L 16 AS 858/16

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 7 AS 595/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 AS 858/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Anspruch auf Anerkennung von unangemessenen Kosten der Unterkunft als Bedarf über den Regelzeitraum von sechs Monaten besteht nicht, wenn Kostensenkungsbemühungen nahezu fehlen.
2. Nachgewiesene Kostensenkungsbemühungen im Umfang von elf Bewerbungen auf angebotene Mietwohnungen in sieben Monaten von denen nur vier Wohnungen den Angemessenheitskriterien des beklagten Jobcenters entsprachen, stellen keine ausreichenden Bemühungen zur Senkung unangemessener Unterkunftskosten dar. Sowohl die Häufigkeit der nachgewiesenen Bewerbungen auf freie Wohnungen als auch die Auswahl der oft nicht angemessenen Wohnungen sind nicht ausreichend.
3. Wegen der nahezu fehlenden Kostensenkungsbemühungen der Kläger ist der Beklagte auch nicht in der Darlegungspflicht, dass es tatsächlich angemessenen Wohnraum gab.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 7. November 2016 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger und Berufungskläger begehren die Gewährung von höheren Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit von November 2015 bis Januar 2016.

Die 1972 geborene Klägerin zu 1) und der 1954 geborene Kläger zu 2) sowie ihre 2008 und 2012 geborenen Söhne, die Kläger zu 3) und 4), wohnten zunächst in O-Stadt / Sachsen und bezogen dort seit Juli 2014 Leistungen nach dem SGB II vom örtlich zuständigen Jobcenter Mittelsachsen/Freiberg. Das Jobcenter Mittelsachsen hatte den Klägern mitgeteilt, dass ihre Wohnung in O-Stadt unangemessen teuer sei.

Die Kläger zu 1) und 2) schlossen am 19.11.2014 einen Mietvertrag für eine Vier-Zimmer-Dachgeschosswohnung mit einer Wohnfläche von 130 qm in der A-Straße in A-Stadt/ /Bayern für die Zeit ab dem 14.12.2014 ab. Sie schuldeten eine Grundmiete in Höhe von 720 EUR monatlich sowie die Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 220 EUR (100 EUR Heizkosten, 120 EUR Betriebskosten).

Am 02.12.2014 sprach die Klägerin zu 1) und am 23.12.2014 der Kläger zu 2) bei der Arbeitsvermittlung des Jobcenters Mittelsachsen vor. Die Wohnung in Bayern würde zunächst als Zweitwohnsitz genutzt werden, die Wohnung in O-Stadt habe erst zum 31.01.2015 gekündigt werden können. Der Umzug sei für Januar 2015 geplant. Der Kläger zu 2) habe ab 01.01.2015 eine Arbeit in Bayern in Aussicht, die Klägerin zu 1) habe ab Februar 2015 Arbeit in Aussicht. Es werde finanzielle Unterstützung für den Umzug, doppelte Mietzahlung im Januar 2015 und Anschaffung eines PKW benötigt, damit der Kläger zu 2) die Arbeitsstelle erreichen könne.

Die Bewilligung von vorläufigen Leistungen nach dem SGB II für die Zeit 01.01.2015 bis 31.03.2015 hob das Jobcenter Mittelsachsen mit Wirkung vom 01.02.2015 wegen fehlender Zuständigkeit auf (Bescheid vom 20.01.2015).

Der Kläger zu 2) schloss am 22.12.2014 einen befristeten Arbeitsvertrag als Fahrer für die Zeit ab 12.01.2015 ab. Der Arbeitgeber kündigte ihm innerhalb der Probezeit am 01.04.2015 zum 15.04.2015. Er bezog in der Folge Krankengeld.

Am 08.01.2015 beantragten die Kläger beim Beklagten Leistungen ab 01.02.2015. In diesem Zusammenhang wies der Beklagte auf die nach seiner Auffassung geltende Mietobergrenze hin und darauf, dass die Wohnung der Kläger unangemessen sei. Für einen Vierpersonenhaushalt seien bis zu 90 qm und eine Bruttokaltmiete in Höhe von 539 EUR monatlich angemessen.

