Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 SO 1522/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 SO 3313/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Wohnungserstausstattung ist auch ohne äußere Änderung der Wohnsituation dann zu gewähren, wenn die bisherige Einrichtung aufgrund eines zeitlich eingrenzbaren außergewöhnlichen Umstandes bzw. eines besonderen Ereignisses unvorhergesehen untergeht, der Grund für den Untergang außerhalb eines Abnutzungsverhaltens liegt und eine Ansparung zur Abdeckung des besonderen Bedarfsfalls daher nicht möglich war.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Juli 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht eine einmalige Beihilfe nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Erstausstattung einer Wohnung im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt im Streit.
Die 1965 geborene Klägerin ist tschechische Staatsangehörige und lebt seit 1998 in Deutschland. Sie bezog zunächst Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Jobcenter F ...
Anfang 2016 traten bei der Klägerin verstärkt Symptome einer psychischen Erkrankung auf. Es bestanden Wahnwahrnehmungen, welche mit paranoiden Vergiftungs- und Beeinträchtigungsideen und auch mit halluzinatorischen Wahrnehmungen (Stimmenhören, Gespräche mit nicht anwesenden Personen sowie Engeln, Teufeln und Dämonen) einhergingen. Die Klägerin war davon überzeugt, dass ihre Wohnung und die darin befindlichen Möbel, der Hausrat und ihre persönliche Habe "vergiftet" und "verflucht" seien. Sie entsorgte daher weite Teile dieser Gegenstände einschließlich Kleidung und Ausweisdokumenten, obwohl diese objektiv betrachtet noch funktionsfähig waren. Zeitweise verweigerte die Klägerin auch die Nahrungsaufnahme, weil Jesus ihr zu essen und zu trinken verboten habe.
Nach Begutachtung der Klägerin durch Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. (Gutachten vom 21. Januar 2016) bestellte das Betreuungsgericht am 27. Januar 2016 eine Betreuerin für die Klägerin, deren Aufgabenkreis u.a. die Gesundheitsfürsorge, die Vermögensfürsorge, die Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern und Wohnungsangelegenheiten umfasst.
Im Rahmen eines mehrmonatigen stationären Aufenthalts im Zentrum für Psychiatrie E. wurde von dort die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie mit sozialem Rückzug, inhaltlichen Denkstörungen, imperativen akustischen Halluzinationen sowie visuellen Halluzinationen gestellt.
Die Deutsche Rentenversicherung Bayern-Süd bewilligte der Klägerin daraufhin für die Zeit ab dem 1. September 2016 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 31. Januar 2018. Mit Bescheid vom 17. Februar 2017 und Änderungsbescheiden vom 4. April 2017, 8. Juni 2017 und 8. Januar 2018 bewilligte die Beklagte Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII für die Zeit vom 1. September 2016 bis 31. Januar 2018.
Nach wiederholten Aufenthalten im Zentrum für Psychiatrie E. zog die Klägerin im Mai 2017 in eine neue Wohnung ein. Anlässlich dieses Umzugs beantragte sie am 8. Mai 2017 die Gewährung einer Beihilfe für die Erstausstattung einer Wohnung nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Sie besitze keinerlei Möbel und benötige Ersatz für die von ihr während der psychotischen Schübe verschenkten oder weggeschmissenen Gegenstände. Da sie in dieser Zeit nicht in der Lage gewesen sei, die Konsequenzen ihrer Handlungen abzuschätzen, sei ihr Antrag auf Erstausstattung so zu behandeln, als ob sie bisher keine Möbel besessen hätte.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2017 lehnte die Beklagte den Antrag ab und führte zur Begründung aus, Leistungen nach § 31 SGB XII könnten nur erbracht werden, wenn es sich um eine sogenannte Erstausstattung handele. Bei der Klägerin handele es sich jedoch um einen Ergänzungsbedarf, der bereits mit dem Regelbedarf abgegolten sei. Damit bestehe kein Anspruch auf eine einmalige Beihilfe.
Hiergegen erhob die Klägerin am 4. Juni 2017 Widerspruch und führte unter Verweis auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) an, dass ausnahmsweise auch eine Ersatzbeschaffung einen Anspruch begründen könne. Erforderlich seien außergewöhnliche Umstände, die erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abwichen und für den Hilfebedürftigen im Vergleich zu anderen Hilfebedürftigen ein Sonderopfer darstellten. Aufgrund der gesundheitlichen Situation der Klägerin sei dies vorliegend zu bejahen.
Nach dem Umzug der Klägerin erwarb ihr erwachsener Sohn, S. B., verschiedene Einrichtungsgegenstände (Stühle für 39,90 Euro zzgl. 9,90 Euro Versand, ein Bett für 296,91 Euro, ein Kleiderschrank für 79 Euro, Besteck für 20 Euro, eine gebrauchte Küche für 350 Euro zzgl. 60 Euro Transportkosten, ein Fernseher für 80 Euro, ein Regal für 24,99 Euro, Teller für 10 Euro, Gläser für 4,49 Euro, ein Wasserhahn für 30 Euro, vier Lampen für 40 Euro, einen Esstisch für 109 Euro sowie Kochtöpfe für 23,90 Euro) und gewährte seiner Mutter ein Darlehen in Höhe des Gesamtbetrages von 1178,09 Euro. Hierüber schlossen die Klägerin und ihr Sohn am 5. Juni 2017 einen Darlehensvertrag.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das BSG habe festgestellt, dass der Anspruch auf eine zuschussweise Bewilligung einer Erstausstattung für eine Wohnung bei einem erneuten Bedarf "von außen" einwirkende außergewöhnliche Umstände bzw. ein besonderes Ereignis voraussetze, die bzw. das regelmäßig geeignet sein müsse, den plötzlichen Untergang oder die Unbrauchbarkeit wohnraumbezogener Gegenstände zu bewirken. Vorliegend fehle es bereits an einem besonderen oder außergewöhnlichen Ereignis. Die Krankheit der Klägerin stelle ein solches von außen einwirkendes Ereignis nicht dar. Insbesondere sei es dem Sozialhilfeträger nicht zuzumuten, eine beihilfsweise Erstausstattung zu gewähren, welche eventuell durch den krankheitsbedingten inneren Drang der Klägerin erneut untergehe.
