Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 3736/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1926/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Arbeitslose Altersteilzeitarbeitnehmer erhalten eine privilegierte Bemessung des Arbeitslosengeldes auf Grundlage eines fiktiven Arbeitsentgeltes, das sie ohne Altersteilzeit erhalten hätten, nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie erstmals eine - gegebenenfalls auch abschlagsbehaftete - Altersrente beanspruchen können (Anschluss an BSG, Urteil vom 15.12.2005 - B 7a AL 30/05 R).
2. Kann ein arbeitsloser Altersteilzeitarbeitnehmer eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit Rentenabschlägen beanspruchen, erfolgt die Bemessung seines Arbeitslosengeldes auf Grundlage des tatsächlich erzielten Arbeitsentgeltes.
3. Der Schutz der Finanzierbarkeit der Arbeitslosenversicherung stellt einen rechtfertigenden Grund für die unterschiedliche Arbeitslosengeldbemessung von arbeitslosen Altersteilzeitarbeitnehmern ohne Rentenanspruch und solchen, die einen Rentenanspruch haben, dar, selbst wenn der Rentenanspruch nur unter Inkaufnahme von Abschlägen realisierbar ist.
2. Kann ein arbeitsloser Altersteilzeitarbeitnehmer eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit Rentenabschlägen beanspruchen, erfolgt die Bemessung seines Arbeitslosengeldes auf Grundlage des tatsächlich erzielten Arbeitsentgeltes.
3. Der Schutz der Finanzierbarkeit der Arbeitslosenversicherung stellt einen rechtfertigenden Grund für die unterschiedliche Arbeitslosengeldbemessung von arbeitslosen Altersteilzeitarbeitnehmern ohne Rentenanspruch und solchen, die einen Rentenanspruch haben, dar, selbst wenn der Rentenanspruch nur unter Inkaufnahme von Abschlägen realisierbar ist.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 19.05.2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Arbeitslosengeldes streitig.
Der 1957 geborene schwerbehinderte Kläger war seit dem 12.10.1987 bei der Fa. H. AG (im Folgenden: Arbeitgeberin) als Montagewerker versicherungspflichtig beschäftigt. Am 23.06.2015 schloss er mit seiner Arbeitgeberin einen Altersteilzeitvertrag ( ...). Die Altersteilzeitvereinbarung begann am 01.10.2015 und endete am 30.06.2018. In dieser Zeit war der Kläger von seiner Arbeit freigestellt und erhielt ein Arbeitsentgelt in Höhe von 85 Prozent eines fiktiven Nettoentgeltes ohne Altersteilzeitarbeit. Ausweislich einer Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung B.-W. vom 25.06.2018 konnte er eine Altersrente für Schwerbehinderte mit Rentenabschlag ab dem 01.07.2018 und ohne Rentenabschlag ab dem 01.07.2021 beziehen.
Mit persönlicher Arbeitslosmeldung vom 11.05.2018 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 01.07.2018. In der von seiner Arbeitgeberin ausgestellten Arbeitsbescheinigung vom 18.07.2018 war für die Zeit vom 01.07.2017 bis zum 30.06.2018 ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt ohne Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 28.103,41 Euro sowie ein fiktives Bruttoarbeitsentgelt mit Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 56.156,82 Euro ausgewiesen. Nachdem die Beklagte Leistungen zunächst vorläufig bewilligt hatte (vorläufiger Bewilligungsbescheid vom 02.07.2018), bewilligte sie dem Kläger mit Bescheid vom 10.09.2018 Arbeitslosengeld ab dem 01.07.2018 für 720 Tage abschließend. Ausgehend von einem einjährigen Bemessungsrahmen vom 01.07.2017 bis zum 30.06.2018 errechnete sie aus dem in der Arbeitsbescheinigung als beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt ohne Einmalzahlung ausgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 77,00 Euro. Der tägliche Leistungssatz belief sich auf 31,07 Euro.
Mit Änderungsbescheid vom 12.09.2018 setzte die Beklagte den Leistungsanspruch für die Zeit vom 25.09.2018 bis zum 16.10.2018 im Hinblick auf eine vom Kläger in diesem Zeitraum durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme mit Anspruch auf Übergangsgeld auf 0,00 Euro täglich fest. Im Anschluss an die Rehabilitationsmaßnahme war der Kläger bis zum 30.11.2018 arbeitsunfähig.
Gegen den Bewilligungsbescheid vom 10.09.2018 erhob der Kläger am 09.10.2018 Widerspruch. Es hätte statt des tatsächlichen Bruttoentgelts das fiktive Bruttoentgelt der Leistungsberechnung zugrunde gelegt werden müssen. Dies ergebe sich aus § 10 Abs. 1 Altersteilzeitgesetz (AltTZG). Auch habe der Arbeitgeber während der Altersteilzeit einen Aufstockungsbetrag an die Rentenversicherung bezahlt.
Während des Widerspruchsverfahrens hob die Beklagte mit Bescheid vom 26.10.2018 die Bewilligungsentscheidung ab dem 25.09.2018 auf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2018 wies sie den Widerspruch zurück. Die Regelung des § 150 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB III finde keine Anwendung, denn nach § 150 Abs. 2 Satz 2 SGB III gelte diese nicht in Fällen einer Teilzeitvereinbarung nach dem AltTZG, es sei denn das Beschäftigungsverhältnis sei wegen Zahlungsunfähigkeit beendet worden. Der Bemessungszeitraum umfasse deshalb die Entgeltabrechnungszeiträume vom 01.07.2017 bis zum 30.06.2018.
