S 14 AS 833/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 14 AS 833/19
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von Weiterbildungsprämien i.H.v. 2.500 EUR

Der Kläger stand im Bezug von laufenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) beim Beklagten.

In der Zeit von Februar bis August 2017 absolvierte der Kläger erfolgreich eine Ausbildung zum Triebwagenführer Klasse B gemäß der Verordnung über die Erteilung der Fahrberechtigung Triebwagenfahrzeugführer sowie Anerkennung von Personen und Stellen für Ausbildung und Prüfung (TfV).

Dieser Erwerb der Fahrberechtigung für Zugfahrt im Personen– und Güterverkehr wurde durch den Beklagten als berufliche Weiterbildung auf Grundlage des § 16 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 81 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) gefördert (vgl. Bescheid vom 05.05.2017 – sog. "Bildungsgutschein").

Im Anschluss erhielt der Kläger eine Vollzeitbeschäftigung als Zugführer bei einem Eisenbahnverkehrsunternehmen.

Mit E-Mails vom 12. und 13.09.2017 beantragte der Kläger beim Beklagten u. a. eine Weiterbildungsprämie für eine Zwischen– und Abschlussprüfung. Er habe sich diesbezüglich bei der Bundesagentur für Arbeit telefonisch beraten und sich versichern lassen, dass die Prämie für das Berufsbild infrage komme. Zudem sei ihm erklärt worden, dass der erste Teil der Abschlussprüfung als Zwischenprüfung anzusehen sei.

Mit Bescheid vom 20.09.2017 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Der Kläger habe keinen Bildungsabschluss nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) erlangt. Die Anspruchsvoraussetzung eines Berufsabschlusses in einem Ausbildungsberuf sei daher nicht erfüllt.

Mit Urteil vom 14.03.2019 sprach die 21. Kammer des Sozialgerichts Aachen (Az. S 21 AS 19/18) einem anderen Teilnehmer des auch vom Kläger absolvierten Ausbildungslehrganges die Weiterbildungsprämien zu. Im Anschluss verzichtete der Beklagte auf Rechtsmittel, so dass die Urteilsabfassung ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe erfolgte. Ein Vertreter des Beklagten wurde in einer Tageszeitung mit den Worten zitiert, man akzeptiere das sozialgerichtliche Urteil und werde die Prämie in vergleichbaren Fällen zahlen.

Mit Schreiben vom 30.07.2019 (Eingang beim Beklagten am Folgetag) erklärte der Kläger, er habe dem Ablehnungsbescheid vom 20.09.2017 mit Schreiben vom 27.09.2017 widersprochen. Da zwischenzeitlich das Sozialgericht Aachen in einem gleich gelagerten Fall mit rechtskräftigem Urteil einen Anspruch auf die Weiterbildungsprämie erkannt habe, bitte er um weitere Bearbeitung des Antrages. Hilfsweise stelle er einen neuen Antrag.

Mit Bescheid vom 09.08.2019 lehnte der Beklagte den Hilfsantrag unter erneutem Verweis auf einen fehlenden Bildungsabschluss nach dem BBiG ab.

Hiergegen legte der Kläger mit E-Mail vom 14.08.2019 Widerspruch ein. Der Beklagte habe das erstinstanzliche Urteil der 21. Kammer des Sozialgerichts Aachen akzeptiert. Insofern sei auch er, der Kläger, berechtigt die Weiterbildungsprämien zu erhalten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.08.2019 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers in der Sache als unbegründet zurück. Voraussetzung für die Gewährung einer Weiterbildungsprämie sei, dass die Ausbildung zu einem Ausbildungsberuf führe, für den nach bundes– oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist. Zwar komme es nicht darauf an, dass die Weiterbildung tatsächlich zwei Jahre dauere, allerdings sei Voraussetzung für die Gewährung der Prämie, dass das Ausbildungsniveau erreicht werde. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Zwar dauere die Berufsausbildung zum Eisenbahner drei Jahre. Indes sei der Kläger nicht zum Eisenbahner ausgebildet worden, sondern zum Triebwagenführer, dessen Ausbildung nicht mindestens zwei Jahre betrage, sondern lediglich sieben Monate.

Hiergegen hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 26.09.2019 Klage erhoben.

