zeit lediglich im Besitz von durch das LRA N.nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG befristet ausgestellten Duldungen; er wird im Übrigen auch derzeit weiterhin befristet geduldet. Da sich die Zuordnung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger zum AsylbLG allein nach dem konkreten aufenthaltsrechtlichen Status des Ausländers bestimmt, weil leistungsrechtlich ein eigenständiges Prüfungsrecht nicht besteht (vgl. BSGE 117, 297 = SozR 4-4200 § 7 Nr. 41 (jeweils Rdnrn. 10 ff.)), ist der Kläger in der umstrittenen Zeit gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG dem Existenzsicherungssystem dieses Gesetzes unterfallen. Dahingestellt bleiben kann die Bedürftigkeit des Klägers (§ 7 AsylbLG); den gerichtlichen Verfügungen vom 31. Januar, 8., 9. und 24. Februar sowie 7. Juni 2017 mit der Aufforderung zur Darlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse ist er jedenfalls nicht nachgekommen. In jedem Fall hat der Kläger jedoch deswegen keinen Anspruch auf höhere Leistungen nach dem AsylbLG, weil bei ihm die Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG (in der mangels Übergangsregelung hier anzuwendenden Fassung des zum 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes) greift. Diese Bestimmung stellt nach ihrer Normstruktur keine eigenständige Anspruchsgrundlage dar (vgl. BSGE 114, 302 = SozR 4-3520 § 1a Nr. 1 (jeweils Rdnr. 24); BSGE 123, 157 = SozR 4-3520 § 1a Nr. 2 (jeweils Rdnr. 13) (zu § 1a AsylbLG in der Fassung bis 28. Februar 2015; i.F.: a.F.)).

b) Vorliegend ist überhaupt nur an einen Anspruch auf Grundleistungen (§ 3 AsylbLG) zu denken. Einen Anspruch auf Analogleistungen (§ 2 AsylbLG (in der bis 5. August 2016 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des AsylbLG und des SGG vom 10. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2187)) macht der Kläger, wie seinem gesamten Vortrag entnommen werden kann, selbst nicht geltend. In Anbetracht des vorsätzlich rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Klägers (vgl. hierzu nachstehend) wären Analogleistungen in der streitbefangenen Zeit ohnehin nicht in Betracht gekommen. Der Betrag, um den hier mithin allein gestritten werden kann, nachdem der Beklagte die Unterkunfts- und Heizungskosten in der Zeit von Februar bis April 2016 jeweils in voller Höhe übernommen hat, hat sich in der streitbefangenen Zeit bei der Regelbedarfsstufe 1 auf monatlich 364,00 Euro (vgl. die Bekanntmachung vom 26. Oktober 2015 über die Höhe der Leistungssätze nach § 3Abs. 4 AsylbLG ab 1. Januar 2016 (BGBl. I S. 1793)) belaufen; er setzt sich zusammen aus den Grundleistungen nach § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG (219,00 Euro) und dem notwendigen persönlichen Bedarf nach § 3 Abs. 2 Satz 5 AsylbLG (145,00 Euro). Diese Leistungsbeträge hat der Beklagte indessen unter Berücksichtigung seines Teilanerkenntnisses zu Recht auf wertmäßig monatlich 176,00 Euro eingeschränkt. Dieser, auf der Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2008 basierende, entsprechend der Veränderungsrate (§ 3 Abs. 4 Satz 1 AsylbLG i.V.m. § 28a des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) und der Verordnung nach § 40 Satz 1 Nr. 1 SGB XII) fortgeschriebene Betrag setzt sich zusammen aus den insoweit im Jahr 2016 regelbedarfsrelevanten Beträgen (§ 5 RBEG) in der Abteilung 1 (Nahrungsmittel inkl. alkoholfreie Getränke) von 143,82 Euro, in der Abteilung 6 (Gesundheitspflege) von 7,29 Euro und in der Abteilung 12 (dort Anteil für Körperpflege) von 25,01 Euro, das ergibt nach der Rundungsregel des § 3 Abs. 4 Satz 2 AsylbLG 176,00 Euro (vgl. dazu auch Schwabe ZfF 2016, 25, 27, 31, 35 f.). Einen höheren als diesen Monatsbetrag vermag der Kläger in der streitbefangenen Zeit nicht zu erlangen.