Am 22.11.2018 erließ die Beklagte einen weiteren Aufhebungsbescheid, mit dem sie die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 17.10.2018 aufhob. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei aus der Reha arbeitsunfähig entlassen worden und habe deshalb auch nach der Reha keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Am 12.12.2018 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, mit der er sich gegen den Bescheid vom 10.09.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2018 gewendet und höheres Arbeitslosengeld begehrt hat. Die Beklagte habe die Privilegierung des Teilzeitarbeitnehmers nicht umfassend gewürdigt, die besonders in § 150 Abs. 2 SGB III zum Ausdruck komme. Diese Regelung solle den Leistungsberechtigten die Nachteile ersparen, die sich ergäben, wenn sich die Teilzeitentgelte auf die Höhe des Leistungsanspruchs auswirkten. Diese Privilegierung werde auch durch § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG untermauert, wonach sich der Schutzgedanke auf das zu berücksichtigende Beitragsbemessungsentgelt auswirke. Zur effektiven Gewährleistung dieses Schutzes dürften die Regelungen des SGB III im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG keine Anwendung finden. Zudem habe ihm seine frühere Arbeitgeberin versichert, dass ihm bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung keine Nachteile entstünden, da es sich um eine spezielle Vereinbarung handele, was diese auch gegenüber der Beklagten bestätigt habe.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Nach § 10 Abs. 1 AltTZG sei das erhöhte Arbeitsentgelt nur so lange zu berücksichtigen, bis eine Altersrente mit Abschlägen bezogen werden könne. Der Kläger könne bereits seit dem 01.07.2018, d.h. ab seinem Arbeitslosengeldbezug, eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen beziehen. Die Bemessung des Arbeitslosengeldes habe deshalb aus dem tatsächlichen Arbeitsentgelt der Teilzeitbeschäftigung erfolgen müssen.
Während des Klageverfahrens hat die Beklagte dem Kläger aufgrund der Arbeitslosmeldung vom 29.11.2018 mit Bewilligungsbescheid vom 20.12.2018 ab dem 01.12.2018 erneut Arbeitslosengeld bewilligt.
Mit Gerichtsbescheid vom 19.05.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden verwiesen. Ergänzend hat es unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 15.12.2005 (B 7a AL 30/05 R) ausgeführt, nach § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG greife die Begünstigung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG nur so lange, bis der Arbeitslose eine Rente wegen Alters beanspruchen könne. Ab dann sei nach § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG das Bemessungsentgelt ohne die Erhöhung maßgeblich. Ausweislich der Gesetzesbegründung betreffe diese Regelung auch Altersrenten, die nur unter Inkaufnahme eines Abschlags beansprucht werden könnten. Überdies könne die vom Kläger erwähnte Mitteilung der Arbeitgeberin keine Rechtswirkungen in dem Rechtsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten begründen. Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 25.05.2020 zugestellt worden.
Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.06.2020 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung verweist er erneut auf die Privilegierung des Teilzeitarbeitnehmers, die die Beklagte und das SG nicht umfassend gewürdigt hätten. Seiner Meinung nach laufe die Möglichkeit der Altersteilzeit leer, wenn mit einer Verminderung der Leistungen nach dem SGB III gerechnet werden müsse. Unter Bezugnahme auf das Urteil des BSG vom 12.09.2017 (B 11 AL 25/16 R) führt er aus, nach diesem Urteil hätte er keine Sperrzeit bekommen, wenn er einen Aufhebungsvertrag geschlossen hätte, um direkt in Rente zu gehen und sich dann aber umentschieden und Leistungen nach dem SGB III beantragt hätte. Es stelle sich deshalb die Frage, weshalb vorliegend die Leistungen nach dem SGB III für ihn nachteilig berechnet würden. Da die Altersteilzeit als arbeitspolitisches Instrument nicht zur Benachteiligung führen dürfe, verstoße die Nichtanwendung der Privilegierungstatbestände gegen Art. 3 GG.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 19.05.2020 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10.09.2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 12.09.2018 und vom 26.10.2018 sowie in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2018 zu verurteilen, dem Kläger höheres Arbeitslosengeld nach dem SGB III zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Das Urteil des BSG vom 12.09.2017 habe für den vorliegenden Fall keine Bedeutung, weil hier nicht eine Sperrzeit, sondern die Bemessung von Arbeitslosengeld streitig sei.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid vom 19.05.2020 und der Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 10.09.2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12.09.2018, der den Bescheid vom 10.09.2018 in Bezug auf den Zeitraum vom 25.09.2018 bis zum 16.10.2018 abgeändert hat, sowie der Widerspruchsbescheid vom 12.11.2018. Zudem ist gem. § 86 SGG der Aufhebungsbescheid vom 26.10.2018, der die Bewilligungsentscheidung ab dem 25.09.2018 aufgehoben hat, in das Widerspruchsverfahren einbezogen worden. Er ist deshalb ebenfalls Gegenstand des Berufungsverfahrens. Dieser Aufhebungsbescheid begrenzt den Verfahrensgegenstand in zeitlicher Hinsicht auf die Zeit vom 01.07.2018 bis zum 24.09.2018.
Ob der weitere Aufhebungsbescheid vom 22.11.2018, der nach Erlass des Widerspruchsbescheides, aber vor Klageerhebung ergangen ist, mit dem die Beklagte die Arbeitslosengeldbewilligung erneut – allerdings erst ab dem 17.10.2018 – aufgehoben hat, Gegenstand des Rechtsstreits ist, kann im Ergebnis dahinstehen. In Rechtsprechung und Literatur wird die Frage, ob ein nach Erlass des Widerspruchsbescheides, aber vor Klageerhebung erlassener Bescheid über § 86 SGG in das Widerspruchsverfahren einbezogen werden kann, unterschiedlich beurteilt (zum Meinungsstand vgl. Senger, in: jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 86 Rn. 15). Da die Beklagte die Arbeitslosengeldbewilligung bereits zuvor ab dem 25.09.2018 aufgehoben hatte, konnte dieser erneute Aufhebungsbescheid keine Rechtswirkung entfalten. Ihm kommt deshalb auch keine Bedeutung für die Begrenzung des Streitgegenstandes zu.
Nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der während des Klageverfahrens erlassene Folgebewilligungsbescheid vom 20.12.2018, mit dem die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 01.12.2018 bewilligt hat. Dieser Bescheid ist nicht gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil die Folgebewilligung nicht die streitgegenständlichen Entscheidungen abändert oder ersetzt. Auch eine analoge Anwendung des § 96 SGG kommt insoweit nach der Rechtsprechung des BSG seit Inkrafttreten der Gesetzesfassung des § 96 SGG vom 01.04.2008 nicht mehr in Betracht (BSG, Beschluss vom 16.12.2009 – B 7 AL 146/09 B, juris Rn. 6; anders noch unter der vorherigen Rechtslage BSG, Urteil vom 17.11.2005 – B 11a/11 AL 57/04 R, juris Rn. 16 ff.).
2. Die damit auf den Zeitraum vom 01.07.2018 bis zum 24.09.2018 begrenzte, nach § 151 SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig. Insbesondere ist die Berufung gem. § 143 SGG statthaft und bedurfte nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG der Zulassung. Denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750,00 Euro. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Bewilligung von Arbeitslosengeld auf Grundlage einer Berechnung nach dem fiktiven Bruttoentgelt. Eine solche Berechnung würde ausweislich der von der Beklagten vorgenommenen Proberechnung zu einem täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 153,11 Euro und einem täglichen Zahlbetrag in Höhe von 53,80 Euro führen. Das Klagebegehren bezieht sich damit auf ein um arbeitstäglich 22,73 Euro höheres Arbeitslosengeld (53,80 – 31,07 = 22,73). Bezogen auf den Streitgegenstand, der auf die Zeit vom 01.07.2018 bis zum 24.09.2018 beschränkt ist, was, da ein Monat mit 30 Tagen anzusetzen ist (§ 154 SGB III), 84 Tagen entspricht, liegt der Beschwerdewert damit bei 1.909,32 Euro (22,73 Euro x 84).
3. Die Berufung ist nicht begründet. Der Kläger, der dem Grunde nach im streitgegenständlichen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung von Arbeitslosengeld gem. §§ 136 ff. SGB III erfüllt, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, hat keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld. Die Beklagte hat den Anspruch der Höhe nach zutreffend berechnet.
a) Nach § 149 Nr. 2 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld nach dem im Fall des Klägers einschlägigen allgemeinen Leistungssatz 60 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 150 Abs. 1 SGB III die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Das Bemessungsentgelt ist nach § 151 Abs. 1 Satz 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat.
b) In Anwendung dieser Maßstäbe ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Arbeitslosengeldanspruch auf Grundlage eines vom 01.07.2017 bis zum 30.06.2018 dauernden einjährigen Bemessungsrahmens (dazu aa) und des tatsächlich in dieser Zeit bezogenen Arbeitsentgeltes (dazu bb) berechnet hat.
aa) Die Beklagte hat den Bemessungsrahmen zu Recht auf die Zeit vom 01.07.2017 bis zum 30.06.2018 festgelegt. Der Bemessungsrahmen ist nicht nach § 150 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB III zu verlängern gewesen. Nach dieser Vorschrift bleiben bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums Zeiten außer Betracht, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf Grund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich, vermindert war, wenn die oder der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 150 Abs. 2 Satz 2 SGB III findet § 150 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB III keine Anwendung in Fällen einer Teilzeitvereinbarung nach dem AltTZG, es sei denn, das Beschäftigungsverhältnis ist wegen der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers beendet worden. Zutreffend hat die Beklagte vorliegend die Voraussetzungen dieses Anwendungsausschlusses des § 150 Abs. 2 Satz 2 SGB III bejaht, da die Arbeitszeitreduktion des Klägers auf der mit seiner Arbeitgeberin getroffenen Altersteilzeitvereinbarung beruht und sein Beschäftigungsverhältnis auch nicht wegen Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin beendet worden ist.
bb) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass die Beklagte das Bemessungsentgelt nach § 151 Abs. 1 Satz 1 SGB III anhand des tatsächlich im Bemessungszeitraum erzielten Entgeltes berechnet hat und keine fiktive Berechnung vorgenommen hat.
(1) Entgegen der Auffassung des Klägers kann er eine fiktive Berechnung nicht beanspruchen. Insbesondere greift nicht die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG zu seinen Gunsten: Diese Vorschrift bestimmt, dass wenn ein Arbeitnehmer, der Altersteilzeitarbeit geleistet hat und für den der Arbeitgeber Leistungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG erbracht hat, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe beansprucht, sich das Bemessungsentgelt erhöht, das sich nach den Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ergibt, bis zu dem Betrag, der als Bemessungsentgelt zugrunde zu legen wäre, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit nicht im Rahmen der Altersteilzeit vermindert hätte. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG ist eine solche fiktive Berechnung aber ab dem Tag ausgeschlossen, an dem der Arbeitnehmer eine Rente wegen Alters in Anspruch nehmen kann. Mithin ist von dem Tage an, an dem die Rente erstmals beansprucht werden kann, das Bemessungsentgelt maßgebend, das ohne die Erhöhung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG zugrunde zu legen wäre. Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung sowie dem gesetzgeberischen Willen, wie er in der Gesetzesbegründung zu § 10 AltTZG zum Ausdruck kommt, dass die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG auch dann Anwendung findet, wenn eine Altersrente nur unter Inkaufnahme eines Abschlags vorzeitig in Anspruch genommen werden kann (BSG, Urteil vom 15.12.2005 – B 7a AL 30/05 R, juris Rn. 14; BT-Drucks. 13/4877, S. 29 f.). Auf die tatsächliche Inanspruchnahme der Rente kommt es nicht an. Der Senat sieht sich deshalb in Einklang mit der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung und dem gesetzgeberischen Willen, wenn er vorliegend die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes des § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG bejaht: Der schwerbehinderte Kläger hätte ab Beginn der Arbeitslosengeldbewilligung am 01.07.2018 ausweislich der Rentenauskunft vom 25.06.2018 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Inkaufnahme eines Abschlags um 10,8 Prozent beanspruchen können. Die Berechnung des Bemessungsentgeltes musste deshalb anhand des tatsächlich im Bemessungsrahmen erzielten Arbeitsentgeltes erfolgen, das sich nach den zutreffenden Berechnungen der Beklagten auf 28.103,41 Euro belaufen hat.