Dagegen hat die Klägerin am 3. April 2018 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben und auf die Rechtsprechung des BSG zu § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 a.F. bzw. § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) verwiesen. Ihr könne kein grob fahrlässiges bzw. vorsätzliches Verhalten vorgeworfen werden. Aus dem Gutachten des Dr. P. gehe hervor, dass sie in ihrem eigenen paranoiden Weltbild gefangen sei. Dieses könne sie aus eigener Kraft nicht verlassen, eine der Realität angepasste Wahrnehmung ihrer Umgebung sei ihr nicht möglich. Sie habe keinerlei Krankheitseinsicht.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Auf Nachfrage des SG hat die Klägerin mitgeteilt, dass die im Verwaltungsverfahren angegebene Liste von Gegenständen als abschließend zu betrachten sei. Die Klägerin habe auch keine weiteren Einrichtungsgegenstände mehr entsorgt. Die Beklagte hat mitgeteilt, dass Beilhilfen im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII üblicherweise anhand des vorgelegten Katalogs bewilligt würden.
Mit Urteil vom 23. Juli 2018 hat das SG den Bescheid vom 10. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15. März 2018 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Beihilfe für die Erstausstattung der Wohnung nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII in Höhe von 771 Euro zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung gegen sein Urteil zugelassen. Die vorliegende Ursache für den Verlust der Wohnungseinrichtung – ein krankheitsbedingter Zwang ohne jegliche äußere, objektive Notwendigkeit – sei den vom Gesetzgeber und der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen gleichzusetzen. Anders als in dem vom BSG entschiedenen Fall (Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris) eines langjährig heroinabhängigen Leistungsbeziehers, der seine bisherige Wohnungseinrichtung infolge der Rauschzustände derart vernachlässigt und teilweise sogar angezündet habe, handele es sich bei der grundlosen und irrationalen, aber einem inneren Zwang gehorchenden Entsorgung des Hausrats durch die Klägerin um ein zeitlich eingrenzbares, plötzlich auftretendes Ereignis, durch das in kurzer Zeit der bisherige, bisher noch brauchbare Hausrat untergegangen sei, ein schleichender Verschleiß sei nicht festzustellen. Sofern das BSG fordere, dass die Ereignisse bzw. Umstände, die die neue Wohnungsausstattung nötig machten "von außen" eintreten müssten, verstehe das SG dieses Erfordernis nicht im Sinne einer rein physisch-naturwissenschaftlichen Unterscheidung "Umstände außerhalb des Betroffenen" und "Umstände innerhalb des Körpers des Betroffenen" sondern als "unfreiwillig" im Sinne des "der Kontrolle des Betroffenen entzogen", anderenfalls käme es zu nicht auflösbaren Wertungswidersprüchen.
Gegen das ihr am 15. August 2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. September 2018 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Das SG sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Rechtsprechung des BSG zur Regelung im SGB II auch auf das SGB XII zu übertragen sei, es habe diese jedoch falsch ausgelegt. Im Fall der Klägerin fehle es an einem besonderen Ereignis bzw. einem von außen wirkenden außergewöhnlichen Umstand, aufgrund dessen die Einrichtungsgegenstände untergegangen seien. Die Auffassung des SG, das BSG habe herausstellen wollen, dass die Unbrauchbarkeit von Einrichtungsgegenständen dann aus der Wohnungserstausstattung auszuschließen sei, wenn diese über einen längeren Zeitraum hinweg durch kontinuierlichen Verschleiß entstanden sei, verfange nicht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Juli 2018 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG.
2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 10. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2018 (vgl. § 95 SGG), mit welchem die Beklagte als zuständiger Sozialhilfeträger (vgl. §§ 97 Abs. 1, 98 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 2, SGB XII-Ausführungsgesetz Baden-Württemberg) die Gewährung einer einmaligen Beihilfe für die Erstausstattung einer Wohnung abgelehnt hat. Diesen hat das SG mit Urteil vom 23. Juli 2018 zu Recht aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Beihilfe für die Erstausstattung einer Wohnung in Höhe von 771 Euro zu gewähren.
Die Klägerin gehörte im streitgegenständlichen Zeitraum zum Kreis der Leistungsberechtigten nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (§ 19 Abs. 1, §§ 27 ff. SGB XII). Sie war aufgrund ihrer Erkrankung zwar nicht in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, eine volle Erwerbsminderung auf Dauer war jedoch nicht festzustellen. Entsprechend hat ihr die Deutsche Rentenversicherung Bayern-Süd für die Zeit ab dem 1. September 2016 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 31. Januar 2018 bewilligt. Sie war zudem nicht in der Lage, ihren notwendigen Lebensunterhalt vollständig aus ihrem Einkommen und ihrem Vermögen zu bestreiten (vgl. § 19 Abs. 1, §§ 82 ff. SGB XII). Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Bei dem geltend gemachten Anspruch auf Leistungen für Wohnungserstausstattungen nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen der Sozialhilfe entschieden werden kann (BSG, Urteil vom 9. Juni 2011 – B 8 SO 3/10 R – juris Rdnr. 9 m.w.N.). Das nach der Beschaffung der Einrichtungsgegenstände auf Kostenerstattung gerichtete Begehren hat die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) verfolgt.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Danach werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich der Haushaltsgeräte gesondert erbracht. Grundsätzlich liegt der Sachverhalt einer Wohnungserstausstattung vor, wenn ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Dies ergibt sich ohne weiteres bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 6. August 2014 - B 4 AS 57/13 R - juris Rdnr. 15). Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG kann eine "Wohnungserstausstattung" aber auch bei einem erneuten Bedarf nach einer Erstbeschaffung von Einrichtungsgegenständen in Betracht kommen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 77/08 R - juris Rdnr. 14 ff.). Diese zur inhaltsgleichen Regelung des § 24 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ergangene Rechtsprechung ist – wie das SG zutreffend dargestellt hat – auch auf das SGB XII anwendbar. Besonderheiten des Rechts der Sozialhilfe, die bei der Anwendung des § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII eine andere rechtliche Bewertung rechtfertigen könnten, bestehen nicht; im Gegenteil ist der Gesetzgeber sowohl im SGB II als auch im SGB XII von denselben systematisch-inhaltlichen Erwägungen zur Zuordnung bestimmter Bedarfe zum Regelbedarf einerseits bzw. zu den Sonderbedarfen nach § 24 SGB II und § 31 SGB XII andererseits ausgegangen (so zu § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII BSG, Urteil vom 18. Juli 2019 – B 8 SO 13/18 R – juris Rdnr. 12). Die erneute Beschaffung von Einrichtungsgegenständen als "Wohnungserstausstattung" durch einen Zuschuss des Leistungsträgers ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen möglich (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 77/08 R – juris Rdnr. 16). Zum einen muss überhaupt ein Bedarf des Leistungsberechtigten im Hinblick auf die begehrten Einrichtungsgegenstände bzw. den begehrten Einrichtungsgegenstand gegeben sein. Dies ist dann der Fall, wenn er nicht mehr über die für eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen angemessenen wohnraumbezogenen Gegenstände im Sinne des Grundsicherungsrechts verfügt (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 16; vgl. ferner BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 45/08 R – juris Rdnr. 14; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 53/10 R - juris Rdnr. 19). In gleicher Weise wie bei der Erstbeschaffung ist auch bei einer dieser "wertend" gleichzusetzenden erneuten Beschaffung eine bedarfsbezogene Betrachtungsweise gefordert (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 16). Insofern hat das BSG entschieden, dass sich ein solcher Anspruch auf Beschaffung bei einem erneuten Bedarfsanfall nicht notwendig auf eine komplette oder mehrere Einrichtungsgegenstände umfassende Ausstattung beziehen muss (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 64/07 R – juris Rdnr. 16) und Verschuldensgesichtspunkte nicht schon bei der Feststellung des Bedarfs berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 16). Der zu deckende Bedarf muss jedoch grundsätzlich aktuell bestehen und auch aktuell vom Sozialhilfeträger zu decken sein (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 16 m.w.N.). Ein Anspruch auf die zuschussweise Bewilligung von Geldleistungen für die erneute Beschaffung von Einrichtungsgegenständen als "Wohnungserstausstattung" setzt vielmehr voraus, dass der konkrete Bedarf durch 1. außergewöhnliche Umstände bzw. ein besonderes Ereignis entstanden ist, 2. ein "spezieller Bedarf" vorliegt und 3. ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den außergewöhnlichen Umständen bzw. dem besonderen Ereignis und dem Bedarf gegeben ist (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 17).
In Anwendung dieser Maßstäbe hat die Klägerin einen Anspruch auf die Gewährung einer Beihilfe für die Erstausstattung ihrer Wohnung in dem vom SG ausgesprochenen Umfang.
Dabei ist der Bedarf zunächst durch außergewöhnliche Umstände bzw. ein besonderes Ereignis entstanden. Die Klägerin hat einem inneren Zwang gehorchend Anfang 2016 im Rahmen eines akuten Schubs der bei ihr später diagnostizierten paranoiden Schizophrenie ihre Möbel auf die Straße gestellt, weil diese "verflucht" gewesen seien. Dies entnimmt der Senat sowohl dem Betreuungsgutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. vom 21. Januar 2016 als auch dem Entlassbericht des ZFP E. vom 1. Juni 2016, wo sich die Klägerin in der Zeit vom 15. April 2016 bis zum 1. Juni 2016 in stationärer Behandlung befand. Ob sie diese Entsorgung singulär am 18. Januar 2016 – wie von ihrem Sohn bei Anregung der Betreuung geschildert – oder über einen kurzen Zeitraum zwischen Weihnachten 2015 und Januar 2016 vorgenommen hat, kann der Senat dabei offenlassen, denn es handelt sich in beiden Fällen jeweils um ein zeitlich eingrenzbares, plötzlich auftretendes Ereignis, welches einen erheblichen besonderen Neubeschaffungsbedarf hervorgerufen hat, nachdem der gesamte bisher noch brauchbare Hausrat vernichtet wurde. Die Möbel sind damit nicht durch einen fortlaufenden Verschleißprozess unbrauchbar geworden. Durch die Entsorgung auf die Straße wurde vielmehr der Zugriff Dritter ermöglicht, die die Möbel so in Besitz nehmen konnten.
Diese Umstände sind auch als außergewöhnlich in dem Sinne zu verstehen, dass eine solche Bedarfslage bei dem überwiegenden Teil der Leistungsberechtigten nicht entsteht (vgl. zu diesem Erfordernis ebenfalls BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 20) und damit eine spezielle Bedarfslage darstellt, die erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweicht und für den Hilfebedürftigen ein Sonderopfer bedeutet (vgl. Blüggel in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 24 Rdnr. 93 m.w.N.). Dies ist im Fall der Klägerin ohne weiteres zu bejahen. Wie das SG zutreffend dargestellt hat, leidet die Mehrheit aller Leistungsempfänger nach dem 3. und 4. Kapitel des SGB XII nicht unter Erkrankungen, in deren Rahmen sie infolge einer gestörten Realitätswahrnehmung den kompletten Hausrat bzw. Teile desselben entsorgt, indem sie sie aus der Wohnung räumen und damit den Zugriff Dritter eröffnen.
Erforderlich sind weiter "von außen" einwirkende außergewöhnliche Umstände bzw. besondere Ereignisse. Diese müssen, soweit sie nicht mit Veränderungen der Wohnung bzw. der Wohnsituation einhergehen, regelmäßig geeignet sein, den plötzlichen "Untergang" bzw. die Unbrauchbarkeit der Wohnungsausstattung unabhängig von sonstigen allgemeinen Gründen für den Verschleiß oder den Untergang der Gegenstände herbeizuführen (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 19).
Wie bereits das SG, kann auch der Senat den Ausführungen der Beklagten, welche aus diesem Erfordernis schlussfolgern will, es müsse sich um Umstände handeln, die außerhalb der betroffenen Person (durch Dritte) begründet sind, nicht folgen. Der Senat schließt sich vielmehr den zutreffenden Ausführungen des SG an. Das BSG hat das Erfordernis der "von außen" einwirkenden Umstände ausdrücklich zur Abgrenzung zu dem dem Gebrauch innewohnenden Verschleißprozess gesetzt (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 19). Es muss sich also um Umstände handeln, die außerhalb eines – wenn auch im dort zu entscheidenden Fall durch personenbezogene Faktoren stärker ausgeprägten – Abnutzungsverhaltens liegen.
