L 4 KR 3271/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 KR 2910/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 3271/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. Juli 2017 wird zurückgewiesen. Die Klage wegen des Bescheides vom 4. Januar 2018 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich dagegen, dass die Beklagte seit 1. September 2014 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung erhebt.

Der 1951 geborene Kläger betreibt ein landwirtschaftliches Unternehmen mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche von 32,12 ha. Er war aufgrund versicherungspflichtiger Beschäftigung oder des Bezugs von Arbeitslosengeld I versicherungspflichtiges Mitglied der Allgemeinen Ortskrankenkasse Baden-Württemberg und deren Rechtsvorgängerin. Die Landwirtschaftliche Krankenkasse Baden-Württemberg und Landwirtschaftliche Pflegekasse Baden-Württemberg, Rechtsvorgängerinnen der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte), verneinten eine Versicherungspflicht des Klägers in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung, weil dieser nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sei (Bescheid vom 17. Juli 1996). Die Versicherungspflicht aufgrund der Beschäftigung endete am 31. August 2014. Seit 1. September 2014 bezieht der Kläger eine Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Rentenversicherungsträger führt aus der vom Kläger bezogenen gesetzlichen Rente Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung an die Beklagte ab.

Mit Bescheid vom 11. November 2014 stellte die Beklagte fest, dass sie für den Kläger ab 1. September 2014 die Versicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung durchführe. Zugleich setzte sie die monatlichen Beiträge ab 1. September 2014 aufgrund eines korrigierten Flächenwerts von EUR 14.525,00 in der Beitragsklasse 4 auf EUR 152,75 (Krankenversicherung: EUR 135,00; Pflegeversicherung: EUR 15,82 zuzüglich Zuschlag für kinderlose Mitglieder EUR 1,93) fest. Mit Bescheid vom 18. November 2014 setzte sie die monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 1. September 2014 ohne den Zuschlag für kinderlose Mitglieder in der Pflegeversicherung auf EUR 150,82 fest.

Der Kläger erhob Widerspruch. Der der Bemessung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zugrunde gelegte Flächenwert und die Beitragsklasse 4 seien zu hoch. Der Flächenwert und sein tatsächlich zu versteuerndes Einkommen stimmten nicht überein. Er bitte, von der Kranken- und Pflegeversicherung befreit zu werden, da sein tatsächliches Nettoeinkommen dem eines geringfügig Beschäftigten entspreche. Er fügte den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 vom 21. Mai 2014 bei, wonach seine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft als Einzelunternehmer EUR 4.804,00 betrugen.

Mit Bescheid vom 20. Januar 2015 setzte die Beklagte die monatlichen Beiträge ab 1. Januar 2015 auf der Grundlage eines korrigierten Flächenwerts von EUR 14.955,00 in der Beitragsklasse 4 auf EUR 154,95 (Krankenversicherung: EUR 136,00; Pflegeversicherung: EUR 18,45) fest.

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers gegen die Bescheide vom 11. und 18. November 2014 zurück (Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2015). Er legte dar, der Kläger betreibe ein landwirtschaftliches Unternehmen mit 32,12 ha Grünland. Der Hektarwert der Gemeinde, auf deren Gemarkung das landwirtschaftliche Unternehmen betrieben werde, betrage DM 417,00, so dass sich ein Flächenwert von DM 13.394,04 ergebe. Nach Multiplikation des Flächenwerts mit den Beziehungswerten werde der korrigierte Flächenwert in Euro ausgewiesen. Dieser Flächenwert multipliziert mit dem nach der Verordnung zur Ermittlung des Arbeitseinkommens aus der Land- und Forstwirtschaft (AELV) für das Kalenderjahr 2014 maßgeblichen Faktor von 1,0845000 ergebe den korrigierten Flächenwert von EUR 14.525,84 für das Jahr 2014 und mit dem nach der AELV für das Kalenderjahr 2015 maßgeblichen Faktor von 1,1166000 den korrigierten Flächenwert von EUR 14.955,79 für das Jahr 2015. Nach den in ihrer Satzung bestimmten Beitragsklassen seien landwirtschaftliche Unternehmer ab dem 1. September 2014 mit einem korrigierten Flächenwert von über EUR 10.800,00 bis EUR 16.200,00 in der Beitragsklasse 4 einzustufen.

Der Kläger erhob am 19. November 2015 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG). Er begehrte, die Bescheide vom 11. und 18. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Oktober 2015 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, ihn von der Versicherungspflicht gemäß § 3 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) zu befreien. Zur Begründung trug er vor, er entrichte monatliche Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus seiner Rente. Er sei kein Landwirt nach § 1 Abs. 7 ALG, der bei der Beurteilung der Krankenversicherungspflicht landwirtschaftlicher Unternehmer entsprechend anzuwenden sei (Verweis auf Landessozialgericht [LSG] Bayern, Urteil vom 10. März 2009 – L 5 KR 363/07 – juris). Denn er betreibe die Landwirtschaft nebenher hobbymäßig und ohne die Absicht der nachhaltigen Gewinnerzielung (Verweis auf den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 vom 21. Mai 2014). Er habe zu versteuernde Einkünfte aus der Landwirtschaft im Jahr 2013 in Höhe von EUR 5.382,00 und im Jahre 2014 in Höhe von EUR 4.047,00 erzielt. Fördergelder der Europäischen Union nehme er in Anspruch. Seinen Unterhalt bestreite er im Wesentlichen aus seinen Renteneinkünften. Er sei bereits bei der Deutschen Rentenversicherung kranken- und pflegeversichert. Er solle auf einen durchschnittlichen monatlichen Gewinn von EUR 400,33 monatlich EUR 152,00 (fast 40 %) zusätzlich an die "Landwirtschaftliche Alterskasse" abführen, obwohl ihm dies erkennbar weder aktuell noch zukünftig einen Versicherungsschutz ermögliche. Falls er als Landwirt im Sinne des ALG anzusehen sei, sei er nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ALG von der Versicherungspflicht zu befreien.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid entgegen. Ferner führte sie aus, das Zweite Gesetz über die Krankversicherung der Landwirte (KVLG) enthalte keinen Verweis auf § 1 Abs. 7 ALG oder eine entsprechende Regelung für landwirtschaftliche Unternehmen, die als Liebhaberei eingestuft würden. Das vom Kläger angeführte Urteil des LSG Bayern habe nicht die analoge Anwendung des § 1 Abs. 7 ALG im Recht der Krankensicherung der Landwirte erklärt, sondern darauf hingewiesen, dass die dieser Vorschrift zu Grunde liegenden Beurteilungskriterien auch Bestandteil der Prüfung der Unternehmereigenschaft im Rahmen der Feststellung der Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung seien.

Mit Bescheid vom 8. Januar 2016 setzte die Beklagte die monatlichen Beiträge ab 1. Januar 2016 auf der Grundlage eines korrigierten Flächenwerts von EUR 15.577,00 in der Beitragsklasse 4 auf EUR 154,60 (Krankenversicherung: EUR 136,50; Pflegeversicherung: EUR 18,10) fest. Mit Bescheid vom 5. Januar 2017 setzte die Beklagte die monatlichen Beiträge ab 1. Januar 2017 auf der Grundlage eines korrigierten Flächenwerts von EUR 16.425,00 in der Beitragsklasse 4 auf EUR 184,31 (Krankenversicherung: EUR 161,25; Pflegeversicherung: EUR 23,06) fest.

Die Beklagte berechnete aufgrund eines Antrages des Klägers nach § 131 Abs. 7 ihrer Satzung die monatlichen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 1. September 2014 neu (Bescheid vom 12. Januar 2017). Aufgrund korrigierter Flächenwerte von EUR 10.383,00 für die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 2014, EUR 10.690,00 für die Zeit vom 1. Januar bis 14. Mai 2015, EUR 10.840,47 für die Zeit vom 15. Mai bis 31. Dezember 2015, EUR 11.290,94 für die Zeit vom 1. Januar bis 14. Mai 2016, EUR 11.401,00 für die Zeit vom 15. Mai bis 31. Dezember 2016 und von EUR 11.741,00 ab 1. Januar 2017 setzte sie die monatlichen Beiträge für die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 2014 in der Beitragsklasse 3 auf EUR 124,01 (Krankenversicherung: EUR 111,00; Pflegeversicherung: EUR 13,01), für die Zeit vom 1. Januar bis 14. Mai 2015 in der Beitragsklasse 3 auf EUR 126,86 (Krankenversicherung: EUR 111,75; Pflegeversicherung: EUR 15,11), für die Zeit vom 15. Mai bis 31. Dezember 2015 in der Beitragsklasse 4 auf EUR 154,96 (Krankenversicherung: EUR 136,50; Pflegeversicherung: EUR 18,45), für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2016 in der Beitragsklasse 4 auf EUR 154,60 (Krankenversicherung: EUR 136,50; Pflegeversicherung: EUR 18,10) und ab 1. Januar 2017 in der Beitragsklasse 4 auf EUR 156,02 (Krankenversicherung: EUR 136,50; Pflegeversicherung: EUR 19,52) fest.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 17. Juli 2017 ab. Die Bescheide vom 11. und 18. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Oktober 2015 und des Änderungsbescheids vom 12. Januar 2017, der nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens geworden sei, seien rechtmäßig. Die Beklagte führe zu Recht ab 1. September 2014 die gesetzliche Krankenversicherung des Klägers durch. Der Kläger sei seit diesem Zeitpunkt zur landwirtschaftlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Versicherungspflichtig seien Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft, deren Unternehmen auf Bodenbewirtschaftung beruhe und die Mindestgröße für Landwirtschaft einschließlich Grünland (ohne Hof- und Gebäudeflächen sowie Hausgarten) 8 ha betrage. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 KVLG bestehe für die nach § 5 Abs. 1 "Nr. 12" (gemeint Nr. 11) Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) versicherungspflichtigen Rentner der Vorrang der Versicherungspflicht nach dem KVLG. Es (das SG) gehe wie die Beklagte davon aus, dass die Bewirtschaftung von über 35 ha Grünland unter Inanspruchnahme von Fördergeldern der Europäischen Union nicht hobbymäßig bzw. als Liebhaberei erfolge. Die gesamten Umstände zeigten, dass der Kläger die Landwirtschaft, die die Mindestgröße deutlich übersteige, zur nachhaltigen Gewinnerzielung betreibe. Er erziele durchaus nennenswerte Einnahmen aus der Tätigkeit. § 1 Abs. 7 ALG sei nicht entsprechend anwendbar. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankversicherung der Landwirte nach § 3 ALG scheide aus, da sich diese Vorschrift ersichtlich nur auf die Alterssicherung der Landwirte beziehe. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 KVLG für die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Landwirte lägen nicht vor. Die zuletzt festgesetzte Höhe der Beiträge halte einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Satzung der Beklagten entspreche den gesetzlichen Vorgaben, indem sie einen anderen angemessenen Maßstab zur Beitragsberechnung in Form des korrigierten Flächenwerts anwende. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 (Abs. 1) Grundgesetz (GG) liege unter Berücksichtigung der in § 131 Abs. 7 der Satzung der Beklagten getroffenen und beim Kläger angewandten Härtefallregelung nicht vor.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 31. Juli 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. August 2017 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen, seine Landwirtschaft hobbymäßig zu betreiben und knapp die Hälfte seines monatlichen Bruttogewinns an die Beklagte abführen zu müssen. Zu Unrecht habe das SG die Befreiung von der Versicherungspflicht nach §§ 1 Abs. 7 und 3 ALG sowie nach § 4 Abs. 1 KVLG verneint. Er erhalte für seine Pflichtbeiträge keinerlei Gegenleistung der Beklagten.

Der Kläger beantragt (sachgerecht gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. Juli 2017 sowie die Bescheide der Beklagten vom 12. Januar 2017 und 4. Januar 2018 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihn von der Versicherungspflicht zur landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu befreien.

Die Beklagte beantragt (sachgerecht gefasst),

die Berufung zurückzuweisen und die Klage wegen des Bescheids vom 4. Januar 2018 abzuweisen.

Sie verweist auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und dem angefochtenen Urteil des SG.

Mit Bescheid vom 23. Oktober 2017 hat die Beklagte den Antrag des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht abgelehnt, weil der Wirtschaftswert des Unternehmens (DM 13.094,04) die nach § 4 KVLG erforderliche Höhe für die Befreiung von DM 60.000,00 nicht erreiche. Mit Bescheid vom 4. Januar 2018 hat die Beklagte die monatlichen Beiträge ab 1. Januar 2018 auf der Grundlage eines korrigierten Flächenwert von EUR 10.636,00 in der Beitragsklasse 3 auf EUR 145,90 (Krankenversicherung: EUR 127,65; Pflegeversicherung: EUR 18,24) festgesetzt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Senats und des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Der Kläger hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung nach § 144 SGG. Denn der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Beiträgen für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

2. Beklagte ist die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau als landwirtschaftliche Krankenkasse und landwirtschaftliche Pflegekasse. Denn streitig sind sowohl Beiträge zur landwirtschaftlichen Krankenversicherung als auch zur landwirtschaftlichen Pflegeversicherung. Der Kläger erhob die Klage auch ausdrücklich gegen die Beklagte in diesen beiden Funktionen.

3. Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide der Beklagten vom 12. Januar 2017 und 4. Januar 2018. Der Bescheid vom 12. Januar 2017 wurde nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens. Denn er ersetzte alle zuvor ergangenen Beitragsbescheide. Diese sind mithin nicht mehr wirksam (§ 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]). Über diesen Bescheid entschied das SG auch ausdrücklich. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2018 wurde §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens. Denn er ersetzte für die Zeit ab 1. Januar 2018 den vorher maßgeblichen Beitragsbescheid vom 12. Januar 2017. Über diesen Bescheid entscheidet der Senat auf Klage.

4. Nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 23. Oktober 2017. Er wurde nicht nach §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens. Denn er ersetzte oder änderte die Beitragsbescheide vom 12. Januar 2017 und 4. Januar 2018 nicht ab. Ein späterer Verwaltungsakt ändert oder ersetzt dann einen früheren, angefochtenen, wenn er den Verfügungssatz des Ursprungsbescheides ersetzt, abändert oder unter Aufrechterhaltung des Rechtsfolgenausspruchs dessen Begründung so modifiziert, dass sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt ändert (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 7. November 2017 – B 1 KR 24/17 R – juris, Rn. 12). Die Beitragsbescheide vom 12. Januar 2017 und 4. Januar 2018 regeln in ihren Verfügungssätzen die vom Kläger zu zahlenden Beiträge. Sie enthalten keine Regelung zu einer Befreiung von der Versicherungspflicht, wie sie demgegenüber der Bescheid vom 23. Oktober 2017 ablehnt. Dass die Beitragspflicht des Klägers zur landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung entfällt, wenn er von dieser Versicherungspflicht befreit wird, reicht deshalb für die Anwendung von § 96 Abs. 1 SGG nicht aus.

5. Die zulässige Berufung des Klägers und die Klage (wegen des Bescheids vom 4. Januar 2018) sind nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 12. Januar 2017 und 4. Januar 2018 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (b). Soweit der Kläger die Befreiung nach § 3 ALG begehrt, ist die Berufung unbegründet, weil die Klage unzulässig ist (a).

a) Soweit der Kläger begehrt, nach § 3 ALG von der Versicherungspflicht befreit zu werden, ist die Klage unzulässig, weil hierzu eine Verwaltungsentscheidung der Beklagten fehlt. Die Bescheide vom 12. Januar 2017 und 4. Januar 2018 enthalten keine Entscheidung über eine Befreiung von der Versicherungspflicht (siehe oben).

b) Die Mittel für die landwirtschaftliche Krankenversicherung werden nach § 37 Abs. 1 KVLG durch Beiträge, durch Zuschüsse des Bundes, die Beteiligung des Bundes an Aufwendungen und durch sonstige Einnahmen aufgebracht. Die Mittel für die Pflegeversicherung werden nach § 54 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) durch Beiträge sowie sonstige Einnahmen gedeckt. Nach § 39 Abs. 1 KVLG werden bei versicherungspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmern, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist, der Beitragsbemessung zugrunde gelegt 1. Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, 2. der Zahlbetrag der Renten nach § 228 SGB V, 3. der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge nach § 229 SGB V, 4. Arbeitseinkommen aus außerland- und außerforstwirtschaftlicher Tätigkeit, soweit es neben einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung oder Versorgungsbezügen erzielt wird.

aa) Der Kläger ist als landwirtschaftliche Unternehmer nach dem KVLG versicherungspflichtig.

(1) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG sind in der Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Wein- und Gartenbaus sowie der Teichwirtschaft und der Fischzucht (landwirtschaftliche Unternehmer), deren Unternehmen, unabhängig vom jeweiligen Unternehmer, auf Bodenbewirtschaftung beruht und die Mindestgröße erreicht; § 1 Abs. 5 ALG gilt. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger betreibt ein auf Bodenbewirtschaftung beruhendes Unternehmen, das mit 32,12 ha (Bl. 139 Verwaltungsakte) die Mindestgröße des § 1 Abs. 5 ALG von 8 ha (Mindestgrößenbeschluss der Landwirtschaftlichen Alterskasse; www.svlfg.de/50-vmb/vmb03/vmb0305/Mindestgroessenbe-schluss 2014.pdf) überschreitet. Der Kläger ist Unternehmer, weil er seine berufliche Tätigkeit selbständig ausübt (§ 2 Abs. 3 Satz 1 KVLG). Da der Kläger nicht außerhalb der Land- und Forstwirtschaft hauptberuflich selbständig erwerbstätig ist, entfällt die Versicherungspflicht nicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KVLG (§ 2 Abs. 4a KVLG).

(2) Die Eigenschaft als landwirtschaftliche Unternehmer entfällt nicht in entsprechender Anwendung des § 1 Abs. 7 ALG (so LSG Bayern, Urteil vom 10. März 2009 – L 5 KR 363/07 – juris, Rn. 32 ff.). Nach § 1 Abs. 7 ALG ist Landwirt nach § 1 Abs. 2 ALG nicht, wer ein Unternehmen der Landwirtschaft ohne die Absicht der nachhaltigen Gewinnerzielung betreibt. Diese Vorschrift ist für die landwirtschaftliche Kranken- und Pflegeversicherung nicht anwendbar. Eine entsprechende Regelung fehlt im KVLG. Die vom LSG Bayern erwogene entsprechende Anwendung kann nach Auffassung des Senats nicht erfolgen, weil eine Regelungslücke fehlt. Unabhängig davon vermag der Senat – wie bereits das SG – nicht festzustellen, dass der Kläger sein landwirtschaftliches Unternehmen ohne nachhaltige Gewinnerzielung betreibt. Das landwirtschaftliche Unternehmen des Klägers überschreitet mit 32,12 ha die Mindestgröße von 8 ha deutlich und der Kläger nimmt Fördergelder der Europäischen Union in Anspruch.

Im Übrigen ist das genannte Urteil des LSG Bayern nicht (mehr) wirksam, weil der dortige Kläger im Revisionsverfahren seine Klage zurücknahm (Hinweis der Dokumentationsstelle des BSG in juris).

(3) Auch die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 KVLG liegen nicht vor. Insbesondere ist der Kläger nicht nach anderen gesetzlichen Vorschriften versicherungspflichtig. Der Kläger behauptet zwar, anderweitig krankenversichert zu sein, ohne diese anderweitige Versicherung (welche Krankenkasse) näher zu bezeichnen. Nach dem Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren ging er von einer Kranken- und Pflegeversicherung bei der "Deutschen Rentenversicherung" aus. Dort kann aber keine Kranken- und Pflegeversicherung bestehen, weil Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung die Krankenkassen und Leistungen der sozialen Pflegeversicherung die bei den Krankenkassen errichteten Pflegekassen erbringen, nicht aber die gesetzliche Rentenversicherung (siehe §§ 21, 21a und 23 Erstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB I]). Der die Altersrente des Klägers zahlende Rentenversicherungsträger behält nach § 255 Abs. 1 Satz 1 SGB V Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ein und führt diese an die Beklagte ab, so dass die Kranken- und Pflegeversicherung allein bei der Beklagten besteht. Deshalb ist auch die Behauptung des Klägers, für seine Beiträge keinerlei Gegenleistung der Beklagten zu erhalten, unzutreffend.

(4) Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 KVLG hat die Versicherung nach dem KVLG Vorrang vor einer möglichen Versicherungspflicht des Klägers als Bezieher einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V.

(5) Auch einer der Fälle des § 3 Abs. 3 KVLG wegen Befreiung der Versicherungspflicht nach den dort genannten Vorschriften, weil sich diese nur auf die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 und 5 KVLG beziehen und nicht wie vorliegend auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG, und nach § 3a KVLG sind nicht gegeben.

(6) Eine Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 4 KVLG erfolgte nicht. Diese lehnte die Beklagte mit dem Bescheid vom 23. Oktober 2017 ab. Dass der Bescheid zwischenzeitlich aufgehoben und damit nicht mehr wirksam ist, hat keiner der Beteiligten behauptet.

cc) Da der Kläger nach dem KVLG versicherungspflichtig ist, ist er nach § 20 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 SGB XI versicherungspflichtig in der Pflegeversicherung der Landwirte.

b) Die Berechnung der Höhe der Beiträge durch die Beklagte ist zutreffend. Sie entspricht § 40 KVLG sowie §§ 131, 132 und 148 der Satzung der Beklagten. Weder aus dem Vortrag der Beteiligten noch aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen ergeben sich Anhaltspunkte für Gegenteiliges. Die in § 131 Abs. 7 der Satzung der Beklagten vorgesehene Härtefallregelung fand beim Kläger Anwendung. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beiträge landwirtschaftlicher Unternehmer nach einem korrigierten Flächenwert festgesetzt werden (vgl. BSG, Urteil vom 31. August 1993 – 4 RK 3/92 – juris, Rn. 27).

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

7. Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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