(2) Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, dass eine solche Gesetzesauslegung mit "der Privilegierung des Teilzeitarbeitnehmers" nicht zu vereinbaren sei. Eine umfassende Privilegierung des Teilzeitarbeitnehmers hat der Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen. Vielmehr verfolgt der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG einen anderen legitimen Gesetzeszweck: den Schutz der Arbeitslosenversicherung vor finanziellen Belastungen durch Frühverrentungsprogramme (BT-Drucks. 13/4877, S. 30). Dementsprechend hat der Gesetzgeber auch in den Gesetzesmaterialien zu § 131 SGB III a.F., jetzt § 151 SGB III (BT-Drucks. 14/6944, S. 36) ausgeführt: "Arbeitnehmer, die mit ihrem Arbeitgeber eine Teilzeitvereinbarung nach dem Altersteilzeitgesetz getroffen haben, sind bei Arbeitslosigkeit für Zeiten vor dem frühestmöglichen Rentenbeginn durch die Sonderregelung des § 10 Abs. 1 des Altersteilzeitgesetzes vor Nachteilen bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes geschützt. Sie erhalten Arbeitslosengeld auf der Grundlage des Arbeitsentgelts, das sie erzielt hätten, wenn sie ihre Arbeitszeit nicht im Rahmen der Altersteilzeit vermindert hätten. ( ) Arbeitnehmer, die sich entschließen, nach Ablauf der Altersteilzeitvereinbarung – entgegen dem Grundgedanken des Altersteilzeitgesetzes und der Altersteilzeitförderung – keine Rente wegen Alters in Anspruch nehmen, sondern Arbeitslosengeld zu beantragen, sollen bei der Bemessung der Leistung für Zeiten nach einem möglichen Rentenbeginn jedoch nicht privilegiert werden." Eine umfassende, allgemeingeltende Privilegierung der Altersteilzeit liegt der Gesetzeskonzeption damit ausdrücklich nicht zugrunde.
(3) Ebenso wenig verfängt das Argument, die Altersteilzeit laufe leer, wenn mit einer Minderung der Leistungsansprüche nach dem SGB III gerechnet werden müsse. Das Konzept der Altersteilzeit sieht nicht vor, dass nach Abschluss der Freistellungsphase der Altersteilzeit Arbeitslosengeld in Anspruch genommen wird. Vielmehr schließt sich konzeptionell der Altersrentenbezug an (vgl. § 1 Abs. 1 AltTZG, demzufolge durch Altersteilzeitarbeit ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ermöglicht werden soll). Eine Arbeitslosengeldberechnung anhand des tatsächlichen, verminderten in der Altersteilzeit bezogenen Arbeitsentgeltes lässt das Konzept der Altersteilzeit damit nicht leerlaufen, sondern lässt es vielmehr unberührt.
(4) Auch aus dem vom Kläger erwähnten Urteil des BSG vom 12.09.2017 (B 11 AL 25/16 R) lässt sich nichts für den vorliegenden Fall herleiten. Das BSG hat in dem Urteil entschieden, dass ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung, der einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe entgegensteht, nicht dadurch entfällt, dass entgegen der ursprünglichen, anhand objektiver Anhaltspunkte prognostisch belegten Absicht unmittelbar nach der Altersteilzeit keine Altersrente, sondern zunächst Arbeitslosengeld in Anspruch genommen wird. Die Frage der Leistungsberechnung bei Arbeitslosengeldbezug nach Altersteilzeit trotz möglicher Renteninanspruchnahme behandelt das Urteil nicht.
(5) Soweit der Kläger schließlich im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgetragen hat, da die Altersteilzeit als arbeitspolitisches Instrument nicht zur Benachteiligung führen dürfe, verstoße die Nichtanwendung der Privilegierungstatbestände gegen Art. 3 GG, führt auch dies zu keiner anderen Bewertung. Art. 3 Abs. 1 GG schützt nicht vor jeglicher Ungleichbehandlung, sondern nur vor einer Ungleichbehandlung ohne hinreichend gewichtigen Grund (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Urteil vom 28.04.1999 – 1 BvL 11/94, juris Rn. 129 ff.). Für die in § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 AltTZG angelegte unterschiedliche Arbeitslosengeldbemessung bei Personen, die noch keine Rente beanspruchen können, und solchen, die bereits eine Rente – wenn auch nur unter Inkaufnahme von Abschlägen – beanspruchen können, lässt sich jedenfalls ein rechtfertigender Grund ausmachen, nämlich – wie oben ausgeführt – der Schutz der Arbeitslosenversicherung vor finanziellen Belastungen aus Frühverrentungen. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt damit nicht vor. Ebensowenig kann eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG darin gesehen werden, dass die in § 150 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB III vorgesehene Verlängerung des Bemessungsrahmens für bestimmte Teilzeitarbeitnehmer gem. § 150 Abs. 2 Satz 2 SGB III keine Anwendung auf Altersteilzeitarbeitnehmer findet. Es liegt nämlich bereits keine Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Gruppen vor. Vielmehr knüpft die Regelung an die unterschiedlichen Gruppen von Teilzeitarbeitnehmern und damit an verschiedene Sachverhalte an: Während sich der Gesetzgeber für den Bereich der Altersteilzeit entschieden hat, dass Nachteile, die sich durch die Teilzeitarbeit in Bezug auf die Höhe des Arbeitslosengeldes ergeben können, durch eine Erhöhung des Bemessungsentgeltes ausgeglichen werden sollen, hat er in Bezug auf die übrigen Teilzeitarbeitnehmer einen Ausgleich über eine Verlängerung des Bemessungsrahmens vorgesehen (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2005 – B 7a AL 30/05 R, juris Rn. 13).
cc) Zutreffend hat das SG zudem darauf hingewiesen, dass der Kläger im Verhältnis zur Beklagten keine Rechte aus der angegebenen Mitteilung seiner Arbeitgeberin, die Altersteilzeitvereinbarung sei für ihn nicht nachteilig, ableiten kann. Es ist kein rechtlicher Gesichtspunkt ersichtlich, warum der Beklagten diese Erklärung, falls sie denn so abgegeben worden ist, zuzurechnen wäre.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe, im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Arbeitslosengeldes streitig.
