L 32 AS 1005/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 27 AS 4541/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 1005/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 18. April 2017 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten höheres Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 27. August 2013 bis 28. Februar 2014 unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs von 150 Euro monatlich.

Der im Dezember 1953 geborene Kläger, der bis zum 27. August 2013 in einer JVA untergebracht war, bewohnte im streitigen Zeitraum eine Wohnung in der L Straße in B, für die er eine Gesamtmiete von 378,87 Euro monatlich zahlte.

Im August 2013 beantragte der Kläger Arbeitslosengeld II. Er machte dabei einen laufenden besonderen Bedarf wegen seiner Körpergröße und seiner mit 49/50 angegebenen Schuhgröße geltend.

Mit Bescheid vom 3. September 2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 27. August 2013 bis 28. Februar 2014, dabei für August 2013 anteilig, in Höhe von 760,87 Euro monatlich (382 Euro für den Regelbedarf, 378,87 Euro für Unterkunft und Heizung). Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Außerdem stellte er den Antrag auf Bewilligung zusätzlicher und erhöhter regelmäßiger Bekleidungsaufwendungen infolge seiner Körpergröße von 188 cm bei einem von Bauchumfang 162 cm.

Mit Bescheid vom 9. Oktober 2013 lehnte der Beklagte diesen Antrag ab: Die Bekleidung und die Schuhe in Übergrößen zählten nicht zu den unabweisbaren, laufenden und nicht nur einmaligen Bedarfen. Sie seien mit der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts pauschaliert abgedeckt und könnten deshalb nicht als zusätzlicher besonderer Bedarf bewilligt werden.

Der Kläger legte auch dagegen Widerspruch ein.

Mit Änderungsbescheid vom 23. November 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2013 und vom 12. Februar 2014 setzte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis 28. Februar 2014 in Höhe von 769,87 Euro monatlich (391 Euro für den Regelbedarf, 378,87 Euro für Unterkunft und Heizung) fest.

Gegen den Änderungsbescheid vom 12. Februar 2014 legte der Kläger Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2015 verwarf der Beklagte diesen Widerspruch als unzulässig: Der Änderungsbescheid vom 12. Februar 2014 sei kraft Gesetzes nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Teil des bereits laufenden Widerspruchsverfahrens.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2015 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 3. September 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23. November 2013 und vom 12. Februar 2014 zurück: Mit Änderungsbescheid vom 12. Februar 2014 sei der Bescheid vom 12. Dezember 2013 zurückgenommen worden. Anhaltspunkte für eine falsche Entscheidung seien nicht ersichtlich.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2015 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 9. Oktober 2013 zurück: Ein unabweisbarer Bedarf im Sinne von § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II liege nicht vor.

Am 3. März 2015 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 9. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2015 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben.

Er hat sein Begehren weiterverfolgt und vorgetragen, für Bekleidung (10 Paar Diabetikerstrümpfe, 2 Hosen, 10 Unterhosen, 6 Unterhemden, 4 T-Shirts, 3 Hemden, 3 Pullover, 1 Übergangsjacke, 1 Regenjacke, 2 Winterjacken, 2 Paar Schuhe) mache er eine monatliche Pauschale von 150 Euro geltend. Er habe innerhalb der gesetzlichen Frist nach Erhalt des Widerspruchsbescheides Klage eingereicht. Das Datum des Eingangs des Widerspruchsbescheides bei ihm könne er nicht benennen.

Mit Gerichtsbescheid vom 18. April 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Die Klage sei unzulässig. Der Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2015 sei laut Absende-Vermerk am 29. Januar 2015 an die Adresse des Klägers versandt worden. Da der Kläger nicht vorgetragen habe, den Widerspruchsbescheid zu einem späteren Zeitpunkt erhalten zu haben, gelte die Fiktion der Bekanntgabe nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X, so dass der Widerspruchsbescheid am dritten Tag nach der Absendung, also am 1. Februar 2015, als bekanntgegeben gelte. Somit habe die einmonatige Klagefrist am 1. März 2015 geendet.

Gegen den ihm am 22. April 2017 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 8. Mai 2017 eingelegte Berufung des Klägers.