Der Beklagte bewilligte den Klägern für die Zeit vom 01.02.2015 bis 31.07.2015 Leistungen nach dem SGB II. Als Kosten der Unterkunft und Heizung erkannte er auf Widerspruch der Kläger die tatsächlichen Wohnkosten an; er habe im Rahmen der Kostensenkungsaufforderung die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten bis Juli 2015 zugesagt (Bescheid vom 02.02.2015, Änderungsbescheide vom 06.02.2015, 26.02.2015, 10.04.2015, 13.04.2015, 23.04.2015, 23.04.2015 und 27.04.2015).

Im Juli 2015 beantragten die Kläger die Fortzahlung von Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten und gaben eine Stellungnahme zu ihrer Wohnsituation ab, verbunden mit der Bitte die tatsächlichen Kosten der Unterkunft auch weiterhin zu erhalten. Ihnen habe niemand vor dem Umzug mitgeteilt, dass die Wohnung zu teuer sei oder dass diese vorher zu genehmigen sei. Die Familie sei wegen der Arbeit nach Bayern umgezogen; sie würden alles versuchen, um aus "Hartz 4" herauszukommen. Sie hätten sich um eine günstigere und kleinere Wohnung bemüht, aber leider ohne Erfolg. Sobald es um eine Schufa-Auskunft gehe, käme die Absage. Mit einer Insolvenz, zwei kleinen Kindern und "Hartz 4" sei es schwierig, überhaupt eine Wohnung zu bekommen. Sie hätten zudem eine Anzeige aufgegeben, mit der sie eine Wohnung suchen würden; bislang ohne Erfolg. Sie legten eine Übersicht über ihre Kostensenkungsbemühungen vor (drei Bewerbungen um eine andere Wohnung im April, drei Bewerbungen im Mai und eine Bewerbung im Juni 2015).

Mit Bescheid vom 08.07.2015 und Änderungsbescheid vom 29.11.2015 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Zeit von August bis Oktober 2015 Leistungen in Höhe von 1.793 EUR monatlich sowie von November bis Dezember 2015 in Höhe von 1.492 EUR monatlich und in Höhe von 1494 EUR für Januar 2016. Neben den Regelbedarfen/Sozialgeld erkannte der Beklagte die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung bis einschließlich Oktober 2015 an. Ab November 2015 erkannte er die nach seiner Auffassung angemessenen Kosten an (419 EUR Grundmiete, 100 EUR Heizkosten, 120 EUR Nebenkosten, gesamt 639 EUR).

Dagegen erhoben die Kläger, vertreten durch ihre frühere Prozessbevollmächtigte, am 28.07.2015 Widerspruch wegen der Herabsetzung der Kosten der Unterkunft und Heizung ab November 2015. Die Kläger würden gerne die Kosten entsprechend der Aufforderung senken, es hätten hierfür aber keine konkreten Möglichkeiten bestanden. Alle bisherigen Bemühungen seien erfolglos verlaufen. Die Kläger hätten für den Erhalt einer sozialgeförderten Wohnung in G-Stadt eine mündliche Zusage gehabt; diese Zusage habe die Gemeinde jedoch wegen der Unterbringung von Flüchtlingen zurückgezogen.

Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 24.09.2015). Entgegen der gesetzlichen Regelung habe der Beklagte mehr als sechs Monate, insgesamt neun Monate, die unangemessenen Kosten der Unterkunft getragen. Es seien keine besonderen Umstände erkennbar, die einem Umzug entgegenstehen würden. Erschwerend komme hinzu, dass die Kläger die Situation selbst verschuldet hätten. Die Kläger hätten gewusst, dass es sowohl für die Miete als auch für die Wohnfläche Angemessenheitsgrenzen gebe. Dennoch hätten sie ohne Rücksprache mit dem Beklagten eine Wohnung angemietet und ihre finanziellen Mittel mehr als überschritten. Die bisherige Berücksichtigung der Miete durch den Beklagten hätten die Kläger nur dem Umstand zu verdanken, dass das Formschreiben zur Kostensenkung zumindest für sechs Monate auch als Zusicherung zu werten gewesen sei und der Beklagte von einer Anwendung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zumindest zeitweise habe absehen müssen. Der Einwand, die Wohnungssuche gestalte sich wegen der aktuellen Flüchtlingsproblematik schwierig, könne hier nicht berücksichtigt werden. Den Klägern sei ein Umzug innerhalb des gesamten Bundesgebietes zumutbar und auch möglich. Insoweit sei das derzeit eher lokal angesiedelte Problem der Beschaffung von Wohnraum für Flüchtlinge nicht stichhaltig.