Nach der Verordnung über die Berufsbildung zum Eisenbahner im Betriebsdienst/zur Eisenbahnerin im Betriebsdienst (EBBAusbV) sei der Ausbildungsberuf als Eisenbahner im Betriebsdienst staatlich anerkannt. Die Gegenstände dieser Ausbildung seien auch Gegenstände der vom Kläger absolvierten Ausbildung gewesen. Daher sei es unzutreffend, dass der Kläger keine mit einem Eisenbahner vergleichbare Qualifikation erworben habe. Dass die Ausbildungsdauer deutlich kürzer sei, sei völlig unerheblich, da die gesetzliche Regelung eindeutig an die erworbene Qualifikation anknüpfe. Dies sei der Grund gewesen, weshalb die 21. Kammer des Sozialgerichts Aachen einem vergleichbaren Fall die Anspruchsvoraussetzungen erkannt habe. Triebfahrzeugführer mit der Fahrberechtigung Klasse B seien Quereinsteiger im Beruf des Eisenbahners im Betriebsdienst und erhielten auf Grundlage des entsprechenden Tarifvertrages dieselbe Vergütung. Der Gesetzeswortlaut lasse zudem nicht darauf schließen, dass es sich bei dem erlangten Ausbildungsberuf um einen staatlich anerkannten handeln müsse.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 09.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2019 zu verurteilen, dem Kläger Weiterbildungsprämien in Höhe von insgesamt 2.500 EUR zahlen.

Die Vertreterin des Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Begründung des Widerspruchsbescheides. Zudem verweist sie auf eine vorgelegte Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein – Westfalen vom 15.07.2019, in der mitgeteilt wird, die vom Kläger absolvierte Weiterbildung erfülle nicht die Voraussetzungen für die Gewährung einer Weiterbildungsprämie.

Die Kammer hat die Akte der 21. Kammer des Sozialgerichts Aachen zum Verfahren S 21 AS 19/18 sowie die Verwaltungsakte des Beklagten beigezogen.

Auf diese Akten sowie die Gerichtsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach– und Streitverhältnisses Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist zulässig.

1. Sie ist als kombinierte Anfechtungs – und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Bei dem Bescheid vom 09.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2019 handelt es sich zweifelsfrei um einen Zweitbescheid und nicht eine lediglich wiederholende Verfügung zum Bescheid vom 20.09.2017 (zur Abgrenzung: Engelmann, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 31, Rn. 31f.). Der Bescheid vom 09.08.2019 nimmt keinen Bezug auf den Ablehnungsbescheid vom 20.09.2017. Zudem enthielt er eine Rechtsbehelfsbelehrung über einen Widerspruch. Aus maßgeblicher Sicht des Empfängerhorizontes (§§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog) wollte der Beklagte daher auf den (hilfsweise) gestellten Antrag des Klägers vom 31.07.2019 eine neue, ablehnende Regelung treffen. Insofern stellte der Bescheid vom 09.08.2019 einen Verwaltungsakt (§ 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X)) dar, gegen den sich im Wege der Anfechtungsklage zu wenden ist.

2. Zwar entsprach der per E-Mail eingelegte Widerspruch des Klägers vom 14.08.2019 nicht dem Erfordernis der Schriftform nach § 84 Abs. 1 S. 1, Hbs. 2, Alt. 1 SGG (vgl. Schmidt, in: Von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 84, Rn. 3 m.w.N.). Dies steht einer gerichtlichen Sachentscheidung jedoch nicht entgegen, weil der Beklagte den Widerspruch nicht als unzulässig verworfen, sondern als unbegründet zurückgewiesen hat. Hierdurch ist der Formmangel als geheilt zu betrachten (vgl. ausführlich: BSG, Urteil vom 12. Oktober 1979 – 12 RK 19/78 –, BSGE 49, 85-92, SozR 2200 § 1422 Nr 1, SozR 1500 § 84 Nr 3, Rn. 17ff.; Breitkreuz in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 84, Rn. 16; Schmidt, a.a.O., Rn. 7 m.w.N.; Gall in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 84 SGG, Rn. 35 m.w.N.).

II. Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 09.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.08.2019 nicht beschwert; § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die angefochtene Verwaltungsentscheidung ist rechtmäßig. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von Weiterbildungsprämien.

1. Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 Alt. 2 SGB II i.V.m. § 131a Abs. 3 SGB III sind nicht erfüllt.

