S 44 KR 775/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
44
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 44 KR 775/14
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 147/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
Die Heranziehung von nicht regelmäßig wiederkehrenden Kapitalleistungen aus Direktversicherungen zur Beitragsbemessung entspricht dem die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung bestimmenden Solidaritätsprinzip, soweit die Leistungen auf Prämien beruhen, die auf den Versicherungsvertrag für Zeiträume eingezahlt wurden, in denen der Arbeitgeber Versicherungsnehmer war (Anschluss an BSG, Urteil vom 30.03.2011 - B 12 KR 16/10 R; Juris).
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 28.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2014 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Beitragspflicht einer einmaligen Kapitalleistung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (sPV).

Der 1948 geborene Kläger ist bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) seit dem 01.01.2011 pflichtversichert.

Im November 2011 informierte der ehemalige Arbeitgeber des Klägers, die B., die Beklagte über die Auszahlung eines einmaligen kapitalisierten Versorgungsbezuges zum 01.10.2011 in Höhe von 24.825,01 Euro. Mit Bescheid vom 26.04.2012 setzte die Beklagte - auch für die Pflegekasse - den monatlichen Beitrag des Klägers hieraus zur Krankenversicherung in Höhe von 39,42 Euro (bis 28.02.102 einschließlich Zusatzbeitrag; ab 01.03.2012 in Höhe von 32,06 Euro ohne Zusatzbeitrag) und zur sozialen Pflegeversicherung in Höhe von 4,03 Euro ab dem 01.11.2014 fest. Dabei berücksichtigte sie die ausgezahlte Kapitalleistung mit monatlich 1/120, d.h. mit 206,87 Euro. Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch vom 21.05.2012 wandte der Kläger ein, bei dem in Rede stehenden Versicherungsvertrag handele es sich weder um eine Kapitalabfindung noch um Versorgungsbezüge, eine Lebensversicherung oder eine Direktversicherung. Vielmehr erfolge die Kapitalanlage dieses Sparmodells in Geldmarkt-Renten und Aktienfonds mit einer festen Laufzeit und eigenem Depot. Über 30 Jahre lang und damit auch während des gesamten Ansparzeitraumes der Anlage von 2001 bis 2005 habe sein in der freiwilligen Krankenversicherung von der Beklagten bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigendes Gehalt oberhalb der Bemessungsgrenze gelegen. Anders als Beitragspflichtige mit einem Gehalt unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze habe er daher keinen Vorteil durch Einsparung von Sozialversicherungsbeiträgen gehabt. Durch die Erhebung von Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträgen auf die Kapitalauszahlung seien daher seine grundgesetzlich garantierten Rechte aus Art. 3 Abs. 1 und Art 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzt. Zudem liege ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 1 - 3 GG vor. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass die Erstattung der Entgeltbestandteile inclusive der Zinserträge über 24.825,01 Euro nicht als Einmalzahlung, sondern als Ratenzahlung erfolgt sei. Auf die Nachfrage der Beklagten teilte der ehemalige Arbeitgeber des Klägers mit Schreiben vom 11.07.2012 mit, der Kläger habe - wie bereits gemeldet - sein "Persönliches Vorsorgekapital" in Höhe von insgesamt 24.825,01 Euro in drei Raten zu jeweils 6.206,25 Euro in 10/2011, 01/2012, 01/2013 und einer Rate zu 6.206,26 Euro in 01/2014 ausbezahlt erhalten. Nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung "Persönliches Vorsorgekapital" erhielten die Mitarbeiter der B. AG die Möglichkeit, auf künftig entstehende Entgeltbestandteile ganz oder zum Teil zu Gunsten einer Versorgungszusage zu verzichten. Es handele sich um eine Entgeltumwandlung gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG, welche besage, dass es sich um eine Zusage des Arbeitgebers auf betriebliche Altersversorgung handele. Bei den während des Beschäftigungsverhältnisses erfolgten Entgeltumwandlungen handele es sich nicht um eine private Finanzierung einer zusätzlichen Altersversorgung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2013 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen zähle bei versicherungspflichtigen Rentnern neben der gesetzlichen Rente auch der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge. Als Versorgungsbezüge gälten nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung, die unmittelbar oder mittelbar aus Anlass eines früheren Arbeitsverhältnisses zuflössen. Einmalig gezahlte Versorgungsbezüge unterlägen für zehn Jahre der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung. Als monatlicher Zahlbetrag gälte 1/120 der Leistung für längstens 120 Monate (§ 229 Abs. 1 SGB V). Die dem Kläger in vier Raten beginnend im Oktober 2011 ausgezahlte Kapitalleistung in Höhe von 24.825,01 Euro stelle eine einmalige Leistung der betrieblichen Altersvorsorge dar, weil ein Bezug zu dem früheren Arbeitsleben des Klägers gegeben sei. Allein dieser Bezug sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) für die Zuordnung von Leistungen zur betrieblichen Altersvorsorge entscheidend. Ein solcher Zusammenhang zwischen dem Versorgungsbezug und dem Berufsleben sei bei Leistungen aus einer Direktversicherung oder im Rahmen einer Pensionszusage (Direktzusage) generell und bei den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in Form von Unterstützungskassen, Pensionskassen und Pensionsversorgungen üblicherweise gegeben. Das BSG habe in mehreren Entscheidungen festgestellt, dass der Begriff der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Beitragsrechts umfassender sei als der nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAvG). Deshalb sei es für die Zuordnung der Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu den Versorgungsbezügen unerheblich, wer die Leistungen im Ergebnis finanziert habe. Die Kapitalleistung resultiere aus einer vom früheren Arbeitgeber des Klägers zu seinen Gunsten abgegebenen Versorgungszusage. Nicht relevant für die Beitragspflicht sei daher, dass der Kläger die Beiträge zu der Kapitalanlage über eine Entgeltumwandlung selbst finanziert habe. Die Beitragspflicht von Kapitalleistungen habe das Bundessozialgericht (BSG) und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in mehreren Entscheidungen (z.B. Urteile des BSG vom 13.09.2006, Az. B 12 KR 1/06 R und vom 25.04.2007, Az. B 12 KR 26/05 R und Beschluss des BVerfG vom 7.04.2008, Az. 1 BvR 1924/07) bestätigt. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht. Es läge weder ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz noch gegen den rechtsstaatlich gebotenen Vertrauensschutz vor. Auch die doppelte Verbeitragung sei mit den einfachgesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar. Das BSG habe in seinem Urteil vom 28.01.1999 (Az. B 12 KR 19/98 R) festgestellt, dass es im Sozialversicherungsrecht keinen Grundsatz gebe, nach welchem eine Einnahme nicht mehrfach mit Beiträgen belegt werden könne, da es sich letztlich um unterschiedliche Versicherungsverhältnisse handele. Schließlich könne der Umstand, dass die Kapitalleistung ab Oktober 2011 nicht als Einmalzahlung, sondern in vier Raten zur Auszahlung gelangt sei, keine Auswirkungen auf die Beitragspflicht der Summe des kapitalisierten Versorgungsbezuges ab dem 01.11.2011 haben. Dies habe das BSG bereits mit Urteil vom 17.03.2010 (Az. B 12 KR 5/09 R) entschieden.