Dagegen erhoben die Kläger am 19.10.2015 Klage zum Sozialgericht Landshut. Den Klägern sei nicht bewusst gewesen, dass die angemietete Wohnung nicht angemessen sei, da die von ihnen zuvor in Sachsen bewohnte Wohnung ähnlich groß gewesen sei. Schwierigkeiten mit den Angemessenheitsmaßstäben, vor allem hinsichtlich der Wohnungsgröße, hätten die Kläger nicht erwartet und hätten sie aufgrund ihrer Erfahrungen nicht befürchten müssen. Entgegen ihren Erwartungen sei es den Klägern nicht möglich gewesen, in Bayern "jobmäßig" durchzustarten. Dem Kläger zu 2) sei nach zwei Arbeitsunfällen noch während der Probezeit gekündigt worden. Vom Beklagten sei nicht berücksichtigt worden, dass sich die Kläger um die Anmietung von angemessenem Wohnraum bemüht hätten. Es sei ihnen sozialer Wohnraum in Aussicht gestellt worden. Die Gemeinde habe aber entgegen der mündlichen Zusage die Wohnung anderweitig vermietet. Zudem sei zu berücksichtigen, dass Wohnraum, der den Angemessenheitskriterien des Beklagten genüge, aktuell nicht zugänglich sei.

Der Beklagte erwiderte, dass das vormals zuständige Jobcenter bei der Reduzierung der angemessenen Leistungen gerade auf die Kosten der Unterkunft abgestellt habe.

Ein am 05.11.2015 gestellter Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz lehnte das Sozialgericht mit Beschluss vom 28.12.2015 ab (Az.: S 7 AS 631/15 ER). In diesem Verfahren legten die Kläger eine Liste der Kostensenkungsbemühungen vor. Daraus gehen über die bereits beim Beklagten im Juli 2015 vorgelegte Liste hinaus zwei weitere Bewerbungen um Wohnraum im August 2015 und eine Bewerbung im Oktober 2015 hervor.

Mit Urteil vom 07.11.2016 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Bescheid vom 09.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2015 sei rechtlich nicht mehr zu beanstanden, nachdem der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 07.11.2016 die erhöhten Bedarfe für Unterkunft und Heizung der Kläger entsprechend den zum 01.01.2016 geänderten Werten in der Tabelle zu § 12 WoGG anerkannt habe. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf höhere Bedarfe für Unterkunft und Heizung vom 01.11.2015 bis zum 31.01.2016. Unbestritten dürfte zwischen den Beteiligten sein, dass der Beklagte jedenfalls im streitigen Zeitraum kein sog. schlüssiges Konzept hinsichtlich der Angemessenheit der Unterkunftskosten im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) angewandt habe, weshalb auf die Tabellenwerte zu § 12 WoGG zurückgegriffen werden dürfe. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf die Übernahme der tatsächlichen und unangemessenen Wohnkosten. Sie hätten nämlich vor Abschluss des Mietvertrages keine Zusicherung gemäß § 22 Abs. 4 SGB II eingeholt, weshalb die Anwendung des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II ausgeschlossen sei. Daher sei es auch gleichgültig, ob es den Klägern möglich gewesen sei, eine angemessene Unterkunft zu finden bzw. anzumieten. Im Übrigen hätten die Kläger die vergeblichen Umzugsbemühungen auch nicht nachgewiesen. Die bloße Behauptung, es sei nicht möglich gewesen innerhalb von fast zwölf Monaten eine angemessene Wohnung anzumieten, reiche nicht aus und sei auch nicht glaubwürdig.

Mit Bescheid vom 11.11.2016 bewilligte der Beklagte den Klägern für Januar 2016 um 38,52 EUR höhere Leistungen (insgesamt 1532,52 EUR), wobei als Kosten der Unterkunft und Heizung 677,52 EUR als Bedarf anerkannt wurden. Es wurde eine Nettokaltmiete in Höhe von 457,50 EUR nach § 12 WoGG zzgl. Sicherheitszuschlag anerkannt.

Gegen das Urteil haben die Kläger am 07.12.2016 Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Eine Aufklärung, dass die neue Wohnung ggf. zu teuer sei oder eine Zusicherung zum Umzug hätte erteilt werden müssen, sei durch das Jobcenter Mittelsachsen nicht erfolgt. Die Kläger hätten wegen der Arbeitsstelle des Klägers zu 2) Ende 2014 schnell eine Wohnung finden müssen. Die streitgegenständliche Wohnung sei die Einzige gewesen, die die Familie habe finden können. Bei der Vorsprache am 03.12.2014 sei keine Aufklärung erfolgt, dass die Wohnung nicht angemessen sei. Vielmehr sei der Eindruck vermittelt worden, dass "alles in Ordnung" sei. Erst bei Antragstellung seien die Kläger mit Schreiben vom 27.01.2015 auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten hingewiesen worden. Über die von den Klägern vorgelegten Bemühungen (Schreiben der Kläger vom 02.07.2015) hätte der Beklagte keine weiteren Nachweise gefordert. Auch in der Folgezeit hätten sich die Kläger um günstigeren Wohnraum bemüht, aber wegen des negativen "Schufaeintrags" bzw. der Insolvenzen, der beiden Kinder und des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II, keine Wohnung gefunden. Alternative Wohnungsangebote seien vom Beklagten nicht genannt worden. Die Kläger seien beim Umzug nach Bayern nicht bösgläubig gewesen, weshalb sie dem Schutzbereich des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II unterfallen würden. Die Kläger seien davon ausgegangen, dass sie künftig nicht mehr auf SGB II - Leistungen angewiesen seien; der Kläger zu 2) habe eine Arbeitsstelle gehabt, die Klägerin zu 1) habe eine in Aussicht gehabt. Es handele sich auch nicht um eine Luxuswohnung. Die Kläger hätten nicht gewusst, dass die Wohnung zu teuer sei. Die Versäumnisse des Jobcenters Mittelsachsen (§ 22 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 SGB II a.F.) könnten nicht zu Lasten der Kläger gehen. Die Unterkunftskosten seien in voller Höhe zu berücksichtigen, weil den Klägern im streitigen Zeitraum ein Umzug in eine andere, kostengünstigere Wohnung aus tatsächlichen Gründen nicht möglich gewesen sei. Es gäbe keine kostengünstigere Unterkunftsalternative im Landkreis. Die Kläger hätten sich auch ausreichend um eine Unterkunftsalternative bemüht. Zudem hätten die potentiellen Vermieter die angefragten Wohnungen als für eine vierköpfige Familie zu klein angesehen. Da Wohnungssuchaktivitäten nachvollziehbar dargelegt worden seien, sei es Sache des Beklagten, diese Darlegung zu entkräften und konkrete Alternativen zu benennen. Zudem könne der Beklagte die Absenkung der Unterkunftskosten nicht auf das Schreiben vom 27.01.2015 stützen, weil er von der Absenkung zum angekündigten Zeitpunkt abgesehen habe. In diesem Fall sei eine neue Kostensenkungsaufforderung notwendig. Auf Nachfrage des Senats haben die Kläger mitgeteilt, dass sie bis zum 31.10.2017 in der streitgegenständlichen Wohnung gewohnt hätten und sich im streitigen Zeitraum keine Veränderungen bei der Höhe der Unterkunftskosten ergeben hätten.

Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 07.11.2016 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 09.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 24.09.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 29.11.2015 und 11.11.2016 zu verurteilen, den Klägern für die Zeit vom 01.11.2015 bis 31.01.2016 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Auf Nachfrage des Senats hat der Beklagte mitgeteilt, dass er weder derzeit noch zum streitigen Zeitraum ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der angemessenen Obergrenzen habe bzw. gehabt habe. Der Beklagte habe zunächst versucht (gemeinsam mit dem Landratsamt) ein Konzept zu erstellen und hierfür die Angebote des Wohnungsmarkts aus Internet und Presse sowie die Mietverträge der Kunden der Sozialhilfeverwaltung und des Jobcenters in einer Datenbank zusammengefasst und entsprechend der Vergleichsräume versucht, eine Durchschnittsmiete zu bilden. Diese Vorgehensweise sei mehrfach vom Sozialgericht Landshut bemängelt worden und auf § 12 WoGG mit Sicherheitszuschlag zurückgegriffen worden. Da sich mit einem Rückgriff zumeist nur geringfügig höhere Leistungen ergeben hätten, wurde der bisherige Versuch, ein schlüssiges Konzept zu erstellen auch, wegen der Unmöglichkeit zur Beschaffung weiterer Daten aufgegeben und zur Vermeidung weiterer Rechtsstreite generell auf die Tabellenwerte abgestellt. Der Beklagte sei dann dazu übergegangen eine Liste mit Mietverträgen der Leistungsempfänger anzulegen um überprüfen zu können, ob es tatsächlich laufend Wohnungen gäbe, die den Kriterien entsprächen. Wenn nun die Kläger behaupteten, es gäbe keine "angemessenen" Wohnungen anzumieten, so sei dies nicht zutreffend. Er hat am 22.12.2017 eine Liste mit fünf Wohnungen vorgelegt, die den Angemessenheitsgrenzen entsprochen hätten und im Zeitraum März 2014 bis Juli 2016 von Leistungsempfängern angemietet worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen, auch im Verfahren S 7 AS 631/15 ER, sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten und des Jobcenters Mittelsachsen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist nicht nach § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeschlossen, weil der Wert der Beschwer erreicht ist. Die Differenz zwischen den tatsächlichen Unterkunftskosten (940 EUR monatlich) und den anerkannten Kosten (639 EUR im November und Dezember 2015, 677,52 EUR im Januar 2016) beträgt 864,48 EUR.

Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben in der Zeit von November 2015 bis Januar 2016 keinen höheren Anspruch auf Kosten der Unterkunft und Heizung, als der Beklagte ihnen mit Bescheid vom 08.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 24.09.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 29.11.2015 und 11.11.2016 bewilligt hat. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, die Kläger dadurch nicht in ihren Rechten verletzt.

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid vom 09.07.2015 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 24.09.2015 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 29.11.2015 und 11.11.2016. Die Änderungsbescheide wurden Gegenstand des Klage- bzw. des Berufungsverfahrens (§ 96 SGG). Die Kläger begehren ausschließlich höhere Kosten der Unterkunft und Heizung für die Monate November 2015 bis Januar 2016; sie haben den Streitgegenstand in zulässiger Weise begrenzt (vgl. Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 32ff).

Die Kläger, die dem Grunde nach Leistungsberechtigte sind (§ 7 i.V.m. § 19 Satz 1 SGB II), haben keinen höheren Anspruch auf Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II in der Fassung vom 13.05.2011. Danach werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

Die Kosten für die Wohnung der Kläger sind nicht angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II.

Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze wird nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in einem ersten Schritt die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt sowie in einem zweiten Schritt festgelegt, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab (Vergleichsraum) für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. In einem dritten Schritt ist zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine Wohnung einfachen Standards aufzuwenden ist (Referenzmiete), indem eine Datenerhebung und Datenauswertung durch den kommunalen Träger bzw. das Jobcenter erfolgt. Ziel der Ermittlungen des Jobcenters (§ 20 SGB X) muss sein, einen Quadratmeterpreis für Wohnungen einfachen Standards zu ermitteln, um diesen nach Maßgabe der Produkttheorie mit der dem Hilfeempfänger zugestandenen Quadratmeterzahl zu multiplizieren und so die angemessene Miete feststellen zu können (sog. abstrakte Angemessenheitsprüfung). In einem vierten und letzten Schritt ist zu prüfen, ob für den Leistungsberechtigten eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung verfügbar und zugänglich ist (sog. konkrete Angemessenheitsprüfung).

Der Beklagte ist im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflichten gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und eine gegebenenfalls unterbliebene Datenerhebung oder - aufbereitung nachzuholen (vgl. BSG, Urteile vom 12.12.2013, Az. B 4 AS 87/12 R, Rn. 20ff, und vom 16.06.2015, Az. B 4 AS 44/14 R, Rn. 19). Hilfsweise kann auf die Miethöchstgrenzen aus der Tabelle zu § 12 WoGG (§ 8 WoGG aF) als Maßstab der Angemessenheit der Unterkunftskosten abgestellt werden, wenn ein konkret-individueller Maßstab nicht gebildet werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 18/06 R, Rn. 23).

Nach dem Mietvertrag bzw. der Mietbescheinigung des Vermieters beträgt die Wohnfläche der streitbefangenen Wohnung 130 qm. Diese Größe ist für einen Vierpersonenhaushalt nicht angemessen. Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich nach den Werten, die die Länder aufgrund § 10 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) festgelegt haben (vgl. Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 22 Rn. 84). Die abstrakt angemessene Größe für einen Vierpersonenhaushalt beträgt in Bayern bis zu 90 qm (vgl. § 10 WoFG in Verbindung mit Nr. 5.8 Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über die Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts vom 12.09.2007, AllMBl. S. 514). Die Wohnung der Kläger überschreitet diese Größe um 40 qm.

Der Beklagte hat die Mietobergrenze (MOG) für den von ihm festgelegten Vergleichsraum, seinen gesamten Zuständigkeitsbereich, nicht auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts ermittelt. Der Ermittlung der angemessenen Miete muss ein Konzept zugrunde liegen, das schlüssig und hinreichend nachvollziehbar ist. Mindestvoraussetzung für die Schlüssigkeit, d.h. Nachvollziehbarkeit und Folgerichtigkeit des Konzepts ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG seit dem Urteil vom 22.09.2009 (Az. B 4 AS 18/09 R, Rn. 19), dass die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
- die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine "Ghettobildung"),
- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (z.B. welche Art von Wohnungen, ggf. Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- oder Nettokaltmiete, Differenzierung nach Wohnungsgröße),
- Angaben über den Beobachtungszeitraum,
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel),
- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
- Validität der Datenerhebung,
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Die Ermittlung der abstrakt angemessenen KdU ist vorliegend nicht deshalb entbehrlich, weil das Sozialgericht ausgeführt hat, dass zwischen den Beteiligten unbestritten sei, dass der Beklagte im streitigen Zeitraum kein schlüssiges Konzept gehabt habe und der Beklagte ein (nicht angenommenes) Anerkenntnis für den Monat Januar 2016 dahingehend abgegeben hat, dass Unterkunftskosten in Höhe der um einen Sicherheitszuschlag erhöhten Höchstbeträge nach dem WoGG gezahlt werden würden. Es kann nämlich nach der Rechtsprechung des BSG nicht dahingestellt bleiben, ob ein Ausfall von lokalen Erkenntnismöglichkeiten zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten nach einem schlüssigen Konzept vorliegt (BSG, Urteil vom 10.09.2013, B 4 AS 4/13 R). Erst wenn Feststellungen zu den abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II nicht mehr möglich sind, darf ein Rückgriff auf die Werte der Wohngeldtabelle erfolgen. Wegen der dann nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung ist zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete zuzüglich der kalten Betriebskosten bei § 8 WoGG auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" von 10 v.H. einzubeziehen (BSG, Urteil vom 17.12.2009, B 4 AS 27/09 R; im Anschluss an Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 18/06 R; Urteil vom 22.03.2012, B 4 AS 16/11 R). Dieses Vorgehen mit dem Ausschluss eines unmittelbaren Rückgriffs auf die Werte der Wohngeldtabelle berücksichtigt die in § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II festgelegte Verpflichtung des Grundsicherungsträgers, die tatsächlich angemessenen Kosten zu übernehmen und dient der Sicherstellung des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf bedarfsdeckende Leistungen im Bereich des Wohnens.

Bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum liegt kein schlüssiges Konzept vor. Es fehlt bereits an einer validen und repräsentativen Datengrundlage. Der Beklagte fasste zunächst Angebote des Wohnungsmarktes aus Internet und Presse sowie Mietverträge der Kunden der Sozialhilfeverwaltung und des Beklagten in einer Datenbank zusammen. Daraus versuchte er für die Vergleichsräume eine Durchschnittsmiete zu bilden. Dies entspricht nicht der Rechtsprechung des BSG, weil die nur punktuell erhobenen Daten nicht ausreichend repräsentativ sind und kaum geeignet, den Wohnungsmarkt abzubilden. Zudem wurden scheinbar Neuvermietungen und Bestandsmieten gemischt. Auch bleibt völlig unklar, nach welchen Kriterien Vergleichsräume gebildet wurden. Die Bildung einer Durchschnittsmiete je Vergleichsraum ungeachtet der Wohnungsgröße begegnet ebenfalls Bedenken.

Der Beklagte hat erklärt, es sei ihm nicht möglich, weiteres Datenmaterial für den streitigen Zeitraum zu beschaffen, um das Konzept nachzubessern bzw. dieses schlüssig zu machen. Zwar ist der Grundsicherungsträger, wenn er ohne eine hinreichende Datengrundlage entscheidet, im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S. 1 2. HS SGG gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf. eine unterbliebene Datenerhebung und - aufbereitung nachzuholen. Es kann von ihm erwartet werden, dass er die bei ihm vorhandenen Daten sowie die personellen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur Verfügung stellt (BSG, Urteil vom 02.07.2009, B 14 AS 33/08 R, Rn. 22). In gleicher Weise muss im Rahmen der Darlegung eines Erkenntnisausfalls von dem vorrangig zuständigen Jobcenter im Einzelnen begründet werden, dass und warum ein schlüssiges Konzept nicht mehr entwickelt werden kann (BSG, Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 61/12 R, Rn. 22 ff). Es gibt über die vom Beklagten nicht ausreichend gesammelten Daten hinaus keine repräsentativen Erkenntnismöglichkeiten wie Mietspiegel oder ähnliche Aufzeichnungen, die die erforderlichen Differenzierungen enthalten würden. Im Nachhinein ist es auch nicht mehr möglich, ausreichende Daten für das Jahr 2015/16 zu erhalten.

Der Senat greift zur Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft auf § 12 WoGG zurück, weil ihm weitere Ermittlungen - insbesondere zur Datengrundlage - zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nicht möglich sind. Für die Wohnortgemeinde der Kläger A-Stadt (Landkreis Landshut - Mietstufe 1) ergibt sich bis 31.12.2015 ein Höchstbetrag für einen Vierpersonenhaushalt nach § 12 WoGG (idF v 24.09.2008 und 09.12.2010) iVm Anlage 1 zu § 1 Abs. 3 WoGV idF v 15.12.2008 von 490 EUR zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 % ein Betrag in Höhe von 539 EUR. Für die Zeit ab 01.01.2016 ergibt sich ein Höchstbetrag nach § 12 WoGG (idF v 02.10.2015 mWv 01.01.2016) iVm Anlage 1 zu § 1 Abs. 3 (BGBl. I 2015, 1619 - 1662, gültig ab 01.01.2016) in Höhe von 525 EUR zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 % ein Betrag in Höhe von 577,50 EUR. Dieser Betrag beinhaltet auch die kalten Betriebskosten, die im Fall der Kläger 120 EUR monatlich betrugen (vgl. hierzu § 9 Abs. 1 WoGG). Hinzu kommen die Heizkosten in Höhe von 100 EUR monatlich. Daraus ergibt sich ein Gesamtanspruch an monatlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 639 EUR für November und Dezember 2015 und in Höhe von 677,50 EUR für Januar 2016. Die Wohnung der Kläger ist nicht angemessen, da sie mit einer Bruttokaltmiete von 840 EUR die angemessene Miete um knapp 300 EUR übersteigt.

Ausgehend davon hat der Beklagte den Klägern die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung bewilligt und gewährt.

Die sog. konkrete Angemessenheitsprüfung führt nicht zur Anerkennung des tatsächlichen Unterkunftsbedarfs. Soweit Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 S. 3 SGB II).

Es kann dahinstehen, ob die Anwendung des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II aufgrund des Umzugs der Kläger ohne vorherige Zusicherung während des Leistungsbezugs oder aufgrund einer Bösgläubigkeit bei Einzug im Hinblick auf die unangemessenen Unterkunftskosten ausgeschlossen ist und die Kläger jedenfalls nur die angemessenen Unterkunftskosten als Bedarf beanspruchen könnten, denn selbst bei Anwendung der für die Kläger günstigeren Vorschrift des § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II haben sie keinen Anspruch auf Übernahme höherer tatsächlicher Unterkunftskosten für die streitgegenständliche Zeit.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen, unangemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II.