Diese Auslegung ergibt sich – wie das SG dargestellt hat – auch unter Berücksichtigung der in der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 15/1514 S. 60) genannten Fallgruppen des Verlustes der bisherigen Einrichtung durch Wohnungsbrand oder durch Inhaftierung. Insbesondere die Inhaftierung beruht zwingend auf in der Person liegenden Gründen, denn sie ist Folge einer aufgrund eigenen Willensentschlusses erfolgten strafwürdigen Handlung oder Unterlassung des Täters. Für die Gewährung einer Wohnungserstausstattung kann nicht maßgeblich sein, dass die Inhaftierung an sich und der damit einhergehende Verlust der Einrichtung schlussendlich durch Dritte herbeigeführt wird. Dies wäre jedoch die Folge der von der Beklagten vorgenommenen Auslegung. Auch im Fall eines Wohnungsbrandes hat die Ursache des Brandes (technischer Defekt, Naturgewalt oder eigene Brandstiftung bzw. Brandstiftung durch eine dritte Person) zunächst außer Betracht zu bleiben. Anderenfalls hätte dies die Berücksichtigung von Verschuldensgesichtspunkten zur Folge, die bei der Bedarfsfeststellung jedoch außen vor zu bleiben haben (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 16). In Fällen eines schuldhaften Verhaltens hat der Leistungsträger vielmehr die Möglichkeit, einen Kostenersatz nach § 103 SGB XII zu fordern.
Den vom BSG bisher entschiedenen Fällen (Zuzug bzw. Rückzug aus dem Ausland BSG, Urteil vom 27. September 2011 – B 4 AS 202/10 R – juris; Erstanmietung einer Wohnung durch einen Wohnungslosen BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 75/10 R – juris Rdnr. 14; Erstanmietung einer Frau nach Verlassen des Frauenhauses BSG, Urteil vom 23. Mai 2012 – B 14 AS 156/11 R – juris) lagen ebenfalls Ereignisse zu Grunde, die ihren Ursprung in der Person des Betroffenen hatten, auch wenn damit die äußere Veränderung der Wohnsituation einhergegangen ist. Dabei ist allen Fallgruppen gemein, dass die Hilfebedürftigen wegen besonderer Umstände nicht in der Lage waren, für den atypischen Bedarfsfall mittels Ansparungen vorzusorgen. Diesen Fällen steht der vorliegende Sachverhalt wertungsmäßig gleich. Es unterscheidet sie zu dem Fall des Rauschgiftsüchtigen, welcher die Möbel über Jahre sukzessiv verschlissen hatte, auch wenn dieser Verschleiß durch die Drogenerkrankung des dortigen Klägers wesentlich schneller und stärker als bei "normalem" Gebrauch erfolgte (auf diese Unterscheidung ebenfalls maßgeblich abstellend von Boetticher in LPK-Münder, SGB II, 6. Auflage 2017, § 24 Rdnr. 27).
Eine Wohnungserstausstattung ist nach alledem auch ohne äußere Änderung der Wohnsituation dann zu gewähren, wenn die bisherige Einrichtung aufgrund eines zeitlich eingrenzbaren außergewöhnliche Umstandes bzw. eines besonderen Ereignisses unvorhergesehen untergeht, der Grund für den Untergang außerhalb eines Abnutzungsverhaltens liegt und eine Ansparung zur Abdeckung des besonderen Bedarfsfalls daher nicht möglich war.
Diese Voraussetzungen liegen wie dargelegt bei der Klägerin vor.
Der Gewährung einer Beihilfe steht auch nicht entgegen, dass sich die Klägerin die Möbel zwischenzeitlich selbst beschafft hat, wozu ihr ihr erwachsener Sohn ein Darlehen gewährt hat. Diese Selbstbeschaffung kann ihr wegen der Unaufschiebbarkeit des Bedarfs nicht entgegengehalten werden. Das Darlehen war zudem – wie sich aus dem Darlehensvertrag vom 5. Juni 2017 ergibt – nur zur Überbrückung bis zur endgültigen Klärung der Leistungspflicht der Beklagten gewährt worden und ist daher im Rahmen der existenzsichernden Leistungen unbeachtlich (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 6. Oktober 2011 – B 14 AS 66/11 R – juris Rdnr. 16 ff.). Darüber hinaus ergibt sich aus der von der Beklagten vorgelegten Übersicht, dass im Leistungsbereich der Beklagten für die Erstausstattung stets Geldleistungen in der Form von Pauschalen erbracht werden, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt im Hinblick auf die Klägerin von Anfang an nur die Gewährung einer Geldleistung in Betracht gekommen wäre (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19. August 2010 – B 14 AS 10/09 R – juris Rdnr. 27 ff.).
Die Klägerin hat die von dem SG zu Grunde gelegten Beträge, die den von der Beklagten in ständiger Verwaltungspraxis bewilligten Pauschalen entsprechen, nicht weiter angegriffen. Die Beklagte sieht in ständiger Verwaltungspraxis folgende Beträge vor: Stühle für Einpersonenhaushalt: 104 Euro (4 Stühle zu je 26 Euro), Bett inkl. Rost und Matratze: 185 Euro, Schrank: 102 Euro, Esstisch: 66 Euro, Küchenschrank: 128 Euro, Wasserhahn: 46 Euro, Regal: 51 Euro, Teller, Besteck und Gläser: 30 Euro; Lampen: 10 Euro pro Zimmer + 1 für den Flur sowie für Kochtöpfe 20 Euro. Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass diese Pauschalen geeignet sind, den Bedarf der Hilfebedürftigen auf Erstausstattung in vollem Umfang zu befriedigen (vgl. zu diesem Erfordernis BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 53/10 R – juris Rdnr. 23). Zudem hat die Klägerin keine Berufung eingelegt, so dass nicht zu entscheiden war, ob die Klägerin einen Anspruch in der Höhe ihrer tatsächlichen (höheren) Aufwendungen hat.
Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193.
4. Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht eine einmalige Beihilfe nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für die Erstausstattung einer Wohnung im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt im Streit.
Die 1965 geborene Klägerin ist tschechische Staatsangehörige und lebt seit 1998 in Deutschland. Sie bezog zunächst Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) von dem Jobcenter F ...