Er weist darauf hin, dass ihm die angebliche Frist bis 1. Februar 2015 nicht bekannt gewesen sei. Es sei nicht ersichtlich gewesen, dass der Bescheid am 29. Januar 2015 an ihn abgesandt worden sei. Abgesehen davon halte er die Dreitageregelung für praktisch ungeeignet, da allgemein bekannt sei, dass in Berlin in verschiedenen Zustellbereichen zum Teil tagelang keine Post von der Deutschen Post ausgetragen werde. Auch sei von den so genannten Jobcentern regelmäßig seine Post an unbefugte Dritte gesandt worden. Er bestreite also, dass der Widerspruchsbescheid am 29. Januar 2015 an ihn abgesandt worden sei. Er könne keinen Briefumschlag vorlegen, da er nicht wisse, ob er überhaupt noch existiere. Nur zeitnah achte er auf das Zusammenhalten von Brief und Briefumschlag. Zudem bestehe bei ihm unter anderem infolge Handwerker nach Wasserschaden ein Chaos.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 18. April 2017 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 3. September 2013 und vom 9. Oktober 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23. November 2013, vom 12. Dezember 2013 und vom 12. Februar 2014 in der Gestalt der beiden Widerspruchsbescheide vom 29. Januar 2015 zu verurteilen, dem Kläger höheres Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs von 150 Euro monatlich zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Der auf dem Widerspruchsbescheid angebrachte Absendevermerk dokumentiere, dass der Mitarbeiter an diesem Tag das Schriftstück an die Poststelle weitergeleitet habe. Die Versendung erfolge spätestens am darauffolgenden Tag. Jedenfalls sei ein unabweisbarer besonderer Bedarf nicht nachgewiesen worden. Der behauptete Mehrbedarf von 150 Euro monatlich sei nicht nachzuvollziehen und dürfte im Übrigen auch nicht ansatzweise den Lebensverhältnissen eines Leistungsbeziehers nach dem SGB II entsprechen. Da ein Neubedarf an Bekleidung nur in größeren zeitlichen Abständen anfalle, dürfte es sich zudem nicht um einen regelmäßig wiederkehrenden Bedarf handeln. Schließlich habe der Kläger bislang auch nicht hinreichend dargelegt, dass es ihm unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten nicht möglich sei, seinen Bedarf zu decken, und dass sein Bedarf erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweiche.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten (Behelfsakten II bis IV, , der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft.

Nach § 143 SGG gilt: Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750 Euro.

Der Kläger begehrt die Leistung für Bekleidung und Schuhe nicht als Bedarf im Sinne einer Ersatzbeschaffung in Höhe von einmalig 150,00 Euro, sondern als laufenden Bedarf von 150,00 monatlich, also von insgesamt 900,00 Euro (150,00 Euro monatlich für den sechsmonatigen streitigen Zeitraum).

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Klage ist allerdings zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht erhoben worden.

Zur Klagefrist bestimmt § 87 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGG: Die Klage ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben. Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so beginnt die Frist mit der Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides.

Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekanntgegeben. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (§ 37 Abs. 2 Sätze 1 und 3 SGB X in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 2008 – BGBl I 2008, 2940).

Diese Zugangsfiktion setzt allerdings voraus, dass der Tag der Aufgabe zur Post nachvollzogen werden kann. Erforderlich ist daher, dass die Aufgabe des Verwaltungsaktes an die Post in den Verwaltungsakten der Behörde dokumentiert ist (Bundessozialgericht – BSG, Urteil vom 28. November 2006 – B 2 U 33/05 R, Rdnr. 15, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 97, 279 = SozR 4-2700 § 136 Nr. 2; Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, 5/17, § 37, Rdnr. 29, m. w. N.). Es existiert kein allgemeiner Grundsatz, wonach ein Verwaltungsakt am Tag seiner Erstellung (oder an einem bestimmten anderen nachfolgenden Tag) auch die Behörde verlässt, so dass die Grundsätzen des Anscheinsbeweises (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 26. Juli 2007 – B 13 R 4/06 R, Rdnr. 19, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-2600 § 115 Nr. 2) nicht gelten, zumal der Behörde die Möglichkeit der förmlichen Zustellung offensteht. Greift die Zugangsfiktion nicht ein, hat die Behörde im Zweifel den Zeitpunkt des Zugangs des Verwaltungsaktes nachzuweisen.

