S 5 AS 213/15

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 5 AS 213/15
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 667/20
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Konzept zu den angemessenen Kosten der Heizung ist unschlüssig, wenn die Grenze im Median aller erhobenen Werte für Wohnungen einfacher, mittlerer und gehobener Ausstattung plus Standardabweichung zur Beachtung eines abweichenden Heizverhaltens des Leistungsempfängers ermittelt wird, da ungünstigere Energiekonzepte im einfachen Wohnungsstandard und erhebliche Abweichungen in den Aufwendungen nach der Beheizungsart dann jedenfalls keine hinreichende Berücksichtigung finden würden.
Der Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2014 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. April 2014 in der Gestalt des Teilanerkenntnisses mit Schriftsatz vom 1. Juli 2020 wird abgeändert und der Beklagte verurteilt, dem Kläger weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung weiterer Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom
- 1. Mai bis 31. Juli 2014 in Höhe von 25,30 EUR monatlich,
- 1. August bis 31. Oktober 2014 in Höhe von 25,90 EUR monatlich
zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu ½.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Kosten der Unterkunft und Heizung, betreffend den Leistungszeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2014. Umstritten ist hierbei insbesondere die Anwendbarkeit des nachgebesserten Konzepts für die angemessenen Kosten von Unterkunft und Heizung.

Der am ... 1960 geborene Kläger bezieht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts seit dem 1. Januar 2005. Er bewohnte seit 2004 eine 2-Raum-Mietwohnung in Ballenstedt mit einer Wohnfläche von 51 m² bei einer Nettokaltmiete iHv 275,00 EUR, Vorauszahlungen für Betriebskosten iHv 45,00 EUR und für Heizkosten iHv 90,00 EUR monatlich laut Mietbescheinigung. Die Wohnung werde mit Gasheizung beheizt und mit Warmwasser dezentral versorgt.

Mit seinem Sohn D., geboren am ... 2002, besteht eine sogenannte temporäre Bedarfsgemeinschaft. D. wird zeitweise in der Woche, an den Wochenenden und in den Ferien von seinem Vater - dem Kläger - betreut, versorgt und erzogen. Im Jahr 2013 schlossen die Eltern von D. einen gerichtlichen Vergleich, wonach der Kläger sein Umgangsrecht mit D. alle 2 Wochen von sonnabends 10.00 Uhr bis sonntags 18.00 Uhr, einmal wöchentlich 16.00 Uhr bis 19.00 Uhr, 2 Wochen in den Sommerferien und die Hälfte der Schulferien wahrnehme.

Der Beklagte hatte den Kläger bereits im September 2012 und nochmals im Jahr 2013 auf die seiner Ansicht nach unangemessenen Unterkunftskosten hingewiesen und zur Kostensenkung aufgefordert.

Mit Bescheid vom 9. Mai 2014 bewilligte der Beklagte auf den Fortzahlungsantrag des Klägers Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2014 iHv 719,50 EUR monatlich. Eingeflossen waren Kosten der Unterkunft und Heizung iHv 258,50 EUR plus 70,00 EUR. Hiergegen wandte sich der Kläger am 19. Mai 2014 mit Widerspruch, der unbegründet blieb.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Dezember 2014 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er auf die Kostensenkungsaufforderung vom 26. September 2012 und die Richtlinie zu den angemessenen Unterkunftskosten.

Der Kläger hat am 13. Januar 2015 Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben. Er mache ausschließlich weitere Ansprüche bezüglich der Kosten der Unterkunft und Heizung geltend. Er rügt, dass ein schlüssiges Konzept für die Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung beim Beklagten nicht vorliege. Das angewandte Konzept begegne ernsthaften Bedenken. Zudem übe der Kläger regelmäßigen Umgang mit seinem minderjährigen Sohn aus. Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung seien zu übernehmen.

Mit Änderungsbescheid vom 1. April 2015 hat der Beklagte unter Berücksichtigung der Fortschreibung seiner Richtlinie weitere Leistungen für den Zeitraum vom 1. August bis 31. Oktober 2014 gewährt. Hierbei hat er nunmehr Kosten der Unterkunft und Heizung iHv 265,00 EUR plus 70,00 EUR zugrunde gelegt.

Der Beklagte hat mit Schriftsatz vom 1. Juli 2020 ein Teilanerkenntnis über die Gewährung weiterer Kosten der Unterkunft und Heizung iHv insgesamt 132 EUR für den streitgegenständlichen Zeitraum erklärt, nachdem das nachgebesserte Konzept vom Februar 2020 zu den angemessenen Kosten von Unterkunft und Heizung vorgelegen hat.

Der Kläger beantragt zuletzt,

den Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2014 in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. April 2015 und des Teilanerkenntnisses mit Schriftsatz vom 1. Juli 2020 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2014 unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage über das Teilanerkenntnis hinaus abzuweisen.

Der Beklagte bezieht sich auf die Ausführungen im Vorverfahren. Ihm fehle die Aufstellung der Umgangszeiten für die Wahrnehmung des Umgangsrechts. Ein zusätzlicher Wohnraumbedarf wegen des Umgangsrechts liege nicht vor. Zwischenzeitlich sei eine Nachbesserung des Konzepts zu den angemessenen Kosten von Unterkunft und Heizung erfolgt. Vergleichsraum sei nunmehr der Bereich Quedlinburg, bestehend aus den Gemeinden Quedlinburg, Thale, Falkenstein, Ballenstedt und Harzgerode.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Akten zu den Parallelverfahren S 5 AS 3910/15, S 5 AS 2702/17 und S 5 AS 2724/17 ergänzend verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Richtiger Beklagter ist der Landkreis Harz. Dies ist von Amts wegen zu beachten. Durch Verordnung zur Änderung der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom

1. Dezember 2010 (BGBl. I 2010, Nr. 61) ist seit dem 1. Januar 2011 der Landkreis Harz für die Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB II zuständig. Diese erfolgt durch die Kommunale Beschäftigungsagentur Jobcenter Landkreis Harz, einem Eigenbetrieb ohne eigene Rechtspersönlichkeit (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. Juli 2012 - L 5 AS 436/10). Gültigkeit hat das Rechtsträgerprinzip, lediglich ausnahmsweise das Behördenprinzip, wenn es landesrechtlich vorgesehen ist. Weder im Ausführungsgesetz zum Sozialgerichtsgesetz (AG SGG Sachsen-Anhalt) noch im Grundsicherungsgesetz Sachsen-Anhalt ist die Beteiligtenfähigkeit der Behörde geregelt (vgl. § 70 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Nach § 1 Grundsicherungsgesetz Sachsen-Anhalt sind (Rechts-)Träger die Landkreise und kreisfreien Städte.

Die Klage ist zulässig. Die Bezeichnung der Behörde genügt nach § 92 SGG.

Die Klage ist teilweise begründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 9. Mai 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Dezember 2014, in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 1. April 2015 und des Teilanerkenntnisses mit Schriftsatz vom 1. Juli 2020 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung höherer Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2014. Er hat einen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Kosten der Unterkunft und Heizung bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Auf diesen abtrennbaren Streitgegenstand hat er sein Klagebegehren mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2016 zulässigerweise beschränkt, so dass allein dieser Teil der Bewilligungsentscheidung des Beklagten gerichtlich zu überprüfen ist (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 - B 14 AS 42/13 R).

Der Kläger bildete im streitgegenständlichen Zeitraum gemäß § 7 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) eine sogenannte temporäre Bedarfsgemeinschaft mit seinem Sohn D. Er erfüllte die Voraussetzungen von § 7 Abs. 1 SGB II (idF vom 20. Dezember 2011). Der Kläger hat das 15. Lebensjahr vollendet, die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht, ist erwerbsfähig, hilfebedürftig und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.

Zu den zu erbringenden Leistungen gehören auch solche für Unterkunft und Heizung, die gemäß § 22 Abs. 1 SGB II (idF vom 13. Mai 2011) in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

Der Beklagte ging von einer Unangemessenheit der Unterkunftskosten aus und hat diese zuletzt auf die nach seiner nachgebesserten Richtlinie angemessenen Kosten begrenzt. Er hat zuletzt Kosten iHv 267,50 EUR (Bruttokaltmiete) nebst 84,50 EUR (Heizkosten) für die Monate Mai bis Juli 2014 und iHv 273,50 EUR (Bruttokaltmiete) nebst 82,00 EUR (Heizkosten) für die Monate August bis Oktober 2014 berücksichtigt. Die tatsächlichen Kosten betrugen monatlich 320,00 EUR (Bruttokaltmiete) sowie 90,00 EUR (Heizkostenvorauszahlung). Sie überstiegen damit die nach Ansicht des Beklagten angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung. Die erforderlichen Kostensenkungsaufforderungen erfolgten in den Jahren 2012 und 2013.

Die tatsächlichen Kosten der Unterkunft (Bruttokaltmiete) und der Heizung waren unangemessen. Der Begriff der "Angemessenheit" der Kosten der Unterkunft unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R).

Die Angemessenheitsprüfung hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien zu erfolgen, wobei zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten Stufe eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen ist. Zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten (= Bruttokaltmiete), zu ermitteln; dann ist die konkrete (= subjektive) Angemessenheit dieser Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs, zu prüfen.

Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft sind zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, a.a.O mit weiteren Nachweisen).

Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße beträgt für den Kläger 50 m², weil es sich um einen Ein-Personen-Haushalt handelt. Der Sohn des Klägers kann auf der Ebene der abstrakten Angemessenheit nicht als weiteres Haushaltsmitglied berücksichtigt werden, da er seinen Lebensmittelpunkt nicht beim Kläger hat. Dies ist nach der Rechtsprechung des BSG erst ab einem in etwa hälftigen Betreuungsanteils im Sinne eines Wechselmodells und nicht schon bei der Wahrnehmung eines Umgangs der Fall (vgl. BSG, Urteil vom 11. Juli 2019 - B 14 AS 23/18 R; Urteil vom 29. August 2019 - B 14 AS 43/18 R). Die Frage, ob bei dem Kläger wegen der Wahrnehmung seines Umgangsrechts ein zusätzlicher Wohnraumbedarf anzuerkennen ist, betrifft die Prüfungsstufe der konkreten Angemessenheit (BSG, a.a.O.). Für eine Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus 1 Person, ist der Wohnraum bis zu 50 m² als angemessene Wohnungsgröße anzusehen (gemäß RdErl. des Ministeriums für Raumordnung, Städtebau und Wohnungswesen (MRS) vom 23. Februar 1993 - MBl LSA Nr. 27/1993, S. 1281 iVm der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt, RdErl. des MRS vom 23. Februar 1993 und RdErl. des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr vom 10. März 1995 - MBl LSA Nr. 31/1995, S. 1133; vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 3. März 2011 - L 5 AS 181/07). Für diese angemessene Wohnfläche ist die Referenzmiete zu bestimmen. Die für Leistungsberechtigte infrage kommenden Wohnungen müssen nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen, ohne gehobenen Wohnstandard aufzuweisen, und ohne solche Wohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Stand abbilden.

Prüfungsgegenstand ist der Korrekturbericht 2012/2014 vom Februar 2020 zum Konzept "Mietwerterhebung zur Ermittlung von KdU-Richtwerten im Landkreis Harz 2012" mit seiner Fortschreibung 2014. Es handelt sich um eine Nachbesserung des Konzepts, da die Herangehensweise nicht vollständig anders gewählt worden ist. Er basiert weiterhin auf den von Dezember 2011 bis Mai 2012 erhobenen Rohdaten. Eine Nachbesserung ist nach der Entscheidung des BSG zulässig (vgl. Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 12/18 R).

Im Weiteren ist es erforderlich, die Referenzmiete oder die Angemessenheitsobergrenze im Vergleichsraum zu bestimmten. Der maßgebliche örtliche Vergleichsraum ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ein insgesamt betrachtet homogener Lebens- und Wohnbereich mit ausreichend großen Räumen der Wohnbebauung, zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit. Dies ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen. Der maßgebliche örtliche Vergleichsraum ist hier der Bereich Quedlinburg. Wie schon durch die ANALYSE & KONZEPTE Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien und Tourismus mbH in der Mietwerterhebung festgestellt, verfügt der Landkreis Harz über keinen einheitlichen Wohnungsmarkt. Der Landkreis weist - wie in der Mietwerterhebung ebenfalls erwähnt - größere regionale Unterschiede auf. Die Nachbesserung ist bezüglich der Bestimmung des Vergleichsraums plausibel.

Die Ausführungen zur Bestimmung des Vergleichsraums Quedlinburg im nachgebesserten Konzept sind nachvollziehbar (vgl. insoweit zur Bildung sog. Raumschaften in Flächenlandkreisen BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R, Rn. 16). Die Unterteilung der Landkreise erfordert eine eingehende Würdigung verschiedener Faktoren, die dem Jobcenter aufgrund der Methodenvielfalt vorbehalten ist (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 24/18 R, Rn. 33). Die gerichtliche Prüfung erschöpft sich in der nachvollziehenden Kontrolle auch bezüglich der Vergleichsraumbildung (vgl. BSG, Terminsbericht vom 3. September 2020 - B 4 AS 11/20 R; Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 24/18 R). Der Beklagte hat dargelegt, aus welchen Gründen die einzelnen Vergleichsräume den oben genannten Kriterien - insbesondere im Hinblick auf den räumlichen Zusammenhang, die einheitlichen Lebensverhältnisse, der Bezogenheit der einzelnen Gemeinden auf die jeweiligen Zentren Halberstadt, Wernigerode und Quedlinburg hinsichtlich der Angebundenheit an den örtlichen Personennahverkehr, Behörden, Schulen und andere Einrichtungen - entsprechen (vgl. auch SG Magdeburg, Urteil vom 17. Juni 2020 - S 16 AS 2296/18, Rn. 40 ff). Es existiert ein ausreichend großer Raum der Wohnbebauung mit mehr als 38.500 Wohnungen und 18.330 zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen (laut Zensus 2011 für die genannten Gemeinden). Die Einteilung erfolgte nachvollziehbar basierend auf dem sogenannten "Zentrale-Orte-System" des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung. Von jeder Kommune im Kreisgebiet ist nach der Darstellung im Korrekturbericht vom Februar 2020 das nächstgelegene Mittelzentrum - hier also Quedlinburg - in zumutbarer Zeit erreichbar. Insbesondere hat die Kammer auch bezüglich des Umstandes, dass sich im Vergleichsraum Gebiete mit durchschnittlich höheren und günstigeren Kosten der Unterkunft befinden, keine Bedenken (a.A.: SG Magdeburg, Urteil vom 14. September 2020 - S 20 AS 3691/17). Die Lage ist - wie oben dargestellt - nämlich einer der preisbildenden Faktoren auf dem Wohnungsmarkt. Für die Großstadt München hat das BSG den Vergleichsraum München (Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R, Rn. 22), obwohl auch hier die Stadtgebiete ein unterschiedliches Preisniveau haben, bestätigt. Maßgeblich für die Vergleichsraumbildung ist danach ein ausreichend großer Raum der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit. Dies ist im nachgebesserten Konzept beachtet worden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R, Rn. 20 mit weiteren Nachweisen) ist von der Schlüssigkeit des Konzepts auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind:

- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen;

- Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße);

- Angaben über den Beobachtungszeitraum;

- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel);

- Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten;

- Validität der Datenerhebung;

- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung;

- Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwerte, Kappungsgrenze).

Die Entwicklung des Konzepts unterliegt unter Beachtung der Mindestvoraussetzungen der Methodenfreiheit, wie das BSG bereits in mehreren Entscheidungen betont hat (vgl. zB BSG, Urteile vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 11/18 R und B 14 AS 24/18 R). Die Mindestvoraussetzungen sind nach der Überzeugung der Kammer mit dem vorgelegten nachgebesserten Konzept erfüllt. Die Unterkunftsbedarfe müssen als Teil eines menschenwürdigen Existenzminimums in einem transparenten und sachgerechten Verfahren, also realitätsgerecht, berechnet werden (BSG, Urteil vom 18. November 2014 - B 4 AS 9/14 R, Rn. 13).

Die vorliegenden Rohdaten belegen eine Datenerhebung über alle Bereiche des gesamten Vergleichsraums. Es finden sich Mietdaten der Gemeinden Quedlinburg, Falkenstein/Harz, Thale, Harzgerode und Ballenstedt. In den Bereichen, in denen weniger Wohnraum zu Wohnzwecken vermietet wird, sind den Rohdaten weniger Mietwerte zu entnehmen (Beispiele: a) Ballenstedt: 70 Datensätze in den Rohdaten bei 1.761 Wohnungen, die zu Wohnzwecken (auch mietfrei) vermietet sind lt. Zensus 2011; b) Thale: 795 Datensätze in den Rohdaten bei 4.749 Wohnungen, die zu Wohnzwecken (auch mietfrei) vermietet sind lt. Zensus 2011; c) Falkenstein/Harz: 135 Datensätze in den Rohdaten bei 795 Wohnungen, die zu Wohnzwecken (auch mietfrei) vermietet sind lt. Zensus 2011). Eine deutliche Verzerrung bei der Datenerhebung über den Vergleichsraum ist hier aber nicht ersichtlich. Alle Bereiche fanden hinreichend Beachtung.

Der Gegenstand der Beobachtung ist im Konzept unter Punkt 3.1 (Bezug auf altes Konzept Punkt 3.2., Punkt 4) nachvollziehbar dargelegt. Es wurden Mieten des gesamten Wohnungsmarktes (einfach bis gehoben) zugrunde gelegt. Nicht relevant und daher nicht in die Auswertung einbezogen wurden danach: Substandardwohnungen ohne Bad/WC und Sammelheizung, Wohnungen in Heimen, Dienst- oder Werkswohnungen, (teil-)gewerblich vermietete Wohnungen, Wohnungen, die preisgünstiger an Freunde und Bekannte vermietet werden, SGB-II-Daten aus dem Jobcenterdatensatz und Mieten die älter als 4 Jahre sind. Es handelt sich demnach um die Mietdaten, die dem Konzept 2012 zugrunde lagen, unter aktualisierter Vergleichsraumbildung. Der Beobachtungszeitraum war der Zeitraum von Dezember 2011 bis Mai 2012. Auch die Art und Weise der Datenerhebung unter Befragung der großen und kleinen Vermieter begegnet letztlich keinen Bedenken.

Bezüglich der Repräsentativität der Daten bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Fraglich ist hierbei, ob die ermittelten Referenzmieten den Mietwohnungsmarkt realitätsgerecht abbilden (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 19. April 2018 - L 7 AS 773/15, Rn. 46 ff). Eine hinreichende Gewähr dafür, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden, bietet eine Datenbasis auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R, wohl Abkehr: Urteil vom 3. September 2020 - Terminsbericht - B 14 AS 34/19 R). Der Vergleichsraum verfügte nach dem Zensus 2011 über vermieteten Wohnraum (ohne Leerstand) von 9.572 Wohnungen in Quedlinburg, 1.761 Wohnungen in Ballenstedt, 795 Wohnungen in Falkenstein/Harz, 1.453 Wohnungen in Harzgerode und 4.749 Wohnungen in Thale. Von den insgesamt 18.330 sind letztlich 2.107 Mietwerte im Vergleichsraum in die Gesamtstichprobe - mithin eine hinreichende Datenbasis - eingeflossen.

Datensätze der privaten Vermieter sind in signifikanter Weise mit 16 Prozent in das Konzept für den Vergleichsraum eingeflossen. Wird der Wohnungsmarkt nicht deutlich überwiegend oder nahezu ausschließlich durch große Wohnungsunternehmen und Genossenschaften geprägt, bedarf es zur repräsentativen Abbildung des Wohnungsmarktes der Sicherstellung, dass auch ausreichend Daten von kleineren Vermietern in die Erhebung einfließen (Bayerisches LSG; Urteile vom 28. März 2018 - L 11 AS 52/16 und L 11 AS 620/16; BSG, Terminsbericht vom 3. September 2020 - B 14 AS 34/19 R; BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R, Rn. 20). Die Stichprobengröße muss dabei nicht proportional sein (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R). Die verschiedenen Anbieter müssen zumindest in signifikanter Weise bei der Datenermittlung vertreten sein (vgl. SG Magdeburg, Urteil vom 9. Juli 2020 - S 14 AS 720/19 WA). Hier wurden nach den Angaben im Konzept ca. 3.500 kleinere Vermieter im Landkreis Harz in Zufallsstichprobe ausgewählt und angeschrieben. Nach der Stellungnahme vom 16. Oktober 2020 von ANALYSE & KONZEPTE Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien und Tourismus mbH (im Parallelverfahren des Klägers S 5 AS 2707/17) sind 1.930 Mietwerte von institutionellen Vermietern und 304 Mietwerte von privaten Vermietern im Vergleichsraum in das Konzept eingeflossen. Damit fanden Daten privater Vermieter im Vergleichsraum mit ca. 16 Prozent Berücksichtigung. Nach der Auskunft der ANALYSE & KONZEPTE Beratungsgesellschaft für Wohnen, Immobilien und Tourismus mbH vom 16. Oktober 2020 beträgt der Anteil der privaten Vermieter 53 Prozent. Der Zensus 2011 weist bei 18.330 zu Wohnzwecken vermieteten Wohnungen im Vergleichsraum 10.307 Wohnungen nichtprivater Vermieter (Wohnungsgenossenschaft, Kommune, kommunales oder privatwirtschaftliches Wohnungsunternehmen, anderes privatwirtschaftliches Unternehmen, Bund oder Land sowie Organisation ohne Erwerbszweck) aus, was 56 Prozent der Wohnungen nichtprivater Vermieter - also ca. 44 Prozent an Wohnungen von Privatvermietern - entspräche. Damit liegt zwar keine proportionale Stichprobengröße vor. Die Relevanz der Datensätze privater Vermieter wurde aber vom Konzeptersteller erkannt, in die Datensammlung Stufe 2 einbezogen, und sie fanden letztlich auch in einem signifikanten Ausmaß Einfluss in die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze.

Das BSG lässt einen Rückgriff auf Daten der letzten 4 Jahre vor dem Stichtag der Datenerhebung ausreichen (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R und B 4 AS 45/14 R). Hierauf stützte sich das alte Konzept, welches einer Überprüfung (aus anderen Gründen) nicht standhielt. Aber auch das nachgebesserte Konzept nutzt die Daten der letzten 4 Jahre. Stichtag war der 1. Dezember 2011. Für diesen Stichtag sollten die Vermieter die Höhe der am Stichtag zu zahlenden Nettokaltmiete und Nebenkosten mitteilen. An der Aktualität der Daten bestehen angesichts dessen keine Zweifel.

Der Einbezug von Angebotsmieten bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze ist aufgrund der hinreichenden Aktualität der verwendeten Daten nicht erforderlich (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 45/14 R, Rn. 22). Das Konzept ist insoweit schlüssig. Insbesondere stellt die Nachbesserung die neu zugrunde gelegten Perzentilgrenzen anhand der Tabelle 1 in Anlage 1 nunmehr nachvollziehbar dar. Sie beruhen auf statistischen Daten über die Haushalte mit Bedarfsgemeinschaften nach dem SGB II, der Wohngeldempfänger, Bedarfsgemeinschaften HLU/SGB XII und sonstigen Nachfragergruppen im Abgleich mit den vorhandenen Haushalten insgesamt nach dem Zensus 2011 für den Vergleichsraum. Sie sind nach der Haushaltsgröße sortiert. Die Grenzziehung ist nicht zu beanstanden, weil die Stichprobe Mietdaten des mittleren und gehobenen Standards enthält. Um diese bei der Auswertung alsdann wieder auszuscheiden, denn sie sind für Leistungsbezieher im Grundsicherungsrecht nicht angemessen, kann auf eine Grenze - orientiert an den unteren Einkommensbeziehern - zurückgegriffen werden (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R, Rn. 37).

Die Umlage dieser Nachfragergruppen im unteren Marktsegment auf den stichprobenhaft ermittelten Wohnungsmarkt mit Wohnungen mit einfachen, mittleren und gehobenen Wohnstandart ist plausibel. Soweit die Bestimmung der Nachfragergruppen auf den Landkreis Harz bezogen ist und somit vergleichsraumübergreifende Daten eingeflossen sind, ist darauf hinzuweisen, dass das Verbot der vergleichsraumübergreifenden Daten zwar für die Häufigkeitsverteilung der Grundmieten gilt, nicht aber für Hilfsgrößen, die in empirischer, nicht normativer Sicht herangezogen werden, um die die ermittelten Werte plausibel zu machen (BSG, Urteil vom 18. November 2014 - B 4 AS 9/14 R, Rn. 30). Die Bildung der Perzentilgrenzen ist daher jetzt plausibel.

Auch wenn die Bestimmung der Angebotsmieten unter Hinzurechnung selbst berechneter Betriebskosten (vgl. Tabelle 13, Fußnote 1) fraglich ist, da damit nicht reale Angebote einer Prüfung unterzogen worden sind, sind jedenfalls in der Nachbesserung Perzentilgrenzen im Wege des sogenannten iterativen Verfahrens nicht nach unten korrigiert worden. Dazu, dass keine Angebotsmieten in die Datenerhebung einfließen müssen vergleiche: BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R, Rn. 30. Gleiches gilt für das Problem des Abgleichs der berechneten Bruttokaltmiete mit der Netto-Neuvertragsmiete (vgl. Tabelle 14, Fußnote 1). Die Sinnhaftigkeit eines Vergleichs von Bruttokaltmieten (Bestand) mit Nettokaltmieten (Neuvertrag) erschließt sich der Kammer nicht, da beide nicht vergleichbar sind. Aber auch in diesem Schritt wurde die Perzentilgrenze nicht nach unten angepasst. Daher steht nicht zu befürchten, dass die ermittelten Angemessenheitsgrenzen zu niedrig festgelegt worden sind.

Die indexbasierte Fortschreibung des Konzepts zum 1. August 2014 begegnet keinen Bedenken (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 12. Dezember 2012 - B 4 AS 33/16 R, Rn. 20; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 31. Januar 2018 - L 5 AS 201/17, Rn. 111 ff).

Im zweiten Schritt sind die konkret angemessenen Unterkunftskosten zu prüfen. Hier fließen die besonderen Umstände des Einzelfalls ein. Die angemessenen Kosten der Unterkunft betragen hier für Mai bis Juli 2014 292,80 EUR monatlich und für August bis Oktober 2014 299,40 EUR monatlich anstelle berücksichtigter Kosten iHv 267,50 EUR bzw. 273,50 EUR monatlich. Dabei ist die Angemessenheitsgrenze für einen 2-Personen-Haushalt zugrunde zu legen. Hier ist beachtlich, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum mit seinem Sohn D. eine temporäre Bedarfsgemeinschaft bildete. Besteht wegen der Wahrnehmung des Umgangsrechts etwa ein zusätzlicher Wohnraumbedarf, kann dieser im Rahmen der konkreten Angemessenheit der Unterkunfts- und Heizungsaufwendungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 iVm Satz 3 SGB II zu berücksichtigen sein (vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 - B 4 AS 2/15 R). Die Regelungen des SGB II haben den Umgang zu ermöglichen, vermitteln aber keinen Anspruch auf optimale Umgangsbedingungen. Aufgrund der Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse bedarf es einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Bei dieser Einzelfallentscheidung ist zunächst die von den Eltern vereinbarte, vom Sorgeberechtigten bestimmte oder durch das Familiengericht angeordnete konkrete Regelung des Umgangs als maßgeblich zugrunde zu legen. Ein zusätzlicher Wohnraumbedarf kann von vornherein nur in Betracht kommen, wenn der Ort des persönlichen Umgangs - wie regelmäßig - die Wohnung des Umgangsberechtigten ist. In den Blick zu nehmen sind Anzahl der zu betreuenden Kinder, Häufigkeit und Zeitdauer des Umgangs, das Lebensalter und die Lebenssituation des Kindes, die Lebenssituation des Umgangsberechtigten, sein Verhältnis zum Kind und getrenntlebenden Elternteil, die konkreten Wohnverhältnisse und ggf. die Entfernung der elterlichen Wohnungen voneinander (BSG, Urteil vom 29. August 2019 - B 14 AS 43/18 R, Rn. 32).

D. war nach der gerichtlichen Vereinbarung an jedem zweiten Wochenende von sonnabends 10.00 Uhr bis sonntags 18.00 Uhr, einmal wöchentlich 3 Stunden nachmittags, 2 Wochen in den Sommerferien und die Hälfte der Schulferien bei seinem Vater. Er übernachtete regelmäßig bei ihm. Zum üblichen Alltag gehörte auch das Fertigstellen von Hausaufgaben. Angesichts der (üblichen) Umgangszeiten, des Alters des Kindes (12-jähriges Schulkind) und der persönlichen Verhältnisse von Kind und Kläger bestand ein zusätzlicher Wohnraumbedarf. Das Kind benötigte ein Bett, Raum für Schularbeiten und persönlichen Rückzug. Die 2-Raum-Wohnung kann entsprechend eingerichtet werden, um Freiraum für das Kind zu schaffen. Das wäre zur Überzeugung der Kammer sogar bei einer ausreichend großen 1-Raum-Wohnung möglich (zB durch Raumtrenner). Entsprechend der Richtlinie des Beklagten kann der Richtwert der nächst höheren Stufe beispielsweise auch bei regelmäßiger Ausübung des Umgangsrechts zugrunde gelegt werden. Hierzu war der Beklagte bisher auch bereit. Erst in den letzten Schriftsätzen wurde ein Mehrbedarf Wohnraum seitens des Beklagten abgelehnt. Nach obigen Ausführungen steht der Mehrbedarf jedoch zu.

Es berechnet sich der tenorierte Differenzbetrag iHv 25,30 EUR bzw. 25,90 EUR monatlich.

Ein Anspruch auf Berücksichtigung höherer Heizkosten besteht hingegen nicht. Die für die Heizkosten vorgesehene Prüfung der abstrakten Angemessenheit hat getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Bruttokaltmiete zu erfolgen.

Es müssten in einen solchen Wert neben dem als angemessen anzusehenden Heizverhalten des Einzelnen etwa auch klimatische Bedingungen, ständig wechselnde Energiepreise, der Energieträger, vor allem aber auch der im entsprechenden Mietsegment "typische" Gebäudestandard und der technische Stand einer als "typisch" anzusehenden Heizungsanlage einfließen. Maßgeblich ist das in Betracht zu ziehende Marktsegment der "einfachen" Wohnungen. Ein Rückgriff auf einen weniger ausdifferenzierten Wert (etwa auf Durchschnittswerte aller Verbraucher bezogen auf den jeweiligen örtlichen Bereich oder das Bundesgebiet) würde demgegenüber eine Pauschalierung von Kosten der Heizung bedeuten, die nach dem Konzept des SGB II dem Verordnungsgeber vorbehalten ist (vgl. § 27 Nr. 1 SGB II; BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08).

Im Konzept erfolgte eine Berücksichtigung von 8.642 Daten der Wohnungen einfacher, mittlerer und gehobener Ausstattung. So findet schon der typische Gebäudestandard einer einfachen Wohnung keine Berücksichtigung. Auch ist nicht nach der Beheizungsart differenziert worden (vgl. auch SG Magdeburg, Urteil vom 17. Juni 2020 - S 16 AS 2296/19, Rn. 46). Nach dem "Bundesweiten Heizspiegel 2013" ergeben sich aufgrund der Beheizungsart und der zu beheizenden Gebäudefläche bei den "zu hohen Kosten" Kosten von 16,10 EUR bis 21,90 EUR/m² und Jahr. Es handelt sich für einen 1-Personen-Haushalt um einen Unterschied iHv 290 EUR/Jahr bzw. 24,17 EUR/Monat (zwischen Beheizungsart Erdgas bei Gebäuden über 1.000m² Fläche und Beheizungsart Heizöl bis 250m² Gebäudefläche). Diese Beträge machen deutlich, dass bei einer Vermengung der Daten aller Heizungsarten und Wohnstandards - entgegen den Vorgaben des BSG in der genannten Entscheidung - eine Angemessenheitsgrenze nicht verlässlich ermittelt werden kann. Durch die Bildung einer Grenze des Medians plus Standardabweichung soll nach dem Konzept ein abweichendes Heizverhalten des Leistungsempfängers berücksichtigt werden. Günstigere Energiekonzepte bei Wohnungen des mittleren und gehobenen Standards, wie sie im Vergleich zu den hier maßgeblichen Wohnungen des einfachen Standards zu erwarten sind und die Beheizungsart haben hingegen keine ersichtlichen Auswirkungen auf die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nehmen können. Die insofern bestehenden Zweifel führen dazu, dass das Konzept bezüglich der Bestimmung der angemessenen Heizkosten nicht anzuwenden ist.

Der Grenzwert errechnet sich entsprechend der Rechtsprechung des BSG aus der abstrakt angemessenen Wohnfläche (hier 50 m²) und - weil ein kommunaler Heizspiegel nicht existiert - den Werten der Spalte "zu hoch" für Erdgas (251 - 500 m²) des "Bundesweiten Heizspiegels", der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlicht war (hier Heizspiegel 2013, veröffentlicht im Oktober 2013). Bis 50 m² ist ein Wert bis 71,67 EUR monatlich, bis 60 m² ein Wert bis 86,00 EUR monatlich angemessen. Die tatsächlichen Vorauszahlungen waren durch den Kläger iHv 90 EUR monatlich zu leisten.

Vorliegend besteht damit ein Hinweis darauf, dass die Heizkosten unangemessen sein könnten. Das Überschreiten des Grenzwerts kann aber lediglich als Indiz für die fehlende Angemessenheit angesehen werden (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R). Es errechnet sich auch unter Berücksichtigung der temporären Bedarfsgemeinschaft kein höherer Wert als der vom Beklagten für Mai bis Juli 2014 zugrunde gelegte Betrag iHv 84,50 EUR und für August bis Oktober 2014 iHv 82,00 EUR. Ein Mehrbedarf des Klägers liegt zwischen den Aufwendungen für den 1-Personen-Haushalt und dem 2-Personen-Haushalt, da sich der Sohn des Klägers nur zeitweise in seinem Haushalt aufhielt. Die bereits anerkannten Werte bewegen sich in Richtung der Höchstwerte für einen 2-Personen-Haushalt. Sie überschreiten insbesondere die hälftige Differenz zwischen dem 1-Personen-Haushalt und dem 2-Personen-Haushalt, die hier angesichts des nur zeitweisen Umgangs angemessen wäre.

In einem abschließenden Schritt ist zu prüfen, ob eine Pflicht zur Senkung der Kosten folgt. Wenn in einem Abrechnungszeitraum trotz des vorangegangenen Hinweises eine maßgebende Kostensenkung durch Energieeinsparung nicht erzielt wird, kommt bei unangemessen hohen Aufwendungen für Heizung - wie bei überhöhten Kosten der Unterkunft auch - vor allem der in § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ausdrücklich genannte Wohnungswechsel als Maßnahme zur Kostensenkung in Betracht (BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R). Der Wohnungswechsel als Kostensenkungsmaßnahme wegen überhöhter Kosten ist aber nur zumutbar, wenn in einer alternativ zu beziehenden Wohnung insgesamt keine höheren Kosten als bisher anfallen. Ergibt sich, dass die tatsächlichen Gesamtaufwendungen die Vergleichskosten nicht übersteigen, sind dem Kläger Kostensenkungsmaßnahmen nicht zumutbar (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R, Rn. 33). Übersteigen die tatsächlichen Gesamtkosten die genannten Vergleichswerte für Unterkunft und Heizung, ist eine Kostensenkung durch Wohnungswechsel im Grundsatz abzuverlangen (vgl. BSG, a.a.O.).

Die Gesamtkosten iHv 410,00 EUR übersteigen die Vergleichswerte 377,30 EUR bzw. 381,40 EUR, weshalb der Umzug zumutbar war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt nicht mehr als 750 EUR, weshalb die Berufung nicht von Gesetzes wegen statthaft ist (vgl. §§ 143, 144 SGG). Allerdings ist sie zuzulassen, da die Rechtsfrage der verhältnismäßigen Berücksichtigung der Mietwerte eine über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung aufweist und eine höhergerichtliche Entscheidung bezüglich der Nachbesserungen zum Konzept zu den angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung im Landkreis Harz bisher nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Saved