Der 1957 geborene schwerbehinderte Kläger war seit dem 12.10.1987 bei der Fa. H. AG (im Folgenden: Arbeitgeberin) als Montagewerker versicherungspflichtig beschäftigt. Am 23.06.2015 schloss er mit seiner Arbeitgeberin einen Altersteilzeitvertrag ( ...). Die Altersteilzeitvereinbarung begann am 01.10.2015 und endete am 30.06.2018. In dieser Zeit war der Kläger von seiner Arbeit freigestellt und erhielt ein Arbeitsentgelt in Höhe von 85 Prozent eines fiktiven Nettoentgeltes ohne Altersteilzeitarbeit. Ausweislich einer Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung B.-W. vom 25.06.2018 konnte er eine Altersrente für Schwerbehinderte mit Rentenabschlag ab dem 01.07.2018 und ohne Rentenabschlag ab dem 01.07.2021 beziehen.
Mit persönlicher Arbeitslosmeldung vom 11.05.2018 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 01.07.2018. In der von seiner Arbeitgeberin ausgestellten Arbeitsbescheinigung vom 18.07.2018 war für die Zeit vom 01.07.2017 bis zum 30.06.2018 ein beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt ohne Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 28.103,41 Euro sowie ein fiktives Bruttoarbeitsentgelt mit Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 56.156,82 Euro ausgewiesen. Nachdem die Beklagte Leistungen zunächst vorläufig bewilligt hatte (vorläufiger Bewilligungsbescheid vom 02.07.2018), bewilligte sie dem Kläger mit Bescheid vom 10.09.2018 Arbeitslosengeld ab dem 01.07.2018 für 720 Tage abschließend. Ausgehend von einem einjährigen Bemessungsrahmen vom 01.07.2017 bis zum 30.06.2018 errechnete sie aus dem in der Arbeitsbescheinigung als beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt ohne Einmalzahlung ausgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 77,00 Euro. Der tägliche Leistungssatz belief sich auf 31,07 Euro.
Mit Änderungsbescheid vom 12.09.2018 setzte die Beklagte den Leistungsanspruch für die Zeit vom 25.09.2018 bis zum 16.10.2018 im Hinblick auf eine vom Kläger in diesem Zeitraum durchgeführte stationäre Rehabilitationsmaßnahme mit Anspruch auf Übergangsgeld auf 0,00 Euro täglich fest. Im Anschluss an die Rehabilitationsmaßnahme war der Kläger bis zum 30.11.2018 arbeitsunfähig.
Gegen den Bewilligungsbescheid vom 10.09.2018 erhob der Kläger am 09.10.2018 Widerspruch. Es hätte statt des tatsächlichen Bruttoentgelts das fiktive Bruttoentgelt der Leistungsberechnung zugrunde gelegt werden müssen. Dies ergebe sich aus § 10 Abs. 1 Altersteilzeitgesetz (AltTZG). Auch habe der Arbeitgeber während der Altersteilzeit einen Aufstockungsbetrag an die Rentenversicherung bezahlt.
Während des Widerspruchsverfahrens hob die Beklagte mit Bescheid vom 26.10.2018 die Bewilligungsentscheidung ab dem 25.09.2018 auf.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.11.2018 wies sie den Widerspruch zurück. Die Regelung des § 150 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB III finde keine Anwendung, denn nach § 150 Abs. 2 Satz 2 SGB III gelte diese nicht in Fällen einer Teilzeitvereinbarung nach dem AltTZG, es sei denn das Beschäftigungsverhältnis sei wegen Zahlungsunfähigkeit beendet worden. Der Bemessungszeitraum umfasse deshalb die Entgeltabrechnungszeiträume vom 01.07.2017 bis zum 30.06.2018.
Am 22.11.2018 erließ die Beklagte einen weiteren Aufhebungsbescheid, mit dem sie die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 17.10.2018 aufhob. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei aus der Reha arbeitsunfähig entlassen worden und habe deshalb auch nach der Reha keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Am 12.12.2018 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, mit der er sich gegen den Bescheid vom 10.09.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2018 gewendet und höheres Arbeitslosengeld begehrt hat. Die Beklagte habe die Privilegierung des Teilzeitarbeitnehmers nicht umfassend gewürdigt, die besonders in § 150 Abs. 2 SGB III zum Ausdruck komme. Diese Regelung solle den Leistungsberechtigten die Nachteile ersparen, die sich ergäben, wenn sich die Teilzeitentgelte auf die Höhe des Leistungsanspruchs auswirkten. Diese Privilegierung werde auch durch § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG untermauert, wonach sich der Schutzgedanke auf das zu berücksichtigende Beitragsbemessungsentgelt auswirke. Zur effektiven Gewährleistung dieses Schutzes dürften die Regelungen des SGB III im Rahmen des § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG keine Anwendung finden. Zudem habe ihm seine frühere Arbeitgeberin versichert, dass ihm bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung keine Nachteile entstünden, da es sich um eine spezielle Vereinbarung handele, was diese auch gegenüber der Beklagten bestätigt habe.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Nach § 10 Abs. 1 AltTZG sei das erhöhte Arbeitsentgelt nur so lange zu berücksichtigen, bis eine Altersrente mit Abschlägen bezogen werden könne. Der Kläger könne bereits seit dem 01.07.2018, d.h. ab seinem Arbeitslosengeldbezug, eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen beziehen. Die Bemessung des Arbeitslosengeldes habe deshalb aus dem tatsächlichen Arbeitsentgelt der Teilzeitbeschäftigung erfolgen müssen.
