L 9 AS 3156/18 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AS 4324/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 3156/18 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. Juli 2018 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanw. S., D., für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

Die gemäß § 145 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Berufung ist nicht zuzulassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts (SG) oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG), es sei denn, die Berufung betrifft wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Vorliegend bedarf die Berufung der Klägerin der Zulassung, denn diese ist durch die angegriffene Entscheidung des SG lediglich im Umfang von 178,50 Euro beschwert. In dieser Höhe macht sie weitere Rechtsanwaltsgebühren für ein isoliertes Vorverfahren gegen einen Mahnbescheid unter Berücksichtigung einer höheren Geschäftsgebühr geltend. Der Beschwerdegegenstand erreicht damit weder den Betrag von 750 Euro, noch liegt ein Fall wiederkehrender oder laufender Leistungen für mehr als ein Jahr vor. Das SG hat die Berufung im Urteil vom 26.07.2018 auch nicht zugelassen.

Gemäß § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Gemessen an diesen Maßstäben ist die Berufung nicht zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn sie eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 144 Rn. 28). Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann nicht, wenn sie bereits höchstrichterlich entschieden ist oder durch Auslegung des Gesetzes eindeutig beantwortet werden kann (Bundessozialgericht [BSG], Beschlüsse vom 30.09.1992 - 11 BAr 47/92 - und vom 30.03.2005 - B 4 RA 257/04 B - Juris). Zur Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss die abstrakte Klärungsfähigkeit, d. h. die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, und die konkrete Klärungsfähigkeit, d.h. die Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage, hinzutreten (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 26.01.2012 – B 5 R 334/11 B und Urteil vom 14.06.1984 - 1 BJ 72/84 – jeweils Juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 144 Rn. 20 und § 160a Rn. 14 ff.). Die Frage, ob eine Rechtssache im Einzelfall richtig oder unrichtig entschieden ist, verleiht ihr noch keine grundsätzliche Bedeutung (vgl. BSG, Beschluss vom 26.06.1975 - 12 BJ 12/75 - Juris).

Der vorliegende Rechtstreit wirft keine bisher nicht geklärte Rechtsfrage auf. Der Würdigung des SG, es sei keine höhere als die von der Beklagten berücksichtigte Geschäftsgebühr von 150 Euro anzusetzen, kommt ebenso wenig eine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zu wie der Würdigung der jeweiligen Einzelkriterien der Gebührenbemessung durch das SG im vorliegenden Fall. § 14 Abs. 1 Satz 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) verlangt gerade die Prüfung der Umstände des Einzelfalls. Soweit die Klägerin rügt, das SG hätte bei der Bemessung der Rechtsanwaltsgebühren die Zwangswirkung der Mahnung im Hinblick auf die Höhe des Mahnbetrages, der kurzen Zahlungsfrist, der Androhung der zwangsweisen Einziehung und der erfolgten Vollstreckungsandrohung sowie den Zeitaufwand der Bearbeitung wegen fehlender Deutschkenntnisse der Klägerin nicht ausreichend gewürdigt, rügt sie eine fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall.

Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor. Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zu Grunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Die Klägerin macht geltend, das Urteil des SG vom 26.07.2018 weiche von der Entscheidung des BSG vom 09.03.2016 (B 14 AS 5/15 R - Juris) ab. Das SG hat aber keinen Rechtssatz in Abweichung zu der genannten Entscheidung des BSG aufgestellt. Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 09.03.2016 die Bemessung der Rechtsanwaltsgebühren für ein isoliertes Vorverfahren gegen einen Mahngebührenbescheid mit den konkreten Umständen des dortigen Einzelfalles begründet (vgl. hierzu auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 04.01.2017 – L 4 AS 674/16 NZB – Juris Rn. 28f). Hierbei hat das BSG insbesondere ausgeführt, dass auch der Mahnbetrag als gebührenerheblicher Umstand miteinzubeziehen ist (BSG a.a.O. Rn. 23). Eben dies hat das SG auch getan und bei der Gebührenbemessung die – zwangsläufig mit dem vom BSG zu entscheidenden Sachverhalt nicht identischen - Umstände des vorliegenden Einzelfalles gewürdigt und abgewogen.

Auch liegt kein Verfahrensmangel im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG vor. Verfahrensverstöße in diesem Sinne sind nur solche, die das sozialgerichtliche Verfahren betreffen, und nicht die, die sich auf den sachlichen Inhalt des Urteils beziehen. Betroffen ist das prozessuale Vorgehen des Gerichts auf dem Weg zum Urteil (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 144 Rn. 31). Entsprechende Rügen hat die Klägerin nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist unbegründet. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Der Nichtzulassungsbeschwerde fehlt die erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg. Hierzu wird auf die obenstehenden Ausführungen im vorliegenden Beschluss verwiesen.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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