S 46 SO 3/20

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
46
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 46 SO 3/20
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Wenn Ausgangsbehörde und Widerspruchsbehörde unterschiedlich sind, kann die Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 2 SGG gegen beide Behörden bzw. deren Rechtsträger gerichtet werden oder die andere Behörde gemäß § 75 Abs. 2 Alt 2 SGG als alternativ leistungspflichtig beigeladen werden.

Die andere Behörde kann auch dann noch notwendig beigeladen werden, wenn der Kläger die Hauptsache der Untätigkeitsklage nach Erlass des angestrebten Bescheids für erledigt erklärt und die Kostenentscheidung aussteht.
Zum Verfahren wird beigeladen: Bezirk Oberbayern, Sozialhilfeverwaltung, vertreten durch den Bezirkstagspräsidenten, Prinzregentenstraße 14, 80538 München

Gründe:

I. Der Kläger erhob am 02.01.2020 diese Untätigkeitsklage zum Sozialgericht München gegen die Widerspruchsbehörde. Der Widerspruch vom 07.10.2019 gegen den Bescheid des Beigeladenen vom 18.09.2019 sei noch nicht verbeschieden worden.

Der Beigeladene teilte mit Schreiben vom 03.02.2020 mit, dass der Widerspruchsbescheid mit Datum 15.01.2020 ergangen sei. Der Kläger erklärte daraufhin die Hauptsache der Untätigkeitsklage für erledigt und beantragte, die außergerichtlichen Kosten dieser Klage dem Beklagten oder dem Beigeladenen aufzuerlegen.

II.

Die Beiladung zum Verfahren erfolgt, da der Beigeladene als leistungspflichtig in Betracht kommt (§ 75 Abs. 2 Alt. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Hauptsache der Untätigkeitsklage bereits für erledigt erklärt hat.

Der Klageantrag nach § 88 SGG geht auf Bescheidung als solche, nicht auf einen bestimmten Inhalt der Entscheidung. Wenn Ausgangsbehörde und Widerspruchsbehörde wie hier nicht identisch sind, kommt gemäß § 85 Abs. 2 Satz 1 SGG als Bescheidung des Widerspruchs ein Abhilfebescheid der Ausgangsbehörde oder ein Widerspruchsbescheid der Widerspruchsbehörde in Betracht. Zugleich kann der Kläger, sofern er noch keine Abgabenachricht der Ausgangsbehörde erhalten hat, auch nicht feststellen, ob der Grund der Nichtentscheidung am Verhalten der Ausgangsbehörde oder der Widerspruchsbehörde liegt. Der Devolutiveffekt, der die Zuständigkeit der Widerspruchsbehörde für die Sachentscheidung begründet, tritt erst mit der Abgabeentscheidung der Ausgangsbehörde ein. Deshalb kann ein Kläger eine Untätigkeitsklage grundsätzlich gegen die Rechtsträger der Ausgangsbehörde und der Widerspruchsbehörde zugleich erheben (Bay LSG, Beschluss vom 18.07.2006, L 11 B 727/05 SO).

Wenn nach einem Widerspruch eine Untätigkeitsklage gegen eine der Behörden bzw. deren Rechtsträger erhoben wird und noch keine Abgabenachricht vorliegt, ist eine notwendige Beiladung wegen alternativer Leistungspflicht nach § 75 Abs. 2 Alt. 2 SGG möglich. Beide Behörden kommen für die Entscheidung über den Widerspruch in Betracht.

Die notwendige Beiladung der anderen Behörde ist auch dann noch möglich, wenn der Kläger einer Untätigkeitsklage nach § 88 Abs. 2 SGG die Hauptsache für erledigt erklärt hat. Soweit vertreten wird, dass eine Beiladung nicht mehr möglich sei, wenn die Hauptsache erledigt ist (Meyer-Ladewig u. a., Sozialgerichtsgesetz, 13. Auflage 2020, § 75 Rn. 5a), ist dem für die Untätigkeitsklage nicht zu folgen. Diese zeitliche Begrenzung der Beiladung wird damit begründet, dass es dem danach Beigeladenen nicht mehr möglich ist, auf das Verfahren Einfluss zu nehmen. Nach Erledigung der Hauptsache der Untätigkeitsklage (ggf. bei einseitiger Erledigterklärung ausgelegt als Klagerücknahme mit Kostenantrag, Meyer-Ladewig, a.a.O., § 125 Rn. 10) beschränkt sich das Klageverfahren auf die Kostenfrage. Die noch offene Kostenentscheidung kann der nachträglich Beigeladenen beeinflussen, wenn er vor der Kostenentscheidung beigeladen wird.

Der nachträglich Beigeladene könnte nicht mit dem Argument gehört werden, dass er nicht mit Kosten belastet werden könnte, wenn er denn nicht beigeladen würde. Die Kostenentscheidung nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG richtet sich nach dem Erfolgsprinzip und dem Veranlassungsprinzip. Soweit das Erfolgsprinzip zu einem Kostenanspruch des Klägers führt, ist es wegen des Veranlassungsprinzips angezeigt, der Behörde die Kosten aufzuerlegen, die die Nichtentscheidung binnen Frist, ggf. durch verspätetet Abgabe an die Widerspruchsbehörde, veranlasst hat.

Den Beteiligten wird aufgegeben, ihre Schriftsätze mit Anlagen 2-fach einzureichen.

Dieser Beschluss ist nach § 75 Abs.3 Satz 3 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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