Während des Klageverfahrens hat die Beklagte dem Kläger aufgrund der Arbeitslosmeldung vom 29.11.2018 mit Bewilligungsbescheid vom 20.12.2018 ab dem 01.12.2018 erneut Arbeitslosengeld bewilligt.
Mit Gerichtsbescheid vom 19.05.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden verwiesen. Ergänzend hat es unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 15.12.2005 (B 7a AL 30/05 R) ausgeführt, nach § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG greife die Begünstigung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG nur so lange, bis der Arbeitslose eine Rente wegen Alters beanspruchen könne. Ab dann sei nach § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG das Bemessungsentgelt ohne die Erhöhung maßgeblich. Ausweislich der Gesetzesbegründung betreffe diese Regelung auch Altersrenten, die nur unter Inkaufnahme eines Abschlags beansprucht werden könnten. Überdies könne die vom Kläger erwähnte Mitteilung der Arbeitgeberin keine Rechtswirkungen in dem Rechtsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten begründen. Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 25.05.2020 zugestellt worden.
Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 19.06.2020 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung verweist er erneut auf die Privilegierung des Teilzeitarbeitnehmers, die die Beklagte und das SG nicht umfassend gewürdigt hätten. Seiner Meinung nach laufe die Möglichkeit der Altersteilzeit leer, wenn mit einer Verminderung der Leistungen nach dem SGB III gerechnet werden müsse. Unter Bezugnahme auf das Urteil des BSG vom 12.09.2017 (B 11 AL 25/16 R) führt er aus, nach diesem Urteil hätte er keine Sperrzeit bekommen, wenn er einen Aufhebungsvertrag geschlossen hätte, um direkt in Rente zu gehen und sich dann aber umentschieden und Leistungen nach dem SGB III beantragt hätte. Es stelle sich deshalb die Frage, weshalb vorliegend die Leistungen nach dem SGB III für ihn nachteilig berechnet würden. Da die Altersteilzeit als arbeitspolitisches Instrument nicht zur Benachteiligung führen dürfe, verstoße die Nichtanwendung der Privilegierungstatbestände gegen Art. 3 GG.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 19.05.2020 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10.09.2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 12.09.2018 und vom 26.10.2018 sowie in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.11.2018 zu verurteilen, dem Kläger höheres Arbeitslosengeld nach dem SGB III zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Das Urteil des BSG vom 12.09.2017 habe für den vorliegenden Fall keine Bedeutung, weil hier nicht eine Sperrzeit, sondern die Bemessung von Arbeitslosengeld streitig sei.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der Gerichtsbescheid vom 19.05.2020 und der Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 10.09.2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12.09.2018, der den Bescheid vom 10.09.2018 in Bezug auf den Zeitraum vom 25.09.2018 bis zum 16.10.2018 abgeändert hat, sowie der Widerspruchsbescheid vom 12.11.2018. Zudem ist gem. § 86 SGG der Aufhebungsbescheid vom 26.10.2018, der die Bewilligungsentscheidung ab dem 25.09.2018 aufgehoben hat, in das Widerspruchsverfahren einbezogen worden. Er ist deshalb ebenfalls Gegenstand des Berufungsverfahrens. Dieser Aufhebungsbescheid begrenzt den Verfahrensgegenstand in zeitlicher Hinsicht auf die Zeit vom 01.07.2018 bis zum 24.09.2018.
Ob der weitere Aufhebungsbescheid vom 22.11.2018, der nach Erlass des Widerspruchsbescheides, aber vor Klageerhebung ergangen ist, mit dem die Beklagte die Arbeitslosengeldbewilligung erneut – allerdings erst ab dem 17.10.2018 – aufgehoben hat, Gegenstand des Rechtsstreits ist, kann im Ergebnis dahinstehen. In Rechtsprechung und Literatur wird die Frage, ob ein nach Erlass des Widerspruchsbescheides, aber vor Klageerhebung erlassener Bescheid über § 86 SGG in das Widerspruchsverfahren einbezogen werden kann, unterschiedlich beurteilt (zum Meinungsstand vgl. Senger, in: jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 86 Rn. 15). Da die Beklagte die Arbeitslosengeldbewilligung bereits zuvor ab dem 25.09.2018 aufgehoben hatte, konnte dieser erneute Aufhebungsbescheid keine Rechtswirkung entfalten. Ihm kommt deshalb auch keine Bedeutung für die Begrenzung des Streitgegenstandes zu.
Nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens ist der während des Klageverfahrens erlassene Folgebewilligungsbescheid vom 20.12.2018, mit dem die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 01.12.2018 bewilligt hat. Dieser Bescheid ist nicht gem. § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden, weil die Folgebewilligung nicht die streitgegenständlichen Entscheidungen abändert oder ersetzt. Auch eine analoge Anwendung des § 96 SGG kommt insoweit nach der Rechtsprechung des BSG seit Inkrafttreten der Gesetzesfassung des § 96 SGG vom 01.04.2008 nicht mehr in Betracht (BSG, Beschluss vom 16.12.2009 – B 7 AL 146/09 B, juris Rn. 6; anders noch unter der vorherigen Rechtslage BSG, Urteil vom 17.11.2005 – B 11a/11 AL 57/04 R, juris Rn. 16 ff.).