Gegen den Bescheid vom 26.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2013 hat der Kläger keine Klage erhoben.

Im Januar 2014 teilte die C-Lebensversicherung a.G. der Beklagten mit, zum 30.01.2014 würden an den Kläger kapitalisierte Versorgungsleistungen in Höhe von 63.257,73 Euro ausgezahlt. Mit Bescheid vom 28.02.2014 setzte die Beklagte - auch für die Pflegekasse - den monatlichen Beitrag des Klägers hieraus zur Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung ab dem 01.02.2014 fest. Dabei berücksichtigte sie die ausgezahlte Kapitalleistung mit monatlich 1/120 für den Zeitraum vom 01.02.2014 bis 31.01.2024, d.h. mit 527,15 Euro monatlich. Bezugnehmend auf den Widerspruchsbescheid vom 12.03.2013 und die darin für den Zeitraum vom 01.11.2011 bis 31.10.2021 bereits festgesetzten Beiträge aus monatlich 206,87 Euro aus der Kapitalleistung der B. errechnete die Beklagte einen monatlichen Beitrag ab 01.02.2014 in Höhe von 113,77 Euro ( = 734,02 Euro x 15,50 %) zur Krankenversicherung und 15,05 Euro ( = 734,02 Euro x 2,05%) zur Pflegeversicherung.

Dagegen hat der Kläger mit Schreiben vom 08.03.2014 Widerspruch erhoben. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, mit dem Bescheid vom 28.02.2014 werde auf den "inhaltlich widersprüchlichen und damit gegenstandslosen Widerspruchsbescheid vom 12.03.2013" hingewiesen. Sein erster Widerspruch vom 21.05.2012 habe "bis zur rechtsgültigen Entscheidung unbefristet Bestand". Die auf die Auszahlung der B. geforderten Beiträge in Höhe von monatlich 36,30 Euro würden von ihm weiterhin unbefristet unter Vorbehalt nur dann bezahlt, wenn am Ersten jeden Monats eine schriftliche Beitragsrechnung vorliege. Die Leistung aus der Kapital-Lebensversicherung der C-Lebensversicherung aG unterliege nicht der Beitragspflicht. Abfindungen zählten nur bei freiwillig gesetzlich Krankenversicherten zum beitragspflichtigen Einkommen. Er selbst sei jedoch pflichtversichertes Mitglied der KVdR. Zudem sei die Kapital-Lebensversicherung am 01.01.1990 mit einer Versicherungssumme in Höhe von 32.932,82 Euro abgeschlossen worden. Die Beiträge in Höhe von monatlich 127,82 Euro seien von dem Kläger ausschließlich aus steuer- und versicherungspflichtigem Einkommen getragen worden und beliefen sich bis zum Ruhen der Versicherung zum 01.01.2011 auf insgesamt 30.676,80 Euro. Allein diese geleisteten Versicherungsbeiträge, nicht aber der Kapitalertrag dürfe nach geltendem Recht bei einem gesetzlich Versicherten für eine Beitragsberechnung der Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.06.2014 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten - unter gleichzeitiger Wahrnehmung der Aufgaben der Pflegekasse - den Widerspruch des Klägers zurück. Zu den beitragspflichtigen Einnahmen zählten gemäß § 237 SGB V bei versicherungspflichtigen Rentnern neben der gesetzlichen Rente auch Versorgungsbezüge. Zu den Versorgungsbezügen nach § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V zählten nach der Rechtsprechung des BSG (z.B. Urteil vom 11.12.1987, Az. 12 RK 3/86) nicht nur Leistungen, die zum Teil vom Arbeitgeber finanziert worden seien, sondern auch solche Bezüge, zu denen allein der Arbeitnehmer beigetragen habe. Das BSG führe dazu aus, dass nur Einnahmen unberücksichtigt blieben, die nicht unmittelbar auf eine frühere Erwerbstätigkeit zurückzuführen seien. Die Beitragspflicht von Kapitalleistungen habe das BSG und das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in mehreren Entscheidungen bestätigt. Eine Kapitalleistung aus einem Direktversicherungsvertrag habe das BSG dabei als Versorgungsbezug beitragspflichtig gesehen, soweit der Arbeitgeber Versicherungsnehmer der Direktversicherung gewesen sei. Ungeachtet der Finanzierung genüge ein formaler Bezug zum Arbeitsleben in der Weise, dass der Versicherungsvertrag vom damaligen Arbeitgeber des Klägers abgeschlossen worden sei. Mit Beschluss vom 07.04.2008 (Az. 1 BvR 1924/07) habe das BVerfG die gesetzlichen Regelungen und ihre Anwendung durch die Krankenkassen und die Rechtsprechung als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen. Schließlich könne der Umstand, dass der Versicherungsvertrag für den Kläger bereits vor Inkrafttreten des GMG abgeschlossen wurde, aufgrund der ab dem 01.01.2004 geltenden Rechtslage keine Auswirkungen auf die Beitragspflicht seines kapitalisierten Versorgungsbezuges haben. Eine unzulässige echte Rückwirkung sei darin nach Auffassung des 12. Senats des BSG ebenso wenig zu sehen wie ein Verstoß gegen den rechtstaatlich gebotenen Vertrauensschutz. Die dem Kläger ausgezahlte Kapitalleistung in Höhe von 63.257,73 Euro stelle nach diesen Maßgaben eine einmalige Leistung der betrieblichen Altersvorsorge dar. Als monatlicher Zahlbetrag gelte gemäß § 229 Abs. 1 SGB V 1/120 der Leistung, so dass die Kapitalleistung für die Zeit vom 01.02.2014 bis 31.01.2024 mit einem monatlichen Versorgungsbezug von 527,15 Euro zur Beitragsbemessung heranzuzuziehen sei.

Mit seiner am 03.07.2014 vor dem Sozialgericht München erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren aus dem Widerspruchsverfahren weiter. Zur Begründung trägt er unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus dem Widerspruchsverfahren sinngemäß im Wesentlichen ergänzend Folgendes vor: Bei der zu seinen Gunsten bei der C-Lebensversicherung aG geschlossenen Kapitallebensversicherung handele es sich nicht um eine betriebliche Altersversorgung im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 SGB V. Die Versicherungsbedingungen bei Abschluss der steuerbegünstigten Kapitallebensversicherung über die D-Wirtschaftsagentur GmbH auf das Leben des Klägers am 01.01.1990 hätten auch heute noch uneingeschränkte Gültigkeit. Erst 12 Jahre nach Vertragsschluss der Kapitallebensversicherung sei mit der Vorschrift des § 1a BetrAVG der rechtliche Anspruch auf Entgeltumwandlung entstanden. Aufgrund der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Bedingungen habe kein Grund bestanden, eine Entgeltumwandlung mit der privaten Altersvorsorge zu vergleichen. Weder die D-Wirtschaftsagentur GmbH noch die C- Lebensversicherung seien Versorgungseinrichtungen des früheren Arbeitgebers des Klägers. Aufgrund der Vertragsbedingungen habe vor Vollendung des 60. Lebensjahres keine Möglichkeit einer Aussetzung der Beitragszahlungen bestanden. Nach 13 Jahren Vertragslaufzeit einer Lebensversicherung mit dem GMG vom 14.11.2003 in bestehendes Vertragsrecht einzugreifen und Verträge außer Kraft zu setzen, verletze den grundgesetzlich garantierten Vertrauensschutz und die Rechte aus Art. 14 Abs. 1 GG.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid der Beklagten vom 28.02.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 24.07.2014,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf die Entscheidungsgründe des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2014.

Auf die Nachfrage des Gerichts vom 09.11.2015 legte die Beklagte mit Schreiben vom 14.12.2015 eine Bestätigung der C-Lebensversicherung vom 10.12.2015 vor, in welcher mitgeteilt wird, dass der ehemalige Arbeitgeber des Klägers während der kompletten Vertragslaufzeit Versicherungsnehmer der Versicherung war und die Versicherung mit Beginn der Altersteilzeit zum 01.01.2011 innerhalb des Rahmenvertrages des Arbeitgebers beitragsfrei geführt wurde.

Mit Schreiben vom 21.12.2015 hat das Gericht den Kläger auf die Rechtsprechung des BSG zu Direktversicherungen (Urteil vom 30.03.2011, Az. B 12 KR 17/10 R) hingewiesen.

Mit Schreiben vom 11.01.2016 führt der Kläger aus, der Eingriff in einen unkündbaren Versicherungsvertrag überschreite die Kompetenzen des BSG und des BVerfG.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 21.01.2016 wurden die Beteiligten zur beabsichtigten Entscheidung des Rechtsstreits durch Gerichtsbescheid gehört.

Mit Schreiben vom 03.02.2016 führt der Kläger ergänzend aus, über die gesamte Vertragslaufzeit der Lebensversicherung seien von ihm lückenlos Höchstbeiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung an die Beklagte gezahlt worden. Arbeitnehmer mit Einkommen unterhalb der Bemessungsgrenze hätten während der Vertragslaufzeit einer Kapitallebensversicherung entsprechend geringere Beiträge zu entrichten, weshalb für diese Personengruppe eine nachgelagerte Forderung von Krankenkassenbeiträgen auf ausgezahlte Kapitalleistungen nachvollziehbar sei. Daraus resultiere ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG, vermutlich auch gegen § 263 StGB. Im Übrigen beruhe der Vertragsabschluss mit der Lebensversicherung auf der schriftlichen Einverständniserklärung vom 05.12.1989 des Klägers an den Arbeitgeber. Ein Rentenwahlrecht sei ausgeschlossen gewesen. Der Abschluss der Lebensversicherung sei nach den Bedingungen einer privaten Personenversicherung nach VVG und BGB und nicht nach dem SGB geschlossen worden. Eine Kausalität zu den Forderungen der Beklagten für eine betriebliche Altersversorgung sei damit nicht gegeben.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Prozessakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten haben.

Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsverfahrens form - und fristgerecht (§§ 87, 90, 92 SGG) beim zuständigen Sozialgericht München erhoben und ist somit zulässig. Sie erweist sich jedoch in der Sache als unbegründet. Der angegriffene Bescheid entspricht den gesetzlichen Bestimmungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat - gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 und 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) zulässigerweise auch im Namen der beigeladenen Pflegekasse - mit Bescheid vom 28.04.2014 die Beiträge des Klägers zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung für 120 Monate im Zeitraum vom 01.02.2014 bis 31.01.2024 rechtsfehlerfrei aus den monatlich mit 1/120 der dem Kläger unstreitig am 31.01.2014 in Höhe von 63.257,73 Euro ausgezahlten Kapitalleistung angesetzten monatlichen Zahlbetrag (527,15 Euro) mit dem allgemeinen Beitragssatz festgesetzt. Dies folgt für den Kläger als versicherungspflichtigen Rentner aus § 237 SGB V, § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V, § 229 Abs. 1 Nr. 5 und Satz 3 SGB V (i.d.F. des GMG vom 14.11.2003, BGBl I 2190, 2229) bzw. § 57 Abs. 1 S 1 SGB XI.

Hinsichtlich der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften und der weiteren Entscheidungsgründe kann gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 04.06.2014, welchen sich das Gericht nach eigener Prüfung anschließt, sowie auf den ausführlichen richterlichen Hinweis vom 21.12.2015 verwiesen werden.

Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

1) Streitgegenständlich ist im vorliegenden Klageverfahren ausschließlich die Festsetzung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung aus der am 31.01.2014 erfolgten Kapitalauszahlung der C-Lebensversicherung mit Bescheid vom 28.04.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.06.2014. Streitiger Zeitraum ist der Zeitraum vom 01.02.2014 bis 31.01.2024.

Die in dem mit der Klage angegriffenen Beitragsbescheid vom 28.02.2014 enthaltene Bezugnahme auf die bereits mit Bescheid vom 24.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.03.2013 erfolgte Beitragsfestsetzung auf die Kapitalleistung der B. (1. Abfindung in Höhe von 24.825,01 Euro) enthält keine eigenständige Regelung mehr, sondern stellt sich lediglich als klarstellende, wiederholenden Zweitverfügung zur zweckmäßigen Berechnung der von der Beklagten insgesamt ab dem 01.02.2014 auf Versorgungsbezüge erhobenen Beiträge dar. Eigenständige Verwaltungsaktqualität kommt der Beitragsberechnung aus der 1. Abfindung nicht zu. Dies hat die Beklagte auch mit der Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid vom 12.03.2014 deutlich gemacht. Gegen diesen mit einer Rechtsbehelfsbelehrung verbundenen Widerspruchsbescheid vom 12.03.2014 hat der Kläger keine Klage erhoben, so dass insoweit gemäß § 77 SGG Bestandskraft eingetreten ist.

2) Nach der Änderung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) vom 14.11.2003 (a.a.O.) mit Wirkung zum 01.01.2004 gilt, dass für den Fall, dass bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls anstelle einer Rente der betrieblichen Altersversorgung eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung vereinbart oder zugesagt worden ist, der Beitragsbemessung längstens für einhundertzwanzig Monate ein Einhundertzwanzigstel der Leistung (vorliegend: 527,15 Euro) als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge zugrunde zu legen ist. Dies gilt für eine - wie vorliegend - ab dem Jahr 2004 fällig werdende, nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung aus einer im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossenen Direktversicherung auch dann, wenn der Lebensversicherungsvertrag bereits vor 2004 abgeschlossen wurde (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2015, Az. B 12 KR 19/14 R, Juris-Rn. 14).

a) Bei der am 31.01.2014 ausgezahlten Kapitalleistung handelt es sich um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung i.S.d. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Satz 3 SGB V. Der Begriff der "betrieblichen Altersversorgung" im Sinne dieser Bestimmung ist wegen der unterschiedlichen Zielsetzungen des Beitragsrechts einerseits und des Betriebsrentenrechts andererseits ohne Bindung an die Legaldefinition in § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz - BetrAVG) nach dem Zweck und der Systematik des Beitragsrechts auszulegen (BSG, Urteil vom 23.07.2014, Az. B 12 KR 28/12 R, Juris). Hiernach gehören zu den Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V alle Renten, bei denen in typisierender Betrachtung ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu der Versorgungseinrichtung und einer Erwerbstätigkeit besteht (BSG, Urteil vom 23.07.2014, Az. B 12 KR 28/12 R, Juris). Dazu gehören stets die durch das Betriebsrentengesetz geregelten Versorgungsformen und die durch §§ 112 ff. VAG geregelten Formen der betrieblichen Altersversorgung (Pensionsfonds und Pensionskassen; vgl. dazu BSG, Urteil vom 23.07.2014, Az. B 12 KR 28/12 R, Juris), also auch die hier streitgegenständliche Direktversicherung (§ 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG).