Anfang 2016 traten bei der Klägerin verstärkt Symptome einer psychischen Erkrankung auf. Es bestanden Wahnwahrnehmungen, welche mit paranoiden Vergiftungs- und Beeinträchtigungsideen und auch mit halluzinatorischen Wahrnehmungen (Stimmenhören, Gespräche mit nicht anwesenden Personen sowie Engeln, Teufeln und Dämonen) einhergingen. Die Klägerin war davon überzeugt, dass ihre Wohnung und die darin befindlichen Möbel, der Hausrat und ihre persönliche Habe "vergiftet" und "verflucht" seien. Sie entsorgte daher weite Teile dieser Gegenstände einschließlich Kleidung und Ausweisdokumenten, obwohl diese objektiv betrachtet noch funktionsfähig waren. Zeitweise verweigerte die Klägerin auch die Nahrungsaufnahme, weil Jesus ihr zu essen und zu trinken verboten habe.
Nach Begutachtung der Klägerin durch Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. (Gutachten vom 21. Januar 2016) bestellte das Betreuungsgericht am 27. Januar 2016 eine Betreuerin für die Klägerin, deren Aufgabenkreis u.a. die Gesundheitsfürsorge, die Vermögensfürsorge, die Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern und Wohnungsangelegenheiten umfasst.
Im Rahmen eines mehrmonatigen stationären Aufenthalts im Zentrum für Psychiatrie E. wurde von dort die Diagnose einer paranoiden Schizophrenie mit sozialem Rückzug, inhaltlichen Denkstörungen, imperativen akustischen Halluzinationen sowie visuellen Halluzinationen gestellt.
Die Deutsche Rentenversicherung Bayern-Süd bewilligte der Klägerin daraufhin für die Zeit ab dem 1. September 2016 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 31. Januar 2018. Mit Bescheid vom 17. Februar 2017 und Änderungsbescheiden vom 4. April 2017, 8. Juni 2017 und 8. Januar 2018 bewilligte die Beklagte Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII für die Zeit vom 1. September 2016 bis 31. Januar 2018.
Nach wiederholten Aufenthalten im Zentrum für Psychiatrie E. zog die Klägerin im Mai 2017 in eine neue Wohnung ein. Anlässlich dieses Umzugs beantragte sie am 8. Mai 2017 die Gewährung einer Beihilfe für die Erstausstattung einer Wohnung nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Sie besitze keinerlei Möbel und benötige Ersatz für die von ihr während der psychotischen Schübe verschenkten oder weggeschmissenen Gegenstände. Da sie in dieser Zeit nicht in der Lage gewesen sei, die Konsequenzen ihrer Handlungen abzuschätzen, sei ihr Antrag auf Erstausstattung so zu behandeln, als ob sie bisher keine Möbel besessen hätte.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2017 lehnte die Beklagte den Antrag ab und führte zur Begründung aus, Leistungen nach § 31 SGB XII könnten nur erbracht werden, wenn es sich um eine sogenannte Erstausstattung handele. Bei der Klägerin handele es sich jedoch um einen Ergänzungsbedarf, der bereits mit dem Regelbedarf abgegolten sei. Damit bestehe kein Anspruch auf eine einmalige Beihilfe.
Hiergegen erhob die Klägerin am 4. Juni 2017 Widerspruch und führte unter Verweis auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) an, dass ausnahmsweise auch eine Ersatzbeschaffung einen Anspruch begründen könne. Erforderlich seien außergewöhnliche Umstände, die erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abwichen und für den Hilfebedürftigen im Vergleich zu anderen Hilfebedürftigen ein Sonderopfer darstellten. Aufgrund der gesundheitlichen Situation der Klägerin sei dies vorliegend zu bejahen.
Nach dem Umzug der Klägerin erwarb ihr erwachsener Sohn, S. B., verschiedene Einrichtungsgegenstände (Stühle für 39,90 Euro zzgl. 9,90 Euro Versand, ein Bett für 296,91 Euro, ein Kleiderschrank für 79 Euro, Besteck für 20 Euro, eine gebrauchte Küche für 350 Euro zzgl. 60 Euro Transportkosten, ein Fernseher für 80 Euro, ein Regal für 24,99 Euro, Teller für 10 Euro, Gläser für 4,49 Euro, ein Wasserhahn für 30 Euro, vier Lampen für 40 Euro, einen Esstisch für 109 Euro sowie Kochtöpfe für 23,90 Euro) und gewährte seiner Mutter ein Darlehen in Höhe des Gesamtbetrages von 1178,09 Euro. Hierüber schlossen die Klägerin und ihr Sohn am 5. Juni 2017 einen Darlehensvertrag.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15. März 2018 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das BSG habe festgestellt, dass der Anspruch auf eine zuschussweise Bewilligung einer Erstausstattung für eine Wohnung bei einem erneuten Bedarf "von außen" einwirkende außergewöhnliche Umstände bzw. ein besonderes Ereignis voraussetze, die bzw. das regelmäßig geeignet sein müsse, den plötzlichen Untergang oder die Unbrauchbarkeit wohnraumbezogener Gegenstände zu bewirken. Vorliegend fehle es bereits an einem besonderen oder außergewöhnlichen Ereignis. Die Krankheit der Klägerin stelle ein solches von außen einwirkendes Ereignis nicht dar. Insbesondere sei es dem Sozialhilfeträger nicht zuzumuten, eine beihilfsweise Erstausstattung zu gewähren, welche eventuell durch den krankheitsbedingten inneren Drang der Klägerin erneut untergehe.
Dagegen hat die Klägerin am 3. April 2018 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg erhoben und auf die Rechtsprechung des BSG zu § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 a.F. bzw. § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) verwiesen. Ihr könne kein grob fahrlässiges bzw. vorsätzliches Verhalten vorgeworfen werden. Aus dem Gutachten des Dr. P. gehe hervor, dass sie in ihrem eigenen paranoiden Weltbild gefangen sei. Dieses könne sie aus eigener Kraft nicht verlassen, eine der Realität angepasste Wahrnehmung ihrer Umgebung sei ihr nicht möglich. Sie habe keinerlei Krankheitseinsicht.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Auf Nachfrage des SG hat die Klägerin mitgeteilt, dass die im Verwaltungsverfahren angegebene Liste von Gegenständen als abschließend zu betrachten sei. Die Klägerin habe auch keine weiteren Einrichtungsgegenstände mehr entsorgt. Die Beklagte hat mitgeteilt, dass Beilhilfen im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII üblicherweise anhand des vorgelegten Katalogs bewilligt würden.
Mit Urteil vom 23. Juli 2018 hat das SG den Bescheid vom 10. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 15. März 2018 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Beihilfe für die Erstausstattung der Wohnung nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII in Höhe von 771 Euro zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung gegen sein Urteil zugelassen. Die vorliegende Ursache für den Verlust der Wohnungseinrichtung – ein krankheitsbedingter Zwang ohne jegliche äußere, objektive Notwendigkeit – sei den vom Gesetzgeber und der sozialgerichtlichen Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen gleichzusetzen. Anders als in dem vom BSG entschiedenen Fall (Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris) eines langjährig heroinabhängigen Leistungsbeziehers, der seine bisherige Wohnungseinrichtung infolge der Rauschzustände derart vernachlässigt und teilweise sogar angezündet habe, handele es sich bei der grundlosen und irrationalen, aber einem inneren Zwang gehorchenden Entsorgung des Hausrats durch die Klägerin um ein zeitlich eingrenzbares, plötzlich auftretendes Ereignis, durch das in kurzer Zeit der bisherige, bisher noch brauchbare Hausrat untergegangen sei, ein schleichender Verschleiß sei nicht festzustellen. Sofern das BSG fordere, dass die Ereignisse bzw. Umstände, die die neue Wohnungsausstattung nötig machten "von außen" eintreten müssten, verstehe das SG dieses Erfordernis nicht im Sinne einer rein physisch-naturwissenschaftlichen Unterscheidung "Umstände außerhalb des Betroffenen" und "Umstände innerhalb des Körpers des Betroffenen" sondern als "unfreiwillig" im Sinne des "der Kontrolle des Betroffenen entzogen", anderenfalls käme es zu nicht auflösbaren Wertungswidersprüchen.
Gegen das ihr am 15. August 2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14. September 2018 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Das SG sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Rechtsprechung des BSG zur Regelung im SGB II auch auf das SGB XII zu übertragen sei, es habe diese jedoch falsch ausgelegt. Im Fall der Klägerin fehle es an einem besonderen Ereignis bzw. einem von außen wirkenden außergewöhnlichen Umstand, aufgrund dessen die Einrichtungsgegenstände untergegangen seien. Die Auffassung des SG, das BSG habe herausstellen wollen, dass die Unbrauchbarkeit von Einrichtungsgegenständen dann aus der Wohnungserstausstattung auszuschließen sei, wenn diese über einen längeren Zeitraum hinweg durch kontinuierlichen Verschleiß entstanden sei, verfange nicht.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 23. Juli 2018 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg.
1. Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheidet, ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG.
2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 10. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. März 2018 (vgl. § 95 SGG), mit welchem die Beklagte als zuständiger Sozialhilfeträger (vgl. §§ 97 Abs. 1, 98 Abs. 1 SGB XII i.V.m. §§ 1 Abs. 1, 2, SGB XII-Ausführungsgesetz Baden-Württemberg) die Gewährung einer einmaligen Beihilfe für die Erstausstattung einer Wohnung abgelehnt hat. Diesen hat das SG mit Urteil vom 23. Juli 2018 zu Recht aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Beihilfe für die Erstausstattung einer Wohnung in Höhe von 771 Euro zu gewähren.
Die Klägerin gehörte im streitgegenständlichen Zeitraum zum Kreis der Leistungsberechtigten nach dem Dritten Kapitel des SGB XII (§ 19 Abs. 1, §§ 27 ff. SGB XII). Sie war aufgrund ihrer Erkrankung zwar nicht in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, eine volle Erwerbsminderung auf Dauer war jedoch nicht festzustellen. Entsprechend hat ihr die Deutsche Rentenversicherung Bayern-Süd für die Zeit ab dem 1. September 2016 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 31. Januar 2018 bewilligt. Sie war zudem nicht in der Lage, ihren notwendigen Lebensunterhalt vollständig aus ihrem Einkommen und ihrem Vermögen zu bestreiten (vgl. § 19 Abs. 1, §§ 82 ff. SGB XII). Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Bei dem geltend gemachten Anspruch auf Leistungen für Wohnungserstausstattungen nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII handelt es sich um einen eigenständigen, abtrennbaren Streitgegenstand, über den isoliert und unabhängig von den übrigen Leistungen der Sozialhilfe entschieden werden kann (BSG, Urteil vom 9. Juni 2011 – B 8 SO 3/10 R – juris Rdnr. 9 m.w.N.). Das nach der Beschaffung der Einrichtungsgegenstände auf Kostenerstattung gerichtete Begehren hat die Klägerin zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) verfolgt.
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII. Danach werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich der Haushaltsgeräte gesondert erbracht. Grundsätzlich liegt der Sachverhalt einer Wohnungserstausstattung vor, wenn ein Bedarf für die Ausstattung einer Wohnung besteht, der nicht bereits durch vorhandene Möbel und andere Einrichtungsgegenstände gedeckt ist. Dies ergibt sich ohne weiteres bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 6. August 2014 - B 4 AS 57/13 R - juris Rdnr. 15). Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG kann eine "Wohnungserstausstattung" aber auch bei einem erneuten Bedarf nach einer Erstbeschaffung von Einrichtungsgegenständen in Betracht kommen (BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 77/08 R - juris Rdnr. 14 ff.). Diese zur inhaltsgleichen Regelung des § 24 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ergangene Rechtsprechung ist – wie das SG zutreffend dargestellt hat – auch auf das SGB XII anwendbar. Besonderheiten des Rechts der Sozialhilfe, die bei der Anwendung des § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII eine andere rechtliche Bewertung rechtfertigen könnten, bestehen nicht; im Gegenteil ist der Gesetzgeber sowohl im SGB II als auch im SGB XII von denselben systematisch-inhaltlichen Erwägungen zur Zuordnung bestimmter Bedarfe zum Regelbedarf einerseits bzw. zu den Sonderbedarfen nach § 24 SGB II und § 31 SGB XII andererseits ausgegangen (so zu § 31 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII BSG, Urteil vom 18. Juli 2019 – B 8 SO 13/18 R – juris Rdnr. 12). Die erneute Beschaffung von Einrichtungsgegenständen als "Wohnungserstausstattung" durch einen Zuschuss des Leistungsträgers ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen möglich (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 – B 4 AS 77/08 R – juris Rdnr. 16). Zum einen muss überhaupt ein Bedarf des Leistungsberechtigten im Hinblick auf die begehrten Einrichtungsgegenstände bzw. den begehrten Einrichtungsgegenstand gegeben sein. Dies ist dann der Fall, wenn er nicht mehr über die für eine geordnete Haushaltsführung und ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen angemessenen wohnraumbezogenen Gegenstände im Sinne des Grundsicherungsrechts verfügt (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 16; vgl. ferner BSG, Urteil vom 20. August 2009 – B 14 AS 45/08 R – juris Rdnr. 14; BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 53/10 R - juris Rdnr. 19). In gleicher Weise wie bei der Erstbeschaffung ist auch bei einer dieser "wertend" gleichzusetzenden erneuten Beschaffung eine bedarfsbezogene Betrachtungsweise gefordert (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 16). Insofern hat das BSG entschieden, dass sich ein solcher Anspruch auf Beschaffung bei einem erneuten Bedarfsanfall nicht notwendig auf eine komplette oder mehrere Einrichtungsgegenstände umfassende Ausstattung beziehen muss (BSG, Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 64/07 R – juris Rdnr. 16) und Verschuldensgesichtspunkte nicht schon bei der Feststellung des Bedarfs berücksichtigt werden (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 16). Der zu deckende Bedarf muss jedoch grundsätzlich aktuell bestehen und auch aktuell vom Sozialhilfeträger zu decken sein (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 16 m.w.N.). Ein Anspruch auf die zuschussweise Bewilligung von Geldleistungen für die erneute Beschaffung von Einrichtungsgegenständen als "Wohnungserstausstattung" setzt vielmehr voraus, dass der konkrete Bedarf durch 1. außergewöhnliche Umstände bzw. ein besonderes Ereignis entstanden ist, 2. ein "spezieller Bedarf" vorliegt und 3. ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den außergewöhnlichen Umständen bzw. dem besonderen Ereignis und dem Bedarf gegeben ist (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 17).
In Anwendung dieser Maßstäbe hat die Klägerin einen Anspruch auf die Gewährung einer Beihilfe für die Erstausstattung ihrer Wohnung in dem vom SG ausgesprochenen Umfang.
Dabei ist der Bedarf zunächst durch außergewöhnliche Umstände bzw. ein besonderes Ereignis entstanden. Die Klägerin hat einem inneren Zwang gehorchend Anfang 2016 im Rahmen eines akuten Schubs der bei ihr später diagnostizierten paranoiden Schizophrenie ihre Möbel auf die Straße gestellt, weil diese "verflucht" gewesen seien. Dies entnimmt der Senat sowohl dem Betreuungsgutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. vom 21. Januar 2016 als auch dem Entlassbericht des ZFP E. vom 1. Juni 2016, wo sich die Klägerin in der Zeit vom 15. April 2016 bis zum 1. Juni 2016 in stationärer Behandlung befand. Ob sie diese Entsorgung singulär am 18. Januar 2016 – wie von ihrem Sohn bei Anregung der Betreuung geschildert – oder über einen kurzen Zeitraum zwischen Weihnachten 2015 und Januar 2016 vorgenommen hat, kann der Senat dabei offenlassen, denn es handelt sich in beiden Fällen jeweils um ein zeitlich eingrenzbares, plötzlich auftretendes Ereignis, welches einen erheblichen besonderen Neubeschaffungsbedarf hervorgerufen hat, nachdem der gesamte bisher noch brauchbare Hausrat vernichtet wurde. Die Möbel sind damit nicht durch einen fortlaufenden Verschleißprozess unbrauchbar geworden. Durch die Entsorgung auf die Straße wurde vielmehr der Zugriff Dritter ermöglicht, die die Möbel so in Besitz nehmen konnten.
Diese Umstände sind auch als außergewöhnlich in dem Sinne zu verstehen, dass eine solche Bedarfslage bei dem überwiegenden Teil der Leistungsberechtigten nicht entsteht (vgl. zu diesem Erfordernis ebenfalls BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 20) und damit eine spezielle Bedarfslage darstellt, die erheblich vom durchschnittlichen Bedarf abweicht und für den Hilfebedürftigen ein Sonderopfer bedeutet (vgl. Blüggel in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 24 Rdnr. 93 m.w.N.). Dies ist im Fall der Klägerin ohne weiteres zu bejahen. Wie das SG zutreffend dargestellt hat, leidet die Mehrheit aller Leistungsempfänger nach dem 3. und 4. Kapitel des SGB XII nicht unter Erkrankungen, in deren Rahmen sie infolge einer gestörten Realitätswahrnehmung den kompletten Hausrat bzw. Teile desselben entsorgt, indem sie sie aus der Wohnung räumen und damit den Zugriff Dritter eröffnen.
Erforderlich sind weiter "von außen" einwirkende außergewöhnliche Umstände bzw. besondere Ereignisse. Diese müssen, soweit sie nicht mit Veränderungen der Wohnung bzw. der Wohnsituation einhergehen, regelmäßig geeignet sein, den plötzlichen "Untergang" bzw. die Unbrauchbarkeit der Wohnungsausstattung unabhängig von sonstigen allgemeinen Gründen für den Verschleiß oder den Untergang der Gegenstände herbeizuführen (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 19).
Wie bereits das SG, kann auch der Senat den Ausführungen der Beklagten, welche aus diesem Erfordernis schlussfolgern will, es müsse sich um Umstände handeln, die außerhalb der betroffenen Person (durch Dritte) begründet sind, nicht folgen. Der Senat schließt sich vielmehr den zutreffenden Ausführungen des SG an. Das BSG hat das Erfordernis der "von außen" einwirkenden Umstände ausdrücklich zur Abgrenzung zu dem dem Gebrauch innewohnenden Verschleißprozess gesetzt (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 19). Es muss sich also um Umstände handeln, die außerhalb eines – wenn auch im dort zu entscheidenden Fall durch personenbezogene Faktoren stärker ausgeprägten – Abnutzungsverhaltens liegen.
Diese Auslegung ergibt sich – wie das SG dargestellt hat – auch unter Berücksichtigung der in der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 15/1514 S. 60) genannten Fallgruppen des Verlustes der bisherigen Einrichtung durch Wohnungsbrand oder durch Inhaftierung. Insbesondere die Inhaftierung beruht zwingend auf in der Person liegenden Gründen, denn sie ist Folge einer aufgrund eigenen Willensentschlusses erfolgten strafwürdigen Handlung oder Unterlassung des Täters. Für die Gewährung einer Wohnungserstausstattung kann nicht maßgeblich sein, dass die Inhaftierung an sich und der damit einhergehende Verlust der Einrichtung schlussendlich durch Dritte herbeigeführt wird. Dies wäre jedoch die Folge der von der Beklagten vorgenommenen Auslegung. Auch im Fall eines Wohnungsbrandes hat die Ursache des Brandes (technischer Defekt, Naturgewalt oder eigene Brandstiftung bzw. Brandstiftung durch eine dritte Person) zunächst außer Betracht zu bleiben. Anderenfalls hätte dies die Berücksichtigung von Verschuldensgesichtspunkten zur Folge, die bei der Bedarfsfeststellung jedoch außen vor zu bleiben haben (BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 57/13 R – juris Rdnr. 16). In Fällen eines schuldhaften Verhaltens hat der Leistungsträger vielmehr die Möglichkeit, einen Kostenersatz nach § 103 SGB XII zu fordern.
Den vom BSG bisher entschiedenen Fällen (Zuzug bzw. Rückzug aus dem Ausland BSG, Urteil vom 27. September 2011 – B 4 AS 202/10 R – juris; Erstanmietung einer Wohnung durch einen Wohnungslosen BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 75/10 R – juris Rdnr. 14; Erstanmietung einer Frau nach Verlassen des Frauenhauses BSG, Urteil vom 23. Mai 2012 – B 14 AS 156/11 R – juris) lagen ebenfalls Ereignisse zu Grunde, die ihren Ursprung in der Person des Betroffenen hatten, auch wenn damit die äußere Veränderung der Wohnsituation einhergegangen ist. Dabei ist allen Fallgruppen gemein, dass die Hilfebedürftigen wegen besonderer Umstände nicht in der Lage waren, für den atypischen Bedarfsfall mittels Ansparungen vorzusorgen. Diesen Fällen steht der vorliegende Sachverhalt wertungsmäßig gleich. Es unterscheidet sie zu dem Fall des Rauschgiftsüchtigen, welcher die Möbel über Jahre sukzessiv verschlissen hatte, auch wenn dieser Verschleiß durch die Drogenerkrankung des dortigen Klägers wesentlich schneller und stärker als bei "normalem" Gebrauch erfolgte (auf diese Unterscheidung ebenfalls maßgeblich abstellend von Boetticher in LPK-Münder, SGB II, 6. Auflage 2017, § 24 Rdnr. 27).
Eine Wohnungserstausstattung ist nach alledem auch ohne äußere Änderung der Wohnsituation dann zu gewähren, wenn die bisherige Einrichtung aufgrund eines zeitlich eingrenzbaren außergewöhnliche Umstandes bzw. eines besonderen Ereignisses unvorhergesehen untergeht, der Grund für den Untergang außerhalb eines Abnutzungsverhaltens liegt und eine Ansparung zur Abdeckung des besonderen Bedarfsfalls daher nicht möglich war.
Diese Voraussetzungen liegen wie dargelegt bei der Klägerin vor.
Der Gewährung einer Beihilfe steht auch nicht entgegen, dass sich die Klägerin die Möbel zwischenzeitlich selbst beschafft hat, wozu ihr ihr erwachsener Sohn ein Darlehen gewährt hat. Diese Selbstbeschaffung kann ihr wegen der Unaufschiebbarkeit des Bedarfs nicht entgegengehalten werden. Das Darlehen war zudem – wie sich aus dem Darlehensvertrag vom 5. Juni 2017 ergibt – nur zur Überbrückung bis zur endgültigen Klärung der Leistungspflicht der Beklagten gewährt worden und ist daher im Rahmen der existenzsichernden Leistungen unbeachtlich (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 6. Oktober 2011 – B 14 AS 66/11 R – juris Rdnr. 16 ff.). Darüber hinaus ergibt sich aus der von der Beklagten vorgelegten Übersicht, dass im Leistungsbereich der Beklagten für die Erstausstattung stets Geldleistungen in der Form von Pauschalen erbracht werden, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt im Hinblick auf die Klägerin von Anfang an nur die Gewährung einer Geldleistung in Betracht gekommen wäre (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19. August 2010 – B 14 AS 10/09 R – juris Rdnr. 27 ff.).
Die Klägerin hat die von dem SG zu Grunde gelegten Beträge, die den von der Beklagten in ständiger Verwaltungspraxis bewilligten Pauschalen entsprechen, nicht weiter angegriffen. Die Beklagte sieht in ständiger Verwaltungspraxis folgende Beträge vor: Stühle für Einpersonenhaushalt: 104 Euro (4 Stühle zu je 26 Euro), Bett inkl. Rost und Matratze: 185 Euro, Schrank: 102 Euro, Esstisch: 66 Euro, Küchenschrank: 128 Euro, Wasserhahn: 46 Euro, Regal: 51 Euro, Teller, Besteck und Gläser: 30 Euro; Lampen: 10 Euro pro Zimmer + 1 für den Flur sowie für Kochtöpfe 20 Euro. Der Senat hat auch keinen Zweifel daran, dass diese Pauschalen geeignet sind, den Bedarf der Hilfebedürftigen auf Erstausstattung in vollem Umfang zu befriedigen (vgl. zu diesem Erfordernis BSG, Urteil vom 13. April 2011 – B 14 AS 53/10 R – juris Rdnr. 23). Zudem hat die Klägerin keine Berufung eingelegt, so dass nicht zu entscheiden war, ob die Klägerin einen Anspruch in der Höhe ihrer tatsächlichen (höheren) Aufwendungen hat.
Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193.
4. Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Rechtskraft
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