L 3 AS 95/16

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 24 AS 232/15
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 95/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 18. März 2016 und der Bescheid vom 24. Februar 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2015 insoweit geändert, als der Beklagte verpflichtet wird, der Klägerin Leistungen für die Monate März bis August 2015 unter Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft in Höhe von 363,00 EUR bruttokalt zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 18. März 2016 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat der Klägerin 1/5 ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten in der Berufungsinstanz zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Streitig sind die als Bedarf anzuerkennenden Kosten der Unterkunft für die Monate März bis August 2015. Die 1968 geborene Klägerin stand seit August 2014 im Leistungsbezug des Beklagten nach dem SGB II. Sie bewohnte eine Wohnung im F. Die Wohnung verfügte über zwei Zimmer bei einer Wohnfläche von ca. 55 m². Der Wohnung war außerdem ein Garagenplatz zugeordnet. Gemäß Mietvertrag war monatlich für die Kaltmiete 380,00 EUR zuzüglich eines Nebenkostenabschlages 70,00 EUR zuzüglich eines Heizkostenabschlages 70,00 EUR zu zahlen. Die Kosten für den Garagenplatz betrugen 35,00 EUR; die Klägerin hatte diesen zu selbigen Kosten an einen Dritten weitervermietet. Der Beklagte berücksichtigte zunächst im Rahmen der Leistungsbewilligung für die laufenden Kosten der Unterkunft und Heizung die tatsächlich verbliebenen Kosten in Höhe von 520,00 EUR monatlich. Mit Informationsschreiben vom 24. September 2014 teilte der Beklagte mit, dass diese Kosten unangemessen hoch für einen Einpersonenhaushalt seien. Angemessen sei ein Betrag von 315,00 EUR bruttokalt (Kaltmiete zuzüglich Nebenkosten) zuzüglich Heizkosten von bis zu 1,00 EUR pro m². Die Klägerin sei gehalten, die Kosten entsprechend bis 28. Februar 2015 zu senken oder vorzutragen, ob und weshalb eine Kostensenkung ihr generell nicht zumutbar sei. Auf den Fortzahlungsantrag der Klägerin vom 3. Februar 2015 bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 24. Februar 2015 vorläufig Leistungen für den Zeitraum vom 1. März bis 31. August 2015. Die Vorläufigkeit begründete er mit dem zu erwartenden, jedoch in der Höhe noch nicht feststehenden Einkommen der Klägerin aus Honorartätigkeiten. Für die Kosten der Unterkunft setzte er als Bedarf ankündigungsgemäß noch einen Betrag von 315,00 EUR bruttokalt an; die Heizkosten berücksichtigte er nach wie vor in tatsächlicher Höhe (70,00 EUR). Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie habe seit Anbeginn ihrer Arbeitslosigkeit Wohnungssuche in verschiedenen Städten betrieben. Hierzu habe sie im Internet über diverse Suchmaschinen und Immobilienportale Suchaufträge hinterlegt. Hieraus seien zwei positive Resultate generiert worden, die sich jedoch bei genauer Überprüfung doch nicht als kostenangemessen herausgestellt hätten. Auch eine Anfrage bei den Wohnungsgesellschaften und Genossenschaften in F am 26. Februar 2015 habe als Ergebnis erbracht, dass keine kostenangemessenen Wohnungen angeboten würden. Ihre Mutter habe für sie in B und P gesucht; auch hier habe sich kein Treffer ergeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. April 2015 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Parallel zum Widerspruchsverfahren führte die Klägerin ab dem 13. März 2015 ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (SG Schleswig, Az. S 2 AS 35/15 ER), in welchem sie ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholte. Der Beklagte verwies im Rahmen dieses Verfahrens darauf, dass sich die Mietobergrenze (MOG) aus den Ermittlungen des Institutes für Wohnen und Umwelt (IWU) ableite, das einen grundsicherungsrelevanten Mietspiegel erstellt habe. Mit Beschluss vom 1. April 2015 lehnte das Sozialgericht den Antrag der Klägerin ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass nach der gebotenen summarischen Prüfung kein Anspruch auf weitere Unterkunftskosten bestehe. Der Beklagte habe eine hinreichende Übergangsfrist gewährt. Das von dem Beklagten verwendete Konzept der Firma IWU erweise sich als schlüssig im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Gegen den Beschluss legte die Klägerin am 29. April 2015 Beschwerde beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht ein. Der erkennende Senat wies die Beschwerde mit Beschluss vom 12. Juni 2015 (Az. L 3 AS 89/15 B ER) im Wesentlichen aus den Gründen der Vorinstanz zurück. Eine umfassende Prüfung des Konzeptes müsse einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die weitere Einwendung der Klägerin, dass sie in Erwartung einer kurzfristigen Arbeitsaufnahme einen Umzug innerhalb F für irrational halte, stelle keinen Grund dar, von einem nicht zumutbaren Umzug auszugehen. Im Nachgang zur Entscheidung des Senats verwies die Klägerin am 27. Juni 2015 auf ihre inzwischen erhaltene mündliche Jobzusage der PH L , dort frühestens am 1. September 2015 ihre Arbeit aufnehmen zu können. Zeitgleich mit der Einlegung der Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat die Klägerin am 29. April 2015 gegen den Widerspruchsbescheid Klage vor dem Sozialgericht Schleswig erhoben. Die Klägerin hat sinngemäß beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 24. Februar 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2015 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II vom 1. März 2015 bis 31. August 2015 unter Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft in Höhe von 450,00 EUR bruttokalt zu gewähren. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte hat auf die angefochtenen Bescheide und die Ausführungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verwiesen. Die Bruttokaltbeträge folgten aus einem schlüssigen Konzept der IWU ("Ermittlung von Richtwerten für Angemessenheitsgrenzen der Kosten der Unterkunft für die Stadt F ("Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel") vom 18. Juli 2011 nebst Index-Fortschreibung mit Teuerung von 4,5% vom 13. Juni 2013 (im Folgenden: "Konzept"). Das Sozialgericht hat am 18. März 2016 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und mit Urteil vom gleichen Tag der Klage teilweise insoweit stattgegeben, als es den Beklagten verurteilt hat, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II vom 1. März 2015 bis 31. August 2015 unter Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft in Höhe von 344,00 EUR bruttokalt zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das Konzept des Beklagten sei nach den von der Rechtsprechung des BSG aufgestellten Kriterien für den hier zu beurteilenden Einpersonenhaushalt schlüssig. Er habe jedoch unzutreffend auf der Angebotsseite WG-Zimmer eingeschlossen. Unter Herausrechnung der angebotenen WG-Zimmer sowie der Berücksichtigung der Index-Fortschreibung im Jahr 2013 ergebe sich die angemessene Bruttokaltmiete. Der Beklagte habe als Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet F in die Betrachtung einbezogen, dies begegne keinen Bedenken. Auch die Datenerhebung innerhalb des Vergleichsraums sei nicht zu beanstanden. Allerdings habe der Beklagte bei der Auswertung der monatlichen absoluten Angebotsmieten nicht mehr den Korridor 40 – 60 m² der Beobachtung unterzogen, sondern ohne Ansehung einer Mindestgröße alle geeigneten Unterkünfte für einen Einpersonenhaushalt. Hierbei seien dann nicht nur Wohnungen kleiner als 40 m² eingegangen, sondern im Wesentlichen auch die innerhalb eines Monats auf 98 Einheiten hochgerechneten WG-Zimmer. Bei angebotenen WG-Zimmern handele es sich aber um einen abstrakt nicht zumutbaren Wohnraum. Dies liege nicht an der etwaigen Ausstattung und nur zu einem geringen Teil an der Größe des eigentlichen Zimmers, sondern im Wesentlichen darin, dass dem Nachsuchenden von vornherein eine erhebliche Aufgabe der Privatsphäre abverlangt werde. Hiergegen spreche nicht, dass auf konkreter Ebene WG-Zimmer angemietet werden dürften und eine Anzahl von Hilfebedürftigen im gemeinschaftlichen Wohnen unter Umständen auch eine Annehmlichkeit sehe. Dies seien persönliche Erwägungen, die auf abstrakter Ebene der Bestimmung der Angemessenheit außen vor zu bleiben hätten. Da die angebotenen WG-Zimmer in der weiteren Betrachtung wieder aufgegriffen würden, wären sie an der entsprechenden Stelle herauszurechnen. Bei Herausrechnung der WG-Zimmer errechneten sich im Ergebnis maximal angemessene Unterkunftskosten von 329,00 EUR bruttokalt. Dies sei indes der Stand von 2011, der aufgrund der Indexfortschreibung im Jahr 2013 eine Erhöhung um 4,5% zu erfahren habe. Rechnerisch ergäben sich 343,81 EUR, aufgerundet 344,00 EUR als angemessene Unterkunftskosten für einen 1-Personenhaushalt. Soweit die Klägerin anführe, ein Umzug innerhalb F wäre angesichts der geplanten Arbeitsaufnahme unsinnig gewesen, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Arbeitsaufnahme und -Zeitpunkt hätten zum Zeitpunkt der Kostensenkung nicht festgestanden. Die Klägerin habe sich in der Bewerbungsphase befunden. Die erwartete Arbeitsaufnahme in D zum 1. März oder 1. Juni 2015 habe auch tatsächlich nicht stattgefunden. Gegen das Urteil hat die Klägerin beim Sozialgericht am 12. April 2016 und beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 13. April 2016 Berufung eingelegt. Gegen das dem Beklagten nach seinen Angaben am 24. März 2016 zugestellte Urteil richtet sich dessen Berufung vom 20. April 2016. Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen vor: Sie begehre die volle Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten. Es gehe um 380,00 EUR bruttokalt plus Nebenkosten. Die von dem Beklagten benannten angeblich angemessenen Wohnungen habe sie angeschrieben gehabt, diese hätten aber nicht zur Verfügung gestanden. Das vom Beklagten angewandte Konzept halte sie für manipuliert. Um WG-Zimmer sei es nie gegangen. Sie weise nochmals darauf hin, dass ihr Nichtumziehen wirtschaftlich gewesen sei, da sie zum Zeitpunkt der Anmietung der Wohnung einen Arbeitsvertrag unterschrieben gehabt habe. Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 18. März 2016 sowie den Bescheid vom 24. Februar 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2015 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Leistungen nach dem SGB II vom 1. März 2015 bis 31. August 2015 unter Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft in Höhe von 450,00 EUR bruttokalt zu gewähren. Der Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts vom 18. März 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen, sowie, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höhere Unterkunftskosten als die gewährten 315,00 EUR bruttokalt. Er wende sich gegen die Auffassung des Vordergerichts, dass die auf der Angebotsseite in das Konzept mit eingeschlossenen WG-Zimmer für Einpersonenhaushalte rechtswidrig seien. Gegen die rechnerische Berechnung des Vordergerichts im Urteil wende er sich nicht. Unter Herausrechnung der WG-Zimmer gehe er rechnerisch von einer Mietobergrenze für Einpersonenhaushalte in Höhe von 344,00 EUR aus. Die Einbeziehung von Wohngemeinschaften bei Einpersonenhaushalten sei nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht habe die Frage der Einbeziehung von Zimmern in Wohngemeinschaften auf die Ebene der "abstrakten Angemessenheit" verortet. Dies sei unzutreffend, denn es gehe um die Frage der konkreten Angemessenheit. Diese Frage habe sich konkret aber nicht gestellt, denn der Beklagte habe im streitgegenständlichen Zeitraum eine hinreichende Anzahl anmietbarer abgeschlossener Wohnungen nachgewiesen. Der Beklagte habe bereits im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (S 2 AS 35/15 ER, L 3 AS 89/15 B ER) ca. 60 bis 70 abstrakt angemessene Mietangebote für abgeschlossene Wohnungen eingereicht. Bei keinem der Mietangebote habe es sich um ein WG-Zimmer gehandelt. Bei der Bestimmung der "abstrakten Angemessenheit" hätten Mietangebote in Wohngemeinschaften mitberücksichtigt werden können. Denn es gehe darum, mit der angemessenen Mietobergrenze "die Wirklichkeit", also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums abzubilden. Dies habe das BSG auch in seiner Dresden-Entscheidung berücksichtigt, bei der es um die Einbeziehung flächenmäßig sehr kleiner Wohnungen mit einer Größe von 24 m² gegangen sei. Es könne also nicht generell von einer Unzumutbarkeit bestimmter bescheidener Wohnformen ausgegangen werden, wenn gerade diese Wohnformen für den betrachteten Vergleichsraum prägend sei. Die Anzahl der Studenten mache in F weit mehr als ein Zehntel der Gesamtbevölkerung aus. Typisch für die Wohnverhältnisse in Hochschulstandorten sei das Angebot von Wohnraum in Wohngemeinschaften. Da diese Lebensgewohnheiten für F prägend seien und am lokalen Wohnungsmarkt typischerweise nachgefragt würden, sei es gerechtfertigt, auch WG-Zimmer in den Datensatz zur Bestimmung der abstrakten Angemessenheit aufzunehmen. Überdies entspreche es der sozialen Realität, dass auch SGB Il-Leistungsempfänger häufig einen Einpersonenhaushalt in einer Wohngemeinschaft begründeten. Demzufolge entspreche diese Form des Zusammenlebens gerade den maßgeblichen "herrschenden wohnraumbezogenen Lebensgewohnheiten" dieses Personenkreises und stehe nicht in Widerspruch dazu. Es gehe bei der Wohnform der Wohngemeinschaften nicht um Personen, die einander fremd seien und die ihre Privatsphäre voreinander aufgäben. Das werde den Realitäten im SGB Il-Leistungsbezug aber nicht gerecht. Eine Vielzahl der Rechtsstreitigkeiten von SGB Il-Leistungsempfängern drehe sich um die Frage, ob eine Wohngemeinschaft oder eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 c) SGB Il vorliege. Ein weiteres Indiz dafür, dass das Wohnen in einer Wohngemeinschaft keineswegs schon als abstrakt unzumutbar gelten könne, sei darin zu sehen, dass § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB Il als Möglichkeit der Kostensenkung auch das "Vermieten" benenne. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen sind statthaft, weil das Sozialgericht die Berufung im Urteil ausdrücklich zugelassen hat, hieran ist der Senat gemäß § 144 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebunden. Die Berufungen sind auch ansonsten zulässig. Sie sind insbesondere auch fristgerecht erhoben worden. Nachweise über die Zustellung des Urteils an die Beteiligten liegen nicht vor. Der fristgerechte, d.h. innerhalb der Monatsfrist des § 151 Abs. 1 SGG erfolgte Eingang der Berufung der Klägerin am 12. April 2016 beim Sozialgericht und am 13. April 2016 beim LSG ergibt sich bereits aus dem Datum des Urteils vom 18. März 2016 selbst. Die Rechtzeitigkeit der Berufungseinlegung durch den Beklagten beim LSG am 20. April 2016 ergibt sich aus der zeitlichen Abfolge des Absendevermerks des Urteils am 21. März 2016 (Bl. 26 Gerichtsakte) und der vom Beklagten erfolgten Angabe über den Eingang des Urteils am 24. März 2016.

Die Berufung der Klägerin ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Beklagte war nicht berechtigt, in dem von ihm zugrunde gelegten Konzept zur Bestimmung der angemessenen Mietobergrenze WG-Zimmer bei der Auswertung der erhobenen Mietangebote für einen 1-Personen-Haushalt mit zu berücksichtigen. Ein schlüssiges Konzept liegt damit nicht vor. Nach der dann anzuwendenden Tabelle des § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) ergibt sich unter Berücksichtigung eines 10%-Zuschlags für einen 1-Personen-Haushalt in F eine Bruttokaltmiete von 363,00 EUR brutto kalt. Insoweit war die Klägerin erfolgreich; die Berufung des Beklagten war entsprechend zurückzuweisen. Einen Anspruch auf die tatsächlichen bruttokalten Mietkosten von 450,00 EUR hat die Klägerin dagegen nicht, weshalb ihre Berufung im Übrigen zurückzuweisen war.

Streitgegenständlich sind höhere Leistungen der Klägerin zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum März bis August 2015. In diesem Zeitraum bewilligte der Beklagte Unterkunftskosten nur noch unter Berücksichtigung der angegebenen Mietobergrenze von 315,00 EUR zuzüglich der tatsächlichen Heizkosten von 70,00 EUR.

Die Beteiligten haben den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Höhe der Leistungen für die Kosten der Unterkunft begrenzt (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011 – B 4 AS 119/10 R –, Rn. 32, juris). Hierzu gehören neben den Kosten der Miete auch die Heizkosten, die der Beklagte der Klägerin gewährt hat und die zwischen den Beteiligten nicht im Streit stehen.

Die Klägerin ist Berechtigte im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB II. Sie hat das 15. Le-bensjahr vollendet und die Altersgrenze von § 7 a SGB II noch nicht erreicht, hatte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, war erwerbsfähig und hilfebedürftig. Sie verfügt über kein bedarfsdeckendes Einkommen oder ein die Hilfebedürftigkeit ausschließendes Vermögen.

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II hat die Klägerin Anspruch auf Leistungen für die Kosten der Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf der Hilfebedürftigen solange zu berücksichtigen, wie es diesen nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Der Beginn der Regelhöchstfrist von sechs Monaten setzt voraus, dass den Berechtigten zweifelsfrei bekannt ist, dass und in welchem Ausmaß die tatsächlichen Unterkunftskosten unangemessen sind (vergleiche Berlit in LPK SGB II § 22 Rn. 133). Dies erfordert in aller Regel eine Kostensenkungsaufforderung durch den Leistungsträger. Die Wirksamkeit einer Kostensenkungsaufforderung selbst wiederum setzt voraus, dass die angemessenen Kosten für die Unterkunft durch das Jobcenter bezeichnet werden. Sie stellt ein Angebot dar, in einen Dialog über die angemessenen Aufwendungen einzutreten (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 11/18 R; Urteil vom 15. Juni 2016, B 4 AS 36/15 R). Eine wirksame Kostensenkungsaufforderung liegt vor. Die Klägerin erhielt mit Schreiben vom 24. September 2014 eine Senkungsaufforderung mit dem Hinweis, dass die angemessenen Unterkunftskosten in F für 1 Person 315,00 EUR betrügen und in dieser Höhe ab dem 1. März 2015 nur noch bewilligt werden könnten. Streitig ist damit, ob der Beklagte, der die angemessenen Unterkunftskosten mit 315,00 EUR für die streitige Zeit März bis August 2015 festgesetzt hat, sich auf ein schlüssiges Konzept berufen kann. Die Angemessenheit von Kosten der Unterkunft ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln (vgl. vgl. bereits BSG, Urteile vom 7. November 2006 – B 7 b AS 18/06 R – sowie - B 7 b AS 10/06 R –; zuletzt BSG, Urteile vom 30. Januar 2019, - B 14 AS 24/18 R -, B 14 AS 10/18 -, B 14 AS 11/18 R -, B 14 AS 12/18 R -, B 14 AS 41/18 R). In einem ersten Schritt sind dafür die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard zu bestimmen, wobei als angemessen die Aufwendungen für eine solche Wohnung gelten, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist; die Wohnung muss im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet (BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 – B 14 AS 33/08 R –, Rn. 16, juris). In einem zweiten Schritt wird festgelegt, auf welche konkreten räumlichen Gegebenheiten als räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Anschließend ist zu ermitteln, wie viel für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem für die leistungsberechtigte Person maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Dabei ist grundsätzlich nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen. Allgemein vertreten wird die so genannte Produkttheorie, wonach nicht beide Faktoren (Wohnungsgröße und Wohnungsstandard – letzterer ausgedrückt durch Quadratmeterpreis) je für sich betrachtet "angemessen" sein müssen, solange jedenfalls das Produkt aus Wohnfläche (Quadratmeterzahl) und Standard (Mietpreis je Quadratmeter) eine insgesamt angemessene Wohnungsmiete (Referenzmiete) ergibt (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R).

Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße ist auf die Werte zurückzugreifen, welche die Länder aufgrund § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7 b AS 18/06 R –, Rn. 19; BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7 b AS 44/06 R -, Rn. 12, juris). Nach Nr. 3.2.2 der Verwaltungsbestimmungen zum Schleswig-Holsteinischen Wohnraumförderungsgesetz (VB-SHWoFG) vom 22. August 2012 (Amtsbl. Sch.-H. 2012, S. 790, berichtigt S. 970; geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 16. Juni 2014, Amtsbl. Sch.-H. 2014, S. 500) in der seit dem 1. September 2012 geltenden Fassung ist für Alleinstehende eine Wohnungsgröße von bis zu 50 m² angemessen; für 2-, 3- und 4-Personenhaushalte beträgt die angemessene Wohnfläche 60 m², 75 m² bzw. 85 m². Für jede weitere haushaltsangehörige Person erhöht sich die angemessene Wohnungsgröße um 10 m² Wohnfläche. Danach ergibt sich für Schleswig-Holstein für einen Einpersonenhaushalt eine angemessene Wohnfläche von bis zu 50 m². Die von der Klägerin bewohnte Wohnung mit einer Wohnfläche von 55 m² übersteigt die hiernach als angemessen anzusehende Wohnungsgröße um 5 m². Um ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln innerhalb des Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze auf der Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen (ständige Rechtsprechung seit BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R). Erforderlich sind im Einzelnen überprüfbare Erhebungen und Auswertungen, die eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes realitätsgerecht wiedergegeben werden (so BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 53/13 R -, [Berlin], Rn. 22 f; BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/14 R -, Rn. 22, juris). Dabei muss der Grundsicherungsträger nicht zwingend, darf aber auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel im Sinne der §§ 558 c, 558 d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abstellen. Entscheidend ist jedoch, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt, das im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein "angemessenes Maß" hinreichend nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R –, juris). Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall. Schlüssig ist das Konzept nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R -, Rn. 20; Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R -, Rn. 28; Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R –, Rn. 19, juris), wenn es mindestens die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt: -Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), -es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen – Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße, -Angaben über den Beobachtungszeitraum, -Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), -Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten, -Validität der Datenerhebung, -Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und -Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze). Die Grundsicherungsträger sind zur Ermittlung des abstrakt angemessenen Mietpreises nicht zu bestimmten Vorgehensweisen verpflichtet. Sie können vielmehr im Rahmen der Methodenfreiheit ein Konzept zur empirischen Ableitung der angemessenen Bruttokaltmiete unter Einbeziehung von Angebots- und Nachfrageseite wählen. Voraussetzung ist die Einhaltung der für ein schlüssiges Konzept aufgestellten und entwicklungsoffenen Grundsätze (BSG, Beschluss vom 20. Dezember 2016, - B 4 AS 247/16 B -, Rn. 5, juris). Auch nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll eine "Vielfalt an Konzepten" zur Festsetzung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung möglich sein (BT-Drs. 17/3404, S. 101 zur Satzung nach § 22 b SGB II). Als Teil eines menschenwürdigen Existenzminimums müssen die Unterkunftsbedarfe hingegen folgerichtig in einem transparenten und sachgerechten Verfahren berechnet werden (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 18. November 2014 - B 4 AS 9/14 R -, Rn. 13 m.w.N., juris), um dem verfassungsrechtlich gebotenen Anspruch des Hilfebedürftigen auf Ersatz der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG zu gewährleisten (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12, 1 BvR 1691/13 - Rn. 89; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 617/14 –, juris). Zudem ist das Konzept gerichtlich im Sinne einer nachvollziehenden Kontrolle voll überprüfbar, d.h. führt die gerichtliche Kontrolle zu einer Beanstandung des Vergleichsraumes oder des schlüssigen Konzepts, so ist dem Leistungsträger zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Nachbesserung einzuräumen. Gelingt eine Nachbesserung der Beanstandungen nicht, ist das Gericht nicht befugt, einen oder mehrere Vergleichsräume festzulegen oder ein schlüssiges Konzept – ggf. mit Hilfe eines Sachverständigen – zu erstellen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R). Lediglich wenn ein qualifizierter Mietspiegel der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze zugrunde liegt, ist auf diesen zur Herstellung der Spruchreife zurückzugreifen. Andernfalls sind mangels eines in rechtlich zulässiger Weise bestimmten Angemessenheitswerts die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft dem Bedarf für die Unterkunft zugrunde zu legen, begrenzt durch die Werte nach dem WoGG plus 10%.

Das vom Beklagten zugrunde gelegte Konzept zur Ermittlung der angemessenen Mietobergrenze vom 18. November 2011 in der Fassung der Fortschreibung von 2013 wird den oben genannten Anforderungen der Rechtsprechung an ein schlüssiges Konzept für die hier konkret streitige Haushaltsgröße nicht gerecht. Der Senat folgt den zutreffenden Ausführungen des Vordergerichts, dass dieses Konzept für 1-Personenhaushalte die abstrakt angemessenen und verfügbaren Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt in F nicht richtig ermittelt hat, weil es auch abstrakt unzumutbare Wohnungen in Form von WG-Zimmern bei Ermittlung der Unterkunftskosten für diese Haushaltsgröße mit einbezieht. Der Senat folgt auch der Ansicht des Vordergerichts, welches die Unzumutbarkeit nicht an der etwaigen Ausstattung und nur zu einem geringen Teil an der Größe des eigentlichen Zimmers festmacht, sondern daran, dass dem Nachsuchenden von vornherein eine erhebliche Aufgabe der Privatsphäre abverlangt wird. Dem steht auch nicht entgegen, dass das Wohnen in Wohngemeinschaften gerade unter jungen Menschen, insbesondere Studierenden, beliebt ist und daher gerade an dem Hochschulstandort F ebenso wie an anderen Hochschulstandorten die Wohnlandschaft mitprägt. Zu unterscheiden ist aber die freiwillige Entscheidung einzelner Personen für eine gemeinschaftliche Wohnform, die dann mit einem Weniger an individueller Privatsphäre einhergeht, und die abstrakte Zumutbarkeit von Wohnformen im Rahmen des Grundsicherungsrechts. Bei Ermittlung grundsicherungsrechtlich angemessener Unterkunftskosten können nur Wohnungen berücksichtigt werden, die der Gesamtheit der Grundsicherungsempfänger jedenfalls abstrakt zumutbar sind. Die individuelle Entscheidung einzelner Personen, in der Regel jüngerer Menschen, für eine gemeinschaftliche Wohnform kann dabei nicht im Rahmen der abstrakten Angemessenheit fremdbestimmt auf alle Grundsicherungsempfänger übertragen werden. Längst nicht alle suchen eine gemeinschaftliche Wohnform und sind bereit, Privatsphäre aufzugeben. Viele dürften auch persönlich für ein Leben in einer Wohngemeinschaft nicht geeignet sein, erfordert dies doch ein erhöhtes Maß an Kompromissbereitschaft und Teamfähigkeit im Alltag. Das BSG hat bereits in seinen Entscheidungen vom 19. Oktober 2010 (Az B 14 AS 65/09 R, Rn. 31, juris) und vom 13. April 2011 (Az B 14 AS 85/09 R, Rn. 23, juris) erkannt, dass Wohnungen mit nicht nur dem unterem, sondern unterstem Ausstattungsgrad nicht in die Datenbasis einbezogen werden dürfen. In seinem Urteil vom 11. Juli 2012 (Az L 16 AS 127/10) hat das Bayerische Landessozialgericht bezugnehmend auf die Entscheidungen des BSG (aaO) entschieden, dass Wohnungen, deren Küche, Bad und Toilette von zwei oder mehr Hauptmieterparteien gemeinsam genutzt werden, nicht in die Datenbasis miteinbezogen werden dürfen, wohl aber die Daten, die hinter einem qualifizierten Mietspiegel stehen. Diese Auffassung hat das BSG in der anschließenden Revisionsentscheidung vom 10. September 2013 (Az B 4 AS 77/12 R, Rn. 21, juris) ausdrücklich bestätigt: "( ...) Dabei ist die Festlegung des unteren Marktsegments zunächst in die Hände der Verwaltung gelegt, denn diese kann am ehesten anhand der regionalen Gegebenheiten entscheiden, welche Wohnungsmerkmale einen einfachen Wohnstandard ausmachen. Das BSG hat jedoch auch klargestellt, dass die Referenzwohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Standard abbilden, von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand gehören, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist. Deshalb dürfen sie in eine Auswertung auch der hinter einem qualifizierten Mietspiegel stehenden Daten unter dem Blickwinkel des § 22 SGB II nicht einfließen, unabhängig davon, ob sich in diesem Mietsegment (noch) eine nennenswerte Zahl an Wohnungen findet (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42, RdNr 29; s. auch BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - RdNr 23; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - (Duisburg), RdNr 14). Diesen Voraussetzungen wird die Entscheidung des LSG hier gerecht, wenn das Gericht die hinter dem qualifizierten Mietspiegel für die Stadt München liegenden Daten aus den Jahren 2007 heranzieht. Denn die Daten dieses Mietspiegels umfassen weder Wohnungen in einfacher Wohnlage (Wohnungen in abgelegenen Gebieten mit unzureichender Infrastruktur (fehlende Einkaufsmöglichkeiten, Dienstleistungsangebote, schulische, soziale, sportliche, kulturelle Eirichtungen, Verkehrsanbindungen, Grünanlagen, Baumbestand) und/oder Nähe zu größeren Gewerbe- und Industriegebieten, Entsorgungs- oder militärischen Anlagen) noch Wohnungen mit einfachster Ausstattung, deren Toilette, Küche oder Bad von anderen Mietparteien mitbenutzt werden, die nicht über Küche und Toilette verfügen und Wohnungen im Untergeschoss (Mietspiegel München 2007, S 5, 11 und Mietspiegel München 2009, S 4, 5, 11).( ...)" WG-Zimmer zählen daher ebenso wie Wohnungen z.B. ohne Warmwasser oder ohne WC innerhalb einer Wohnung zum Substandard. Soweit der Beklagte argumentiert, dass das BSG auch in seiner Dresden - Entscheidung die Einbeziehung sehr kleiner Wohnungen nicht beanstandet habe, ist dies nicht überzeugend. Denn bei WG-Zimmern handelt es sich gerade nicht um für den Mieter abgeschlossene Wohnungen mit einer eigenen Sanitär- und Küchenausstattung. Auch in seiner Entscheidung B 14 AS 50/10 R (aaO) geht das BSG bei der Beschreibung immer von Wohnungen aus, nicht von Zimmern in Wohnungen oder von isoliert betrachteter Wohnfläche.

Auch die weitere Argumentation des Beklagten, F sei durch die Anzahl der Studenten eine junge Stadt, und es sei auch nicht zu beanstanden, dass der Personenkreis junger Volljähriger, die nicht mehr bei ihren Eltern wohnten und sich noch in der beruflichen Orientierungsphase oder in der Ausbildung befänden, auf preiswerte Unterkünfte, insbesondere kleine möblierte Wohnungen, einzelne Zimmer, auch in Wohnheimen oder Wohngemeinschaften, beschränkt werde (Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 09.10.2009, L 11 B 4 165/09) überzeugt nicht. Der Beklagte argumentiert weiter, da diese Lebensgewohnheiten für F prägend seien und am lokalen Wohnungsmarkt typischerweise nachgefragt würden, sei es gerechtfertigt, auch WG-Zimmer in den Datensatz zur Bestimmung der abstrakten Angemessenheit aufzunehmen. Hier vermischt der Beklagte die abstrakte Angemessenheit mit der konkreten Zumutbarkeit. Der Senat teilt im Übrigen auch nicht die Auffassung des zitierten 11. Senats aus 2009 (aaO), dass unter 25-Jährigen der konkrete Verweis eines WG-Zimmers generell zumutbar ist. Hierfür gibt es keine gesetzliche Grundlage (vgl. LSG Sachsen, Urteil vom 19. Dezember 2013, L 7 AS 637/12, Rn. 169, bestätigt BSG, Urteil vom 18. November 2014, - B 4 AS 9/14 R , Rn. 24). In Literatur und Rechtsprechung wird – soweit erkennbar – diese Auffassung auch nicht (mehr) vertreten, vgl. jurisPK SGB II, 5. Aufl., § 22 (Stand 9. April 2020) Rn. 235 m.w.N.; Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. § 22 Rn. 196 m.w.N).

Die Einbeziehung von WG-Zimmern in die Ermittlung der Unterkunftskosten für die Einpersonenhaushalte entspricht damit nicht den oben dargestellten Anforderungen der Rechtsprechung an ein schlüssiges Konzept. Jedenfalls durch die Entscheidungen des BSG vom Januar 2019, die nach der vorliegenden angefochtenen Entscheidung ergangen sind, ist davon auszugehen, dass es nicht Aufgabe der gerichtlichen Kontrolle ist, zur Herstellung der Spruchreife seinerseits ein schlüssiges Konzept zu erstellen. Denn die Erstellung einschließlich der anzuwendenden Methode sind dem Jobcenter vorbehalten. Führt die gerichtliche Kontrolle zur Beanstandung des schlüssigen Konzepts, so ist dem Leistungsträger zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Nachbesserung zu geben (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R, Rn. 29, zitiert nach juris). In seiner Entscheidung vom 30. Januar 2019 (aaO) hat das BSG noch einmal deutlich hervorgehoben, dass, wenn es dem Jobcenter nicht gelingt, die Beanstandungen des Gerichts auszuräumen, das Gericht nicht befugt ist, zur Herstellung der Spruchreife seinerseits ein schlüssiges Konzept zu erstellen. Die Erstellung einschließlich der anzuwendenden Methode sind dem Jobcenter vorbehalten. Dies hat das BSG auch nochmals in seiner Entscheidung vom 17. September 2020 bestätigt, dass es nicht Aufgabe des Gerichts ist, ein unschlüssiges Konzept schlüssig zu machen (Vgl. B 4 AS 11/20 R, zitiert nach Terminbericht Nr. 30/20). Da der Beklagte auch im Berufungsverfahren die Auffassung vertritt, dass das erstellte Konzept unter Berücksichtigung der WG-Zimmer schlüssig sei, ist ihm auch nicht nochmals explizit Gelegenheit zu geben, das Konzept nachzubessern. Seine Auffassung vertritt der Beklagte im Übrigen auch in zwei weiteren im Senat anhängigen Berufungsverfahren (L 3 AS 116 und 117/ 17). Da das Konzept bereits wegen der Einbeziehung der WG-Zimmer als nicht schlüssig zu qualifizieren ist, kommt es daher darauf, ob der Senat das Konzept im Übrigen für schlüssig erachtet, nicht an. Das Sozialgericht war damit jedenfalls nach dieser – ihm zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht bekannten neueren Rechtsprechung des BSG nicht berechtigt, das aus seiner Sicht (allein) wegen der Einbeziehung der WG-Zimmer als unschlüssig erachtete Konzept schlüssig zu machen und hierzu eine Neuberechnung unter Außerachtlassung der WG-Zimmer selbst vorzunehmen.

Da der grundsicherungsrelevante Mietspiegel des Beklagten die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht erfüllt, hat die Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Unterkunftskosten, begrenzt auf die sich aus § 12 WoGG ergebenden Werte zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % (vgl. dazu BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - B 4 AS 87/12 R -; Urteil vom 11. Dezember 2012 - B 4 AS 44/12 R -; Urteil vom 22. März 2012 - B 4 AS 16/11 R -, juris). Nach dem maßgeblichen Höchstwert der Tabelle nach § 12 WoGG in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung ergibt sich für die Stadt F mit der Mietenstufe III ein Höchstwert von 330,00 EUR für einen 1-Personen-Haushalt. Unter Berücksichtigung eines 10%igen Zuschlags folgt hieraus als Mietobergrenze eine Bruttokaltmiete von 363,00 EUR.

Die Klägerin kann sich – entgegen ihrer Auffassung – auch nicht darauf berufen, dass ein Umzug unwirtschaftlich gewesen wäre. Ein Anspruch auf Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe von 450,00 EUR folgt auch nicht aus § 22 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 SGB II. Danach sind Aufwendungen für die KdU und Heizung, die den angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (Satz 3). Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre (Satz 4). Bereits aus dem Wortlaut des Satzes 4 ist erkennbar, dass es auf den Zeitpunkt der Kostensenkungsaufforderung ankommt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Klägerin aber – worauf bereits das Sozialgericht zutreffend hinweist – in der Bewerbungsphase. Eine Arbeitsaufnahme oder gar ein konkreter Termin des Beginns standen nicht fest. Die von der Klägerin erwartete Arbeitsaufnahme in D zum 1. März oder 1. Juni 2015 hat auch tatsächlich nicht stattgefunden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe I. Rechtsmittelbelehrung

Diese Entscheidung kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung schriftlich oder in elektronischer Form beim Bundessozialgericht einzulegen. Sie muss bis zum Ablauf der Monatsfrist beim Bundessozialgericht eingegangen sein und die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Postanschriften des Bundessozialgerichts: bei Brief und Postkarte 34114 Kassel

bei Eilbrief, Telegramm, Paket und Päckchen Graf-Bernadotte-Platz 5 34119 Kassel

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden. Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen

1. Rechtsanwälte,

2. Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,

3. selbstständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,

4. berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,

5. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

6. Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,

7. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nrn. 3 bis 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Die Organisationen zu Nrn. 3 bis 7 müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Nrn. 1 bis 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.

In der Begründung muss dargelegt werden, dass

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - die Entscheidung von einer zu bezeichnenden Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - ein zu bezeichnender Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.

Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht und eine Verletzung des § 103 SGG nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

II. Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe

Für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck ist kostenfrei bei allen Gerichten erhältlich. Er kann auch über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) heruntergeladen und ausgedruckt werden.

Im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs ist der Vordruck in Papierform auszufüllen, zu unterzeichnen, einzuscannen, qualifiziert zu signieren und dann in das elektronische Gerichtspostfach des Bundessozialgerichts zu übermitteln.

Falls die Beschwerde nicht schon durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt ist, müssen der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den Belegen innerhalb der Frist für die Einlegung der Beschwerde beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

III. Ergänzende Hinweise

Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um zwei weitere Abschriften. Dies gilt nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs.

Vors. Richterin am LSG Richterin am LSG Richter am LSG
Rechtskraft
Aus
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