Dass der Vertragsschluss zwischen dem früheren Arbeitgeber des Klägers und der C-Lebensversicherung nach dem Vortrag des Klägers von dessen schriftlichen Einverständniserklärung vom 05.12.1989 abhängig gemacht worden war, ändert zur Überzeugung der Kammer nichts an der Qualifizierung der Versicherung als betriebliche Direktversicherung i.S.d. § 1 Abs. 2 BetrAVG. Denn die in § 1 Abs. 2 BetrAVG und mit Urteil des BVerfG vom 28.09.2010 (Az. 1 BvR 1660/08, Juris) für die Beitragserhebung vorausgesetzte Versorgungszusage des Arbeitgebers ergibt sich jedenfalls unmittelbar aus der Vertragsurkunde über die Direktversicherung. Auch wenn es sich bei dieser Urkunde um ein regelmäßig von dem Versicherer vorgefertigtes Formular handelt, ändert dies nichts daran, dass es sich bei dieser sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrem Inhalt um die vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber erteilte und in Übereinstimmung mit den Abreden im Versicherungsvertrag näher konkretisierte Versorgungszusage handelt. Denn es entspricht dem Interesse des Arbeitgebers als Vertragspartner im Vertragsverhältnis zum Versicherer wie zum Arbeitnehmer an inhaltlich übereinstimmende Vereinbarungen sowohl im Deckungs- als auch im Valutaverhältnis (Versorgungsverhältnis) gebunden zu sein (Anschluss an Beschluss des LSG Nordrhein-Westfalen vom 02.03.2016, Az. L 11 KR 69/15, Juris-Rn. 24). Auch stellt eine - wie im vorliegenden Fall unter Ausschluss eines Rentenwahlrechts - von Anfang an vereinbarte Kapitalzahlung eine vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarte oder zugesagte nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung i.S.v. § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V dar (vgl. a. Beschluss des Landessozialgericht - LSG - Nordrhein-Westfalen vom 02.03.2016, Az. L 11 KR 69/15, Juris-Rn. 26).

An der Einstufung der Kapitalleistung als betriebliche Altersversorgung ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger die Versicherungsbeiträge praktisch selbst erbracht hat, da sie von dessen Gehalt einbehalten und weitergeleitet wurden. Es entspricht der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 30.03.2011, a.a.O., für die Finanzierung allein aus dem Weihnachtsgeld vgl. BSG, Beschluss vom 20.08.2014, Az. B 12 KR 110/13 B, Juris), dass Renten, an ihre Stelle getretene nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen bzw. (seit dem 01.01.2004) auch vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbarte nicht regelmäßig wiederkehrende Leistungen, die aus einer ursprünglich vom Arbeitgeber für den Arbeitnehmer abgeschlossenen Direktversicherung erbracht werden, auch dann zu den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zählen, wenn sie ganz oder zum Teil auf Leistungen des Arbeitnehmers bzw. des Versicherten selbst beruhen, solange der Arbeitgeber die Direktversicherung als Versicherungsnehmer fortführt. Dieser Rechtsprechung schließt sich die Kammer nach eigener Prüfung an. Entscheidend ist damit allein der Umstand, dass die Kapitalzahlungen allein auf Beiträgen beruhen, die auf den Versicherungsvertrag für Zeiträume einbezahlt wurden, in denen der Arbeitgeber Versicherungsnehmer war (BSG, Urteil vom 30.03.2011, a.a.O., Juris-Leitsatz). Dies war hier für den vollständigen Zahlbetrag der Versicherungsleistung der Fall, da der Arbeitgeber sämtliche Versicherungsbeiträge aus den Gehaltszahlungen des Klägers an den Versicherer geleistet hat und weitere Beiträge vom Kläger als Versicherungsnehmer nicht geleistet wurden. Der Kläger ist zu keinem Zeitpunkt als Versicherungsnehmer in den Vertrag eingerückt. Nach seinem eigenen Vorbringen hatte er - wegen der fehlenden Versicherungsnehmer-Eigenschaft - auch kein eigenes vertragliches Kündigungsrecht. Der Kläger erhielt mithin eine Einmalzahlung aus einem Vertrag, den sein ehemaliger Arbeitgeber nach dem klägerischen Vortrag am 01.01.1990, also während der Betriebszugehörigkeit des Klägers, als Direktversicherung abgeschlossen hatte. Dies ergibt sich auch aus der Mitteilung der C- Lebensversicherung vom 10.12.2015. Danach ist die Versicherung seit Beginn der Altersteilzeit des Klägers innerhalb des Rahmenvertrages des Arbeitgebers beitragsfrei gestellt worden. Es handelte sich entgegen der Auffassung des Klägers damit gerade nicht um einen rein privaten Lebensversicherungsvertrag, bei welchem es keiner "Zwischenschaltung" des Arbeitgebers bedurft hätte. Rein formal betrachtet wurde vielmehr eine Direktversicherung im Sinne des BetrAVG vereinbart, auch wenn der Kläger - wie er sinngemäß vorträgt - den Inhalt des Versicherungsvertrages mit der D-Wirtschaftsagentur GmbH (als Versicherungsmakler) selbst festgelegt hatte. Der Kläger hat sich mit der steuerbegünstigten Kapitallebensversicherung nach seinem eigenen Vortrag im Klageschriftsatz vom 02.07.2014 bewusst der im Hinblick auf die Möglichkeit der Pauschalversteuerung nach § 40b Einkommensteuergesetz (EStG) bestehenden steuerrechtlichen Vorteile bedient, mit denen eine Direktversicherung verbunden ist. Das BSG hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass es dem Krankenversicherungsträger nicht zugemutet werden könne, noch nach Jahren und Jahrzehnten das Vorliegen der für diese Versorgungsform im Einzelnen vorgesehenen Voraussetzungen in jedem Einzelfall rückwirkend vollständig zu überprüfen; wer sich der Institutionen der betrieblichen Altersversorgung bediene, müsse sich auch bezüglich der an diesen institutionellen Rahmen geknüpften beitragsrechtlichen Folgen festhalten lassen (BSG, Urteil vom 30.3.2011 - B 12 KR 16/10 R, Juris-Rn. 19). Bei Auszahlungen aus Direktversicherungen handele es sich um Versorgungsbezüge im Sinne des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V. Während Einnahmen aus rein privat veranlasster Vorsorge nicht beitragspflichtig seien, habe es die Rechtsprechung für Renten der betrieblichen Altersversorgung genügen lassen, wenn Leistungen vom Arbeitgeber oder von Institutionen der betrieblichen Altersversorgung wie etwa Pensionskassen erbracht werden oder wenn sie aus vom Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers abgeschlossenen Direktversicherungen im Sinne des § 1 Abs. 2 BetrAVG stammen oder hierauf beruhen. Dann bestehe bei typisierender Betrachtung zwischen dem Erwerb der Versicherungsleistung und der früheren Berufstätigkeit ein hinreichender Zusammenhang. Ihre Heranziehung zur Beitragsbemessung entspreche einerseits dem die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmenden Solidaritätsprinzip und sei andererseits in Anknüpfung an die ursprüngliche Struktur der gesetzlichen Krankenversicherung als Beschäftigtenversicherung auf solche Einkunftsarten beschränkt, die typischerweise mit einer Berufstätigkeit in Zusammenhang stehen. Auf die Modalitäten des individuellen Rechtserwerbs oder darauf, wer zur Finanzierung der Altersversorgung beigetragen hat, komme es nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.2010, Az. B 12 KR 15/09 R, Juris-Rn. 15 m. w. N.; BSG, Urteil vom 30.3.2011, Az. B 12 KR 16/10 R, Juris, Rn. 17, 19, 27 ff.).

Die durch den früheren Arbeitgeber zugunsten des Klägers unstreitig während des Beschäftigungsverhältnisses abgeschlossene und vom Kläger zu keinem Zeitpunkt selbst als Versicherungsnehmer übernommene Lebensversicherung diente auch der Versorgung des Klägers bei Ausscheiden aus dem Erwerbsleben. Allein entscheidend ist insoweit, welcher Zweck bei Abschluss des Vertrages verfolgt wurde. Hierfür bieten die Vertragsgestaltung und insbesondere die Vertragslaufzeit den entscheidenden Anhaltspunkt. Erfolgte die Auszahlung einer in Form der Direktversicherung abgeschlossenen Lebensversicherung - wie im vorliegenden Fall - nach dem 60. Geburtstag des Arbeitnehmers, kann davon ausgegangen werden, dass die Versicherung der Altersversorgung diente (vgl. BSG, Urteile vom 30.03.2011, Az.: B 12 KR 16/10 R und vom 12.12.2007, Az.: B 12 KR 6/06 R, jeweils zitiert nach Juris).

b) Gegen die Beitragspflicht der Direktversicherung mit dem Zahlbetrag kann der Kläger im Weiteren nicht mit Erfolg einwenden, in der gesetzlichen Krankenversicherung seien Kapitalerträge nicht beitragspflichtig. Dies trifft bereits deshalb nicht zu, weil bei Versicherungspflichtigen die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und Versorgungsbezüge i.S. des § 229 SGB V mit dem Zahlbetrag beitragspflichtig sind. Im Einkommensteuerrecht wird davon ausgegangen, dass Leibrenten nur mit einem Teil des Zahlbetrages, dem Ertragsanteil, eine steuerbare Einnahme sind, ein Teil der jeweiligen Rentenzahlung jedoch nicht steuerbarer Kapitalverzehr ist (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG). Die Beitragspflicht der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Versorgungsbezüge besteht jedoch bei versicherungspflichtigen und freiwilligen Mitgliedern nach den §§ 226, 228, 229 und 240 Abs. 2 SGB V mit dem Zahlbetrag, d.h. auch mit dem Teil, der im EStG als Kapitalverzehr gewertet wird. Wenn bei diesen Renten das Mitglied in Höhe des Zahlbetrags als wirtschaftlich leistungsfähig angesehen wird, kann dies bei sonstigen Renten aus privaten Lebensversicherungsverträgen nicht anders sein. Unerheblich ist dabei, dass Renten wie die des Versicherten in der Regel aus eigenen Mitteln des Versicherten finanziert werden. Vielmehr ist die Beitragspflicht dieser Renten mit dem Zahlbetrag gerechtfertigt, weil dieser die aktuelle wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mitbestimmt (BSG, Urteil vom 06.09.2001, Az. 12 KR 5/01 R, Juris-Rn. 19).

c) Schließlich ist die Vorschrift des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V zur Überzeugung der Kammer auch verfassungsgemäß.

aa) § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in der Fassung des Art. 1 Nr. 143 GMG vom 14.11.2004 (BGBl. I S. 2190) verstößt nicht gegen Art. 2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes. Die Belastung nicht wiederkehrend gezahlter Versorgungsleistungen mit dem vollen allgemeinen Beitragssatz beurteilt sich nach den Grundsätzen über die unechte Rückwirkung von Gesetzen (vgl. BVerfGE 95, 64 (86); 103, 392 (403)); denn die angegriffene Regelung greift mit Wirkung für die Zukunft in ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis ein und gestaltet dies zum Nachteil für die betroffenen Versicherten um. Solche Regelungen sind verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig und entsprechen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiegt (vgl. BVerfGE 101, 239 (263); 103, 392 (403)). Diesen Grundsätzen genügt die angegriffene Regelung, da sie ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis erst mit Wirkung für die Zukunft - hier den Eintritt des Versicherungsfalles - gestaltet und die Betroffenen nicht in den Fortbestand einer Rechtslage uneingeschränkt vertrauen durften, welche die nicht wiederkehrenden Leistungen gegenüber anderen Versorgungsbezügen privilegierte (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 07. April 2008 - 1 BvR 1924/07 -, Juris-Rn. 36).

Es kann im Übrigen dahin gestellt bleiben, ob durch die Erhebung von Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner der Schutzbereich von Art. 14 GG oder der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG als Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit berührt ist. Entgegen der Auffassung des Klägers wird nämlich der bei beiden Grundrechten einschlägige Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht dadurch verletzt, dass Versorgungsbezüge zu Krankenversicherungsbeiträgen herangezogen werden. Insoweit wird zur Meidung von Wiederholungen auf die folgenden Ausführungen des BVerfG in seinem Beschluss vom 06.09.2010, Az. 1 BvR 739/08, Juris-Rn. 10 f. verwiesen, welchen sich die Kammer vollumfänglich anschließt: "Dies gilt auch dann, wenn der Versorgungsbezug aus bereits zu Sozialversicherungsbeiträgen herangezogenem Arbeitsentgelt finanziert worden ist. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht für das Steuerrecht den Grundsatz entwickelt, dass steuerbares Einkommen nur beim erstmaligen Zufluss beziehungsweise bei der erstmaligen Realisierung zu versteuern sei (BVerfGE 105, 73 (122)). Für die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung als eines Versicherungssystems gelten jedoch andere Grundsätze. Die Beitragserhebung in der gesetzlichen Krankenversicherung ist für die pflichtversicherten Arbeitnehmer auf die berufsbezogenen Einkünfte maximal bis zur Beitragsbemessungsgrenze nach Maßgabe eines einheitlichen Tarifs beschränkt. Dem gezahlten Beitrag steht der umfassende und unbegrenzte Versicherungsschutz der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem ersten Tag der Mitgliedschaft gegenüber. Dieser Versicherungsschutz besteht nicht nur während des Erwerbslebens, sondern wird durch die Krankenversicherung der Rentner auch nach dem Eintritt in den Ruhestand zur Verfügung gestellt. Er wird durch Beiträge finanziert, die wiederum nach den erwerbsbezogenen Einkünften bemessen werden. Dies sind bei den Rentnern Renten und der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge). Die Frage, ob diese Versorgungsbezüge ihrerseits aus bereits mit Krankenversicherungsbeiträgen belastetem Arbeitsentgelt finanziert worden sind, ist für die Frage der Beitragspflicht in der Krankenversicherung der Rentner nicht maßgebend. Die Äquivalenz von Beitrag und Risikoabsicherung ist durch einen Beitrag auf berufsbezogene Versorgungsbezüge des Rentners nicht gestört."

bb) Auch im Übrigen ist ein Verfassungsverstoß nicht erkennbar (Anschluss an BSG, Urteil vom 13.09.2006, B 12 KR 5/06 R, Juris; vgl. a. Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 24.07.2012, L 6 KR 715/08, Juris). Insbesondere verstößt die Beitragspflicht von Leistungen einer Direktversicherung, die - wie im vorliegenden Fall - auf vom vormaligen Arbeitgeber als Versicherungsnehmer an den Versicherer geleisteten Versicherungsbeiträgen beruhen, nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Die aus Art. 3 Abs. 1 GG für den Gesetzgeber abzuleitenden Grenzen binden auch die Gerichte bei der Auslegung von Gesetzen. Insbesondere dürfen sie hierbei nicht zu einer dem Gesetzgeber verwehrten Differenzierung oder zu einer dem Gesetzgeber verwehrten Gleichbehandlung von Ungleichem gelangen (BVerfGE 58, 369, 374 = SozR 2200 § 551 Nr. 19 S 31 m.w.N; BVerfGE 84, 197, 199). Zu einer Differenzierung bei ungleichen Sachverhalten ist der Gesetzgeber - ebenso sind es die Gerichte - jedoch nur verpflichtet, wenn die tatsächliche Ungleichheit so groß ist, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht unberücksichtigt bleiben darf. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen können typisierende und generalisierende Regelungen notwendig sein. Dabei entstehende Härten und Ungerechtigkeiten müssen hingenommen werden, wenn die Benachteiligung nur eine kleine Zahl von Personen betrifft und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (vgl. BVerfGE 98, 365, 385 m.w.N.). Wesentlich ist ferner, ob die mit typisierenden und generalisierenden Regelungen verbundenen Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären; hierfür sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht (ständige Rspr. des BVerfG, vgl. z.B. BVerfGE 84, 348, 360 m.w.N.; 87, 234, 255 f = SozR 3-4100 § 137 Nr. 3 S 30). Allerdings gebietet es Art 3 Abs. 1 GG nicht, dass der Gesetzgeber Differenzierungen, die er vornehmen darf, auch tatsächlich vornimmt (vgl. BVerfGE 86, 81, 87; 90, 226, 239 = SozR 3-4100 § 111 Nr. 6 S 29 f). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinne als "gleich" ansehen will (vgl. BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252; 90, 226, 239 = SozR 3-4100 § 111 Nr. 6 S 30; BSG SozR 4-2500 § 309 Nr. 1 Rn. 18), solange bezogen auf den in Rede stehenden Sachbereich ein einleuchtender Grund für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte vorliegt (vgl. BVerfGE 76, 256, 329; 90, 226, 239 = SozR 3-4100 § 111 Nr. 6 S 30; BVerfGE 109, 96, 123 = SozR 4-5868 § 1 Nr. 2 Rn. 69).

Die Grenzen, die der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber vorgibt, können sich von lediglich auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen erstrecken. Es gilt ein am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientierter, stufenloser Prüfungsmaßstab, der nicht abstrakt, sondern nur nach dem jeweils betroffenen Sach- und Regelungsbereich näher bestimmbar ist. Der Gesetzgeber unterliegt insbesondere dann einer strengeren Bindung, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, die für den Einzelnen nicht verfügbar sind. Relevant für das Maß der Bindung ist zudem die Möglichkeit der Betroffenen, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Differenzierungskriterien zu beeinflussen (ständige Rspr. des BVerfG, vgl. z.B. BVerfGE 129, 49, 68 f m.w.N.). Maßgebend ist, ob für die vorgesehene Differenzierung Gründe von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen rechtfertigen können (vgl. z.B. BVerfGE 82, 126, 146; 88, 87, 97).

Gemessen an diesen Maßstäben besteht die Beitragspflicht auch von Leistungen einer Direktversicherung, die auf vom vormaligen Arbeitnehmer während seiner Eigenschaft als Versicherungsnehmer gezahlten Beiträgen beruhen, d.h. in Fällen, ist welchen der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts nicht verlassen wurde, also der Versicherungsvertrag einen aktuellen Bezug zur betrieblichen Altersversorgung aufweist, weil die - für eine Direktversicherung obligatorische - Versicherungsnehmerstellung des Arbeitgebers nicht aufgegeben wurde, nicht aufgrund einer unzulässigen Typisierung. Die Abgrenzung der beitragspflichtigen von beitragsfreien Einnahmen Pflichtversicherter der GKV nach der leistenden Institution hat das BVerfG - jedenfalls für den Fall, dass wie im vorliegenden Fall des Klägers der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts nicht verlassen wird - selbst im Kammerbeschluss vom 28.09.2010 (BVerfG SozR 4-2500 § 229 Nr.11 Rn. 14) am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG als ein geeignetes Kriterium gebilligt. Diese Billigung entspricht seiner Rechtsprechung, wonach mit dieser Abgrenzung ein formal einfach zu handhabendes Kriterium vorliegt, das ohne Rückgriff auf arbeitsrechtliche Absprachen, insbesondere darauf, ob die vom Arbeitnehmer eingezahlten Beiträge von der Versorgungszusage des Arbeitgebers umfasst waren, eine Abschichtung betrieblicher von privater Altersversorgung erlaubt (BVerfG SozR 4-2500 § 229 Nr. 10 Rn. 16-18). Sie entspricht zugleich dem Ergebnis mehrerer Nichtannahmebeschlüsse zu Verfassungsbeschwerden in Verfahren, in denen das BSG die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen auch nach der leistenden Institution festgestellt hatte (BVerfG SozR 4-2500 § 229 Nr. 5 zu BSG Urteil vom 25.4.2007 - B 12 KR 25/05 R - SuP 2007, 653 und BSG Urteil vom 25.4.2007 - B 12 KR 26/05 R - USK 2007-6; BVerfG Beschluss vom 28.9.2010 - 1 BvR 2209/09 - zu BSG SozR 4-2500 § 229 Nr 4). An diesem Kriterium hat das BSG daher zutreffend auch nach dem Kammerbeschluss des BVerfG vom 28.09.2010 weiter festgehalten, weil es im Vergleich zu anderen Kriterien noch am ehesten zu Ergebnissen führt, die mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar sind (so BSG SozR 4-2500 § 229 Nr. 13 Rn 23; BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr. 12, Rn. 28; jeweils unter Hinweis auf BSG SozR 4-2500 § 229 Nr. 7 Rn. 30 f m.w.N.). Insbesondere kann in diesem Ergebnis auch im Hinblick auf die vom Kläger angeführte Ungleichbehandlung im Vergleich zu Arbeitnehmern mit Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gesehen werden. Vielmehr beruht der von dem Kläger monierte Vorteil der Personengruppe mit einem beitragspflichtigen Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze allein auf diesem niedrigeren Einkommen, was insoweit für die Verbeitragung ein wesentliches und ausreichendes Differenzierungskriterium darstellt und nicht zu einer Ungleichbehandlung bei der Beitragserhebung während der Laufzeit von Direktversicherungen führt.

d) Da die angegriffenen Bescheide nach alledem rechtmäßig sind, muss der vom Kläger in den Raum gestellte Betrugsvorwurf bereits an der Erfüllung der objektiven Tatbestandvoraussetzungen des § 263 StGB scheitern. Nicht nachvollziehbar ist im Übrigen auch der klägerische Vorwurf, die Beklagte habe gegen ihre Informationspflicht zum Eingriff in Versicherungsrecht während der Vertragslaufzeit der Lebensversicherung verstoßen. Eine derartige Informationspflicht kann der Beklagten bereits deshalb regelmäßig nicht obliegen, weil ihr die Kapitalauszahlung von dem jeweiligen Versicherer erst kurz vor bzw. bereits nach Ende der Vertragslaufzeit mitgeteilt wird und sie damit erstmals Kenntnis von dem beitragspflichtigen Versorgungsbezug erlangt. § 202 Satz 1 SGB V bestimmt für den Nachweis des Bezugs von Versorgungsleistungen i.S. des § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V, § 229 SGB V, dass die Zahlstelle der Versorgungsbezüge (erst) bei der erstmaligen Bewilligung von Versorgungsbezügen sowie bei Mitteilung über die Beendigung der Mitgliedschaft eines Versorgungsempfängers die zuständige Krankenkasse des Versorgungsempfängers zu ermitteln und dieser Beginn, Höhe, Veränderungen und Ende der Versorgungsbezüge unverzüglich mitzuteilen hat.

Die Klage war nach alledem vollumfänglich abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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