c) Einschränkungen der Grundleistungen sind in § 1a AsylbLG geregelt, wobei der Beklagte die Anspruchseinschränkung vorliegend zutreffend auf Abs. 3 der Vorschrift gestützt hat. Gemäß § 1a Abs. 3 Satz 2 AsylbLG endet der Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG mit dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag. § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG schreibt vor, dass für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nr. 4 und 5 AsylbLG, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, Absatz 2 entsprechend gilt. In § 1a Abs. 2 Sätze 1 und 2 AsylbLG ist bestimmt, dass der betroffene Personenkreis (Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG) unter den dort geregelten Voraussetzungen keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6 AsylbLG hat und ihnen bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt werden. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 AsylbLG gewährt werden; die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden (§ 1a Abs. 2 Sätze 3 und 4 AsylbLG). Der Personenkreis der Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG - also Inhaber einer Duldung (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG) wie der Kläger - ist mithin nach § 1a Abs. 3 AsylbLG (i.V.m. Abs. 2 a.a.O.) einer Anspruchseinschränkung dergestalt unterworfen, dass ihnen im Regelfall nur noch Sachleistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft einschließlich Heizung sowie Gesundheits- und Körperpflege zu gewähren sind, wenn bei ihnen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können. Diese Voraussetzungen liegen bei dem Kläger vor. Eine Leistungseinschränkung ist in diesem Fall zwingend; Entscheidungsfreiräume bestehen insoweit nicht (vgl. schon BSGE 123, 157 = SozR 4-3520 § 1a Nr. 2 (jeweils Rdnr. 20) (zu § 1a Abs. 2 AsylbLG a.F.)).

d) Bei dem jedenfalls seit Rücknahme der Klage gegen den asylablehnenden Bescheid des BAMF vom 17. Februar 2011 ausreisepflichtigen Kläger, der lediglich geduldet ist, können aus von ihm zu vertretenden Gründen aufenthaltsrechtliche Maßnahmen nicht vollzogen werden. Der Kläger unterliegt - entgegen seiner rechtsirrigen Auffassung - der Passpflicht. Dies ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 AufenthG; danach dürfen Ausländer nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie (hier allerdings nicht einschlägig) von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Die Erfüllung der Passpflicht ist zudem Regelvoraussetzung für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG). Die Erfüllung der Passpflicht dient nicht allein der Feststellung der Identität des Passinhabers; vielmehr gewährleisten ein gültiger Pass oder Passersatz auch die Verpflichtung zur Wiederaufnahme der betreffenden Person durch den das Dokument ausstellenden Staat (BVerwG, Beschluss vom 17. Juni 2013 - 10 B 1/13 - (juris Rdnr. 4)). Die Pflicht des Ausländers, an der Beschaffung eines Passes bzw. Passersatzpapiers mitzuwirken, ergibt sich aus § 48 Abs. 3 AufenthG sowie aus seinen sonstigen Mitwirkungspflichten (§ 82 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Darüber hinaus verpflichtet auch § 56 Abs. 1 Nr. 1 der Aufenthaltsverordnung den Ausländer, der sich im Bundesgebiet aufhält und keinen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzt, zur so rechtzeitigen Neuausstellung oder Verlängerung des Passes oder Passersatzes, dass mit der Neuerteilung innerhalb der Gültigkeitsdauer des Passes oder Passersatzpapiers gerechnet werden kann. Gegen diese Pflichten hat der Kläger zumindest seit 2011 nachhaltig verstoßen. Die fehlende Mitwirkung bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten stellt indessen einen typischen, von § 1a Abs. 3 AsylbLG sanktionierten Anwendungsfall dar, der im Übrigen auch bereits von § 1a Abs. 2 AsylbLG a.F. erfasst war (vgl. Gesetzesentwurf, Bundestags-Drucksache 13/10155 S. 5 (zu § 1a Nr. 2); hierzu BSGE 123, 157 = SozR 4-3320 § 1a Nr. 2 (jeweils Rdnr. 15); Senatsurteil vom 27. April 2017 - L 7 AY 4898/15 - (juris Rdnr. 34); ferner Oppermann in jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014 (Stand: 13.07.2018, 2. Überarbeitung), § 1a AsylbLG Rdnrn. 71, 76 ff.; Hohm in GK-AsylbLG, § 1a Rdnrn. 281, 283 f. (Stand: Februar 2017); Siefert, a.a.O., Rdnr. 36).

e) Der Kläger hat seit dem seinen einstweiligen Rechtsschutzantrag ablehnenden Beschluss des VG Karlsruhe vom 8. Juni 2011 (8 K 1418/11), in dessen Folge er die zum VG erhobene Klage (8 K 505/11) wegen des asylablehnenden, auf § 30 Abs. 3 Nr. 4 AsylVfG gestützten Bescheids des BAMF vom 17. Februar 2011 zurücknahm, alles unternommen, um aufenthaltsbeendende Maßnahmen, zu denen beispielsweise die Abschiebung (§ 58 AufenthG) als zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht gehört, zu verhindern. Durch eben diesen unanfechtbar gewordenen Bescheid des BAMF ist dem Kläger die Abschiebung vollziehbar angedroht worden (§ 34 Abs. 1 AsylVfG i.V.m. § 59 AufenthG); seine Ausreisepflicht ist auch nicht durch die Erteilung jeweils befristeter Duldungen entfallen (vgl. § 60a Abs. 3 AufenthG.) Eine für den 14. Juni 2011 vorgesehene, dem Kläger zuvor mitgeteilte Abschiebung scheiterte, weil er an diesem Tag von der Polizei, die ihn abholen sollte, in der Gemeinschaftsunterkunft nicht angetroffen werden konnte. Sämtliche seitdem unternommenen Aktivitäten des Klägers, im Verwaltungsrechtsweg seiner Ausreisepflicht entgegenzusteuern, sind ebenso gescheitert wie eine Eingabe bei der Härtefallkommission (§ 23a AufenthG). Aktenkundig bereits seit dem Jahr 2006 hat der Kläger keinerlei ernsthaften Anstrengungen unternommen, von der kamerunischen Botschaft eine Verlängerung oder Neuausstellung eines Passes oder ein Passersatzpapier zu erlangen; der in den Ausländerakten befindliche Pass des Klägers (in Kopie vorgelegt mit Schriftsatz seiner damaligen Bevollmächtigten vom 3. September 2013) hatte eine Gültigkeit lediglich bis zum 11. Dezember 2006. Der Aufforderung der Ausländerbehörde des LRA N.vom 4. Juni 2013, bis zum 5. Juli 2013 ein gültiges kamerunisches Rückreisedokument vorzulegen, leistete der Kläger keine Folge, ebenso wie der ihm anlässlich seiner Vorsprache bei der Ausländerbehörde am 1. Juli 2013 zwecks Verlängerung seiner Duldung mündlich eingeräumten Frist zur Vorlage des Rückreisedokuments bis zum Ablauf der seinerzeit bis zum 1. August 2013 verlängerten Duldung. Erst am 18. Juni 2014 - dies wohl unter dem Druck, dass ihm seit dem 30. September 2013 die Erwerbstätigkeit nicht mehr gestattet war (vgl. Bescheid des RP K. vom 25. September 2013) - sprach der Kläger am 18. Juni 2014 bei der kamerunischen Botschaft wegen eines Passes vor. Indessen hat er auch in der Folgezeit keinen neuen Pass vorgelegt, ohne den Ausländerbehörden oder dem Beklagten hierfür jedoch plausible Gründe anzugeben. Dies hat auch das VG Karlsruhe beanstandet (vgl. etwa Urteil vom 12. Juli 2016 - 9 K 117/16 -). Aufforderungen des Senats (Verfügungen vom 31. Januar, 8., 9. und 24. Februar 2017 sowie 7. Juni 2017) an den Kläger, mitzuteilen, welche Bemühungen er zur Erlangung eines Passes zwischenzeitlich unternommen habe, sind von dessen Seite ebenfalls unbeantwortet geblieben.

Mit dem Beklagten geht der Senat davon aus, dass der Kläger auf die kamerunische Botschaft seit Jahren massiv eingewirkt hat, damit ihm von dort kein neuer Reisepass ausgestellt werde. Dafür sprechen nicht nur die Schreiben der Botschaft an die ZAB in K. vom 21. August, 5. Oktober und 9. November 2012 sowie 10. Juni 2014 und neuerdings wieder die E-Mail der Botschaft vom 10. März 2017 sowie deren Schreiben vom 23. Juli 2017, ferner deren zuvor in den Jahren 2013 und 2014 demonstrierte passive Haltung gegenüber der ZAB in K. trotz in früheren Jahren stets gezeigter Kooperationsbereitschaft, sondern gerade auch das mit großer Beharrlichkeit gegenüber dem Beklagten, der Ausländerbehörde und auch dem Senat gezeigte Verhalten des Klägers, der im Übrigen in seinem Schreiben an die ZAB vom 12. Januar 2018 diese nachdrücklich aufgefordert hatte, die vom Senat an die Behörde gerichtete Anfrage vom 12. Dezember 2017 nicht zu beantworten. Es liegt nahe, dass der Kläger eine entsprechende Aufforderung auch an die kamerunische Botschaft gerichtet hat, welche das an sie (in deutscher und französischer Sprache) gerichtete Auskunftsersuchen des Senats vom 1. Februar 2018 trotz Erinnerung nicht beantwortet hat. Der Kläger ist offenkundig nicht willens, seiner Ausreisepflicht nachzukommen; er versucht seit Jahren mit allen Mitteln, die Aufenthaltsbeendigung zu verhindern (vgl. dazu auch das Urteil des VG Karlsruhe vom 12. Juli 2016 - 9 K 117/16 -). Im Rahmen seiner Anhörung vor dem BAMF am 30. November 2010 konnte der Kläger keinerlei Verfolgungsgründe benennen. Zur Begründung seines Asylantrags hat er dort lediglich bekundet, er verlange sein Recht; keinesfalls wolle er dauerhaft in sein Heimatland zurückkehren. Er wohne immerhin schon fast 20 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland und habe sich nichts zuschulden kommen lassen; er fühle sich von der Ausländerbehörde, die keine Rücksicht auf seine Belange genommen habe, ungerecht behandelt. Gegenüber dem Gesundheitsamtsarzt R. (vgl. amtsärztliche Stellungnahme vom 19. Oktober 2012) hat der Kläger anlässlich seiner Untersuchung am 15. Oktober 2012 angegeben, in seinem Heimatland weder verfolgt noch bedroht worden zu sein; obwohl er sich in Deutschland diskriminiert und ungerecht behandelt fühle, wolle er "einfach nicht zurück nach Kamerun".

f) Der Kläger ist nach allem seinen ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten, obwohl ihm solche zumutbar waren, nicht nachgekommen. Eine fehlende Mitwirkung ist nicht nur dann gegeben, wenn jegliche Mitwirkung bei der Passbeschaffung verweigert wird, sondern auch dann, wenn der Ausländer über Jahre hinweg keine oder nur unzureichende Bemühungen zur Beschaffung von Heimreisedokumenten unternimmt (vgl. Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. August 2007 - 16 A 1158/05 - (juris Rdnr. 46); Oppermann, a.a.O., § 1a AsylbLG Rdnr. 77). Dass dem Kläger bislang kein Pass oder Passersatz ausgestellt worden ist, was eine Abschiebung, d.h. die Vollstreckung seiner vollziehbaren Ausreisepflicht, derzeit hindert, hat er selbst zu vertreten. Erforderlich, aber auch ausreichend hierfür ist, dass die den Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen hindernden Gründe in den Verantwortungsbereich des Leistungsberechtigten fallen (BSGE 101, 49 = SozR 4-3520 § 2 Nr. 2 (jeweils Rdnr. 48); BSGE 123, 157 = SozR 3-3520 § 1a Nr. 2 (jeweils Rdnr. 17)). Insoweit ist ein Fehlverhalten des Leistungsberechtigten zu verlangen, das seinem persönlichen Verantwortungsbereich zuzurechnen ist. Einerseits muss also ein dem Ausländer vorwerfbares Verhalten und andererseits die Ursächlichkeit zwischen dem vorwerfbaren Verhalten und der Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen vorliegen (vgl. BSGE 114, 302 = SozR 4-3520 § 1a Nr. 1 (jeweils Rdnr. 25); BSGE 123, 157 = SozR 3-3520 § 1a Nr. 2 (jeweils Rdnr. 17); Siefert, a.a.O., § 1a Rdnr. 36). Der Kläger handelte mit Bezug auf das ihm vorzuwerfende Verhalten sogar vorsätzlich, denn er wusste, welche konkreten Mitwirkungshandlungen von ihm ausländerbehördlich gefordert wurden; deshalb kommt es nicht darauf an, ob § 1a Abs. 3 AsylbLG überhaupt ein Verschulden verlangt (vgl. hierzu Siefert, a.a.O.; Hohm, a.a.O., § 1a Rdnr. 269; Oppermann, a.a.O., Rdnrn. 66 f.). Das vorsätzliche Verhalten des Klägers belegt auch die Vielzahl seiner beim VG Karlsruhe angebrachten Rechtsbehelfe (Klagen, einstweilige Rechtsschutzanträge, Wiederaufnahmeverfahren) seit dem Jahr 2011. So sind von seiner Seite allein im Jahr 2015 bis zum Monat August insgesamt fünf Verfahren (darunter vier Wiederaufnahmeverfahren) eingeleitet worden, die - direkt oder indirekt - seine Ausreisepflicht zum Gegenstand hatten (vgl. die Verfahren mit den Az. 1 K 182/15, 9 K 452/15, 1 K 2600/15, 1 K 4002/15, 1 K 4072/15), wobei er beispielsweise in der Wiederaufnahmeschrift vom 21. August 2015 (1 K 4072/15) selbst auf die von der Ausländerbehörde geforderten Mitwirkungspflichten hinsichtlich der Passbeschaffung Bezug genommen hat. Der Widerruf der Erwerbstätigkeitsgestattung (Verfügung des RP K. vom 25. September 2013), der durch das klageabweisende Urteil des VG Karlsruhe vom 7. Juli 2015 (1 K 2935/13) bestätigt worden war, hatte auf eben diesem Verstoß beruht. Im Übrigen hatte schon die Stadt B. dem Kläger im Zeitraum vom 18. Juli 2007 bis 30. Juni 2010 mangels Vorlage eines gültigen Passes und der dadurch verhinderten Vornahme aufenthaltsbeendigender Maßnahmen lediglich geminderte Leistungen nach § 1a Nr. 2 AsylbLG a.F. gewährt.

g) Die erforderliche Kausalität zwischen dem vorwerfbaren Verhalten und dem Nichtvollzug liegt bei dem Kläger ebenfalls vor, weil seine mangelnde Bereitschaft, bei der Beschaffung eines Passes oder Passersatzes mitzuwirken, nach den hier vorliegenden Umständen die Ausstellung eines Passes durch die kamerunische Botschaft und damit aufenthaltsbeendende Maßnahmen verhindert hat. Die Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen ist auf das Verhalten des Klägers allein ursächlich zurückzuführen. Ein mitursächliches Verhalten der Ausländerbehörden lag nicht vor. Dass ein durchgängiges ernsthaftes Bestreben der Ausländerbehörden gegeben war, den Kläger in sein Heimatland zurückzuführen (vgl. hierzu BSGE 123, 157 = SozR 4-3520 § 1a Nr. 2 (jeweils Rdnr. 18); Oppermann, a.a.O. Rdnr. 76), ergibt sich schon auf Grund der Vielzahl von Aufforderungen an den Kläger zur Mitwirkung sowie den behördlich unternommenen Versuchen, von der kamerunischen Botschaft ein Passersatzpapier zu erlangen.

h) Objektive Gründe für die Unmöglichkeit des Vollzugs aufenthaltsbeendender Maßnahmen liegen bei dem Kläger nicht vor. Insbesondere bestand in der streitbefangenen Zeit keine Reiseunfähigkeit (vgl. hierzu Hohm, a.a.O., Rdnr. 301). Eine solche hatte bereits der Arzt R. vom Gesundheitsamt beim LRA N., der während des Beschwerdeverfahrens vor dem VGH Baden-Württemberg (11 S 1887/12) den Kläger am 15. Oktober 2012 persönlich untersucht hatte und dem weitere von diesem überreichte Arztbriefe vorlagen, verneint (Stellungnahme vom 19. Oktober 2012). Eine Reiseunfähigkeit ergibt sich auch nicht aus den vom Kläger im Klageverfahren vor dem SG zu den Akten gereichten Arztbriefen des Kardiologen A. vom 23. Dezember 2015 und des Urologen Dr. V. vom 12. Februar 2016. Der Urologe, der den Kläger am 11. Februar 2016 untersucht hat, hat auf seinem Fachgebiet einen unauffälligen Befund beschrieben. Kardiologe A. hat auf Grund der Untersuchung des Klägers am 22. Dezember 2015 über eine grenzwertig linksventrikuläre Hypertrophie mit gut erhaltener systolischer linksventrikulärer Pumpfunktion sowie einen Bluthochdruck (135/95 mm Hg) berichtet und eine relevante kardiale Ischämie ausgeschlossen, ferner lediglich den Verdacht auf ein Small-vessel-dis-ease geäußert. Im Rahmen der am Untersuchungstag durchgeführten Ergometrie war der Kläger bis 125 Watt belastbar, wobei der Abbruch wegen Beinermüdung erfolgte und sich im Elektrokardiogramm keine zusätzlichen Veränderungen bei dem grenzwertigen Linkshypertrophiezeichen zeigten. Trotz des schon in früheren Jahren vorhandenen Bluthochdrucks (gemessen am 30. Juni 2010 178/110 mm Hg ohne Medikamenteneinnahme) war dem Kläger auch damals eine Flugtauglichkeit bescheinigt worden, wobei auf eine Blutdrucktabletteneinnahme zu achten sei (vgl. Bescheinigung des Dr. K.vom 30. Juni 2010). Der Beklagte hatte sich im Übrigen schon am 16. Februar 2011 dem BAMF gegenüber zur Übernahme der Kosten für eine Behandlung des Bluthochdrucks in Kamerun (einschließlich der notwendigen Medikamente) für einen Zeitraum von zwei Jahren ab Rückkehr bereit erklärt, sofern jener finanziell dazu nicht in der Lage sei; eine solche Zusicherung hat der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 12. August 2016 nochmals ausdrücklich abgegeben. Dass eine Versorgung mit Blutdruckmedikamenten in Kamerun gewährleistet ist, lässt sich dem Schreiben der deutschen Botschaft in Jaunde an das BAMF vom 9. September 2010 (vgl. Bl. 740c, 740d der Ausländerakte, Bd. II) entnehmen; der Kläger hat im Übrigen auch nichts Gegenteiliges behauptet.

i) Sonach liegen die Voraussetzungen für eine Leistungseinschränkung nach § 1a Abs. 3 AsylbLG in der noch streitbefangenen Zeit vor. Die zeitliche Begrenzung der Anspruchseinschränkung auf zunächst sechs Monate (vgl. § 14 Abs. 1 AsylbLG) ist vorliegend eingehalten. Eine vorherige Belehrung über die Rechtsfolgen bei fehlender Mitwirkung ist im Gesetz nicht vorgesehen (vgl. schon Senatsbeschluss vom 25. August 2005 - L 7 AY 3115/05 ER-B - (juris Rdnr. 7); OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22. August 2007 - 14 A 1158/05 - (juris Rdnr. 40); OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 15. April 2009 - 1 L 229/04 - (juris Rdnr. 31); Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Auflage 2018, § 1a AsylbLG Rdnr. 43; a.A. Oppermann, a.a.O., § 1a Rdnr. 157; Hohm, a.a.O., § 1a Rdnr. 278; offengelassen in BSGE 127, 157 = SozR 4-3520 § 1a Nr. 2 (jeweils Rdnr. 19)). Dessen ungeachtet hat die Leistungskürzung beim Kläger erst ab dem 1. Februar 2016 eingegriffen, sodass er auf der Grundlage des Anhörungsschreibens vom 17. Dezember 2015 noch ausreichend Zeit gehabt hätte, die geforderte Mitwirkungshandlung nachzuholen oder zumindest seine ernsthafte Bereitschaft hierzu zu erklären. Dies hat der Kläger aber weder in seinem Schreiben vom 20. Dezember 2015 noch im Übrigen zu irgendeinem nachfolgenden Zeitpunkt getan. Besondere Umstände des Einzelfalls, die weitere Leistungen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG gerechtfertigt hätten (vgl. § 1a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG; hierzu Siefert, a.a.O., § 1a Rdnr. 30), sind für die hier zur gerichtlichen Entscheidung gestellte Zeit (Februar bis April 2016) nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

6. Die Zweifel des SG an der Verfassungsmäßigkeit des § 1a Abs. 3 AsylbLG teilt der Senat nicht. Die dort geregelte Anspruchseinschränkung knüpft an ein persönliches Fehlverhalten an. Weder auf Grund der Bindungswirkung des Urteils des BVerfG vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - (BVerfGE 132, 134) noch auf Grund der dort entwickelten verfassungsrechtlichen Maßstäbe sind aus verfassungsrechtlichen Gründen Beschränkungen des Tatbestandes geboten.

a) In seinem Urteil vom 18. Juli 2012 hat das BVerfG lediglich § 3 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 und Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 4 Nrn. 1 und 2 AsylbLG (in der bis zur Entscheidung geltenden Fassung) mit dem Grundrecht auf Gewährleistung des Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG für unvereinbar erklärt. Leistungseinschränkende Regelungen waren nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem BVerfG und damit von der Bindungswirkung der Entscheidung nicht umfasst (vgl. hierzu BSGE 127, 134 = SozR 4-3520 §1a Nr. 2 (jeweils Rdnr. 27)). Sachverhalte nach § 1a Nr. 2 AsylbLG a.F. waren dem BVerfG durch das LSG Nordrhein-Westfalen (vgl. Vorlagebeschlüsse vom 26. Juli 2010 - L 20 AY 13/09 - und 22. November 2010 - L 20 AY 1/09) nicht vorgelegt worden; von der Möglichkeit, weitere Bestimmungen des gleichen Gesetzes, dessen Verfassungsmäßigkeit es zu beurteilen hat, gleichfalls für nichtig zu erklären, wenn diese aus denselben Gründen mit dem GG oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar sind (§ 78 Satz 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes), hat das BVerfG keinen Gebrauch gemacht.

b) § 1a Nr. 3 AsylbLG verstößt zur Überzeugung des Senats auch nicht gegen das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Dieses durch Art. 1 Abs. 1 GG begründete und nach dem Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG auf Konkretisierung durch den Gesetzgeber angelegte Grundrecht verpflichtet den Staat, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen zur Verfügung stehen, wenn einem Menschen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil er sie weder aus seiner Erwerbstätigkeit, noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter erhalten kann (vgl. BVerfGE 125, 175, 222; BVerfGE 132, 134 (Rdnr. 62); BVerfGE 137, 34 (Rdnr. 74)). Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums umfasst als einheitliche grundrechtliche Garantie zwar sowohl die physische Existenz des Menschen als auch die Sicherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und eines Mindestmaßes an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben (vgl. BVerfGE 125, 175, 223; BVerfGE 132, 134 (Rdnr. 64)). Der Leistungsanspruch aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG ist von der Verfassung jedoch nur dem Grunde nach vorgegeben und kann nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden. Er hängt vielmehr von den gesellschaftlichen Anschauungen über das für ein menschenwürdiges Dasein Erforderliche, der konkreten Lebenssituation der Hilfebedürftigen sowie den jeweiligen wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten ab und ist danach vom Gesetzgeber konkret zu bestimmen, dem insoweit ein Gestaltungsspielraum zusteht, der enger ist, soweit der Gesetzgeber das zur Sicherung der physischen Existenz Notwendige konkretisiert, und weiter, wo es um Art und Umfang der Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben geht (BVerfGE 125, 175, 224 f.; BVerfGE 132, 134 (Rdnr. 67)).

Der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum eröffnet aber auch die Möglichkeit, die Leistungsgewährung an Voraussetzungen zu knüpfen (vgl. BSGE 123, 157 = SozR 4-3520 § 1a Nr. 2 (jeweils Rdnr. 29) unter Verweis auf BVerfG SozR 4-4200 § 11 Nr. 3 (Rdnr. 13); Senatsurteil vom 27. April 2017 - L 7 AY 4898/15 - (juris Rdnr. 36) unter Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 7. Juli 2010 - 1 BvR 2556/09 - (juris Rdnr. 13)). Sofern die Leistungseinschränkungen an die Nichteinhaltung rechtlich zulässiger Voraussetzungen geknüpft sind, wird die staatliche Verantwortung gelockert; sie rechtfertigt eine Absicherung auf einem niedrigeren Niveau (BSGE 123, 157 = SozR 4-3520 § 1a Nr. 2 (jeweils Rdnr. 29); Hohm, a.a.O., § 1a Rdnr. 29). Der Gesetzgeber darf mithin die uneingeschränkte Leistungsgewährung von der Rechtstreue des einzelnen abhängig machen. Wo Leistungen rechtsmissbräuchlich in Anspruch genommen werden, ist es von Verfassungs wegen nicht grundsätzlich zu beanstanden, dass diese Leistungen auch unterhalb des Niveaus des typisierend bestimmten Existenzminimums abgesenkt oder mit Einschränkungen ausgestaltet werden (BSGE 123, 157 = SozR 4-3520 § 1a Nr. 2 (jeweils Rdnr. 30)). Der Gesetzgeber ist deshalb verfassungsrechtlich nicht gehindert, ausländerrechtliche Verpflichtungen mit dem Leistungsrecht zu verknüpfen (BSGE 123, 157 = SozR 4-3520 § 1a Nr. 2 (Rdnr. 33); Siefert, a.a.O., § 1a Rdnr. 36).

Diesen Maßstäben wird die Bestimmung des § 1a Abs. 3 AsylbLG, die anspruchseinschränkend, nicht anspruchsausschließend ausgestaltet ist, gerecht. Die Vorschrift knüpft allein an ein rechtsmissbräuchliches Verhalten in der Verantwortung des Einzelnen an, nicht dagegen an generell-abstrakt gefasste migrationspolitische Erwägungen, das Leistungsniveau niedrig zu halten; die leistungsberechtigte Person hat es hierbei jederzeit selbst in der Hand, dieses Verhalten zu ändern (BSGE 123, 157 = SozR 4-3520 § 1a Nr. 2 (Rdnr. 32); Siefert, a.a.O., Rdnr. 39; Hohm, a.a.O., Rdnrn. 31 f., 34). Hinzu kommt, dass § 1a Abs. 2 Satz 3 AsylbLG, auf den § 1a Abs. 3 Satz 1 AsylbLG verweist, eine "Rückausnahme" enthält (vgl. hierzu nochmals Siefert, a.a.O., § 1a Rdnr. 30); danach können nach den besonderen Umständen des Einzelfalls auch andere Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG gewährt werden (hierauf hinweisend auch BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 19. September 2017 - 1 BvR 1719/17 - (juris Rdnr. 9)). Für den von § 1a Abs. 3 AsylbLG erfassten Personenkreis sind sonach - auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten - von Verfassungs wegen keine weiteren Begrenzungen der Anspruchseinschränkung geboten.

7. Europarechtliche Bedenken bestehen nach Auffassung des Senats insbesondere mit Blick auf Art. 20 der Richtlinie 2013/33/EU vom 26. Juni 2013 (ABL. L 180, 96) unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen gleichfalls nicht (vgl. auch Hohm, a.a.O., Rdnrn. 39 f.).

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

9. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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