2. Die damit auf den Zeitraum vom 01.07.2018 bis zum 24.09.2018 begrenzte, nach § 151 SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig. Insbesondere ist die Berufung gem. § 143 SGG statthaft und bedurfte nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG der Zulassung. Denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750,00 Euro. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Bewilligung von Arbeitslosengeld auf Grundlage einer Berechnung nach dem fiktiven Bruttoentgelt. Eine solche Berechnung würde ausweislich der von der Beklagten vorgenommenen Proberechnung zu einem täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 153,11 Euro und einem täglichen Zahlbetrag in Höhe von 53,80 Euro führen. Das Klagebegehren bezieht sich damit auf ein um arbeitstäglich 22,73 Euro höheres Arbeitslosengeld (53,80 – 31,07 = 22,73). Bezogen auf den Streitgegenstand, der auf die Zeit vom 01.07.2018 bis zum 24.09.2018 beschränkt ist, was, da ein Monat mit 30 Tagen anzusetzen ist (§ 154 SGB III), 84 Tagen entspricht, liegt der Beschwerdewert damit bei 1.909,32 Euro (22,73 Euro x 84).
3. Die Berufung ist nicht begründet. Der Kläger, der dem Grunde nach im streitgegenständlichen Zeitraum die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung von Arbeitslosengeld gem. §§ 136 ff. SGB III erfüllt, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, hat keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld. Die Beklagte hat den Anspruch der Höhe nach zutreffend berechnet.
a) Nach § 149 Nr. 2 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld nach dem im Fall des Klägers einschlägigen allgemeinen Leistungssatz 60 Prozent des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 150 Abs. 1 SGB III die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Das Bemessungsentgelt ist nach § 151 Abs. 1 Satz 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat.
b) In Anwendung dieser Maßstäbe ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Arbeitslosengeldanspruch auf Grundlage eines vom 01.07.2017 bis zum 30.06.2018 dauernden einjährigen Bemessungsrahmens (dazu aa) und des tatsächlich in dieser Zeit bezogenen Arbeitsentgeltes (dazu bb) berechnet hat.
aa) Die Beklagte hat den Bemessungsrahmen zu Recht auf die Zeit vom 01.07.2017 bis zum 30.06.2018 festgelegt. Der Bemessungsrahmen ist nicht nach § 150 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB III zu verlängern gewesen. Nach dieser Vorschrift bleiben bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums Zeiten außer Betracht, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf Grund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich, vermindert war, wenn die oder der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 150 Abs. 2 Satz 2 SGB III findet § 150 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB III keine Anwendung in Fällen einer Teilzeitvereinbarung nach dem AltTZG, es sei denn, das Beschäftigungsverhältnis ist wegen der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers beendet worden. Zutreffend hat die Beklagte vorliegend die Voraussetzungen dieses Anwendungsausschlusses des § 150 Abs. 2 Satz 2 SGB III bejaht, da die Arbeitszeitreduktion des Klägers auf der mit seiner Arbeitgeberin getroffenen Altersteilzeitvereinbarung beruht und sein Beschäftigungsverhältnis auch nicht wegen Zahlungsunfähigkeit der Arbeitgeberin beendet worden ist.
bb) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass die Beklagte das Bemessungsentgelt nach § 151 Abs. 1 Satz 1 SGB III anhand des tatsächlich im Bemessungszeitraum erzielten Entgeltes berechnet hat und keine fiktive Berechnung vorgenommen hat.
(1) Entgegen der Auffassung des Klägers kann er eine fiktive Berechnung nicht beanspruchen. Insbesondere greift nicht die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG zu seinen Gunsten: Diese Vorschrift bestimmt, dass wenn ein Arbeitnehmer, der Altersteilzeitarbeit geleistet hat und für den der Arbeitgeber Leistungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG erbracht hat, Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe beansprucht, sich das Bemessungsentgelt erhöht, das sich nach den Vorschriften des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ergibt, bis zu dem Betrag, der als Bemessungsentgelt zugrunde zu legen wäre, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit nicht im Rahmen der Altersteilzeit vermindert hätte. Nach § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG ist eine solche fiktive Berechnung aber ab dem Tag ausgeschlossen, an dem der Arbeitnehmer eine Rente wegen Alters in Anspruch nehmen kann. Mithin ist von dem Tage an, an dem die Rente erstmals beansprucht werden kann, das Bemessungsentgelt maßgebend, das ohne die Erhöhung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AltTZG zugrunde zu legen wäre. Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung sowie dem gesetzgeberischen Willen, wie er in der Gesetzesbegründung zu § 10 AltTZG zum Ausdruck kommt, dass die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG auch dann Anwendung findet, wenn eine Altersrente nur unter Inkaufnahme eines Abschlags vorzeitig in Anspruch genommen werden kann (BSG, Urteil vom 15.12.2005 – B 7a AL 30/05 R, juris Rn. 14; BT-Drucks. 13/4877, S. 29 f.). Auf die tatsächliche Inanspruchnahme der Rente kommt es nicht an. Der Senat sieht sich deshalb in Einklang mit der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung und dem gesetzgeberischen Willen, wenn er vorliegend die Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes des § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG bejaht: Der schwerbehinderte Kläger hätte ab Beginn der Arbeitslosengeldbewilligung am 01.07.2018 ausweislich der Rentenauskunft vom 25.06.2018 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Inkaufnahme eines Abschlags um 10,8 Prozent beanspruchen können. Die Berechnung des Bemessungsentgeltes musste deshalb anhand des tatsächlich im Bemessungsrahmen erzielten Arbeitsentgeltes erfolgen, das sich nach den zutreffenden Berechnungen der Beklagten auf 28.103,41 Euro belaufen hat.