Nach § 16 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 Alt. 2 SGB II kann der zuständige SGB II – Träger Leistungen nach § 131a SGB III erbringen. Nach dessen Abs. 3 erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die an einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung teilnehmen, die zu einem Abschluss in einem Ausbildungsberuf führt, für den nach bundes– oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist, folgende Prämien, wenn die Maßnahme vor Ablauf des 31.12.2020 beginnt: 1. nach Bestehen einer in diesen Vorschriften geregelten Zwischenprüfung eine Prämie von 1.000 EUR und 2. nach Bestehen der Abschlussprüfung eine Prämie von 1.500 EUR.

a) Der vom Beklagten nach§ 16 Abs. 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 81 SGB III geförderte Ausbildungsabschluss des Klägers zum Triebwagenführer Klasse B gemäß der Verordnung über die Erteilung der Fahrberechtigung Triebwagenfahrzeugführer sowie Anerkennung von Personen und Stellen für Ausbildung und Prüfung (TfV) stellt keinen Abschluss in einem Ausbildungsberuf i. S. d. § 131a Abs. 3 SGB III dar. Dies folgt aus Wortlaut (aa), Systematik/Historie (bb, dd) und Telos (cc).

aa) Während der Wortlaut der Vorschrift keine tatsächliche Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren erfordert, vielmehr eine berufliche Weiterbildung gem. § 180 Abs. 4 S. 1 SGB III i.V.m. § 179 Abs. 2 Nr. 3 SGB III gerade erfordert, dass die Ausbildungszeit gegenüber der regulären Ausbildung um mindestens ein Drittel verkürzt ist (Ausnahme § 131b SGB III) (Böttinger, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III, 3. Auflage 2019, § 131a, Rn. 12; vgl. auch SG Karlsruhe, Urteil vom 11. Dezember 2018 – S 4 AL 1712/18 –, Rn. 28 ff., juris), wird indes deutlich, dass der Abschluss in einem "Ausbildungsberuf" erworben werden muss. Die Verknüpfung des Begriffes mit dem Erfordernis einer Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren nach bundes– oder landesrechtlichen Vorschriften legt nahe, dass die Ausbildung gerade als Berufsausbildung gesetzlich geregelt, m. a. W. als solche staatlich anerkannt sein muss.

bb) Weiter erschließt sich der Begriff des Ausbildungsberufes in diesem Sinne im gesetzlichen Kontext. Der mit dem Gesetz zur Stärkung der beruflichen Weiterbildung und des Versicherungsschutzes in der Arbeitslosenversicherung (AWStG) zum 01.08.2016 eingeführte § 131a ist eine Sonderregelung zur im Vierten Abschnitt des Zweiten Kapitels des SGB III geregelten beruflichen Weiterbildung. § 131a Abs. 3 SGB III knüpft dabei konkret an eine nach § 81 SGB III geförderte berufliche Weiterbildung an. § 81 SGB III erhielt gemeinsam mit der Einführung des § 131a SGB III seinen Absatz 3a, in dessen Nr. 2 der Begriff des Ausbildungsberufes ebenso Verwendung findet wie in § 131a Abs. 3 SGB III. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können zum Erwerb von Grundkompetenzen durch Übernahme der Weiterbildungskosten danach (u.a.) gefördert werden, wenn sie nicht über ausreichende Grundkompetenzen verfügen, um erfolgreich an einer beruflichen Weiterbildung teilzunehmen, die zu einem Abschluss in einem Ausbildungsberuf führt, für den nach bundes– oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist. Mit der Regelung sollen nach der Gesetzesbegründung die Möglichkeiten der beruflichen Weiterbildungsförderung erweitert werden, Arbeitnehmer erfolgreich zu einem "anerkannten Berufsabschluss" zu führen (vgl. BT-Drs. 18/8042, S. 2, 24f.; Reichel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, § 81 SGB III, Rn. 8). Der in der Gesetzesbegründung verwendete Begriff des (anerkannten) Berufsabschlusses ist § 81 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 entliehen, die die Notwendigkeit der beruflichen Weiterbildung aufgrund fehlenden Berufsabschlusses normieren.

Was ein "beruflicher Abschluss" ist, hatte die Bundesagentur für Arbeit (seinerzeit Bundesanstalt für Arbeit) (BA) unter Konkretisierung des § 44 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 in der Fassung vom 20.12.1985 (gültig bis Dezember 19987) des mit Ablauf des Jahres 1997 außer Kraft getretenen Arbeitsförderungsgesetz (AFG) – nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes zutreffend bzw. dem Normbegriff entsprechend (BSG, Urteil vom 01. September 1994 – 7 RAr 98/93 –, SozR 3-4460 § 10 Nr 1, SozR 3-4100 § 42 Nr 3, SozR 3-4460 § 7 Nr 3, Rn. 20 m.w.N.) - in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Anordnung Fortbildung und Umschulung vom 23.03.1976 i. d. F. der 18. ÄndAO vom 01.01.1990 (ANBA 1990, S. 374) definiert. Danach erhielt Unterhaltsgeld ein Teilnehmer, der noch keinen beruflichen Abschluss erworben hatte, der mindestens der Facharbeiter-, Gesellen- oder Gehilfenebene entsprach. Ob die jeweils in Rede stehende Qualifizierung den Vergleichsberufen mindestens gleichwertig war, musste nach der Rechtsprechung des BSG mit einer Gesamtbewertung nach formalen Merkmalen, insbesondere der Ausbildungszeit und der Berufschancen entschieden werden (BSG, a.a.O. m.w.N.). Sowohl bei den Arbeitern als auch bei den Angestellten werde im Hinblick auf die mittlerweile übliche Ausbildungsdauer für die Annahme eines Leitberufes oberhalb der Anlerntätigkeiten - abgesehen von einer staatlichen Anerkennung - in ständiger Rechtsprechung (seit 1983) eine mehr als zweijährige Regelausbildungszeit vorausgesetzt.

In § 4 Abs. 2 Anordnung Fortbildung und Umschulung vom 29.04.1993 i. d. F. der 1. ÄndAO vom 16.03.1994 (ANBA 1994, S. 295) hatte die BA die Voraussetzungen – in Anknüpfung an diese Rspr. des BSG - dahin konkretisiert, dass eine abgeschlossene Berufsausbildung dann vorliege, wenn ein Berufsabschluss in einem nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften (z. B. BBiG, Handwerksordnung (HwO), Ausbildungsordnungen – vgl. § 4 Abs. 1 BBiG) anerkannten Beruf erworben wurde, für den eine Ausbildungszeit von mindestens 2 Jahren festgesetzt ist. Dieses durch die Rechtsprechung des BSG geprägte Begriffsverständnis der BA hat der Gesetzgeber bei Ablösung des AFG durch das SGB III und dessen § 77 Abs. 2 Nr. 1, der Vorgängervorschrift des heutigen § 81 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 SGB III (vgl. Reichel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Auflage 2019, § 81 SGB III, Rn. 1), übernommen (vgl. Hegelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand 11/2019, § 81, Rn. 129). Dies zeigt die mit § 77 Abs. 2 Nr. 1 SGB III a. F. erfolgte Verknüpfung des Begriffes des Berufsabschlusses mit dem Erfordernis einer Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren nach bundes– oder landesrechtlichen Vorschriften mit der keine Änderung der Kriterien des Begriffes des Berufsabschlusses verbunden werden sollte. Vielmehr nahm der Gesetzgeber bei Einführung des § 77 Abs. 2 (Nr. 2, die den Begriff des Berufsabschlusses ebenfalls enthielt) SGB III auf die Praxis der BA Bezug (vgl. BT-Drs 13/4941, S. 168; allein unter zeitlichen Gesichtspunkten begrenzend hingegen: Brand/Hassel, 8. Aufl. 2018, SGB III § 81 Rn. 17; Hüttig/Rieke, in: Ehmann/Karmanski/Kuhn-Zuber, Gesamtkommentar SRB, SGB III § 81 Rn. 11). In Betracht kommen hiernach neben anerkannten Berufsabschlüssen im Sinne des BBiG und der HwO die Ausbildungen an berufsbildenden Schulen (vgl. § 3 Abs. 1 BBiG), an Hochschulen (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG) oder im Rahmen eines öffentlich – rechtlichen Dienstverhältnisses (vgl. § 3 Abs. 2 Nr. 2 BBiG) (Hengelhaupt, a.a.O.; Reichel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, § 81 SGB III, Rn. 63; Baar, in: Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III § 81 Rn. 42; Grühn, in: Gagel/Grühn, 75. EL September 2019, SGB III § 81 Rn. 58; entsprechend auch weiterhin die Fachlichen Weisungen der BA "Förderung der beruflichen Weiterbildung Arbeitslose und Beschäftigte" vom 01.01.2020 zu § 81 SGB III, S. 8).

cc) Auch mit dem Begriff des Ausbildungsberufes in § 131a Abs. 3a SGB III sind insofern - in deren Regelungsbereich - anerkannte Berufsausbildungen i. S. d. BBiG und der HwO bzw. der Ausbildungsordnungen adressiert (vgl. Böttinger, in: Böttiger/Körtek/Schaumberg, SGB III § 131a Rn. 12; Räder in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, § 131a SGB III, Rn. 21). Der Gesetzgeber hatte ausweislich der weiteren Begründung des AWStG entsprechend bei der Einführung des § 131a Abs. 3 SGB III ausdrücklich Umschülerinnen und Umschüler nach dem BBiG bzw. der HwO vor Augen. Er beabsichtigte die Förderung der Motivation von erwachsenen Teilnehmern für die Aufnahme, das Durchhalten und den erfolgreichen Abschluss einer mehrjährigen, abschlussbezogenen Weiterbildung (BT-Drs. 18/8042, S. 27). Eine entsprechend mindestens zweijährige Dauer ist grds. prägend für anerkannte Ausbildungsberufe i. S. d. BBiG (vgl. § 4 Abs. 1, 2, § 5 Nr. 1, 2, § 8 Abs. 1 BBiG) (vgl. hierzu Schlachter, in: ErfK/Schlachter, 20. Aufl. 2020, BBiG § 5, Rn. 1).

dd) Soweit der Gesetzgeber des AWStG, wie die bereits zitierte Gesetzesbegründung zu § 81 Abs. 3a SGB III bzw. die systematische (anspruchserweiternde) Anknüpfung des Abs. 3a an Abs. 2 des § 81 SGB III zeigen, die Begriffe des – anerkannten (BT-Drs. 18/8042) - Berufsabschlusses und des Ausbildungsberufes (mit dem Erfordernis einer nach bundes– oder landesrechtlichen Vorschriften mindestens zweijährigen Dauer) ohne die Absicht einer inhaltlichen Differenzierung, also synonym verwendet, lässt sich hernach erkennen, dass der Begriff des Ausbildungsberufes nicht nur der Terminologie des BBiG entspricht, sondern (soweit dessen Anwendungsbereich reicht; vgl. hierzu § 3 BBiG bzw. Ausnahmevorschriften, vgl. etwa § 22 Krankenpflegegesetz, § 28 Altenpflegegesetz, § 29 Notfallsanitätergesetz) an eine Anerkennung als Ausbildungsberuf i. S. d. BBiG knüpft. Die Ausbildung muss folglich als Berufsausbildung (vgl. § 1 Abs. 3 BBiG) durch gesetzliche Regelung staatliche Anerkennung erfahren (vgl. § 4 Abs.1, 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1 BBiG).

b) Eine den dargelegten Anforderungen entsprechende Ausbildung ist etwa jene zum "Eisenbahner im Betriebsdienst", die nach § 1 Abs. 1 EBBAusbV als Berufsausbildung staatlich anerkannt ist. Sie kann in den Fachrichtungen Fahrweg und Lokführer und Transport erfolgen (§ 1 Abs. 2 EBBAusbV). Die Ausbildungsdauer ist auf 3 Jahre festgelegt (§ 2 EBBAusbV). Entsprechend ist der "Eisenbahner im Betriebsdienst" im Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe nach § 90 Abs. 3 Nr. 3 BBiG aufgeführt.

aa) Der Kläger hat indes keine Ausbildung nach der EBBAusbV zum Eisenbahner im Betriebsdienst bzw. eine Umschulung hierzu i.S.d. § 60 BBiG abgeschlossen, sondern eine Ausbildung zum Triebfahrzeugführer nach der TfV (vgl. § 6 TfV), die keine (anerkannte) Berufsausbildung im dargelegten Sinne darstellt (vgl. § 1 TfV), sondern allein mit dem Erwerb einer beruflich qualifizierenden (vgl. § 13 TfV) Fahrberechtigung abschließt (§ 3 TfV) die zur Erteilung eines Triebfahrzeugführerscheins führt (§ 8 TfV). Es handelt sich in der Sache um eine Funktionsausbildung zum Lokführer. Entsprechend findet sich ein Ausbildungsberuf "Triebfahrzeugführer" nicht im Verzeichnis der anerkannten Ausbildungsberufe nach § 90 Abs. 3 Nr. 3 BBiG, gleichwohl kein Fall des § 3 Abs. 1-3 BBiG vorliegt (vgl. SG Itzehoe, Urteil vom 07. November 2000 – S 1 AL 224/98 –, Rn. 22, juris).

bb) Eine Ausbildungsdauer bestimmt die TfV nicht, legt also nicht die nach dem unmissverständlichen Wortlaut des § 131a SGB III geforderte reguläre Mindestdauer von 2 Jahren fest. Auf die tatsächliche Ausbildungsdauer kommt es zwar ohnehin nicht an, die Ausbildung zum Triebfahrzeugführer wird indes – soweit die Fahrberechtigung der Klasse B nach § 3 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 TfV erworben wird, die über Rangierfahrten hinaus zu Zugfahrten im Personen und im Güterverkehr berechtigt – auch faktisch in sieben bis neun Monaten durchlaufen, wie dies auch beim Kläger der Fall war.

cc) Soweit der Kläger darauf verweist, dass er dieselbe Funktion wie ein Eisenbahner im Betriebsdienst ausführe, aufgrund tarifvertraglicher Vorschriften dieselbe Vergütung erhalte und für den Erwerb seiner Fahrberechtigung sogar dieselben Ausbildungsinhalte habe lernen müssen wie ein Eisenbahner im Betriebsdienst im Rahmen dessen Berufsausbildung, sind dies keine rechtserheblichen Gesichtspunkte (vgl. BSG, Urteil vom 01. September 1994 – 7 RAr 98/93 –, SozR 3-4460 § 10 Nr 1, SozR 3-4100 § 42 Nr 3, SozR 3-4460 § 7 Nr 3, Rn. 23; Hegelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB III, Stand 11/2019, § 81, Rn. 133; Reichel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, § 81 SGB III, Rn. 63). Die Behauptung der Inhaltsgleichheit erweist sich dessen ungeachtet schon mit Blick auf die Regelung nach § 4 Abs. 1, § 5 i.V. mit Anlage zu § 5 EBBAusbV einerseits und § 6 i.V.m Anlage 5-7 TfV andererseits als falsch.

2. Entgegen der Ansicht des Klägers kann er für sich auch weder aus dem Urteil der 21. Kammer vom 14.03.2019, mit dem das Sozialgericht einem anderen Teilnehmer des Ausbildungskurses zum Triebwagenführer einen Anspruch auf die begehrten Weiterbildungsprämien zugesprochen hat, etwas ableiten noch aus dem Umstand, dass der Beklagte dieses Urteil akzeptiert hat. Rechtskräftige Urteile binden nach § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG nur im Verhältnis der Beteiligten des entsprechenden Verfahrens. Auch aus der möglichen Ankündigung eines Vertreters des Beklagten auf Anfrage einer regionalen Tageszeitung, man werde in vergleichbaren Fällen die Prämien zahlen, lässt sich kein Anspruch des Klägers herleiten. Insbesondere ist die Annahme des für eine Allgemeinverfügung (§ 31 S. 2 Alt. 1 SGB X) erforderlichen Rechtsbindungswillens (vgl. Littmann in: Hauck/Noftz, SGB, 12/11, § 31 SGB X, Rn. 46, 65) abwegig, vielmehr liegt nach verständiger Würdigung eine bloße Absichtserklärung für künftige Entscheidungen vor. Auch eine Selbstbindung des Beklagten scheidet aus. Schon eine ständige Praxis im Sinne der möglichen Ankündigung gegenüber der Tagezeitung ist nicht ersichtlich. Ferner ist Voraussetzung einer Selbstbindung, dass die der Praxis zugrunde liegenden Erwägungen einer vom Gesetz eingeräumten Ermächtigung entsprechen. Eine Selbstbindung an eine rechtswidrige Verwaltungspraxis scheidet aus (keine Gleichheit im Unrecht) (vgl. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 40, Rn. 105ff. m.w.N.).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved