L 8 R 2296/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 3796/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 R 2296/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16.05.2018 abgeändert und der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 19.09.2016 unter Abweisung der Klage im Übrigen aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers hat die Beklagte in beiden Instanzen zu tragen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Neuberechnung seiner Erwerbsminderungsrente.

Der 1960 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten am 25.11.2005 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung (Rentenantrag Blatt 3 – 5 VA). Nach Ablehnung der Rente mit Bescheid vom 31.03.2006 (Blatt 45 VA) und Zurückweisung des Widerspruchs vom 12.04.2006 (Blatt 49 VA) mit Widerspruchsbescheid vom 21.08.2006 (Blatt 64 VA), schlossen die Beteiligten im sich anschließenden Klageverfahren Sozialgericht (SG) Freiburg S 2 KNR 4519/06 in der mündlichen Verhandlung vom 17.07.2008 folgenden Vergleich:

1. Dem Kläger wird – ausgehend von einem Leistungsfall im Oktober 2005 – Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 01.11.2005 auf Dauer gewährt. 2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zur Hälfte. 3. Die Beteiligten sind sich darüber einig, dass damit der vorliegende Rechtsstreit erledigt ist.

Mit Bescheid vom 31.10.2008 (Blatt 204 VA) führte die Beklagte den Vergleich vom 17.07.2008 aus und gewährte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.11.2005 auf Dauer und stellte einen monatlichen Zahlungsanspruch von 410,13 EUR sowie eine Nachzahlung von 15.090,26 EUR fest.

Gegen den Bescheid vom 31.10.2008 erhob der Kläger am 20.11.2008 Widerspruch (Blatt 213 VA) und machte geltend, dass sich dieser gegen den versicherungsmathematischen Abschlag richte, das Widerspruchsverfahren könne ruhend gestellt werden wegen unzähliger anderer Verfahren, die in den unterschiedlichsten Instanzen am Laufen seien.

Am 21.11.2008 (Blatt 215 VA) erhob der Kläger einen weiteren Widerspruch gegen den Bescheid vom 31.10.2008 und machte geltend, dass der Pflegeversicherungsbeitrag auf 2,2% festgesetzt worden sei, der Beitrag dürfe nur 1,95% betragen, da er eine Tochter habe.

Mit Schreiben vom 08.06.2009 (Blatt 1 VA II) machte der Kläger geltend, dass ein Erhöhungsantrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung gestellt werde, die Gesamtsituation habe sich außer der Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht verändert. Die Antragsformulare gingen am 20.07.2009 (Blatt 9 VA II) bei der Beklagten ein.

Ausweislich des Aktenvermerks vom 17.08.2009 (Blatt 18 VA II) stellte die Beklagte fest, dass über die Erwerbsfähigkeit erst nach Abschluss von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation entschieden werden könne und gewährte mit Bescheid vom 01.10.2009 (Blatt 20 VA II) eine stationäre medizinische Rehabilitation.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 02.11.2009 (Blatt 21 VA II) Widerspruch und machte geltend, weder verpflichtet noch gewillt zu sein, die Reha-Maßnahme durchzuführen.

Mit Schreiben vom 03.02.2010 (Blatt 25 VA II) wies die Beklagte den Kläger unter Fristsetzung auf die Mitwirkungspflichten hin und versagte mit Bescheid vom 16.03.2010 (Blatt 28 VA II) die Rente wegen voller Erwerbsminderung wegen fehlender Mitwirkung.

Den Widerspruch vom 25.03.2010 (Blatt 30 VA II) gegen den Versagungsbescheid vom 16.03.2010 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2010 zurück, da die Durchführung der Reha-Maßnahme verweigert worden sei, sodass eine Beurteilung des Leistungsvermögens nicht habe erfolgen könne. Bis zur Nachholung der Mitwirkung und der anschließenden Leistungsbeurteilung, sei die Leistung zu versagen.

Das Klageverfahren SG Freiburg (S 2 R 6457/10) sowie das Berufungsverfahren LSG Baden- Württemberg (L 10 R 1861/16 – Urteil vom 23.03.2017) blieben erfolglos.

Mit Bescheid vom 26.02.2016 (Blatt 61 VA II) berechnete die Beklagte die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 01.01.2012 neu und stellte einen monatlichen Zahlungsanspruch von 460,70 EUR fest. Zur Begründung führte sie aus, dass die Rente neu berechnet werden müsse, weil ein geänderter Zusatzbeitrag für die Berechnung der Beiträge zur Krankenversicherung zu berücksichtigen sei.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 04.04.2016 Widerspruch, den er nicht begründete.

Mit Bescheid vom 18.05.2016 (Blatt 86 VA II) berechnete die Beklagte die Rente ab dem 01.07.2016 neu (monatl. Zahlbetrag 485,14 EUR) und führte zur Begründung aus, dass eine Rentenanpassung durchzuführen gewesen sei.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 21.06.2016 Widerspruch (Blatt 84 VA II), den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2016 (Blatt 82 VA II) zurückwies.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2016 (Blatt 99 VA II) wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.02.2016 über die Rentenneuberechnung ab dem 01.01.2012 zurück.

Ausweislich der (internen) Verfügung vom 16.12.2016 (Blatt 101 VA II) ging die Beklagte davon aus, dass ein Überprüfungsverfahren im Hinblick auf die Elterneigenschaft durchzuführen und die Rente unter Berücksichtigung der Elterneigenschaft neu zu berechnen sei.

Mit Bescheid vom 23.12.2016 (Blatt 112 VA II) berechnete die Beklagte die Rente ab dem 01.10.2016 neu und stellte einen monatlichen Anspruch von 485,41 EUR sowie eine Nachzahlung von 4,11 EUR fest. Zur Begründung führte sie aus, dass die Neuberechnung erfolge, weil ein anderer Beitragssatz zur Pflegeversicherung maßgebend sei.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 30.01.2017 (Blatt 134 VA II) Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2017 (Blatt 140 VA II) zurückwies.

Gegen den Bescheid vom "28.02.2016" in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.09.2016 erhob der Kläger am 27.09.2016 Klage zum Sozialgericht Freiburg und beantragte das Ruhen des Verfahrens im Hinblick auf das laufende LSG Verfahren.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und machte geltend, dass die Rechtmäßigkeit des Zusatzbeitrages durch die Instanzen bestätigt worden sei. Für ein Ruhen des Verfahrens werde kein Grund gesehen.

Die Klage wies das SG mit Urteil vom 16.05.2018 ab und führte zur Begründung aus, dass die Beklagte zu Recht den kassenindividuellen zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag einbehalten habe. Die Erhebung des Zusatzbeitrages ergebe sich aus § 242 SGB V, diesen habe der Kläger nach § 249a Satz 1 SGB V alleine zu tragen. Beiträge, die Versicherungspflichtige aus ihrer Rente zu tragen hätten, seien von den Trägern der Rentenversicherung bei der Zahlung der Rente nach § 255 SGB V einzubehalten. Die gesetzliche Regelung zur Erhebung eines Zusatzbeitrages und Einbehaltung sei auch verfassungskonform (Verweis auf BSG, Urteil vom 24.08.2005 – B 12 KR 29/04 R). Eine Verletzung von Artikel 14 GG sei nicht gegeben, da der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nicht überschritten sei (Verweis auf BVerfGE 44, 70 (89f.)).

Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 28.05.2018 zugestellte Urteil (Blatt 31 SG-Akte) hat dieser am 28.06.2018 Berufung zum Landessozialgericht Baden- Württemberg eingelegt.

Der Kläger beantragt, sachdienlich gefasst,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 16.05.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Auf den richterlichen Hinweis vom 30.08.2018 hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.09.2018 (Blatt 20 Senatsakte) mitgeteilt, dass Entscheidungen über die Widersprüche vom 20.11.2008 und 21.11.2008 noch nicht ergangen seien.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Blatt 32/35 Senatsakte).

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§§ 124 Absatz 2, 153 Absatz 1 SGG) entscheidet, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig und im Sinne der isolierten Aufhebung des Widerspruchsbescheides begründet. Das SG hätte die Klage nicht vollumfänglich abweisen dürfen.

Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 26.02.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2016, mit dem die Beklagte die Rente des Klägers neu berechnet und einen erhöhten Zusatzbeitrag berücksichtigt hat. Das Begehren des Klägers ist danach dem Grunde nach im Wege der reinen Anfechtungsklage zu verfolgen, da mit einer Aufhebung die vorherige Bewilligung der Rente wieder aufleben würde, sodass dem weitergehenden Leistungsantrag, der vor dem SG gestellt wurde, keine Bedeutung zukommt.

Der Senat konnte feststellen, dass die Beklagte mit Bescheid vom 31.10.2008 die erstmalige Feststellung der Rentenhöhe getroffen hat, nachdem das vorangegangen Klageverfahren nur die Rentengewährung dem Grunde nach zum Gegenstand hatte. Insoweit ist auch festzustellen, dass der am 17.07.2008 geschlossene Vergleich keine Regelung zur Rentenhöhe enthält, sodass dem Bescheid vom 31.10.2008 hinsichtlich der Rentenhöhe ein Regelungsgehalt zukommt.

Der Senat konnte weiter feststellen, dass die Regelung zur Rentenhöhe nicht bestandskräftig geworden ist, nachdem der Kläger mit dem Widerspruch vom 20.11.2008 (Blatt 213 VA) den versicherungsmathematischen Abschlag und mit dem Widerspruch vom 21.11.2008 (Blatt 215 VA) die Höhe des Pflegeversicherungsbeitrages angegriffen hat. Beide Widersprüche richten sich gegen die Rentenhöhe und damit gegen denselben Verfügungssatz im selben Bescheid, sodass in rechtlicher Hinsicht nur ein Widerspruch vorliegt. Soweit die Beklagte ausführt, dass der Klägervertreter das Ruhen des Widerspruchsverfahrens beantragt habe, trifft dies auf den Widerspruch hinsichtlich des versicherungsmathematischen Abschlags zwar zu, jedoch nicht auf den weiteren Widerspruch, sodass schon fraglich ist, ob hier eine eindeutige Erklärung angenommen werden kann. Unabhängig davon, dass ein Ruhen des Widerspruchsverfahren gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen ist, aus verfahrensökonomischen Gründen aber als möglich angesehen werden muss, bewirkt ein solches Ruhen, ebenso wie das Ruhen eines Klageverfahrens, keine Bestandskraft der Entscheidung. Das Widerspruchsverfahren bleibt weiterhin offen, einen Abschluss des Widerspruchsverfahrens durch Widerspruchsbescheid konnte der Senat nicht feststellen, vielmehr hat die Beklagte bestätigt, dass über den Widerspruch noch nicht entschieden worden ist.

Damit hätte die Beklagte die Regelung des § 86 SGG zu beachten gehabt, der bestimmt, dass der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Vorverfahrens wird, wenn während des Vorverfahrens der Verwaltungsakt abgeändert wird. Von § 86 SGG erfasst werden nämlich Verwaltungsakte, die von der Einlegung des Widerspruchs bis zur Beendigung des Vorverfahrens ergehen (B.Schmidt in: Meyer-Ladewig, SGG, 12. Auflage, § 86 RdNr. 2a).

Der neue Verwaltungsakt muss zur Regelung desselben Rechtsverhältnisses ergangen sein, sich in seinen Wirkungen mit dem angefochtenen Verwaltungsakt überschneiden, sei es, dass der Betroffene besser oder schlechter gestellt wird oder dass eine andere, inhaltlich gleichwertige Regelung getroffen ist (B.Schmidt, aaO., RdNr. 3).

Der Senat stellt fest, dass der Bescheid vom 31.10.2008 dem Kläger Rente für die Zeit vom 01.11.2005 bis längstens 31.05.2026 gewährt, sodass es sich um einen Dauerverwaltungsakt handelt, der jedenfalls, nachdem eine Aufhebung der Rentengewährung dem Grunde nach nicht vorliegt, Regelungsgehalt bis 2026 entfaltet. Seinerzeit wurde ein monatlicher Zahlbetrag von 410,13 EUR verfügt, der sich durch zwischenzeitliche Rentenanpassungen erhöht haben dürfte. Der Senat konnte insoweit feststellen, dass mit Bescheid vom 24.02.2015 die Rente ab 01.01.2014 neu berechnet und ein Zahlbetrag von 453,17 EUR festgestellt wurde, sowie mit Bescheid vom 02.03.2016 ab 01.01.2015 (monatlicher Zahlbetrag 460,70 EUR). Diese Bescheide sind gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden, da sie den zuerkannten Rentenanspruch der Höhe nach abändern.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es für die Anwendung von § 86 SGG nicht darauf an, aus welchem Grund eine Änderung in der Rentenhöhe eintritt. Nach der Rechtsprechung des BSG enthalten Rentenbescheide vier Verfügungssätze, nämlich die Zuerkennung des Rechts auf Rente, die Festsetzung des Rentenbeginns, die Dauer der Gewährung und die Rentenhöhe (BSG, Vorlagebeschluss vom 30.03.2004 – B 4 RA 24/02 R, juris RdNr. 21; BSG, Urteil vom 09.04.2002 – B 4 RA 58/01 R, juris RdNr. 13), die einer getrennten Überprüfung zugänglich sind. Daraus folgt, dass eine Regelung nur durch die verfügte Rentenhöhe getroffen wird, nicht aber hinsichtlich der einzelnen Berechnungselemente und es daher ausscheidet, die Rentenhöhe nur hinsichtlich einzelner Positionen und gesondert zu überprüfen. Dementsprechend ist auch der Bescheid vom 26.02.2016, der einen Rentenzahlbetrag von 460,70 EUR verfügt, gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden. Dass ein getrenntes Angreifen der Berechnungsfaktoren nicht in Betracht kommt, folgt auch daraus, dass sich diese wechselseitig bedingen. Nachdem der Kläger im Widerspruch vom 21.11.2008 geltend gemacht hat, dass ein zu hoher Abzug von Pflegeversicherungsbeiträgen erfolgt ist, beansprucht er sinngemäß eine höhere Rentenzahlung, während die mit Bescheid vom 26.02.2016 erfolgte Neuberechnung aufgrund eines höheren Zusatzbeitrages zur Krankenversicherung zu höheren Abzügen und damit zu einer niedrigeren Rente führt.

Der neue Verwaltungsakt wird automatisch Gegenstand des Widerspruchsverfahrens und er braucht nicht gesondert angefochten zu werden, ein dennoch eingelegter Widerspruch ist für das einheitliche Vorverfahren unschädlich, er kann jedoch vom Leistungsträger als unzulässig verworfen werden (B.Schmidt, aaO., § 86 RdNr. 4). Nachdem der Bescheid vom 26.02.2016 Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden ist, war ein Widerspruch hiergegen nicht statthaft, sodass die Beklagte über diesen in der Sache nicht hätte isoliert entscheiden dürfen. Der Senat konnte hingegen feststellen, dass der Widerspruchsbescheid vom 19.09.2016 ausdrücklich nur den Widerspruch vom 04.04.2016 gegen den Bescheid vom 26.02.2016 über die Rentenneuberechnung ab dem 01.01.2012 zurückweist und eine Überprüfung in der Sache erfolgt ist. Eine solche Sachprüfung hätte die Beklagte indessen nicht durchführen dürfen, sondern hätte den Widerspruch, wenn sie eine Entscheidung für notwendig erachtet hätte, als unzulässig verwerfen müssen. Eine Entscheidung über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 31.10.2008 im Widerspruchsbescheid vom 19.09.2016 konnte der Senat nicht feststellen, dass eine solche getroffen worden sei, wird von der Beklagten auch nicht geltend gemacht.

Lediglich ergänzend sieht sich der Senat, im Hinblick auf weitere Verfahren (insbesondere SG Freiburg S 3 R 2206/17), veranlasst, darauf hinzuweisen, dass auch die Bescheide vom 18.05.2016 (Rentenanpassung) und vom 23.12.2016 (Neuberechnung aufgrund des geänderten Pflegeversicherungsbeitrages) die Voraussetzungen des § 86 SGG erfüllen dürfteN und daher ebenfalls Gegenstand des offenen Widerspruchsverfahrens geworden sind, sodass eine einheitliche Entscheidung zu ergehen hat. Nachdem der Bescheid vom 31.10.2008 eine Dauerrente regelt und dieser nicht bestandskräftig geworden ist, kommt eine Neuberechnung nach § 44 SGB X aufgrund eines nachträglich eingetretenen Ereignisses, mit Beschränkung des möglichen Nachzahlungszeitraumes auf vier Jahre (vgl. Aktenvermerk der Beklagten vom 16.12.2016), wohl nicht in Betracht.

Die Argumentation der Beklagten, dass keine Veranlassung bestanden habe, über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 31.10.2008 zu entscheiden, da der Kläger diesen selbst ruhend gestellt habe, ändert nichts daran, dass ein laufendes Widerspruchsverfahren vorliegt und daher § 86 SGG weiterhin Anwendung findet. Die Einbeziehung des Bescheides ist auch eine zwingende Folge von § 86 SGG, die nicht zur Disposition der Beteiligten steht. Der Verweis auf den Bescheid vom 23.12.2016 überzeugt im Übrigen schon deshalb nicht, da die Beklagte in diesem erneut – ob rechtmäßig oder nicht – den Zusatzbeitrag in Abzug gebracht hat und die geltend gemachte Beschwer des Klägers daher auch in diesem Bescheid besteht. Dass zum Rentenabschlag bei vorzeitiger Inanspruchnahme bei Erwerbsminderungsrenten Rechtsprechung des BSG und BVerfG vorliegt, ändert an der prozessualen Situation, dass hier ein Dauerverwaltungsakt mit Widerspruch angegriffen worden ist und daher nur eine einheitliche Entscheidung ergehen kann, nichts. Aus dem Bescheid vom 23.12.2016 wird dies besonders deutlich, da dieser die Rente erst ab dem 01.10.2016 neu berechnet und den Zusatzbeitrag berücksichtigt, der Kläger jedoch die Berücksichtigung des Zusatzbeitrages bereits ab dem 01.01.2012 angegriffen hat.

Der Widerspruchsbescheid konnte daher keinen Bestand haben und war isoliert aufzuheben. Im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen, da eine Sachprüfung aus prozessualen Gründen nicht in Betracht kam.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Die Kostenentscheidung ergeht nach Ermessen ohne Rücksicht auf die Anträge der Beteiligten. Dabei müssen alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, wobei auch der Anlass der Klageerhebung berücksichtigt werden kann (B.Schmidt in: Meyer-Ladewig, SGG, 12. Auflage, RdNr. 12 ff.). In Ausübung des ihm zustehenden Ermessens ist der Senat zu dem Ergebnis gelangt, dass die Beklagte sowohl das Klage- wie auch das Berufungsverfahren durch die unzutreffende Rechtsbehelfsbelehrung wesentlich verursacht wie auch eine unstreitige Rechtsbeilegung verhindert hat, sodass diese die außergerichtlichen Kosten insgesamt zu erstatten hat. Im Hinblick auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung kommt es nicht darauf an, dass § 63 SGB X eine Kostenerstattung nur für den Fall des Erfolgs des Widerspruchs vorsieht.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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