(2) Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, dass eine solche Gesetzesauslegung mit "der Privilegierung des Teilzeitarbeitnehmers" nicht zu vereinbaren sei. Eine umfassende Privilegierung des Teilzeitarbeitnehmers hat der Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen. Vielmehr verfolgt der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG einen anderen legitimen Gesetzeszweck: den Schutz der Arbeitslosenversicherung vor finanziellen Belastungen durch Frühverrentungsprogramme (BT-Drucks. 13/4877, S. 30). Dementsprechend hat der Gesetzgeber auch in den Gesetzesmaterialien zu § 131 SGB III a.F., jetzt § 151 SGB III (BT-Drucks. 14/6944, S. 36) ausgeführt: "Arbeitnehmer, die mit ihrem Arbeitgeber eine Teilzeitvereinbarung nach dem Altersteilzeitgesetz getroffen haben, sind bei Arbeitslosigkeit für Zeiten vor dem frühestmöglichen Rentenbeginn durch die Sonderregelung des § 10 Abs. 1 des Altersteilzeitgesetzes vor Nachteilen bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes geschützt. Sie erhalten Arbeitslosengeld auf der Grundlage des Arbeitsentgelts, das sie erzielt hätten, wenn sie ihre Arbeitszeit nicht im Rahmen der Altersteilzeit vermindert hätten. ( ) Arbeitnehmer, die sich entschließen, nach Ablauf der Altersteilzeitvereinbarung – entgegen dem Grundgedanken des Altersteilzeitgesetzes und der Altersteilzeitförderung – keine Rente wegen Alters in Anspruch nehmen, sondern Arbeitslosengeld zu beantragen, sollen bei der Bemessung der Leistung für Zeiten nach einem möglichen Rentenbeginn jedoch nicht privilegiert werden." Eine umfassende, allgemeingeltende Privilegierung der Altersteilzeit liegt der Gesetzeskonzeption damit ausdrücklich nicht zugrunde.
(3) Ebenso wenig verfängt das Argument, die Altersteilzeit laufe leer, wenn mit einer Minderung der Leistungsansprüche nach dem SGB III gerechnet werden müsse. Das Konzept der Altersteilzeit sieht nicht vor, dass nach Abschluss der Freistellungsphase der Altersteilzeit Arbeitslosengeld in Anspruch genommen wird. Vielmehr schließt sich konzeptionell der Altersrentenbezug an (vgl. § 1 Abs. 1 AltTZG, demzufolge durch Altersteilzeitarbeit ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ermöglicht werden soll). Eine Arbeitslosengeldberechnung anhand des tatsächlichen, verminderten in der Altersteilzeit bezogenen Arbeitsentgeltes lässt das Konzept der Altersteilzeit damit nicht leerlaufen, sondern lässt es vielmehr unberührt.
(4) Auch aus dem vom Kläger erwähnten Urteil des BSG vom 12.09.2017 (B 11 AL 25/16 R) lässt sich nichts für den vorliegenden Fall herleiten. Das BSG hat in dem Urteil entschieden, dass ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung, der einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe entgegensteht, nicht dadurch entfällt, dass entgegen der ursprünglichen, anhand objektiver Anhaltspunkte prognostisch belegten Absicht unmittelbar nach der Altersteilzeit keine Altersrente, sondern zunächst Arbeitslosengeld in Anspruch genommen wird. Die Frage der Leistungsberechnung bei Arbeitslosengeldbezug nach Altersteilzeit trotz möglicher Renteninanspruchnahme behandelt das Urteil nicht.
(5) Soweit der Kläger schließlich im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgetragen hat, da die Altersteilzeit als arbeitspolitisches Instrument nicht zur Benachteiligung führen dürfe, verstoße die Nichtanwendung der Privilegierungstatbestände gegen Art. 3 GG, führt auch dies zu keiner anderen Bewertung. Art. 3 Abs. 1 GG schützt nicht vor jeglicher Ungleichbehandlung, sondern nur vor einer Ungleichbehandlung ohne hinreichend gewichtigen Grund (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Urteil vom 28.04.1999 – 1 BvL 11/94, juris Rn. 129 ff.). Für die in § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 AltTZG angelegte unterschiedliche Arbeitslosengeldbemessung bei Personen, die noch keine Rente beanspruchen können, und solchen, die bereits eine Rente – wenn auch nur unter Inkaufnahme von Abschlägen – beanspruchen können, lässt sich jedenfalls ein rechtfertigender Grund ausmachen, nämlich – wie oben ausgeführt – der Schutz der Arbeitslosenversicherung vor finanziellen Belastungen aus Frühverrentungen. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt damit nicht vor. Ebensowenig kann eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG darin gesehen werden, dass die in § 150 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SGB III vorgesehene Verlängerung des Bemessungsrahmens für bestimmte Teilzeitarbeitnehmer gem. § 150 Abs. 2 Satz 2 SGB III keine Anwendung auf Altersteilzeitarbeitnehmer findet. Es liegt nämlich bereits keine Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Gruppen vor. Vielmehr knüpft die Regelung an die unterschiedlichen Gruppen von Teilzeitarbeitnehmern und damit an verschiedene Sachverhalte an: Während sich der Gesetzgeber für den Bereich der Altersteilzeit entschieden hat, dass Nachteile, die sich durch die Teilzeitarbeit in Bezug auf die Höhe des Arbeitslosengeldes ergeben können, durch eine Erhöhung des Bemessungsentgeltes ausgeglichen werden sollen, hat er in Bezug auf die übrigen Teilzeitarbeitnehmer einen Ausgleich über eine Verlängerung des Bemessungsrahmens vorgesehen (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.2005 – B 7a AL 30/05 R, juris Rn. 13).
cc) Zutreffend hat das SG zudem darauf hingewiesen, dass der Kläger im Verhältnis zur Beklagten keine Rechte aus der angegebenen Mitteilung seiner Arbeitgeberin, die Altersteilzeitvereinbarung sei für ihn nicht nachteilig, ableiten kann. Es ist kein rechtlicher Gesichtspunkt ersichtlich, warum der Beklagten diese Erklärung, falls sie denn so abgegeben worden ist, zuzurechnen wäre.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
5. Gründe, im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved