Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Neuruppin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
26
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 26 AS 77/20
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Der Beklagte wird unter Aufhebung seiner mit dem Bescheid vom 19. November 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Januar 2020 verlautbarten sozialverwaltungsbehördlichen Ablehnungsentscheidung verpflichtet, der Klägerin für den Zeitraum vom 01. Oktober 2019 bis zum 31. März 2020 passive Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) als Zuschuss zuzuerkennen.
Der Beklagte hat der Klägerin die ihr entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens dem Grunde nach in voller Höhe zu erstatten.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01. Oktober 2019 bis zum 31. März 2020 als Zuschuss.
Die im November 1957 geborene Klägerin und ihr im März 1954 geborener Lebensgefährte sind je zur Hälfte Eigentümer eines Hausgrundstückes, das mit einem unterkellerten Einfamilienhaus (Erd- und Dachgeschoss) bebaut ist, das seit der Fertigstellung in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts von beiden gemeinsam bewohnt wird. Das Grundstück besteht aus zwei Flurstücken mit insgesamt 875 Quadratmetern (Flur X, Flurstück XX: 494 Quadratmeter, Flur 2, Flurstück XY: 381 Quadratmeter). Die Wohnfläche des Hauses beträgt nach Auffassung des Beklagten mindestens 116,24 Quadratmeter, wobei er hierzu auch einen im Keller befindlichen, voll möblierten, 21,47 Quadratmeter großen Raum zählt, in dem der Lebensgefährte der Klägerin seinen täglichen Mittagsschlaf abhält. Der Lebensgefährte bezog – unter Zugrundelegung eines am 29. Januar 2014 eingetretenen Versicherungsfalls (ein unter 3 Stunden täglich herabgesunkenes Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) – eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von März 2017 bis November 2019 (Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg vom 28. März 2017), deren Nettozahlbetrag im streitigen Zeitraum monatlich 646,36 Euro betrug; seit Dezember 2019 bezieht er eine Altersrente.
Den von der Klägerin am 22. August 2019 gestellten Antrag, ihr ab dem 01. Oktober 2019 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Zuschuss zu gewähren, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19. November 2019 für den Zeitraum vom 01. Oktober 2019 bis zum 31. März 2020 mit der Begründung ab, das Vermögen übersteige den Grundfreibetrag. Das selbstgenutzte Hausgrundstück unterfalle nicht dem Schutz des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II. Die Gesamtwohnfläche betrage 150,73 Quadratmeter, die Angemessenheitsgrenze betrage bei zwei Personen 90 Quadratmeter. Das selbstgenutzte Hausgrundstück sei von unangemessener Größe und verwertbar. Es bestehe kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II als Zuschuss. Der Klägerin seien indes Leistungen als Darlehen zu gewähren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06. Januar 2020 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 06. Dezember 2019 als unbegründet zurück. Die tatsächliche Wohnfläche betrage 116,24 Quadratmeter und liege damit über der Angemessenheitsgrenze. Der vom Lebensgefährten der Klägerin zum Mittagsschlaf genutzte Raum sei voll zu berücksichtigen. Die Grundstücksfläche sei hingegen angemessen. Der Wert des Grundstücks sei anhand der überschlägigen Wertermittlung der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses vom 10. April 2018 mit 115.500,00 Euro zu bestimmen. Hiervon seien die auf dem Grundstück lastenden dinglichen Belastungen abzuziehen, sodass sich ein Grundvermögen von 80.742,10 Euro errechne. Hinzu komme ein Bankguthaben in Höhe von 140,14 Euro, sodass sich das Vermögen auf einen Wert von insgesamt 80.882,24 Euro belaufe. Hiervon seien Freibeträge und bereits gewährte Darlehen abzusetzen, so dass sich ein zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 45.693,47 Euro ergebe.
Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2020 – bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangen am gleichen 28. Januar 2020 – hat die anwaltlich vertretene Klägerin Klagen erhoben, mit denen sie ihr auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung ihres Begehrens führt die Klägerin aus, sie lebe mit ihrem Lebensgefährten, der keinen eigenen Anspruch nach dem SGB II habe, weil er eine Erwerbsminderungsrente beziehe, in einer Bedarfsgemeinschaft. Ihr stehe aber der geltend gemachte Anspruch zu, weil es sich bei dem selbstgenutzten Hausgrundstück um Schonvermögen handele. Lasse man den vom Beklagten berücksichtigten Kellerraum außer Betracht, betrage die Wohnfläche des Hauses nach ihrer Messung lediglich 87,98 Quadratmeter und nach der Messung des Beklagten 94,77 Quadratmeter, so dass die an sich maßgebliche Wohnflächengrenze von 90 Quadratmetern jedenfalls nicht um mehr als Zehn vom Hundert überschritten werde, es sich mithin um einen Härtefall handele. Um das Kellergeschoss als Wohnfläche ansehen zu können, müsse eine Nutzungsänderung beantragt werden, die jedoch bauordnungsrechtlich nicht genehmigt werden könne.
Die Klägerin beantragt (nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),
den Beklagten unter Aufhebung seiner mit dem Bescheid vom 19. November 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Januar 2020 verlautbarten sozialverwaltungsbehördlichen Ablehnungsentscheidung zu verpflichten, der Klägerin für den Zeitraum vom 01. Oktober 2019 bis zum 31. März 2020 passive Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) als Zuschuss zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf seine Begründung in den angefochtenen Entscheidungen und vertieft diese. Ergänzend führt er aus, er habe die Wohnfläche zu Recht unter Einschluss der Fläche des Kellerraumes zugrunde gelegt. Nach der Regelung des hier maßgeblichen § 4 Nr 1 WoflV seien Räume und Raumteile mit einer lichten Höhe von mindestens zwei Metern vollständig bei der Berechnung der Grundfläche zu berücksichtigen. Es komme insbesondere nicht auf theoretische Planungen von Wohnraum an, sondern lediglich auf die tatsächliche Nutzung bzw tatsächliche Nutzungsmöglichkeit als solche. Ungeachtet dessen sei auch die Grundstücksfläche mit 875 Quadratmetern ebenfalls unangemessen.
Das Gericht hat die Beteiligten mit Verfügung vom 29. September 2020 sowie mit Verfügung vom 01. Dezember 2020 zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhaltes auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen, über die die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden konnte, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten gemäß § 105 Abs 1 S 2 SGG zuvor mit der gerichtlichen Verfügung vom 29. September 2020 sowie mit der gerichtlichen Verfügung vom 01. Dezember 2020 zu dieser beabsichtigten Entscheidungsform ordnungsgemäß angehört worden sind, eine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten hierzu nicht erforderlich ist und weil das Gericht – ebenso wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung – weder zur vorherigen Darstellung seiner Rechtsansicht (vgl hierzu etwa Bundessozialgericht, Beschluss vom 03. April 2014 – B 2 U 308/13 B, RdNr 8 mwN) noch zu einem vorherigen umfassenden Rechtsgespräch verpflichtet ist (vgl hierzu etwa Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R, RdNr 23), haben Erfolg.
1. Streitgegenstand des Verfahrens sind Ansprüche der Klägerin auf Gewährung von passiven Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01. Oktober 2019 bis zum 31. März 2020 als Zuschuss. Gegenstand des Klageverfahrens (vgl § 95 SGG) ist dementsprechend die mit dem Bescheid des Beklagten vom 19. November 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Januar 2020 verlautbarte sozialverwaltungsbehördliche Entscheidung, mit der es der Beklagte abgelehnt hat, der Klägerin entsprechende Leistungen als Zuschuss zu gewähren.
2. a) Die Klägerin verfolgt ihr auf die Gewährung von entsprechenden Leistungen gerichtetes Begehren – bei verständiger Würdigung ihres Rechtsschutzziels (vgl § 123 SGG) – zutreffend im Wege (kombinierter) Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG iVm § 54 Abs 1 S 1 Regelung 3 SGG sowie § 56 SGG).
aa) Mit der Anfechtungsklage erstrebt die Klägerin dabei die Aufhebung der sozialverwaltungsbehördlichen Ablehnungsentscheidung, die einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 S 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) darstellt. Mit den Verpflichtungsklagen begehrt die Klägerin für jeden einzelnen Monat des Streitzeitraumes (vgl zum sog Monatsprinzip die Regelungen des § 11 Abs 2 S 1 SGB II, § 11 Abs 3 S 1 SGB II, § 20 Abs 1 S 3 SGB II, § 37 Abs S 2 SGB II sowie § 41 Abs 1 S 2 SGB II; vgl dazu auch Bundessozialgericht, Urteil vom 30. März 2017 – B 14 AS 18/16 R, RdNr 18 sowie Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 26/07 R, RdNr 28) – nur noch – den entsprechenden sozialverwaltungsbehördlichen Ausspruch der Zuerkennung von passiven Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem SGB II als Zuschuss, weil der Beklagte angesichts seiner – den gleichen Streitzeitraum betreffenden – sozialverwaltungsbehördlichen Darlehensbewilligungsverfügungen nicht noch einmal im Wege von mit der Anfechtungsklage kombinierten Leistungsklagen im Sinne des § 54 Abs 4 SGG iVm § 56 SGG zur Zahlung verurteilt werden kann, nachdem die Klägerin die ihr gewährten Darlehensleistungen noch nicht zurückgezahlt hat (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. August 2010 – B 4 AS 70/09 R, RdNr 12 sowie auch Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Februar 2013 – B 8 SO 4/12 R, RdNr 14).
bb) Demgegenüber scheiden indes kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen – gerichtet auf die Verpflichtung des Beklagten zur Änderung des Rechtsgrundes (Zuschuss statt Darlehen) der Darlehensbewilligungsverfügungen selbst – von vornherein aus, weil die Darlehensbewilligungsverfügungen von der Klägerin nicht angegriffen worden sind.
c) Die so verstandenen statthaften Klagen sind auch im Übrigen zulässig.
3. Die danach insgesamt zulässigen Klagen sind auch begründet, weil es der Beklagte zu Unrecht abgelehnt hat, der Klägerin Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des SGB II zu bewilligen, was die Klägerin zudem auch im Sinne des § 54 Abs 2 S 1 SGG in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten beschwert. Der Klägerin stehen nämlich – entgegen der Auffassung des Beklagten – entsprechende Leistungsansprüche – dem Grunde nach als Zuschuss – zu.
a) Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01. Oktober 2019 bis zum 31. März 2020 sind die §§ 19 ff iVm §§ 7 ff SGB II in der Fassung, die die genannten Vorschriften vor dem streitbefangenen Zeitraum hatten, weil in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden ist (sog Geltungszeitraumprinzip, vgl dazu nur Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Juni 2020 – B 4 AS 8/20 R, RdNr 21 mwN), was auch für die weiteren zitierten Vorschriften gilt. Gemäß § 19 Abs 1 S 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II, das gemäß § 19 Abs 1 S 3 SGB II den Regelbedarf, die Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfasst.
aa) Die Grundvoraussetzungen, um Arbeitslosengeld II zu erhalten (§ 7 Abs 1 S 1 SGB II), erfüllte die Klägerin (vgl § 7 Abs 3 Nr 1 SGB II), die im streitgegenständlichen Zeitraum 61 Jahre bzw 62 Jahre alt war (vgl § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II), erwerbsfähig war (vgl § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte (vgl § 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB II); auch ein von Leistungen nach dem SGB II ausschließender Tatbestand lag nicht vor.
bb) Entgegen der Auffassung des Beklagten scheitert die Hilfebedürftigkeit der Klägerin iSv § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II im streitbefangenen Zeitraum auch nicht an zu berücksichtigendem Vermögen im Sinne von § 12 Abs 1 SGB II, weil die der Klägerin und ihrem Lebensgefährten zu Eigentum gehörenden Grundstücke und das darauf befindliche Hausgrundstück aufgrund der Regelung des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II als Schonvermögen unberücksichtigt zu bleiben haben.
