L 6 U 3686/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 206/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 3686/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 6. September 2017 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt mit zwei Klagen die (rückwirkende) Erhöhung des Jahresarbeitsverdienstes (JAV), nach dem seine Verletztenrente berechnet wird.

Der Kläger ist 1972 geboren. Ab September 1989 absolvierte er bei der "Metallgestaltung F." in XXX eine Ausbildung zum "Metallbauer Fachrichtung Metallgestaltung" (Schlosser). Am 30. November 1990 erlitt er morgens um 6:50 Uhr auf dem Weg zur Arbeit einen Verkehrsunfall mit seinem Mofa. Er brach sich das linke Schienbein und den linken Außenknöchel (Luxationsfraktur des oberen Sprunggelenks [OSG]).

Die Beklagte holte Auskünfte ein. Die Krankenkasse des Klägers teilte mit, der tatsächliche Monatslohn (im Oktober 1990) habe DM 736,- brutto und DM 504,83 netto betragen. Der Arbeitgeber gab an, der tarifliche bzw. ortsübliche Lohn für einen (ausgebildeten) Schlossergesellen in XXX betrage DM 15,51 je Stunde. In dem Ersten Rentengutachten vom 30. Juli 1992 (nach Erhebung eines vorläufigen Gutachtens vom 17. Mai 1991) schlug Dr. Ma. eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v.H. für mindestens zwei Jahre nach dem Unfall vor. Mit Bescheid vom 27. Januar 1993 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem 22. April 1991 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. Es ergaben sich monatliche Zahlbeträge von DM 263,20 nach einem JAV von DM 23.688,- für die Zeit vom 22. April 1991 bis zum 30. Juni 1991, von DM 276,42 nach einem JAV von DM 24.881,- vom 1. Juli 1991 bis zum 30. Juni 1992 und von DM 284,90 nach einem JAV von DM 25.640,78 ab dem 1. Juli 1992.

Der Kläger schloss seine Ausbildung - in einem anderen Unternehmen - am 25. Februar 1993 ab und erwarb den Gesellenbrief. Die Beklagte holte in der Folgezeit Auskünfte mehrerer örtlicher Unternehmen des Schlossereigewerbes (XXX, XXX und XXX) über die tatsächlichen Löhne für Schlossergesellen ein. Hierbei wurden Stundenlöhne von - zweimal - DM 18,67, von DM 19,00 und von DM 19,23 nebst Weihnachts- und Urlaubsgeld in unterschiedlichen Höhen sowie Vermögenswirksame Leistungen (VL) von DM 52,00 genannt. Der von der Beklagten beigezogene, nicht näher beschriebene Tarifvertrag nannte in der Lohngruppe VII (Gelernte) für Werkstätten einen Monatslohn von DM 2.772,00 nebst Urlaubs- und Weihnachtsgeld und VL. Weder nach dem Tarifvertrag noch nach den Auskünften der örtlichen Unternehmen wurde der Gesellenlohn nach dem Lebensalter des Mitarbeiters gestaffelt. Nachdem das Zweite Rentengutachten von Dr. Ma. vom 24. August 1994 vorschlug, eine MdE von 20 v.H. auf Dauer anzunehmen, teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 27. März 1995 mit, der JAV werde nunmehr, ab dem 26. Februar 1993, auf DM 40.897,57 festgesetzt. Der Unfall habe sich während der Ausbildung ereignet. Nach § 573 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) werde der JAV von dem Zeitpunkt an, in dem die begonnene Ausbildung voraussichtlich abgeschlossen gewesen wäre, nach dem Entgelt berechnet, das dann für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarif festgesetzt oder sonst ortsüblich sei. Im Falle des Klägers sei der ortsübliche Lohn günstiger als der Tariflohn und werde daher herangezogen. Die Beklagte gab an, sie gehe bei einem Monatslohn von DM 3.057,07 bei 38,5 Wochenstunden von einem Jahreslohn von DM 36.684,84, einem Weihnachtsgeld von DM 1.524,60, Urlaubsgeld von DM 2.004,80 und VL von jährlich DM 624,00 aus, woraus sich die genannten DM 40.897,57 ergaben. Es ergaben sich monatliche Zahlbeträge von DM 454,42 ab dem 26. Februar 1993 und von DM 468,28 ab dem 1. Juli 1994.

Da der Kläger einer Umschulung ablehnend gegenüberstand und die betrieblichen Anforderungen im elterlichen Unternehmen, das er übernehmen sollte, einer Kunstschlosserei, günstig erschienen, absolvierte er zu Lasten der Beklagten eine einjährige vollzeitige Fortbildung zum Meister, in der auch Übergangsgeld gewährt wurde, und die er am 24. Juli 1996 erfolgreich abschloss. Nachdem sein Vater mitgeteilt hatte, er könne seinen Sohn ohne weitere Ausbildung zum Schweißfachmann nicht als Meister einstellen, förderte die Beklagte auch den Erwerb dieses Scheins. Danach, ab dem 16. September 1996, war der Kläger im elterlichen Unternehmen als Meister beschäftigt.

Bereits im Jahre 2001 wandte sich der Kläger an die Beklagte und bat um eine Neuberechnung des JAV. Er habe nach der Beendigung der Ausbildung wegen des Unfalls eine Fortbildung zum Meister absolvieren müssen. Die Beklagte erwiderte mit formlosem Schreiben vom 31. August 2001 die damalige Ausbildung sei mit Erwerb des Gesellenbriefs abgeschlossen gewesen, womit der Kläger einen Beruf erlernt habe. Zwar sei die Fortbildung zum Meister wegen der Unfallfolgen erforderlich gewesen. Dies stelle für sich jedoch keine Ausbildung dar. § 573 RVO stelle allein auf die abgeschlossene Ausbildung ab.

Ab dem 3. August 2010 führte der Kläger das früher elterliche Unternehmen als einzelkaufmännischer Inhaber (Handelsregister HRA 702069 des AG Freiburg i. Brsg., abgerufen am 22. April 2018).

Am 31. Mai 2012 bat der Kläger telefonisch um eine Anpassung des JAV nach dem Alter bzw. an seinen jetzigen Lohn als Meister.

Die Beklagte erläuterte ihm die Anpassungsmechanismen und verneinte eine Erhöhung des JAV nach dem Alter des unfallverletzten Versicherten. Der Kläger beantragte daraufhin am 6. Juni 2012 schriftlich, seinen Rentenanspruch zu überprüfen. Es vergehe keine Stunde, in der er nicht über diesen Anspruch nachdenke. Er verstehe nicht, dass der JAV nicht angepasst werde, da auch die Löhne regelmäßig erhöht würden. Die Beklagte teilte ihm mit einem formlosen Schreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung vom 11. Juni 2012 mit, der JAV sei nach dem damals geltenden § 573 Abs. 1 RVO zutreffend nach dem ortsüblichen Lohn zum Ende der Ausbildung des Klägers neu festgesetzt worden. Nach dem damals ebenfalls geltenden § 573 Abs. 2 RVO werde für Personen, die zur Zeit des Unfalls das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, der JAV nach dem Arbeitsentgelt neu festgesetzt, das zu diesem Zeitpunkt für Personen gleichartiger Tätigkeit bei Erreichen eines bestimmten Lebensjahrs vorgesehen sei, wenn dies günstiger sei. Im Falle des Klägers habe jedoch der zur Zeit des Unfalls geltende Tarifvertrag eine Erhöhung des Arbeitsentgelts für gewerbliche Metallbauer nach bestimmten Lebensjahren nicht vorgesehen. Deshalb werde der JAV des Klägers nicht erhöht. Seine Rente werde somit nicht nach seinem Arbeitsentgelt zur Zeit des Unfalls, sondern nach dem Entgelt berechnet, das er nach dem Ende der Ausbildung zum Metallbauer verdient hätte.

Der Kläger erhob über seinen Verfahrensbevollmächtigten Widerspruch gegen das Schreiben vom 11. Juni 2012, das einen Bescheid darstelle. Nachdem die Beklagte mitgeteilt hatte, sie halte das Schreiben nicht für anfechtbar, bat der Kläger um einen rechtsmittelfähigen Bescheid, nahm aber seinen Widerspruch nicht ausdrücklich zurück.

Mit förmlichem Bescheid vom 17. Oktober 2012 lehnte es die Beklagte ab, den Bescheid vom 27. März 1995 nach § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen. Der damalige Bescheid sei rechtmäßig auf der Grundlage des § 573 Abs. 1 RVO ergangen. Die Befragung der ortsansässigen Unternehmen damals habe ergeben, dass der ortsübliche Lohn eines Schlossergesellen höher gewesen sei als der damalige Tariflohn. Daher sei jener zu Grunde gelegt worden. Die Voraussetzungen der weiteren damaligen Möglichkeit zur Erhöhung des JAV in § 573 Abs. 2 RVO hätten nicht vorgelegen. Es gebe keine gesetzliche Grundlage zur Anpassung des JAV eines unfallverletzten Versicherten an seinen derzeitigen Lohn. Dies sei auch nach heutigem Recht so.

Nach einer Rückfrage, ob es sich bei dem Bescheid vom 17. Oktober 2012 um einen Widerspruchsbescheid handle oder nicht, legte der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers erneut Widerspruch ein. Er machte geltend, es müsse das seit 1997 geltende Recht, hier konkret § 90 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), angewandt werden. Dieser stelle, weitergehend als die RVO, auf das 30. Lebensjahr des unfallverletzten Versicherten ab, und sehe bei Erreichung eines bestimmten Berufsjahrs eine Erhöhung des JAV vor.

Nachdem der Kläger mehrfach nach dem Stand des Verfahrens gefragt hatte und die Beklagte zugesagt hatte, über den Widerspruch im August 2013 zu entscheiden, erließ sie – stattdessen – am 8. Oktober 2013 einen weiteren Bescheid. Hierin lehnte sie es ab, den JAV des Klägers ab dem 1. Januar 1997 nach § 90 SGB VII neu festzustellen. Auch nach neuem Recht sei keine Neufeststellung geboten (gewesen). Es sei zwar nach § 48 SGB X i.V.m. § 214 Abs. 2 SGB VII richtig, dass hier ab diesem Datum § 90 SGB VII anzuwenden sei, weil der Kläger zu jenem Zeitpunkt das 30. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe. Jedoch sei § 90 Abs. 1 SGB VII nur anzuwenden, wenn sich die Beendigung der Berufsausbildung infolge des Versicherungsfalls verzögere, zudem könne nur bei Fehlen eines Tarifvertrags auf den ortsüblichen Lohn abgestellt werden. Ferner habe der zur Zeit des Versicherungsfalls geltende Tarifvertrag keine Lohnsteigerung nach Lebens- oder Berufsjahren vorgesehen, bereits deshalb finde – auch - § 90 Abs. 2 SGB VII keine Anwendung.

Der Kläger erhob auch gegen diesen Bescheid Widerspruch und bat um eine Beschleunigung beider Verfahren. Eine weitere Begründung gab er jedoch nicht ab. Er teilte aber mit, er sei auf Grund des Arbeitsunfalls ab dem 2. Januar 2014 arbeitsunfähig erkrankt. Er leide unter Schmerzen und müsse nun erkennen, dass ihm bei der Bemessung der Unfallrente bürokratische Hemmnisse entgegengesetzt würden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 17. Oktober 2012 zurück. Den Ausführungen des Klägers, bereits bei Erlass des Bescheids vom 27. März 1995 habe das erst ab 1997 geltende Recht des § 90 SGB VII angewendet werden müssen, sei nicht zu folgen

Hiergegen hat der Kläger am 13. Januar 2014 Klage (S 9 U 206/14) beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben, wobei er nur beantragt hat, die genannten Bescheide aufzuheben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2014 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 8. Oktober 2013 zurück. Eine weitergehende Begründung gab sie nicht.

Dagegen hat der Kläger am 12. September 2014 erneut Klage beim SG erhoben (S 9 U 4299/14). Auch in diesem Verfahren hat er einen reinen Anfechtungsantrag gestellt.

Das SG hat beide Verfahren mit Beschluss vom 7. Oktober 2014 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 9 U 206/14 verbunden.

Der Kläger hat zur Begründung seiner Klagen vorgetragen, er sei inzwischen 43 Jahre alt und Meister, weswegen die Unfallrente spätestens ab dem 1. August 2008, also vier Jahre vor Eingang des Überprüfungsantrags, höher bemessen werden müsse. Nach § 90 Abs. 2 SGB VII sei das tarifliche Entgelt eines Meisters maßgebend, und tarifliche Erhöhungen seien bis zur Vollendung des 30. Lebensjahrs zu berücksichtigen. Der Entgelttarifvertrag in der Fassung vom 1. März 2002 sehe Meisterlöhne zwischen EUR 2.260,91 und EUR 3.697,37 vor. Die Löhne seien dort in fünf Tarifgruppen nach den Kenntnissen und Erfahrungen der Mitarbeiter gestaffelt. Er sei mindestens in die mittlere Tarifgruppe M3 einzuordnen, die einen Lohn von EUR 3.004,18 vorsehe. Hinzu kämen Sonderzahlungen und VL, sodass sich ein Jahreseinkommen von EUR 44.865,12 ergebe. Zur Untermauerung seines Vortrags legte der Kläger verschiedene Tarifverträge vor. Hierunter befand sich der Lohn- und Gehaltstarifvertrag II 1989 für Südwürttemberg-Ho¬hen-zollern vom 13. Oktober 1988. Die anderen Tarifverträge betrafen andere Gewerbezweige (z.B. Gießereien, Miederindustrie), überwiegend das Tarifgebiet Südbaden sowie jüngere Zeiträume. Das SG hat den Sachverhalt mit den Beteiligten am 14. Juni 2015 erörtert.

Das SG, das zunächst davon ausging, XXX gehöre zum Tarifbezirk Südbaden (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14. Juni 2016), hat die IG Metall, Verwaltungsstelle Freudenstadt, um die Auskunft gebeten, ob am 30. November 1990 für einen in XXX tätigen Schlossergesellen tarifvertraglich eine Erhöhung des Arbeitsentgelts bei Erreichen bestimmter Berufsjahre oder bei Vollendung bestimmter Lebensjahre vorgesehen gewesen sei. Die IG Metall Freudenstadt teilte am 7. Oktober 2016 mit, das Entgelt für einen Schlossergesellen richte sich ausschließlich nach der Entgeltgruppe. Insoweit gelte - in ganz Baden-Württemberg - unverändert der Lohnrahmentarifvertrag vom 3. Juni 1969. Für Gesellen gelte die Lohngruppe 4 mit 100 %. Die – damals – definierten Altersabschläge dürften nach der späteren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) unwirksam sein und wären daher nach oben zu korrigieren. Die IG Metall legte einen Ausdruck des Tarifvertrags, auf den sie sich bezogen hatte, bei.

Der Kläger ist dieser Auskunft entgegengetreten und hat vorgetragen, der von der IG Metall Freudenstadt vorgelegte Tarifvertrag vom 3. Juni 1969 gelte nicht mehr. Er hat weitere Tarifverträge vorgelegt, darunter den Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag I 1989 vom 1. Dezember 1988, allerdings jenen für den Tarifbezirk Südbaden.

Mit angekündigtem Gerichtsbescheid vom 6. September 2017 hat das SG die beiden verbundenen Klagen abgewiesen. Die beiden Klagen (Anfechtungsklagen) seien zulässig. Sie hätten jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte habe den Bescheid vom 27. März 1995 unter rechtsfehlerfreier Anwendung des § 573 Abs. 1 RVO erlassen. Der Kläger sei noch nicht 25 Jahre alt gewesen und das damals durch Tarif festgesetzte oder sonst ortsübliche Gehalt sei ihm günstiger gewesen. Er könne sich - zwar - auch auf die Nachfolgevorschrift des § 90 Abs. 2 Satz 1 SGB VII berufen. Voraussetzung für eine JAV-Erhöhung sei - jedoch - nach § 573 Abs. 2 RVO ein nach Lebens-, nach § 90 Abs. 2 Satz 1 SGB VII ein nach Lebens- oder Berufsjahren gestaffeltes Entgelt, wobei die Staffelung auf dem zur Zeit des Unfalls geltenden Tarifvertrag beruhen müsse. Dies sei nicht der Fall gewesen, was sich aus der Auskunft der IG Metall Freudenstadt ergebe. Das Entgelt habe sich vielmehr ausschließlich nach der Eingruppierung in eine Lohngruppe gerichtet. Der Einwand des Klägers, der Tarifvertrag vom 3. Juni 1969 sei durch den Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag II 1989 abgelöst worden, treffe nicht zu. Beide Verträge hätten unterschiedliche Anwendungsbereiche. Entsprechend enthalte der Vertrag von 1989 keinen Hinweis darauf, dass der Vertrag von 1969 in irgendeiner Weise tangiert würde.

Hiergegen hat der Kläger am 20. September 2017 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben. Er trägt ergänzend vor, er rüge vor allem, dass der JAV nicht an seine spätere, aber bereits zur Zeit des Unfalls geplante Fortbildung zum Meister angepasst worden sei, der JAV müsse mindestens seit seinem 30. Geburtstag im November 2002 nach dem Einkommen als Metallbaumeisters berechnet werden.

Der Kläger beantragt in der mündlichen Verhandlung am 19. Juli 2018 wörtlich,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 6. September 2017 aufzuheben und unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2013 die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 27. März 1995 teilweise zurückzunehmen und den Jahresarbeitsverdienst ab dem 1. Juni 2012 höher festzustellen, unter Aufhebung des Bescheides vom 8. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2014 die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 27. März 1995 teilweise aufzuheben und den Jahresarbeitsverdienst bezogen auf den 17. November 2002 höher festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und ihre Entscheidungen.

Auf Anfrage des Senats hat der Inhaber der Metallgestaltung F., des ersten Ausbildungsunternehmens des Klägers, mitgeteilt, er könne keine Auskunft mehr darüber geben, welche Tarifverträge 1990 in seinem Unternehmen gegolten hätten bzw. welche Löhne er damals an ausgebildete Gesellen gezahlt habe, insbesondere könne er nicht angeben, ob die Bezahlung damals nach dem Lebens- (oder Berufs-)alter der Gesellen gestaffelt gewesen sei.

Der Senat hat aus der Tarifdatenbank der IG Metall Baden-Württemberg (http://www.bw. igm.de, ab¬gerufen am 17. Januar 2018) den Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag I 1989 der Metallindustrie Südwürttemberg-Hohenzollern vom 13. Oktober 1988, erneut geschlossen am 19. Juni 2001 (also den ersten Teil des bereits vor dem SG vorgelegten Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrags II 1989), beigezogen und mit richterlichem Hinweisschreiben vom 17. Januar 2018 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG ist nach § 143 SGG statthaft. Insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig. Zwar geht es dem Kläger nur vordergründig um den bloßen Erlass von Verwaltungsakten, denn in der Sache begehrt er im Nachgang die Gewährung einer höheren Verletztenrente, also einer Geldleistung im Sinne dieser Norm (vgl. hierzu Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 144 Rz. 10a). Aber selbst wenn man darauf abstellt, so betrifft seine Klage doch laufende Sozialleistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hat sie der Kläger form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 SGG erhoben.

Sie ist jedoch auch mit den im Berufungsverfahren gestellten Klageanträgen unbegründet.

Hierbei war es zulässig, dass der Kläger im Berufungsverfahren die bislang allein erhobenen Anfechtungsanträge um Anträge auf Verpflichtung der Beklagten zum Erlass neuer Bescheide über die Höhe des JAV ergänzt hat. Es handelt sich weder um eine Klageänderung noch auch nur um eine bloße Erweiterung nach § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG. Bei sachgerechter Auslegung hatte der Kläger schon in erster Instanz nicht nur isolierte Anfechtungsklagen gegen die Ablehnung der Rücknahme bzw. Abänderung des Bescheides vom 27. März 1995 erhoben, weil er mit solchen Klagen sein Ziel, eine Höhersetzung des JAV, überhaupt nicht erreichen konnte. Isolierte Anfechtungsklagen gegen bloße Ablehnungsbescheide sind mangels Rechtsschutzbedürfnisses in der Regel unzulässig.

Allerdings wären auch die nunmehr erhobenen Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen ihrerseits teilweise unzulässig. Soweit der anwaltlich vertretene Kläger (BSG, Beschluss vom 1. März 2018 - B 8 SO 52/17 B -, juris Rz. 7) ausdrücklich begehrt, den JAV ab bestimmten Zeitpunkten höher festzusetzen, wäre dies auf die Feststellung einzelner Elemente bei der Berechnung seiner Verletztenrente gerichtet. Elementenfeststellungen sind jedoch außer den in § 55 Abs. 1 SGG geregelten Sonderfällen unzulässig. Ihnen steht der Grundsatz der Subsidiarität von Feststellungsklagen (und gleichermaßen von Verpflichtungsklagen gerichtet auf behördliche Feststellungen, vgl. Urteil des Senats vom 13. Juli 2017 – L 6 U 2225/16 –, juris, Rz. 51) gegenüber Leistungsklagen entgegen (vgl. ausdrücklich § 43 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]). So kann zwar nach § 55 Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 3 SGG festgestellt werden, dass eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ist (BSG, Urteil vom 12. Januar 2010 – B 2 U 21/08 R –, juris, Rz. 14). Die Feststellung der Höhe des JAV scheidet dagegen - ebenso wie die isolierte Feststellung der MdE - aus (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 1983 – 2 RU 37/82 –, juris, Rz. 18).

Der Senat legt die Verpflichtungsanträge des Klägers daher zu seinen Gunsten als Leistungsklagen auf Gewährung einer höheren Verletztenrente unter Berücksichtigung eines höheren JAV als eines der Berechnungselemente aus. Eine solche Klage auf Gewährung einer Leistung dem Grunde nach ist nach § 130 Abs. 1 SGG zulässig, einer Bezifferung bedarf es jedenfalls in Bezug auf laufende Leistungen nicht.

Die Zulässigkeit der objektiven Klagehäufung ergibt sich aus § 56 SGG.

Die Klagen sind aber unbegründet. Die beiden angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig.

Mit dem Bescheid vom 17. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2013 hat es die Beklagte zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 27. März 1995 über die Festsetzung des JAV nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X von Beginn an zurückzunehmen.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Eine Rücknahme nach dieser Vorschrift kommt so lange in Betracht, als in ihrer Folge nach § 44 Abs. 4 SGB X Sozialleistungen nachgefordert oder Beiträge zurückgefordert werden können (Urteil des Senats vom Urteil vom 12. Januar 2017 – L 6 VS 5036/15 –, juris, Rz. 55). Diese Regelung umfasst die letzten vier Jahre vor Erlass des Rücknahmebescheids bzw. - in Fällen wie hier - vor Eingang des Antrags auf Rücknahme, wobei das laufende Jahr der Antragstellung den Zeitraum erhöht. Da der Kläger, wenn der JAV höher festzusetzen wäre, eine höhere Verletztenrente begehren könnte und diese nach wie vor bezieht, steht insoweit § 44 Abs. 4 SGB X einer Rücknahme nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nicht entgegen. Ausgehend von dem (zunächst telefonischen) Antrag des Klägers am 31. Mai 2012 wäre die ggfs. höhere Rente ab dem 1. Januar 2008 zu gewähren.

Im Rahmen eines solchen "Zugunsten-Verfahrens", wie es der Kläger hier beantragt hatte, ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheids allein bezogen auf den Zeitpunkt seines Erlasses zu überprüfen. Etwaige spätere Änderungen, durch die ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach seinem Erlass rechtswidrig wird, können in einem Verfahren nach § 44 Abs. 1 SGB X nicht berücksichtigt werden. Daher war die Beklagte auch nicht verpflichtet, die vom Kläger geltend gemachten Änderungen - etwa den Erwerb des Meistertitels im Jahre 1996 - hier zu berücksichtigen.

Der Bescheid vom 27. März 1995 war bei seinem Erlass rechtmäßig. Die Beklagte hat nach dem damals geltenden Recht den JAV des Klägers zu Recht auf DM 40.897,57 festgesetzt, worauf dann in der Folgezeit regelmäßige Dynamisierungen und Rentenerhöhungen folgten.

Die Verletztenrente des Unfallversicherungsrechts wird grundsätzlich aus dem versicherten Lohn in dem letzten Jahr bzw. den letzten zwölf Monaten vor dem Versicherungsfall berechnet (damals § 571 Abs. 1 RVO, heute § 56 Abs. 3, § 82 Abs. 1 SGB VII). § 573 Abs. 1 und Abs. 2 RVO (ebenso wie die Nachfolgevorschriften in § 90 Abs. 1 und 2 SGB VII) wichen von diesem Grundsatz zu Gunsten solcher Versicherter ab, die bereits als Lehrlinge oder zumindest in jüngerem Lebensalter - damals bis zum 25. Geburtstag - einen Unfall oder eine Berufskrankheit erlitten.

Hierbei war nach § 573 Abs. 1 RVO der JAV nach einem Versicherungsfall während einer Schul- oder Berufsausbildung für die Zeit nach dem (voraussichtlichen) Abschluss der Ausbildung nach dem Entgelt zu berechnen, das in diesem Zeitpunkt für Personen gleicher Ausbildung und gleichen Alters durch Tarif festgesetzt oder sonst ortsüblich war. Hierbei bestand zwischen einem Tariflohn und einem davon abweichenden ortsüblichen Lohn kein Rangverhältnis, maßgebend war jeweils der dem Versicherten günstigere Wert (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1975 – 2 RU 265/74 –, juris, Rz. 17).

Der Kläger befand sich am 30. November 1990, als er den Unfall erlitt, noch in Ausbildung. Die Beklagte hat in dem angegriffenen Bescheid vom 27. März 1995 den JAV zutreffend ab dem 26. Februar 1993 neu festgesetzt, weil der Kläger seine Ausbildung am Tage zuvor nicht nur "vor¬aussichtlich" im Sinne von § 573 Abs. 1 RVO, sondern tatsächlich beendet hatte. Auch die Berechnung des JAV ist rechtmäßig. Der damals gültige Lohntarif, den die Beklagte im Verwaltungsverfahren beigezogen hatte, ergab für gelernte Gesellen im Bereich Werkstatt (die anderen Bereiche Gießerei und Montage kamen ersichtlich nicht in Betracht) DM 2.772,00, hinzu kamen ein Weihnachtsgeld von 55 % eines Monatslohns (nach 36 Monaten Betriebszugehörigkeit in der Zeit von April 1992 bis März 1993), hier also DM 1.524,60, ein Urlaubsgeld von 50 % aus 1/21,75 des Monatsgehalts und aus einem Durchschnitt der zeitabhängigen variablen Gehaltsbestandteile der letzten drei Monate (DM 2.004,80) sowie vermögenswirksame Leistungen (VL) von DM 52,- im Monat, mithin DM 624,- im Jahr. Bei einer Berechnung nach dem damaligen Tarif hätte sich also - nur - ein JAV von DM 37.417,40 ergeben (nach der Vergleichsberechnung der Beklagten in ihrer Akte sogar nur DM 37.324,50). Die Beklagte hat stattdessen den ortsüblichen Lohn zu Grunde gelegt und diesen mit DM 40.897,57 beziffert. Sie ist hierbei von einem Monatslohn von DM 3.057,07 ausgegangen, was zutreffend ist. Es handelte sich ausweislich der Vergleichsberechnung der Beklagten um den Durchschnitt aus den Angaben der Unternehmen vor Ort. Aus den von diesen angegebenen Stundenlöhnen von DM 18,67 bis DM 19,23 ergaben sich bei 38,5 Arbeitsstunden je Woche und 21 Arbeitstagen je Monat Monatslöhne von DM 3.018,94 und DM 3.109,49. Genau in der Mitte lag der Wert, den die Beklagte angenommen hat. Damit stellt sich der Kläger nicht schlechter, zumal eher nur von 18,3 Arbeitstagen je Monat (220 Arbeitstage im Jahr) auszugehen ist. Zusammen mit dem durchschnittlichen Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie den VL von DM 624,00 ergab sich der vom Beklagten errechnete JAV von DM 40.897,57.

Die Beklagte war am 27. März 1995 auch nicht verpflichtet, den JAV nach § 573 Abs. 2 RVO höher zu berechnen.

Nach dieser Vorschrift wurde der JAV eines zur Zeit des Arbeitsunfalls noch nicht 25 Jahre alten Verletzten, wenn es für den Berechtigten günstiger war, dem Arbeitsentgelt angepasst, das zur Zeit des Arbeitsunfalls von der Vollendung eines bestimmten Lebensalters ab, höchstens aber des 25. Lebensjahres, für Personen mit gleichartiger Tätigkeit durch Tarif festgesetzt oder sonst ortsüblich ist (BSG, Urteil vom 17. Dezember 1975 – 2 RU 265/74 –, juris, Rz. 16). Diese Vorschrift stellte auf Lohnerhöhungen ab, die tariflich oder ortsüblich ab bestimmten Lebensaltersstufen gewährt wurden, wobei nur lebensaltersbezogene Erhöhungen bis zum 25. Lebensjahr erfasst wurden, während danach keine weiteren Anpassungen des JAV nach dieser Vorschrift stattfanden. Diese Norm sollte Härten für die Versicherten ausgleichen, welche durch einen Arbeitsunfall zu Schaden kamen, bevor sie ein bestimmtes Lebensalter erreicht und deshalb erst einen verhältnismäßig niedrigen Verdienst erzielt hatten (BSG, Urteil vom 24. April 1975 – 8 RU 116/74 –, juris, Rz. 18).

Im Falle des Klägers, der bei Erlass des Bescheids vom 27. März 1995 noch 22 Jahre alt war, hätte der JAV daher dann nach § 573 Abs. 2 RVO höher festgesetzt werden müssen, wenn der für ihn maßgebliche Lohn am Tag des Unfalls, also dem 30. November 1990, auf Grund Tarifvertrags oder Ortsüblichkeit, nach dem Lebensalter gestaffelt war und er das entsprechende Lebensalter bei der Bewilligung der Verletztenrente schon erreicht hatte. Dies war aber nicht der Fall. Die Auskünfte der ortsansässigen Metallbauunternehmen an die Beklagte hatten einheitliche Stundenlöhne für Gesellen ergeben. Keines der Unternehmen hatte seine Mitarbeiter nach Lebensalter gestaffelt bezahlt. Genau gleich war der für den Betrieb des Klägers geltende Tarifvertrag gestaltet, auch wenn der Kläger, der nicht Mitglied einer Gewerkschaft war, nicht tarifgebunden gewesen war. Hierbei kann offen bleiben, ob diese Frage am Tag des Unfalls noch in dem Lohnrahmentarifvertrag vom 3. Juni 1969 geregelt war, den die IG Metall Freudenstadt im Klageverfahren vorgelegt hat und der in der Tat keine Lohnstaffelungen nach Lebensalter vorsieht. Selbst wenn dem Einwand des Klägers zu folgen wäre, jener Lohnrahmentarifvertrag sei durch den Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag vom 13. Oktober 1988, gültig ab dem 1. April 1989, abgelöst worden (obwohl ausweislich § 13 des Ersten Teils jenes Vertrags zwar mehrere alte Tarifverträge aufgehoben wurden, jedoch nicht der vom 3. Juni 1969), so ergibt sich nichts anderes. Der Kläger hatte vor dem SG in Bezug auf das Tarifgebiet Südwürttemberg-Hohen¬zollern, wozu XXX damals gehörte, nur den zweiten Teil dieses Vertrags zur Akte gereicht, während der erste Teil eines entsprechenden Vertrags, den er dann nachgereicht hat, das Tarifgebiet Südbaden betraf. Der vom Senat beigezogene Erste Teil des Vertrags für Südwürttemberg-Hohenzollern sah ebenfalls keine Lohnstaffelungen nach dem Lebensalter vor. Vielmehr wurden hiernach Arbeiterinnen und Arbeiter (§ 6 des Vertrags) in eine der zehn Lohngruppen aus Anlage 1 jenes Vertrags eingruppiert. Diese Lohngruppen stellten ausschließlich auf die Art der Arbeit und die Dauer der Anlern- bzw. Ausbildungszeit ab, wobei eine vollständige Ausbildung zu Lohngruppe VII führte und höhere Gruppen wieder auf den Schwierigkeitsgrad der Arbeit und das "fachliche Können" der Arbeiterinnen und Arbeiter abstellten.

Ebenso ist der nach § 48 Abs. 1 SGB X ergangene Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. September 2014 rechtmäßig.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Hierbei sieht § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur eine Aufhebung für die Zukunft vor. Eine Aufhebung ab einer Änderung der Verhältnisse vor Erlass des Aufhebungsbescheids ist nur unter einer der zusätzlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X möglich, wobei eine Aufhebung zu Gunsten des Adressaten des Bescheides - wie hier des Klägers - nach § 48 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB X keine weiteren einschränkenden Voraussetzungen vorsieht, sodass der Kläger grundsätzlich auch im Jahre 2012 bzw. 2013 noch verlangen konnte, den Bescheid vom 27. März 1995, bei dem es sich auch um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung in Form eines Grundlagenbescheides handelte, ab einem Zeitpunkt nach seinem Erlass abzuändern und eine höhere Verletztenrente nach einem höheren JAV zu bewilligen.

Bei der Prüfung, ob ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach seinem Erlass rechtswidrig geworden ist, muss die Verwaltung alle Änderungen der Sach- und Rechtslage bis zu ihrer Entscheidung über den Änderungsantrag (Aufhebungsantrag) berücksichtigen. Der Kläger hatte zwar im Verwaltungsverfahren allein auf eine angebliche Änderung zum 1. Januar 1997 abgestellt, dem In-Kraft-Treten des SGB VII. Erst im Berufungsverfahren hat er dann deutlich gemacht, dass er - auch - eine wesentliche Änderung bei Erreichen seines 30. Lebensjahrs im November 2002 sieht. Ferner ergibt sich aus seinen frühen Ausführungen im Verwaltungsverfahren, dass er davon ausgeht, sein JAV habe ab Erhalt seines Meistertitels am 24. Juli 1996 höher festgesetzt werden müssen. Da alle diese drei Zeitpunkte vor Erlass des hier angegriffenen Bescheids vom 8. Oktober 2013 lagen, waren sie zu prüfen.

Zunächst ist keine nach § 48 Abs. 1 SGB X wesentliche Änderung (der Sachlage) eingetreten, als der Kläger im Juli 1996 den Meisterbrief erwarb.

Dies gilt zunächst nach § 573 Abs. 1 RVO. Diese Norm greift, wie ausgeführt, nur ein, wenn der Versicherte zur Zeit des Versicherungsfalls noch eine "Ausbildung" absolviert. Der JAV wird dann nach dem Lohn aus der Zeit nach dem Ende der Ausbildung neu berechnet, bei Handwerkern also nach dem Gesellenlohn. Dies hat die Beklagte bei dem Kläger getan. Als Ausnahmevorschrift war § 573 Abs. 1 RVO indes eng auszulegen (BSG, Urteil vom 26. April 2016 – B 2 U 14/14 R –, juris, Rz. 22). Weitere Bildungsmaßnahmen, die nach dem Ende der (ersten oder weiteren) Berufsausbildung durchgeführt werden oder gar nur angestrebt waren, waren nur als "berufliche Weiterbildung" einzustufen, nicht als Ausbildung. Sie wurden von § 573 Abs. 1 RVO nicht erfasst. In diesem Punkt unterscheidet sich das Unfallversicherungsrecht z.B. vom Recht der sozialen Entschädigung, das mit den Instituten der "besonderen beruflichen Betroffenheit" und vor allem des Berufsschadensausgleichs (vgl. § 30 Abs. 2 und § 30 Abs. 3 ff. Bundesversorgungsgesetz [BVG]) auch einen beruflichen Aufstieg berücksichtigt, der durch die Schädigung verhindert oder trotz der Schädigung erreicht worden ist. In diesem Rahmen hat das BSG unter anderem entschieden, dass eine Promotion nach dem Ende der ersten universitären Ausbildung (BSG, Urteil vom 30. November 1962 - 2 RU 193/59, juris Rz. 18 ff.) oder die Fortbildung eines Arztes zum Facharzt (BSG, Urteil vom 30. Oktober 1991 – 2 RU 61/90 –, juris, Rz. 16) keine "Ausbildung" im Sinne von § 573 Abs. 1 RVO sind (anders u.U. für die von Anfang an angestrebte Fortbildung eines Zimmerergesellen zum Bauingenieur, weil es sich dabei um einen anderen Beruf handelte, BSG, Urteil vom 5. August 1993 – 2 RU 24/92 –, juris, Rz. 17). In diesem Sinne war auch der Erwerb eines Meistertitels kein Grund für eine Änderung des JAV nach § 573 Abs. 1 RVO, wenn der Unfall schon als Lehrling erlitten wurde, weil es sich hierbei nur um eine Fortbildung innerhalb desselben Berufs handelt, der bereits mit dem Gesellenbrief erreicht wurde (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 20. Dezember 1995 – L 17 U 152/95 –, Leitsatz veröffentlicht in juris, bestätigt durch BSG, Beschluss vom 28. Mai 1996 – 2 BU 70/96 –, juris, Rz. 1 ff.).

Auch auf Grund der "Härteklausel" in § 577 RVO kann der Kläger keine Neuberechnung seines JVA nach Erwerb des Meistertitels verlangen.

§ 577 RVO erfasst nur Fallkonstellationen, in denen die Festsetzung des JAV nach den üblichen Vorschriften als "in erheblichem Maße unbillig" erschien. Diese Vorschrift sollte atypische Fallgestaltungen erfassen und - ausgerichtet unter anderem am Lebensstandard des Versicherten - für diese zu einem billigen Ergebnis führen. Sie sollte den Lebensstandard sichern, den Versicherte - tatsächlich - zeitnah vor dem Versicherungsfall bereits erreicht und auf den sie sich eingerichtet hatten, der aber auf Grund besonderer Umstände bei der Berechnung des JAV nach den allgemeinen Vorschriften nicht abgebildet wurde. Diese Umstände konnten eine - kurzzeitige - unterwertige Beschäftigung oder ein Verdienstausfall innerhalb der Jahresfrist vor dem Unfall z.B. durch unbezahlten Urlaub sein (so jüngst BSG, Urteil vom 26. April 2016 – B 2 U 14/14 R –, juris, Rz. 23 zum früheren Recht). Bereits früh hatte das BSG auch entschieden, dass § 577 RVO keine Korrektur der gesetzgeberischen Vorgaben aus den allgemeinen Vorschriften zur Berechnung des JAV ermöglichte. So konnte über diese Norm z.B. keine Anpassung des JAV bei Lohnerhöhungen nach Berufsjahren erreicht werden, weil § 573 Abs. 2 RVO allein auf Lebensjahre abstellte (BSG, Urteil vom 25. Mai 1972 - 2 RU 101/68 -, juris, Rz. 17 ff.). Ebenso sehen die Härtevorschriften nach einhelliger Rechtsprechung keine Änderung des JAV für nach dem Versicherungsfall neu begonnene oder gar nur fiktive Ausbildungen oder Tätigkeiten vor (Bayerisches LSG, Urteil vom 10. Januar 2012 – L 3 U 61/10 –, juris, Rz. 23).

Keiner der Umstände, die § 577 RVO erfasst, lag 1996 oder später bei dem Kläger vor. Er war zur Zeit des Unfalls Lehrling und bezog ein entsprechendes Lehrlingsgehalt. Lücken im Bemessungszeitraum gab es nicht. Sein Lebensstandard war jener eines Lehrlings. Mit der Anwendung des § 573 Abs. 1 RVO hatte die Beklagte den JAV sogar auf einer höheren Grundlage, nämlich dem Lebensstandard eines Gesellen, berechnet. Daher konnte insbesondere der Erwerb des Meisterbriefs 1996 auch nicht im Rahmen der Härteklausel zu einer Erhöhung des JAV führen.

Diese Berechnungsregelungen der RVO - und heute des SGB VII - waren und sind auch nicht verfassungswidrig. Der Senat sieht keinen Anlass, das Verfahren auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen (vgl. § 80 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz [BVerfG]).

Dies gilt zunächst für Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 Grundgesetz (GG). Denn unabhängig von der Frage, ob Ansprüche auf eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, die allein durch Beiträge der Arbeitgeber finanziert wird (vgl. § 723 Abs.1 RVO; § 51 Abs.1 SGB VII), überhaupt vom Schutzbereich der Eigentumsgarantie umfasst werden (offen gelassen: BVerfG, Beschluss vom 18. Februar 1988 - 1 BvR 1017/87, juris), führt die hier maßgebliche Regelung des § 577 RVO nicht zu Eingriffen in bestehende vermögenswerte Positionen im Sinne des Eigentums, sondern sie regelt die Entstehung des Anspruchs auf Verletztenrente und seine Höhe selbst. Es liegt also keinesfalls ein Eingriff in die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 GG vor (so auch Bayerisches LSG, a.a.O., Rz. 26 f.). Und ein Eingriff in die Institutsgarantie dieses Grundrechts scheidet ebenfalls aus, da die Rechtsordnung genügend eigentumsfähige Positionen vorsieht. Ein Anspruch auf Neuberechnung des JAV nach beruflicher Weiterqualifikation lässt sich aus der Eigentumsgarantie nicht herleiten (Bayerisches LSG, a.a.O., Rz. 27), weil Grundrechte grundsätzlich keine Leistungsansprüche gegen den Staat begründen.

Ebenso ist in Bezug auf die abweichenden Regelungen in § 30 BVG ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht ersichtlich. Die Versorgung eines Kriegsopfers, Gewaltopfers oder eines anderen Berechtigten im Rahmen des Versorgungsrechts und die Versorgung eines Versicherten nach einem Arbeitsunfall bzw. einer Berufskrankheit nach dem Unfallversicherungsrecht sind so unterschiedliche Sachverhalte, dass es bereits an der Vergleichbarkeit der unterschiedlich behandelten Normunterworfenen fehlt. Das Unfallversicherungsrecht knüpft - zumindest im Bereich der echten Unfallversicherung - an das Arbeitsverhältnis des Versicherten an und löst die zivilrechtliche Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers ab (vgl. heute §§ 104 ff. SGB VII). Die rechtlichen Erwägungen für dieses System, vor allem das Versicherungsprinzip, sind in § 4 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) dargelegt. Das Versorgungsrecht dagegen entschädigt für die Folgen von Gesundheitsschäden, den ein Berechtigter in Abgeltung eines besonderen Opfers (Aufopferungsprinzip) oder aus anderen Gründen, für die aber die staatliche Gemeinschaft einzustehen hat (vgl. § 5 Satz 1 SGB I), erleidet. Selbst wenn hier noch eine ausreichende Vergleichbarkeit bestände, so wäre die Ungleichbehandlung gerechtfertigt. Dass Versorgungsberechtigte weiterreichende Ansprüche gegen den Staat innehaben als Versicherte, beruht darauf, dass ihre Gesundheitsschäden durch den Staat veranlasst sind (Kriegsopfer, Impfgeschädigte, Soldaten) oder der Staat zumindest verpflichtet war, ihre Schädigung zu verhindern (Gewaltopfer, Verfolgte des NS- und des SED-Regimes). Vor diesem Hintergrund hat das BVerfG die Ungleichbehandlung von Verletztenrente und Leistungen nach dem BVG auch schon - in anderem Zusammenhang - überprüft und einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG verneint (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 16. März 2011 – 1 BvR 591/08 –, juris, Rz. 33).

Letztlich ist in der Berechnung des JAV auch kein Verstoß gegen das Grundrecht auf Sicherung einer menschenwürdigen Existenz nach Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG zu erkennen (dazu BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 –, juris, Rz. 133 ff.). Dieses Grundrecht verlangt nicht, die Existenz des Menschen gerade über unfallversicherungsrechtliche Leistungen zu sichern. Die vorhandene Absicherung über die Fürsorgesysteme, vor allem das Zweite und das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch, reicht insoweit aus.

Auch zum 1. Januar 1997 kann der Kläger eine Abänderung des Bescheids vom 27. März 1995 nicht verlangen.

Zwar hat sich ab diesem Tage die Rechtslage geändert, denn die bislang einschlägigen Vorschriften der RVO wurden aufgehoben und durch das SGB VII ersetzt. Diese Änderung war aber im Falle des Klägers nicht "wesentlich" im Sinne von § 48 Abs. 1 SGB X, weil sich auch bei Anwendung des neuen Rechts im Ergebnis kein Anspruch auf Festsetzung eines höheren JAV ergab.

Hierbei geht der Senat zu Gunsten des Klägers davon aus, dass das neue Recht überhaupt anwendbar war. Nach § 214 Abs. 2 SGB VII gelten die (neuen) Vorschriften über den JAV - nur - dann für Versicherungsfälle aus der Zeit vor In-Kraft-Treten des SGB VII, wenn der JAV nach diesem Zeitpunkt erstmals festgesetzt wird - was bei dem Kläger nicht der Fall war - oder "auf Grund des § 90 SGB VII neu festgesetzt wird". Eine solche - ggfs. sogar mehrmalige - Neufestsetzung sieht § 90 Abs. 2 SGB VII vor, wenn der Versicherungsfall vor dem 30. Geburtstag des Versicherten eingetreten war und der zur Zeit des Versicherungsfalls zu Grunde zu legende tarifliche oder ortsübliche Lohn nach Lebens- oder Berufsjahren gestaffelt ist. Diese Vorschrift ist eine leichte Erweiterung des früheren § 573 Abs. 2 RVO. Erfasst werden nunmehr Lohnerhöhungen bis zum 30. statt bislang nur zum 25. Geburtstag, und vor allem nun auch Staffelungen nach Berufsjahren, die zuvor, wie schon ausgeführt, nicht relevant waren (vgl. BT-Drs. 13/2204, S. 96). Es ist vertretbar, dass die Beklagte auf Grund der Übergangsregelung in § 214 Abs. 2 SGB VII eine weitere Neufestsetzung zum 1. Januar 1997 für möglich gehalten hat. Der Kläger war bei In-Kraft-Treten des neuen Rechts noch 24 Jahre alt, sodass selbst der zeitliche Rahmen des § 573 Abs. 2 RVO a.F. noch eröffnet war. Da das neue Recht auf den 30. Geburtstag abstellte, kam in jedem Falle eine (einmalige) Neufestsetzung auf der Grundlage des § 90 Abs. 2 SGB VII in Betracht. Das neue Recht war nur dann nicht anwendbar, wenn der Versicherte vor dem 1. Januar 1997 schon das 30. Lebensjahr vollendet hatte (BSG, Urteil vom 26. April 2016 – B 2 U 14/14 R –, juris, Rz. 17).

In der Sache aber war der JAV nicht neu festzusetzen. Der neue § 90 Abs. 2 SGB VII ist in einem Punkt sogar enger als § 573 Abs. 2 RVO. Nach dem neuen Recht ist primär auf den Tariflohn zur Zeit des Versicherungsfalls abzustellen, solange überhaupt eine tarifliche Regelung besteht. Dies gilt sogar dann, wenn der ortsübliche Lohn günstiger wäre. Nur wenn gar keine tariflichen Lohnabreden bestehen, kann hilfsweise auf das ortsübliche Lohnniveau abgestellt werden. Ein bestehender Tarifvertrag entfaltet insoweit Sperrwirkung. Im Falle des Klägers galt am 30. November 1990 ein Tarifvertrag. Dieser hatte, wie schon ausgeführt, in keiner Weise an Lebensalter der Gesellen im Metallbau angeknüpft. Die Erweiterung des neuen Rechts auf Berufsjahre kommt dem Kläger ebenfalls nicht zu Gute, denn Lohnerhöhungen nach Berufsjahren hatte der Tarifvertrag für Südwürttemberg-Hohenzollern vom 13. Oktober 1988 nicht vorgesehen. Ein Rückgriff auf den ortsüblichen Lohn scheidet danach, wie ausgeführt, aus. Daher ist nur hilfsweise darauf hinzuweisen, dass auch die ortsüblichen Löhne für Schlossergesellen 1990 in XXX nicht nach Berufsjahren gestaffelt waren. Dies entnimmt der Senat den Antworten der damals von der Beklagten angeschriebenen fünf Unternehmen. Ferner war die Anfrage des Senats bei dem damaligen Arbeitgeber des Klägers, der Metallgestaltung F., unergiebig, was nach den Grundsätzen der materiellen Beweislast zu Lasten des Klägers geht.

Die weiteren Vorschriften des Übergangsrechts in § 214 SGB VII betrafen den Kläger nicht. Daher wäre sein JAV selbst dann nicht neu festzusetzen gewesen, wenn - zum Beispiel - das neue Recht Neufestsetzungen nach dem tatsächlichen oder fiktiven beruflichen Aufstieg des Versicherten nach dem Versicherungsfall vorsähen. Es ist daher nur am Rande darauf hinzuweisen, dass das SGB VII insoweit die Rechtslage gegenüber der RVO auch inhaltlich nicht verändert hat. Insbesondere hat sich die Härtefallregelung in § 87 SGB VII gegenüber dem früheren § 577 RVO nicht verändert. In der Folge bleibt nach der Rechtsprechung ein beruflicher Aufstieg des Versicherten nach dem Versicherungsfall bzw. - in den Fällen des nunmehrigen § 90 Abs. 1 SGB VII - nach dem Ende der Ausbildung weiterhin unberücksichtigt. Auch das neue Recht stellt nur auf die Lebensstellung ab, die zur Zeit des Unfalls schon erreicht war (BSG, Urteil vom 26. April 2016 – B 2 U 14/14 R –, juris, Rz. 24). Insoweit bestehen die Unterschiede zum Versorgungsrecht nach dem BVG fort, sie sind weiterhin nicht als verfassungswidrig einzustufen.

Letztlich war der JAV nicht ab November 2002 höher festzusetzen, als der Kläger das 30. Lebensjahr erreichte. Wie ausgeführt, bestanden für ihn auch aus dem neuen Recht des § 90 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VII generell keine Ansprüche auf eine höhere Feststellung des JAV. Daher ist nur am Rande darauf hinzuweisen, dass der Kläger § 90 Abs. 2 Satz 2 SGB VII in Bezug auf den Stichtag des 30. Geburtstags missverstanden hat. Die Norm regelt keine (mögliche) Erhöhung des JAV zum (ab dem) 30. Geburtstag eines Versicherten, sondern bestimmt dieses Lebensalter - im Gegenteil - als Obergrenze für etwaige Erhöhungsansprüche.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Der Kläger ist in diesem Verfahren nach § 183 Satz 1 SGG kostenprivilegiert, weil er nicht als (versicherter) Unternehmer auftritt, sondern Recht aus seiner Zeit als Versicherter bzw. als aktueller Leistungsempfänger geltend macht.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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