Die Kostensenkungsaufforderung vom 27.01.2015 ist nicht zu beanstanden und gilt - anders als die Prozessbevollmächtigte der Kläger vorträgt - auch für die Absenkung der Unterkunftskosten ab November 2015. Zwar wurde mit der Kostensenkungsaufforderung vom 27.01.2015 eine Übernahme der unangemessenen Unterkunftskosten bis 31.07.2015 angekündigt und so auch im ersten Bewilligungsabschnitt (Februar bis Juli 2015) umgesetzt. Auf den Fortzahlungsantrag hin, in dem die Klägerin zu 1) ausführlich ihre Wohnsituation darstellt und um eine weitere Übernahme der tatsächlichen Kosten baten, erkannte der Beklagte dann mit dem angefochtenen Bescheid für weitere drei Monate (August bis Oktober 2015) die tatsächlichen Kosten an, nicht jedoch darüber hinaus. In der Begründung des Bescheids führte er aus, dass die tatsächliche Miete um drei Monate länger anerkannt werde, ab November 2015 nur noch die angemessene Miete. Eine Abkehr von der Kostensenkungsaufforderung vom 27.01.2015 durch den Beklagten oder eine Änderung der Sachlage kann darin nicht erblickt werden. Auch nach dem Eindruck, den der Senat von den Klägern zu 1) und zu 2) in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, haben diese nach dem objektiven Empfängerhorizont dies so verstanden (vgl. Luik a.a.O., § 122 Rn. 140; Berlit in LPK-SGB II, 6. Aufl. 2017, § 22 Rn. 133).

Der Beklagte hat für insgesamt neun Monate die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung als Bedarf der Kläger anerkannt, während die Vorschrift von einem "Regelzeitraum" von sechs Monaten ausgeht.

Es liegen weder objektive noch subjektive Umstände vor, die zur Anerkennung eines höheren Unterkunftsbedarfs im streitigen Zeitraum führen. An die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit sind wegen des Regel-Ausnahme-Prinzips strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009, B 4 AS 30/08 R; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 144). Ein Umzug ist in der Regel zumutbar, es sei denn, es liegen gravierende Umstände in der Person des Leistungsberechtigten vor. Solche Umstände liegen hier nicht vor.

Die behaupteten Vermittlungshemmnisse aufgrund eines Schufa-Eintrags bzw. vorangegangener Insolvenzen sind nicht geeignet, zu einer subjektiven Unmöglichkeit der Kostensenkung zu führen. Ein Schufa-Eintrag oder eine (Verbraucher)Insolvenz sind keine Alleinstellungsmerkmale der Kläger zu 1) und 2), was sich aus den Zahlen des statistischen Bundesamtes zu Verbraucherinsolvenzen ablesen lässt (vgl. z.B. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/28930/umfrage/anzahl-der-privatinsolvenzen-je-100000-einwohner/). Gleiches gilt für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II und für das Vorhandensein von Kindern.

Der Senat hält die nachgewiesenen Kostensenkungsbemühungen der Kläger nicht für ausreichend. Die Kläger haben dem Beklagten eine Liste mit elf Bewerbungen in sieben Monaten vorgelegt. Dies entspricht durchschnittlich 1,57 Bewerbungen pro Monat. Im Bewilligungsabschnitt haben sich die Kläger auf nur drei Wohnungen, im streitigen Zeitraum auf keine Wohnung beworben. Schließlich entsprachen nur vier der elf Wohnungen den Angemessenheitskriterien des Beklagten in etwa. Weiter haben die Kläger behauptet, selbst im Internet eine Suchanzeige aufgegeben und sich für den Erhalt einer Sozialwohnung registriert zu haben. Sowohl die Häufigkeit der nachgewiesenen Bewerbungen auf freie Wohnungen als auch die Auswahl der oft nicht angemessenen Wohnungen bei der Wohnungssuche stellen keine ausreichenden Kostensenkungsbemühungen dar. Wegen der nahezu fehlenden Kostensenkungsbemühungen der Kläger ist der Beklagte auch nicht in der Darlegungspflicht, dass es tatsächlich angemessenen Wohnraum gab, so dass der Senat nicht zu entscheiden braucht, ob die vom Beklagten vorgelegte Liste mit einigen von Leistungsempfängern angemieteten Wohnungen, dem Nachweis konkreter Unterkunftsalternativen genügen würde.

Schließlich handelt es sich bei dem Vortrag, dass keine Wohnungen zu den Angemessenheitskriterien des Beklagten auf dem freien Wohnungsmarkt zur Verfügung stünden und dass aufgrund der Flüchtlingskrise eine Wohnungsnot bestanden habe, um Behauptungen "ins Blaue hinein".

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Revisionszulassungsgründe sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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