aaa) Hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II iVm § 9 Abs 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Gemäß § 9 Abs 4 SGB II ist aber auch derjenige hilfebedürftig, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigenden Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde. Doch führt diese erweiternde Fiktion der Hilfebedürftigkeit (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Mai 2017 – B 14 AS 16/16 R, RdNr 35 und Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Oktober 2016 – B 4 AS 4/16 R, RdNr 24 sowie auch Karl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, § 9, RdNr 140 ff und Blüggel in: Eicher/Luik, SGB II, § 24, RdNr 143) nur zu einem Anspruch auf Darlehensleistungen (vgl § 24 Abs 5 SGB II), wie der Beklagte sie der Klägerin für den streitigen Zeitraum auch gewährt hat. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, so wie die Klägerin im streitigen Zeitraum mit ihrem Lebensgefährten gemäß § 7 Abs 3 Nr 1 SGB II iVm § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (vgl § 9 Abs 2 S 1 SGB II). Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 SGB II außer Betracht (vgl § 9 Abs 2 S 3 SGB II).
Gemäß § 12 Abs S 3 S 1 Nr 4 SGB II ist als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein Hausgrundstück von angemessener Größe. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitssuchende zuständigen Senate des Bundessozialgerichts dahin konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf seine Gesamtwohnfläche und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 01. Januar 2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG), differenziert nach der Anzahl der Personen zu bestimmen ist (vgl nur Bundessozialgericht, Urteil vom 30. August 2017 – B 14 AS 30/16 R, RdNr 17 mwN). Für Hauseigentum beträgt die Wohnflächengrenze bei vier Personen 130 Quadratmeter (§ 39 Abs 1 S 1 Nr 1 II. WoBauG iVm § 39 Abs 2 Nr 1 II. WoBauG), wobei bei einer Belegung mit weniger als vier Personen die Wohnflächengrenze um jeweils 20 Quadratmetern zu reduzieren ist; typisierend ist diese Reduzierung jedoch auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen zu begrenzen (vgl nur Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 14 AS 90/12 R, RdNr 31).
Bei der Bestimmung der Anzahl der Wohnungsnutzer ist nur auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs 3 SGB II sowie auf die Angehörigen der Haushaltsgemeinschaft im Sinne von § 9 Abs 5 SGB II abzustellen (vgl nur Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 14 AS 90/12 R, RdNr 35). Zudem geht das Bundessozialgericht davon aus, dass wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl Art 20 Abs 3 des Grundgesetzes (GG)) eine Überschreitung des Grenzwertes von nicht mehr als zehn vom Hundert nicht zu einer Unangemessenheit führt (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. August 2017 – B 14 AS 30/16 R, RdNr 18 mwN).
Die danach hier maßgebliche, um zehn vom Hundert erhöhte Wohnflächengrenze von 99 Quadratmetern überschreitet die von der Klägerin und ihrem Lebensgefährten genutzte Baulichkeit nicht. Denn der in Rede stehende Kellerraum ist – entgegen der Auffassung des Beklagten – bei der Bestimmung der Wohnfläche nicht zu berücksichtigen. Dies folgt schon daraus, dass nach den weitgehend aufgehobenen Bestimmungen der Zweiten Berechnungsverordnung ((2. BV) idF der Bekanntmachung vom 12. Oktober 1990, BGBl I 2178) bzw – soweit nicht die Überleitungsvorschrift (§ 5 der Wohnflächenverordnung (WoFlV)) eingreift – nach den Bestimmungen der Wohnflächenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl I 2346), die hier heranzuziehen sind (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Mai 2007 – B 11b AS 37/06 R, RdNr 26; vgl auch den zwischen den gleichen Beteiligten ergangenen Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. August 2020 – L 29 AS 729/20 B PKH – dort S 7 f des Abdruckes) zur Wohnfläche weder die Grundfläche von Zubehörräumen wie zB Kellerräumen (vgl § 42 Abs 4 Nr 1 2. BV bzw § 2 Abs 3 Nr 1a) WoFlV) gehören noch die Grundfläche von Räumen, die den nach ihrer Nutzung zu stellenden Anforderungen des (brandenburgischen) Bauordnungsrechts nicht genügen (§ 42 Abs 4 Nr. 3 2. BV bzw. § 2 Abs 3 Nr 2 WoFlV). Da es sich vorliegend indes aber – nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten – um einen Kellerraum im obigen Sinne handelt und zudem – nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin – eine baurechtliche Nutzungsänderungsgenehmigung nicht erteilt worden ist und werden kann, muss die Grundfläche des Kellerraumes bei der Wohnflächenermittlung außer Betracht bleiben.
Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es auch nicht darauf an, dass gemäß § 4 Nr 1 WoflV (vgl auch § 44 Abs 1 Nr 1 2. BV) Räume und Raumteile mit einer lichten Höhe von mindestens zwei Metern vollständig bei der Berechnung der Grundfläche zu berücksichtigen sind, weil aufgrund der bereits zitierten Regelungen des § 42 Abs 4 Nr 1 2. BV bzw des § 2 Abs 3 Nr 1a) WoFlV die Grundflächen von Kellerräumen gerade nicht bei der Wohnflächenberechnung im Sinne des § 42 Abs 1 2. BV, wonach die Wohnfläche einer Wohnung die Summe der anrechenbaren Grundflächen der Räume, die ausschließlich zu einer Wohnung gehören, ist bzw des § 2 Abs 1 S 1 WoFlV, wonach die Wohnfläche einer Wohnung die Grundflächen der Räume umfasst, die ausschließlich zu dieser Wohnung gehören (und die keine Zubehörräume im Sinne von § 2 Abs 3 WoFlV darstellen), zu berücksichtigen sind. Ebenfalls entgegen der Auffassung des Beklagten ist es angesichts der typisierend geltenden Regelungen der Zweiten Berechnungsverordnung bzw der Wohnflächenverordnung auch unerheblich, ob und in welcher Weise die Klägerin und ihr Lebensgefährte den nach den obigen Ausführungen nicht für die Wohnflächenberechnung zu berücksichtigenden weiteren Raum tatsächlich nutzen.
bbb) Soweit der Beklagte seine ablehnende sozialverwaltungsbehördliche Entscheidung zuletzt auch darauf gestützt hat, dass der Hilfebedürftigkeit der Klägerin die Unangemessenheit der ihr und ihrem Lebensgefährten zu Eigentum gehörenden Grundstücke entgegen stehe, vermag er auch hiermit nicht durchzudringen. Ab welchen Flächen Grundstücke nicht mehr angemessen sind, ist zwar höchstrichterlich bisher nicht geklärt. Ausgehend von der Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit wird allgemein bei einer Grundstücksgröße von 500 Quadratmetern im städtischen und 800 Quadratmetern im ländlichen Bereich von einer üblichen Grundstücksgröße und deshalb von deren Angemessenheit ausgegangen (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 14 AS 90/12 R, RdNr 24). Mit Blick auf den auch hier zu berücksichtigenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl erneut Art 20 Abs 3 GG; vgl zu diesem Aspekt erneut auch den zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. August 2020 – L 29 AS 729/20 B PKH – dort S 8 des Abdruckes) sind nach Auffassung der Kammer auch insoweit Abweichungen von bis zu Zehn vom Hundert unbeachtlich, weshalb die Kammer die im ländlichen Bereich gelegenen Grundstücke der Klägerin und ihrem Lebensgefährten, die eine Gesamtfläche von 875 Quadratmetern umfassen, für angemessen hält.
cc) Weil danach sowohl das Einfamilienhaus als auch die Grundstücke angemessen sind und deshalb als Schonvermögen der Hilfebedürftigkeit der Klägerin nicht entgegen gehalten werden können, kann offen bleiben, ob sich der Beklagte auf die Unangemessenheit der Vermögensgegenstände überhaupt berufen kann. Dies erscheint deshalb zweifelhaft, weil er es unterlassen hat, in seiner Ablehnungsentscheidung auch eine nachvollziehbare und tragfähige Prognoseentscheidung über deren Verwertbarkeit zu treffen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt von vornherein keine Verwertbarkeit vor, wenn eine solche in absehbarer Zeit nicht angenommen werden kann, was eine Prognoseentscheidung durch den Grundsicherungsträger erfordert, die sich an dem regelmäßigen Bewilligungszeitraum – mithin einem Jahr (vgl § 41 Abs 3 S 1 SGB II) – orientiert. Ist von daher nach der sozialverwaltungsbehördlichen Prognoseentscheidung eine Verwertung innerhalb des Bewilligungszeitraums nicht anzunehmen, ist der betroffene Vermögensgegenstand von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen und der Antragsteller erhält Leistungen als Zuschuss und nicht lediglich als Darlehen. Nur wenn prognostisch eine Verwertung innerhalb des Bewilligungszeitraumes möglich ist, der Vermögensgegenstand aber nicht sofort verwertet werden kann, liegt (fiktive) Hilfebedürftigkeit vor, weshalb dann – und nur dann – ein Anspruch auf Darlehensleistungen besteht (§ 9 Abs 4 SGB II iVm § 24 Abs Abs 5 SGB II; vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 06. Dezember 2007 – B 14/7b AS 46/06 R, RdNr 15 und Bundessozialgericht, Urteil vom 27. Januar 2009 – B 14 AS 42/07 R, RdNr 23; aA Bundessozialgericht, Urteil vom 20. Februar 2014 – B 14 AS 10/13 R, RdNr 32; Letzteres aber "korrigierend": Flint, NZS 2015, S 782, 783; vgl zu alledem auch: Karl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, § 9, RdNr 145).
dd) Wenn die Klägerin nach alledem im streitgegenständlichen Zeitraum jedenfalls nicht über (verwertbares) Vermögen verfügt hat, das ihrer Hilfebedürftigkeit entgegen stand, ist es auch überwiegend wahrscheinlich, dass ihr auch unter Berücksichtigung des Einkommens ihres Lebensgefährten (vgl § 7 Abs 3 Nr 1 SGB II iVm § 7 Abs 3 Nr 3 c SGB II iVm § 9 Abs 2 S 1 SGB II) ein Leistungsanspruch zusteht, weshalb es gerechtfertigt ist, die die Gewährung von Leistungen insgesamt ablehnende sozialverwaltungsbehördliche Entscheidung des Beklagten vollständig aufzuheben, um dem (Verpflichtungs-)Grundurteil den Weg zu ebnen.
c) Wenn danach die gegen die ablehnende Verfügung erhobene Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG begründet ist, gilt Gleiches auch für die mit ihr kombinierten Verpflichtungsklagen im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 3SGG iVm § 56 SGG, weil in Verfahren der vorliegenden Art zulässige und begründete Verpflichtungsklagen wegen des der Kombination immanenten Stufenverhältnisses ihrerseits eine zulässige und begründete Anfechtungsklage voraussetzen und weil der Klägerin – wie aufgezeigt – dem Grunde nach ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach Maßgabe der Bestimmungen des SGB II für jeden einzelnen Monat des Streitzeitraumes als Zuschuss zusteht.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 1 S 1 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens, in dem die Klägerin vollumfänglich obsiegte. Die Aufwendungen des Beklagten sind schon von Gesetzes wegen nicht erstattungsfähig (vgl § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 4 SGG iVm § 184 Abs 1 SGG).
5. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 183 S 1 SGG).
Rechtsmittelbelehrung:
( ...)
A.
Richter am Sozialgericht
Der Beklagte hat der Klägerin die ihr entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens dem Grunde nach in voller Höhe zu erstatten.
Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01. Oktober 2019 bis zum 31. März 2020 als Zuschuss.
Die im November 1957 geborene Klägerin und ihr im März 1954 geborener Lebensgefährte sind je zur Hälfte Eigentümer eines Hausgrundstückes, das mit einem unterkellerten Einfamilienhaus (Erd- und Dachgeschoss) bebaut ist, das seit der Fertigstellung in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts von beiden gemeinsam bewohnt wird. Das Grundstück besteht aus zwei Flurstücken mit insgesamt 875 Quadratmetern (Flur X, Flurstück XX: 494 Quadratmeter, Flur 2, Flurstück XY: 381 Quadratmeter). Die Wohnfläche des Hauses beträgt nach Auffassung des Beklagten mindestens 116,24 Quadratmeter, wobei er hierzu auch einen im Keller befindlichen, voll möblierten, 21,47 Quadratmeter großen Raum zählt, in dem der Lebensgefährte der Klägerin seinen täglichen Mittagsschlaf abhält. Der Lebensgefährte bezog – unter Zugrundelegung eines am 29. Januar 2014 eingetretenen Versicherungsfalls (ein unter 3 Stunden täglich herabgesunkenes Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt) – eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von März 2017 bis November 2019 (Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg vom 28. März 2017), deren Nettozahlbetrag im streitigen Zeitraum monatlich 646,36 Euro betrug; seit Dezember 2019 bezieht er eine Altersrente.
Den von der Klägerin am 22. August 2019 gestellten Antrag, ihr ab dem 01. Oktober 2019 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Zuschuss zu gewähren, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19. November 2019 für den Zeitraum vom 01. Oktober 2019 bis zum 31. März 2020 mit der Begründung ab, das Vermögen übersteige den Grundfreibetrag. Das selbstgenutzte Hausgrundstück unterfalle nicht dem Schutz des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II. Die Gesamtwohnfläche betrage 150,73 Quadratmeter, die Angemessenheitsgrenze betrage bei zwei Personen 90 Quadratmeter. Das selbstgenutzte Hausgrundstück sei von unangemessener Größe und verwertbar. Es bestehe kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II als Zuschuss. Der Klägerin seien indes Leistungen als Darlehen zu gewähren.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06. Januar 2020 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 06. Dezember 2019 als unbegründet zurück. Die tatsächliche Wohnfläche betrage 116,24 Quadratmeter und liege damit über der Angemessenheitsgrenze. Der vom Lebensgefährten der Klägerin zum Mittagsschlaf genutzte Raum sei voll zu berücksichtigen. Die Grundstücksfläche sei hingegen angemessen. Der Wert des Grundstücks sei anhand der überschlägigen Wertermittlung der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses vom 10. April 2018 mit 115.500,00 Euro zu bestimmen. Hiervon seien die auf dem Grundstück lastenden dinglichen Belastungen abzuziehen, sodass sich ein Grundvermögen von 80.742,10 Euro errechne. Hinzu komme ein Bankguthaben in Höhe von 140,14 Euro, sodass sich das Vermögen auf einen Wert von insgesamt 80.882,24 Euro belaufe. Hiervon seien Freibeträge und bereits gewährte Darlehen abzusetzen, so dass sich ein zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 45.693,47 Euro ergebe.
Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2020 – bei dem Sozialgericht Neuruppin eingegangen am gleichen 28. Januar 2020 – hat die anwaltlich vertretene Klägerin Klagen erhoben, mit denen sie ihr auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss gerichtetes Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung ihres Begehrens führt die Klägerin aus, sie lebe mit ihrem Lebensgefährten, der keinen eigenen Anspruch nach dem SGB II habe, weil er eine Erwerbsminderungsrente beziehe, in einer Bedarfsgemeinschaft. Ihr stehe aber der geltend gemachte Anspruch zu, weil es sich bei dem selbstgenutzten Hausgrundstück um Schonvermögen handele. Lasse man den vom Beklagten berücksichtigten Kellerraum außer Betracht, betrage die Wohnfläche des Hauses nach ihrer Messung lediglich 87,98 Quadratmeter und nach der Messung des Beklagten 94,77 Quadratmeter, so dass die an sich maßgebliche Wohnflächengrenze von 90 Quadratmetern jedenfalls nicht um mehr als Zehn vom Hundert überschritten werde, es sich mithin um einen Härtefall handele. Um das Kellergeschoss als Wohnfläche ansehen zu können, müsse eine Nutzungsänderung beantragt werden, die jedoch bauordnungsrechtlich nicht genehmigt werden könne.
Die Klägerin beantragt (nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß),
den Beklagten unter Aufhebung seiner mit dem Bescheid vom 19. November 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Januar 2020 verlautbarten sozialverwaltungsbehördlichen Ablehnungsentscheidung zu verpflichten, der Klägerin für den Zeitraum vom 01. Oktober 2019 bis zum 31. März 2020 passive Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) als Zuschuss zuzuerkennen.
Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf seine Begründung in den angefochtenen Entscheidungen und vertieft diese. Ergänzend führt er aus, er habe die Wohnfläche zu Recht unter Einschluss der Fläche des Kellerraumes zugrunde gelegt. Nach der Regelung des hier maßgeblichen § 4 Nr 1 WoflV seien Räume und Raumteile mit einer lichten Höhe von mindestens zwei Metern vollständig bei der Berechnung der Grundfläche zu berücksichtigen. Es komme insbesondere nicht auf theoretische Planungen von Wohnraum an, sondern lediglich auf die tatsächliche Nutzung bzw tatsächliche Nutzungsmöglichkeit als solche. Ungeachtet dessen sei auch die Grundstücksfläche mit 875 Quadratmetern ebenfalls unangemessen.
Das Gericht hat die Beteiligten mit Verfügung vom 29. September 2020 sowie mit Verfügung vom 01. Dezember 2020 zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhaltes auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die Klagen, über die die Kammer gemäß § 105 Abs 1 S 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Gerichtsbescheid entscheiden konnte, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist, der Sachverhalt geklärt ist, die Beteiligten gemäß § 105 Abs 1 S 2 SGG zuvor mit der gerichtlichen Verfügung vom 29. September 2020 sowie mit der gerichtlichen Verfügung vom 01. Dezember 2020 zu dieser beabsichtigten Entscheidungsform ordnungsgemäß angehört worden sind, eine ausdrückliche Zustimmung der Beteiligten hierzu nicht erforderlich ist und weil das Gericht – ebenso wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung – weder zur vorherigen Darstellung seiner Rechtsansicht (vgl hierzu etwa Bundessozialgericht, Beschluss vom 03. April 2014 – B 2 U 308/13 B, RdNr 8 mwN) noch zu einem vorherigen umfassenden Rechtsgespräch verpflichtet ist (vgl hierzu etwa Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – B 5 R 8/14 R, RdNr 23), haben Erfolg.
1. Streitgegenstand des Verfahrens sind Ansprüche der Klägerin auf Gewährung von passiven Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01. Oktober 2019 bis zum 31. März 2020 als Zuschuss. Gegenstand des Klageverfahrens (vgl § 95 SGG) ist dementsprechend die mit dem Bescheid des Beklagten vom 19. November 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06. Januar 2020 verlautbarte sozialverwaltungsbehördliche Entscheidung, mit der es der Beklagte abgelehnt hat, der Klägerin entsprechende Leistungen als Zuschuss zu gewähren.
2. a) Die Klägerin verfolgt ihr auf die Gewährung von entsprechenden Leistungen gerichtetes Begehren – bei verständiger Würdigung ihres Rechtsschutzziels (vgl § 123 SGG) – zutreffend im Wege (kombinierter) Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen (§ 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG iVm § 54 Abs 1 S 1 Regelung 3 SGG sowie § 56 SGG).
aa) Mit der Anfechtungsklage erstrebt die Klägerin dabei die Aufhebung der sozialverwaltungsbehördlichen Ablehnungsentscheidung, die einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 S 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) darstellt. Mit den Verpflichtungsklagen begehrt die Klägerin für jeden einzelnen Monat des Streitzeitraumes (vgl zum sog Monatsprinzip die Regelungen des § 11 Abs 2 S 1 SGB II, § 11 Abs 3 S 1 SGB II, § 20 Abs 1 S 3 SGB II, § 37 Abs S 2 SGB II sowie § 41 Abs 1 S 2 SGB II; vgl dazu auch Bundessozialgericht, Urteil vom 30. März 2017 – B 14 AS 18/16 R, RdNr 18 sowie Bundessozialgericht, Urteil vom 30. Juli 2008 – B 14 AS 26/07 R, RdNr 28) – nur noch – den entsprechenden sozialverwaltungsbehördlichen Ausspruch der Zuerkennung von passiven Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem SGB II als Zuschuss, weil der Beklagte angesichts seiner – den gleichen Streitzeitraum betreffenden – sozialverwaltungsbehördlichen Darlehensbewilligungsverfügungen nicht noch einmal im Wege von mit der Anfechtungsklage kombinierten Leistungsklagen im Sinne des § 54 Abs 4 SGG iVm § 56 SGG zur Zahlung verurteilt werden kann, nachdem die Klägerin die ihr gewährten Darlehensleistungen noch nicht zurückgezahlt hat (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. August 2010 – B 4 AS 70/09 R, RdNr 12 sowie auch Bundessozialgericht, Urteil vom 28. Februar 2013 – B 8 SO 4/12 R, RdNr 14).
bb) Demgegenüber scheiden indes kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen – gerichtet auf die Verpflichtung des Beklagten zur Änderung des Rechtsgrundes (Zuschuss statt Darlehen) der Darlehensbewilligungsverfügungen selbst – von vornherein aus, weil die Darlehensbewilligungsverfügungen von der Klägerin nicht angegriffen worden sind.
c) Die so verstandenen statthaften Klagen sind auch im Übrigen zulässig.
3. Die danach insgesamt zulässigen Klagen sind auch begründet, weil es der Beklagte zu Unrecht abgelehnt hat, der Klägerin Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach den Bestimmungen des SGB II zu bewilligen, was die Klägerin zudem auch im Sinne des § 54 Abs 2 S 1 SGG in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten beschwert. Der Klägerin stehen nämlich – entgegen der Auffassung des Beklagten – entsprechende Leistungsansprüche – dem Grunde nach als Zuschuss – zu.
a) Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01. Oktober 2019 bis zum 31. März 2020 sind die §§ 19 ff iVm §§ 7 ff SGB II in der Fassung, die die genannten Vorschriften vor dem streitbefangenen Zeitraum hatten, weil in Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden ist (sog Geltungszeitraumprinzip, vgl dazu nur Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Juni 2020 – B 4 AS 8/20 R, RdNr 21 mwN), was auch für die weiteren zitierten Vorschriften gilt. Gemäß § 19 Abs 1 S 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II, das gemäß § 19 Abs 1 S 3 SGB II den Regelbedarf, die Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung umfasst.
aa) Die Grundvoraussetzungen, um Arbeitslosengeld II zu erhalten (§ 7 Abs 1 S 1 SGB II), erfüllte die Klägerin (vgl § 7 Abs 3 Nr 1 SGB II), die im streitgegenständlichen Zeitraum 61 Jahre bzw 62 Jahre alt war (vgl § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II), erwerbsfähig war (vgl § 7 Abs 1 S 2 Nr 2 SGB II) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte (vgl § 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB II); auch ein von Leistungen nach dem SGB II ausschließender Tatbestand lag nicht vor.
bb) Entgegen der Auffassung des Beklagten scheitert die Hilfebedürftigkeit der Klägerin iSv § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II im streitbefangenen Zeitraum auch nicht an zu berücksichtigendem Vermögen im Sinne von § 12 Abs 1 SGB II, weil die der Klägerin und ihrem Lebensgefährten zu Eigentum gehörenden Grundstücke und das darauf befindliche Hausgrundstück aufgrund der Regelung des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II als Schonvermögen unberücksichtigt zu bleiben haben.
aaa) Hilfebedürftig im Sinne von § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II iVm § 9 Abs 1 SGB II ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Gemäß § 9 Abs 4 SGB II ist aber auch derjenige hilfebedürftig, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigenden Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde. Doch führt diese erweiternde Fiktion der Hilfebedürftigkeit (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 24. Mai 2017 – B 14 AS 16/16 R, RdNr 35 und Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Oktober 2016 – B 4 AS 4/16 R, RdNr 24 sowie auch Karl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, § 9, RdNr 140 ff und Blüggel in: Eicher/Luik, SGB II, § 24, RdNr 143) nur zu einem Anspruch auf Darlehensleistungen (vgl § 24 Abs 5 SGB II), wie der Beklagte sie der Klägerin für den streitigen Zeitraum auch gewährt hat. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, so wie die Klägerin im streitigen Zeitraum mit ihrem Lebensgefährten gemäß § 7 Abs 3 Nr 1 SGB II iVm § 7 Abs 3 Nr 3c SGB II, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (vgl § 9 Abs 2 S 1 SGB II). Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 SGB II außer Betracht (vgl § 9 Abs 2 S 3 SGB II).
Gemäß § 12 Abs S 3 S 1 Nr 4 SGB II ist als Vermögen nicht zu berücksichtigen ein Hausgrundstück von angemessener Größe. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitssuchende zuständigen Senate des Bundessozialgerichts dahin konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Hausgrundstücks mit Blick auf seine Gesamtwohnfläche und insoweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 01. Januar 2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG), differenziert nach der Anzahl der Personen zu bestimmen ist (vgl nur Bundessozialgericht, Urteil vom 30. August 2017 – B 14 AS 30/16 R, RdNr 17 mwN). Für Hauseigentum beträgt die Wohnflächengrenze bei vier Personen 130 Quadratmeter (§ 39 Abs 1 S 1 Nr 1 II. WoBauG iVm § 39 Abs 2 Nr 1 II. WoBauG), wobei bei einer Belegung mit weniger als vier Personen die Wohnflächengrenze um jeweils 20 Quadratmetern zu reduzieren ist; typisierend ist diese Reduzierung jedoch auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen zu begrenzen (vgl nur Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 14 AS 90/12 R, RdNr 31).
Bei der Bestimmung der Anzahl der Wohnungsnutzer ist nur auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs 3 SGB II sowie auf die Angehörigen der Haushaltsgemeinschaft im Sinne von § 9 Abs 5 SGB II abzustellen (vgl nur Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 14 AS 90/12 R, RdNr 35). Zudem geht das Bundessozialgericht davon aus, dass wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl Art 20 Abs 3 des Grundgesetzes (GG)) eine Überschreitung des Grenzwertes von nicht mehr als zehn vom Hundert nicht zu einer Unangemessenheit führt (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 30. August 2017 – B 14 AS 30/16 R, RdNr 18 mwN).
Die danach hier maßgebliche, um zehn vom Hundert erhöhte Wohnflächengrenze von 99 Quadratmetern überschreitet die von der Klägerin und ihrem Lebensgefährten genutzte Baulichkeit nicht. Denn der in Rede stehende Kellerraum ist – entgegen der Auffassung des Beklagten – bei der Bestimmung der Wohnfläche nicht zu berücksichtigen. Dies folgt schon daraus, dass nach den weitgehend aufgehobenen Bestimmungen der Zweiten Berechnungsverordnung ((2. BV) idF der Bekanntmachung vom 12. Oktober 1990, BGBl I 2178) bzw – soweit nicht die Überleitungsvorschrift (§ 5 der Wohnflächenverordnung (WoFlV)) eingreift – nach den Bestimmungen der Wohnflächenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl I 2346), die hier heranzuziehen sind (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Mai 2007 – B 11b AS 37/06 R, RdNr 26; vgl auch den zwischen den gleichen Beteiligten ergangenen Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. August 2020 – L 29 AS 729/20 B PKH – dort S 7 f des Abdruckes) zur Wohnfläche weder die Grundfläche von Zubehörräumen wie zB Kellerräumen (vgl § 42 Abs 4 Nr 1 2. BV bzw § 2 Abs 3 Nr 1a) WoFlV) gehören noch die Grundfläche von Räumen, die den nach ihrer Nutzung zu stellenden Anforderungen des (brandenburgischen) Bauordnungsrechts nicht genügen (§ 42 Abs 4 Nr. 3 2. BV bzw. § 2 Abs 3 Nr 2 WoFlV). Da es sich vorliegend indes aber – nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten – um einen Kellerraum im obigen Sinne handelt und zudem – nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin – eine baurechtliche Nutzungsänderungsgenehmigung nicht erteilt worden ist und werden kann, muss die Grundfläche des Kellerraumes bei der Wohnflächenermittlung außer Betracht bleiben.
Entgegen der Auffassung des Beklagten kommt es auch nicht darauf an, dass gemäß § 4 Nr 1 WoflV (vgl auch § 44 Abs 1 Nr 1 2. BV) Räume und Raumteile mit einer lichten Höhe von mindestens zwei Metern vollständig bei der Berechnung der Grundfläche zu berücksichtigen sind, weil aufgrund der bereits zitierten Regelungen des § 42 Abs 4 Nr 1 2. BV bzw des § 2 Abs 3 Nr 1a) WoFlV die Grundflächen von Kellerräumen gerade nicht bei der Wohnflächenberechnung im Sinne des § 42 Abs 1 2. BV, wonach die Wohnfläche einer Wohnung die Summe der anrechenbaren Grundflächen der Räume, die ausschließlich zu einer Wohnung gehören, ist bzw des § 2 Abs 1 S 1 WoFlV, wonach die Wohnfläche einer Wohnung die Grundflächen der Räume umfasst, die ausschließlich zu dieser Wohnung gehören (und die keine Zubehörräume im Sinne von § 2 Abs 3 WoFlV darstellen), zu berücksichtigen sind. Ebenfalls entgegen der Auffassung des Beklagten ist es angesichts der typisierend geltenden Regelungen der Zweiten Berechnungsverordnung bzw der Wohnflächenverordnung auch unerheblich, ob und in welcher Weise die Klägerin und ihr Lebensgefährte den nach den obigen Ausführungen nicht für die Wohnflächenberechnung zu berücksichtigenden weiteren Raum tatsächlich nutzen.
bbb) Soweit der Beklagte seine ablehnende sozialverwaltungsbehördliche Entscheidung zuletzt auch darauf gestützt hat, dass der Hilfebedürftigkeit der Klägerin die Unangemessenheit der ihr und ihrem Lebensgefährten zu Eigentum gehörenden Grundstücke entgegen stehe, vermag er auch hiermit nicht durchzudringen. Ab welchen Flächen Grundstücke nicht mehr angemessen sind, ist zwar höchstrichterlich bisher nicht geklärt. Ausgehend von der Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit wird allgemein bei einer Grundstücksgröße von 500 Quadratmetern im städtischen und 800 Quadratmetern im ländlichen Bereich von einer üblichen Grundstücksgröße und deshalb von deren Angemessenheit ausgegangen (vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 14 AS 90/12 R, RdNr 24). Mit Blick auf den auch hier zu berücksichtigenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl erneut Art 20 Abs 3 GG; vgl zu diesem Aspekt erneut auch den zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. August 2020 – L 29 AS 729/20 B PKH – dort S 8 des Abdruckes) sind nach Auffassung der Kammer auch insoweit Abweichungen von bis zu Zehn vom Hundert unbeachtlich, weshalb die Kammer die im ländlichen Bereich gelegenen Grundstücke der Klägerin und ihrem Lebensgefährten, die eine Gesamtfläche von 875 Quadratmetern umfassen, für angemessen hält.
cc) Weil danach sowohl das Einfamilienhaus als auch die Grundstücke angemessen sind und deshalb als Schonvermögen der Hilfebedürftigkeit der Klägerin nicht entgegen gehalten werden können, kann offen bleiben, ob sich der Beklagte auf die Unangemessenheit der Vermögensgegenstände überhaupt berufen kann. Dies erscheint deshalb zweifelhaft, weil er es unterlassen hat, in seiner Ablehnungsentscheidung auch eine nachvollziehbare und tragfähige Prognoseentscheidung über deren Verwertbarkeit zu treffen. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liegt von vornherein keine Verwertbarkeit vor, wenn eine solche in absehbarer Zeit nicht angenommen werden kann, was eine Prognoseentscheidung durch den Grundsicherungsträger erfordert, die sich an dem regelmäßigen Bewilligungszeitraum – mithin einem Jahr (vgl § 41 Abs 3 S 1 SGB II) – orientiert. Ist von daher nach der sozialverwaltungsbehördlichen Prognoseentscheidung eine Verwertung innerhalb des Bewilligungszeitraums nicht anzunehmen, ist der betroffene Vermögensgegenstand von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen und der Antragsteller erhält Leistungen als Zuschuss und nicht lediglich als Darlehen. Nur wenn prognostisch eine Verwertung innerhalb des Bewilligungszeitraumes möglich ist, der Vermögensgegenstand aber nicht sofort verwertet werden kann, liegt (fiktive) Hilfebedürftigkeit vor, weshalb dann – und nur dann – ein Anspruch auf Darlehensleistungen besteht (§ 9 Abs 4 SGB II iVm § 24 Abs Abs 5 SGB II; vgl Bundessozialgericht, Urteil vom 06. Dezember 2007 – B 14/7b AS 46/06 R, RdNr 15 und Bundessozialgericht, Urteil vom 27. Januar 2009 – B 14 AS 42/07 R, RdNr 23; aA Bundessozialgericht, Urteil vom 20. Februar 2014 – B 14 AS 10/13 R, RdNr 32; Letzteres aber "korrigierend": Flint, NZS 2015, S 782, 783; vgl zu alledem auch: Karl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, § 9, RdNr 145).
dd) Wenn die Klägerin nach alledem im streitgegenständlichen Zeitraum jedenfalls nicht über (verwertbares) Vermögen verfügt hat, das ihrer Hilfebedürftigkeit entgegen stand, ist es auch überwiegend wahrscheinlich, dass ihr auch unter Berücksichtigung des Einkommens ihres Lebensgefährten (vgl § 7 Abs 3 Nr 1 SGB II iVm § 7 Abs 3 Nr 3 c SGB II iVm § 9 Abs 2 S 1 SGB II) ein Leistungsanspruch zusteht, weshalb es gerechtfertigt ist, die die Gewährung von Leistungen insgesamt ablehnende sozialverwaltungsbehördliche Entscheidung des Beklagten vollständig aufzuheben, um dem (Verpflichtungs-)Grundurteil den Weg zu ebnen.
c) Wenn danach die gegen die ablehnende Verfügung erhobene Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 1 SGG begründet ist, gilt Gleiches auch für die mit ihr kombinierten Verpflichtungsklagen im Sinne des § 54 Abs 1 S 1 Regelung 3SGG iVm § 56 SGG, weil in Verfahren der vorliegenden Art zulässige und begründete Verpflichtungsklagen wegen des der Kombination immanenten Stufenverhältnisses ihrerseits eine zulässige und begründete Anfechtungsklage voraussetzen und weil der Klägerin – wie aufgezeigt – dem Grunde nach ein Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach Maßgabe der Bestimmungen des SGB II für jeden einzelnen Monat des Streitzeitraumes als Zuschuss zusteht.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 1 S 1 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens, in dem die Klägerin vollumfänglich obsiegte. Die Aufwendungen des Beklagten sind schon von Gesetzes wegen nicht erstattungsfähig (vgl § 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 193 Abs 4 SGG iVm § 184 Abs 1 SGG).
5. Gerichtskosten werden in Verfahren der vorliegenden Art nicht erhoben (§ 105 Abs 1 S 3 SGG iVm § 183 S 1 SGG).
Rechtsmittelbelehrung:
( ...)
A.
Richter am Sozialgericht
Rechtskraft
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