Der Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2015 weist zwar aus "abgesandt am: 29.1.2015". Handschriftlich ist dieser Vermerk allerdings schon nicht abgezeichnet. Ungeachtet dessen hat der Beklagte dazu erklärt, dass dieser Absendevermerk (lediglich) dokumentiere, dass der Mitarbeiter an diesem Tag das Schriftstück an die Poststelle weitergeleitet habe. Die Versendung erfolge spätestens am darauffolgenden Tag. Mit diesem Absendevermerk ist also nicht der Tag bezeichnet, an dem dieser Widerspruchsbescheid tatsächlich zur Post aufgegeben wurde. Der Tag der Aufgabe zur Post ist den Verwaltungsakten des Beklagten nicht zu entnehmen. Ist diese Tatsache daher nicht nachvollziehbar, gilt die Zugangsfiktion nicht, so dass der Beklagte den tatsächlichen Zugang des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2015 nachweisen muss. Dies ist jedoch nicht geschehen. Angesichts dessen ist die am 3. März 2015 erhobene Klage fristgerecht.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Gegenstand dieser Klage ist nicht nur der Bescheid vom 9. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2015, auch wenn der Kläger seine Klage allein dagegen gerichtet hat. Von dieser Klage wird zugleich der Bescheid vom 3. September 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23. November 2013, vom 12. Dezember 2013 und vom 12. Februar 2014 in der Gestalt des weiteren Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2015 erfasst.

Beim Mehrbedarf handelt es sich um eine laufende Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts, so dass dieser grundsätzlich nicht besonders beantragt werden muss. Dementsprechend kann zum Mehrbedarf (oder seiner Höhe) nicht durch einen gesonderten Verfügungssatz zulässigerweise entschieden werden und demzufolge die Gewährung eines (höheren) Mehrbedarfs nicht in zulässiger Weise zum isolierten Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gemacht werden (BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 30/13 R, Rdnr. 12, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 116, 86 = SozR 4-4200 § 21 Nr. 18, m. w. N.).

Dies bedeutet: Da bereits mit Bescheid vom 3. September 2013 über die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (mit Gewährung des Regelbedarfs und konkludenter Ablehnung eines Mehrbedarfs) entschieden wurde, wurden alle nachfolgenden Bescheide Gegenstand des Widerspruchsverfahrens, das durch den dagegen eingelegten Widerspruch eröffnet wurde. Mit dem vom Kläger ausdrücklich angegriffenen Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2015 traf der Beklagte zu diesem Widerspruch eine umfassende Entscheidung, denn mit der (nicht zulässigen gesonderten) Ablehnung eines Mehrbedarfs wurde nämlich tatsächlich zur Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts selbst entschieden.

Auch wenn der Bescheid vom 9. Oktober 2013, anders als der Bescheid vom 3. September 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23. November 2013, vom 12. Dezember 2013 und vom 12. Februar 2014, nicht ohne weiteres erkennen lässt, auf welchen Leistungszeitraum sich sein Regelungssatz erstreckt, beschränkt sich seine Verfügung ebenfalls nur auf den Zeitraum vom 27. August 2013 bis 28. Februar 2014.

Werden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II insgesamt abgelehnt, ist zwar in der Regel über den geltend gemachten Anspruch bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu entscheiden (BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R – Rdnr. 15, abgedruckt in BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 4). Ist dagegen lediglich die Höhe der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts streitig, kann einer Entscheidung wegen der in § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl I 2011, 850) – a. F. - vorgesehenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen grundsätzlich keine Bindungswirkung für künftige Bewilligungsabschnitte zukommen. Enthält somit ein Bescheid, der in einem Zeitpunkt ergeht, für den bereits (anderweitig) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bewilligt wurden, keine Verfügung zu einem bestimmten Leistungszeitraum, so lässt die Auslegung eines solchen Bescheides aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen Bescheidempfängers, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde erkennen kann, grundsätzlich allein den Schluss zu, dass die Behörde damit die (im Übrigen rechtlich einzig zulässige) ablehnende Regelung über eine höhere Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung des geltend gemachten Mehrbedarfs nur für solche Bewilligungsabschnitte, die im Zeitpunkt der Behördenentscheidung in der Vergangenheit lagen bzw. in der Gegenwart liegen, und keine Entscheidung für die Zukunft getroffen hat (BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 30/13 R, Rdnr. 11, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 116, 86 = SozR 4-4200 § 21 Nr. 18; BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 49/10 R, Rdnr. 14, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 21 Nr. 10; BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 – B 14 AS 146/10 R, Rdnr. 15, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 108, 235 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 13).

Der Bescheid vom 9. Oktober 2013 erging zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits mit Bescheid vom 3. September 2013 Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 27. August 2013 bis 28. Februar 2014 bewilligt worden war, so dass sich sein Verfügungssatz ausgehend von einem objektiven Empfängerhorizont und mangels ausdrücklicher anderweitiger Regelung ebenfalls auf den Zeitraum vom 27. August 2013 bis 28. Februar 2014 beschränkte.

Der Kläger erfüllte in diesem streitigen Zeitraum die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld II.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2854) - a. F. - erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).

Nach § 19 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SGB II in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl I 2011, 850) – a. F. - gilt: Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Arbeitslosengeld II. Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung.

Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. umfasst der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Der Regelbedarf wird als monatlicher Pauschalbetrag berücksichtigt (§ 20 Abs. 1 Satz 3 SGB II a. F.). Der Regelbedarf bestimmt sich bei Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II a. F ... Dieser Regelbedarf wird nach § 20 Abs. 5 Satz 1 SGB II a. F. jeweils zum 1. Januar eines Jahres angepasst. Das Bundesministerium für Ministerium für Arbeit und Soziales gibt jeweils spätestens zum 1. November eines Kalenderjahres die Höhe (auch) dieses Regelbedarfes der für die folgenden 12 Monate maßgebend ist, im Bundesgesetzblatt bekannt. Nach der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 SGB II für die Zeit ab 1. Januar 2013 vom 18. Oktober 2012 (BGBl I 2012, 2175) beträgt dieser Regelbedarf 382 Euro monatlich und nach der Bekanntmachung über die Höhe der Regelbedarfe nach § 20 Abs. 5 SGB II für die Zeit ab 1. Januar 2014 vom 16. Oktober 2013 (BGBl. I 2013, 3857) beträgt dieser Regelbedarf 391 Euro monatlich.

Nach § 21 Abs. 1 SGB II a. F. umfassen Mehrbedarfe Bedarfe nach § 21 Abs. 2 bis 6 SGB II, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind. Dazu bestimmt § 21 Abs. 6 SGB II: Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

Zu den Leistungen des SGB II gehören auch Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F ... Über die Bedarfe für Unterkunft und Heizung hat der Senat allerdings nicht zu entscheiden, denn deren Überprüfung ist nicht beantragt. Die Beschränkung des Klagebegehrens ist zulässig, denn die Entscheidung über die Kosten der Unterkunft und Heizung stellt (auch weiterhin) eine von der übrigen Regelung im Bescheid über die Gewährung von Arbeitslosengeld II abtrennbare Verfügung im Sinne eines eigenständigen Verwaltungsaktes dar (BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 42/13 R, Rdnr. 10, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 78; BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R, Rdnr. 18, abgedruckt in BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1).

Dem Kläger wurde für den Zeitraum vom 27. August 2013 bis 28. Februar 2014 der ihm zustehende Regelbedarf von 382 Euro monatlich bzw. von 391 Euro monatlich gewährt. Er hat darüber hinausgehend keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf für Kleidung und Schuhe, denn diese Bedarfe sind vom Regelbedarf erfasst. Es besteht insoweit auch wegen der Körperbeschaffenheit des Klägers kein Mehrbedarf.

Die Kosten für Bekleidung und Schuhe sind grundsätzlich im Regelbedarf enthalten. Im Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Bundestag-Drucksache 17/3404 zum Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz S. 54) heißt es in Abteilung 03 zum Betrag der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben für Erwachsene zu Bekleidung und Schuhe: Nr. 4 Code 0312 901 Herrenbekleidung (ohne Strumpfwaren) 4,42 Euro, Nr. 5 Code 0312 902 Damenbekleidung (ohne Strumpfwaren) 14,81 Euro, Nr. 6 Code 0312900 Herren-, Damen- und Kinderstrumpfwaren 1,28 Euro, Nr. 7 Code 0311 000 Bekleidungsstoffe (1,07 Euro), Nr. 8 Code 0313 000 Bekleidungszubehör 0,90 Euro, Nr. 9 Code 0321 100 Schuhe für Herren 1,81 Euro, Nr. 10 Code 0321 200 Schuhe für Damen 5,12 Euro, Nr. 11 Code 0321 900 Schuhzubehör 0,17 Euro, Nr. 12 Code 0314 100 fremde Änderungen und Reparaturen an Bekleidung (einschließlich Leihgebühren) 0,37 Euro und Nr. 13 Code 0322 000 fremde Änderungen und Reparaturen an Schuhen (einschließlich Leihgebühren) 0,45 Euro, daraus Summe regelbedarfsrelevanter Ausgaben Abteilung 03: 30,40 Euro. Es heißt dort außerdem: Bekleidung und Schuhe gehören zum Grundbedarf. Verbrauchsausgaben für Kleidung und Schuhe für Erwachsene sind deshalb beim Einpersonenhaushalt in vollem Umfang (100 Prozent) als regelbedarfsrelevant zu berücksichtigen.

Im nachfolgenden Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen sowie zur Änderung des Zweiten und des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (Bundestag-Drucksache 18/9984 zum Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz S. 37) werden die regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben grundsätzlich in derselben Weise erfasst und berücksichtigt, wobei sich als Summe der regelbedarfsrelevanten Ausgaben in Abteilung 03 ein Betrag von 34,60 Euro ergibt.

Die erfassten regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben repräsentieren hierbei das Ausgabeverhalten der gesamten Bevölkerung (ausgenommen Kinder unter 14 Jahren hinsichtlich der Positionen Bekleidung und Schuhe) der maßgebenden unteren Einkommensgruppen. Die Verbrauchsausgaben bilden mithin das durchschnittliche Ausgabeverhalten dieser Einkommensgruppen insgesamt ohne Rücksicht darauf, ob und weswegen in den herangezogenen einzelnen Haushalten höhere oder geringere Kosten für Bekleidung und Schuhe anfallen, ab. Somit sind in diesen Verbrauchsausgaben auch solche höhere Ausgaben von Personen für Bekleidung und Schuhe enthalten, die einerseits wegen vom Bevölkerungsdurchschnitt abweichender Physiognomie möglicherweise höhere Ausgaben haben oder bei denen andererseits davon unabhängig aus anderen Gründen höhere Ausgaben anfallen. Die durchschnittliche Körpergröße eines Mannes beträgt nach dem Ergebnis des Mikrozensus 2017 1,79 m und betrug nach dem Mikrozensus 2013 1,78 m (vgl. Statistisches Bundesamt: https://www.destatis.de/DE/Publikationen, Stichwort Thematische Veröffentlichen, Gesundheit, Gesundheitszustand, Körpermaße der Bevölkerung, Mikrozensus 2017 und Mikrozensus 2011). Dieser Durchschnitt resultiert(e) aus Durchschnittskörpergrößen im Alter von 18 bis über 75 Jahren im Bereich von 1,74 m bis 1,81 m (2017) bzw. von 1,73 m und 1,81 m (2013). Eine Person (wie der Kläger) mag zwar hinsichtlich ihrer Körpergröße (und daher wohl auch hinsichtlich ihrer Bekleidungs- und Schuhgröße) statistisch betrachtet als so genannter Ausreißer (Messwert oder Befund, der allgemein nicht den Erwartungen entspricht) zu bewerten sein, weil sie mit ihrer Körpergröße außerhalb des so genannten Streubereiches einzuordnen ist. Dies ändert hingegen nichts daran, dass auch diese Person mit ihrem Ausgabeverhalten von dem dargestellten regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben miterfasst ist.

Eine Betrachtung dieser Verbrauchsausgaben im Einzelnen, wie sie sich in der Summe mit 30,40 Euro darstellen, ergibt für den Kläger freie Beträge, die vom ihm genutzt werden können, um möglicherweise bei ihm entstehende bzw. vorhandene höhere Kosten für Bekleidung und Schuhe abzudecken. So werden mit dem Betrag von 30,40 Euro auch Damenbekleidung und Schuhe für Damen erfasst, die beim Kläger keine Ausgaben verursachen, weil solche Gegenstände bei ihm nicht anfallen, die jedoch mit insgesamt 19,93 Euro bereits mehr als Hälfte des Betrages von 30,40 Euro ausmachen. Demgegenüber betragen die Ausgaben für Herrenbekleidung und Schuhe für Herren insgesamt 6,23 Euro. Werden zusätzlich die Ausgaben für Herren-, Damen- und Kinderstrumpfwaren gleichmäßig auf Frauen und Männer verteilt, erhöhen sich die genannten Beträge auf 20,57 Euro bzw. 6,87 Euro. Unterstellt, dass es sich bei letztgenanntem Betrag um die Ausgaben eines Mannes mit durchschnittlicher Körpergröße bzw. einer Körpergröße im so genannten Streubereich handelt, vermag im Ansatz schon nicht zu überzeugen, dass eine Person mit der Körpergröße des Klägers nicht in der Lage wäre, mit dem zusätzlichen ca. Dreifachen dieses Betrages, also mit 20,57 Euro, möglicherweise vorhandene oder entstehende höhere Kosten für seine Bekleidung und seine Schuhe neben dem ihm dafür ohnehin zur Verfügung stehenden Betrag von 6,87 Euro zu decken.

Eine Ersatzbeschaffung von Bekleidung und Schuhen ist also einer Person wie dem Kläger mit dem Regelbedarf möglich. Angesichts dessen gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass Bekleidung und Schuhe ausnahmsweise nicht im Regelbedarf enthalten sein könnten.

Nicht vom Regelbedarf nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. sind nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl I 2011, 850) – a. F. – hingegen Bedarfe für Erstausstattungen für Bekleidungen umfasst.

Der Begriff der Erstausstattung erstreckt sich bei wertender Betrachtung auch auf eine Ersatzbeschaffung in einer atypischen Bedarfslage, die mit einer Erstausstattung im Sinne einer erstmaligen Beschaffung vergleichbar ist. Eine solche atypische Bedarfslage ist anzunehmen, wenn sie aufgrund außergewöhnlicher Umstände entstanden ist und sich diese spezielle Bedarfslage erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abhebt. Dies ist der Fall, wenn es nicht um den üblichen Verschleiß von Gebrauchsgegenständen geht, sondern sich die spezielle Bedarfslage für den Hilfebedürftigen im Vergleich zu anderen Hilfebedürftigen als ein "Sonderopfer" darstellt wie beispielsweise bei Gesamtverlust der Kleidung oder neuem Bedarf aufgrund außergewöhnlicher Umstände (Blüggel in Eicher, SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, Kommentar, 3. Auflage, § 24 Rdnrn. 91 und 93; vgl. auch Entwurf eines Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch, Bundestag-Drucksache 15/1514 S. 60).

Ist nach alledem die Ersatzbeschaffung im Rahme des üblichen Verschleißes vom Regelbedarf nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II gedeckt und im Falle außergewöhnlicher Umstände eine Bedarfsdeckung als Sonderbedarf nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB II sichergestellt, kommt ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II mit der Übernahme von weiteren Kosten für Bekleidung und Schuhe nicht in Betracht.

Solche Kosten sind nicht unabweisbar, denn diese Kosten können durch die o. g. Beträge für Bekleidung und Schuhe gedeckt werden, die der Kläger ohnehin zur freien Verfügung hat, weil bei ihm entsprechende Kosten nicht anfallen. Es ist zudem nicht ersichtlich und vom Kläger trotz Aufforderung des Sozialgerichts nicht dargetan, dass sein Bedarf erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Da mit dem o. g. freien Betrag bereits dreifache Mehrkosten gedeckt werden können, müssten die Kosten für Bekleidung und Schuhe schon mehr als das Vierfache der Kosten einer Person mit durchschnittlicher Körpergröße bzw. einer Körpergröße im so genannten Streubereich betragen, bis überhaupt ein Bedarf im Sinne eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II in Betracht käme. Dies erscheint ausgeschlossen. Dementsprechend wird folgerichtig in der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses zum Entwurf der Bundesregierung zur Einfügung von § 21 Abs. 6 SGB II (Bundestag-Drucksache 17/1465, S. 9) ausgeführt: In den folgenden Fallgestaltungen besteht grundsätzlich kein zu übernehmender zusätzlicher Mehrbedarf, u. a.: Bekleidung bzw. Schuhe in Über- oder Untergrößen.

Nichts anderes gilt hinsichtlich medizinisch notwendiger Diabetikerstrümpfe. Solche Kompressionsstrümpfe werden von der gesetzlichen Krankenversicherung als Hilfsmittel in Höhe der Festbeträge übernommen (§ 33 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 7 SGB V).

Nach alledem kann der Kläger einen Mehrbedarf nicht beanspruchen. Mithin hat es der Beklagte entgegen dem Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung auch nicht rechtswidrig unterlassen, ihn darüber zu beraten, wo er die beanspruchte Kleidung und Schuhe einkaufen kann. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll nach § 1 Abs. 2 Satz 1 SGB II die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten stärken und dazu beitragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Der Staat und seine Behörden sind mithin nicht der Betreuer des mündigen Bürgers in all dessen Lebenslagen. Dementsprechend beschränken sich die Aufgaben des Beklagten in der Erbringung der den Leistungsberechtigten zustehenden Geldleistungen und bei der Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit.

Diese Rechtslage ist nicht verfassungswidrig.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 (zitiert nach juris, abgedruckt in BVerfGE 137, 34 = NJW 2014, 3425) in der Begründung seines Beschlusses u. a. (Rdnrn. 80-82, 84-85) ausgeführt:

Dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Bemessung des Existenzminimums entspricht eine zurückhaltende Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht. Das Grundgesetz selbst gibt keinen exakt bezifferten Anspruch vor (vgl. BVerfGE 125, 175 (225 f.); 132, 134 (165, Rn. 78)). Deswegen kann auch der Umfang dieses Anspruchs im Hinblick auf die Arten des Bedarfs und die dafür erforderlichen Mittel nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden (vgl. BVerfGE 91, 93 (111 f.)). Dem Bundesverfassungsgericht kommt nicht die Aufgabe zu, zu entscheiden, wie hoch ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums sein muss; es ist zudem nicht seine Aufgabe, zu prüfen, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung zur Erfüllung seiner Aufgaben gewählt hat (vgl. BVerfGE 130, 263 (294) m.w.N.). Aus verfassungsrechtlicher Sicht kommt es vielmehr entscheidend darauf an, dass die Untergrenze eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht unterschritten wird und die Höhe der Leistungen zu dessen Sicherung insgesamt tragfähig begründbar ist. Da das Grundgesetz selbst keine exakte Bezifferung des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen vorgibt, beschränkt sich die materielle Kontrolle der Höhe von Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz darauf, ob die Leistungen evident unzureichend sind (BVerfGE 125, 175 (225 f.); 132, 134 (165, Rn. 78)). Diese Kontrolle bezieht sich im Wege einer Gesamtschau (vgl. BVerfGE 130, 263 (295)) auf die Höhe der Leistungen insgesamt und nicht auf einzelne Berechnungselemente, die dazu dienen, diese Höhe zu bestimmen. Evident unzureichend sind Sozialleistungen nur, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist. Jenseits dieser Evidenzkontrolle überprüft das Bundesverfassungsgericht, ob Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen sind. Das Bundesverfassungsgericht setzt sich dabei nicht mit eigener Sachkompetenz an die Stelle des Gesetzgebers, sondern überprüft lediglich die gesetzgeberischen Festlegungen zur Berechnung von grundgesetzlich nicht exakt bezifferbaren, aber grundrechtlich garantierten Leistungen. Lassen sich diese nachvollziehbar und sachlich differenziert tragfähig begründen, stehen sie mit Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG in Einklang (vgl. BVerfGE 125, 175 (225 f.); 132, 134 (165 f., Rn. 79); oben C I 1 b). Die Art und die Höhe der Leistungen müssen sich mit einer Methode erklären lassen, nach der die erforderlichen Tatsachen im Wesentlichen vollständig und zutreffend ermittelt werden und nach der sich die Berechnungsschritte mit einem nachvollziehbaren Zahlenwerk innerhalb dieses Verfahrens im Rahmen des Vertretbaren bewegen. Die Berechnung des Existenzminimums anhand eines Warenkorbes notwendiger Güter und Dienstleistungen mit anschließender Ermittlung und Bewertung der dafür zu entrichtenden Preise ist in gleicher Weise wie der Einsatz einer Verbrauchsstatistik für die Berechnung der Leistungshöhe zulässig (vgl. BVerfGE 125, 175 (234 f.)). Entscheidet sich der Gesetzgeber für das Statistikmodell, muss er Vorkehrungen gegen die damit einhergehenden spezifischen Risiken der Unterdeckung aktuell existenzsichernder Bedarfe treffen. Er ist von Verfassungs wegen nicht gehindert, aus der Statistik in Orientierung an einem Warenkorbmodell nachträglich einzelne Positionen wieder herauszunehmen. Wenn er aber in dieser Weise Elemente aus dem Warenkorbmodell in die Berechnung einführt, muss er sicherstellen, dass das Existenzminimum gleichwohl tatsächlich gesichert ist. Die Leistungen müssen entweder insgesamt so bemessen sein, dass entstehende Unterdeckungen intern ausgeglichen werden können (vgl. BVerfGE 125, 175 (238)), oder dass Mittel zur Deckung unterschiedlicher Bedarfe eigenverantwortlich angespart und die Bedarfe so gedeckt werden (vgl. BVerfGE 125, 175 (229)), oder es muss ein Anspruch auf den anderweitigen Ausgleich solcher Unterdeckungen bestehen. Der Gesetzgeber kommt seiner Pflicht zur Aktualisierung von Leistungsbeträgen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach, wenn er die Entwicklung der tatsächlichen Lebenshaltungskosten zur Deckung des existenznotwendigen Bedarfs durch regelmäßige Neuberechnungen und Fortschreibungen berücksichtigt (vgl. BVerfGE 125, 175 (225); 132, 134 (165 f., Rn. 79)). Auf Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie auf Preissteigerungen oder auf die Erhöhung von Verbrauchsteuern muss zeitnah reagiert werden, um sicherzustellen, dass der aktuelle Bedarf gedeckt wird (BVerfGE 132, 134 (163, Rn. 72)).

Das BVerfG hat in diesem Beschluss u. a. (Rdnr. 87, 94, 95, 136-137, 139) weiter ausgeführt:

Die Festsetzung der Gesamtsumme für den Regelbedarf lässt nicht erkennen, dass der existenzsichernde Bedarf offensichtlich nicht gedeckt wäre. Die Ermittlung der Regelbedarfe stützt sich im Ausgangspunkt mit der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) auf geeignete empirische Daten (vgl. BVerfGE 125, 175 (235)). Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, für die Berechnung jeder Leistung eigene Erhebungen durchzuführen, sondern darf sich auch dafür entscheiden, vorhandene Daten zu nutzen. Mit der EVS wird zwar der Verbrauch und nicht der Bedarf ermittelt, doch ist es in einer Gesellschaft, in der sich Menschen im Regelfall nicht mit eigenen Erzeugnissen versorgen, hinreichend plausibel, vom Verbrauch auf den Bedarf zu schließen. Da die EVS Ausstattung und Konsumverhalten privater Haushalte im Wege von freiwilligen Befragungen in Stichproben ermittelt, ist diese Datengrundlage wie jede andere empirische Erhebung auch nicht fehlerfrei. Doch bildet die EVS in statistisch hinreichend zuverlässiger Weise das Verbrauchsverhalten der Bevölkerung ab. Der Gesetzgeber kommt seiner Pflicht, auf Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie auf Preissteigerungen oder auf die Erhöhung von Verbrauchsteuern zu reagieren, um sicherzustellen, dass der aktuelle Bedarf gedeckt ist (vgl. BVerfGE 125, 175 (225); 132, 134 (163, Rn. 72)), durch die angegriffenen Regelungen im Grundsatz nach. Eine Hochrechnung anhand der Preisentwicklung in den Ausgabepositionen, aus denen sich der regelbedarfsrelevante Verbrauch zusammensetzt, ist mit dem Grundgesetz ebenso vereinbar (vgl. BVerfGE 125, 175 (244)) wie die Orientierung an einem gemischten Index, der neben der Preisentwicklung auch die Entwicklung der Löhne und Gehälter berücksichtigt. Die jeweils um sechs Monate verzögerte Fortschreibung hält sich im Rahmen des verfassungsrechtlich Vertretbaren. Zwar erfolgte eine Orientierung an Jahreszeiträumen (§ 28a Abs. 2 Satz 2 SGB XII) erstmals tatsächlich erst für die Fortschreibung zum 1. Januar 2013, weshalb zwischen dem Ende des jüngeren Vergleichszeitraums und dem Fortschreibungstermin sechs Monate liegen, Preissteigerungen in diesem Zeitraum also nicht unmittelbar berücksichtigt werden. Doch erklärt sich diese Verzögerung von sechs Monaten aus der erforderlichen Zeit für die Ermittlung der Veränderungsrate einschließlich des für die Fortschreibung erforderlichen Verordnungsverfahrens nach § 40 SGB XII (Falterbaum, in: Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: Dezember 2011, K § 28a Rn. 18). Die Fortschreibung im Folgejahr holt die Preisentwicklung in dem ausgeblendeten Zeitraum ebenfalls nach.

Wie das BVerfG ausgeführt hat, bezieht sich die verfassungsrechtliche Kontrolle im Wege einer Gesamtschau auf die Höhe der Leistungen insgesamt und nicht auf einzelne Berechnungselemente, die dazu dienen, diese Höhe zu bestimmen. Die berücksichtigten Ausgaben setzen sich für Ein-Personenhaushalte aus insgesamt 11 verschiedenen Abteilungen in der Systematik der EVS zusammen und betragen insgesamt 361,81 Euro (§ 5 Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz – RBEG). Dazu gehört die Abteilung 3 (Bekleidung und Schuhe) mit 30,40 Euro (vgl. BVerfG, Beschuss vom 23. Juli 2014 a.a.O., Rdnrn. 22 und 25). Würde bei dieser Position eine wesentliche Unterdeckung des Bedarfs vorhanden sein, würde sich diese Unterdeckung auf die Summe aller regelbedarfsrelevanten Ausgaben auswirken. Eine solche Unterdeckung hat das BVerfG abgestellt auf Höhe der Leistungen insgesamt nicht feststellen können. Mithin wird durch den Beschluss des BVerfG im Ergebnis bestätigt, dass der Bereich Bekleidung und Schuhe ausreichend beim Regelbedarf berücksichtigt ist, denn die Höhe der Leistungen insgesamt, auf die es nach dem BVerfG allein ankommt, ist nicht verfassungswidrig.

Die Berufung muss mithin erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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